Die Schwarze Front 25

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Für die Befreiung von staatlicher und kapitalistischer Herrschaft! Diskussionsblätter für sozialistische und nationalrevolutionäre Politik Herausgeber: Nationalrevolutionäres Forum (NRF). „Die Schwarze Front“ erscheint je nach Bedarf - also sporadisch - und dient nur zur alleinigen Unterrichtung der Mitglieder-, Freundes- und Leserkreise. Die Beiträge sind als Meinungsaustausch gedacht, wobei die Autoren für deren Inhalt selbst verantwortlich sind. Kontakt: [email protected] Folge 25

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Die Scharwze Fanhe

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  • Fr die Befreiung von staatlicher und kapitalistischer Herrschaft!

    Diskussionsbltter fr sozialistische und nationalrevolutionre Politik

    Herausgeber: Nationalrevolutionres Forum (NRF). Die Schwarze Front erscheint je nach Bedarf - also sporadisch - und dient nur zur alleinigen Unterrichtung der Mitglieder-, Freundes- und Leserkreise. Die Beitrge sind als Meinungsaustausch gedacht, wobei die Autoren fr deren Inhalt selbst verantwortlich sind. Kontakt: [email protected] Folge 25

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    Immer wieder wird bei uns nachgefragt, ob wir nicht mehr Texte von Otto Strasser brin-

    gen knnten. Es scheint also, da ein reges Interesse an Dr. Otto Strasser und seinen po-

    litischen Ideen und Aussagen besteht. Gerne kommen wir diesen Anfragen nach und ha-

    ben sein Buch Wohin treibt Hitler? (Verlag Heinrich Grunov, Prag 1936), ausgewhlt. In

    diesem Buch hat Strasser bereits den kommenden Krieg und die Verfolgung der Juden

    vorhergesagt. Einige wichtige Kapitel werden auszugsweise, als historisches Dokument,

    nachfolgend abgedruckt.

    Otto Strasser

    Wohin treibt Hitler? Antisemitismus als Ablenkung

    Der Tor! Trotz jahrelanger Zusammenarbeit mit Hitler hatte er noch keine Ahnung von dessen Cha-rakter, von dessen Arbeitsmethoden, von dessen Ziel! Immerhin: Hitler kannte die ungeheure Belastung, die Schacht und seine kapitalistische Wirtschafts-politik fr das System darstellten und erkannte auch, da die Posaune des nationalen Gefhls nicht ausreichte, um diese Stimme sozialer Unzufriedenheit zu bertnen. Nachgiebigkeit aber war ausgeschlossen! Denn Schacht war keine Einzelperson mit noch so hervor-ragenden Fachkenntnissen, Schacht war der Exponent der so ungeheuer erstarkten alten Wirt-schaftsmchte, war der Vertrauensmann Morgans und der City, war schlielich und endlich der Freund der Reichswehr, der Groagrarier, der Schwerindustrie, war mit einem Wort der Sieger des 30. Juni. Ihn beseitigen, hie und heit fr Hitler, den Ast absgen, auf den er sich niedergelassen hat; heit den Damm zerstren, der die andrngenden Fluten der sozialistischen Revolution bndigt; heit das Vertrauen der Geldmchte im In- und Ausland zerstren und die so sehnlichst erwarteten Rohstoff- und Geldkredite aus Amerika und England endgltig unerreichbar machen! Hitler wei, zumindest aber fhlt er, da er den Weg, den er in jener Nacht der Entscheidung ein-geschlagen hat, nicht mehr verlassen kann und da auch seine taktische Manvrierfhigkeit seitdem wesentlich geringer geworden ist! Aber ein Gebiet gibt es, das ihm noch immer gewisse Entfaltungsmglichkeiten bietet und ihm Gele-genheit gibt, die Wnsche (allerdings nicht die besten) seiner Anhnger (allerdings nicht der besten) zu befriedigen: die Judenfrage! Neben dem zum Chauvinismus aufgepeitschten Nationalgefhl stellt die zum Antisemitismus herab-gewrdigte vlkische Idee noch immer den strksten Hebel zur geistigen und seelischen Mobilisie-rung des deutschen Volkes (und keineswegs nur des deutschen allein!) dar. Mit jener Gewissenlosigkeit, die ein Hauptkennzeichen des Hitlersystems ist, werden beide Male edle Gefhle und fruchtbare Ideen geschndet, von der Gosse fr die Gosse, und mibraucht im Dienst eines skrupellosen Herrschaftssystems. Einmal zu dieser ebenso widerwrtigen, wie wirkungsvollen Methode entschlossen, war bei den Pro-pagandafhigkeiten des Systems der Massenerfolg gesichert: auf dem Nrnberger Parteitag im Sep-tember 1935 verkndete Adolf Hitler vor dem schnell dorthin befohlenen sogenannten Reichstag jene berhmt gewordenen drei Gesetze, von denen die Nrnberger Judengesetzgebung ihren Aus-gang nahm. Alle drei waren und sollten sein eine Manifestation vom Sieg der Partei, eine Beruhigungsgeste an die unzufriedenen Parteimassen, eine (schein-)radikale Propagandaaktion grten Ausmaes! Und in der Tat: wiederum mu man Hitlers psychologische Fhigkeit ebenso anerkennen, wie die Geschick-lichkeit, mit der er Freund und Feind zu tuschen verstand.

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    Denn natrlich war das Flaggengesetz, durch das nunmehr die Hindenburgsche Doppellsung abge-schafft und die Hakenkreuzflagge als alleinige Staatsflagge eingefhrt wurde, ein Schlag gegen die Reaktion aber in Wirklichkeit doch ein recht harmloser Schlag, der weder ihre politischen, noch ihre wirtschaftlichen Machtpositionen irgendwie berhrte und fr die propagandabesoffenen Hitler-anhnger zu einem gewaltigen Sieg des Nationalsozialismus umgedeutet werden konnte. Noch weniger radikal war das Reichsbrger-Gesetz, das eine offizielle Unterteilung der Staatsbr-ger in II. und I. Klasse vorsah, welch letztere den Ehrentitel Reichsbrger bekommen sollten, der ihnen auf einem eigenen Reichsbrgerbrief verliehen werden sollte. (Als Anmerkung sei vermerkt, da nach Jahresfrist noch kein einziger Reichsbrgerbrief ausgestellt war, da sich die Aufstellung der Auslese-Prinzipien als unmglich erwiesen hatte!). Blieb also, Kern- und Paradestck: das Judengesetz! Hier, gegenber einer durch drei Jahre schon planmig entmachteten, gedemtigten, unterdrckten vlkischen Minderheit, wagte Hitler aufzu-trumpfen getreu seinem obersten Grundsatz: stets den Schwchsten zur Zielscheibe seines Kamp-fes zu machen! (Bei allen persnlichen, bei allen innen- und auenpolitischen Streitfllen hat sich Hitler stets gegen den schwcheren, fr den strkeren Teil entschieden und wird dies auch knftig-hin so halten!). Und selbst hier verleugnet Hitler nicht seine Taktik der radikalen Worte und reaktionren Taten: Das Verbot der Eheschlieung und des Geschlechtsverkehrs zwischen Juden und Deutschen, die halb lcherliche, halb wahnsinnige Bestimmung, da Juden nur Dienstmdchen ber 45 Jahre beschf-tigen drfen, stellt zwar eine bewute und gewollte Diffamierung der Juden dar aber ihre materiel-le Lage wird dadurch weder besser, noch schlechter! Eine Gemeinheit, eine Niedertracht also aber kein staatspolitisches Gesetz, auch kein radikaler Akt waren diese Judengesetze von Nrnberg. Es erstaunt nicht, da die oberflchlichen Beobachter des In- und Auslandes sich von der Unge-whnlichkeit dieser Vorgnge tuschen lieen und gemeinsam mit dem Gros der Hitleranhnger darin einen Sieg der Radikalen sahen. Tieferblickende Beurteiler erkannten schon damals, da sich unter dieser radikalen Propaganda-Aufmachung das eigentliche Ergebnis des Parteitages von 1935 verbarg: ein uneingeschrnkter Triumph Schachts! Es ist von eindringlicher Lehre, das Gesamtbild dieses Parteitages mit den Bildern der vorangegan-genen Parteitage zu vergleichen, und den Weg Hitlers und die Entwicklung des Hitlersystems daraus zu ersehen und fr die Zukunft zu verfolgen: 1933 stand die revolutionre SA im Mittelpunkt, ihr Aufmarsch vor dem siegestrunkenen Rhm war der Hhepunkt des Festes und wer die damaligen Reden liest, den wundert es nicht, da 1934 die hitlertreue SS im Mittelpunkt stand, die Sieger und Mrder des 30. Juni, auf deren blutigen Bajonetten zwei Wochen spter Hjalmar Schacht zum Wirtschaftsdiktator Deutschlands empor-schwang; 1935 stand im Zeichen der Reichswehr, deren Parade das uere Glanzstck des Parteita-ges war, dessen richtunggebenden Inhalt aber die groe Rede Schachts bildete, der Hitler ausdrck-lich und betont zustimmte. SA SS Reichswehr, das sind die Trger der Macht von Nrnberg 1933 zum Nrnberg 1934 zum Nrnberg 1935! Rhm Gring Schacht, das sind die wichtigsten Mnner in Nrnberg 1933, 1934, 1935! Europas Ende oder Wiedergeburt?

    Dster und hoffnungslos mte dieser Ausblick erscheinen, wenn man verge, da Kriege und Re-volutionen ja nichts anderes sind als Ausdruck und Zeichen gewaltiger Umwlzungen im Denken der Menschen und in der Form ihres Lebens; wenn man verge, da dieser Krieg Hitlers nur die Flucht vor der zur Vollendung drngenden Deutschen Revolution ist, die nach der glorreichen Englischen und der groen Franzsischen Revolution die Lebenskrfte des Abendlandes erneuert und die einen-gende Formenwelt des 19. Jahrhunderts sprengt, um dem Leben wieder Raum, Entfaltung und Erfl-lung zu gewhren. Diese Deutsche Revolution ist die groe Hoffnung Europas, ist die Wiedergeburt des Abendlandes, und das Hitlersystem ist nur die letzte Barriere, die diese Zukunft von der Gegenwart trennt, sein versuchter Krieg ist nur der letzte Akt der blutigen Geburtswehen einer neuen Zeit! Das Chaos der Gegenwart nur der Mutterscho der sich bildenden neuen Ordnung!

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    Das sind keine Utopien, keine Hoffnungen das sind Realitten, sind Gewiheit! Immer und immer wieder ist in diesen Blttern das Ringen in Deutschland selbst als der ausschlag-gebende Teil der europischen Entscheidungen der nchsten Jahrzehnte betont worden; immer und immer wieder ist der ideelle und materielle Machtkampf zwischen Idee und System dargestellt wor-den; immer und immer wieder ist der Inhalt dieser Auseinandersetzung, das Ziel dieser Revolution geschildert worden:

    nationale Freiheit, soziale Gerechtigkeit,

    europische Zusammenarbeit! Sagt: leben diese Ziele nicht im Herzen der ganzen Jugend Europas? Erfllen sie nicht die Gedanken aller Einsichtigen Europas? Beflgeln sie nicht den Willen aller Kmpfer Europas? Sagt: ist das nicht der beste Beweis dafr, wie weit jene kommende Umwlzung im Denken der Menschen schon vorangeschritten ist und wie reif allmhlich die Verwirklichung in den Formen ihres Lebens wird? Sagt: ist dieses Sehnen nicht noch im Stammeln des bergangs, in der Verzerrung des Widerstreits hrbar und wird es nicht immer klarer, bewuter, willensmiger?! Die nationale Freiheit ist fr alle Vlker Europas, groe oder kleine, das hchste Gut geworden und sie hat sich in den schweren Belastungen der Kriegs- und Nachkriegszeit von der bloen staatlichen Selbstndigkeit vertieft zur vlkischen Selbstbestimmung. Die Vlker Europas gleichen heute den Kindern einer Familie, die nach schweren Erlebnissen und nicht ohne gegenseitige Kmpfe zu selb-stndigen Persnlichkeiten geworden sind und nun entschlossen sind, diese gewonnene Eigenart zu behaupten! Die Forderung nach nationaler Freiheit schliet daher heute auch die Anerkennung, die Bewahrung und die Achtung der vlkischen Kultur, sowohl nicht minder die Ablehnung jeder Bevor-mundung in sich. Die soziale Gerechtigkeit ist die groe Sehnsucht der Jugend Europas, die sich in steigendem Mae ausgeschlossen sieht von den Mglichkeiten des Erringens entsprechender Positionen in Wirtschaft und Gesellschaft und die mit Unverstndnis und steigender Gegnerschaft die Unzulnglichkeiten ei-nes Wirtschaftssystems sieht, das allen einstigen Verdiensten zum Trotz nicht mehr den Not-wendigkeiten der Gegenwart entspricht. Einzelmensch und Gemeinschaft leiden gleichermaen unter der Aufrechterhaltung einer erstarrten Ordnung, die immer offenkundiger zu Unordnung und Chaos fhrt und der gegenber Europa sich besinnt auf andere Formen, die ihm eine bessere, ausgegliche-nere Wirtschaftsfhrung ermglichen. Es ist von entscheidender Bedeutung, da dabei die auereu-ropische Form des Bolschewismus in steigender Heftigkeit abgelehnt wird, whrend sich die Formen des erstrebten Deutschen (abendlndischen) Sozialismus nur langsam herausschlen. Die europische Zusammenarbeit hat sich dabei wirtschaftlich, politisch und kulturell als das Zen-tralproblem einer nahen Zukunft erwiesen und Vlker wie Regierungen sind sich ber diese Notwen-digkeit einig. Dabei ist aber entscheidend die Erkenntnis, da die Einheit Europas niemals durch Ge-walt oder Zwang, sondern nur durch freiwillige Vereinbarung erreicht werden kann. Alle Lehren einer tausendjhrigen Geschichte Europas besttigen diesen Kernsatz einer wirklich europischen Politik wie die Existenz der Schweiz nicht minder den praktischen Beweis der Durchfhrbarkeit liefert. In all diesen Problemen und Zielsetzungen, die den eigentlichen Inhalt der gegenwrtigen Erschtte-rungen Europas bilden, zeigt sich die tiefe, die entscheidende Verbundenheit mit den Vorgngen und der Entwicklung in Deutschland. In Deutschland selbst, im Hitlersystem unmittelbar, ringen die Krfte des Alten mit den Krften des Neuen! Das ist das Geheimnis der leidenschaftlichen Anteilnahme, die das Hitlersystem in den Vl-kern Europas auslst denn im Gefhl oder im Wissen der Vlker lebt die Erkenntnis, da von der Entscheidung in Deutschland die Entscheidung in Europa abhngt. Nicht Hitler nur, Europa selbst steht mit ihm am Scheidewege!

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    Arbeiten wir, kmpfen wir, helfen wir in jeder uns mglichen Form dabei, da die Entscheidung ge-gen Hitler fllt

    Fr die Wiedergeburt Europas! Nachwort

    Der Verfasser verkennt nicht die grundstzlichen Bedenken und die taktischen Einwendungen, die sich gegen feste Voraussagen hinsichtlich der politischen Entwicklung erheben. Er nimmt daher die Mglichkeit, durch die Ereignisse in manchen Punkten berholt zu werden, bewut in Kauf denn ihm kam und kommt es nicht auf politische Wahrsagerei an, sondern einzig und allein darauf: die wirkenden Krfte und Mchte, die handelnden Personen und ihren Charakter in Erscheinung treten zu lassen, die bisherigen Taten und ihre Wirkungen darzustellen und daraus abzuleiten Sinn und Richtung der weiteren Entwicklung, Art und Umfang der ausgelsten Wirkungen, sowie den voraus-sichtlichen Zustand, dem dieser ganze Proze zustrebt. Bei solcher Betrachtung zeigt sich, da Hitler in den ersten 1 Jahren unklar hin- und herschwank-te zwischen Weitertreibung oder Konsolidierung der Revolution; da letzteres weder von den Krften der Revolution, noch der Reaktion geduldet, bzw. innegehalten werden konnte, stand Hitler immer wieder vor der Frage: Revolution oder Reaktion. Mit Aufgebot seines ansehnlichen taktischen Geschickes vermochte er einer Entscheidung auszuwei-chen bis sie schlielich von der Reichswehr brutal an ihn gestellt wurde. (Denn im Kern ging es am 30. Juni 1934 um die Frage: Reichswehr oder SA). Gring war es, der den schwankenden Hitler in die Entscheidung stie: gegen die Revolution, fr die Reaktion! Das war der eigentliche Sinn des 30. Juni 1934, dessen blutige Opferzahl die groe histo-rische Bedeutung dieser Entscheidung deutlich demonstriert. Und sachlich zeigte es sich, da Hitler nach dieser Entscheidung die bisherige Handlungsfreiheit verloren hatte: als Gefangener der Reak-tion (plus Reichswehr) durfte er nicht mehr den sozialistischen Charakter seiner Bewegung beto-nen, dessen Unterdrckung er logischerweise durch berbetonung des nationalistischen Charakters kompensierte. Das fhrte fast zwangslufig zu den bekannten Etappen des Kriegsweges: Aufrstung, Wehr-pflicht, Rheinlandbefestigung, Danzig, sterreich-Abkommen (die Geste der Spanien-Drohung ge-hrt ebenfalls in diese Kategorie), Balkan-Expansion, zweijhrige Dienstzeit usw., ohne da ein Halt auf diesem Weg abzusehen wre. Sicherlich hat Hitler auch heute noch gewisse Mglichkeiten innenpolitischer Bewegungsfreiheit: Ka-tholiken-Hetze, Juden-Verfolgung, Monarchisten-Bedrohung usw., eben die Ingangsetzung seiner beiden Zaubermittel: Propaganda und Terror aber alle Urteile ber Deutschland sind sich darber einig, da diese Mittel durch allzu hufigen Gebrauch schon wesentlich abgestumpft sind ganz ab-gesehen davon, da die Masse des deutschen Volkes in einen solchen Zustand der Apathie und Ent-politisierung geraten ist, da beide Herrschaftsmittel keine rechte Ansatzmglichkeit mehr finden. Gerade diese weitgehende Mdigkeit und Gleichgltigkeit in den breiten Massen des deutschen Vol-kes schafft aber jene tote Zone zwischen Herrschaftsapparat und Volk, die fr jede Diktatur von tdlicher Gefahr ist (vergleichbar dem Hohlraum zwischen der Eisdecke und dem gesunkenen Was-serspiegel, der die Brchigkeit der Eisdecke bewirkt). Ganz besonders eine Diktatur der Demagogie (und der Demagogen!) vermag diesen Zustand nicht zu ertragen und wird versuchen, ihn durch immer neue Aufpeitschung der Volksleidenschaft zu berwinden. Da dies aber wie dargelegt nach dem Charakter Hitlers, nach den bisherigen Taten und den dar-aus entstandenen Umstnden auf dem sozialen Gebiet wirkungsvoll und auf Dauer (kleine vorber-gehende Versuche solcher Art mssen stets einkalkuliert werden!) nicht mglich ist, bleibt wiederum nur das nationale Gebiet brig. (Das kulturelle bietet hierzu nicht die ntige Tiefen- und Breitenwir-kung!).

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    Kolonien, Anschlu, Danzig, Sudetengebiet, Oberschlesien, Eupen-Malmedy, Memelgebiet usw. wer-den geeignete Abwechslungsmglichkeiten fr solche Propaganda bieten aber wenn es nur bei der Propaganda bleibt, hlt die Wirkung nicht lange vor. Frher oder spter mu und wird Hitler daher zu Taten greifen mssen! Wenn man nicht der (aller-dings von vielen Seiten vertretenen!) Meinung ist, da auch diese Taten Hitlers keine machtmige Gegenwehr hervorrufen, dann ergibt sich die Schlufolgerung: Krieg. (brigens wrde auch die Er-duldung solcher Taten frher oder spter zum Krieg fhren, da ein Ende dieser inneren Zwangslu-figkeit des Hitlersystems nicht abzusehen ist). Zwingend ergibt es sich also, da die am 30. Juni eingeschlagene Richtung des Hitlersystems unwei-gerlich zum Krieg fhrt, wobei Hitlers Reden selbst dann gleichgltig sind, wenn man an ihre vllige Ehrlichkeit glauben wrde. Unterbrochen kann dieser unheilvolle Marsch nur werden durch einen vorherigen Sturz des Hitlersy-stems, sei es in Form der Restauration oder in Form der Revolution. Beide Mglichkeiten mssen theoretisch bejaht, praktisch verneint werden: denn das Hitlersystem htte es in jedem Fall noch immer in der Hand, einer drohenden Zuspitzung der inneren Lage durch die Flucht in den Krieg zu entgehen. Europa wird gut daran tun, sich ber die Zwangslufigkeit des Hitlersystems klar zu werden und die entsprechenden Folgerungen daraus zu ziehen. Der Verfasser fhlt schlielich nicht als Schriftsteller, aber als Fhrer der Schwarzen Front noch die Notwendigkeit, dem Leser einige Worte ber seinen Kampf gegen das Hitlersystem sowie ber die deutsche und europische Zielsetzung dieses Kampfes zu sagen. Es ist an der Zeit, mit aller Klarheit eine Tatsache auszusprechen und im In- und Ausland bekannt zu machen, die schon zu lange von alten Vorstellungen verhllt wird: es ist ganz falsch, in altblicher Weise heute von Deutschland zu sprechen denn in Wirklichkeit gibt es nicht ein Deutschland, sondern es gibt drei Deutschland! Wir haben von der ersten Stunde des Hitlersystems die unwahre Gleichsetzung von System und Deutschland bekmpft; haben daran erinnert, da auch zur Zeit der Weimarer Republik ein solcher Versuch des herrschenden Systems mit Recht gerade von der nationalen Rechten (nicht zuletzt von der Hitlerpartei!) zurckgewiesen und bekmpft wurde; erinnern daran, da heute fr fast alle europischen Lnder die Tatsache gilt, da es zwei Spanien, zwei Frankreich, zwei Belgien, zwei Polen usw. gibt, die mit den Begriffen links und rechts nur unvollkommen umgrenzt wer-den. Im Falle Deutschland aber ist die Entwicklung schon weiter: hier unterscheidet man deutlich drei Lager, drei verschiedene Deutschland: das Deutschland von Gestern, das Deutschland von Heute und das Deutschland von Morgen. Das Deutschland von Gestern, umfassend die traditionellen Mchte, vor allem Beamtentum, Prote-stantische Kirche (Bekenntnisfront) und Grogrundbesitz, das Gros der Industrie und der Finanz, in sich zwar stark unterschiedlich, unterschiedlich auch in den Interessen, Neigungen, Vorstellungen aber doch von einheitlicher Abneigung gegen das Hitlersystem erfllt, an dessen Stelle die monar-chistische Restauration das gemeinsame politische Ziel des Deutschland von Gestern ist. Das Deutschland von Heute, umfassend die Millionenmassen der Hitlerpartei samt allen Konjunktur-jgern Deutschlands, im Westen halbgebildet, kleinbrgerlich, plebejisch, dabei arrogant, demago-gisch, aufdringlich aber doch auch zukunftswillig, einsatzbereit, kampfentschlossen; einheitlich im Gefhl, uneinheitlich, ja chaotisch in der Erkenntnis, daher schwankend in Haltung und Entschlu; typische Kennzeichen des bergangs, der Unsicherheit, der Unausgeglichenheit verratend und daher doppelt geneigt, diese Unzulnglichkeiten durch lautes Fhrertum zu kompensieren. Das Deutschland von Morgen, umfassend alle revolutionren Krfte des deutschen Volkes und das Gros der Hitlergegner, sozialistisch gesinnt, national geworden, freiheitlich eingestellt was in der Vorstellung und Zielrichtung mannigfache Unklarheiten und Verschiedenheiten ergibt, die noch keine

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    einheitliche Haltung, kein gemeinsames Operieren mglich machten, obwohl es immer fhlbarer nherrckt. Jedes dieser drei Deutschland hat seine eigene Auenpolitik, seine eigene Innenpolitik, seine eigene Wirtschaftspolitik, seine eigene Kulturpolitik! Deshalb ist es fr den Inlnder so schwer, fr den Auslnder fast unmglich, die deutsche Auen-, Innen-, Wirtschafts-, Kulturpolitik zu erkennen denn gerade das Hitlersystem als die bergangs-epoche zwischen Gestern und Morgen trgt so vieldeutige Kennzeichen dieser und jener Gruppe. Seine Formen sind meist von Gestern, seine Worte von Morgen, seine Handlungen demgem wi-derspruchsvoll, seine Haltung verchtlich! Dennoch ist es unerllich, diese entscheidende Kennzeichnung der drei Deutschland zu machen, um das Wesen der gegenwrtigen deutschen Lage und der weiteren deutschen Entwicklung zu be-greifen. In Deutschland herrscht heute schon Brgerkrieg zwischen drei Lagern, ein Brgerkrieg, der sich im Augenblick noch im Halbdunkel der Intrige, im Dunkel der Illegalitt abspielt, der aber so erbittert ist, wie nur Brgerkriege sein knnen und der jeden Tag in den offenen Brgerkrieg um-schlagen kann. Reaktion Hitlersystem Revolution, so heien die Frontgruppen dieses heute heimlichen, morgen offenen Brgerkrieges, wobei die beiden ersten den Vorteil grerer Geschlossenheit und einheitli-chen Kommandos (nicht einheitlicher Zielsetzung!) haben, whrend die Front der Revolution dieser Vorteile noch entbehrt und einstweilen, nur in der Schwarzen Front ber eine zielklare, einheitlich gefhrte und erfolgreiche Spitzengruppe verfgt. (Da dies keine Anmaung ist, ergibt sich nicht nur aus einem Vergleich der Programme, sondern vor allem aus dem Echo der Arbeit in Deutschland selbst!). In dieser Situation liegt es begrndet, da die Reaktion im Augenblick die greren Erfolgchancen hat, wozu die geistige Untersttzung seitens des (kapitalistischen) Auslandes nicht wenig beitrgt. Ja, zahlreiche Meldungen sprechen sogar von einer Einigung Hitler-Reaktion auf monarchistischer Grundlage, was zweifellos den Wnschen des Auslandes hinsichtlich der deutschen Entwicklung am meisten entsprechen wrde. Dem steht jedoch gegenber die revolutionre Dynamik in der Hitlerpartei selbst, die einer solchen Kapitulations-Lsung mit aller Kraft widerstreitet. Und Hitler, der Kork der Revolution, ist viel zu sehr Demagoge, als da er einer so entschiedenen Massenstimmung offen widerstehen wrde: ge-rade seine jetzige Entscheidung fr Gring und Autarkie, gegen Schacht und Rckkehr in die Welt-wirtschaft zeigt, da er letzten Endes sich stets dem strkeren Druck fgen wird. So treibt die Entwicklung ber die augenblickliche, der Reaktion gnstige friedliche Lsung unauf-haltsam der Katastrophenlsung des Krieges zu, in der Hitler seinen Ausweg von der Alternative Reaktion oder Revolution zu finden hofft. Er wiederholt bei dieser Rechnung nur die Handlungswei-se all seiner gleichartigen Vorgnger: denn immer waren es die Girondisten, die aus der gleich-zeitigen Bedrngnis durch Reaktion und Revolution sich durch die Flucht in den Krieg zu retten versuchten! An uns ist es, dieses Vabanquespiel der Hasardeure unmglich zu machen durch Entfesselung der sozialistischen Revolution! Der Idealfall wre die Entfesselung dieser Revolution, der Sturz des Hitlersystems noch vor dem Krieg! Angesichts der ngstlichen Zurckhaltung des Auslandes, seiner teils offenen, teils versteck-ten Sympathie mit der Reaktion oder dem Hitlersystem und seiner aus Unkenntnis geborenen Angst vor einem deutschen Bolschewismus erscheint diese Mglichkeit nur gering. Es bedarf wahrscheinlich des furchtbaren Erwachens eines hitlerischen Angriffskrieges, um den eu-ropischen Vlkern und ihren Regierungen die Augen ber das tatschliche Geschehen in Deutsch-land zu ffnen! Es bedarf wohl des dann offen ausbrechenden Brgerkriegs in Deutschland, um die Existenz und die Krfteverteilung der drei Deutschland richtig offenbar zu machen und daraus jene Folgerungen zu ziehen, die eine vorausschauendere Politik schon heute ziehen knnte.

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    Die Versumnisse belasten nicht uns! Wir jedenfalls wissen darum, da es drei Deutschland gibt, wir wissen um unsere eigene Aufgabe aus dieser Situation und wir sind gewillt, im glhenden Odem der Revolution diese drei Deutschland unter Ausscheidung der Schlacken aus allen drei Lagern zu einem einheitlichen, neuen, haltbaren Gu zusammenzuschweien, zum

    neuen Deutschland

    der nationalen Freiheit,

    der sozialen Gerechtigkeit

    und der europischen Zusammenarbeit !