Die Transatlantische Handels- und ... · merk auf die Effekte von THIP auf die realen...
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Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP)Wem nutzt ein transatlantisches Freihandelsabkommen?
Teil 1: Makroökonomische Effekte
3
Inhalt
1. Einleitung 4
2. BemerkungenzurUntersuchungsmethode 5
3. THIP-Szenarien 9
4. WowächstderHandel,woschrumpfter,undumwieviel? 13
4.1 EffekteaufdendeutschenAußenhandel 13
4.2 EffekteaufdenHandelderEU 16
4.3 EffekteinNordamerika 19
5. WieverändernsichdierealenPro-Kopf-Einkommen? 21
5.1 EffekteinderEU 21
5.2 AuswirkungenaufdieUSAundDrittländer 26
6. WaspassiertaufdenArbeitsmärkten? 31
6.1 SucharbeitslosigkeitundAußenhandel 31
6.2 ZweiMillionenneueArbeitsplätze 34
7. Zusammenfassung 42
Literatur 45
Abbildungs-undTabellenverzeichnis 47
GlobalEconomicDynamics(GED) 48
Impressum 50
Inhalt
Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP)Wem nutzt ein transatlantisches Freihandelsabkommen?
Teil 1: Makroökonomische Effekte
Prof. Gabriel Felbermayr, Ph.D.Benedikt HeidSybille Lehwald
4
Einleitung
1. Einleitung
DieserersteTeilderStudiewidmetsichdenmakroökonomischenEffekteneinertransatlantischen
Handels-undInvestitionspartnerschaft(THIP)zwischenderEuropäischenUnionunddenUSA.1
DabeiwerdenunterZuhilfenahmevonempirischenModellenderWeltwirtschaftzweigrundle-
gendeSzenarienbeleuchtet:(i)dieAbschaffungvonZöllenimHandelzwischenderEUundden
USAund(ii)eineüberZolleliminierungdeutlichhinausgehendeLiberalisierunginjenerGrößen-
ordnung, die für vergleichbare und real existierende Freihandelsabkommen gemessen werden
können.UnserAnsatzunterscheidetsichvondertraditionellenHerangehensweisedadurch,dass
sichdasumfassendeSzenario(ii)überdiemessbareErfahrungmitähnlichenAbkommendefi-
niertundnichtüberVermutungenhinsichtlichdespolitischvermeintlichMachbaren.UnsereEr-
gebnissezeigendaherPotenzialeauf,andenenderErfolgdesAbkommensexpostgemessenwer-
denkann.
DerAnsatzindiesemerstenTeilderStudieistmakroökonomischerNatur.Dasheißt,dieAnalyse
befasstsichmitaggregiertenDatenaufLänderebene.EsgehtdabeiumdieVeränderungender
weltweitenHandelsströme,derrealenPro-Kopf-EinkommenoderderArbeitslosigkeit.Damitwer-
denLänder identifiziert,dievonTHIPgewinnen,undsolche,dieverlierenwürden.Derzweite
TeilderStudieistmikroökonomischerNaturundbeleuchtetdisaggregierteEffekteimDetailfür
Deutschland.ZumBeispielwerdenSchätzungenzurWirkungvonTHIPaufeinzelneRegionen,
Wirtschaftszweige,BildungsklassenoderBerufsgruppenpräsentiert.
NacheinerDiskussionderverwendetenMethodenundeinergenauerenBeschreibungderSzena-
rienbetrachtenwirdieEffektevonTHIPaufdieStrukturdesWelthandels.Wirbeantwortendie
Frage„WowächstderHandel,woschrumpfter,undumwieviel?“DanachlenkenwirdasAugen-
merkaufdieEffektevonTHIPaufdierealenPro-Kopf-Einkommen,dasheißtaufdasrealeBrut-
toinlandsprodukt (BIP)proKopf.Damit lassen sichdieweltweitenWohlfahrtseffektebeziffern.
SchließlichberichtenwirdieErgebnisseeinerModellsimulation,dieeineQuantifizierungderEf-
fekteaufdieArbeitslosenerlaubt.
1 TransatlanticTradeandInvestmentPartnership(TTIP).
5
Bemerkungen zur Untersuchungsmethode
2. Bemerkungen zur Untersuchungsmethode
UmbelastbareZahlenderBIP-WirkungeinestransatlantischenHandelsabkommensfüralleEU-
Mitgliedsländer zu erhalten, braucht es im Wesentlichen (a) einen geeigneten modelltheoreti-
schen Rahmen und (b) sinnvolle Szenarien. Wir verwenden dazu ein rechenbares Modell des
allgemeinenGleichgewichts,dasamifoInstitutfürdieAnalysevonFreihandelsabkommenentwi-
ckeltwurde.2DieGrundinnovationdesModellsbestehtineinerZusammenführungvonökonomet-
rischenundsimulationstechnischenMethoden.Dabeiwirdsichergestellt,dassdieHandelskosten,
umderenAbsenkungesletztlichinjedemFreihandelsabkommengeht,richtiggeschätztundauf
konsistenteWeiseindieBerechnungvonWohlfahrtsmaßeneingesetztwerden.Dabeiwerdentat-
sächlichbeobachteteHandelsflüsseundempirischeProxiesderDeterminantenvonHandelskos-
tenverwendet.DieStärkederModellierungliegtdarin,dassdasBasisszenariovomModellexakt
repliziertwird:DasbetrifftimWesentlichendiebilateralenHandelsflüssezwischeneinerVielzahl
vonLändern,dieRealeinkommenunddieArbeitslosen.InderSimulationvonLiberalisierungssze-
narienwerdendannbestimmteElementedergeschätztenHandelskostenverändertunddieVerän-
derungenderHandelsflüsse,RealeinkommenundArbeitslosenberechnet.
DerAnsatzunterscheidetsichdamitvondenkommerziellverfügbarenCGE-Modellen(„computa-
blegeneralequilibrium“),dieüblicherweisezurAbschätzungderEffektevonHandelsliberalisie-
rungsszenarieneingesetztwerdenundwurden.DiemeistenexistierendenStudienzuTHIPver-
wendenebenfallsCGE-Methoden.3IndiesenStudiensinddieHandelskostentypischerweisenicht
ineinermodellkonsistentenWeisegeschätzt.WeitereModellierungsunterschiedebesteheninder
LänderauflösungundinderBehandlungvonArbeitslosigkeit.InunsererHerangehensweisebe-
trachtenwiralleLänder,fürdiebilateraleHandelsdatenverfügbarsind.EineAggregationinRe-
gionenerfolgtnichtodernurimNachhineinzurbesserenIllustrationderErgebnisse.Inmanchen
ModellvariantenunterstellenwiraußerdemfriktionelleArbeitslosigkeit,diedurchdieexplizite
ModellierungdesSuchprozessesvonArbeitnehmernundArbeitgebernentsteht.DieseModellie-
rungwurde2010mitdemNobelpreisausgezeichnetundhatdenVorteil,dasssichdiewichtigsten
CharakteristikaderArbeitsmarktinstitutionenvonLänderngutabbildenlassen.
AufdieserBasiswirddasAusgangsgleichgewichtfür126Ländersokalibriert,dassdasModell
dieimJahr2007(vorderWirtschaftskrise)beobachtetenbilateralenHandelsflüssezwischenallen
Länderpaaren(vondenenesinunseremDatensatz15.750gibt)undallefürdiesesJahrgemes-
senenBruttoinlandsproduktereproduziert.4DasModellwirdalsofürdasBasisjahrgenau„einge-
eicht“;dabeiumfasstesnichtnurdie27EU-Mitgliedsstaaten,sondernbeinahealleökonomisch
relevantenLänderderWelt.
2 DiesesModellwirdinFelbermayretal.2013eingehenderklärt.
3 DiestrifftaufdieCGE-StudienzuTHIPfürSchweden(Kommerskollegium2013),Österreich(FrancoisundPindyuk2013),Frank-reich(FontagneundGourdon2013)undfürdieStudiederEuropäischenKommission(Francoisetal.2013)zu.DieseStudienwurdeninderVergangenheithäufigkritisiert,weilsichdieEx-ante-PrognosenhinsichtlichderHandels-undWohlfahrtseffekteinderEx-post-Evaluierungtypischerweisealsdeutlichzugeringherausgestellthatten.Hosny(2013)beschreibtdasDesignderüblichenCGE-Modelle;AckermannbieteteineKritik(2006).
4 LeideristdieModellierungvonSucharbeitslosigkeitnurfürjeneLändermöglich,fürdievergleichbareDatenzuArbeitslosen-ratenundzurRegulierungderArbeitsmärktevorliegen;siehedazuAbschnitt6.
6
Bemerkungen zur Untersuchungsmethode
EinweitererVorteildieserstrukturellen,dasheißteineexpliziteökonomischeTheorieunterstel-
lenden, ökonometrischenMethoden imGegensatz zuherkömmlichenökonometrischenMetho-
den,dieaufeine fundierte theoretischeModellierungverzichten (sogenannte reduzierteForm-
Schätzungen),liegtinderMöglichkeit,exantedieFolgeneinerkontrafaktischenEinführungzum
BeispieleinesTHIP-Abkommenszuanalysieren,bevordiesesinderRealitätpassiertist.Dieswird
durchdiezusätzlicheStrukturdeszugrundeliegendenökonomischenModellermöglicht.Redu-
zierte-Form-SchätzungenerlaubeninderRegelnurAnalysenexpost,alsonachderUmsetzung,
sodasswirtschaftspolitischeMaßnahmenimmererstimNachhineinkonzipiertwerdenkönnen,
umaufbestimmteschonaufgetretene,zumTeilnegativeBegleiterscheinungenreagierenzukön-
nen.SchließlicherlaubtdiestrukturelleModellierungeineAnalysevonTHIP,ohneaufeinezent-
raleAnnahmefastallerreduziertenForm-Schätzungenrekurierenzumüssen:allgemeineGleich-
gewichtseffektezuvernachlässigen.5Gerade fürAbkommenwieTHIP,derengenuinesZieldie
VeränderungdesallgemeinenGleichgewichts ist (ÄnderungderHandelsströmezwischenallen
beteiligten Partnern, Erhöhung der Wohlfahrt in den beteiligten Ländern), ist die Verwendung
strukturellerMethodendeshalbessenziell.
EinVerständnisderModellierungderbilateralenHandelskostenistfürdieweitereDiskussionin
dieserStudievongroßerBedeutung.DiemoderneLiteraturweistaufeinensehrklarenundwichti-
genPunkthin:ZölleundanderehandelspolitischeBarrierensindfürdenWelthandelimVergleich
zunatürlichenFriktionenwiezumBeispieldieschieregeographischeDistanzzwischenzweiHan-
delspartnernvonrelativgeringerBedeutung.6UnddiequantitativeRollederZollbarrierenistim
VergleichzuanderenHandelskostengeradeimtransatlantischenVerhältnisgeradezuvernachläs-
sigbar.7DieexakteMessungderbestehendenHandelskostenistaberfürdieBerechnungderEf-
fektevonLiberalisierungsszenarienvongroßerBedeutung:Felbermayretal.(2013)zeigen,dass
dieWohlfahrtsgewinnedurchHandelsliberalisierungüberproportionalhöhersind,wenndieHan-
delskostenbereitsimAusgangsgleichgewichtniedrigsind.
Abbildung1zeigtaufschematischeWeise,wiedieHandelskostenzwischenzweiLänderninein-
zelneKategorienaufgeteiltwerdenkönnen.ZumeinensinddadieZölle,die,wieschonerwähnt,
nureinegeringeRollerelativzudenanderenHandelsbarrierenspielen.DierestlichenHandels-
kostensindkonsequenterweiseunterderRubrik„nichttarifäre“Handelsbarrierenzuverbuchen.
DieseumfasseneineVielzahlpotenziellsehrunterschiedlicherElemente.Zumeinengibtespro-
tektionistische handelspolitische Maßnahmen, die den Zugang ausländischer Anbieter auf den
heimischenMarkterschweren.DasumfasstklassischeInstrumentewiezumBeispielImportquo-
ten,aberauchadministrativeundregulatorischeHürden,dieausländischeFirmendiskriminieren.
DazukanndieNotwendigkeitgehören,ProdukteseparatfürbeideMärktezulassenzumüssen,
und zwar häufig unter Zugrundelegung unterschiedlicher Zulassungsbedingungen und -proze-
duren, unterschiedlicher Standards der Umwelt-, Gesundheits- oder Konsumentenschutzpolitik
5 DieseAnnahmewirdinderökonometrischenLiteraturalsSUTVA(StableUnitTreatmentValueAssumption)bezeichnet.SieistBestandteilderetabliertenreduziertenForm-Methoden,diestandardmäßigzurPolitikevaluierungherangezogenwerden.
6 SiehedazuBaierundBergstrand2001.
7 SiehedazudieinFußnote2erwähntenStudienundFelbermayretal.2013.
7
Bemerkungen zur Untersuchungsmethode
unterschiedlicherIndustrienormen,VerpackungsvorschriftenundInformationspflichten,derRe-
gulierungdesZugangszuöffentlichenBeschaffungsvorgängenoderwirtschaftspolitischenFör-
derprogrammenwiezumBeispielderstaatlichenExportkreditversicherungundsoweiter.
NebenhandelspolitischennichttarifärenBarrierengibtesweitereHandelskosten,diezwarpoli-
tischinduziertsind,abernichtsmitHandelspolitikimengerenSinnzutunhaben.ZumBeispiel
könnenmitInstrumentenderInfrastruktur-,Bildungs-oderArbeitsmarktpolitikodermitindust-
riepolitischenMaßnahmendieHandelskostenverändertwerden.MandenkeandenAusbauvon
VerkehrswegenoderandieProminenzvonFremdsprachenindenCurriculaderSchulen.
Die letzteKostenkategorie inAbbildung1beschreibtdiesogenannten„natürlichen“Barrieren.
DiesesindaufgeographischeDistanz,dasFehlen(oderVorhandensein)gemeinsamerSprache,
gemeinsamer kolonialer Vergangenheit, gemeinsamer Rechtssprechungstraditionen, einer ge-
meinsamenWährungetc.zurückzuführen.
EmpirischwirddieSchätzungdergesamtenHandelskostenzwischen126Ländernuntereinan-
dersodurchgeführt,dasseineHandelsflussgleichung(Gravitationsgleichung)ausdemspäterver-
wendetenSimulationsmodellstrukturellabgeleitetwird.UnterZugrundelegungvonHandelselas-
tizitätenlässtsichdamitdieMatrixderbilateralenHandelskosten(126Ländermal126Länder)
schätzen.GemeinsammitsogenanntenmultilateralenHandelskostenvariablenunddenBruttoin-
landsproduktenderLänderrepliziertdieseMatrixdannimErwartungswertdentatsächlichbeob-
achtetenHandelzwischenallenLändern.
Quelle: Schematische Darstellung des ifo Institutes
Abbildung 1: Modellierung der Handelskosten
„Natürliche“Barrieren
AnderePolitiken
HandelspolitikNichttarifäreBarrieren
ZölleHandelskostengesamt
8
Bemerkungen zur Untersuchungsmethode
EineausführlicheDarstellungdesempirischenModellswürdedieseStudiesprengen.Andieser
Stelle sei lediglich darauf verwiesen, dass die ökonometrische Schätzung der Gravitationsglei-
chungindenletztenJahrengroßeFortschrittegemachthat.DazuhabenbahnbrechendeArbei-
tenvonAndersonundvanWincoop(2003;2004)beigetragen.Indiesenwurdegezeigt,dassfür
diekorrekteSchätzungderHandelskosteninnerhalbeinesLänderpaaresauchdieHandelskosten
innerhalbandererLänderpaarewichtigsind.WiestarkzumBeispielgeographischeDistanzden
HandelzwischenzweiLändernrestringiert,hängtauchdavonab,welchedurchschnittlicheEnt-
fernungdiesebeidenbetrachtetenLänderzuihrenanderenHandelspartnernhaben.Einweite-
resProblem,fürdasesnunmehrguteLösungsansätzegibt,istdasVorliegenvonLänderpaaren,
indenenkeinHandelstattfindet.InderälterenLiteraturwardieseinProblem;Eggeretal.(2011)
undFelbermayretal.(2013)verwendendahernichtlineareVerfahrenfürdieSchätzungderGravi-
tationsgleichung.DieselbenökonometrischenVerfahrensindauchdenSchätzungenindervorlie-
gendenStudiezugrundegelegt.SchließlichistnochVorsorgedafürzutreffen,dassHandelskosten
selbstvonHandelsvoluminaabhängenkönnen.DiesbetrifftinbesondererWeisedieWahrschein-
lichkeit, dass zwischen zwei bestimmten Ländern eine Freihandelszone eingerichtet wird. Um
dennochkorrekteSchätzergebnissezuerhalten,müssensogenannteInstrumentenvariablenver-
wendetwerden.8DieSchätzungliefertdannzweiwichtigeDinge:erstenseineMatrixvonHandels-
kostenzwischenallenLänderpaarenundzweitensdendurchschnittlichenEffekteinerFreihan-
delszoneaufdenbilateralenHandel.
8 Wenn die Handelskosten selbst von den Handelsvolumina getrieben werden, dann können sie nicht als „exogen“ behandeltwerden.DieshatImplikationenfürdieökonometrischeStrategie;siehedazubeispielsweisedieArbeitvonEggeretal.2011.
9
THIP-Szenarien
3. THIP-Szenarien
WiewirkteinFreihandelsabkommenimAllgemeinenundeineTransatlantischeHandels-undIn-
vestitionspartnerschaft(THIP)imSpeziellen?SolcheAbkommenhabeneinenunmittelbarenEf-
fektaufdieHandelskostenzwischendenbetroffenenLändern,weilsiedieZollbarrierenundge-
wissenichttarifäreHandelsschrankenreduzieren.WeildieGrößenordnungenderEffekteaufdie
interessierendenmakroökonomischenVariablenvonderHöhedertotalenHandelskostenabhän-
gen, ist es auchwichtig, die zugrunde liegendeHandelskostenmatrix richtig zu schätzen.Mit-
telbareEffekteergebensichdann imallgemeinenGleichgewichtdurchRückkoppelungenüber
PreiseundEinkommen.DiezentraleFrageistindiesemZusammenhangalso:Wieverändertsich
dieHandelskostenmatrixdurchTHIP?
Wir betrachten zwei Szenarien:
• Zollszenario:Hiernehmenwiran,dassdieobenbeschriebeneHandelskostenmatrixsoverän-
dertwird,dassdieHandelskostenzwischendenUSAunddeneuropäischenLändernumdas
AusmaßderindiesenbilateralenVerhältnissenaktuellangewandtenZöllevermindertwird.
EinzelneAusnahmenfürspezielleGütermögenbestehenbleiben,abereineAbsenkungauf
nullodernahenullimDurchschnittüberalleGüterscheintvernünftig.Derdurchschnittliche
ZollsatzimtransatlantischenHandelbeträgtetwa3,5Prozent.UmdiesesAusmaßsinkenim
ZollszenariodieHandelskostenzwischenEUundUSA,währenddieHandelskosteninanderen
Länderpaarenunverändertbleiben.
• SzenarioumfassenderLiberalisierung:HierpassenwirdieHandelskostenmatrixsoan,dass
diedarausentstehendesimulierteVeränderungderHandelsströmemitderökonometrischge-
messenenHandelsschaffungdurchbeobachteteFreihandelsabkommenzusammenfällt.
DasZollszenariobedarfkeinerweiterenBeschreibung.DasSzenarioderumfassendenLiberali-
sierungistdeutlichkomplexer.DerAbbaudergenanntenBarrierensetztrealeRessourcenfrei,
diefürnutzenstiftendeAktivitätenverwendetwerdenkönnen.DarausresultierendirekteWohl-
standsgewinnefürdiebetroffenenVolkswirtschaften.Dasgiltunabhängigdavon,wiedienicht
tarifären Barrieren letztendlich gesenkt werden: durch die gegenseitige Anerkennung von un-
terschiedlichenStandardsoderdurcheineHarmonisierungoderdurchdieEliminierungvonMaß-
nahmen,dieeinenreinendiskriminierendenCharakterhaben.
ImVergleichzumSzenarioumfassenderLiberalisierungbedeutetZollabbauhauptsächlich,dass
derTransfervonEinkommenvondenKonsumentenzumStaatrückabgewickeltwird.Zwarver-
ursachenZöllenebendiesemVerteilungseffektaucheinenWohlfahrtsverlust,dieseristabersehr
niedrig,wenndieZöllesoniedrigsind,wiedasimgegenständlichenFallderFallist.9
9 SiehedazuetwaFelbermayr,JungundLarch2013.
10
THIP-Szenarien
Um unsere Herangehensweise zu anderen Studien abzugrenzen, verwenden wir Abbildung 2.
DiesezeigtdurchleereFlächenan,inwelchenHandelskostenkategoriendastransatlantischeAb-
kommenzueinerAbsenkungderHandelskostenführenwird.
ZumeinenwürdendiezwischenderEUunddenUSAgeltendenImportzöllewegfallen.Dies
ist genauso wie im Zollszenario. Wie kann die Veränderung nicht tarifärer Barrieren model-
liertwerden?HierhatdiewirtschaftswissenschaftlicheLiteratureinProblem,denndieDefi-
nitionundQuantifizierungnichttarifärerBarrierenistnachwievorstrittig.10EinUmstandbe-
reitetbesondereSchwierigkeiten:Auchwennesgelingt,nichttarifäreBarrierenvontarifären
Barrierensauberzu trennen,bleibtesunklar,welcheKomponentennicht tarifärerBarrieren
durchFreihandelsabkommenüberhauptbeeinflusstwerdenkönnen.IndiesemZusammenhang
sprichtdieLiteraturvon„actionability“undversucht,imDickichtverschiedensterhandelspoli-
tischerMaßnahmenjenezuidentifizieren,dieunterUmständenveränderbarsind.Dafürexis-
tiertkeinesystematischeundallgemeinanerkannteVorgehensweise.IneinemzweitenSchritt
mussdanngeklärtwerden, inwelchemAusmaßeinAbkommendienichttarifärenBarrieren
absenkenkönnte.AuchhierexistiertkeineanerkannteSchätzmethode;dieStudienverwenden
Expertenschätzungen.
UnserAnsatz istandersundvermeidet jeglicheSpekulation.Ausgenau jenerGravitationsglei-
chung,diewirschonfürdieQuantifizierungderHandelskostenmatrixverwenden,erhaltenwir
eine ökonometrische Schätzung der Handelsschaffung durch existierende Freihandelsabkom-
menwiezumBeispieldieEuropäischeUnionoderdasNorthAmericanFreeTradeAgreement
(NAFTA).ÜberalleSektorenhinwegundimDurchschnittüberallebeteiligtenLänder,zeigendie
Daten,dassdieexistierendenAbkommendenHandelimAggregatumetwa80Prozenterhöhen.11
DieseZahlreflektiertdenStatusquovon2007,istaberstabilimZeitablauf.Sieberücksichtigtdie
Tatsache,dassHandelsabkommennichtzwischenzufälligenLänderpaarenoderRegionenabge-
schlossenwerden.Vielmehristesso,dassdieWahrscheinlichkeit,einAbkommenzubeobachten,
höherist,wennbereitsrelativvielHandelinnerhalbeinesLänderpaaresstattfindet.12Sieberück-
sichtigtdarüberhinausauchDrittlandeffektesowiejeneHandelsschaffung,diesichnichtindirekt
übereineVeränderungderBruttoinlandsprodukteallerLänderergibt.
Die ökonometrische Schätzung erlaubt also nicht nur die korrekte Parametrisierung eines Ba-
sisgleichgewichtsfüreineVielzahlvonLändern,siegibtaucheinvernünftigesSzenariovor.Die
genannteHandelsschaffungvon80ProzentausbereitsexistierendenumfassendenAbkommen
stelltausunsererSichtaucheinerealistischeGrößenordnungfürdieaggregiertenEffekteeines
transatlantischenAbkommensdar.Eszeigtsich,dassdieAbsenkungdernochzwischenEUund
USAexistierendenZölleniemalsinderLagewäre,eineHandelsschaffungdieserGrößenordnung
10 SiehedazuAndersonetal.2008.
11 SieheEggeretal.2011.
12 Eskönntesein,dassAbkommenimmerdannabgeschlossenwerden,wenneineBelebungdesHandelszwischenzweiLändernausGründen,diemitHandelspolitiknichtszutunhaben(z.B.Wirtschaftswachstum),erwartetwird.Dannwürdemaneinepo-si-tiveKorrelationzwischendemHandelsvolumenunddemVorliegeneinesAbkommenserhalten,dieabernichtalskausalerZusammenhangzuinterpretierenist.MansprichtindiesemZusammenhangvoneinerScheinkorrelation.
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THIP-Szenarien
zugenerieren.VielmehrzeigendieZahlen,dassderLöwenanteilderHandelsschaffungauseiner
AbsenkungnichttarifärerBarrierenkommenmuss.
Dies lässt sich anhand eines einfachen Zahlenbeispiels nachvollziehen: Im Gravitationsmodell
existierteinpartialanalytischermultiplikativerZusammenhangzwischenderVeränderungdes
bilateralenHandelsundderVeränderungdergesamtenvariablenHandelskosten,wobeiderMul-
tiplikatordiesogenannteHandelselastizitätist.WennnunderHandelum80Prozentzulegtund
dieHandelselastizität5beträgt,13dannmüssendieHandelskostenum80%:5=16%gefallensein.
DieZölleaußerhalbvonFreihandelsabkommenbetragen3,5Prozent.Dasheißt,dienichttarifä-
renBarrierenmüssenum16%–3,5%=12,5%gefallensein.
DasZahlenbeispielvereinfachtnatürlich;esmachtaberklar,dassunserAnsatzkeineAussagen
überdie„actionability“vonBarrierenundkeinerleiSpekulationüberdieGrößenordnungderAb-
senkungderKostenerfordert.StattdessenmachenwirdieAnnahme,dassTHIPungefähr jene
HandelskosteneffektehabenwirdwieandereFreihandelsabkommenauch.Dabeisindauchdie
besondersschwerzuquantifizierendenEffekte,dieinAbbildung2unterderRubrik„anderePo-
litiken“verbuchtsind,abgebildet.AußerdemspiegeltunsereSzenariodefinitionwider,dassdie
Belebung des Handels durch Absenkung handelspolitischer Barrieren zu Zweit- und Drittrun-
deneffektendurchverstärkteöffentlicheundprivateInvestitioneninweitereVerbesserungender
Handelsinfrastrukturführt.
13 AndersonundvanWincoop(2004)lieferneinenÜberblicküberSchätzungenderHandelselastizität.
Quelle: Schematische Darstellung des ifo Institutes
Abbildung 2: Veränderung der Handelskosten durch THIP
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„Natürliche“Barrieren
AnderePolitiken
HandelspolitikNichttarifäreBarrieren
ZölleHandelskostengesamt
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THIP-Szenarien
DerdurchschnittlichehandelsschaffendeEffektvonFreihandelsabkommenwirdinunsererStudie
mitcirca80Prozentbemessen.Diesistdeutlichmehr,alsandereStudienerrechnen.14DerUnter-
schiedkommthauptsächlichausderunterschiedlichenDefinitiondesSzenarios:Weilwirunser
tiefesLiberalisierungsszenarioandengemessenenEffektenindenrealenDatenanlehnen,fallen
unsereErgebnissehöheraus.ZweiweitereUnterschiedesindaberebenfallswichtig:Erstens,der
FokusaufHandelskostenerlaubtes,miteinersehrsparsamenFormulierungderNachfrageseite
desModellsdenStatusquodesAusgangsgleichgewichtszureproduzieren.WeilaberHandelskos-
tenänderungenaufnichtlineareWeisezuVeränderungeninHandelsströmenbeitragen,istunser
Modellreagibleralsandere,diedasAusgangsgleichgewichtdurchdasEinstellenvonländerspe-
zifischenKonsumgewichtenrealisieren.15Zweitens,unsereHerangehensweiseerlaubtes,tatsäch-
lich126LänderindieAnalyseaufzunehmen.Dasheißt,wirmüssenkeineregionalenAggregati-
onendurchführen,innerhalbdererfriktionsfreierWarenaustauschunterstelltwird.ZumBeispiel
istinunseremAnsatz,wieauchinderRealität,derHandelinnerhalbderEUvonHandelskosten
betroffen.AuchdiesführtzueinerstärkerenReaktiondesModellsangesichtseinertransatlanti-
schenHandelsliberalisierung.
InallenSzenarienunterstellenwiralsodasfolgendeGedankenexperiment.WirkennendieWelt,
wiesieimAusgangsgleichgewichtindenDatenabgebildetist.NunpassenwirdieHandelskosten-
matrixsoan,dassdieHandelskostenzwischendenEU-StaatenunddenUSAumjenesAusmaß
sinken,dasdendadurchinduziertenHandelsgewinnzwischendenbeteiligtenLändernimDurch-
schnittdemempirischgemessenenEffektbereitsexistierenderAbkommenentspricht.Weildiese
existierendenAbkommenimDurchschnittschoneineganzeWeileBestandhaben,hatunsereHer-
angehensweisezurFolge,dassdiesimuliertenEffektevonTHIPdievolleEntfaltungallerdirek-
tenundindirektenEffekteabbilden.
IndemverwendetenSimulationsmodellbestehteinrelativeinfacherZusammenhangzwischen
denWohlfahrtsgewinneneinesLandesdurchdasneueAbkommen,derdurchdasAbkommenin-
duziertenVeränderungderOffenheiteinesLandesimAggregatunddersogenanntenHandelse-
lastizität.DasModellfolgtdabeideraktuellenForschung.16Zusammenfassendlässtsichsagen:Je
stärkereinAbkommenhandelsschaffendwirkt,umsomehrnimmtdasrealePro-Kopf-Einkommen
zu;jehöherdieHandelselastizität,umsomehrverändertdieneuerelativepreislicheWettbewerbs-
fähigkeitzwardieHandelsströme,umsogeringerfallenaberdiePro-Kopf-Einkommensgewinne
aus.DieHöhederHandelselastizitätspiegeltnämlichwider,wie leichtGüterunterschiedlicher
Ländergegeneinandersubstituiertwerdenkönnen.Jeleichterdiesist,umsoweniger„wertvoll“
istinternationalerHandel.
14 Vgl.Fußnote3.
15 MithilfesolcherGewichtebildendieherkömmlichenModellediebeobachtetenHandelsströmeab.InunseremAnsatzwirddiesdurchdieHandelskostenmatrixbewerkstelligt.
16 Arkolakisetal.(2012)präsentiereneineeinfacheFormel,diezurQuantifizierungderHandelsgewinneverwendetwerdenkannunddieminimaleInformationserfordernisseaufweist.
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Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel?
4. Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel?
THIPwirdzueinerdeutlichenVeränderungderHandelsstrukturinderWeltführen.Wirgehenin
unseremambitioniertenSzenariodavonaus,dassderHandelzwischendenUSAunddenEU-Mit-
gliedsstaatenimDurchschnittumgenaudasAusmaßsteigt,daswirfürvergleichbareexistierende
AbkommenindenDatenmessen.
DieVerflechtungvonNationendurchHandel ist einwichtiger Indikator fürKooperation,nicht
nurinderHandelspolitik,sonderninvielenanderenPolitikbereichen.ZumBeispielkönnteman
eineAbschwächungderHandelsbeziehungenderEU-Mitgliedsstaatenuntereinanderalskritisch
sehen,weilsiedasInteressedereinzelnenLänderameuropäischenEinigungsprojektrelativie-
renkönnte.
4.1 Effekte auf den deutschen Außenhandel
Tabelle 1 zeigt die berechneten Veränderungsraten der bilateralen Handelsvolumina zwischen
Deutschland und seinen wichtigsten Handelspartnern in Europa und in der Welt. Die Zahlen
gebenan,wiesichdasHandelsvolumenimVergleichzumtatsächlichbeobachtetenVolumendar-
gestellthätte,wennesimJahr2010bereitseinAbkommenzwischenEUundUSAgegebenhätte.
Wirvergleichenalsodiefaktische,wirklichbeobachteteRealitätdesJahres2010miteinerkonter-
faktischenGegenrealität,inderwirunterstellen,dasAbkommenwürdebereitsexistieren.Damit
vermeidenwir,dasswirPrognosenzudenHandelsvolumina(dasheißtdenMengenundPreisen)
derZukunftanstellenmüssen;dieswäremitPrognosefehlernverbunden.Undwirvermeidendie
ModellierungvonbestimmtenPhase-in-Pfaden.Dieswäreebenfallshochgradigspekulativ.
DieersteZeilevonTabelle1zeigt,dassdieExporteDeutschlandsindieUSAimZollszenarioum
1,13Prozentunddie Importeum1,65Prozent zulegen.Dasheißt, derbilateraleHandelsüber-
schussDeutschlandsvonetwa30MilliardenDollarwürdegeringfügigzurückgehen.Wennhinge-
gendasSzenarioeinerumfassendenLiberalisierungbetrachtetwird,soergebensichfürdieEx-
porteunddieImportesehrähnlicheAnpassungen,diejeweilsbeimehrals90Prozentliegen.Wir
findenalsoeinestarkeZunahmederHandelsströmezwischenDeutschlandunddenUSA.Die-
serhoheZuwachsistvordemHintergrunddesunterstelltenSzenarioszuverstehen.Wieobener-
läutert,umfasstessowohldieEliminierungderZöllealsauchdieReduktionpolitischdirektbe-
einflussbarernicht tarifärerHandelsbarrierenunddiesichausderAbsenkungderpolitischen
BarrierenergebendenEffekteaufweiterehandelsschaffendeVariablenwiezumBeispieldenDi-
rektinvestitionen.
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Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel?
AmBeispielDeutschland–USAzeigtsichalsoinallerDeutlichkeit,dasseinAbkommen,dasnur
dieAbsenkungderZöllezumInhalthat,keinewesentlichenhandelsschaffendenEffekteentfal-
tenkann.ImGegensatzdazuhateinumfassendes,tiefesAbkommensehrvielstärkereEffekte.
Tabelle1zeigtebenfallssehreindringlich,dassderHandelDeutschlandsmitseinenanderenHan-
delspartnernteilweisesehrstarkzurückgehenkönnte.DieVorzeichenderHandelseffektesindso-
wohlimZoll-alsauchimumfassendenLiberalisierungsszenariodurchwegsnegativ.Grundsätz-
lich istesso,dassdurchTHIPdie inderEUbestehendenHandelsumlenkungseffektedeutlich
revidiertwerden.DiesehabensichinderVergangenheitdadurchergeben,dassderHandelder
EU-Länderuntereinanderbarrierenfreiist,währendderHandelderEU-StaatenmitdenUSAta-
rifärenundnichttarifärenBarrierenunterliegt.DieEinebnungderBarrierenmitdenUSAführt
daherzueinerRückabwicklungvonHandel,derdurchdiepräferenzielleBehandlungvonintra-
europäischenHandelsströmenzustandegekommenist.AmstärkstenistdiesfürGroßbritannien
ausgeprägt,dasrelativniedrigenatürlicheHandelsbarrieren(Sprache,Kultur)mitdenUSAauf-
weist,sodasseineAbsenkungderpolitischenFriktionenzueinerstarkenHandelsschaffungund
-umlenkungführt.
Interessanterweise führtTHIPzueinerAusweitungderExporteDeutschlandsnachJapan,und
zwarinbeidenunterstelltenSzenarien.Dieshatdamitzutun,dassdieWettbewerbsfähigkeitder
deutschenExporteuredurchdieVerfügbarkeitgünstigererVorprodukteausdenUSAzunimmt.
AußerdemkommteszueinerReduktiondesWettbewerbsdrucksimjapanischenMarkt,weildie
ExportedorthinausdenUSAzurückgehen.DerEffektaufdenHandelDeutschlandsmitChinaist
Tabelle 1: Veränderung des deutschen Außenhandels mit traditionellen Partner-ländern
Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD)
Umfassende Liberalisierung in Prozent
Zollszenario in Prozent
DEU USA 83.553 93,54 1,13
USA DEU 51.645 93,56 1,65
DEU GBR 72.052 –40,91 –0,70
GBR DEU 43.583 –40,93 –0,57
DEU FRA 109.223 –23,34 –0,38
FRA DEU 76.518 –23,34 –0,24
DEU ITA 74.245 –29,45 –0,37
ITA DEU 52.687 –29,45 –0,55
DEU JPN 17.487 4,81 2,40
JPN DEU 24.891 4,76 –1,68
DEU CHN 67.728 –12,68 2,19
CHN DEU 92.536 –12,71 –2,94
DEU = Deutschland, GBR = Großbritannien, FRA = Frankreich, ITA = Italien, JPN = Japan, CHN = China.
Quelle: ifo Institut
15
Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel?
allerdingsnegativ,jedenfallswennmandastiefeLiberalisierungsszenariobetrachtet.Esistmit
einemRückgangsowohlderExportealsauchderImporteumjeweilsetwa13Prozentzurechnen.
AlsNächstes betrachtenwir den deutschen Außenhandelmit den sogenannten GIIPS-Ländern
(Griechenland,Irland,Italien,PortugalundSpanien).DiesistvordemHintergrunddergegenwär-
tigenKriseinderEuropäischenUnionvonInteresse.DieDateninTabelle2bestätigen,wasschon
inTabelle1sichtbarwar:DieGIIPSstellenkeineAusnahmedar–ihrHandelmitDeutschland
wirddurchTHIPsinken.DieEffektesindsehrklein,wennmandasZollszenariobetrachtet,sie
sindaberbeträchtlich,wennmandasambitionierteSzenariounterstellt.
SchließlichbetrachtenwirnochdieVeränderungdesHandelsDeutschlandsmitdenBRICS-Staa-
ten(Brasilien,Russland,Indien,China,Südafrika).WieTabelle3zeigt,nehmendurchdieElimi-
nierungderZöllezwischenEUundUSAdieExporteDeutschlandsindieBRICSinderRegelleicht
zu.DerGrundistinderverstärktenpreislichenWettbewerbsfähigkeitDeutschlandsdurchgüns-
tigereImportevonVorproduktenausdenUSAzusuchen.DieImporteausdenBRICSnehmen
hingegenab,weilderWettbewerbsdruckinDeutschlanddurchdieverstärktePräsenzamerika-
nischerUnternehmenzunimmt.WennmaneintiefesLiberalisierungsszenariounterstellt,über-
wiegtsowohlbeidenExportenalsauchbeidenImportendieHandelsumlenkung:DeutscheEx-
porte,dievormalsindieBRICSgingen,gehennunindieUSA,undDeutschlandersetztImporte
ausdenBRICSdurchImporteausdenUSA.Diesfindetstatt,obwohlsichdieHandelsbarrierenge-
genüberdenBRICSnominellnichtveränderthaben.DieHandelsumlenkungwirdalleindurchdie
VeränderungderrelativenHandelskostengetrieben.
Tabelle 2: Veränderung des deutschen Außenhandels mit der EU-Peripherie (GIIPS)
Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD)
Umfassende Liberalisierung in Prozent
Zollszenario in Prozent
DEU GRC 6.655 –29,94 –0,14
GRC DEU 2.322 –29,93 –0,95
DEU IRL 5.195 –34,87 –0,64
IRL DEU 10.662 –34,85 –0,16
DEU ITA 74.245 –29,45 –0,37
ITA DEU 52.687 –29,45 –0,55
DEU PRT 10.306 –29,90 –0,31
PRT DEU 5.385 –29,88 –0,55
DEU ESP 39.590 –33,71 –0,47
ESP DEU 26.142 –33,71 –0,57
DEU GIIPS 135.991 –30,96 –0,39
GIIPS DEU 97.197 –31,22 –0,52
DEU = Deutschland, GRC = Griechenland, IRL = Irland, ITA = Italien, PRT = Portugal, ESP = Spanien, GIIPS = Griechenland, Irland, Italien, Portugal, Spanien.
Quelle: ifo Institut
16
Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel?
4.2 Effekte auf den Handel der EU
AlsNächstesblickenwiraufdieVeränderungdesHandelsderEUmitLändernindernäherengeo-
graphischenUmgebung.WirbetrachtenvorallemdieMaghreb-Staaten,mitdenendieEUeinFrei-
handelsabkommenunterhält(Mittelmeerabkommen),unddiebeidenNachfolgestaatenderSowje-
tunion,fürdiewirDatenhaben(RusslandundWeißrussland).
Tabelle4zeigt,dassimZollszenariodieExportederEUindieMittelmeeranrainerstaaten(Ma-
rokko,Tunesien,AlgerienundÄgypten)oderindieNachfolgestaatenderSowjetunionzunehmen,
währenddieImporteausdiesenLändernabnehmenwürden.DiesspiegeltwiederumdenAnstieg
derWettbewerbsfähigkeitdereuropäischenUnternehmenwider.Betrachtetmanallerdingsdas
umfassendeLiberalisierungsszenario,soüberwiegendieklassischenHandelsumlenkungseffekte:
ExporteundImportederEUindieMaghreb-StaatenodernachOsteuropanehmenab.DieEffekte
sindallerdings,gegebendermassivenAbsenkungderBarrierenzwischenEUundUSAinunse-
remSzenario,jedochüberschaubar.
Tabelle 3: Veränderung des deutschen Außenhandels mit den BRICS-Staaten
Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD)
Umfassende Liberalisierung in Prozent
Zollszenario in Prozent
DEU BRA 12.951 –7,58 2,41
BRA DEU 8.844 –7,92 –3,67
DEU RUS 32.512 –7,51 1,64
RUS DEU 20.362 –7,17 –1,20
DEU IND 10.866 –8,96 2,36
IND DEU 7.859 –9,26 –2,30
DEU CHN 67.728 –12,68 2,19
CHN DEU 92.536 –12,71 –2,94
DEU ZAF 8.274 –3,96 1,24
ZAF DEU 6.719 –3,73 –1,20
DEU BRICS 132.331 –10,06 2,03
BRICS DEU 136.320 –10,93 –2,61
DEU = Deutschland, BRA = Brasilien, CHN = China, RUS = Russland, IND = Indien, ZAF = Südafrika, BRICS = Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika.
Quelle: ifo Institut
17
Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel?
AlsNächsteszeigenwirnoch,dassderHandelderGIIPS-StaatenmitdenUSAinallenFällenstark
zunimmt.Tabelle5zeigt,dassdiesvorallembeieinerumfassendenLiberalisierungderFallist.Die
Zuwachsratensind,mitAusnahmeIrlands,wodertransatlantischeHandelbereitssehrstarkaus-
geprägtist,inderselbenGrößenordnungwieimbilateralenVerhältnisderUSAmitDeutschland.
Tabelle 4: Veränderung des Handels der EU mit EU-Nachbarstaaten
Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD)
Umfassende Liberalisierung in Prozent
Zollszenario in Prozent
EU MAR 18.028 –5,14 0,94
MAR EU 11.775 –5,39 –0,38
EU TUN 14.818 –4,75 1,33
TUN EU 13.287 –4,41 –0,82
EU DZA 21.656 –4,33 4,11
DZA EU 28.641 –0,98 –0,98
EU EGY 19.851 –5,81 1,35
EGY EU 10.584 –7,67 –0,15
EU RUS 109.586 –7,83 1,57
RUS EU 195.846 –7,75 –1,15
EU BLR 8.641 –5,91 2,59
BLR EU 7.662 –14,34 –0,42
EU = Europäische Union, MAR = Marokko, TUN = Tunesien, DZA = Algerien, EGY = Ägypten, RUS = Russland, BLR = Weißrussland.
Quelle: ifo Institut
Tabelle 5: Veränderung des Handels der GIIPS-Staaten mit USA
Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD)
Umfassende Liberalisierung in Prozent
Zollszenario in Prozent
USA GRC 1.559 90,43 1,95
GRC USA 917 90,45 0,60
USA IRL 8.022 77,03 1,44
IRL USA 28.424 77,06 1,40
USA ITA 13.254 91,77 1,71
ITA USA 28.151 91,75 1,00
USA PRT 1.068 90,56 1,78
PRT USA 2.053 90,59 1,01
USA ESP 11.575 80,18 1,62
ESP USA 8.724 80,16 0,99
GRC = Griechenland, IRL = Irland, ITA = Italien, PRT = Portugal, ESP = Spanien.
Quelle: ifo Institut
18
Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel?
AlsLetztesbetrachtenwirnochdieVeränderungderHandelsbeziehungenGroßbritanniens.Dies
istdeshalbvonbesonderemInteresse,weilGroßbritannienimVergleichzuanderenMitgliedern
derEuropäischenUnionschonjetztmitdenUSAeinensehrhohenGradderwirtschaftlichenIn-
tegrationaufweistunddieDiskussionumeineNeudefinitionderRolleGroßbritanniensinderEU
häufigunterVerweisaufdiestarkenBeziehungenzudenUSAdiskutiertwird.
Tabelle6zeigt,dasssowohldieExporteindieUSAalsauchdieImporteGroßbritanniensausden
USAimFalleeinestransatlantischenAbkommensstarkzulegenwürden.Dieswirdvorallemfür
dasumfassendeLiberalisierungsszenariodeutlich.DerHandelmitKanadawärenursehrschwach
betroffen.ImVergleichdazuzeigtsich,dassdieIntegrationGroßbritanniensindieEUteilweise
deutlichschwächerwürde.MitanderenWorten:DurchdastransatlantischeAbkommenwäreso-
wohlfürGroßbritannienselbstalsauchfürdieanderenEU-MitgliedsstaateneinVerbleibGroßbri-
tanniensindereuropäischenZollunionwenigerwertvoll.DieDiskussionumeinenAustrittGroß-
britanniensausderEUkönntevordiesemHintergrundeinezusätzlicheDynamikentfalten.
Tabelle 6: Veränderung der Handelsbeziehungen Großbritanniens
Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD)
Umfassende Liberalisierung in Prozent
Zollszenario in Prozent
GBR USA 49.347 60.56 0.98
USA GBR 42.184 60.61 1.38
GBR CAN 9.400 –1.45 2.67
CAN GBR 15.929 –1.41 –0.15
GBR DEU 43.583 –40.93 –0.57
DEU GBR 72.052 –40.91 –0.70
GBR FRA 26.610 –36.41 –0.52
FRA GBR 34.002 –36.39 –0.52
GBR ITA 15.268 –41.47 –0.51
ITA GBR 23.191 –41.46 –0.82
GBR ESP 13.710 –45.01 –0.61
ESP GBR 15.690 –45.00 –0.84
GBR IRL 21.788 –45.97 –0.78
IRL GBR 19.420 –45.94 –0.43
GBR JPN 6.277 –13.05 2.25
JPN GBR 13.243 –13.07 –1.95
GBR CHN 9.545 –27.56 2.04
CHN GBR 48.619 –27.57 –3.21
GBR = Großbritannien, CAN = Kanada, DEU = Deutschland, FRA = Frankreich, ITA = Italien, ESP = Spanien, IRL = Irland, JPN = Japan, CHN = China.
Quelle: ifo Institut
19
Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel?
4.3 Effekte in Nordamerika
Tabelle7betrachtetdieVeränderungdesHandelsinNordamerikaundzwischendenUSAundden
BRICS.EinigewichtigeErkenntnissestechenhierbeiinsAuge.Erstens,THIPführtzuHandels-
umlenkungseffekteninnerhalbdernordamerikanischenFreihandelszone(NAFTA)zwischenUSA,
Mexiko und Kanada. Im umfassenden Liberalisierungsszenario sinken sowohl die Exporte als
auchdieImportederNAFTA-PartnerstaateninnerhalbderRegion.DiebeidenLänderinNAFTA,
diedurchTHIPnichtweiterbessergestelltwerden,MexikoundKanada,verstärkenihrenHandel
deutlich.DiesisteineindrucksvollesBeispielvonHandelsumlenkungseffektenzwischenStaaten,
dievonTHIPdirektinkeinerWeiseberührtsind:DerZugangdieserLändervorallemindenUS-
MarktwirddurchverstärkteKonkurrenzausderEUwenigerattraktiv;diesführtzueinemdeutli-
chenAnstiegdesHandelszwischenihnen.DerEffektistdeshalbsostark,weilzwischenMexiko
undKanadabekanntermaßendieHandelsbarrierenbereitsabgebautsind.
InteressanterweiseführtTHIPaberzueinerAusweitungdesHandelszwischenderEUundKa-
nada.FürdiesesResultatsinddiegeographischenUmständeausschlaggebend:Kanada istauf-
grund der hohen Nähe zu den USA in besonderem Ausmaß von Handelsumlenkungseffekten
betreffenddieUSAbetroffen.DieserEffekt führtzuHandelsschaffungmitdenEU-Staaten,die
geographischweiterentferntsind,sodassdieTransportkostengeringersindunddieVeränderung
relativerKostenstrukturenzueinerSubstitutiondesamerikanischenMarktesdurchdieEUführt.
DieserUmstandbedeutet,dassdieFinalisierungeinesAbkommensderEUmitKanada,dassich
derzeitinVerhandlungbefindet,zwardenHandelderbesagtenLändermiteinanderverstärken,
nichtjedochdienegativenHandelsumlenkungseffektebehebenwird.
20
Wo wächst der Handel, wo schrumpft er, und um wie viel?
Tabelle 7: Veränderung des Handels der USA und Kanadas
Exporteur Importeur Handelsvolumen 2010* (in Mio. USD)
Umfassende Liberalisierung in Prozent
Zollszenario in Prozent
EU CAN 43.565 14,53 2,82
CAN EU 34.965 10,07 0,00
USA MEX 142.763 –15,99 –0,82
MEX USA 221.803 –16,04 1,33
USA CAN 193.554 –9,32 –0,55
CAN USA 271.268 –9,32 1,61
MEX CAN 18.965 83,53 3,10
CAN MEX 6.692 83,63 3,11
USA BRA 26.762 –29.45 –0.95
BRA USA 20.116 –29.72 –2.24
USA RUS 7.878 –29.40 –1.69
RUS USA 16.674 –29.16 0.28
USA IND 15.174 –30.51 –0.99
IND USA 29.214 –30.75 –0.84
USA CHN 83.873 –33.35 –1.16
CHN USA 327.554 –33.38 –1.50
USA ZAF 5.993 –26.69 –2.07
ZAF USA 8.331 –26.53 0.27
USA BRICS 139.681 –31,78 –1,17
BRICS USA 401.889 –32,69 –1,38
EU = Europäische Union, CAN = Kanada, MEX = Mexiko, BRA = Brasilien, RUS = Russland, IND = Indien, CHN = China, ZAF = Südafrika.
Quelle: ifo Institut
21
Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen?
5. Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen?
DiebisherpräsentiertenEffektevonTHIPaufdieHandelsströmeresultierenimWesentlichen,wie
schonweiterobenbetont,auseinerAnpassungderHandelskostenundderdarausresultierenden
VeränderungderProduktionskosten,Faktorpreise,undEinkommenspositionenderLänder.
5.1 Effekte in der EU
WelchenEffekthateineEliminierungderHandelsbarrierenimtransatlantischenWarenaustausch
aufdierealenEinkommenproKopfinderEU?FührtTHIPzueinemAuseinanderdriftenderLe-
bensbedingungeninEuropaoderfördertesdieKonvergenz?ZurBeantwortungdieserFragenbe-
trachtenwirzunächstdasunambitionierteZollszenarioundbeschreibendanachdieEffekteeiner
tiefgreifendenLiberalisierung.
Zollszenario
DieModellsimulationenzeigen,dasseintransatlantischesFreihandelsabkommennichtzueinem
AuseinanderdriftenderLebensbedingungeninEuropabeitragenwürde.EsisteherdasGegenteil
derFall.DieAbbildung3zeigtdieVeränderungderrealenPro-Kopf-Einkommen(gemessendurch
dasrealeBruttoinlandsproduktproKopf)inallenEU-Mitgliedsstaaten,wenndieZöllezwischen
derEUunddenUSAvollständigeliminiertwerden.
DieVeränderungderrealenPro-Kopf-Einkommenliegtzwischen0,03Prozent(Luxemburg)und
0,58Prozent(Litauen).FürDeutschlandistderWert0,24Prozent.ImungewichtetenEU27-Mit-
telliegtderGewinnbei0,27Prozent,dieStandardabweichungist0,13Prozent.DieseEffektesind
klein,weildienochexistierendenZöllezwischenEUundUSAbereitsniedrigsind(dergewichtete
Durchschnittbeträgt2,8Prozent).
DasBildmachtfolgendePunkteklar:Erstens,alleMitgliedsländerderEUprofitierenvonderHan-
delsliberalisierung.ImZollszenariomüsstedasnichtsosein,weildieEUaufZolleinnahmenver-
zichtenmuss.DamitistwenigerEinkommenzurUmverteilungvorhanden.17Zweitens,wiestark
dieÖkonomienprofitieren,hängtvonderrealexistierendenHandelsstrukturdereinzelnenLän-
der,vonderenGrößeunddergeographischenLageab.Werschonrelativvielexportiert,erhältre-
lativhöhereGewinne.DieserklärtdieetwashöherenGewinnebeispielsweiseinGroßbritannien.
HöhereEinkommenindiesenLändernführenwiederumzuvermehrterNachfragenachGütern
ausanderenLänderninderEU.WiesichdieseEffekteinEuropaverteilen,hängtmaßgeblichvon
deninnereuropäischenTransportwegenundmithinvondergeographischenLagederLänderab.
17 Eswirdangenommen,dassdieZolleinnahmenderEUgleichmäßigaufalleEU-Länderverteiltwerden.Das istzwarde factonichtderFall,aberdieZolleinnahmenausHandelmitderUSAmacheninsgesamtwenigerals0,1ProzentdesEU-Bruttoinlands-produktesaus,sodasseineschwerwiegendeVerzerrungderErgebnissenichtzuerwartenist.
22
Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen?
Schließlichzeigtessichaußerdem,dasskleinereLändertendenziellmehrprofitierenalsgroße.
DasBeispieldesBaltikumsisthierbeibesonderseinprägsam.KleinereLändersindtendenziell
stärkerindieinternationaleArbeitsteilungeingebundenundprofitierendaherauchstärkervon
fallendenHandelskosten.DieinderAbbildung3ausgewiesenenEffektefassendieseAspektezu-
sammen.
Quelle: ifo Institut
Abbildung 3: Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens in der EU27, Zollszenario
0,00–0,20 0,21–0,50 0,51–1,70
0,17
0,24
0,31
0,310,22
0,27
0,11
0,16
0,19
0,28
0,12
0,17
0,15
0,17
0,260,38
0,23
0,37
0,24
0,30
0,30
0,58
0,49
0,50
0,40
0,33
0,03
23
Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen?
Abbildung 4 korreliert den Pro-Kopf-Einkommenszuwachs mit dem Niveau des realen BIP pro
KopfdesJahres2011.DiePunktwolkezeigteinennegativenZusammenhangan,dersichinder
statistischen Analyse auch bestätigt. Die rote Linie ist eine lineare Regressionsgleichung. Man
kannsiefolgendermaßenlesen:FrankreichhateinlogarithmiertesPro-Kopf-Einkommenvonetwa
10,5.DasstatistischeModellprognostiziertfürdiesesLandeinenZuwachsimrealenBIPproKopf
von0,23Prozent(diesisthöher,alsdiespezifischenBerechnungenfürFrankreichzeigen,0,17
Prozent;dasheißtFrankreichprofitiertunterdurchschnittlich).FüreinLandmiteinemum50Pro-
zentniedrigerenPro-Kopf-EinkommenalsFrankreich(wiezumBeispielPolenoderUngarn,wo
daslogarithmiertesPro-Kopf-Einkommencirca10,0beträgt),prognostiziertdasstatistischeMo-
delleinenZuwachsvon0,33Prozent.18Damitistgezeigt,dassdastransatlantischeAbkommenzur
KonvergenzinEuropabeiträgt:LändermiteinemderzeitniedrigerenPro-Kopf-Einkommen(wie
zumBeispielRumänien)profitierenstärkeralssolchemithohemEinkommen(wiezumBeispiel
Luxemburg).ZwargibteseinstarkesMaßanStreuung,derstatistischeBefundistabereindeutig.
18 DerKoeffizientdeslogarithmiertenPro-Kopf-EinkommensdesJahrs2011inderRegressionsgleichungbeträgt–0,21;derdazuge-hörigeStandardfehlerist–0,05.DamitistdieKorrelationstatistischaufdem1-Prozent-Niveausignifikant.DieserBefundhängtnichtvonderGewichtungderDatenab.
Quelle: Berechnungen des ifo Institutes
Abbildung 4: Handelsgewinne und Status-quo-Pro-Kopf-Einkommen, Zollszenario
SVK
AUT
FIN
EST
LUX
MLTPRT
BEL
BGR
CYP
CZEDNK
HUN
POL
ROM GBR
SWE
NLD
ESP
SVN
DEU
GRC
LTU
IRL
ITA
LVA
FRA
9,5 10,0 10,5 11,0 11,50,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
Basisjahr 2011; Linie zeigt gewichtete lineare Regression.
logarithmiertes Pro-Kopf-Einkommen
Hand
elsg
ewin
n in
Pro
zent
24
Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen?
Tiefe Liberalisierung
GehtmanvomZollszenarioaufeinambitioniertesSzenarioüber,dasnebendemAbbauderZölle
aucheineReduktiondernichttarifärenBarrierenbeinhaltet,soerhältmaneinmodifiziertesBild.
Wieweiterobenerklärt,mussmansichhiervergegenwärtigen,dassdastiefeSzenarionebenhan-
delspolitischenLiberalisierungsschrittenauchinduzierteEffekte(z.B.durchdieAusweitungder
DirektinvestitionenoderdurchdieReduktionvonwirtschaftspolitischerUnsicherheit)umfasst.
Abbildung5reproduziertAbbildung1fürdenFalleinestiefenAbkommens.ImDurchschnittsind
dieGewinneetwa23-malhöheralsimZollszenario.AmhöchstenfälltdieAbweichunginLuxem-
burgaus.DiesesLandprofitiertinbesondersstarkemAusmaßvonvermehrtemHandelseinereu-
ropäischenHandelspartnermitdenUSA,ohneselbsthoheHandelsflüssemitAmerikazuhaben.
AuchDeutschlandzeigtGewinne,dieumdenFaktor20höherliegenalsimZollszenario.Dereuro-
päischeDurchschnittsgewinnliegtbei4,95ProzentmiteinerStandardabweichungvon1,58Pro-
Quelle: ifo Institut
Abbildung 5: Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens in der EU27, tiefe Liberalisierung
0,00–3,00 3,01–6,00 6,01–10,00
2,64
4,68
6,55
9,706,93
5,03
3,63
4,43
5,28
4,92
2,71
2,58
3,31
4,21
4,434,61
4,83
5,13
6,24
3,73
7,30
5,05
5,44
5,72
6,24
5,03
0,03
25
Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen?
zent.EinLand,dasrelativwenigprofitiert,istFrankreich(2,64Prozent).DerGrundhierfürliegt
darin,dassFrankreichrelativwenigGüterhandelmitdenUSAtreibt.AberauchhierliegendieGe-
winneimdeutlichwahrnehmbarenBereich.
DiegrößtenProfiteuresinddurchwegsLänder,diebereitshoherelativeHandelsvoluminamitden
USArealisieren.DieserklärtdenhohenGewinnGroßbritanniens.AuchdieskandinavischenLän-
derundSpanienprofitierenüberdurchschnittlich.IndiesemFallistdiesaberdaraufzurückzufüh-
ren,dassSpanienrelativteureeuropäischeImportedurchImporteausdenUSAersetzt,waswohl-
fahrtssteigerndwirkt.
Abbildung5suggeriert,dassvorallemkleinereperiphereLänderstärkeralsderDurchschnittvon
derHandelsliberalisierungprofitieren.DerGrundhierfüristderselbewieimZollszenario.Aller-
dingsspieltbeidennichttarifärenBarrierendieStimulierungderinnereuropäischenNachfrage
durchZulieferbeziehungenhinzugroßen,relativstarkprofitierendenLänderneinewesentlich
größereRolle.
Quelle: Berechnungen des ifo Institutes
Abbildung 6: Handelsgewinne und Status-Quo-Pro-Kopf-Einkommen, tiefe Liberalisierung
SVK
AUT
FIN
EST
LUX
MLT
PRT
BEL
BGRCYP
CZE
DNK
HUN
POL
ROM
GBR
SWE
NLD
ESP
SVN
DEU
GRCLTU
IRL
ITA
LVA
FRA
9,5 10,0 10,5 11,0 11,52
4
6
8
10
Basisjahr 2011; Linie zeigt gewichtete lineare Regression.
logarithmiertes Pro-Kopf-Einkommen
Hand
elsg
ewin
n in
Pro
zent
26
Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen?
Abbildung6korreliertwiederdenerwartetenZuwachsimPro-Kopf-Einkommenmitseinemder-
zeitigenNiveau.WiederumzeigtsicheinenegativeKorrelation.DasVorzeichenwirdabervoll-
ständigvonLuxemburggetrieben.MitoderohneLuxemburg,eskannallerdingskeinstatistisch
signifikanterZusammenhangzwischendenbeidenGrößennachgewiesenwerden.19
Fazit
AlsFazitlässtsichfesthalten:DietransatlantischeFreihandelsinitiativevertieftdieEinkommens-
unterschiedeinnerhalbEuropasnicht.DasbescheideneZollszenariozeigtsogar,dassdasAbkom-
menzuzusätzlicherKonvergenzführt:Dasheißt,dieärmeren,oftperipherenLänderprofitieren
stärkeralsdiereicheren,zentralen.AllerdingssindineinemsolchenSzenariodieDurchschnitts-
gewinneausdemAbkommenniedrig.EinAbkommen,dasauchdienichttarifärenBarrierensig-
nifikantabsenkt,führtzusehrvielhöherenWohlstandsgewinnen.AuchindiesemFalldeutetsich
einnegativerZusammenhangzwischendemStatus-quo-EinkommenderEU-Mitgliedsländerund
ihrenGewinnenan,sodasseszuzusätzlicherKonvergenzkommt.DerZusammenhangisthieral-
lerdingsunterdenüblichenstatischenAnnahmennichtbelastbar.
5.2 Auswirkungen auf die USA und Drittländer
EinzentralerKritikpunktinderDebatteumjedesFreihandelsabkommenbetrifftdieWirkungauf
Drittländer. Wenn einige wenige Länder untereinander die Handelsschranken abreißen, gegen
LänderaußerhalbdesAbkommensaberweiterhintarifäreundnichttarifäreBarrierenbestehen
bleiben,kommteszwarzwischendenPartnernzuwohlfahrtsstiftenderHandelsschaffung,mit
DrittstaatenkommteshingegenaberzuHandelsumlenkung.ImZollszenariokanndiestheore-
tischsogardazuführen,dassdiePartnerländervondemAbkommengarnichtprofitieren:Dasver-
loreneZolleinkommenistgrößeralsdiegeldwertigbewertetenVorteileausverbessertemMarkt-
zugang.UndtypischerweiseverlierenjeneLänder,dienichtindemAbkommenteilnehmen.Ja,es
istsogartheoretischmöglich,dassdasrealeWeltgesamteinkommenfällt:DieGewinnederTeil-
nehmeramAbkommenwärenkleineralsdieVerlustederer,dieaußenvorbleiben.
DieEffektevonniedrigerennicht tarifärenBarrierensindandersals jenevonZöllen.Dieshat
mehrereGründe:ZölleverteilenEinkommen– imWesentlichenvondenKonsumentenzuden
Produzenten.IhrschädlicherNebeneffektbestehtinderVerzerrungvonKonsum-undProdukti-
onsentscheidungen;dadurchentstehteinvolkswirtschaftlicherSchaden,derinderHöhederZölle
quadratischansteigt,fürsehrkleineZölle(naheNull)abervernachlässigbarist.NichttarifäreBar-
rierenführennichtzuEinkommensumverteilung;sieverursachenstattdessendirektökonomische
Kosten.UmProduktefürdenausländischenMarktfitzumachen,müssenbürokratische,regulato-
rischeundadministrativeRegelneingehaltenwerden,eskommtzuVerzögerungen,dasMarktri-
sikosteigt.DieseKostensindmitdemVerbrauchvonRessourcenverbunden;siestiftennicht,oder
19 DerRegressionskoeffizientdeslogarithmiertenPro-Kopf-EinkommensdesJahres2011beträgt–0,80beieinemStandardfehlerderselbenGröße.
27
Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen?
zumindestnichtinvollemUmfang,NutzenfürdenKonsumenten.Damitschmälernbereitssehr
kleinenichttarifäreBarrierendieKaufkraftderKonsumentenundsomitderenRealeinkommen.
EinweitererUnterschiedzwischenZöllenundnichttarifärenBarrierenistimgegebenenZusam-
menhangwichtig.NichttarifäreBarrierennehmenvielerleiGestaltenan.AbereinewichtigeForm
ihrerLiberalisierungbestehtdarin,ProduktstandardszuvereinheitlichenoderProdukte,dieim
Auslandzugelassensind,automatischauchimInlandzuakzeptieren.DaskannauchDrittländern
helfen:WenneinProduktdenStandardseinesMitgliedslandesderFreihandelszoneGenügetut,
dannkannesinallenLändernderZonezugelassenwerden,auchwennesauseinemDrittstaat
stammt.MitderÜbernahmevonStandardskönnenDrittstaatendieHandelsumlenkungseffekte,
diefürsieschädlichsind,minimieren.
UmdieEffekteaufdieWeltzuquantifizieren,greifenwiraufdasschonimvorigenKapitelbe-
mühteModellzurück.Dieseswurdefür126Länderkalibriertundsimuliert,sodasseszumAusle-
senderEffekteverwendetwerdenkann.ZunächstwendenwirunsdemZollszenariozu.
Zollszenario
Abbildung7zeigtdieVeränderungdesrealenPro-Kopf-EinkommensinallenbetrachtetenLän-
dern.Mansieht,dassdasModellbeinahealleLänderderWeltabdeckt;Lückengibtesvorallem
inAfrika.Länder,dievondemtransatlantischenAbkommenprofitieren,sindinblauerFarbe,sol-
che,diedavonverlieren,inbeigerFarbeeingezeichnet.EinLandmitdunkelblauerFärbungistdie
USA.DortsteigtdasrealePro-Kopf-Einkommenum0,8ProzentdurcheinebloßeZollsenkung.Im
VergleichzuanderenLändernsinddiegesamtenHandelsbarrierenderUSArelativniedrig.Das
hatmitderSprache,derWährungundeinergenerellenPolitikderOffenheitzutunundführt
dazu,dassZollsenkungeneinestarkepositiveWirkunghabenkönnen.
DieAbbildungzeigt,dassdieGewinnerderFreihandelszoneimWesentlichenaufdieUSAunddie
EU-Mitgliedsstaatenbeschränktsind.DanebengibtesnurvereinzeltStaaten,indenendasdurch-
schnittlicheRealeinkommenzunimmt.DiessindLänder,diedurcheineBelebungderWirtschaft
inEUoderUSAüberproportionaldurchzusätzlicheExporteprofitieren.BeispieledafürsindBrasi-
lien,KasachstanundIndonesien,wichtigeRohstofflieferantenfürEuropaunddieUSA.DieseLän-
derstellenGüterher,fürdieeskaumguteSubstitutegibt,zumBeispielErdgasoderBaumwolle.
InteressanterweisesinddieGewinneKasachstansoderBrasilienshöheralsdiedurchschnittlichen
RealeinkommensgewinneinEuropa.Dieszeigt,dassdiekomplizierteStrukturderinternationalen
VerflechtungderWarenströmedurchausauchüberraschendeEffektezutagebringenkann.Länder
wieNorwegenoderJapansehenkeinenennenswertenVeränderungenihrerPro-Kopf-Einkommen.
28
Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen?
DiegroßenVerlierereinerEliminierungderZöllesindEntwicklungsländer.Dieseverlierendurch
denverstärktenWettbewerbaufdemEU-oderUS-MarktdramatischanMarktanteilen.Alternative
MärktemitähnlichemMarktpotenzialsindgeographischrelativweitentfernt.Diesistvorallem
fürLänderinNord-undWestafrikaeinProblem.DiesehandelntraditionellintensivmitEuropa,
unddortvorallemmitFrankreichundBelgien.DieListederVerliererwirdvonderElfenbein-
küsteundGuineaangeführt.IhreExportenachEuropawerdenvonGüternausdenUSAverdrängt.
Westafrikakommtetwasbesserdavon,vorallemwegenderNähezuanderengroßenAbsatzmärk-
tenwiezumBeispielChinaoderAustralien/Neuseeland.Dochauchhiergibtesteilweisestarke
Verluste,zumBeispielUgandaoderTansania.
Insgesamtzeigtsich,waszubefürchtenwar:WennzwischenUSAundEUdieZöllefallen,wer-
dendierelativenMarktzutrittsbarrierenfürEntwicklungsländerimDurchschnitthöher.Estrifft
alsogeradedieärmerenLänder,unddieseteilweiseindeutlichemAusmaß.EuropaunddieUSA
stehen inderPflicht,diesenegativenEffektedurcheinenraschenAbschlusseinesDoha-light-
Kompromisses abzumildern. Mittel dafür stehen im Prinzip bereit: Durch das EU-USA-Abkom-
menwird,trotzderVerlusteinvielenDrittländern,dieWeltimDurchschnittreicher,undzwar
umetwa0,1Prozent.
Quelle: ifo Institut
Abbildung 7: Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens weltweit, Zollszenario
–7,5 bis –4,1 –4,0 bis –1,9 –1,8 bis –0,1 0,0 bis 0,2 0,3 bis 0,5 0,6 bis 1,7
–0,7
0,8
–1,1
–1,4
–1,2–2,2 –1,0
–1,1
–1,5–0,2
–1,1–0,1
–0,9
–0,4 –2,0
0,5
–0,3
0,0
–0,2–2,1
0,30,0 0,4
0,30,2
0,40,2
0,30,2
–2,5–2,3
–3,3
0,7
1,10,3 –1,3
–0,9–1,7
–1,8 –0,9
–0,2
–0,2
–3,10,1
–2,8
–0,4 0,0
–0,6
–0,8
–1,6–2,4
–2,3
–1,1
–1,9–4,1
–4,4–7,4
–6,4 –3,0
–4,4
–4,1
–1,7
–3,3
–1,0–1,8
–2,2–4,4–2,3
–2,1
–0,2
1,7–2,2
–0,9–0,3
0,20,2
0,3 0,30,20,2
0,40,1
0,3
–1,3
0,50,5
0,0
29
Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen?
Tiefe Liberalisierung
AbschließendwerfenwireinenBlickaufdieEffekteeinertiefgreifendenLiberalisierungzwischen
derEUunddenUSA.DiedadurchausgelöstenHandelsschaffungseffektesind,wieschonamBei-
spielEU27beschrieben,umGrößenordnungenstärkeralsbeieinerreinenEliminierungderZölle.
DamitfallenzwangsläufigauchdieHandelsumlenkungseffektestärkeraus.DieLänder,dieaußen
vorbleiben,verlierenderTendenznachnochdeutlicher.Allerdingsistklar,dassdurchdiestär-
kereBelebungdertransatlantischenWirtschaftauchdieNachfrageeffektefürdieDrittstaatenpro-
noncierterausfallenkönnen.
Abbildung8zeigtdieerrechnetenEffekte.WieindenbereitsbesprochenenSimulationenhandelt
essichimmerumCeteris-paribus-Effekte,dasheißt,umalleinaufdastransatlantischeAbkom-
menzurückzuführendeEffekte.ImFallnichttarifärerBarrierenistesallerdingssehrwahrschein-
lich,dassvieleLänder,vorallemdietraditionellenHandelspartnerderEUundderUSA,Standards
undRegulierungenübernehmen.EsistunterUmständensogarrealistisch,dassLänder,diemit
derEUoderdenUSAbereitsFreihandelsabkommenunterhalten,indirektbeidenVerhandlungen
zwischenderEUunddenUSAmitamTischsitzenundihreBelangeberücksichtigtwerden.Dies
gehtnichtindieBerechnungenein.NegativeWohlfahrtseffektekönntendaherübertriebendarge-
stelltsein.SiegebenabereineTendenzklarwider–undsiezeigenHandlungsbedarfauf.
EszeigtsichmehrnochalsimZollszenario,dassdietraditionellenHandelspartnerEuropasund
derUSAdurchdasAbkommenSchadenerleiden.DieVerlusteKanadas,Mexikos, Japans,Aus-
traliens,vonChileoderNorwegensindnunbeträchtlich.DieseLänderhabenhoheAnreize,den
Abbau nicht tarifärer Barrieren zwischen der EU und den USA nachzuvollziehen, beziehungs-
weisedieteilweisebestehendenbilateralenAbkommenmitUSAundEUnachzubessernodersol-
chezuschließen.Vielesdeutetdaraufhin,dassgenausolcheBemühungennuninGangkommen.
FürdieWeltinsgesamtbedeutetdietiefeLiberalisierungzwischenEUundUSAeinenAnstiegdes
durchschnittlichenrealenEinkommensum3,27Prozent.DamitliegtgenugGeldaufdemTisch,
umdieVerliererzukompensieren.Mankannhoffen,dassdasAbkommendieBereitwilligkeitvon
Entwicklungs- und Schwellenländern, Kompromisse in der Doha-Entwicklungsrunde zu schlie-
ßen,steigert.GleichzeitigsolltenauchdieIndustriestaatenzuKompromissenbereitsein,weileine
deutlicheVertiefungderwirtschaftlichenBeziehungenzwischendenUSAundderEUdieRes-
sourcendafürbereitstellt.
30
Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen?
Quelle: ifo Institut
Abbildung 8: Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens weltweit, tiefe Liberalisierung
–9,5 bis –6,1 –6,0 bis –3,1 –3,0 bis 0,0 0,1 bis 3,0 3,1 bis 6,0 6,1 bis 13,4
–9,5
13,4
–7,2
–4,2
–4,7–4,4 –3,4
–2,7–2,6
–2,2–1,7
–1,6
–5,6 –1,8
2,1
–3,2
–3,9–2,1
7,3–3,9 6,2
3,74,7
9,76,9
6,6
2,6
–1,7–0,6
–0,4
–0,5
–1,65,0 –2,2
–1,1–1,4
–0,8 –0,3
–0,4
–0,2
–1,3–0,2
–2,2
0,7 –5,9
–7,4
–2,0
–2,8–3,5
–2,7
–4,0
–3,0–2,8
–2,6–2,6 –2,6
–3,1
–2,6
–2,8
–1,5–2,2
–1,5
–4,0
–1,2–0,6
–4,1
–3,2
–3,3–2,5
2,62,6
4,9 4,42,64,2
4,62,7
4,8
–2,6
5,75,4
–1,3
–0,8–0,5
–0,7
5,1
31
Was passiert auf den Arbeitsmärkten?
6. Was passiert auf den Arbeitsmärkten?
WährendimvorangegangenenTeilderStudiedieHandels-undWohlfahrtseffektederbeidenSze-
narienbeleuchtetwurdenundbewusstvonArbeitsmarkteffektenabstrahiertwurde,legtderfol-
gendeTeilseinAugenmerkaufdiedezidiertenaggregiertenBeschäftigungseffekteeinerZollelimi-
nierungsowieeinestiefgreifendenLiberalisierungsszenarios.DafürmussdieMethodikunseres
strukturellenModellsdesAußenhandelsjedochumeinexplizitesModellfürdieArbeitsmärktein
denbetroffenenLändernerweitertwerden.
6.1 Sucharbeitslosigkeit und Außenhandel
DasbisherverwendeteModellmodelliertnichtexplizitdieAuswirkungenaufdenArbeitsmarkt,
daesfürdieAnalysevonHandelsströmenentwickeltwurde.InderakademischenLiteraturzur
EvaluierungvonHandelsliberalisierungenhatdasAbseheneinerexplizitenModellierungdesAr-
beitsmarkteseine langeTradition.EinGrunddafürmagdas langeFehleneinesallgemeinak-
zeptiertenModellsfürArbeitsmärkteunddieihnenzugrundeliegendenArbeitsmarktinstitutio-
nenund-friktionensein.SpätestensjedochdurchdieAuszeichnungChristopherPissarides‘,Dale
MortensensundPeterDiamondsfürihrebahnbrechendenErkenntnissebeiderModellierungder
sogenanntenSucharbeitslosigkeitmitdemÖkonomie-Nobelpreis2010wurdeaucheinergröße-
renÖffentlichkeitbewusst,dassdiesesallgemeinakzeptierteModellgefundenist.DieseModelle
zeichnensichdadurchaus,dasssievonderinderklassischenÖkonomieunterstelltenAnnahme
ausgehen,dasssichdieLöhnederArbeitnehmersolangeanpassen,bisalleArbeitssuchenden
einenArbeitsplatzvoneinerFirmaangebotenbekommen.20OffensichtlichwidersprichtdieseAn-
nahmederempirischenTatsachederExistenzvonunfreiwilligerArbeitslosigkeit. ImGegenteil
gehendieseModelledavonaus,dassArbeitsloseoffeneStellenerstsuchenmüssenundnurmit
einergewissenWahrscheinlichkeiteineStelle finden.GenausomüssenArbeitgeberKostenauf
sichnehmen,einenArbeitnehmerzufinden.DiesereichenvondenKosteneinerAnzeigeineiner
ZeitungoderOnline-PlattformbishinzurDurchführungvonAssessmentcentern,Auswahlgesprä-
chenundEinstellungs-undEinlernkosten,diedurchdenneuenMitarbeiterentstehen.Dieoffenen
StelleneinerFirmawerdenebenfallsnurmiteinerbestimmtenWahrscheinlichkeitbesetzt.Diese
mitderSucheverbundenenFriktionenführenzusogenannterSucharbeitslosigkeit;selbstineiner
PhaseeineskonjunkturellenBoomswirdesimmereinebestimmteAnzahlanArbeitslosengeben,
dienochaufderSuchenacheineroffenenStellesind.DesWeiterenbestimmennatürlichArbeits-
marktinstitutionendasNiveauderArbeitslosenrate.BesitzteinLandeineguteArbeitsvermitt-
lungsagentur,sowerdenmehrArbeitsloseeineoffeneStellefindenunddieArbeitslosigkeitist
geringer.AuchLohnersatzleistungenwiedasArbeitslosengeldhabeneinenEinflussaufdieAr-
beitslosenrate.EingroßerVorteildiesesModellierungsansatzesist,dassalldieseArbeitsmarktin-
stitutioneninnerhalbdesModellrahmensabgebildetwerdenkönnen.AußerdemerklärtderMo-
dellansatzdiegleichzeitigeExistenzvonoffenenStellenundArbeitslosen.
20 FüreineEinführungindieseModellesiehePissarides2000.
32
Was passiert auf den Arbeitsmärkten?
RezenteArbeitenderGlobalisierungsforschunghabensichdieseModellierungsansätzezunutze
gemacht,umsieinbestehendeAnsätzezurtheoretischenModellierungderHandelsströmezwi-
schenLänderneinzuführen.AlsVorläufersindhierzumBeispielDavidsonundMatusz(1999)zu
nennen.JüngsteBeiträgehierzusindHelpmanundItskhoki(2010)sowieFelbermayretal.(2011).
Heid und Larch (2013) greifen diese theoretischen Arbeiten auf und machen sie einer empiri-
schenquantitativenAnalysezugänglich.21ImKernbestehtdiesesempirischestrukturelleModell
auseinerErweiterungderModelle,diewirfürdieAnalysederHandelsströmefürdasZoll-und
THIP-SzenarioindenvorangegangenTeilenderStudieumdieexpliziteModellierungdesArbeits-
marktesverwendethaben.GenaudiesermethodischeAnsatzliegtdenfolgendenErgebnissenzu-
grunde.AufgrunddergroßenÄhnlichkeitwirddeshalbimFolgendennursehrkurzaufdieange-
passteMethodikeingegangen.
DieempirischeStrategieistanalogzuvorher:WirstellendasModellmithilfederbeobachteten
Datensoein,dassesimBasisszenariodiebeobachtetenHandelsströmeimErwartungswertre-
pliziert.DerUnterschiedist,dasswirnundarüberhinausdasModellexplizitaufdiebeobachte-
tenArbeitslosenrateneinstellen.Außerdemberücksichtigenwir,dassindenLändernunterschied-
licheAnreizezurAufnahmeeinerBeschäftigungbestehen,diesichdurchUnterschiede inden
Lohnersatzleistungen (der durchschnittlichen Arbeitslosenhilfe, gemessen als Prozentsatz des
Durchschnittslohns)ergeben.22WiederumanalysierenwirdanndieAuswirkungendesZollsze-
nariosundeinertiefgreifendenLiberalisierung.NunkönnenwiraberexplizitdieNettobeschäfti-
gungseffektedieserSzenarienuntersuchenundkonkretdieAnzahlderArbeitsplätzeberechnen,
diedurchdieSzenariengeschaffenbzw.vernichtetwerden.Außerdemkönnenwirunszusätzlich
dieVeränderungderReallöhnebetrachten.
AusderSkizzierungderMethodikwirdklar,dassderAnalyserahmenzwarnundieexpliziteUn-
tersuchungdesArbeitsmarkteserlaubt,diesjedochdurcheinewesentlichhöhereAnforderungan
dieDatenlage„erkauft“wird.SobenötigenwirüberdieLänderhinwegvergleichbareInformati-
onenzuArbeitslosenraten,demBeschäftigungsniveausowiedenLohnersatzleistungen.Konkret
verwendenwirdieArbeitsmarktdatendesJahres2010;dieLohnersatzratendesJahressindje-
dochvon2009,dadiesenurallezweiJahreerhobenwerden.DiesesindleidernurfüreinenDa-
tensatzvon28OECD-Ländernverfügbar.23DieBeschränkungaufdieseIndustrieländerstelltau-
ßerdemsicher,dassauchdieArbeitsmärktezumindestinsoweitvergleichbarsind,alsdassnicht
andereFaktorenwiezumBeispiel informelleBeschäftigungoderSubsistenzwirtschaft,wie sie
etwainLateinamerika,AfrikaundweitenTeilenAsiensverbreitetsind,nichtdieAnalyseverzer-
ren.EineAbbildungderArbeitsmarktstrukturendieserLänderistmitdem(nicht)vorhandenen
Datenmaterialleidernichtmöglich.
21 DieobengenanntenArbeitenstellenkeinenvollständigenÜberblicküberdieLiteraturdar,siehehierzuHeidundLarch2013.DortfindetsichaucheinegenaueBeschreibungdesverwendetenModellrahmens.
22 DieBerechnungderLohnersatzleistungenistkomplizierteralshierdargestellt.WirgreifenaufDatenderOECDzurück,dieeinedurchschnittlicheLohnersatzrateauseinerKombinationverschiedenerLebenssituationenvonArbeitnehmern(Familienstatus,Kinderanzahletc.)berechnet.DieseZahlengebeneineguteApproximationderdurchschnittlichenHöhederArbeitslosenunter-stützungfüreinenLänderquerschnitt;fürDetailssieheOECD2010.
23 DieseLändersind:Australien,Belgien,Dänemark,Finnland,Frankreich,Deutschland,Griechenland,Island,Irland,Italien,Ja-pan,Kanada,Niederlande,Neuseeland,Norwegen,Österreich,Polen,Portugal,Slowakei,Spanien,Schweden,Schweiz,Südkorea,Tschechien,Türkei,Ungarn,VereinigtesKönigreichundVereinigteStaaten.
33
Was passiert auf den Arbeitsmärkten?
Tabelle8zeigtdieverwendetenArbeitslosenraten.IndenDatenfür2010machtsichdeutlichdie
AuswirkungderanhaltendenFinanz-,Staatsschulden-undEurokrisebemerkbar:Spanienweist
inderOECDdiehöchsteArbeitslosenratevonüber20Prozentaus.Deutschlandweistimeuropä-
ischenVergleicheinerelativniedrigeArbeitslosenratevon7,46Prozentaus,wohingegendieAr-
beitslosenrateindenUSAmitknappunter10ProzentihrenhistorischenHöchststanderreichthat.
UmeineVergleichbarkeitderErgebnissemitdenendesvorherigenTeilstrotzdergeringerenLän-
derabdeckungsicherzustellen,berücksichtigenwirbeiderParameterisierungderModelle,dass
grossomododieselbenaggregiertenHandelsschaffungseffektezwischenderEUunddenUSAin
Tabelle 8: Arbeitslosenraten 2010
Land Arbeitslosenrate 2010 in Prozent
Australien 5,23
Belgien 8,29
Dänemark 7,46
Deutschland 7,06
Finnland 8,40
Frankreich 9,36
Griechenland 12,53
Irland 13,64
Island 7,56
Italien 8,42
Japan 5,03
Kanada 8,01
Neuseeland 6,53
Niederlande 4,45
Norwegen 3,61
Österreich 4,39
Polen 9,62
Portugal 10,79
Schweden 8,37
Schweiz 4,54
Slowakei 14,37
Spanien 20,06
Südkorea 3,72
Tschechien 7,28
Türkei 11,88
Ungarn 11,16
Vereinigte Staaten 9,63
Vereinigtes Königreich 7,75
Quelle: OECD Labour Force Statistics 2010b.
34
Was passiert auf den Arbeitsmärkten?
denbeidenSzenarienrealisiertwerdenwieimModellmitden126LändernohneBerücksichti-
gungderArbeitsmarktfriktionen.
6.2 Zwei Millionen neue Arbeitsplätze
WelcheAuswirkunghateineEliminierungderHandelsbarrierenimtransatlantischenWarenaus-
tauschaufdieArbeitslosenrate?WievieleArbeitsplätzewerdengeschaffen?Undwieändernsich
dieReallöhne?ZurBeantwortungdieserFragenbetrachtenwirzunächstwiederumdasunambiti-
onierteZollszenarioundbeschreibendanachdieEffekteeinertiefgreifendenLiberalisierung.An
dieserStelleseiderHinweisangebracht,dassunserModellbewusstvonkonjunkturellenVerän-
derungenderArbeitslosenrateabstrahiertundnurdielangfristigenbzw.akkumuliertenEffekte
derHandelsliberalisierungaufdieArbeitslosenrateuntersucht.Dasheißt,dieimFolgendenprä-
sentiertenZahlensindalslangfristigeErgebnissezubetrachtenoderäquivalentalsVeränderun-
genderBeschäftigungunabhängigvomKonjunkturzyklus.Diesbedeutet,dasszumBeispieleine
VerringerungderArbeitslosenrateumeinenProzentpunktdieArbeitslosenratesowohlwährend
einerkonjunkturellenAufschwung-alsauchAbschwungphasejeweilsumeinenProzentpunktre-
duziert.
Zollszenario
Tabelle9zeigtdieErgebnissederEliminierungderbestehendenZölle.DiezweiteSpaltegibtdie
prozentualeVeränderungderBeschäftigungan.SpiegelbildlichdazuzeigtSpalte3dieVerände-
rungderArbeitslosenrate.DieseistjedochdieVeränderunginProzentpunkten.Konkretbedeutet
dies,dassdieZolleliminierunginDeutschlanddieArbeitslosenrateum0,11Prozentpunktesen-
kenwürde.Eswirddeutlich,dassdieBeschäftigunginallenEU-LändernwieauchindenUSAan-
steigt.AllerdingssinddieVeränderungensehrkleinundbewegensichfürdieEU-Staatenalleum
die0,1Prozentpunkte.AusnahmeistdasVereinigteKönigreich,dasaufgrundseinerschonweiter
obenerwähntenbesonderenNähezudenUSAaufgrundvonSpracheundKulturbesondersprofi-
tiertmiteinerReduktionderArbeitslosenrateum0,34Prozentpunkte.IndenLändern,dienicht
vonderZollreduktionprofitieren,steigtdieArbeitslosigkeithingegenleichtan.Dies istwiede-
rumdurchdienunrelativgesehenhöherenHandelskostenzwischendiesenLändernundderEU
unddenUSAzuerklären.DieserelativhöherenHandelskostenführenzugeringerenHandelsvo-
lumina,dasheißtgeringererNachfragenachProduktenausdiesenLändern.DiessenktdiePro-
duktionindenbetroffenenLändern.DieseabgeschwächteNachfrageübersetztsichnundirektin
einegeringereArbeitsnachfragederFirmenindenbetroffenenLändern,waszurErhöhungder
Arbeitslosigkeitführt.ImUmkehrschlussführendienunrelativniedrigerenHandelskosteninden
USAundderEUzueinerverstärktenNachfragenachGüternausderEUunddenUSA,wassichin
NeueinstellungenundletztendlichineinegeringereArbeitslosigkeitübersetzt.
35
Was passiert auf den Arbeitsmärkten?
WennwirdieeinzelnenVeränderungenmitdemBruttoinlandsproduktgewichten,ergibtsichüber
die28LändereineVerringerungderArbeitslosenrateum0,11Prozentpunkte.
In einem Handelsmodell ohne aggregierte Beschäftigungseffekte finden alle Anpassungen auf
derSeitederPreiseundLöhnestatt. InunseremModellrahmenwirdeinTeildieserEffekte in
Mengen-,dasheißtBeschäftigungseffekteumgelenkt; jedochergebensichauch indiesemMo-
dellrahmenVeränderungendes(Real-)Lohns.DerReallohnistindiesemModellrahmenauchdas
adäquateWohlfahrtsmaß.Hiersehenwir,dassinDeutschlanddieReallöhneum0,54Prozentstei-
gen,indenUSAum0,93Prozent.AuchhieristdasVereinigteKönigreichdergrößteProfiteurmit
einerReallohnsteigerungvon1,72Prozent.DienichtvonderZollreduktionbetroffenenLänder
müssenhingegenkleinereReallohneinbußeninKaufnehmen.InSummesteigtjedochderReal-
lohnum0,59ProzentinderOECD,sodassauchunterderBerücksichtigungvonaggregiertenBe-
schäftigungseffektenimPrinzipgenügendGewinneerwirtschaftetwerden,umdiebenachteilig-
tenLänderzumBeispieldurchTransferzahlungenzukompensieren.
AuchunterBerücksichtigungderBeschäftigungseffektezeigtsichjedoch,dassdieGesamteffekte
einerreinenZolleliminierungnursehrgeringundimVergleichzukonjunkturellenSchwankun-
geninderArbeitslosenrateeheralsquantiténégligeablezubetrachtensind.
Abbildung9schließlichgibtAufschlussüberdieAuswirkungenderZollreduktionaufdieKonver-
genzinnerhalbderEU:Siezeigtaufderx-AchsedieArbeitslosenrateimJahr2010undaufdery-
AchsedieAbsenkungderArbeitslosenratedurchdieZollreduktion.Sofortwirdklar,dassinallen
EU-MitgliedsländerndieArbeitslosenratesinkt,dasheißtalleLänderprofitierendirektvoneiner
Belebung ihresArbeitsmarktes.Die eingezeichneteGerade ist eineRegressionsgerade.Siehat
einepositiveSteigung.24Diesistfolgendermaßenzuinterpretieren:JehöherdieArbeitslosenrate
ineinemEU-Mitgliedsland,umsohöheristdieReduktionderArbeitslosenratedurchdieZolleli-
minierung.Diesbedeutet,dasseineZolleliminierungzueinerKonvergenzderArbeitsmarktsitu-
ationinnerhalbderEUbeiträgt:DieLändermitderprekärstenArbeitsmarktsituationprofitieren
ammeisten.InderGraphikzeigtsichnatürlichwiederumdieAusnahmesituationdesVereinig-
tenKönigreichs,dastrotzseinerrelativgesehenniedrigenArbeitslosenrateammeistenprofitiert.
24 DerSteigungskoeffizientistnichtsignifikantvon0verschiedenaufgrunddesAusreißersVereinigtesKönigreich.EineRegres-sionsgeradeohnediesenAusreißeristaufdem5-Prozent-Signifikanzniveauvon0verschiedenundweistebenfallseineklarpo-sitiveSteigungauf.
36
Was passiert auf den Arbeitsmärkten?
Tabelle 9: Veränderung der Beschäftigung, der Arbeitslosenrate und des Reallohns, Zollszenario
Land Prozentualer Anstieg der Beschäftigung
Veränderung Arbeitslosen-rate in Prozentpunkten
Prozentuale Veränderung des Reallohns
Australien –0,12 0,11 –0,56
Belgien 0,02 –0,02 0,09
Dänemark 0,13 –0,12 0,63
Deutschland 0,12 –0,11 0,54
Finnland 0,21 –0,19 0,97
Frankreich 0,12 –0,11 0,54
Griechenland 0,20 –0,17 0,93
Irland 0,24 –0,21 1,14
Island –0,12 0,11 –0,56
Italien 0,16 –0,15 0,72
Japan –0,03 0,03 –0,14
Kanada –0,15 0,15 –0,71
Neuseeland –0,08 0,07 –0,37
Niederlande 0,09 –0,08 0,40
Norwegen –0,12 0,12 –0,55
Österreich 0,07 –0,07 0,32
Polen 0,15 –0,13 0,69
Portugal 0,22 –0,19 1,02
Schweden 0,18 –0,16 0,85
Schweiz –0,11 0,10 –0,50
Slowakei 0,14 –0,12 0,66
Spanien 0,20 –0,16 0,92
Südkorea –0,03 0,03 –0,15
Tschechien 0,11 –0,10 0,53
Türkei –0,11 0,10 –0,51
Ungarn 0,15 –0,13 0,70
Vereinigte Staaten 0,20 –0,18 0,93
Vereinigtes Königreich 0,37 –0,34 1,72
Durchschnitt (BIP–gewichtet) 0,13 –0,11 0,59
Quelle: Berechnungen des ifo Institutes
37
Was passiert auf den Arbeitsmärkten?
Tiefe Liberalisierung
BetrachtenwirnundastiefgreifendeLiberalisierungsszenario.Tabelle10reportiertdieentspre-
chendenErgebnisse.Eswirdsofortdeutlich:DieEffektesindfürdieEU-Ländercircaviermalso
großwieimSzenarioderreinenZollreduktion.ZumBeispielsinktinDeutschlanddieArbeitslo-
senrateum0,43Prozentpunkte,waseinerBeschäftigungszunahmevon0,47Prozententspricht.
IndenUSAbeträgtderRückgangderArbeitslosigkeit0,71Prozentpunkte,imVereinigtenKönig-
reichgar1,27Prozentpunkte.
BesondersprofitierenauchdievonderBanken-undStaatsschuldenkrisebetroffenenLänder:Die
ArbeitslosenratesinktinSpanienum0,62Prozentpunkte,inGriechenlandundPortugalumcirca
0,7Prozentpunkte,undinIrlandsogarum0,84Prozentpunkte.DassderEffektfürIrlandtrotz
dergemeinsamenSprachemitdenUSAgeringeristalsimVereinigtenKönigreich,istderrelati-
venRandlageIrlandsimVergleichzumVereinigtenKönigreichgeschuldet.
Quelle: Berechnungen des ifo Institutes
Abbildung 9: Senkung der Arbeitslosenrate und Arbeitslosenrate 2010, Zollszenario
Linie zeigt lineare Regression.
Österreich
Belgien
Vereinigtes Königreich
Schweden Spanien
Niederlande
Slovakei
Griechenland
Portugal
Polen Ungarn
Irland
Italien
Deutschland FrankreichDänemark
Finnland
Tschechien
0 5 10 15 20 250,00
0,05
0,10
0,15
0,20
0,25
0,30
0,35
Arbeitslosenrate im Jahr 2010 in Prozent
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Was passiert auf den Arbeitsmärkten?
AuchunterBerücksichtigungderMengen-,alsoderBeschäftigungseffekte,sinddieEffekteaufdie
Preise,hierdieReallöhneundsomitdieWohlfahrtderKonsumenten,weitausgrößer:InDeutsch-
landistderReallohnum2,19Prozenthöher,indenebengenannten,starkvonderKrisebetroffe-
nenLänderummindestens3Prozenthöher.Hierwirddeutlich,dasseinetiefgreifendeLiberalisie-
rungnebendenhöherenpositivenBeschäftigungseffektenwesentlichhöhereWohlfahrtseffekte
aufweistalseinereineZolleliminierung.JedochgibtesauchindiesemSzenarioVerliererinner-
halbderOECD:DieLänder,dienichtTeildesTHIP-Abkommenssind.Allerdingsgiltauchhier:Im
SchnittbeträgtdieReallohnsteigerungBIP-gewichtet2,34Prozent,sodassauchhiergenügendGe-
winnevorhandensind,umdieunbeteiligtenDrittstaatenfürihreReallohnverlustekompensieren
zukönnen.ImSchnittsinktinderOECDdieArbeitslosenrateum0,45Prozentpunkte.
Diesistbesondersbemerkenswert:DieUmsetzungvonTHIPistsomitkeinNullsummenspiel,son-
dernerzeugtrealeWohlfahrtsgewinnedurchdenAbbaurealerHandelskosten,sodass(imPrinzip)
alleLändervondieserReduktionprofitierenkönnen.
DerzugrundeliegendeMechanismusistderselbewieimZollszenario:DiedurchdieReduktion
derHandelskostenausgelösteSteigerungderExportnachfrage führtzumehrEinstellungenbei
denUnternehmen,wasdirektdieArbeitslosenratesinkenlässt.GleichzeitigsteigtdamitderKon-
sumvonWarenimInlandaufgrundderhöherenZahlanBeschäftigten,waswiederumzumehr
NachfragenachImportenausanderenMitgliedsländernvonTHIPführt.DiesepositivenSpillover-
Effekte im allgemeinen Gleichgewicht unter Berücksichtigung der Handelsverflechtungen zwi-
schendenLändernverstärkendiereineReduktionderHandelskosten.
Abbildung10liefertunsanalogzuAbbildung9wiedereineanschaulicheBeschreibungderKon-
vergenzzwischendenEU-Mitgliedsländern:DieGraphikensehensichsehrähnlich,sindjedoch
aufdery-AchseineinemvielhöherenWertebereich.Auchhiergilt:JehöherdieArbeitslosigkeit
ineinemEU-Mitgliedsland,umsogeringerdieArbeitslosenratenachderImplementierungeines
tiefenTHIP-Abkommens.25
25 Auch fürdieseGraphik istderSteigungskoeffizientnichtsignifikantvon0verschiedenaufgrunddesAusreißersVereinigtesKönigreich.EineRegressionsgeradeohnediesenAusreißeristaufdem5-Prozent-Signifikanzniveauvon0verschiedenundweistebenfallseineklarpositiveSteigungauf.
39
Was passiert auf den Arbeitsmärkten?
Tabelle 10: Veränderung der Beschäftigung, der Arbeitslosenrate und des Reallohns, tiefe Liberalisierung
Land Prozentualer Anstieg der Beschäftigung
Veränderung Arbeitslosen-rate in Prozentpunkten
Prozentuale Veränderung des Reallohns
Australien –0,47 0,44 –2,14
Belgien 0,09 –0,08 0,42
Dänemark 0,54 –0,50 2,54
Deutschland 0,47 –0,43 2,19
Finnland 0,81 –0,75 3,84
Frankreich 0,47 –0,43 2,22
Griechenland 0,78 –0,68 3,68
Irland 0,97 –0,84 4,61
Island –0,46 0,42 –2,12
Italien 0,62 –0,57 2,90
Japan –0,11 0,11 –0,53
Kanada –0,60 0,56 –2,75
Neuseeland –0,30 0,28 –1,40
Niederlande 0,35 –0,34 1,65
Norwegen –0,46 0,44 –2,12
Österreich 0,28 –0,27 1,33
Polen 0,58 –0,53 2,75
Portugal 0,85 –0,76 4,03
Schweden 0,72 –0,65 3,37
Schweiz –0,43 0,41 –1,96
Slowakei 0,56 –0,48 2,63
Spanien 0,78 –0,62 3,65
Südkorea –0,13 0,12 –0,58
Tschechien 0,46 –0,42 2,14
Türkei –0,42 0,38 –1,94
Ungarn 0,60 –0,53 2,81
Vereinigte Staaten 0,78 –0,71 3,68
Vereinigtes Königreich 1,38 –1,27 6,60
Durchschnitt (BIP-gewichtet) 0,50 –0,45 2,34
Quelle: Berechnungen des ifo Institutes
40
Was passiert auf den Arbeitsmärkten?
Fazit: 2 Millionen Arbeitsplätze bei tiefer Liberalisierung
Zusammenfassendbestätigt sichdasBilddervorherigenAnalysen:Währendeine reineElimi-
nierungvonZöllenzwarpositiveWohlfahrts-undBeschäftigungseffektefürdieEUunddieUSA
mitsichbringt,sinddiepositivenEffekteeinertiefgreifendenLiberalisierungumeinVielfaches
höher.Eswirdauchdeutlich,dassetwaigeBefürchtungenübereinAuseinanderdriftenzwischen
denEU-StaatenaufgrundderLiberalisierungsbemühungenunbegründetsind;imGegenteil:Das
AbkommenträgtinderTendenzzueinerAngleichungderArbeitsmarktsituationenundLebens-
verhältnisseinnerhalbderEUbei.DiesunterstreichtdiebesondereBedeutungeinerumfassen-
denLiberalisierungfüreinenspürbarenImpulsderÖkonomienaufbeidenSeitendesAtlantiks.
AbschließendliefernwirinTabelle11eineÜbersichtüberdienettoindenbeidenSzenarienge-
schaffenenzusätzlichenArbeitsplätzeinderOECD,dasheißtdieUmrechnungderVeränderun-
genderArbeitslosenrateninStellen:DurcheinetiefeLiberalisierungwerdencirca181.000neue
StelleninDeutschlandgeschaffen,indenUSAübereineMillion.InderGesamtsummeergibtsich
einZuwachsderBeschäftigung inallenStaatenderOECDumüber2MillionenArbeitsplätze;
imwenigerambitioniertenZollszenariovoncircaeinerhalbenMillion.DieseZahlenführenbe-
Quelle: Berechnungen des ifo Institutes
Abbildung 10: Senkung der Arbeitslosenrate und Arbeitslosenrate 2010, tiefe Liberalisierung
Österreich
Belgien
Vereinigtes Königreich
Schweden Spanien
Niederlande
Slovakei
GriechenlandPortugal
Polen Ungarn
Irland
Italien
Deutschland FrankreichDänemark
Finnland
Tschechien
Linie zeigt lineare Regression.
0 5 10 15 20 250,0
0,3
0,6
0,9
1,2
1,5
Arbeitslosenrate im Jahr 2010 in Prozent
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Was passiert auf den Arbeitsmärkten?
sondersdeutlichvorAugen,dassvoneinertiefgreifendenLiberalisierungbedeutendeBeschäf-
tigungsimpulse ausgehen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass positive Spillover-Effekte
aufgrundpsychologischerErwägungen(AufschwungsstimmungnacheinerumfassendenLibera-
lisierung)inunsererModellierungaußenvorgelassenwerden.VermutlichwürdendieseEffekte
dieZahlennochpositivverstärken.
Tabelle 11: Anzahl der geschaffenen Arbeitsplätze in den beiden Szenarien
Land Tiefe Liberalisierung Zoll-Szenario
Australien –52.332 –13.591
Belgien 4.062 873
Dänemark 14.623 3.646
Deutschland 181.092 44.831
Finnland 20.066 5.134
Frankreich 121.566 29.921
Griechenland 34.277 8.766
Irland 18.115 4.549
Island –769 –201
Italien 140.979 35.538
Japan –71.833 –19.030
Kanada –101.854 –26.176
Neuseeland –6.606 –1.748
Niederlande 29.535 7.121
Norwegen –11.541 –3.001
Österreich 11.638 2.828
Polen 93.333 23.466
Portugal 42.521 10.878
Schweden 32.515 8.241
Schweiz –18.224 –4.640
Slowakei 12.995 3.259
Spanien 143.098 36.457
Südkorea –29.841 –7.912
Tschechien 22.278 5.527
Türkei –94.831 –24.625
Ungarn 22.613 5.691
Vereinigte Staaten 1.085.501 276.623
Vereinigtes Königreich 400.203 106.134
in der OECD geschaffene Arbeitsplätze 2.043.178 518.558
Quelle: Berechnungen des ifo Institutes
42
Zusammenfassung
7. Zusammenfassung
IndieserStudiehabenwirdiemakroökonomischenAuswirkungeneinertransatlantischenHan-
dels-undInvestitionspartnerschaft(THIP)zwischenEUundUSAuntersucht.EswerdenzweiSze-
narienbetrachtet:(i)dieEliminierungvonZöllenimtransatlantischenHandel,(ii)einetiefgrei-
fendeLiberalisierungdesHandels,indemauchregulatorischeMarktzutrittsbarrierenabgesenkt
werden.DabeiwurdeeinempirischerAnsatzgewählt,derfürdasAbkommenjeneHandelsschaf-
fungseffekteunterstellt, die indenDaten fürvergleichbarebereits existierendeFreihandelsab-
kommengemessenwerdenkönnen.DamitwerdendiedirekteQuantifizierungnichttarifärerHan-
delsbarrierenundSpekulationenüberderenAbsenkungimZugedesAbkommensvermieden.
DiewichtigstenErgebnisselassensichwiefolgtzusammenfassen:
1. DerHandelzwischenUSAundDeutschlandwirddurchdieAbschaffungderZöllenurunwe-
sentlichgestärkt.EinedarüberhinausgehendeAbsenkungdernicht tarifärenBarrieren im
RahmeneinesumfassendenLiberalisierungsszenariosbringtsehrvielhöhereEffekte.Die
zuerwartendenZuwächsebewegensichum90Prozent.
2. FürandereEU-LändersindHandelszuwächseinähnlicherGrößenordnungzuerwarten.Inallen
Fällengilt,dassdieZuwächsedurchbloßeZolleliminierungvernachlässigbargeringsind.
3. DerHandelDeutschlandsmitseinentraditionellenHandelspartnerninEuropagehtimumfas-
sendenSzenarioteilweisestarkzurück(zumBeispielmitFrankreich:–23Prozent).Diesist
aufdieRückabwicklungderdurcheuropäischeZollunionundBinnenmarktverursachtenHan-
delsumleitungzurückzuführen.ÄhnlicheEffekteexistierenauchfürdieanderenEU-Länder,
wiezumBeispielfürGroßbritannien.DiehandelspolitischeVerflechtungderEU-Länderun-
tereinandersinktalso.
4. DerHandelDeutschlandsmitdenBRICS-Staaten(Brasilien,Russland,Indien,China,Südaf-
rika)würdedurchdasumfassendeAbkommenumetwa10Prozent relativzumAusgangs-
gleichgewichtfallen.GegendiemassiveAusweitungdestransatlantischenHandelsistdiesein
geringerEffekt.DerHandelderUSAmitdenBRICS-Ländernwürdeallerdingsdeutlichstär-
kerzurückgehen(30Prozent).
5. DerHandelderEUmitdenNachbarstaaten inNordafrikaoderOsteuropawürdedurchdas
umfassendeAbkommenumdurchschnittlich5Prozentzurückgehen.Diesresultiertausdem
Umstand,dassdurchTHIPdieexistierendenpräferenziellenAbkommenteilweiseentwertet
würden.
6. EinFreihandelsabkommenzwischenUSAundEUhatwichtigeWohlfahrtswirkungenaufdie
direktbeteiligtenLänderundaufLänder,dievondemAbkommennurindirektbetroffensind.
43
Zusammenfassung
AuchinnerhalbderEUistmitUnterschiedenquerüberdieLänderzurechnen.InnerhalbEu-
ropasprofitierendiebaltischenStaatenammeistenvoneinerEliminierungderZölleimHan-
delmitdenUSA.RelativhoheGewinneentstehenauchinGroßbritannienundbeidenMittel-
meeranrainern.DeutschlandhatmiteinerZunahmedesrealenPro-Kopf-Einkommensvon
0,24Prozentzurechnen.AmunterenEndesindFrankreich,dieBenelux-StaatenundÖster-
reichmitseinenNachbarstaatenangesiedelt.DasMittelliegtbei0,27Prozent.
7. DieAbsenkungnichttarifärerBarrierenhatdeutlichhöhereEffekteaufdierealenPro-Kopf-
Einkommen inEuropaalsdiebloßeEliminierungderZölle.Nunzeigtsich,dassvorallem
GroßbritannienvonderInitiativeprofitiert(Zuwachsvon9,70Prozent).Dieskandinavischen
Mitgliedsstaaten,diebaltischenLänderundSpaniensehenüberdurchschnittlicheZuwächse.
Deutschlandprofitiertmit4,68ProzentetwaswenigeralsderDurchschnitt,derbei4,95Pro-
zentliegt.Frankreichprofitiertmit2,64ProzentimVergleichdazurelativschwach.
8. EineAbsenkungdertransatlantischenZölleaufnullhilftvorallemdenärmerenMitglieds-
staatenderEU.Mitgliedsländer,derenPro-Kopf-Einkommen im Jahre2011um50Prozent
unterjenemFrankreichslagen,habenWohlfahrtsgewinnezuerwarten,dieumetwa0,1Pro-
zenthöherliegenalsjeneFrankreichs.ImFalleeinerReduzierungdernichttarifärenBarrie-
renkannkeinKonvergenzeffektstatistischnachgewiesenwerden.
9. DieUSAgewinntdeutlichmehralsdieEU. ImZollszenario steigt das realePro-Kopf-Ein-
kommendortumetwa0,8Prozent; ineinertiefgreifendenLiberalisierungdernichttarifä-
renBarrierensteigtderGewinnauf13,4Prozent.DiesehohenGewinneergebensichausdem
TatbestandbereitsgeringerHandelsbarrierenmitgroßeneuropäischenLändernwieGroßbri-
tannien,aberauchDeutschland.
10.DieLiberalisierungdesHandelszwischenEUundUSAführtzuHandelsschaffungzwischen
denPartnern,aberzudeutlicherHandelsumlenkungimHandelmitDrittländern.Beieiner
reinenZolleliminierungverlierenLänderWestafrikas,dietraditionellvielmitEuropahandeln,
biszu7Prozent;allerdingsgibtesauchGewinnerunterdenDrittstaaten.Brasilien,Kasach-
stanoderIndonesienhabendurchpositiveindirekteEffektehöhereprozentualeGewinneals
Europa.DieWeltwohlfahrtsteigtumetwa0,1Prozent.
11. WennüberdieZöllehinausauchdienichttarifärenBarrierenzwischenEUundUSAliberali-
siertwerden,nimmtdasPro-Kopf-EinkommenimweltweitenDurchschnittumstolze3,27Pro-
zentzu.DieHandelsumlenkungseffektesind imVergleichmitdemZollszenarionurunwe-
sentlichgrößer,aberinandererWeiseüberdieDrittstaatenverteilt.Nunsehentraditionelle
HandelspartnerderUSAwieMexiko,KanadaundChilesubstanzielleVerluste;ebensoverlie-
renAustralien,JapanundIsraeljeweilszwischen9,5und5,5Prozent.DieseLänderhaben
alsostarkeAnreize,dieLiberalisierungnichttarifärerBarrierenmitzugestalten.
44
Zusammenfassung
12.WirdSucharbeitslosigkeitindenModellrechnungenmitberücksichtigt,sozeigtsich,wasaller-
dingsausDatengründennurfürdieOECDLändermöglichist,dassTHIPzueinemAnstiegder
BeschäftigungundzueinemRückgangderArbeitslosigkeitindenUSA,derEUundimDurch-
schnittallerOECD-Staatenführt.ImZollszenariosinddieEffekteklein;beieinertiefgreifen-
denLiberalisierungsindsieallerdingsdeutlichgrößer. ImOECD-DurchschnittgehtdieAr-
beitslosenrateumetwa0,5Prozentpunktezurück.
13. THIPführtinmanchenLändernzuBeschäftigungsverlusten.Diesebetragenimambitionier-
tenSzenariobiszu100.000Arbeitsplätze(inKanada).ImOECD-Durchschnittwerdenaller-
dingsinsgesamtzweiMillionenzusätzlicheArbeitsplätzegeschaffen.ImZollszenariobeträgt
derZuwachsanArbeitsplätzenimmerhinnocheinehalbeMillionStellen.
14.DieReallöhnegehenindendirektbetroffenenLändernimDurchschnittnachoben;imOECD-
DurchschnittsteigensiedurcheinetiefgreifendeTHIPumetwa2,3Prozent,wobeidieZu-
wächseinGroßbritannien,IrlandoderUSAhöherausfallenalszumBeispielinDeutschland.
15. In Ländern, in denen die Arbeitslosenrate im Ausgangsgleichgewicht überdurchschnittlich
hochist,führtTHIPzueinerüberdurchschnittlichenAbsenkungderArbeitslosigkeit.Diesgilt
sowohlfüreinebloßeAbsenkungderZöllealsauchfürdietiefereLiberalisierung.THIPführt
alsoauchaufdenArbeitsmärktenzuKonvergenzinnerhalbderOECD.
45
Literatur
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47
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildungen
Abbildung1: ModellierungderHandelskosten 7
Abbildung2: VeränderungderHandelskostendurchTHIP 11
Abbildung3: VeränderungdesrealenPro-Kopf-EinkommensinderEU27,Zollszenario 22
Abbildung4: HandelsgewinneundStatus-quo-Pro-Kopf-Einkommen,Zollszenario 23
Abbildung5: VeränderungdesrealenPro-Kopf-EinkommensinderEU27,
tiefeLiberalisierung 24
Abbildung6: HandelsgewinneundStatus-quo-Pro-Kopf-Einkommen,tiefeLiberalisierung 25
Abbildung7: VeränderungdesrealenPro-Kopf-Einkommensweltweit,Zollszenario 28
Abbildung8: VeränderungdesrealenPro-Kopf-Einkommensweltweit,tiefeLiberalisierung 30
Abbildung9: SenkungderArbeitslosenrateundArbeitslosenrate2010,Zollszenario 37
Abbildung10: SenkungderArbeitslosenrateundArbeitslosenrate2010,
tiefeLiberalisierung 40
Tabellen
Tabelle1: VeränderungdesdeutschenAußenhandelsmittraditionellenPartnerländer 14
Tabelle2: VeränderungdesdeutschenAußenhandelsmitderEU-Peripherie(GIIPS) 15
Tabelle3: VeränderungdesdeutschenAußenhandelsmitdenBRICS-Staaten 16
Tabelle4: VeränderungdesHandelsderEUmitEU-Nachbarstaaten 17
Tabelle5: VeränderungdesHandelsderGIIPS-StaatenmitUSA 17
Tabelle6: VeränderungderHandelsbeziehungenGroßbritanniens 18
Tabelle7: VeränderungdesHandelsderUSAundKanadas 20
Tabelle8: Arbeitslosenraten2010 33
Tabelle9: VeränderungderBeschäftigung,derArbeitslosenrateunddesReallohns,
Zollszenario 36
Tabelle10: VeränderungderBeschäftigung,derArbeitslosenrateunddesReallohns,
tiefeLiberalisierung 39
Tabelle11: AnzahldergeschaffenenArbeitsplätzeindenbeidenSzenarien 41
48
Global Economic Dynamics (GED)
Über die Autoren
Prof. Gabriel J. Felbermayr, PhD, LeiterdesForschungsbereichesAußenhandel
ifoInstitut-LeibnizInstitutfürWirtschaftsforschunganderUniversitätMünchen
SybilleLehwald
ifoInstitut-LeibnizInstitutfürWirtschaftsforschunganderUniversitätMünchen
BenediktHeid
ifoInstitut-LeibnizInstitutfürWirtschaftsforschunganderUniversitätMünchen
Über das Projekt Global Economic Dynamics (GED)
DasProjektGlobalEconomicDynamics(GED)derBertelsmannStiftungsollzueinembesseren
Verständnis der wachsenden Komplexität globaler Wirtschaftsentwicklungen beitragen. Durch
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49
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