Die Vielfältigkeit der Methoden in der Psychotherapie · Prof. em. Dr. Jürgen Kriz . positive...

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Die Vielfältigkeit der Methoden in der Psychotherapie Prof. em. Dr. Jürgen Kriz

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Die Vielfältigkeit der Methoden

in der Psychotherapie

Prof. em. Dr. Jürgen Kriz

positive Aspekte

Beruf(stand) „Psychotherapeut“ fest im

Gesundheitssystem und in d. Gesellschaft etabliert

klare Aus-/Weiterbildungs-Strukturen

hohe Qualitätsstandards

Länderkammer + Bundeskammer

Bezahlung von Richtlinientherapien…

Gute Zusammenarbeit: PT – PT und PT-Ärzte

Basis für neue Modelle:

• multiprofessionelle Teams Konsiliardienste

• Liaisondienste

• Integrierte Versorgung (IG)

Beilegung ideologischer Grabenkämpfe

IN PRAXEN und KAMMERN

leider nicht von Funktionärs-Gremien (WBP, G-BA)

GPT, System.PT

positive Aspekte

JA

Beruf(stand) „Psychotherapeut“ fest im

Gesundheitssystem und in d. Gesellschaft etabliert

Gute Zusammenarbeit: PT untereinander / PT-Ärzte

Beilegung ideologischer Grabenkämpfe

IN PRAXEN und KAMMERN

leider nicht von Funktionärs-Gremien

negative Aspekte

Beschneidung der therapeutischen Pluralität

(Zerstörung blühender Landschaften)

Österreich, Schweiz, Holland andere europ. Länder,

USA (EbM): PLURALITÄT

Eldorado für Heilpraktiker, „phil. Praxen“,

unseriöse Angebote

2010 in „Psychotherapy“

2006/7: 2.200 „P.therapeuten“

CBT 79% (1,940)

Family/ systems 49% (1,212)

Mindfulness (ACT) 41% (1,013)

psychodynamic/ analytic 36% ( 885)

Rogerian/client-centered/

humanistic 31% ( 758;).

Only 2% (59 participants) identified themselves completely with one orientation.

The rest = “eclectic” approach or multiple orientation

Nach welchen „theoret. Modell“ ?

USA: was machen Therapeuten ?

Übersicht über in der Verhaltenstherapie verwendete Techniken

(Anmerkung: die Zuordnung von verhaltenstherapeutischen Techniken zu den

Überschriften folgt heuristischen Erwägungen und erhebt keinen

Allgemeingültigkeitsanspruch)

1. Verhaltensorientierte Techniken und Techniken auf Grundlage der

sozialen Lerntheorie

** Verhaltensanalyse (z. B. nach SORCK- oder BASIC-ID-Schema,

Problemanalyse nach Bartling, Ziel- und Plananalyse)

** Kontingenzmanagement (z. B. Management positiver Verstärkung,

Selbstverstärkung, Token-Systeme, Stimuluskontrolle, Veränderungen

in der äußeren Umgebung/Abbau von Belastungsfaktoren,

Selbstbestrafungstechniken, Bestrafungs- und Aversionsverfahren)

** Habit-Reversal-Training … insges. 13

2. Konfrontations-/Expositionstechniken:

** massierte Reizkonfrontation in vivo/in sensu

** systematische Desensibilisierung … insgs. 8

3. Kognitive Techniken und Selbstkontrolltechniken

** Selbstbeobachtung (z. B. Essprotokolle, Erkennen eigener Risikosituationen)

** Gedankenprotokolle

** kognitive Umstrukturierung (Realitätstestung, Reattribuierung,

Entkatastrophisierung, Reframing usw.) … insges. 16

Aus der

Stellungnahme

der BPtK

an den G-BA

Nov. 2009

(Prüfung der

RL-Verfahren)

VT

Übersicht über in der Verhaltenstherapie verwendete Techniken

(Anmerkung: die Zuordnung von verhaltenstherapeutischen Techniken zu den

Überschriften folgt heuristischen Erwägungen und erhebt keinen

Allgemeingültigkeitsanspruch)

4. Entspannungs- und körperbezogene Techniken

** progressive Muskelrelaxation (nach Jacobson)

** angewandte Anspannung

** autogenes Training

**Atemtraining … insges. 8

5. Psychoedukative und sonstige Techniken

** Psychoedukation (z. B. Teufelskreis der Angst, Entstehung und

Aufrechterhaltung von Psychosen)

** kognitives Differenzierungstraining

** Training der sozialen Wahrnehmung

6. Achtsamkeits- und emotionsregulationsorientierte Techniken, euthyme

Verfahren

** Achtsamkeitsübungen

** akzeptanzbasierte Übungen ..insges. 6

Aus der

Stellungnahme

der BPtK

an den G-BA

Nov. 2009

(Prüfung der

RL-Verfahren)

VT

Summe 54 Stärke der VT : RCT-geprüfte „Programme“

Zu den Psychotherapiemethoden des Verfahrens PP zählen

insbesondere:

Psychoanalyse,

psychoanalytisch-interaktionelle Psychotherapie,

psychodynamische Fokaltherapie,

psychodynamische Kurztherapie,

supportive Psychotherapie,

supportive-expressive Psychotherapie (SET),

übertragungsfokussierte Psychotherapie, panikfokussierte

psychodynamische Psychotherapie,

Mentalisation Based Treatment,

Dynamic Deconstructive Psychotherapy,

strukturbezogene Psychotherapie der Persönlichkeitsstörung,

Conversational Model nach Hobson und Meares,

Cognitive analytic therapy (CAT) nach Tony Ryle,

psychodynamisch imaginative Traumatherapie,

intensive psychodynamische Kurzzeittherapie,

mehrdimensionale psychodynamische Traumatherapie,

körperintegrierende tiefenpsychologische Psychotherapie,

katathym-imaginative Methoden (z. B. katathym-imaginative

Psychotherapie, vormals katathymes Bilderleben),

dynamische Psychotherapie,

niederfrequente Therapie in einer längerfristigen, Halt gewäh

renden therapeutischen Beziehung,

kognitiv-psychodynamische Psychotherapie nach M. Horowitz,

niederfrequente Langzeitpsychoanalyse nach S. O. Hoffmann.

Aus der

Stellungnahme

der BPtK

an den G-BA

Nov. 2009

(Prüfung der

RL-Verfahren)

PD

* Personzentrierte /Klientenzentrierte /Gesprächspsychotherapie, ..

**Klassische Gesprächspsychotherapie)

** Ziel- und Klärungsorientierte Gesprächspsychotherapie

** Prozessorientierte Gesprächspsychotherapie

**Gesprächspsychotherapeutische Spieltherapie

** Differentielle inkongruenzbezogene Vorgehensweisen der

Gesprächspsychotherapie

* Methoden mit stärkerer Integration von gestaltth. und körper-

erfahrungsbezogenen Aspekten

**Focusing

**Experienzielle Psychotherapie

**Emotionsfokussierte Therapie, EFT – in der die

* Gestalttherapie – mit einem Spektrum an weiteren Methoden und

spezifischen Techniken,

** gesellschaftskritische Ansatz,

** transpersonale Ansatz

** selbstorganisationstheoretische Ansatz

** Klinisch-gestalttherapeutischer Ansatz

* Psychodrama

Techniken (einzel/Gruppe):

** szenisch-handelnde Darstellung salutogener

und maladaptiver sozialer Netzwerke,

** Skulpturen und Aufstellungen,

** Rollentrainings und -spiele,

** Stegreifspiele;

* Pesso-Boyden System Psychomotor (PBSP)

„feeling seen“, spezifische Variante für Kinder und Jugendliche

Aus dem

Antrag der

AGHPT

an den WBP

Okt. 2012

HP

* Integrative Therapie

* Logotherapie

* Existenzanalyse, welche hier spezifische Techniken, u.a.

** strukturelll orientierter Ressourcenarbeit

** strukturell oreintierte Bearbeitung von Defiziten

** prozeßorienterter Vorgangsweise

entwickelt hat

* Körperpsychotherapie

In diesem Cluster zuordbarer Methoden:

**Bioenergetik,

**Biodynamik,

…4 weitere

* Transaktionsanalyse

** allgemeine Techniken: Enttrübungsarbeit,

Transaktionsanalyse, Strukturanalyse,

Skriptanalyse, Spiel- bzw. Racketanalyse

** Differentielle Methoden:

** klassische Transaktionsanalyse

** Cathexis- Transaktionsanalyse

**Neuentscheidungs-Transaktionsanalyse

Aus dem

Antrag der

AGHPT

an den WBP

Okt. 2012

HP

4 Cluster / „Verfahren“: macht Sinn für bestimmte Diskurse

aber „Wissenschaftlichkeit / Wirksamkeit“ je 1 Clusters ??

„besondere“ DEUTSCHE Fragestellung/ Problemstellung

Klaus Grawe,((( 2005) PTJ, 2005, S. 10:

„Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass

Therapieausbildungen und Therapien,

die im besten Sinne als empirisch validiert anzusehen

wären,

weil sie sich am wirklichen und ganzen

Forschungsstand orientieren,

gegenwärtig in Deutschland verboten wären.“

… „Nicht Therapiemethoden müssen empirisch validiert

werden, nicht Therapieformen anerkannt werden, sondern

Ausbildungsprogramme.“ (ebenda).

Weitere Folgerung: Entfalten von Prinzipien gleichwertig zur

Evaluation von Programmen (VT, RCT-Forschung)

1987 2005

anwenden abgeschl. Zulass. Nutzen Bedeutung

Ausbild. f. Identität

Analytische Psychotherapie 23 % 24 % 36% 48%

Tiefenpsychol. fundierte Psychoth. 48 % 31 % 53 % 52% 64%

(+3)

Verhaltenstherapie 48 % 40 % 44 % 50% 54%

Gesprächspsychotherapie 55 % 15 % 37% 43%

Gestalttherapie 28 % 11 % 17% 27%

Familientherapie 29 % 14 % 25% 41%

Übende Verfahren (Jacobson, 39 % -

autogen. Train. etc.)

Hypnose/Hypnotherapie - 9 % 17% 26%

alle Therapt. (N=384): 21% tun, wofür Zulassung, 54% integrativ, 24% eklektisch PA Ausbildung (N=94): 48% tun, wofür Zulassung, 36% integrativ, 13% eklektisch

VT Ausbildung (N=156): 16% tun, wofür Zulassung, 58% integrativ, 26% eklektisch

Fazit: PsychotherapeutInnen sind (z.Zt. noch!!) wesentlich kompetenter

als die formale Richtlinienstruktur ihnen zubilligen will.

Ein Patient sollte:

die biographische Eingebundenheit seiner spezifischen Konflikt(abwehr)dynamik

in deren symptomgebenden (kompromissbildenden) Auswirkungen verstehen

gelerntes Verhalten und/oder die zugrunde liegenden kognitiven Prozessstrukturen

ändern und neue Kontingenzen aufbauen

die als Angst gespürte und in Vermeidungsverhalten manifestierte Inkongruenz

zwischen seinem organismischen Erleben und seinem „Selbst“

zumindest in den symptomgenerierenden Auswirkungen

durch Reintegration des nicht-Zugänglichen ins „Selbst“ vermindern

seine destruktiven narrativen Konstruktionen über seine Beziehungen zu sich,

zu anderen und zur Welt und deren gegenseitige Stabilisierung in den Interaktionen

bedeutsamer Anderer (z.B. Partner oder Familie) verflüssigen und zu neuen Sinn-

und Interaktions-Mustern („Attraktoren“) in den jeweiligen Systemdynamiken finden.

PD

VT

HU

SY

Aber kein Therapeut kann alle diese Aspekte handlungsrelevant im Kopf haben

Warum ist Pluralität der Ansätze wichtig ?

Spiegelt die Pluralität eine multi-Kulti- Gesellschaft (keine Diktatur)

( = Antworten auf die Frage: „wie wollen wir leben?“

Aus Sicht unterschiedlicher theoretischer Rekonstruktionen gilt:

Was in einer konkreten Situation tun?

die biographische Eingebundenheit seiner spezifischen Konflikt(abwehr)dynamik

in deren symptomgebenden (kompromissbildenden) Auswirkungen verstehen

regressive Prozesse und Übertragungsdynamiken fördern ?

gelerntes Verhalten und/oder die zugrunde liegenden kognitiven Prozessstrukturen

ändern und neue Kontingenzen aufbauen

sokratischen Dialog oder eine systematische Desensibilisierung

beginnen?

die als Angst gespürte und in Vermeidungsverhalten manifestierte Inkongruenz

zwischen seinem organismischen Erleben und seinem „Selbst“

zumindest in den symptomgenerierenden Auswirkungen

durch Reintegration des nicht-Zugänglichen ins „Selbst“ vermindern

empathische Begegnung oder Focusing?

seine destruktiven narrativen Konstruktionen über seine Beziehungen

zu sich, zu anderen und zur Welt und deren gegenseitige Stabilisierung

in den Interaktionen bedeutsamer Anderer (z.B. Partner oder Familie)

verflüssigen und zu neuen Sinn- und Interaktions-Mustern („Attraktoren“)

in den jeweiligen Systemdynamiken finden

zirkuläres Fragen, paradoxe Intervention, lösungsorientiertes Interview ?

PD:

VT:

HU:

SY:

Einheitliche, rekonstruktive + handlungsorientierende Theorie

aber differentielle, „schulenorientierte“ Praxis

Aber: evidenzbasiert Besser-heilerei ???

Was kann Psychologie?

Wie hilft Psychotherapie?

Welche Therapie ist die richtige?

Welche Therapie in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt bei welchen Problemen …

Flyer:

Es gibt keine ANTWORTen auf diese Fragen

Medizin/Onkologie TUMOR ?? was tun ??

Wer bin ich ? Wie will ich leben (und ggf. sterben) ?

Keine „wiss. Antworten“ möglich sondern begründete Ansichten,

Fakten und Daten für einen fundierten Diskurs

PD:

VT:

HU:

SY:

Konfliktabwehr Psychodynamik

Symptome

Gelerntes (konditionierte) Verh.

und/oder Irrationale

Schlussweisen

Inkongruenz zw. Organismischen

Erfahrungen und

Selbst/Symbolisierung

Funktionelle Stabilisierung in

sozialen Interaktionsmustern

Durch Reinszenierung (Übertragung)

Einsicht in Beweggründe

Dekonditionierung, sokratischer Dialog,

Übungen/Programme

Förderung der Aktualisierungstendenz

durch „Verstehen“ Symbolisieren

Verstörung der Interaktionsmuster durch

Umdeuten der malignen Narrationen

Welche Therapie in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt bei welchen Problemen …

4 cluster Störungsbilder Therapie-Bilder

Ansätze (stark vereinfacht)

Keine CLUSTER-differentiellen Effekte Es werden eben keine Störungen durch Verfahren behandelt

PD:

VT:

HU:

SY:

Konfliktabwehr Psychodynamik

Symptome

Gelerntes (konditionierte) Verh.

und/oder Irrationale

Schlussweisen

Inkongruenz zw. Organismischen

Erfahrungen und

Selbst/Symbolisierung

Funktionelle Stabilisierung in

sozialen Interaktionsmustern

Durch Reinszenierung (Übertragung)

Einsicht in Beweggründe

Dekonditionierung, sokratischer Dialog,

Übungen/Programme

Förderung der Aktualisierungstendenz

durch „Verstehen“ Symbolisieren

Verstörung der Interaktionsmuster durch

Umdeuten der malignen Narrationen

Welche Therapie in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt bei welchen Problemen …

4 cluster Störungsbilder Therapie-Bilder

Ansätze (stark vereinfacht)

Keine CLUSTER-differentiellen Effekte Es werden eben keine Störungen durch Verfahren behandelt

Klaus Grawe (1995)

WIRKFAKOREN

■ Ressourcenaktivierung

■ Problemaktualisierung

■ Problembewältigung

■ motivationale Klärung

■ Therapiebeziehung

„Heimat“ Was tun?

Es werden eben keine Störungen durch Verfahren behandelt

PASSUNGEN

(Orlinsky &

Howard)

„Wirk-

Frage“

Passungs-

kompetenz

Methodenübergreifende Grundausbildung

PD VT HU SY

THEORIE THEORIE

mein bevorzugtes

Ausbildungs- und

Praxiskonzept:

einheitliche Theorie

einheitliche Grundausb.

spezifische Vertiefung

(fast) Fazit: Kriz seit mindestens 2004:

Viele positive Aspekte

aber auch einige gravierende, unnötige

Nachteile, durch verkrustete

Interessenpolitik (= Profession)

Bitte: Helfen Sie mit, auch in der BRD:

Diskurs auf Augenhöhe

gemeinsam den Herausforderungen

und Aufgaben widmen

RESUMEE:

PTJ 2/2010, S. 160-168

….

ANHANG f.d. DIKSUSSION: der G-BA- Skandal