Die Waffen-SS · PDF fileÜ b Günter Grass eigentlich weiß, was er mit der...

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  • b Gnter Grass eigentlich wei, was er mit der Selbst- inszenierung seines Gestndnisses, Soldat der Waf- fen-SS gewesen zu sein, angerichtet hat? Waffen-SS - das Reizwort vermochte in den letzten Wochen Deutschlands Medien in khnste Alarmstimmung zu versetzen und auch die lteste Filmrolle, die letzte Nazidokumentation wurde aus den Archiven geholt, um jene Scheinaktualitt zu zelebrieren, die deutsche Medienmacher so lieben.

    Kaum einem aber fiel dabei auf, da da so mancher Beitrag in die alten Schablonen und Denkmuster zurckfiel, d|e schon immer das Verhltnis der Deutschen zu der um

    Die Waffen-SSEine umstrittene Elitetruppe

    strittensten Truppe ihrer Geschichte bestimmte. Der OKW- Verteidiger Hans Laternser wute schon, was er tat, als er 1946 whrend des Nrnberger Kriegsverbrecherprozesses die Parole ausgab, die SS-Fhrer seien ohnehin des Todes, daher mchten sie alles auf sich nehmen - der Schild der Wehrmacht msse rein bleiben. Sein Kalkl ging nahezu auf: Die Soldaten der Waffen-SS sahen sich zu einen integralen Bestandteil der groen Vernichtungsmaschine SS stigmatisiert, gleichgestellt mit KZ-Schergen und den Exekutoren des monstrsen Judenmordes. Waffen-SS wurde zu einem hlichen Tabuthema, an das die ersten

    In den Krisen des Rulandkrieges wurde die Waffen-SS aufgrund ihrer

    Kampfkraft immer wieder zur Feuerwehr des deutschen Ostheeres.

  • deutschen Nachkriegshistoriker nicht gerne rhrten. Keiner mochte das Nrnberger Verdikt, das die gesamte Truppe zur verbrecherischen Organisation erk lrt hatte, hinterfragen - kaum verwunderlich, da es noch immer keine deutsche Geschichte der Waffen-SS gibt, von ein paar lesenwerten Vorstudien abgesehen. Desto bizarrer mute es wirken, da vor allem amerikanische Historiker lngst begonnen hatten, das Bild von der mordenden, berserkerhaften Waffen-SS zu revidieren.

    D as w irkliche LebenDer New Yorker Professor George

    H. Stein und der Zeitgeschichtler Robert Arthur Gelwick m ochten nicht lnger die akzeptierten Mythen ber die Waffen-SS hinnehmen, fr Gelwick ein Bndel von hchst ein- seitig ausgewhlten Fakten, Halb- Wahrheiten, Auslassungen und absichtlichen Verdrehungen Sie wollten das wirkliche Leben der Waffen- SS erkunden - jenseits aller Rechtfertigungsversuche ihrer ehemaligen Angehrigen und der Legenden der alliierten Kriegspropaganda.

    Jeder von ihnen erforschte einen Teil der Waffen-SS: Gelwick die Personal- und Organisationsstruktur der

    T ruppe, sein Kollege James J. W eingartner die Einstze der Leibstandarte-SS Adolf Hitler, Charles W. Sydnor die SS-Division Totenkopf1, Basil Dymytryshin die ukrainischen SS-Verbnde.

    Stck fr Stck arbeiteten die Amerikaner heraus, da die Waffen-SS die einzige SS-Organisation gewesen war, deren Fhrung sich Himmler von Anfang an mit einer SS-frem-

    r den Institution, der Wehrmacht, teilen mute. In allen Kernfragen des Ersatzes und der Ausrstung hing die Waffen-SS

    1 von der Wehrmacht ab; allein Generale des Heeres entschie- den ber den Fronteinsatz der Truppe und zogen sie so stark an sich heran, da die Waffen-SS am Ende wie ein vierter Wehrmachtsteil erschien (ohne es jedoch de jure zu sein).

    Auch das von Stein und Gelwick erarbeitete Zahlenmaterial belegte, da sich die Waffen-SS von der brigen SS unterschied: Von den 1,1 Millionen Mann, die im Zwei-? : ten Weltkrieg die Waffen-SS durchliefen, waren nur

    p 300.000 Mitglieder der Allgemeinen SS, der politischen Stammorganisation von Himmlers SS-Imperium.

    P o litisch e B ere itschaftenBegonnen hatte das alles kurz nach der M achtbernah

    me der Nationalsozialisten in Deutschland, im Frhjahr 1933, als ein paar Unterfhrer von Himmlers Schutz-Staffel (SS) dazu bergingen, mit Handwaffen ausgerstete Kampfgruppen zur Terrorisierung des politischen Gegners aufzustellen. In den Abschnitten und Oberabschnitten der Allgemeinen SS entstanden sogenannte Stabswachen

    Deutsche Militrzeitschrift - Sonderausgabe Waffen-SS

    oder Sonderkommandos, die jeweils ber 100 bewaffnete Mnner verfgten. Hatte ein Sonderkommando eine bestimmte Personalstrke erlangt, nannte es sich Politische Bereitschaft. Meist erwachte dann in ihren Fhrern - fast immer ehemalige Offiziere - militrischer Ehrgeiz. Folge: Die Bereitschaften wurden wie Regimenter aufgezogen.

    Die wachsende Bedeutung der Bereitschaften, nicht zuletzt auch die Erbeutung um fangreicher W affenlager der SA nach dem sogenannten Rhm-Putsch, inspirierte Himmler zu dem Plan, sich eine eigene bewaffnete Eingreiftruppe zu schaffen, Schlustck eines von ihm ertrum ten Staatsschutzkorps, mit dem er seine Organisationen zum eigentlichen M achtzentrum des NS-Regi- mes machen wollte.

    Auf die neben der Wehrmacht wichtigsten Exekutiv- und Repressionsorgane hatte Himmler bereits seine Hand gelegt: Er kontrollierte Gestapo, Kriminal- und Ordnungspolizei, er war al

    leiniger Herr der Konzentrationslager, er verfgte mit dem SD ber einen eigenen Geheimdienst.

    Es war faktisch die Geburtsstunde der Waffen-SS, damals Verfgungstruppe (VT) genannt. Himmler vermied jedoch alles, was den Verdacht htte erregen knnen, hier entstehe eine zweite Wehrmacht. Sie war von ihm zunchst auch gar nicht gewollt: Jeder neue Himmler-Befehl unterstrich, da die VT nur zur inneren Sicherung da sei.

    Lediglich fr den Kriegsfall sollte die VT auf einen militrischen Einsatz vorbereitet sein. Dazu aber bentigte Himmler erfahrene Berufssoldaten, wollte die Truppe militrisch ernstgenommen werden. Die VT besa sie nicht, Himmler mute sie anwerben.

    G arde d e s F h re rsUnd viele kamen: Der pensionierte General Paul Haus

    ser, der ehemalige Major Felix Steiner, der Fliegeroffizier Wilhelm Bittrich - jeder von ihnen whnte, die Garde des Fhrers bte ihm und seinen Ideen Entwicklungsmglichkeiten wie keine andere Truppe.

    Hausser und vor allem Steiner schufen eine Truppe, wie sie Deutschland noch nicht gesehen hatte: Das Vorrecht von Herkunft und Bildung fiel (auch Nichtabiturienten konnten Offiziere werden), der mechanische Kasernenhofdrill wurde abgeschafft, die Ausbildung auf kleine, mobile Stotrupps konzentriert, ausgestattet mit beweglicheren Handwaffen und neuen Kampfanzgen, die spter alle Armeen einfhrten.

    Das frderte ein Elitebewutsein, das sich scharf von der reaktionren Wehrmacht abhob und eine neue Schicht junger VT-Fhrer anzog: die in der Hitler-Jugend vorgeformten und auf den SS-Junkerschulen weltanschaulich

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    Fr General Paul Hausser bot die neugeschaffene Verfgungstruppe

    die Mglichkeit, neue militrische Ideen umzusetzen.

  • Reichsfhrer-SS Heinrich Himmler (links), hier a u f Hitlers Berghof m it Reinhard Heydrich und Karl Wolff, trumte von einer eigenen militrischen Formation.

    getrimmten Jungnationalsozialisten, getrieben von einem ziellos-dynamischen politischen Soldatentum, dem die Ratio militrischer Profis vom Typ Haussers und Steiners fremd war.

    Die Aufladung der Truppe mit nazistischem oder SS-ei- genem Ideengut konnte nicht darber hinwegtuschen, da in der VT zwei grundverschiedene Fhrungsgruppen entstanden waren: hier die lteren, hheren Fhrer, aus dem oberen Mittelstand stammend, soziologisch mit der Generalitt der Wehrmacht nahezu identisch, dort die jngeren, rangniederen Fhrer, Angehrige eines Kleinbrgertums, dem erst die vom Nationalsozialismus betriebene Modernisierung der Gesellschaft den Zugang zum Offiziersberuf geffnet hatte.

    Es gab allerdings einen Minimalkonsens, der die beiden Gruppen oberflchlich einte: der ehrgeizige Wille, aus der VT eine unbertreffliche Garde- und Elitetruppe zu machen. Keiner von ihnen begngte sich mit den Vorstellungen Himmlers, der noch immer an dem Konzept einer Staatstruppenpolizei festhielt. Sie verlangten mehr: Gleichstellung mit der Wehrmacht, Anerkennung als eigenstndiges Militr.Annhrung an das Heer

    Die VT fhrte 1938 anstelle der schwarzen Dienstuniform der Allgemeinen SS die feldgraue des Heeres ein und legte sich auch die in der Wehrmacht blichen Schulterstcke und Tressen an. Schon zuvor hatten die Fhrer der Truppe durchgesetzt, da VT-Dienst als Wehrdienst zu gelten habe.

    Der Versuch indes, auch gleich noch die SS-eigenen Formationsbegriffe und Dienstrnge loszuwerden, scheiterte am Veto Himmlers. Fr den SS-Chef war es ein Alarmzeichen. Fhrende Mnner der Verfgungstruppe18

    spielten offenkundig mit dem Gedanken, jenseits der brigen politischen SS ein greres Eigenleben zu fhren.

    Der Zweite Weltkrieg ruinierte das Himmler-Konzept endgltig, die VT war jetzt nur noch als militrische Truppe gefragt. Gleich beim Angriff auf Polen war die Verfgungstruppe, inzwischen auf vier Regimenter mit 18.000 Mann angewachsen, mit dabei: in der Bzura-Schlacht, bei den Vorsten auf Modlin und Lemberg.

    Ihre Aktivitten vermochten das Heer freilich nicht recht zu berzeugen. Die VT hatte schwerere Verluste als vergleichbare Einheiten des Heeres, ihre Fhrer waren den Anforderungen komplizierter Truppenfhrung nicht gewachsen.

    Die VT-Fhrer sahen nur einen Ausweg: Die Truppe mute sich zur Division formieren, mute schwere Waffen und noch mehr Truppen haben. Das aber konterkarierte die Wehrmacht, die die Freiwilligenwerbung der VT noch immer behinderte und nur so viele Wehrpflichtige freigab, wie fr die 18.000-Mann-Truppe notwendig schienen. Woher aber neue Leute nehmen?Zweifelhafte Verbnde

    Da hatte ein Schwabe namens Gottlob Berger, Chef des SS-Hauptamtes, eine scheinbar glnzende Idee. Wenn Hitler, so rechnete Berger vor, der bereits frher erwogenen Versetzung von Totenkopfverbnden und Einheiten der Ordnungspolizei zur VT zustimme, dann knne Himmler in krzester Zeit ber vier Divisionen verfgen. Begeistert stimmten die VT-Fhrer zu.

    Es war der fatale Schritt, der die VT mit der Welt des politischen Verbrechens verband. Denn: Totenkopfverbnde waren die Wachmannschaften der Konzentrationslager, in denen das NS-Re