Die Zukunft des Großen Kurfürsten wird Fürs erste ein Gipskopf · 2013. 12. 18. · dem Rücken...

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VON ANDREAS CONRAD NACHTJÄGER. Foto: ctoa Nacht der Fledermäuse, die vom Verein zum Schutz gefährdeter Säugetierarten (Vesper- tilio) organisiert wird. Das Fest soll ^•HBH^^^MM r A , " 1 ij J ' . ^* * :*: ;> . __ .... ^ - . " » ^ ; - it ^ -. .>• ,*•• •' _, : " * J y. * "- ; v '• r rt, ,, - A " -= ' ' *. "i" <•' •_=*? •-•Fr. <-• i ! ; * * >l ^*:!''•• ' 1 * " : - . : >. - - - i i r . - ii? •"•5. :• T-, '•<:•' $ . ' .' : v*?F. ; Stretch-Blazer .. : v , : \ von „Pier Angelini". 199, Weste von „Pier Angelini". 7 9 , 9 0 -f. \ .V :•. " '•''.-•*'%'£ ,'V*''V-"'" '.. ^ : >_^;«"=* s t>i-;-.^,..; . -'V:^-w v-*" "~ i- •wv^r-rv-.:' •*»*. SO W/RD £S N/E WIEDER: der Große Kurfürst auf der Langen Brücke. Ein Holzschnitt von Sears nach einer Zeichnung Adolph Menzels, 1840. MITTWOCH, 17. SEPTEMBER 1997 / Nr. 16 104 STADTLEBEN Bis vor kurzem noch DER TAGESSPIEGEL wieder einem Neubau weichen mußte. Da- mals wurde auch der ursprüngliche Mar- morsockel erneuert und das Original den Berliner Museen übergeben. Der marode Steinblock kam ins Bodemuseum, ziert dort das kuppelüberwölbte Treppenhaus. Seit 1904 trägt er einen neuen Großen Kurfür- sten, kein zweiter Guß, sondern eine in gal- vanoplastischer Technik ausgeführte Kopie. Der Verbleib des zweiten Sockels, der den bronzenen Reiter immerhin seit Ende des letzten Jahrhunderts bis in die vierziger Jah- re trug, ist unbekannt, berichtet Arne Effen- berger, Leiter der Skulpturensammlung. Man darf vermuten, daß er in den Anfangs- jahren der DDR entsorgt wurde, wie auch der damalige Name der Brücke. 1951 jeden- falls wurde aus der Kurfürstenbrücke, wie die Lange Brücke jetzt hieß, die heutige Rat- hausbrücke, benannt nach einen Rathaus für das gemeinsame Ratskollegium für Berlin und Colin, das in der Nähe einmal stand. Etwa zur selben Zeit, als man im Osten den Namen des Großen Kurfürsten entsorg- te und das alte Stadtschloß gleich mit, räson- nierte man im Westen darüber, wo Andreas Schlüters Meisterwerk denn nun hin sollte. Anfang 1950 hatte man das Standbild aus dem Schlick des Tegeler Hafens geborgen, nebst der zu seinen Füßen ruhenden, von Schlüter nur entworfenen vier Sklaven. Wie viele andere Kunstwerke war der Große Kur- fürst im Krieg ausgelagert worden, nach Ket- zin an der Havel. Über den Fluß sollte er im Gipsabguß aufstellen, gülden gestrichen, ge- gen Regen durch ein Holzdach geschützt. Knapp 300 Jahre später sind die Kassen in Berlin wieder leer, doch ist der Zustand so dramatisch offenbar nicht. Jedenfalls scheint für Überlegungen, den Großen Kurfürsten erneut umziehen zu lassen, immer noch ge- nug Kleingeld da zu sein. Im Zusammen- hang mit einem notwendigen Neubau der Rathausbrücke, Nachfolgerin der Langen Brücke, tauchte die Idee auf. den seit 1952 durch den Hof des Schlosses Charlottenburg reitenden Barockfürsten an seinen alten Platz umzusiedeln. Vorangetrieben wird sie, wie im größeren Teil der gestrigen Ausgabe gemeldet, in der Verwaltung des Senators Januar 1946 zurückkehren, die dafür ge- wählte Prahm hatte man offensichtlich zu klein bemessen. Als der Schleppzug den Borsig-Hafen des Tegeler Sees schon er- reicht hatte,rißeine Trosse, die Prahm trieb ab und sank, zum Glück in Ufernähe. Die nächsten Jahre konnten sich daher allein die Borsig-Arbeiter am Großen Kurfürsten er- freuen. „Meist kiekt nur ein Kopp aus dem Wasser", zitierte Ende 1949 ein Reporter des „Tages" die dortigen Kunstfreunde. Bei sei- nem eigenen Besuch allerdings führte die Havel wenig Wasser, und er identifizierte einen Pferdekopf, den Kopf eines Mannes, dazu „eine kraftvoll erhobene Hand, das Zeoter fest umklammernd". Das unfreiwilli- ge Bad hat dem Großen Kurfürsten nicht weiter geschadet. In der Friedenauer Bild- gießerei Noack wurde er trockengelegt und aufpoliert, 1952 fand er seinen neuen Platz vor dem Schloß Charlottenburg. Sollte er nun erneut umziehen, so wäre das gewiß Anlaß zu einem Fest, was immer- hin für den Strieder-Plan spricht. Mit so ei- ner Volksbelustigung war schon im Oktober 1700 der Guß der Skulptur begangen wor- den. Der Hof war anwesend, als Höhepunkt kletterten sechs Gießgesellen durch ein auf dem Rücken freigelassenes Loch in den Leib des Rosses, ließen die Weingläser klingen, brannten gar Feuerwerkskörper ab. Das gin- ge heute wohl nicht mehr. D ie Staatskassen waren leer, schon da- mals in Berlin nicht ungewöhnlich. Eine Krönung kostet halt, das Volk sollte sich man nicht so haben. Aus Friedrich III., Kurfürst von Brandenburg, war Friedrich I., König in Preußen, geworden, nur für sei- nen Vater Friedrich Wilhelm, den seligen Großen Kurfürsten, blieb nicht genug übrig. Immerhin war das vom Hofbildhauer An- dreas Schlüter geschaffene Reiterstandbild fertig gegossen, mochten die letzten Ziselie- rung eben warten. Fürs erste konnte man dem Volk auf der Langen Brücke ja einen Besucher der Zitadelle Spandau kennen sie schon - „Mathilde", die Vorzeige-Fleder- maus der alten Festung. Am kommenden Sonnabend kann sie auch derjenige kennen- lernen, der bis jetzt noch nicht den Weg nach Spandau gefunden hat: Mathilde zieht nach Kreuzberg - allerdings nur für 24 Stun- den. Grund dafür ist die 1. Europäische weiß zum Beispiel keiner, wieviele Flatter- tiere die Stadt bevölkern - einzig die Zahl der Wintergäste in der Spandauer Zitadelle ist bekannt: Etwa 10.000 Tiere nehmen dort jährlich Quartier. Deswegen, und wegen der zahlreichen Berliner Aktivitäten für die Er- haltung derTiere, darf sich Berlin auch Euro- pas „Hauptstadt der Fledermäuse" nennen. Das stellte Eric Blencowe, Exekutivsekretär von Eurobats auf der Pressekonferenz im Hause der Senats- verwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie fest. Dort wurde gestern das Festprogramm vorgestellt: Fle- dermausführungen und -fütterungen, ein Erlebniszelt mit dreidimensionalen Dias und ein „Wie lebe ich als Fleder- Ihren Nachwuchs präsentiert derzeit eine Kronenkranich-Familie im Zoo: Auf der gro- ßen Stelzvogelwiese zwischen Tiger- freianlage und Robbenfelsen sind die Eltern der afrikanischen Vogelart mit ihren zwei Jungen zu bewundern. Die Zucht von Kronenkranichen gelingt dem Zoo nach ei- genen Angaben seit 1976. Einer der damals geborenen und per Hand aufgezogenen Kronenkraniche ist der Vater des diesjährigen Nachwuchses. Er achtete darauf, daß die Nebelkrähen keine Mög- lichkeiten fanden, das Gelege oder die beim Schlupf sehr kleinen Jungen zu rauben. ADN Ein fünfjähriges Mädchen wurde gestern als 35millionste Besucherin des Fernseh- turms am Alexanderplatz beschenkt: Luisa Weidemann aus Leinefelde in Thüringen war zum ersten Mal in Berlin und wollte mit ihren Großeltern aus 205 Metern Höhe über die Stadt schauen. Geschäftsführer Hartmut Wellner überreichte dem Jubiläumsgast einen- Plüschteddy, eine Gedenkmedaille und eine kostenlose Runde bei Kaffee und Kuchen im TV-Restaurant. Die Telekom, der der im Oktober 1969 eröffnete Turm (der nach der Montage einer neuen Antennenan- lage jetzt 368 Meter hoch ist) gehört, spen- dierte ein Handy. Tsp „Zwischen Bigos und Beton": In Hohen- schönhausen steht das östliche Nachbarland Polen bei den „Tagen der polnischen Kultur" im Mittelpunkt einer Veranstaltungsreihe mit Lesungen, Konzerten, Diskussionsveran- staltungen und einer Austeilung. In ganz Berlin bilden polnische Bürger eine der stärksten ausländischen Bevölkerungsgrup- pen. Den Auftakt der Veranstaltungsreihe macht eine Ausstellungseröffnung morgen im „Studio im Hochhaus" in der Zingster Straße 25. Gezeigt werden Graphiken und Zeichnungen von Bozena Fortuna-Skibinska, Wieslaw Skibinski und Krysztof Jarzebinski. Die drei Künstler sind Absolventen der Kra- kauer Akademie der Schönen Künste. Die Ausstellung ist bis zum 6. November zu se- hen. Die Öffnungszeiten sind Montag bis Mittwoch von 14 bis 18 Uhr, Donnerstag von 14 bis 19 Uhr und Sonntag von 15 bis 18 Uhr. Moderner polnischer Jazz mit der Gruppe „Loskot" wird am 20. September um 19.30 Uhr in der evangelischen Kirchengemeinde Hohenschönhausen Nord Am Berl 17 gebo- ten. Die deutsch-jüdische Dichterin Gertrud Kolmar steht am 22. September um 20 Uhr im Mittelpunkt eines Lese- und Filmabends im „Studio im Hochhaus in der Zingster Stra- ße 25. Iwona Mickiewicz und Sigrid Moser lesen unter dem Titel „Aus dem Dunkel komme ich, eine Frau" aus „Welten" von Gertrud Kolmar, die von der deutsch-polni- schen Literaturzeitschrift „WIR" herausge- geben wurde. Dazu werden Filmausschnitte von Sylvester Kiona gezeigt. Über die aktuelle Situation von Frauen in Polen wird am 24. September um 18 Uhr im Frauenzentrum am Mühlengrund in der Wartenberger Straße 102 diskutiert. Die „Bürgerinitiative ausländische Mitbürger" veranstaltet am 25. September um 19.30 Uhr in Raum 500 von Haus F in der Gehren- seestraße 6 ein Gespräch über die Situation polnischer Migranten in Berlin. Weitere Auskünfte über die „Tage der pol- nischen Kultur" erteilt Bärbel Olhagaray, die Ausländerbeauftragte von Hohenschönhau- sen, unter der Rufnummer 98 20 64 00. emv FLUSSFAHRT MIT FÜRST: die Bergung von Andreas Schlüters Standbild des Großen Kurfür- sten aus dem Tegeler See, Anfang 1950. Foto: Archiv für Stadtentwicklung, Peter Strieder. In der Behörde Bausenator Jürgen Kiemanns rea- giert man hingegen skeptisch, verweist dar- auf, daß der gegenwärtige Brückentyp mit Mittelpfeiler und einer Art Balkon für den Großen Kurfürsten wegen der modernen Europaschiffe und ihrer Anforderungen an die Wasserverkehrsstraßen nicht mehr möglich sei. Für den Neubau soll es einen Wettbewerb geben, immerhin denkt man darüber nach, ob eine mögliche Postierung des Denkmals Teil des Wettbewerbs werden soll. Eine Entscheidung falle in den nächsten Tagen. Vorsorglich hat das Strieder-Amt als Variante einen Platz vor dem Marstall ins Gespräch gebracht. Dem Wunsch nach historischer Authenti- zität, nach Rückbau der Stadt, hinein in eine als Vorbild empfundene Vergangenheit, wird man demnach, so oder so, nur bedingt nachkommen können. Und selbst wenn sich ein halbwegs ähnliches Plätzchen wie das ursprüngliche fände, so wäre doch das Denkmal nie dasselbe, das 1703 aufgestellt wurde - es sei denn, man wollte auch den Bestand der Skulpturensammlung angreifen und dem Großen Kurfürsten im Bodemu- seum seinen Sockel entziehen. Schon einmal spielte das Standbild eine Rolle in städtebaulichen Planungen. Ende des 17. Jahrhunderts war die hölzerne Lange Brücke durch einen Steinbau, den ersten derartigen Brückenbau Berlins, ersetzt wor- den,, der zwei Jahrhunderte später schon Mathilde kommt nach Kreuzberg Für 24 Stunden im Mittelpunkt des Fledermaus-Festes den Besuchern das Leben der Flug- künstler näher brin- gen. Einsam fühlen wird sich Mathilde dort sicher nicht: abgesehen von den erwarteten Besu- chern leben auf dem Kreuzberg immer- hin schon einige Hundert der DOS- maus?"-Programm für Kinder: Das sind nur einige der Höhe- punkte des Festes, das gegen 14 Uhr beginnt und bei dem auch Umweltministerin Angela Merkel anwesend sein wird. Schade nur, daß die Resonanz aus dem Ausland so gering ist: Außer Deutschland, das allein von Berlin vertreten wird, beteiligen sich nur Frank- reich, Großbritannien, Polen und die Ukrai- ne. KATHARINA VOSS sierlichen Flattertiere. Das wissen allerdings nur wenige Berliner. Und weil das Wissen über die vom Aussterben bedrohten Säuge- tiere europaweit kaum verbreitet ist, ergriff das europäische Büro zum Schutz der Fle- dermäuse (Eurobats) die Initiative für ein europaweites Fledermausfest. Von der Akti- on erhofft sich Eurobats auch neue Hinweise auf noch unbekannte Lebensorte. In Berlin Östliches im Blickpunkt „Tage der polnischen Kultur" mit zahlreichen Veranstaltungen Nachwuchs bei den Kronenkranichen Zwei Junge im Zoo Ein Handy ßr das Jubiläumskind Luisa 35millionster TV-Turm-Gast inn SEITE 11 Die Zukunft des Großen Kurfürsten wird möglicherweise ein Wettbewerb klären Fürs erste ein Gipskopf

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VON ANDREAS CONRAD

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SO W/RD £S N/E WIEDER: der Große Kurfürst auf der Langen Brücke. Ein Holzschnitt vonSears nach einer Zeichnung Adolph Menzels, 1840.

MITTWOCH, 17. SEPTEMBER 1997 / Nr. 16 104 STADTLEBEN

Bis vor kurzem noch

DER TAGESSPIEGEL

wieder einem Neubau weichen mußte. Da-mals wurde auch der ursprüngliche Mar-morsockel erneuert und das Original denBerliner Museen übergeben. Der marodeSteinblock kam ins Bodemuseum, ziert dortdas kuppelüberwölbte Treppenhaus. Seit1904 trägt er einen neuen Großen Kurfür-sten, kein zweiter Guß, sondern eine in gal-vanoplastischer Technik ausgeführte Kopie.Der Verbleib des zweiten Sockels, der denbronzenen Reiter immerhin seit Ende desletzten Jahrhunderts bis in die vierziger Jah-re trug, ist unbekannt, berichtet Arne Effen-berger, Leiter der Skulpturensammlung.Man darf vermuten, daß er in den Anfangs-jahren der DDR entsorgt wurde, wie auchder damalige Name der Brücke. 1951 jeden-falls wurde aus der Kurfürstenbrücke, wiedie Lange Brücke jetzt hieß, die heutige Rat-hausbrücke, benannt nach einen Rathaus fürdas gemeinsame Ratskollegium für Berlinund Colin, das in der Nähe einmal stand.

Etwa zur selben Zeit, als man im Ostenden Namen des Großen Kurfürsten entsorg-te und das alte Stadtschloß gleich mit, räson-nierte man im Westen darüber, wo AndreasSchlüters Meisterwerk denn nun hin sollte.Anfang 1950 hatte man das Standbild ausdem Schlick des Tegeler Hafens geborgen,nebst der zu seinen Füßen ruhenden, vonSchlüter nur entworfenen vier Sklaven. Wieviele andere Kunstwerke war der Große Kur-fürst im Krieg ausgelagert worden, nach Ket-zin an der Havel. Über den Fluß sollte er im

Gipsabguß aufstellen, gülden gestrichen, ge-gen Regen durch ein Holzdach geschützt.

Knapp 300 Jahre später sind die Kassen inBerlin wieder leer, doch ist der Zustand sodramatisch offenbar nicht. Jedenfalls scheintfür Überlegungen, den Großen Kurfürstenerneut umziehen zu lassen, immer noch ge-nug Kleingeld da zu sein. Im Zusammen-hang mit einem notwendigen Neubau derRathausbrücke, Nachfolgerin der LangenBrücke, tauchte die Idee auf. den seit 1952durch den Hof des Schlosses Charlottenburgreitenden Barockfürsten an seinen altenPlatz umzusiedeln. Vorangetrieben wird sie,wie im größeren Teil der gestrigen Ausgabegemeldet, in der Verwaltung des Senators

Januar 1946 zurückkehren, die dafür ge-wählte Prahm hatte man offensichtlich zuklein bemessen. Als der Schleppzug denBorsig-Hafen des Tegeler Sees schon er-reicht hatte, riß eine Trosse, die Prahm triebab und sank, zum Glück in Ufernähe. Dienächsten Jahre konnten sich daher allein dieBorsig-Arbeiter am Großen Kurfürsten er-freuen. „Meist kiekt nur ein Kopp aus demWasser", zitierte Ende 1949 ein Reporter des„Tages" die dortigen Kunstfreunde. Bei sei-nem eigenen Besuch allerdings führte dieHavel wenig Wasser, und er identifizierteeinen Pferdekopf, den Kopf eines Mannes,dazu „eine kraftvoll erhobene Hand, dasZeoter fest umklammernd". Das unfreiwilli-

ge Bad hat dem Großen Kurfürsten nichtweiter geschadet. In der Friedenauer Bild-gießerei Noack wurde er trockengelegt undaufpoliert, 1952 fand er seinen neuen Platzvor dem Schloß Charlottenburg.

Sollte er nun erneut umziehen, so wäredas gewiß Anlaß zu einem Fest, was immer-hin für den Strieder-Plan spricht. Mit so ei-ner Volksbelustigung war schon im Oktober1700 der Guß der Skulptur begangen wor-den. Der Hof war anwesend, als Höhepunktkletterten sechs Gießgesellen durch ein aufdem Rücken freigelassenes Loch in den Leibdes Rosses, ließen die Weingläser klingen,brannten gar Feuerwerkskörper ab. Das gin-ge heute wohl nicht mehr.

D ie Staatskassen waren leer, schon da-mals in Berlin nicht ungewöhnlich.Eine Krönung kostet halt, das Volk

sollte sich man nicht so haben. Aus FriedrichIII., Kurfürst von Brandenburg, war FriedrichI., König in Preußen, geworden, nur für sei-nen Vater Friedrich Wilhelm, den seligenGroßen Kurfürsten, blieb nicht genug übrig.Immerhin war das vom Hofbildhauer An-dreas Schlüter geschaffene Reiterstandbildfertig gegossen, mochten die letzten Ziselie-rung eben warten. Fürs erste konnte mandem Volk auf der Langen Brücke ja einen

Besucher der Zitadelle Spandau kennensie schon - „Mathilde", die Vorzeige-Fleder-maus der alten Festung. Am kommendenSonnabend kann sie auch derjenige kennen-lernen, der bis jetzt noch nicht den Wegnach Spandau gefunden hat: Mathilde ziehtnach Kreuzberg - allerdings nur für 24 Stun-den. Grund dafür ist die 1. Europäische

weiß zum Beispiel keiner, wieviele Flatter-tiere die Stadt bevölkern - einzig die Zahlder Wintergäste in der Spandauer Zitadelleist bekannt: Etwa 10.000 Tiere nehmen dortjährlich Quartier. Deswegen, und wegen derzahlreichen Berliner Aktivitäten für die Er-haltung derTiere, darf sich Berlin auch Euro-pas „Hauptstadt der Fledermäuse" nennen.Das stellte Eric Blencowe, Exekutivsekretärvon Eurobats auf der Pressekonferenz im

Hause der Senats-verwaltung fürStadtentwicklung,Umweltschutz undTechnologie fest.Dort wurde gesterndas Festprogrammvorgestellt: Fle-dermausführungenund -fütterungen,ein Erlebniszelt mitdreidimensionalenDias und ein „Wielebe ich als Fleder-

Ihren Nachwuchs präsentiert derzeit eineKronenkranich-Familie im Zoo: Auf der gro-ßen Stelzvogelwiese zwischen Tiger-freianlage und Robbenfelsen sind die Elternder afrikanischen Vogelart mit ihren zweiJungen zu bewundern. Die Zucht vonKronenkranichen gelingt dem Zoo nach ei-genen Angaben seit 1976.

Einer der damals geborenen und per Handaufgezogenen Kronenkraniche ist der Vaterdes diesjährigen Nachwuchses. Er achtetedarauf, daß die Nebelkrähen keine Mög-lichkeiten fanden, das Gelege oder diebeim Schlupf sehr kleinen Jungen zu rauben.

ADN

Ein fünfjähriges Mädchen wurde gesternals 35millionste Besucherin des Fernseh-turms am Alexanderplatz beschenkt: LuisaWeidemann aus Leinefelde in Thüringenwar zum ersten Mal in Berlin und wollte mitihren Großeltern aus 205 Metern Höhe überdie Stadt schauen. Geschäftsführer HartmutWellner überreichte dem Jubiläumsgasteinen- Plüschteddy, eine Gedenkmedailleund eine kostenlose Runde bei Kaffee undKuchen im TV-Restaurant. Die Telekom, derder im Oktober 1969 eröffnete Turm (dernach der Montage einer neuen Antennenan-lage jetzt 368 Meter hoch ist) gehört, spen-dierte ein Handy. Tsp

„Zwischen Bigos und Beton": In Hohen-schönhausen steht das östliche NachbarlandPolen bei den „Tagen der polnischen Kultur"im Mittelpunkt einer Veranstaltungsreihemit Lesungen, Konzerten, Diskussionsveran-staltungen und einer Austeilung. In ganzBerlin bilden polnische Bürger eine derstärksten ausländischen Bevölkerungsgrup-pen.

Den Auftakt der Veranstaltungsreihemacht eine Ausstellungseröffnung morgenim „Studio im Hochhaus" in der ZingsterStraße 25. Gezeigt werden Graphiken undZeichnungen von Bozena Fortuna-Skibinska,Wieslaw Skibinski und Krysztof Jarzebinski.Die drei Künstler sind Absolventen der Kra-kauer Akademie der Schönen Künste. DieAusstellung ist bis zum 6. November zu se-hen. Die Öffnungszeiten sind Montag bisMittwoch von 14 bis 18 Uhr, Donnerstagvon 14 bis 19 Uhr und Sonntag von 15 bis 18Uhr.

Moderner polnischer Jazz mit der Gruppe„Loskot" wird am 20. September um 19.30Uhr in der evangelischen Kirchengemeinde

Hohenschönhausen Nord Am Berl 17 gebo-ten. Die deutsch-jüdische Dichterin GertrudKolmar steht am 22. September um 20 Uhrim Mittelpunkt eines Lese- und Filmabendsim „Studio im Hochhaus in der Zingster Stra-ße 25. Iwona Mickiewicz und Sigrid Moserlesen unter dem Titel „Aus dem Dunkelkomme ich, eine Frau" aus „Welten" vonGertrud Kolmar, die von der deutsch-polni-schen Literaturzeitschrift „WIR" herausge-geben wurde. Dazu werden Filmausschnittevon Sylvester Kiona gezeigt.

Über die aktuelle Situation von Frauen inPolen wird am 24. September um 18 Uhr imFrauenzentrum am Mühlengrund in derWartenberger Straße 102 diskutiert. Die„Bürgerinitiative ausländische Mitbürger"veranstaltet am 25. September um 19.30Uhr in Raum 500 von Haus F in der Gehren-seestraße 6 ein Gespräch über die Situationpolnischer Migranten in Berlin.

Weitere Auskünfte über die „Tage der pol-nischen Kultur" erteilt Bärbel Olhagaray, dieAusländerbeauftragte von Hohenschönhau-sen, unter der Rufnummer 98 20 64 00. emv

FLUSSFAHRT MIT FÜRST: die Bergung von Andreas Schlüters Standbild des Großen Kurfür-sten aus dem Tegeler See, Anfang 1950. Foto: Archiv

für Stadtentwicklung, Peter Strieder. In derBehörde Bausenator Jürgen Kiemanns rea-giert man hingegen skeptisch, verweist dar-auf, daß der gegenwärtige Brückentyp mitMittelpfeiler und einer Art Balkon für denGroßen Kurfürsten wegen der modernenEuropaschiffe und ihrer Anforderungen andie Wasserverkehrsstraßen nicht mehrmöglich sei. Für den Neubau soll es einenWettbewerb geben, immerhin denkt mandarüber nach, ob eine mögliche Postierungdes Denkmals Teil des Wettbewerbs werdensoll. Eine Entscheidung falle in den nächstenTagen. Vorsorglich hat das Strieder-Amt alsVariante einen Platz vor dem Marstall insGespräch gebracht.

Dem Wunsch nach historischer Authenti-zität, nach Rückbau der Stadt, hinein in eineals Vorbild empfundene Vergangenheit,wird man demnach, so oder so, nur bedingtnachkommen können. Und selbst wenn sichein halbwegs ähnliches Plätzchen wie dasursprüngliche fände, so wäre doch dasDenkmal nie dasselbe, das 1703 aufgestelltwurde - es sei denn, man wollte auch denBestand der Skulpturensammlung angreifenund dem Großen Kurfürsten im Bodemu-seum seinen Sockel entziehen.

Schon einmal spielte das Standbild eineRolle in städtebaulichen Planungen. Endedes 17. Jahrhunderts war die hölzerne LangeBrücke durch einen Steinbau, den erstenderartigen Brückenbau Berlins, ersetzt wor-den,, der zwei Jahrhunderte später schon

Mathilde kommt nach KreuzbergFür 24 Stunden im Mittelpunkt des Fledermaus-Festes

den Besuchern dasLeben der Flug-künstler näher brin-gen.

Einsam fühlenwird sich Mathildedort sicher nicht:abgesehen von denerwarteten Besu-chern leben auf demKreuzberg immer-hin schon einigeHundert der DOS- maus?"-Programm

für Kinder: Das sind nur einige der Höhe-punkte des Festes, das gegen 14 Uhr beginntund bei dem auch Umweltministerin AngelaMerkel anwesend sein wird. Schade nur, daßdie Resonanz aus dem Ausland so gering ist:Außer Deutschland, das allein von Berlinvertreten wird, beteiligen sich nur Frank-reich, Großbritannien, Polen und die Ukrai-ne. KATHARINA VOSS

sierlichen Flattertiere. Das wissen allerdingsnur wenige Berliner. Und weil das Wissenüber die vom Aussterben bedrohten Säuge-tiere europaweit kaum verbreitet ist, ergriffdas europäische Büro zum Schutz der Fle-dermäuse (Eurobats) die Initiative für eineuropaweites Fledermausfest. Von der Akti-on erhofft sich Eurobats auch neue Hinweiseauf noch unbekannte Lebensorte. In Berlin

Östliches im Blickpunkt„Tage der polnischen Kultur" mit zahlreichen Veranstaltungen

Nachwuchs bei denKronenkranichen

Zwei Junge im Zoo

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Die Zukunft des Großen Kurfürsten wirdmöglicherweise ein Wettbewerb klären

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