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Diethelm Weber Das ist die Höhe! Bayerisches Landesvermessungsamt München

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Diethelm Weber

Das ist die Höhe!

Bayerisches Landesvermessungsamt München

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Höhenmessungendes Bayerischen Landesvermessungsamts

Sonderdruckaus der

Festschrift zum 200-jährigen Bestehen

der

Bayerischen Vermessungsverwaltung

Juni 2001

Bayerisches Landesvermessungsamt München

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Die Festschrift mit 38 Beitragen zum Vermessungswesen in Bayern ist erhältlich beim Bayerischen Landesvermessungsamt

ISBN 3-935612-01-X

Bayerisches Landesvermessungsamt

AlexandrastraBe 480538 MUünchen

E-Mail: [email protected] http://www.bayern.de/vermessung

Gruppe „Nivellement und Schweremessung“Telefon: (089) 2129 -12 09Fax: (089) 2129 -1210

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oder einer „Parallelfläche“ hierzu. Diese(global betrachtet) kartoffelähnlich aus-sehenden Flächen sind im physikalischenSinn Flächen gleichen Schwerepotentialsoder (vereinfachend) Flächen gleicherpotentieller Energie. Die Höhen werdenals natürliche Höhen oder Meereshöhenbezeichnet.

Was ist ein Höhensystem?

Höhen über einer physikalischen Bezugs-fläche lassen sich nicht direkt messen,lediglich Höhenunterschiede zwischenPunkten sind messbar. Deshalb benötigtman am Beginn von Höhenmessungeneinen Ausgangs- oder Nullpunkt. Der weitere Verlauf einer Höhenbezugsflächeunter dem Festland muss vermessungs-technisch definiert und durch Höhenan-gaben für Punkte an der Erdoberflächerealisiert werden, was man als Festle-gung eines Höhensystems bezeichnet.Bestandteile eines physikalischen Höhen-systems sind somit:

– ein Nullpunkt (meist Pegelpunkt)– konkrete Nivellements und (bei großen

und genauen Arbeiten zusätzlich)Schweremessungen

– eine Rechenvorschrift (Höhendefiniti-on), nach der die Höhen zu berechnensind

– Festpunkte als dauerhafte Realisierungdes Höhensystems in dem betreffen-den Gebiet (nach deren Einmessungwird der Nullpunkt bedeutungslos)

Was bedeutet Normalnull (NN)?

Normalnull (NN) ist die Bezeichnung füreine physikalische Höhenbezugsfläche,die jedoch (ohne zusätzliche Angabe ei-nes Höhensystems) in ihrer Höhenlagenur auf einige Dezimeter definiert ist.

Die Gruppe Nivellement und Schwere-messung des Bayerischen Landesver-messungsamts (BLVA) erhält häufigAnfragen zu Grundbegriffen der Höhen-messung. Im Folgenden wird daher ver-sucht, einige öfter wiederkehrende Fra-gen ohne Formeln oder Fachausdrücke zu klären.

Was sind Höhen?

Unter der Höhe eines Vermessungspunk-tes versteht man seinen Abstand von ei-ner (grundsätzlich) frei wählbaren Höhen-bezugsfläche. Zwei grundlegend verschie-dene Arten von Höhenbezugsflächen sindvon Bedeutung:

– Erdellipsoide (Rotationsellipsoide), alsmathematisch/geometrisch definierteBezugsflächen

– unter dem Festland fortgesetzt gedach-te mittlere Meeresspiegel, als physika-lisch definierte Bezugsflächen

Nur Höhen, die sich auf physikalische Be-zugsflächen beziehen, entsprechen dennatürlichen Vorstellungen von höher odergleich hoch. Jede in Ruhe befindliche Ge-wässeroberfläche entspricht exakt einemAusschnitt einer derartigen Bezugsfläche

Das ist die Höhe!

VON DIETHELM WEBER, MÜNCHEN

a = 6378,137 km

b =

635

6,75

2 km

Erdoberfläche

Undulation(max. 110 m)

mittl. Erdellipsoid“GRS 80”

„Geoid”mittl. weltweiterMeeresspiegel

Natürliche Höhen haben als Bezugsfläche das Geoid oder eine„Parallelfläche“ hierzu; ein Rotationsellipsoid ist die Bezugsflächefür ellipsoidische Höhen. Undulationen sind die ortsabhängigenAbstände zwischen zwei verschiedenen Bezugsflächen.

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dert vorlagen, was keine Küstenstadt inDeutschland vorweisen konnte.Der Nullpunkt des Pegels Amsterdam be-fand sich am Ende des 17. Jahrhunderts inHöhe des mittleren Tidehochwassers, dasdamals 17 cm über dem mittleren Wasser-stand lag. Diese Hochwassermarkierungwar an mehreren Schleusen Amsterdamsangebracht, um sie bei Tidehochwasser zuschließen und durch Öffnung bei Niedrig-wasser optimalen Fäkalienabfluss zu errei-chen. Der niederländische „MeetkundigeDienst“ hat ermittelt, dass der heutigemittlere Meeresspiegel an der niederländi-schen Nordseeküste ziemlich genau derHöhe des Pegelnullpunktes vor etwa dreiJahrhunderten entspricht [1]. Diese relati-ve Höhenänderung kann durch eine Was-serspiegelhebung (um ca.17cm) oder eineKüstensenkung verursacht sein.

Was ist ein Geoid?

Bisweilen werden auch die Begriffe „Hö-hen über dem Geoid“ bzw. „Quasigeoid“benutzt. Beide sind wissenschaftlich-theoretische Bezeichnungen für den mitt-

Der Begriff Normalnull wurde nämlich inmehreren Höhensystemen verwendet, inBayern im so genannten Vorläufigen Sys-tem und im Deutschen Haupthöhennetz1912 (DHHN 12), das früher als NeuesSystem bezeichnet wurde .

Die zu den erwähnten Systemen gehören-den Höhenbezugsflächen „Normalnull“verlaufen zwar alle durch den „Normal-nullpunkt“ in Berlin, jedoch in einiger Ent-fernung von Berlin weichen sie deutlichvoneinander ab. Der Normalnullpunkt istein fiktiver Punkt, der im Jahre 1879 zu37,000 m unterhalb des (an der Stern-warte in Berlin) markierten „Normal-höhenpunktes“ definiert wurde. Diegesetzlich festgelegte Höhe des Normal-höhenpunktes von „37,000 m über NN“entsprach dem kurz zuvor durch Nivelle-ment ermittelten Höhenunterschied zumNullpunkt des Amsterdamer Pegels.Amsterdam (das damals noch nicht durchLandgewinnungsmaßnahmen von derNordsee abgeschnitten war) wurdegewählt, da dort regelmäßige Wasser-standsmessungen seit dem 17. Jahrhun-

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Höhenfestpunkte (für künftige Höhenmessungen)

Normalnullpunkt

Normal-höhenpunkt

BerlinPegel-

NullpunktAmsterdam

37,000 m

mittleres Erdellipsoid (GRS 80 � WGS 84)

ellip

soid

isch

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he

Undu

latio

nca

. 47

m

Höheüber

Normalnull im Vorläufigen SystemNormalnull im ((Neuen)) System des DHHN 12Normalhöhennull im System des DHHN 92Quasigeoid durch den Pegel AmsterdamGeoid durch den Pegel Amsterdam

Bandbreite0,5 m

B a y e r n

Die Höhenbezugsfläche „Normalnull“ (NN) ist ohne zusätzliche Angabe eines Höhensystems nur auf einige Dezimeter genau definiert.

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lassen sich seit der Inbetriebnahme vonGPS-Satelliten bestimmen. Eine einmali-ge Messung über eine Entfernung voneinem Kilometer dauert nur wenige Mi-nuten und liefert Werte, die eine Genau-igkeit von etwa einem halben Dezimeterhaben. Mit Hilfe von Undulationen, dieexakt zu dem verwendeten Ellipsoid undder physikalischen Höhenbezugsflächepassen müssen, lassen sich ellipsoidi-sche Höhen in Meereshöhen umrechnen.

Genaue natürliche Höhen werden grund-sätzlich durch Nivellement bestimmt. Das Nivellementverfahren kann man sichvorstellen als fortgesetztes Anlegen einerca. 100 m langen Wasserwaage an dieErdoberfläche.

Ein einfach gemessenes Nivellement voneinem Kilometer Länge dauert wenigerals eine Stunde und liefert Werte, dieetwa Millimeter-Genauigkeit aufweisen.Da das Landesvermessungsamt entlangvon Nivellementlinien durchschnittlichalle 300 Meter einen Höhenfestpunktfestlegt, entstehen entlang eines Mess-

leren weltweiten Meeresspiegel und sei-ne (etwas unterschiedlich berechneten)Fortsetzungen unter dem Festland. BeimGeoid (Fläche gleicher potentieller Ener-gie) wird dabei die orthometrische Hö-hendefinition und beim Quasigeoid dieNormalhöhendefinition nach Molodenskiverwendet (Differenz innerhalb Deutsch-lands maximal 0,3 m; zu Höhendefinitio-nen siehe z.B. [2]).

Der mittlere globale Wasserspiegel lässtsich jedoch nicht einmal mit Meter-Ge-nauigkeit feststellen. Wenn bisweilen voneinem Geoid gesprochen wird, das durcheinen bestimmten Pegelpunkt verläuft, so ist hierunter lediglich eine „Parallel-fläche“ zum globalen Geoid zu verstehen.Pikanterweise sind jedoch die Flächengleicher potentieller Energie der Erdenicht exakt parallel zueinander.

Wie kann man Höhen messen?

Höhen über einem Erdellipsoid (genauer:Höhenunterschiede zwischen Punkten)

7

��

��

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3 m

2 m

1 m

0

Nivellierlatte(Maßstab)

Nivellement

Pegel

ca. 100 m

Höhenfestpunkte

Photogrammetrie

Höhenbezugsfläche

Trigo

nometr

ische

Höhen

messun

g

ca. 3 km

Satellitenmessung (GPS) Ellipsoidische Höhen

ca. 20 000 km

Beispiele für verschiedene Verfahren der Höhenmessung. Durch Nivellement werden Höhenfestpunkte für nachfolgendeVermessungen bestimmt.

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Welche Höhensysteme existieren inBayern?

Nicht nur eine neue Nullpunkt-Festle-gung oder eine geänderte Höhendefiniti-on bewirken ein neues Höhensystem,sondern auch jede völlige Neumessungeines grundlegenden Höhennetzes. InBayern entstanden in den letzten 150Jahren aus verschiedenen Gründen be-reits mehrere Höhensysteme.

weges jeweils viele Anschlusspunkte fürnachfolgende Höhenmessungen.

Eine Reihe weiterer Höhenmessverfahrenwird eingesetzt, um z. B. Höhenlinienpläneoder digitale Geländemodelle rationellherstellen zu können. Da hierbei durchNivellement geschaffene Ausgangshöhenverwendet werden, sind die neu ermittel-ten Höhen automatisch wiederum Meeres-höhen im System der Anschlusspunkte.

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Beispiel fürhistorische Systeme

VorläufigesSystem

DHHN 12(Neues System)

System desDHHN 92

Nullpunkt(Niveau)

Höhendefinition(Rechenvorschrift)

GrundlegendeHöhenmessungen

NachgeordneteHöhenmessungen

Verwendungszeit-raum in der LV

Höhendifferenzzum DHHN 92

NivP 283/7835Dom München

Höhen übereinem Ellipsoid

Adria-PegelVenedig

519 m

nicht streng definiert

0 bis - 2 m

1991 (DREF)GPS (AdV)

22 Punkte in BY

1850 - 1890

trigonometrischund barometrisch;

Topogr. Bureau,nicht systematisch

aufgebaut

Normalnullpunkt Berlin (NN)(vom Pegel Amsterdam übertragen)

518,122(Messjahr 1909)

518,226(Messjahr 1953)

563,8

normalorthometrische Höhen(mit theoretischen Schwerewerten)

- 10 bis + 15 cm

Nivellement der Eisenbahn,Hydrotechn. Büro u.a.

1880 - 1970

0 bis - 10 cm - 44 bis - 50 m

Nivellement 1868-1890Bayerische

Erdmessungskommission3600 km; 2460 Festp.

1948-1956Nivellement BLVA

4600 km; 14400 Festp.

Pegel AmsterdamNormalhöhennull (NHN)

1955 - 2005

Nivellement 2.-4. Ord.BLVA

Nivellement 2. u. 3. Ord.BLVA

1980-1985Nivellement BLVA

5000 km; 17000 Festp.

Normalhöhen(gemessene Schwerewerte)

518,160 m (Messj. 1981)(nach 2 cm Senkung)

-

ab 2002

gesamte Ellipsoid-oberfläche

Ellipsoidabstände(GRS 80/ETRS 89)

seit 1991

GPSBLVA

Von der Landesvermessung (LV) in Bayern (ohne ehemaligen Landesteil Pfalz) verwendete Höhensysteme

natürliche Höhen„Meereshöhen“

Messverfahren

Messprinzip

Genauigkeitüber 1 km

hauptsächlicheVerwendung

für

Verwendungs-zeit in Bayern

Zuständigkeitim BLVA

Höhen übereinem Ellipsoid

„Mischhöhen“zur Interpolation zwischen Ausgangspunkten geeignet

Nivellement(und Schwere

messung)

Nivellement undSchwere (II 2)

„fortgesetzte100 m lange

Wasserwaage“

Präzisionsniv.1 mm

je nach Messdauer0,5 bis 5 cm

seit 1865

Schaffung vonAusgangspunkten;Wasserwirtschaft,Stadthöhennetze

TrigonometrischeHöhenmessung

Lagefestpunkt-feld (II 1)

Höhenwinkel-und (ggf. indirekte)Streckenmessung

bei günstiger Verteilung der Ausgangspunkte5 cm 30 cm 2 m 20 cm 30 cm

seit 1850

Lagefestpunktez.B. auf

Berggipfeln

Tachymetrie

Topographie(II 3)

seit 1866

topograph.Geländeauf-

nahme,Höhenlinien

Messung vonLuftdruck-

unterschieden

Barometer(Hypsometer-)

messung

Laser-(Radar-)scanning

-

1850 - 1893

topographischeEinzelpunkte

WinkelmessungFlugzeug - Boden

Streckenund

Photo-grammetrie

Photogrammetrie undFernerkundung (II 4)

seit 1959 seit 1996

Höhenlinien,Digitales

Geländemodell,Digitales Höhenmodell

Satelliten-vermessung

„GPS“

Messung derStrecken zu denSatelliten sowie

die zeitl. Änderung

Lagefestpunktfeld(II 1)

seit 1991

kombiniert mitUndulationen:

Höhen geringererGenauigkeit

Die wichtigsten Messverfahren zur Bestimmung von Höhen

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neuerten deshalb in den Jahren 1980 bis1985 gleichzeitig ihr gesamtes Nivelle-mentnetz 1. Ordnung. Noch während derVorbereitungen für ein neues Höhensy-stem in Bayern ergab sich durch die Wie-dervereinigung Deutschlands folgendenicht auf Dauer hinnehmbare Situation:

– in der Bundesrepublik DeutschlandPegel Amsterdam und normalorthome-trische Höhendefinition

– in der ehemaligen DDR Pegel Kronstadtbei St. Petersburg mit einem ca. 15 cmhöher als in Amsterdam liegenden mitt-leren Meeresspiegel und die „Normal-höhen“-Definition (bezeichnet als „Hö-hen über Höhennull“)

Die deutschen Länder vereinbarten indem bundesweiten Arbeitskreis „Höhen-und Schwerefestpunktfeld“ noch im Jahre1990, die beiden nicht zusammenhän-genden Nivellementnetze der BRD undder DDR zu verbinden und in allen Län-dern ein neues gesamtdeutsches Höhen-system einzuführen. In den folgendenJahren wurde beschlossen:

– Das gesamtdeutsche Nivellementnetzerhält die Bezeichnung „DeutschesHaupthöhennetz 1992 (DHHN 92)“; dieJahreszahl entspricht der Fertigstellungder Verbindungsmessungen.

– Die Berechnung der neuen Höhen er-folgt nach der Definition von Normal-höhen, bei der gemessene Schwere-werte verwendet werden.

– Als einziger Anschlusspunkt für dasneue Haupthöhennetz dient der Fest-punkt Wallenhorst (bei Osnabrück), derals Knotenpunkt des „EuropäischenNivellementnetzes 1986“ optimal anden Pegelnullpunkt Amsterdam ange-schlossen ist.

– Die Höhenbezugsfläche des DHHN 92-Systems wird als „Normalhöhennull“(NHN) bezeichnet.

Innerhalb jedes grundlegenden Höhen-netzes (1. Ordnung) werden in der Regelsystematisch weitere Nivellements durchgeführt (Höhennetze niederer Ord-nungen). Die kleinsten Schleifendurch-messer in Nivellementnetzen betragenheute zehn Kilometer (3. Ordnung). Innerhalb dieser Schleifen lassen sich beiBedarf Höhen mit einer Genauigkeit vonmehreren Zentimetern mittels GPS (undUndulationen) wirtschaftlich bestimmen.

Was ist das Deutsche Haupthöhen-netz 1992 (DHHN 92)?

Die Einführung eines neuen Höhensy-stems war in den Ländern der alten Bun-desrepublik seit Ende der siebziger Jahregeplant. Wegen der umfangreichenPunktzerstörungen der Kriegs- und Nach-kriegszeit sowie der angewandten inho-mogenen Berechnungsmethode war daszwischen 1912 und 1956 entstandeneDHHN 12 in den meisten Bundesländernvöllig unzureichend. Die alten Länder er-

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Der Aufbau von Nivellementnetzen erfolgt stufenweise in drei Ord-nungen (violett 1. Ordnung, rot 2. Ordnung, blau 3. Ordnung). Ent-lang der Messungslinien vermarkt das LandesvermessungsamtHöhenfestpunkte im Abstand von durchschnittlich 300 m. BeiBerechnung einer niederen Ordnung (z. B. 3. Ordnung) werden dieHöhenwerte der höheren Ordnungen (1. und 2. Ordnung) als Aus-gangshöhen verwendet.

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Höhen bereit halten und auf Wunschbekannt geben.

Die Systemumstellung vom DHHN 12 aufdas DHHN 92 kann bei höhenstabilenPunkten in Bayern Höhenwertänderungenbis –10 cm bewirken. Das Landesvermes-sungsamt wird die Änderungsbeträge ver-öffentlichen. Zwischenzeitliche Punktsen-

kungen oder –hebun-gen können jedoch

noch größereAbweichungen

verursachen.

Die Nutzervon ge-nauenHöhen

der Fest-punkte

müssen wiebisher exaktauf das ver-

wendeteHöhensystem

achten unddürfen in

einem Pro-jekt jeweilsnur Höhen

in einemeinzigen

System ver-wenden. Schwerereduktionen brauchennur bei größeren Projekten an den rohenNivellementergebnissen angebracht zuwerden: Bei zweiseitigem Anschluss anHöhenfestpunkte und geforderter 3-mm-Genauigkeit darf der Abstand der An-schlusspunkte in einem flachen Mess-gebiet (mit einer Freiluft-Schwereano-malie < 25 mgal) bis zu zehn Kilometer, in bergigem Gebiet bis ca. vier Kilometerbetragen (bei anderen Höhendefinitionenwären die Abstände teilweise wesentlichgeringer).

Mit dem DHHN 92 liegt zum ersten Malein in ganz Deutschland einheitliches und homogenes Höhensystem vor. Da eseine moderne Höhendefinition besitzt,entspricht es internationalen Richtlinienund lässt sich besser als bisher mitHöhensystemen der Nachbarländer ver-binden. Als Nachweis für die hervorra-gende Genauigkeit des DHHN92 sei erwähnt: Der durch-schnittliche Schleifenwider-spruch beträgt bei einem mitt-leren Schleifenumfangvon 200 km nur 10mm (Kleinschlei-fen nicht mitge-zählt)! Im übri-gen hat dasBLVA ausführ-liche Doku-mentationenzu denWieder-holungs-nivelle-ments 1980—1985 und zumDHHN 92 her-ausgegeben.

Was ändert sich durch die Einführungdes DHHN 92?

Die deutschen Länder haben beschlos-sen, Höhen von Festpunkten ab dem Jah-re 2002 im Regelfall im System desDHHN 92 bekannt zu geben. Das BLVAwird zusätzlich noch viele Jahre DHHN12-

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Das Deutsche Haupthöhennetz1992 (DHHN 92) bildet dieGrundlage für ein homogenesgesamtdeutsches Höhensystem(Höhen über „Normalhöhennull“[NHN]). An Höhenangaben vonNachbarländern ist der angegebeneReduktionsbetrag anzubringen, um(genäherte) Höhen im System desDHHN 92 zu erhalten.

NL

DK

L

B

F

CHA

CZ

PL

–32 cm

–50 cm

–34 cm

+1 cm

–230 cm

–1 cm

–2 cm

+14 cm

+13 cm

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verständlich an jedem Ort vorhandensein muss, ist ein genaues und homoge-nes Höhennetz landesweit, möglichstsogar grenzüberschreitend, erforderlich.

Eine Folge ungenauer Höhen wäre für ei-nen Nutzer, der mehrere Festpunkte an-misst und Spannungen zwischen seineneigenen Messergebnissen und den amt-lichen Höhenwerten feststellt, dass erimmer mehr Festpunkte anmessen müss-te. Jeder nach ihm kommende Nutzermüsste außerdem die gleichen Messun-gen nochmals ausführen. Höhenfest-punkte sollen also nicht nur genau sein,sondern zu Kontrollzwecken auch ingrößerer Anzahl vorliegen.

Bewegt sich die Erdoberfläche in Bayern?

Wird die Messung einer Nivellementlinienach einiger Zeit wiederholt, lassen sichzwischenzeitliche Höhenänderungen derFestpunkte aufzeigen. Dabei sind zu un-terscheiden:

– Großräumige ErdkrustenbewegungenEin Beispiel ist die Hebung der (aktiv inFaltung begriffenen) Alpen gegenüberälteren Gebirgen wie dem Bayerischen

Die Kontrolle jedes Ausgangspunktesdurch Anmessen mindestens eines weite-ren stabil erscheinenden Festpunktes isteine Selbstverständlichkeit, und ihreUnterlassung wäre gegebenenfalls alsgrobe Fahrlässigkeit zu werten. Bei neuberechneten Höhen soll nie die Angabedes Höhensystems vergessen werden.

Müssen Höhen so genau sein?

In der vermessungstechnischen Praxis istlediglich die relative Höhengenauigkeitder Festpunkte im Umfeld eines Projekts

von Bedeutung. So wird z. B. für eineKanalisationsleitung von zehn KilometerLänge eine gegenseitige Passfähigkeitder Anschlusshöhen von wenigen Zenti-metern über die Leitungslänge erwartet.Außerdem sollen zur Kontrolle der An-schlusspunkte an den Leitungsenden dieHöhen der jeweils nächstgelegenen Fest-punkte eine Nachbarschaftsgenauigkeitvon einigen Millimetern besitzen. Da einegute Nachbarschaftsgenauigkeit selbst-

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Nivellierlatte in Messstellung auf einem Höhenfestpunkt. DieMillimeter-Teilung der Latte ist in einem digitalen Code ver-schlüsselt und befindet sich auf einem Lattenteil, der keinethermische Ausdehnung erfährt.

0

-10

-20

-30

-50

-40

mm Senkung

0 10 20 30 40 50 kmMessweg

1. Messung 19532. Messung 1981

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Vergleichsdiagramm zur Darstellung der Senkung repräsentativerHöhenfestpunkte in München gegenüber dem (als höhenstabilfestgestellten) Umland

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Ist nicht alles schon gemessen?

Ein landesweites Nivellementpunktfeldmit kleinstem Schleifendurchmesser vonzehn Kilometer Länge und homogenenHöhen (derzeit im System des DHHN 12,ab 2002 im DHHN 92) liegt weitgehendvor. Jedoch werden jährlich ein bis zweiProzent der Festpunkte zerstört oder un-brauchbar und nahezu der gleiche Pro-zentsatz verändert seine Höhe gegenübernahegelegenen stabilen Punkten ummehr als fünf Millimeter. Wenn nach eini-gen Jahrzehnten nur noch wenige Punkteeiner Messungslinie vorhanden oder an-messbar sind und viele von den verblei-benden eine falsche (veraltete) Höhenan-gabe besitzen, dann nützen die übrigenFestpunkte nicht mehr viel (ein Höhen-netz heißt dann „verfallen“). Dieser Ent-wicklung beugt das BLVA vor, indem esjeweils dort Erneuerungsmessungendurchführt, wo die vorausgehenden Mes-sungen mindestens 25 Jahre alt sind. Beidieser Verfahrensweise dürfte künftig niemehr ein neues Höhensystem erforder-lich werden.

Entlang der Messungslinien wird heutedichter vermarkt als früher, so dass der-zeit ein Bestand von110 000 Nivellement-punkten vorliegt. Das BLVA arbeitetimmer mit dem Ziel der gleichmäßigenVersorgung ganz Bayerns und nie im Auf-trag anderer Stellen (mit Ausnahme vonGutachten, z. B. über historische Höhen-angaben oder Höhenänderungen).Eine weitere Außendiensttätigkeit derGruppe Nivellement und Schweremes-

Wald oder dem Fränkischen Jura. Ausden bayerischen Nivellements geht,übereinstimmend mit österreichischen,schweizerischen, italienischen undfranzösischen Messungen, eine jährli-che Hebung von ca. 2 mm hervor. An-gesichts dieser Hebung sollte man also keine Kernkraftwerke in den Alpenbauen!

– Regionale HöhenänderungenDie Messungen zum DHHN 12 und zumDHHN 92 haben z. B. eine Senkung des Münchener Stadtgebiets von 2 bis4 cm gegenüber dem Umland aufge-zeigt. Hierfür dürften Grundwasserab-senkungen verantwortlich sein.Wesentlich größere Bewegungen lassensich beispielsweise über Gaslagerstät-ten oder in Hanglagen beobachten.Geologen sind an diesen Messergebnis-sen sehr interessiert.

– Lokale oder punktuelle Höhenänderun-genÄußerst häufig kommen Setzungen voneinzelnen Gebäuden oder Brückengegenüber benachbarten Bauwerkenbis zu vielen Millimetern pro Jahr vor.Der jeweilige Setzungsbetrag ist abhän-gig vom Alter des Bauwerks, vom Un-tergrund, von der Fundamentierung (z.B. Unterkellerung) und von der Bela-stung, die auf das Fundament wirkt (z.B. Schwerlastverkehr).

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12/99Aktualität Art Ord./Stab. Flurkarte Höhe StatusKNR SFP TK NivPMessjahr

B 1b 7835 437NO 1-1 305512.3211981 160

512.3661981 100

München

Prinzregentenstraße 1, Haus der Kunst, Westteil, Straßenseite, 1.42 m von Westkante0.50 m über Erde

Lagebeschreibung

Dateiausdruck für einen Höhenfestpunktdes Landesvermessungsamts (NivP), wieer künftig abgegeben wird. Status 100besagt: „Höhe im System des DHHN 12“;Status 160 bedeutet: "DHHN 92-Höhe".

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Punkt entspricht der dort herrschendenLotrichtung (Richtung eines ruhendenFadenpendels), die immer senkrecht zuden Flächen gleicher potentieller Energieverläuft.

Die Messung von Schwereunterschiedenerfolgt mittels sogenannter Gravimeter,die im Prinzip höchstgenaue Federwaa-gen darstellen. Mit ihnen lassen sichsogar Längenunterschiede der Messfe-dern von 10-8m messen, was dem Durch-messer von größeren Molekülen ent-spricht. Ein aus zwei Mitarbeitern beste-hender Schweremesstrupp kann etwadrei Neupunkte pro Tag erkunden, ver-messen und dokumentieren. Außer zurwiderspruchsfreien Berechnung vonNivellements werden Schwerewerte be-nötigt zur Berechnung von Undulationen(siehe weiter oben), in der Lagerstätten-forschung, für genaue Wägungen sowiezu verschiedenen Problemlösungen in derGeodäsie und der Geophysik [3].

Was leistete die Gruppe Nivellementund Schweremessung in den letzten25 Jahren?

– 42 000 km Doppelnivellement ausge-führt

– 36 000 neue Höhenfestpunkte ver-markt, berechnet und dokumentiert,etwa gleich viele als zerstört oder un-brauchbar registriert

– 10 000 Schwerefestpunkte seit 1978gemessen und berechnet

– 750 000 Höhen mit Lagebeschreibun-gen Behörden oder privaten Stellen mit-geteilt

– 320 000 Veränderungen von Punkt-daten registriert

– Isolinien der Undulationen in Bayernermittelt (Genauigkeit 5 cm)

– 38 Fachveröffentlichungen oder Vor-träge

sung ist die Schaffung von Schwerefest-punkten. Seit 1978 wurden 10 000 Punk-te eingemessen, etwa 1500 sind nocherforderlich.

Einen verhältnismäßig hohen Arbeitsauf-wand erfordern die sachgerechte Auswer-tung der Nivellements und Schweremes-sungen, der Vergleich mit früheren Mes-sungen, die Aktualisierung der vielenPunktdaten (insbesondere der textlichenLagebeschreibungen), die Laufendhaltungder Festpunkt-Übersichten, die Eingabeder Punktdaten in eine Datenbank (zurgeplanten Einstellung in das Internet), dieKontrolle aller Eingaben sowie die Abga-be von Daten und Übersichten an privateStellen und Behörden.

Was ist Schweremessung?

Unter Schwere versteht man den Betragder Erd- oder Fallbeschleunigung an derErdoberfläche. Diese ortsabhängige phy-sikalische Größe hängt außer von derHöhe und der geographischen Breiteganz wesentlich von der Beschaffenheit(Dichte) des Untergrundes und den Mas-sen der Berge in der Umgebung ab. DieRichtung der Fallbeschleunigung in einem

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Gravimeterablesung in Punkt NGravimeterablesung in Punkt A

Ausgangspunkt A

Gra

vim

eter

trans

port

Neupunkt N

Die Differenz der Messwerte am Gravimeter auf den Punkten Aund N ist proportional dem Schwereunterschied zwischen denbeiden Punkten.

Page 13: Diethelm Weber Das ist die Höhe! ist die Höhe.pdf · Normalnullpunkt Berlin (NN) (vom Pegel Amsterdam übertragen) 518,122 (Messjahr 1909) 518,226 (Messjahr 1953) 563,8 normalorthometrische

(Entwurf des Amtlichen FestpunktInformationssystems AFIS)

– Mitarbeit in diversen Ausschüssen, z.B.DIN und Rezente Erdkrustenbewegun-gen

– 13000 Stunden Ausbildungsunterricht– Fachliche Unterstützung bei 22 Disser-

tationen oder Diplomarbeiten– Starke Rationalisierung im Innen- und

Außendienst (z. B. Einführung von Digi-talnivellieren im Jahr 1991) bei einemPersonalabbau von über 30 %.

– Vorbereitung, Leitung und Protokollie-rung der Jahrestagungen des bundes-weiten Arbeitskreises „Höhenfestpunkt-feld und Schwerefestpunktfeld“ (bis zuseiner Auflösung 1996)

– Leitung einer Expertengruppe des län-derübergreifenden Arbeitskreises„Grundlagenvermessung“ seit 1998

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Nivellement-Trupp in oberbayerischer Landschaft, Tempera aufKarton von M. Kosar, 1990

Literatur

[1] Waalewijn, A.: Der Amsterdamer Pegel (NAP); ÖZfV, 1986, S. 264

[2] Weber, D.: Das gesamtdeutsche HaupthöhennetzDHHN 92; AVN 1994, S. 179

[3] Weber, D.: Die Schweremessungen der Landes-vermessung in Deutschland; ZfV 1998, S. 370