DIGIBAU PROJEKT BRIEF II 2020...PROJEKT BRIEF II 2020 DigiBAU Geleitwort 3 Sehr geehrte Leserinnen,...

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DLR Das Projekt „Digitales Bauberufliches Lernen und Arbeiten“ (FKZ01PA17010) wird im Rahmen des Programms Förderung von „Transfernetzwerken Digitales Lernen in der Beruflichen Bildung“ (DigiNet) gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Europäischen Sozialfonds. DIGIBAU PROJEKT BRIEF II 2020 DigiBAU www.digibau.eu

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DLR

Das Projekt „Digitales Bauberufliches Lernen und Arbeiten“ (FKZ01PA17010) wird im Rahmen des Programms Förderung von „Transfernetzwerken Digitales Lernen in der Beruflichen Bildung“ (DigiNet) gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Europäischen Sozialfonds.

DIGIBAU

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3Geleitwort

Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser!

Die Digitalisierung hat im Bauwesen in den vergangenen Jahren zu erheblichen Ver-änderungen geführt. Heute gestalten volldigitale Abbundmaschinen im Zimmereibe-trieb komplexe Fertigungsprozesse und das Building Information Modelling sorgt für effiziente Planung, Entwurf, Konstruktion und Verwaltung von Gebäuden und Infra-struktur. Vernetzte Lieferketten ermöglichen höhere Effizienz und 3D-Drucker bieten immer mehr Möglichkeiten in Handwerksbetrieben, z. B. im Alltag der Stuckateure – das alles bedeutet Veränderungen für die Planung, Fertigung oder die Betriebsfüh-rung von Bauunternehmen und Handwerksbetrieben.

Mit diesen digitalen Möglichkeiten sind zugleich neue organisatorische Herausfor-derungen an die jeweiligen Akteure vor Ort verbunden, an die Zusammenarbeit der einzelnen Gewerke untereinander wie auch die Zusammenarbeit der Gewerke mit den Planungsbüros oder der Bauleitung. Wie bekommen die einzelnen Gewerke die Daten von den Planungsbüros? Wie müssen Schnittstellen gestaltet und unterschied-lichste Abläufe in den verschiedenen Betrieben aufeinander abgestimmt werden?Das alles braucht gut geschulte Fachkräfte: Der Umgang mit digitaler Kommunikation und komplexen digitalen Werkzeugen oder Modellen muss gelehrt und gelernt wer-den. Diese mit dem digitalen Strukturwandel einhergehenden Entwicklungen stellen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen sowie Bildungseinrichtungen vor immense Herausforderungen. Das Projekt „Digitales Bauberufliches Lernen und Arbeiten (DigiBAU)“ leistet hier wertvolle Arbeit, denn es verknüpft die Bereiche Ler-nen, Lehren und Arbeiten für das Bauwesen.

Bei alldem wird auch deutlich: Die Digitalisierung wirkt im Bauwesen als Kulturwand-ler in der Aus- und Fortbildung. Die Berufsbilder in einzelnen Berufen ändern sich und die Gewinnung von Nachwuchskräften bekommt eine neue Dynamik. Welche Kompetenzen – und im Besonderen, welche digitalen Kompetenzen – benötigen die Fachkräfte von morgen? Wie kann es gelingen, neu Zugewanderte gut auszubilden und in die Berufe zu integrieren? Wie können Beratungs- und Schulungsangebote der überbetrieblichen Ausbildungszentren unterstützen? Und: Welche neuen Anforderun-gen kommen damit auf die Lernortkooperationen und Vernetzungen von Ausbil-dungsbetrieben, überbetrieblichen Ausbildungszentren und Berufsschulen zu?Der zweite Projektbrief des Projektes DigiBAU gibt spannende Einblicke in die viel-fältigen Veränderungen, Herausforderungen und Fortschritte. Ich wünsche allen Beteiligten weiterhin viel Erfolg, den Prozess der Digitalisierung im Bauwesen in den Bereichen Lernen, Lehren und Arbeiten gut vernetzt miteinander zu gestalten.

Rainer Schulz Staatsrat in der Behörde für Schule und Berufsbildung der Freien und Hansestadt Hamburg über Herausforderungen bei der Digitalisierung des Handwerks(Foto: Behörde für Schule und Berufsbildung)

Rainer Schulz

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54 Vorwort Vorwort

Es zeigt sich im Verlauf des Projektes immer mehr, dass die Digitalisierung in den Baufirmen und unseren über-betrieblichen Ausbildungsstätten nicht mehr aufzuhalten ist. Vor allen Dingen in den Lern- und Lehrumgebungen ist ein großes Experimentierfeld entstan-den, um mit einem deutlich größeren Werkzeugkasten an Lern- und Lehr-formen neue didaktische Methoden auszuprobieren.

Nichtsdestotrotz glauben auch wir, dass die Digitalisierung vor allen Dingen viele Möglichkeiten bietet, sich den Arbeitsall-tag zu erleichtern. Was wir nicht glauben, ist, dass die Digitalisierung den Handwer-ker ersetzt. Das zeigen nicht nur die vie-len Gespräche mit Baufirmen, Innungen und Verbänden, sondern das zeigt auch eine Umfrage, die eines unserer Partner-zentren mit hochschulischer Begleitung unter „ihren“ Baufirmen durchgeführt hat: Höchste Priorität hat für die Bau-

firmen der ganzheitlich ausgebildete Handwerker, der die Prozesse auf der Baustelle von Beginn an bis zum Schluss verstehen und beherrschen muss, um seine Werkstücke herzustellen. Nur dann wird er in der Lage sein, die sich ihm bie-tenden Möglichkeiten der Digitalisierung auch effektiv zu nutzen.

Es zeigt sich auch immer mehr, dass die Digitalisierung von Arbeitsprozessen und der Einsatz von Maschinen ein be-deutender Faktor bei der Nachwuchs-gewinnung sein kann. Das Handwerk modernisiert und wandelt sich und bietet jungen Leuten neue Karrierepers-pektiven.

Wir hoffen, dass unser Projektbrief Ihr Interesse findet und wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen!

Im Internet finden Sie uns unter www.digibau.eu.

LIEBE LESERIN,LIEBER LESER,

Prof. Franz Ferdinand MerschInstitut für Angewandte Bautechnik an der TU Hamburg

das erste Projektjahr von „DigiBAU - Digitales Bauberufliches Lernen und Arbeiten“ ist vergangen und wir freuen uns, Ihnen unseren zweiten Projektbrief präsentieren zu können.

DigiBAU ist als Verbundprojekt mit drei-zehn Projektpartnern aus ganz Deutsch-land und einer Laufzeit von 48 Monaten bis Anfang 2022 eines der großen Projek-te in der Förderlinie „Transfernetzwerke Digitales Lernen in der beruflichen Bil-dung (DigiNet)“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

Im letzten Projektbrief haben wir Ihnen unser Projekt und unsere Projektziele vorgestellt. In diesem möchten wir Ihnen zeigen, was wir tun und wie wir unsere Adressaten, die Baufirmen, ansprechen möchten. Wir widmen uns den Themen Nachwuchsgewinnung und Vorqualifizie-rung des Nachwuchses im Vorweg der Ausbildung. Wir möchten anhand mehre-rer Praxisbeispiele zeigen, wie wir glauben, dass die Lernorte Betrieb, überbetrieb-liche Ausbildungsstätte und Berufsschule thematisch effektiv miteinander verzahnt werden können. Wir möchten darüber hi-naus auch der immer drängenderen Frage nachgehen, wie sich unter dem Einfluss der Digitalisierung die Arbeitsprozesse in den Gewerken verändern und haben dafür das große Thema Building Information Modeling intensiv beleuchtet.

Torsten RendtelGeschäftsführer des Ausbildungs-zentrum-Bau in Hamburg GmbH

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6 7Aus dem ProjektalltagAus dem Projektalltag

DREI FRAGEN AN …

Dr. Stefan Krümmel, Projektleiter für DigiBAU im Institut für Angewandte Bautechnik an der Technischen Universität Hamburg

Welche Chancen bietet die Digitalisierung dem Handwerk?Der stetige technische Fortschritt durch die Digitalisierung und die immer bessere Verfüg-barkeit von preislich akzeptablen Geräten schafft den Handwerksbetrieben viele neue Möglich-keiten. Mit einem robusten Tablet oder einem Smartphone und den entsprechenden Apps, Datenbanken, Infotheken, Cloud-Speichern und Kommunikationsanwendungen lassen sich viele Arbeitsprozesse optimieren. Ein Auftrag wird nicht mehr ausgedruckt, sondern auf das Tablet geschickt. Ein Plan ist ständig aktuell und für alle Beteiligten virtuell immer zugriffsfähig abgespeichert. Eine ganze Gruppe von Leuten diskutiert mit dem Plan auf jedem Tablet ein Problem in Echtzeit zum Beispiel über Konferenz-Tools. Teilleistungen können durch ausführende

Handwerker oder Poliere mit Fotos, Skizzen und textlichen Anmerkungen versehen, in der Cloud abgespeichert und als Grundlage für die Aufstel-lung der Rechnung genutzt werden, zumal auch der Zeitaufwand für Aufträge und Arbeitsschritte ganz einfach elektronisch festgehalten werden kann. Da ist der Weg zum papierlosen Geschäfts-modell gar nicht mehr so weit. Über das Arbeiten mit digitalen Präzisionswerkzeugen hinaus lässt sich inzwischen ganz erheblich der Verwaltungs- und Koordinationsaufwand vereinfachen. Dinge also, die vielen Leuten wenig Freude machen.

Wie findet man heraus, wohin sich die Digitali-sierung im Handwerk entwickelt?Das geht zurzeit am einfachsten über Umfragen. Wir haben deshalb mehrere Gruppen gebildet, die wir befragen möchten: die KandidatInnen der

Erstausbildung, diejenigen zum (Werk-)Polier, zum Meister und Techniker und die Baufirmen. Damit haben wir nach Alter und Ausbildungs-stand ein breites Spektrum in den Berufen des Bauhauptgewerbes abgedeckt. Der große Vorteil ist, dass alle Teilnehmenden der Erstausbildung und der Aufstiegsfortbildung in den Werkhallen der Ausbildungszentren unseres Kompetenznetz-werks Bauen und Energie sitzen und damit leicht zu erreichen sind.

Bei den Baufirmen ist das schon deutlich schwieri-ger, weil die Betriebe im Moment volle Auftragsbü-cher und damit wenig Zeit für solche Dinge haben. Aber natürlich haben die Zentren die Firmen in ihren Post- und E-Mail-Verteilern. Auch Tagungen wie in Biberach bieten eine gute Gelegenheit. Da wir einen elektronischen Fragebogen entwickelt

haben, schicken wir nur einen Link raus, und alles weitere wird am Bildschirm oder Smartphone erledigt. Aus den Antworten möchten wir gerne wissen, wie der aktuelle Zustand in den Betrieben ist, in welchen Bereichen Investitionen geplant sind und wie die Umstellung auf digitales Arbeiten organisiert werden soll. Für die Ausbildungszentren ist das sehr wichtig zu wissen, weil sie daraus pass-genaue Beratungs- und Schulungsangebote für die Betriebe entwickeln möchten.

Woher bekommt man die Inhalte für so einen Fragebogen?Ein großes Thema in der Ausbildung ist zum Bei-spiel Digitalisierung der Berichtshefte, wo sich Parallelen zur Dokumentation von Aufträgen bie-ten. Das bedeutet, dass wir von Arbeitsprozessen ausgegangen sind und uns gefragt haben, wie

ERHEBUNG VON DIGITALISIERUNGSTENDENZEN IM HANDWERK UND IN DEN AUSBILDUNGSZENTREN

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Rohrleitungsbau in der überbetrieb-lichen Berufsaus-bildung (Foto: Krümmel, TU Hamburg)

man Aufträge am besten digital abwickeln und dokumentieren könnte, welche Infrastruktur man dafür braucht, wo Schnittstellen sind und wie die Beteiligten und ihre Werkzeuge zusammenarbei-ten. Da wir auch einen Gestaltungsauftrag haben, haben die DigiBAU-Experten wie beispielsweise in Rutesheim in den Ausbildungszentren be-gonnen, neue digitale Arbeitsumgebungen für ausgewählte Lernfelder zu schaffen, zu erproben und über mehrere Stufen zu bewerten.

Zum Beispiel vernetzen die Rohrleitungsbauer in Hamburg nun Tablets, Kameras und Mess-geräte miteinander, damit sich alle Ausbilden-den und Auszubildenden auf dem Gelände frei bewegen und trotzdem gemeinsam am selben Auftrag arbeiten können. Da am Ende alles unter die Erde kommt und nichts mehr zu sehen ist, sind präzise und immer aktuelle Pläne, korrekte Ausführung und detaillierte Dokumentation hier entscheidend. Die Erfahrungen aus diesen Ver-suchen fließen in die Fragebögen mit ein. Parallel finden Befragungen von Ausbildenden und von Kandidat*innen über den Stand der Digitalisie-rung in ihrem Betrieb und die Erwartungen an die zukünftige Entwicklung statt, die auch in die Fragebögen mit einfließen.

ERHEBUNG VON DIGITALISIERUNGSTENDENZEN IM HANDWERK UND IN DEN AUSBILDUNGSZENTREN

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DREI FRAGEN AN …Kai Dettmann, Projektleiter für DigiBAU im Ausbildungszentrum-Bau in Hamburg GmbH

Wie wird das virtuelle Schaufenster aussehen?Das virtuelle Schaufenster funktioniert wie eine Art Einkaufsstraße in der analogen Welt, mit verschiedenen Geschäften entweder zum Bummeln oder auch zur direkten Suche. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten über Filter und über einen Suchschlitz, wie man es von Suchmaschinen kennt. Technisch steckt dahinter ein sogenanntes Content-Management-System mit verschiedenen Vorauswahlen. Die Bereiche sind Qualifizierungsangebote, Lernmedien, Best Practice und die Bilddatenbank der Handwerks-kammer Münster.

Das Ganze wurde so angelegt, dass die Katego-rien ohne weiteren Programmieraufwand durch eine Agentur über das Typo3-Backend erweiter-bar sind. Dadurch können wir mit einer kurzen Anlernphase unser virtuelles Schaufenster ver-größern, umstellen oder neu bestücken und das mit einfachen Klicks und ohne weiteren Aufwand.

Was wird im virtuellen Schaufenster zu sehen sein?Im virtuellen Schaufenster sollen nur vollständig digitale oder teildigitale Inhalte abgebildet werden.

PDF oder reine Präsentationen gehören nach die-sem Verständnis nicht dazu. Die eben erwähnten Kategorien sind die Qualifizierungsangebote, also alle Kurse, die unsere Kompetenzzentren digital anbieten. Das kann von kleinen Lerneinhalten bis zu einem komplexen Kurs reichen, die zweite sind sie Lernmedien, in diesem Bereich werden mehrere bestehende Datenbanken aus früheren Projekten des Kompetenznetzwerkes Bauen und Energie zusammengefasst. Dazu gehören zunächst die Melinda-Datenbank und die Datenbank „Das virtuelle Handbuch“ aus dem Kompetenzzentrum in Bühl. Die dritte ist der Bereich Best Practice, das sind gute Konzepte, Gedanken, Ideen unter anderem aus unserem Teilprojekt 12 „Qualifizieren von Aus- und Weiterbildner/-innen der KMU und Kompetenzzentren“ HWK Osnabrück zusammen-gefasst an alle Ausbilder branchenübergreifend weiterzugeben. Die vierte Kategorie ist die Bild-datenbank der Handwerkskammer Münster, aus unserem Teilprojekt „Bilddatenbank für die digitale Qualifizierungsangebote in KMU“. Hier entsteht eine Datenbank mit direkter Verlinkung zu unseren DigiBAU-Experten nach Münster, damit immer rechtssichere Bilder für Ausbildungsinhalte im Bau-gewerbe zur Verfügung stehen.

Wir haben die technischen Möglichkeiten ver-schiedener Anbieter geprüft und beschlossen, unser System so einfach wie möglich zu ge-stalten. Wir haben also zum Beispiel auf ein Buchungssystem verzichtet. Die Interessenten werden stattdessen an das jeweilige anbietende Kompetenzzentrum verlinkt, können den Kurs oder Angebote direkt dort buchen bzw. sich die Inhalte ansehen.

Wie werden Inhalte für das virtuelle Schau-fenster produziert?Wir produzieren alle unsere Inhalte mit einem Autorentool, dieses haben wir im ersten Halbjahr

erprobt und an alle Projektpartner mit einer ex-ternen Schulung ausgerollt. Erste selbst produ-zierte Lerninhalte wurden dann in Teamarbeit mittels drei Gruppen Wissen, Bauen mit Holz und mineralisches Bauen in einem virtuellen Arbeits-raum und Webkonferenzen produziert. Damit wir einheitliche optische und technische Ergebnisse produzieren, wurde mit dem Arbeitspaket „Ent-wickeln und Etablieren offener Standards“ aus dem Kompetenzzentrum Rutesheim ein einheit-liches Template standardisiert. Somit können wir unsere bestehenden Lerninhalte aus verschie-denen Projekten via Drag and Drop einfacher produzieren.

DAS VIRTUELLE SCHAUFENSTER

Aus dem ProjektalltagAus dem Projektalltag

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DREI FRAGEN AN …Axel Ostenberg, Teamleiter und Annika Hafemann, Arbeitsvermittlerin in der Jugendberufsagentur der Agentur für Arbeit in Hamburg-Wandsbek

Fehlt hier die Frage zur ersten Antwort, die über ein bis zwei Zeilen geht? Der Ausbildungsmarkt hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Nicht nur, dass wir in-zwischen mehr Stellen als Bewerberinnen und Bewerber haben. Auch die vielen Möglichkeiten, die sich für die Berufswahl bieten, führen teils dazu, dass die Jugendlichen mit der Flut an Informationen schnell überfordert sind. Wir als Jugendberufsagentur helfen bei der Berufsorien-tierung und Vermittlung in Ausbildung, durch eine individuelle Betreuung.

Die Betreuung im Netzwerk der Jugendberufs-agentur gliedert sich in drei Phasen: Orien-tierungs- und Vermittlungsphase sowie die Nachsorgephase während der ersten Monate in Ausbildung. In der Orientierungsphase beraten wir die Jugendlichen berufsneutral nach Eignung und Interessen, ebenso werden die Lebens-umstände berücksichtigt, um die Berufswahl

einzugrenzen und eine Auswahl zu treffen. Bei AzubiPlus bringen wir in allen Branchen Aus-bildungssuchende und Ausbildungsbetriebe zusammen. Für eine gute und nachhaltige Vermittlung ist der persönliche und vertrauens-volle Kontakt zu Arbeitgebern und Jugendlichen notwendig und das bieten wir. Durch Betriebsbe-suche kennen wir die Situation der Arbeitgeber vor Ort, ebenso durch Beratungsgespräche die Wünsche und Vorstellungen der Jugendlichen. Dadurch können wir auch gut einschätzen, ob beide zusammenpassen.

In der Nachsorgephase halten wir Kontakt und sind ansprechbar für Fragen, um Ausbildungs-abbrüche zu verhindern und frühzeitig entgegen zu wirken. Das kann auch soweit führen, dass wir über eine Assistierte Ausbildung professionelle Hilfe anbieten oder bei einem Berufs- oder Be-triebswechsel helfen.

Frau Hafemann, welche Voraussetzungen sind erfolgversprechend?Da gibt es mehrere Faktoren, die zusammen-spielen: Eine gefestigte Berufswahl und darauf aufbauend auch Praktika, die einen Einblick in den tatsächlichen Berufsalltag geben. Wichtig ist dabei in erster Linie eine engmaschige und vor allem individuelle Betreuung. Dazu gehört, dass man beide Seiten transparent und ehrlich berät und Vertrauen schafft. Selbstverständlich zählen dazu Betriebsbesuche, um vor Ort einen Einblick ins Unternehmen und den Ausbildungsablauf zu be-kommen. Diese Vorgehensweise führt für alle drei beteiligten Seiten zu echten Erfolgserlebnissen.

Gerade im Handwerk, wo es auf körperliche Be-lastbarkeit und manuelle Fertigkeiten ankommt, führen auch alternative Besetzungsmethoden wie die Einstiegsqualifizierung zum Erfolg. Das bedeutet, dass der Betrieb einen Praktikanten oder eine Praktikantin für mindestens sechs Monate einstellt und dann entscheidet, ob es mit einer richtigen Ausbildung weitergeht. Die Bun-desagentur für Arbeit bezuschusst die Einstiegs-qualifizierung bis zu zwölf Monate. Der Bewerber hat die Möglichkeit reelle Einblicke in den Arbeits-alltag zu bekommen, bekommt schon ein kleines Gehalt und in einigen Fällen können die Zeiten auch schon auf die nachfolgende Ausbildung an-gerechnet werden.

Wie ist das mit den Handwerksberufen im Vergleich zu anderen Branchen?Zunächst ist wichtig, ob für die Berufsbilder bei den Jugendlichen echtes Interesse besteht, aber

das können wir über verschiedene Tests relativ einfach herausfinden. Dann stellt sich für die Arbeitgeber die Frage, ob es auch jemand ohne Abitur oder mit schwächeren Schulzeugnissen sein darf. Wir haben nämlich festgestellt, dass Noten zwar wichtig sind, aber dass es hier genug Möglichkeiten der Unterstützung gibt. Wichti-ger ist inzwischen der persönliche Kontakt und dass es zwischen beiden Seiten auf persönlicher Ebene passt.

Deswegen empfehlen wir den Betrieben auch, nach der Vertragsunterzeichnung Kontakt zu den Jugendlichen zu halten und ihnen echte Praktika anzubieten, wo sie nicht nur mitlaufen oder die Halle fegen. Die Betriebe stellen sich inzwischen immer mehr auf diese veränderte Ansprache der Jugendlichen ein und sind auch erfolgreich. Be-sonders kleine Betriebe, die nicht jedes Jahr aus-bilden oder nicht die internen Kapazitäten haben, greifen gern auf unser Dienstleistungsangebot zurück. Wir beraten zu Arbeitszeitmodellen, hel-fen bei Stellenanzeigen und Messeauftritten. Die Betriebe nehmen diese Hilfen auch sehr gerne an, weil es ihre Erfolgsaussichten deutlich erhöht.

Die Bauberufe sind inzwischen auch wieder sehr attraktiv geworden. Es ist zwar noch nicht überall angekommen, aber das Bild wandelt sich durch immer komplexere Aufgaben, Digitalisierung und Maschineneinsatz. Der Bedarf ist ziemlich groß. Demnächst stehen sehr viele Führungskräfte vor dem Eintritt in den Ruhestand, das bietet für die nächsten Jahre hervorragende Berufs- und Auf-stiegsperspektiven.

GEZIELTE VERMITTLUNG VON JUGENDLICHEN AN AUSBILDUNGSBETRIEBE

Junge Menschen und HandwerkJunge Menschen und Handwerk

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DREI FRAGEN AN …

Dr. Petra Dörr, Pädagogische Lehrkraftim Ausbildungszentrum Bau in Hamburg GmbH

Welche Kurse zur Berufsvorbereitung be-treuen Sie?Zurzeit bin ich in drei Projekten tätig. Im Projekt „Berufsstart Bau“ bereiten wir Jugendliche, die noch nicht ausbildungsreif sind, innerhalb von sechs bis zwölf Monaten auf einen guten Start in das erste Ausbildungsjahr vor. Im Projekt „Hin zum Handwerk“ werden bei uns Geflüchtete in einem theoretischen und einem praktischen Teil auf eine Ausbildung in einem Bauberuf vorberei-tet. Im berufsbezogenen Strategietraining, „Best Training“ genannt, werden Auszubildende im Lernfeld Bautechnik, in berufsbezogener Mathe-matik sowie Wirtschaft und Gesellschaft gefördert. Da die Jugendlichen in allen diesen Kursen sehr individuelle Werdegänge haben, arbeiten wir eng mit unseren Sozialpädagoginnen zusammen.

Was vermitteln Sie den Jugendlichen?Wir versuchen unsere Jugendlichen über Lern-techniken, Motivation und Erfolgserlebnisse zu

erreichen und vor allen Dingen einen praktischen Nutzen durch den theoretischen Unterricht zu erhalten. Am Ende der Unterrichtseinheit gibt es auch erkennbare Lernfortschritte. Diese Fort-schritte müssen jedoch immer wieder verstetigt werden, weil vielen Teilnehmenden das Lernen an sich schwerfällt. Deshalb trainieren wir auch das Lernen als Methode.

Am Ende des ersten Ausbildungsjahres haben die Teilnehmer in der Regel ein besseres Verständ-nis dafür entwickelt, wie sie eine Aufgabe aus der Bautechnik lösen müssen (mit Lösungsan-satz, Rechenweg und Anwendung der erforder-lichen Formel). So können Sie zum Beispiel das Volumen eines Werkstücks oder den Baustoff-bedarf berechnen, verstehen Bauzeichnungen und fertigen diese selbst an. So gelingt uns auch eine gute Verzahnung mit dem Unterricht in der Berufsschule.

Wo setzen Sie konkret an und welche digitalen Hilfsmittel nutzen Sie im Unterricht?Das Schwierigste ist die Sprachbarriere. Inzwi-schen ist es ein wichtiges Unterrichtsziel, mehr über die Fachsprache zu kommunizieren. Das ist das Ergebnis eines langen Erfahrungsprozes-ses. Am Anfang bearbeiten wir viel Deutsch als Zweitsprache, wie man es kennt. Und mit den inzwischen angeschafften Lehr- und Arbeitsbü-

chern speziell für das Bauhauptgewerbe beziehe ich mich mehr und mehr auf das berufsbezogene Fachdeutsch, damit die Jugendlichen später in der Werkhalle wissen, was diese Fachbegriffe bedeuten. Wir nutzen dazu nicht nur Bücher und Arbeitsblätter, sondern auch Apps, YouTube und den Verweis auf entsprechende Links, denn im Internet finden sich inzwischen alle sehr gut zurecht.

BERUFSVORBEREITUNG VON JUGENDLICHEN OHNE GUTE PERSPEKTIVE

Junge Menschen und HandwerkJunge Menschen und Handwerk

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DREI FRAGEN AN …Uwe Schneider, Maurer- und Stahlbetonbauer-meister im Kompetenzzentrum der Bauwirtschaft Baden-Württemberg in Bühl und Mitglied des Trainerteams der deutschen Nationalmannschaft des Maurerhandwerks

Wie wird man in die Nationalmannschaft der Maurer aufgenommen?Entscheidend für die Aufnahme in das National-team ist in erster Linie das handwerkliche Können der jungen Gesellinnen und Gesellen, sowie das Ergebnis der bestandenen Gesellenprüfung im Maurerhandwerk. Der Beste einer Innung nimmt am Kammerwettbewerb teil, sofern es einen gibt. Der Kammersieger hat die Chance, sich beim Lan-deswettbewerb zu beweisen. Die jeweils Besten eines Bundeslandes treten beim Bundesleis-tungswettbewerb, der Deutschen Meisterschaft, gegeneinander an.

Nächstes Jahr richten wir hier im KOMZET BAU BÜHL den Bundesleistungswettbewerb, die Deutsche Meisterschaft der Bauberufe, aus. Der Deutsche Meister wird in der Regel zu Euro-pa- und Weltmeisterschaften gesandt, sofern die Alterskriterien erfüllt sind. Bei einer EM gilt maximal 23 Jahre und bei einer WM maximal 22 Jahre als Grenze.

Wie bereitet man die jungen Leute auf ihre Teilnahme vor?Vor den internationalen Wettkämpfen ist natürlich sehr viel Training angesagt. Wir Trainer geben dabei Tipps und Hilfestellungen. Mit Hilfe früherer Aufga-ben und Prüfungen können die Teilnehmer gezielt auf das notwendige fachliche Niveau gebracht werden. Die Teilnehmer verbessern im Training ihre Schnelligkeit und lernen, sich zu organisieren.

Die Arbeitsvorbereitung ist dabei immens wich-tig: Das heißt, zunächst die Aufgabe komplett erfassen, den Arbeitsplatz einteilen, die Mate-rialien sichten und schließlich den kompletten Ablauf planen. Die Teilnehmer lernen, sich einen Zeitplan zu überlegen, danach die erforder-lichen Aufzeichnungen zu erstellen, die Steine zuzusägen und dabei immer wieder sich selbst zu kontrollieren und Fehler zu korrigieren. Die Aufgabe ist zwar klar vorgegeben, aber auch sehr komplex und die vorgegebene Zeit muss einge-halten werden. Ebenso ist auf die Sauberkeit des Arbeitsplatzes zu achten. Bei der Bewertung ist es auf diesem Niveau sehr eng. Oft entscheiden

Nuancen, ein Laie sieht die Unterschiede kaum noch. Unser letzter Teilnehmer hat dieses Jahr in Kazan bei den WorldSkills (Weltmeisterschaften) den fünften Platz belegt.

Die Teilnehmer brauchen viel Fleiß und opfern große Teile ihrer Freizeit. Viele Arbeitgeber unterstützen die Wettkämpfer zwar, aber es liegt an jedem Teilnehmer selbst, wieviel Freizeit er investiert. Diese Vorbereitungen sind mit dem Leistungssport vergleichbar.

Was ist Ihre Rolle als Trainer?Wir Trainer coachen die Kandidaten, wenn sie zum Training kommen. Wir weisen die Teilnehmer auf die Zeitvorgaben hin, geben Vorschläge zur Herangehensweise und geben Tipps, sei es zu den Zeichnungen, bei der Arbeitsplatzorganisa-tion oder bei der Ausführung. Unsere Aufgabe be-ginnt bereits vor der Trainingswoche. Diese wird genau vorbereitet, z. B. müssen spezielle Steine bereitgestellt werden und der richtige Mörtel da

sein. Die Trainingshalle muss entsprechend aus-gestattet und vorbereitet sein.

Alle Geräte zur Erstellung des Digitalen Aufmaßes müssen zur Verfügung stehen. Ein leistungs-starker und gut funktionierender Rechner, das Whiteboard und eine Bild- und Videokamera. Auch ein kleines Rahmenprogramm für die Frei-zeit gehört dazu, denn es ist wichtig, dass die Teilnehmer zwischendurch auch auf andere Ge-danken kommen und sich austauschen können. Die Kandidaten sind ebenso im Umgang mit der Öffentlichkeit zu unterstützen, da es in der Trai-ningswoche auch Publikumsverkehr gibt und die Presse erscheint.

In der Trainingswoche braucht es gute Bedingun-gen, als Trainer bringt man sich hier voll ein, auch wir sind gefordert. Bereits im Training stellen wir hohe Ansprüche, denn nur so kann das Ziel eines guten Platzes in den Meisterschaften erreicht werden.

HANDWERK AUF HÖCHSTEM NIVEAU

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World-Skills-Fünftplatzierter Christoph Rapp (l.) mit Werkstück und Nationalmann-schaftstrainer Uwe Schneider (Foto: KOMZET BAU BÜHL)

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PROJEKTSTAND TIMELINE

2018 20202019 2021 2022

Arbeitsschwerpunkte 2022

Zusammentragen der Ergebnisse und Erfahrungen, Austausch mit externen Partnern, Abschlussveranstaltung

Arbeitsschwerpunkte 2021

Produkt- und Konzept- Modifikationen, Vorträge, Veröffentlichungen, Mitwirkung an Tagungen, Konferenzen, Messen usw., Buchveröffent-lichung, Vorbereitung abschließender Transfer- maßnahmen, Bereit- stellen von Best-Practice- Lösungen zur Beratung von KMU

Start virtuelles Schaufenster, Ent-wicklung von Trailern, Vereinbarung von Standards für digitale Lernmedien, Entwick-lung und Erprobung von Lernszenarien, Beratungskonzept für KMU, begleitende

formative Evaluation, Produkt- und Konzept-Erprobungen in den Teilprojekten, Geschäfts- und Vertriebsmodelle, Informationsveran-staltungen, Webinare, Transferaktivitäten

Arbeitsschwerpunkte 2019

Erfassen von Digitali-sierungstendenzen und Qualifizierungsbedarfen, Zusammentragen und Weiterentwickeln digitaler Lernmedien, Kooperation mit strategi-schen Partnern, medien-didaktische Qualifizie-rung, Veranstaltungen, Evaluationskonzept

Arbeitsschwerpunkte 2018

Kick-off-Meeting, Beschaffungen, Projektdesign und Informationsmaterialien, Online-Präsenz, Konstituierung der Community of Practice, Recherchen, konzeptio-nelle Feinabstimmung, erste Projektpräsentatio-nen, Analyse der Koope-rationsbeziehungen im Netzwerk

23.–24. April

KICK-OFF in Hamburg

06.–07. März

SYNERGIEFORUM in Cottbus

03.–04. September

SYNERGIEFORUM in Bühl (Baden)

02.–03. Februar

SYNERGIEFORUM in Stuttgart/Rutesheim

15.-16. Februar

ABSCHLUSS-KONFERENZ in Hamburg

24.–25. August

SYNERGIEFORUM in Walldorf (Thür.)

24.–25. Oktober

SYNERGIEFORUM in Kassel

Arbeitsschwerpunkte im aktuellen Jahr 2020

04.–05. Februar

SYNERGIEFORUM in Münster

25.–26. August

SYNERGIEFORUM in Bautzen

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20 21Digital gestützte Lehr- und Lernumgebungen in der AusbildungspraxisDigital gestützte Lehr- und Lernumgebungen in der Ausbildungspraxis

Oben: Ausbildungshalle Straßenbau des AZB Hamburg (Foto: Krümmel, TU Hamburg)

Links unten: Lernszene Zimme-rerausbildung – Auszubildende dokumentieren ihre Arbeit (Foto: KOMZET BAU BÜHL)

Rechts unten: Montage eines Fertigteilkellers mit Hilfe eines Tachymeters (Foto: KOMZET BAU BÜHL)

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DREI FRAGEN AN …Michael Bleich, öffentlich bestellter und ver-eidigter Gutachter, Präsident des Fachverbandes Ausbau und Fassade Baden e. V.

Welche Mitarbeiter sind von der Digitalisie-rung besonders betroffen?Die Digitalisierung betrifft verschiedene Bereiche im Unternehmen. Das Handwerk geht weg vom reinen Bauen zum Produzieren. Wir benötigen für alle Unternehmensbereiche ein System, dass ein Projekt von der Anfrage über Adressenablage, Projektablage, Materialanfrage, Bestellung, Lie-ferschein und so weiter – also über den gesam-ten Projektverlauf hinweg – digitalisiert. In der kaufmännischen Abteilung ist die Übertragung der digitalen Zeiterfassung für die Projektzuord-nung und Abrechnung relevant und grundsätz-lich geht ohne Digitalisierung in der Buchhaltung und im Rechnungswesen gar nichts mehr. Für die interne und externe Kommunikation sind die digitalen Hilfsmittel von großem Vorteil. Interne Prozesse werden dadurch erheblich vereinfacht.

Die technische Abteilung profitiert besonders von der Digitalisierung. In der Arbeitsvorberei-tung findet die Planübergabe oder die LV Über-gabe elektronisch statt. Wenn sich BIM weiter etabliert wird nur noch diese Art der Übergabe/Kommunikation stattfinden.

Die Maschinen-, Geräte- und Werkzeugdisposi-tion läuft optimierter mit digitalen Tools. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, z. B. mit RFID (Radio Frequency Identification). In der Ausführung nutzen wir bei der Übergabe von Plänen, Leistungsverzeichnissen, dem Aufmaß und vor allem bei der rechtssicheren Baustellen-dokumentation die Digitalisierung. In der Bau-stellendokumentation setzen wir z. B. moderne digitale Messgeräte, Drohnen und auch 3D-Ka-meras ein. Seit Jahren profitieren wir in der Aus-

führung durch die Vorfertigung im Trockenbau. Mit unserem CNC-Frästisch können wir in der Werkstatt, im Trockenen, Bauteile vorfertigen und sparen uns aufwendige Tätigkeiten auf der Baustelle. Arbeitsabläufe werden automatisiert. Unser Ausbildungsverantwortlicher und unsere Azubis profitieren vom eingeführten digitalen Berichtsheft.

Zukünftig können wir uns vorstellen, Projekte in 3D zu zeichnen und der Kunde kann dann mit einer VR-Brille das Projekt in 3D ansehen und durch das Bauprojekt/den Raum spazieren.

Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf Ihre Personalgewinnung?Durch die Digitalisierung sind wir modern aufge-stellt, die Außendarstellung ist deutlich positiver geworden. Das Image wandelt sich, wir werden als aufgeschlossen für Neues wahrgenommen, dies spricht sich rum. Bei der Personalgewinnung sind dies entscheidende Vorteile.

Durch unseren Internetauftritt oder durch die Nutzung der sozialen Medien wird die Attraktivi-tät unseres Betriebes breiter in die Öffentlichkeit getragen. Im Internetauftritt können wir gezielter auf unsere moderne Ausstattung (CNC-Frästisch,

Drohnen, 3D-Kamera, Tabletts, Wärmebildkamera u. v. m.) aufmerksam machen und dadurch besser Mitarbeiter/Auszubildende werben. Mitarbeiter sehen auch, dass sie in unserem Unternehmen durch unsere digitale Ausstattung zu Weiterbil-dungen kommen bzw. weiterqualifiziert werden.

Wo benötigen Sie Beratungs- und Schulungs-angebote durch das KOMZET BAU BÜHL?Die Mitarbeiter benötigen durch den Einsatz digitaler Hilfsmittel in allen Bereichen die ent-sprechenden Schulungen. Wir finden hierzu im KOMZET BAU BÜHL ein breites Angebot, sei es für unsere kaufmännischen und gewerblichen Mit-arbeiter und selbst für uns als Unternehmer.Beispielhaft seien hier die Lehrgänge „Fräs- und Falttechnik im Trockenbau“ an der CNC-Anlage genannt und „Aufmaß/Abrechnung im Ausbau - Baudokumentation - Maßtoleranzen an Fassa-den, praktische Umsetzung mit digitalen Hilfs-mitteln“.

Weitere Schulungen zur digitalen Bestandserfas-sung sind „Laserscanning und Fotogrammetrie“, „Digitale Bildbearbeitung von Schäden“ und „BIM Building Information Modeling - Umsetzung in einem Unternehmen“, die im KOMZET BAU BÜHL angeboten werden.

ANFORDERUNGEN DER TECHNISIERUNG AN DEN NACHWUCHS IM STUCKATEURHANDWERK

Digital gestützte Lehr- und Lernumgebungen in der AusbildungspraxisDigital gestützte Lehr- und Lernumgebungen in der Ausbildungspraxis

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DREI FRAGEN AN …Frank Schweizer, Leiter der überbetrieblichen Ausbildungsstätte der Berufsförderungsgesell-schaft des baden-württembergischen Stucka-teurhandwerks mbH

Wie stellen Sie realistische Kundenaufträge in der überbetrieblichen Ausbildung nach?Wir haben seit ungefähr einem Jahr ein Learning-Management-System (LMS). Dort sind alle für die Auszubildenden relevanten handlungsorientier-ten praktischen Aufgaben digital verfügbar. Diese lagen bisher in allen möglichen DIN-Formaten auf Papier vor und waren in Ordnern im Regal abgelegt. Sie werden nun schrittweise und nach Kursen in das System eingepflegt. Dazu gehören auch Texte für Kundenaufträge.

Die Auszubildenden können über ihr Smartphone oder ein Tablet mit unserer „Stucki-App“ auf die Inhalte des Kurses, den sie besuchen, zugreifen. Dort ist der fiktive Kundenauftrag „Frau Müller möchte renovieren“ zusammen mit Skizzen und der notwendigen technischen Information zur

Bearbeitung abgelegt. Beispielsweise bekommen die Auszubildenden den Auftrag, eine Eckschiene fachgerecht anzubringen und ihre Arbeit in allen notwendigen Schritten durch einen Lehrfilm, den sie selbst drehen, zu dokumentieren.

Welche Erfahrungen haben Sie mit dieser Arbeitsweise bislang gemacht?Wir möchten über diese Lernumgebung gerne das Selbstlernen intensivieren, denn wir haben festgestellt, dass sich dadurch auch die hand-werkliche Qualität der Werkstücke deutlich ver-bessert. Darauf kommt es uns am Ende an, denn wir möchten, dass sich die Auszubildenden für ihre Smartphone-Filme mehr anstrengen, um be-sonders gute Werkstücke abzuliefern. Schließlich werden die Filme in das LMS hochgeladen und mit den anderen Auszubildenden und den Aus-

bildenden gemeinsam ausgewertet. Da pfuscht niemand mehr, weil es hinterher eh alle sehen können. Entsprechend sind auch die Planung und Vorbereitung für den Auftrag gewissenhafter, es wird mehr gefragt und länger überlegt, wie man es gut und richtig macht. Die Übungen werden länger und besser im Kopf behalten, und vor allem macht es den Auszubildenden so auch viel mehr Spaß.

Diese Verknüpfung von praktischer Ausführung und filmischer Dokumentation hilft auch den Be-trieben. Die Auszubildenden nutzen ihre Filme für ihre elektronischen Berichtshefte. Einen besseren und nachhaltigeren Nachweis über Umfang und Qualität der Ausbildung sehen wir für die nächste Zeit eigentlich nicht. Außerdem können die Be-triebe mit Hilfe einer Zeitrafferkamera, wie wir sie

im Unterricht inzwischen einsetzen, solche Filme auch als Instrument zur Dokumentation echter Aufträge im Rahmen ihrer Beweispflicht gegen-über Kunden einsetzen. Da ist es doch gut, wenn die Auszubildenden so ein Verfahren bereits aus der überbetrieblichen Ausbildung kennen.

Wie organisiert man so ein Lehr- und Lern-umfeld?Angefangen hat es mit einem unserer Ausbilder, der technik- und medienaffin ist und sein Wissen an die anderen weitergibt. Inzwischen sind hier im Hause praktisch alle beteiligt. Anders geht es im Grunde auch nicht. Wir haben regelmäßige Treffen unseres Ausbilder-Teams, wo wir uns über Themen, Inhalte und Verfahren abstimmen, welche Filme, Texte und Aufträge als nächstes konzipiert werden und wer welche Aufgaben

ORGANISATION DES DIGITALEN LEHRENS IN DER ÜBERBETRIEBLICHEN AUSBILDUNG

Digital gestützte Lehr- und Lernumgebungen in der AusbildungspraxisDigital gestützte Lehr- und Lernumgebungen in der Ausbildungspraxis

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26 27Digital gestützte Lehr- und Lernumgebungen in der AusbildungspraxisDigital gestützte Lehr- und Lernumgebungen in der Ausbildungspraxis

übernimmt. Ein Ausbildender fungiert als Koordi-nator und pflegt die Sachen in das auf WordPress basierende LMS ein. Das könnten die anderen zwar theoretisch auch, aber wir haben mit dieser zentralen Anlaufstelle gute Erfahrungen gemacht.

Es steht natürlich eine gewisse Infrastruktur dahinter, die aufgebaut werden muss. Wir nutzen dafür Projekte. Wenn es Fördermittel gibt, die unser Zentrum weiterbringen, stellen wir ger-ne einen Antrag. Wir haben auch festgestellt, dass komplizierte Maschinen oder aufwendige technische Lösungen erst dann effektiv in der Ausbildung eingesetzt werden können, wenn eine intensive Einarbeitung und die Schulung weiterer Ausbildender möglich sind. Wir freuen uns des-halb immer, wenn nicht nur Hardware gefördert wird, sondern wenn auch Personalstunden mit dabei sind. Die reichen zwar selten aus, aber wir leisten auch einen eigenen Anteil, weil wir ja sehen, dass die Lösungen und die Erfahrungen aus dem Projekt dem Zentrum über die Laufzeit hinaus zur Verfügung stehen und in den allgemei-nen Lehrbetrieb einfließen. Wir schauen deshalb, dass immer einer von sieben Ausbildenden für Projekte freigestellt ist.

Links: Kuppelhalle in der überbetrieblichen Ausbildungsstätte Leonberg (Foto: Schweizer, Berufsförderungsgesell-schaft des baden-württembergischen Stuckateurhandwerks)

Unten: Lernszene im Trockenbau (Foto: Kompetenzzentrum für Ausbau und Fassade, Rutesheim)

ORGANISATION DES DIGITALEN LEHRENS IN DER ÜBERBETRIEBLICHEN AUSBILDUNG

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DREI FRAGEN AN …Meik Kiss, Berufspädagoge im Maurer- und Fliesenlegerhandwerk im Ausbildungs-zentrum-Bau in Hamburg

Welche Voraussetzungen bringen Ihre Auszu-bildenden mit?Die Zusammensetzung der Gruppen hat sich in den letzten Jahren verändert. Waren sich früher die meisten nach Herkunft und Schulbildung ähn-lich, unterscheiden sie sich nun sehr stark nach Alter, schulischer und beruflicher Vorbildung und je nachdem, was sie vorher gemacht haben, auch nach handwerklichem Können. Viele Geflüchtete zum Beispiel haben in ihren Herkunftsländern handwerklich gearbeitet. Die relevanten theoreti-schen Grundlagen, die manchmal fehlen, bringen wir allen hier bei. Aus fachlicher Sicht ist es span-nend, wie in anderen Ländern und Klimazonen gebaut wird und wie man das mit unserer Art des Bauens vergleichen kann, zum Beispiel welche Materialien zum Einsatz kommen oder wie das Handwerk dort ausgeübt wird.

Wie hat sich die überbetriebliche Ausbildung bei Ihnen didaktisch verändert?Der Ausbildende sollte die individuellen Voraus-setzungen und Bedürfnisse der Auszubilden-den kennen, respektieren und darauf eingehen können. Er oder sie sollte auch erkennen können, wie der Auszubildende am besten lernt und unter-schiedliche Lernformen anwenden können, die dem Einzelnen und der gesamten Gruppe helfen. Er muss auch damit rechnen, dass nicht alle das gleiche Leistungsvermögen haben und er bei der Vermittlung der Theorie und auch in der Praxis mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten vorgehen oder Lernschleifen konzipieren muss, damit am Ende möglichst alle auf dem gleichen Stand sind.

Die Kommunikationsfähigkeit des Ausbildenden scheint mir nach wie vor mit am wichtigsten, hat

sich nach meiner Beobachtung aber verändert. Die interkulturelle Kompetenz ist wichtiger ge-worden, eben weil die Auszubildenden so viele unterschiedliche Erfahrungen, Denkweisen und Kenntnisse mitbringen. Viele unserer Auszubil-denden haben schon sehr viel erlebt, obwohl sie noch so jung sind. Deshalb bekommt die Per-sonalführung nach meiner Einschätzung immer mehr Bedeutung. Die Rolle des Ausbildenden ver-ändert sich mehr und mehr hin zum Coach, der die Auszubildenden individuell berät und leitet.

Was sind Ihre Erfahrungen mit digital ver-netzten Lernumgebungen, nützen diese Ihnen?Die sind schon sehr positiv. Durch den Einsatz des 86 Zoll großen Active Panels hat man die Möglichkeit, wesentlich mehr Dinge zu visualisie-ren, zu erklären und zu zeichnen. Man kann Dinge ansprechender und plastischer darstellen, man kann die Auszubildenden in den Prozess leichter integrieren, zum Beispiel indem sie selbst am aktiven Bildschirm zeichnen. Interessanterweise werden die Sprachkompetenz und auch das So-

zialverhalten in dieser Lernumgebung gefördert, weil sie sich beim Umgang mit dem Tablet und den Apps untereinander mehr austauschen und sich gegenseitig Dinge erklären können. Sie müs-sen nicht zum Meister gehen und sagen, dass sie etwas nicht verstanden haben. Sie können ganz allein so viele Lernschleifen fahren, wie sie brau-chen. Nach meiner Erfahrung tun sie das auch.

Ein Smartphone oder Tablet für den Auszu-bildenden ist für mich das zentrale Instrument in meinem Alltag als Ausbilder. Damit kann ich praktisch jedes Problem auf jedem Niveau von den Auszubildenden selbst lösen lassen, vom Sprach-Übersetzer über Info-Datenbanken, Video-Tutorials, Aufgabenbeschreibung mit Materialsammlung bis hin zur schnellen und leisen Kommunikation per Messenger quer durch die Halle. Und ich habe dadurch mehr Zeit für die Auszubildenden. Es kommt inzwischen nicht mehr vor, dass Leute auf mich warten müssen, bis sie weitermachen können. Das kann ich alles nach meinen Vorgaben im Vorwege planen oder im Prozess spontan steuern.

DIE ROLLE DER AUSBILDENDEN IN DER VERNETZTEN LEHR- UND LERNUMGEBUNG

Digital gestützte Lehr- und Lernumgebungen in der AusbildungspraxisDigital gestützte Lehr- und Lernumgebungen in der Ausbildungspraxis

Einsatz eines Active Panels in der Ausbildung (Foto: Dettmann, Ausbil-dungszentrum-Bau in Hamburg)

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DREI FRAGEN AN …

Jochen Ströhle, ZimmermeisterZimmererzentrum Biberach

Wie haben Sie Ihre Umfrage durchgeführt?Wir haben die Umfrage zum Abschluss einer größeren Tagung durchgeführt, die wir für unsere Zimmereibetriebe hier in Biberach veranstaltet haben. Wir haben uns gedacht, wenn wir so viele von ihnen dahaben, dann können wir sie auch direkt fragen, welche Wünsche sie bezüglich der überbetrieblichen Ausbildung an uns haben.Wir haben deshalb zusammen mit der TU Ham-burg über ein online-Tool einen Fragebogen mit zehn Fragen entworfen, der in wenigen Minuten alles abfragt, was wir gerne wissen wollen. Damit es noch einfacher wird, haben wir einen QR-Code erzeugt, den die Teilnehmenden mit ihren Smart-phones scannen und dann bequem die Fragen online per Klick beantworten. Die Auswertung liefert uns das Tool gleich nach Abschluss der Umfrage. Wir müssen kein Papier sortieren, keine

Tabellen füllen, keine Grafiken erstellen. Das ist für uns sehr komfortabel.

Wie ist denn der Stand der Digitalisierung in Ihren Zimmereibetrieben?Die Ausstattung mit Spezialsoftware, zum Bei-spiel für Abbundmaschinen oder Bemusterung, ist je nach Arbeitsgebiet der Betriebe und not-wendigem Maschinenpark längst vorhanden. Entsprechend können sie auch hochspezialisiert sein. Mehrere Betriebe zum Beispiel setzen in der Gebäude- und Dachsanierung inzwischen auch Drohnen mit entsprechender Aufmaß- und Planungssoftware ein, wie wir sie hier bereits in den Unterricht integriert haben.

Was wir aber besonders gut sehen können, ist, dass in den Betrieben die Kolleginnen und

Kollegen jetzt über Smartphones, Tablets und vor allen Dingen Cloud-Lösungen untereinander vernetzt sind. Wir vermuten, dass damit aus der alltäglichen Praxis heraus die Zusammenarbeit neu organisiert wird. Dafür spricht auch, dass die Betriebe jetzt den nächsten Schritt gehen wollen und auf die Themen digitale Zeiterfassung, orts-unabhängige Kommunikation, elektronische Bau-akte und digitales Berichtsheft besonders große Priorität legen.

Welche Schlüsse ziehen Sie aus der Umfrage für Ihre Angebote an virtuellen Kursen?Für uns war es wichtig, von den Zimmereien zu hören, dass nach wie vor die handwerklichen Grundlagen allerhöchste Priorität haben. Die Be-triebe wollen vor allen anderen Dingen den sehr gut ausgebildeten Handwerker, der die Prozesse von A bis Z versteht und genau weiß, was er tut.Da der Holzrahmenbau immer mehr an Bedeu-tung gewinnt, spielen in Zukunft auch Dächer und Fassaden eine noch größere Rolle. Aufgrund des hohen Vorfertigungsgrades, also dass praktisch alle Elemente in der Zimmererhalle produziert

und auf der Baustelle zusammengefügt werden, sind Kenntnisse über Planungs- und Arbeitspro-zesse in der Zukunft unverzichtbar.

Für unsere virtuellen Kurse bedeutet das, dass wir nicht nur die Beherrschung der notwendigen Technik und die Arbeitsabläufe schulen wollen, wie zum Beispiel den Drohneneinsatz. Vor allem wollen wir, wie von den Zimmereien gewünscht, die Grundlagen keinesfalls vernachlässigen. Hier bietet sich die Möglichkeit, die immer wiederkeh-renden theoretischen Teile und auch Dinge wie den Arbeitsschutz didaktisch neu aufzubereiten und mit der Autoren-Software neu zu gestalten.

Auf diese Weise versuchen wir sowohl die hand-werklichen Grundlagen als auch die gewandelten Arbeitsabläufe und die neuesten Maschinen in Blended-Learning-Kursen zusammenzuführen. Wir haben damit zwar einmalig mehr Aufwand in der Ausarbeitung der Kurse, haben dann aber im laufenden Betrieb über längere Phasen mehr Zeit für die eigentliche Ausbildung.

UMFRAGEGESTÜTZTE BEDARFSANALYSE FÜR DAS ANGEBOT VIRTUELLER KURSE

Digital gestützte Lehr- und Lernumgebungen in der AusbildungspraxisDigital gestützte Lehr- und Lernumgebungen in der Ausbildungspraxis

Fräsbearbeitung in der Abbund-maschine (Foto: Bergmann, Zimmererzentrum Biberach)

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DREI FRAGEN AN …Sven Böttcher, Projektmitarbeiter Bildung/ Projektkoordinator „Bau‘s mit BIM“ im über-betrieblichen Ausbildungszentrum Dresden des Bau Bildung Sachsen e. V.

Manche halten BIM für eine Software, aber ist es das wirklich?Nein, es ist viel mehr. BIM ist eher eine Arbeits-methode, weg von der traditionellen Trennung zwischen Planen und Bauen in einem schritt-weisen Bauprozessschritten und mit Medien-brüchen in der Informationsweitergabe bzw. -verarbeitung, hin zu einer besser vernetzten integralen Arbeitsweise aller am Bauprozess beteiligten Akteure. Auf diese Weise können die Beteiligten ihr Fachwissen gemeinsam ein-bringen und dadurch Fehlerquellen minimiert und Kontrollschleifen eingespart werden. Dabei passieren die notwendigen Abstimmungen auf einer gemeinsamen Datengrundlage: Der Kunde erstellt zusammen mit dem Architekten ein Grundlagen-Modell.

Dieses ist auch das Abgleichsmodell für das Bau-amt, das dann die Baubetriebe bekommen, die

sich auf eine Ausschreibung bewerben. So ein Modell ist wesentlich konkreter als eine abs-trakte Beschreibung Gebäude, drei Geschosse, Satteldach. Stattdessen sind genaue Geometrien und Eigenschaften bekannt. Damit wird vor allen Dingen der Interpretationsbedarf minimiert. Es gibt sozusagen eine Richtigkeit, die das Modell vorgibt. Es ist verbindlicher und klarer nachzu-vollziehen. Im BIM-Modell werden nicht mehr, wie beim bekannten CAD, Linien gezeichnet und weiterverarbeitet, sondern es werden volumetri-sche Körper modelliert, die mit Eigenschaften, u. a. dem Material, belegt werden: Das wäre dann z. B. ein T-Träger oder eine Wand. Diese Bauteilbe-zeichnungen und zugeschriebenen Eigenschaf-ten sind in ihrer Semantik standardisiert und ergeben Datensätze, deren Informationsgehalt bei einer Auswertung unter allen Beteiligten in gleichen Ergebnissen endet. Das ist ein wirkli-cher Fortschritt.

Welche Rolle spielt das Datenmanagement für den Erfolg von BIM?Es ist grundlegend. Das Schlimmste, was BIM pas-sieren kann, ist, dass jeder für sich arbeitet. Dann kann man sich den gesamten Prozess eigentlich sparen. Der zentrale Gedanke von BIM ist, dass alle nach einem festgelegten Standard mit densel-ben Daten arbeiten und dieselben Informationen abrufen können. Dafür werden die Schnittstellen zum Datenaustausch und die Datenformate fest-gelegt. Solche Daten lassen sich dann unabhängig von der jeweils genutzten Software ex- und im-portieren. Damit bleiben die Beteiligten frei in der Auswahl ihrer Software-Werkzeuge.

In der Realität ist das zwar noch nicht vollstän-dig vollzogen, allerdings werden die Standards immer weiter reguliert und verbessert, z. B. über den IFC-Standard (Industry Foundation Classes) oder eine VDI-Norm (Verein Deutscher Ingenieu-

re) für die Ingenieurbüros. Für professionelle Bauten im privaten Sektor ist das alles natürlich viel einfacher als für komplexe öffentliche Gebäu-de mit vielen produktneutralen Ausschreibungen. Da müsste der neue Workflow, der sich vom alten System doch deutlich unterscheidet, noch definiert werden und auch, wer auf welche Weise dafür honoriert wird. Die Voraussetzungen dafür sind aber schon gegeben.

Was sind die weiteren Schritte, kommt jetzt die Vernetzung der Gewerke auf der Baustelle?Aktuell müsste es ein paralleler Prozess sein, so-wohl in der vertikalen Integration vom Architek-ten zum ausführenden Handwerker und auch auf der horizontalen, ausführenden Ebene der be-teiligten Gewerke. In der horizontalen Integration erscheint es mir eher schwieriger, weil wir eine sehr kleinteilige ausführende Ebene haben mit Unternehmen, Sub- und Sub-Sub-Unternehmen.

BUILDING INFORMATION MODELING (BIM)

Digitale Vernetzung von Arbeiten, Lernen und Lehren mit BIMDigitale Vernetzung von Arbeiten, Lernen und Lehren mit BIM

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Links: BIM Modellsiedlung (Grafik: Bau Bildung Sachsen e. V.)

Unten: Auszubildende bei der Arbeit mit dem BIM Modell in der Werkstatt (Foto: Bau Bildung Sachsen e. V.)

Ich glaube, hier wird es noch eine gewisse Zeit dauern, und es wird auch noch zu Medienbrü-chen kommen, weil die Teilnahme am Verfahren dem Subunternehmer keinen Anreiz bietet.

Es wird eher über den Generalunternehmer laufen, der einen Angestellten hat, der diesen Prozess begleitet und die notwendigen neuen Informationen in das vorhandene Modell ein-speist. Den ausführenden Handwerker sehe ich noch nicht mit dem Tablet auf der Baustelle, eher mit dem Smartphone für seine individuellen Teil-aufträge. Das Tablet ist eher was für den Polier, der die relevanten Daten von seinem Arbeitsvor-bereiter bekommen hat und damit die Baustelle koordiniert.

BUILDING INFORMATION MODELING (BIM)

bernd mahrin
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Digitale Vernetzung von Arbeiten, Lernen und Lehren mit BIM
bernd mahrin
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DREI FRAGEN AN …Clemens Heber, Zimmermeister und Inhaber der Fa. Holzbau Heber in Schirgiswalde-Kirschau bei Bautzen in Sachsen

Wie bekommen Sie die Daten von den Planungsbüros?Wir haben inzwischen drei Arbeitsvorbereiter für die neue Abbundmaschine und möchten mit dem BIM-Prozess unsere Leute intern entlasten. Allerdings braucht die Maschine eine erstklas-sige Datenaufbereitung, denn wir arbeiten hier in zehntel Millimetern. Wenn also das ganze Projekt schon von Anfang bis Ende in 3D mit allen Schnittpunkten durchgeplant werden könnte und alle Daten in der Ausführungsplanung eins-zu-eins verwertbar wären, dann wäre das für uns natürlich ein Traum.

Im Moment ist es aber noch so, dass der Planer, der mit dieser Software arbeiten soll, von allen Gewerken soweit ein technisches Verständnis haben muss, dass wirklich alles zueinander passt. Aufgrund der Spezialisierung und der großen Komplexität in den Gewerken gibt es diese Leute aber nicht einfach so, man muss sie noch ausbil-den. Die Anforderungen sind heutzutage einfach sehr hoch geworden. Für das Zimmerergewerk kann man sagen, dass bei komplexen Bauten mit vielen Dachverschneidungen selbst die Planer teilweise an einer geometrisch korrekten Dach-ausmittlung scheitern, was wiederum zu einer nicht verwertbaren 3D-Datei führt.

Welche Folgen hat die Schnittstellen-problematik für Ihre Betriebsführung?Es war schon immer so, dass man die Unterla-gen, die man bekommen hat, noch mal anfassen musste. Aber der momentane Aufwand ist ex-orbitant gestiegen, um nach diesen Zeichnungen produzieren zu können und dabei die Vorgewerke zu berücksichtigen. Die Projekte sind so komplex aufbereitet, dass so viele Layer in einem Doku-ment sind und schon in der Zeichnung für den Rohbau die Steckdosen eingezeichnet sind.

Ich muss also erst mal die für den Zimmerer not-wendigen Daten aus den Dokumenten herauszie-hen. Das kostet immens Zeit, weil die Daten dann noch ein weiteres Mal mit dem Planungsbüro abgestimmt werden müssen, bevor wir sie in die Maschine geben. Früher konnte ein Arbeitsvorbe-reiter zehn Dächer vorbereiten und jetzt eher nur noch zwei. Da könnte pro Bau die Produktivität um mindestens dreißig, vielleicht fünfzig Prozent gesteigert werden. Da ist richtiges Potential drin.

Wie lösen Sie dieses Problem für sich und Ihren Betrieb?Ich sag mal so, je besser die Software, desto besser wird das Ergebnis. Wir haben inzwischen so eine Software, damit kann man die Pläne aus den Büros in 3D einlesen und spart sich den ganzen händischen Eingabeaufwand und viel von dem Abstimmungsprozedere. Ich meine aber, dass das in der Arbeitsvorbereitung von der

Qualifikation her unter dem Bauingenieur und dem Meister nicht geht. Wenn ich mir also was wünschen könnte, dann, dass im Betrieb mit der Software der Verwaltungsaufwand für die Daten runtergeschraubt werden kann, weil da Größen und Mengen hinterlegt werden können und auch eine Zeiterfassung mit angegliedert werden kann, wodurch mehr Verbindlichkeit entsteht.

Aber wenn eine große Zimmerei wie wir mit der Abbundmaschine viele Aufträge für die anderen kleineren Zimmereien in der Region ausführt, wär es schön, wenn diese Zimmereien und die beteiligten Planungsbüros auch so eine Software zu erschwinglichen Preisen hätten und im Um-gang damit geschult wären, sodass bei mir eine gute Zeichnung ankommt und ich das abgebun-dene Material schneller liefern kann. Da hätten alle was davon.

AUFBEREITUNG VON BIM-ROHDATEN ZUR PROGRAMMIERUNG DER VOLLDIGITALEN ABBUNDMASCHINE

Digitale Vernetzung von Arbeiten, Lernen und Lehren mit BIMDigitale Vernetzung von Arbeiten, Lernen und Lehren mit BIM

Werkhalle Heber Holzbau (Foto: Bau Bildung Sachsen e. V.)

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DREI FRAGEN AN …Kerstin Ganz, Bereichsleiterin für Weiterbildung und Projektentwicklung und Roland Schnölzer, Zimmerermeister und Ausbildungsmeister im überbetrieblichen Ausbildungszentrum Bautzen des Bau Bildung Sachsen e. V.

Welche Bedeutung hat BIM für die Lernan-gebote des Bau Bildung Sachsen e.V., Frau Ganz?Die meisten Baufirmen haben BIM für sich noch nicht so richtig im Blick und sehen die Vorteile der Effizienzsteigerung noch nicht. Die Tendenz in der betrieblichen Praxis geht aktuell vor allem zu digitalen Anwendungen, die aber bereits BIM-Tools darstellen können. In Einzelfällen wird auf Baustellen schon mit Bauwerksinformationsmo-dellen gearbeitet, die die Datendurchgängigkeit und die strukturierte Datenablage, wie bei BIM gefordert, ermöglichen.

Wir sind uns sicher, dass BIM in Abhängigkeit von verschiedenen Rahmenbedingungen, wie z. B. am Markt verfügbare kompatible Softwarelösungen, Datenanforderungen der Auftraggeber usw., die betriebliche Praxis künftig stärker erreichen wird. Bauunternehmen können sich darauf einstellen, indem sie die Prozesse im Unternehmen optimie-

ren und digitalisieren, und – ganz wichtig – die Beschäftigten mitnehmen. Wir als die Qualifi-zierer wollen das Thema BIM in unsere Angebote für zukünftige Lehrlinge, Facharbeiter, Vorarbeiter und Poliere praxisgerecht einbringen.

Darüber hinaus sehen wir die dringende Not-wendigkeit, dass sich Firmen dem Thema stärker als bisher stellen sollten. Wir möchten dafür gern Impulse setzen und unterstützen, indem wir Möglichkeiten zum fachlichen Austausch mit führenden Experten bieten und den Zugang zu BIM-Forschungseinrichtungen und Dienstleistern ermöglichen. Momentan gibt es z. B. Überlegun-gen in Deutschland, wie auch das Handwerk ge-zielt in BIM-Bauprojekte mit eingebunden werden kann. Hier sind die Unternehmen auch selbst gefragt, z. B. bei der Gestaltung von BIM-Anwen-dungsfällen im Rahmen des Standardisierungs-prozesses mitzuwirken.

Wie setzen Sie Ihr Vorhaben in Ihrem Aus-bildungszentrum in die Praxis um? Unsere Zielgruppen sind die Lehrlinge und die zu-künftigen Poliere in der Aufstiegsfortbildung. Da braucht man allerdings kein völlig neues Angebot erfinden, weil die Lehrpläne das heute schon hergeben, zum Beispiel die PC-Anwendung in der Bauablaufplanung, was traditionell noch auf Papier erfolgt.

Wir haben Firmen gefunden, die mit und für uns maßgeschneiderte Lernumgebungen entwickeln und dabei am Markt verfügbare Programme verwenden. Wir füttern diese Systeme mit Bau-werks- bzw. Baustellendaten (zum Beispiel Kal-kulation, Personal, Geräte, Maschinen, Material) und wollen diese sowohl in der Erstausbildung als auch in der Aufstiegsfortbildung einsetzen. Unsere Dozenten und Ausbilder konstruieren sich dann daraus Lernformate für den Unterricht

und für die fachpraktische Ausbildung, in denen Aufgaben aus dem Baustellenalltag bearbeitet werden können.

Im Rahmen der Ausbildung führen wir auf diese Weise die Facharbeiter von Morgen bereits niedrigschwellig an den Umgang mit digitalen Bauwerksmodellen sowie die Informations-, Kommunikations- und Dokumentationsmöglich-keiten in einer modellzentrierten webbasierten Arbeitsumgebung, dem BIM-Viewer, heran. In der Aufstiegsfortbildung wollen wir zum Beispiel in einer Unterrichteinheit darstellen, was BIM als Arbeitsmethode darstellt, wie der aktuelle Stand zu diesem Thema ist. Vor allem aber sollen Polie-re im Unterricht erleben, wie digitale Anwendun-gen Aufgaben des Baustellenalltags effektiv lösen helfen, zum Beispiel in der Bauablaufplanung. Poliere sind oft Multiplikatoren in den Unterneh-men. Deshalb wollen wir sie von dieser neuen

EINSATZ DES BIM IN DER AUS- UND WEITERBILDUNG

Digitale Vernetzung von Arbeiten, Lernen und Lehren mit BIMDigitale Vernetzung von Arbeiten, Lernen und Lehren mit BIM

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Arbeitsmethode begeistern, ihnen aber auch fundiertes Fachwissen vermitteln, das sie dann in die Unternehmen weitertragen.

Herr Schnölzer, wie gestalten Sie mit dem BIM-Modell Ihre Ausbildung?Ich habe mir für die Erstausbildung zum Beispiel eine Gaube konstruiert, zu der ich ein Aufgaben-blatt erstellen und Anlagen anfügen kann. Das ist im Grunde ganz einfach ein waagerechtes Holz mit links und rechts Zapfen dran. Dafür gibt es die entsprechenden Unterlagen, Auftragsplanung, Analyse, Durchführung und Konstruktionshinwei-se. Das sind alles einzelne, beschreibbare PDF aus meinem alten Papierfundus, den ich digitalisiert habe und die ich der Lehrlingsgruppe 1 auf das Tablet 1 schicke. Die Gruppe 2 bekommt eine

andere Aufgabe auf das Tablet 2. Ich bin danach nur noch so was wie ein Begleiter der ganzen Ge-schichte und steuere den Prozess des vernetzten Arbeitens über Tablets und kann über diese auch mit den Auszubildenden kommunizieren.Natürlich muss ich an der Tafel noch ein biss-chen Theorie erklären, klar, aber das BIM hat den großen Vorteil, dass es dreidimensional ist: Die Auszubildenden sehen die Gaube, können sie drehen und kippen, und sie haben alle ihre Unter-lagen elektronisch gebündelt. In meiner Zimme-rer-Ausbildung bin ich damit voll arbeitsfähig und wir versuchen im nächsten Schritt die Berufe zu verbinden, indem wir Daten und Aufgaben zum Beispiel für Maurer und Zimmerer zusammenfüh-ren. Das machen wir schon ab dem letztjährigen ersten Lehrjahr.

Digitale Vernetzung von Arbeiten, Lernen und Lehren mit BIMDigitale Vernetzung von Arbeiten, Lernen und Lehren mit BIM

BIM-Monitor in der Berufsausbildung (Foto: Bau Bildung Sachsen e. V.)

EINSATZ DES BIM IN DER AUS- UND WEITERBILDUNG

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DREI FRAGEN AN …Stephan Hedt, Niederlassungsleiter bei der Fa. Eurovia Teerbau GmBH, Hamburg

Wie wirkt sich der Fachkräftemangel auf Ihre Unternehmensgruppe aus?In den letzten Jahren ist er zu einer echten Herausforderung geworden. Es erfordert von uns neben dem ohnehin dynamischen Geschäfts-betrieb zunehmend Engagement, den Personal-bestand quantitativ zu halten und Stellen neu zu besetzen. Unser stärkster Zuwachs erfolgt noch immer über den Ausbildungsweg. In den ländlich geprägten Regionen sammeln wir regelmäßig sehr gute Erfahrungen mit unseren Auszubil-denden und übernehmen fast alle Absolventen. Gelegentlich sind unsere Auszubildenden auch unter den Landesbesten ihres Jahrgangs, was uns besonders freut. Durch das Elternhaus und das Umfeld sind die Schüler fernab der Metropol-regionen häufig besser auf den Bauberuf vor-bereitet. Auch das Image des Baus, sowie das der handwerklichen Arbeit generell, ist hier deutlich besser. In den Städten kommt hinzu, dass wir als Bauunternehmen hier noch stärker in Konkurrenz

zu anderen Ausbildungsberufen stehen, die ver-meintlich attraktivere Arbeitsbedingungen mit sich bringen.

Wir sind deswegen aktiv vor Ort auf Ausbil-dungsmessen, Jobbörsen und auch direkt in den Schulen. Wir registrieren jedoch eine stetig sinkende Zahl an Kandidaten, die für uns in Frage kommen. Allgemein müssen wir es erreichen, als Unternehmen bei unseren Zielgruppen sehr präsent zu sein, uns attraktiv zu zeigen und dieses Niveau auch zu halten. Wir haben auch wertvolle Erfahrungen gemacht, Kandidaten eine Chance zu geben, die einen Lebenslauf mit Brüchen aufweisen. Gegenüber Schulabgängern sind diese Mitarbeiter in der Regel zielorientierter und haben eine bessere Vorstellung davon, was im Berufsleben auf sie zukommt.

In Summe muss man ganz klar festhalten, dass aktuell der Personalmangel den Geschäftsbetrieb

belastet: unser Umsatzwachstum wird dadurch begrenzt, weil es uns seit einigen Jahren nicht mehr gelingt, in dem erforderlichen Umfang gu-tes Personal für den Baubereich zu gewinnen.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung für das Personal auf der Baustelle?Die Digitalisierung hat auch auf den Baustellen Einzug gehalten. So rüsten wir bereits seit vielen Jahren unsere Kolonnenleiter mit Tablets aus, damit diese Baustellenberichte, Einsatzstunden und eingesetzte Geräte direkt in das SAP-System einspeisen können. Die mit der Digitalisierung einhergehende Chance zur Imageverbesserung sehe ich als ganz wichtigen Faktor. Daher freue ich mich auch über aktuelle Studien zur Digi-talisierung, die zukünftige Möglichkeiten in der Baubranche skizzieren. Neben der Digitalisierung von Lieferscheinen und ganzen Logistikketten werden auch neue Technologien entwickelt, die das körperliche Arbeiten erheblich erleichtern

werden, wie zum Beispiel durch den Einsatz von Exo-Skeletten. Schon heute gibt es neuerdings zum Beispiel für das Verlegen von Bordsteinen und Gehwegplatten kleine kettengeführte Geräte mit Vakuumtechnik, die man ohne größere Kraft-anstrengung bedient, womit das Ganze für die jungen Leute eine neue Attraktivität gewinnen kann. Der Beruf hat sich bereits verändert, aber das muss sich erst noch rumsprechen.

Eines der Hauptziele bei der weiteren Digitalisie-rung muss eine intuitive Bedienung der Technik sein, die uns unterstützt, ohne die Mitarbeiter in der Anwendung zu überfordern. Die Digitali-sierung wird dafür sorgen, dass Arbeitsprozesse vereinfacht werden: So haben unsere Meister heutzutage einen sogenannten Rover-Stab, ein GPS-gestütztes Vermessungsgerät, womit sie jeden Punkt auf der Baustelle bis auf zwei Zenti-meter Genauigkeit in der Lage abstecken können. Dies erhöht die Unabhängigkeit der Kolonnen-

DIGITALISIERUNG ALS ANREIZ FÜR DIE PERSONALGEWINNUNG EINER UNTERNEHMENSGRUPPE

Digitalisierung als Kulturwandler im Handwerk?!Digitalisierung als Kulturwandler im Handwerk?!

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das positive Erleben der eigenen Tätigkeit. Wir haben Bagger mit moderner Steuerung, es gibt inzwischen den teilautomatisierten Asphaltfer-tiger, Verdichtungswalzen mit flächendeckender Verdichtungskontrolle über GPS-Systeme und vieles mehr. Der Job des Straßenbauers ist bereits heute unter vielen Aspekten attraktiv für Menschen, die gern im Team und an der frischen Luft arbeiten wollen. Unsere Aufgabe ist es, diese Tatsache nach außen noch besser zu kommuni-zieren und die Wertschätzung für diese Berufe zu erhöhen.

Wir gehen davon aus, dass durch die Digitalisie-rung die Berufsbilder des Straßenbaus weiter an Attraktivität gewinnen werden. Unsere Mitarbei-ter sind Teil der Digitalisierung, über die gerade überall gesprochen wird, sie schauen nicht nur zu, sondern gestalten sie mit. In Anbetracht der anstehenden Veränderungen wäre es mein Wunsch, dass die überbetrieblichen Ausbildungs-stätten gemeinsam mit uns verstärkt daran arbeiten, unseren Auszubildenden Offenheit für neue Entwicklungen und Technik zu vermitteln. Es geht darum, einen selbstverständlichen Um-gang mit digitalisierter Technik zu finden und vor

allem potenzielle Hemmschwellen oder sogar Ängste abzubauen. Meine Hoffnung ist, dass wir Digitalisierung und technischen Fortschritt nutzen können, um unsere Lücke an Personal-kapazitäten zu schließen und Anreize für unsere Branche zu setzen.

leiter erheblich. Früher musste diese Arbeit je nach Baufortschritt in diversen Einsätzen durch einen Vermesser vorgenommen werden. Bei der Maschinentechnik erleichtern z. B. Bagger mit 2D- und 3D-Steuerungssystemen die Arbeit bei Profilierungsarbeiten. Der Fahrer kann auf diese Weise selbstständig die herzustellenden Höhen direkt am System ablesen und ist nicht perma-nent auf aufwändige, händische Begleitung an-gewiesen. Bei den Raupen und den Gradern kann die Steuerung inzwischen sogar schon autonom arbeiten. Hier ist der Fahrer in erster Linie für die Einstellung und Kontrolle der Steuerung sowie das Bewegen des Gerätes zuständig. Die Fahrer bekommen also immer ausgereiftere Assistenz-systeme, mit denen sie arbeiten und die Quali-tät verbessern können. Für die Mitarbeiter wird die Arbeit hierdurch abwechslungsreicher und attraktiver.

Welche Rolle kann die Digitalisierung bei der Personalgewinnung spielen?Wir müssen die positiven Effekte der Digitali-sierung nutzen, um das Image der Branche zu verbessern. Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Mitarbeiter grundsätzlich sehr positiv auf tech-

nische Neuerungen reagieren, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Mehrwert schnell erkennbar ist. Dann macht es ihnen Spaß. Bereits vor einigen Jahren haben wir bei der Profilierung von Gräben einen konventionellen Bagger ohne Steuerung einem modernen 3D-gesteuerten Gerät gegenübergestellt. Dabei haben wir fest-gestellt, dass die Fahrer sich nach einer Einwei-sung innerhalb weniger Stunden auf die neue Technik einstellen. Am Ende wollten die Fahrer vorzugsweise nur noch mit dem neuen 3D-Bag-ger arbeiten. Weil das einfach gut funktioniert! Trotzdem braucht man auch dafür einen kompe-tenten Baggerfahrer, der das Gerät beherrscht. Es ersetzt also nicht den Baggerfahrer, sondern unterstützt ihn bei der Umsetzung.

Wir müssen das Berufsbild des Straßenbauers weiter modernisieren bzw. es in den Köpfen auch bekannt machen. Es ist eben nicht nur der einfache Hilfsarbeiter mit der Rüttelplatte. Wir haben heute schon viel mehr als das, wir haben anspruchsvolle Aufgaben mit Verantwortung und wir haben natürlich Maschinen und Geräte mit neuester Technik, die es zu bedienen gilt. Das ist dann ein Erfolgserlebnis und steigert Lernszene Straßenbau (Foto: Krümmel, TU Hamburg)

DIGITALISIERUNG ALS ANREIZ FÜR DIE PERSONALGEWINNUNG EINER UNTERNEHMENSGRUPPE

Digitalisierung als Kulturwandler im Handwerk?!Digitalisierung als Kulturwandler im Handwerk?!

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An vielen Ausbildungszentren wird inzwi-schen mit einer Software gearbeitet, mit deren Hilfe ein vernetzter Ausbildungs-betrieb organisiert werden kann. Dort können die Auszubildenden zusammen mit den Ausbildenden auch selbst etwas entwickeln. Das führt zu neuer Motivati-on auf allen Seiten. Wir erleben zum Bei-spiel erfahrene Ausbildende, die schon kurz vor der Rente stehen, die aber völlig in den neuen technischen Möglichkeiten aufgehen und selbst anfangen, mit all diesen neuen Möglichkeiten zu spielen. In den Betrieben ist das ähnlich. Es hängt jedenfalls nicht vom Alter ab, wie man zur Digitalisierung steht.

Wie schätzen Sie die digitalen Kompetenzen von Ausbildenden und Auszubildenden ein?Bei den Jugendlichen ist die Digitalisie-rung in jedem Falle eine Chance, weil sie die Attraktivität der Ausbildung steigern kann. Sie bringen schon sehr viele Kom-petenzen aus ihrer privaten Welt mit. Aber wenn sie dann in die Ausbildung kommen, wundern sie sich, dass noch viele analoge Kompetenzen gefragt sind. Ein eigenes Social-Media-Profil ist außer-dem etwas anderes als ein vernetztes Arbeitsleben in den Ausbildungszentren und den Betrieben. Da muss man häufig quasi bei Null beginnen.

DIGITALISIERUNG ALS ANREIZ IN DER PERSONALGEWINNUNG

DREI FRAGEN AN …

Susanne Müller, Ass. jur., Geschäfts-führerin des Kompetenzzentrums für Berufsbildung und Personalentwicklung beim Hauptverband der Deutschen Bau-industrie e. V.

Welchen Einfluss hat die Digitali-sierung auf die Ausbildung in der Bauwirtschaft?Letztlich soll die Ausbildung die be-triebliche Praxis widerspiegeln. Es ist immer schwierig, wenn in der Aus-bildung irgendetwas gelehrt wird, was auf der Baustelle nicht oder noch nicht stattfindet. Wir haben natürlich schon diejenigen Firmen, die komplett digitalisiert sind. Das ist die Speerspitze. Aber die Ausbildungszentren sollen vor allem einen Branchenstandard sicher-stellen. Es geht hier zunächst mal nicht um Digitalisierung, sondern darum, dass die Auszubildenden das Gefühl dafür bekommen, was sie unbedingt haben müssen, um unabhängig vom Betrieb als Fachkraft in den Beruf einsteigen zu können.

Wir haben jetzt den großen Vorteil, dass ein Förderprogramm des Bundesinsti-tuts für Berufsbildung große Summen zur Verfügung hatte, um die Ausbil-dungszentren digital auszustatten. Für uns ist es zurzeit wichtig, die entspre-chenden Lernkonzepte zu entwickeln, um das Bewusstsein und den Umgang zu schulen, damit die Betriebe gute Nachwuchskräfte bekommen. Wir müs-sen aber genauso sicherstellen, dass die Ausbildenden den Kontakt zur Baustelle nicht verlieren. Wir müssen deshalb dar-auf achten, dass das Handwerkliche und die Prozesse unterrichtet werden. Das muss sich gegenseitig befruchten.

Was kann die Digitalisierung für die Vernetzung der Lernorte bewirken?Es ist tatsächlich so, dass wir angesichts der Möglichkeiten der Digitalisierung aktuell noch mehr über die Verknüpfung der Lernorte nachdenken, also Berufs-schulen, überbetriebliche Ausbildungs-stätten und Betriebe. Es mag nicht schlecht sein, wenn die überbetriebliche Ausbildung ein bisschen die Vorreiter-rolle übernimmt. Es gibt ja auch eine Signalwirkung, wenn die Auszubilden-den das Gelernte mit in die Betriebe nehmen und selbst die Multiplikatoren-Funktion übernehmen. Aber der Haupt-lernort ist nach wie vor der Betrieb. Die überbetriebliche Ausbildung deckt als Unterstützung ja genau das ab, was der Betrieb nicht leisten kann aufgrund der Schnittstellenproblematik, die wir in und zwischen den Berufen haben.

Die Ausbildung vermittelt grundsätzlich die Mindeststandards, also die Grund-lagen, die für den Beruf als solchem in jedem Fall benötigt werden. Das eigentli-che Lernen erfolgt entsprechend der je-weiligen Tätigkeitsschwerpunkte in den Betrieben. Angenommen, es gibt einen kleinen Betrieb, bei dem die Digitalisie-rung noch nicht so Einzug gehalten hat, dann ist es natürlich sinnvoll, wenn in der überbetrieblichen Ausbildung Anrei-ze geschaffen werden und wenn sensi-bilisiert wird für bestimmte Themen, die dann auch im Betrieb schrittweise zum Umdenken führen.

Digitalisierung als Kulturwandler im Handwerk?!Digitalisierung als Kulturwandler im Handwerk?!

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ganzes Stück entfernt. Ein ganz wichti-ger Aspekt für die Digitalisierung ist der analoge Prozess. Wer das Bauen nicht beherrscht, kann es auch nicht digitali-sieren.

Welche Auswirkungen hat die Digitali-sierung auf das Selbstverständnis des Baugewerbes?Das Baugewerbe steht vor der Heraus-forderung, seine Abläufe und Prozesse zu verbessern und dabei auch die Mög-lichkeiten der Digitalisierung verstärkt zu nutzen. Hier gibt es noch – auch auf Grund der handwerklichen Strukturen der Branche – Nachholbedarf, obwohl die Branche sowohl bei den Themen

Bewirkt die Digitalisierung einen Kulturwandel im Baugewerbe?Von Kulturwandel würde ich derzeit noch nicht sprechen wollen. Auf lange Sicht wird es aber einen Wandel durch die fortschreitende Digitalisierung ge-ben. Digitalisierung ist sehr vielschichtig und wirkt sich auf allen Ebenen aus. Alle Beteiligten der Wertschöpfungskette Bau sind mehr oder weniger stark davon betroffen bzw. werden davon betroffen sein. Langfristig wird die Digitalisierung dazu beitragen, dass materielle und vor allem personelle Ressourcen geschont werden. Trotzdem wird die handwerk-liche Arbeit nicht komplett ersetzt werden können. Davon sind wir noch ein

DIE ROLLE DER DIGITALISIE-RUNG FÜR DAS ANSEHEN DES HANDWERKS

DREI FRAGEN AN …

Dr. Cornelia Vater, Abteilungsleiterin Be-rufsbildung im Geschäftsbereich Sozial- und Tarifpolitik beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB)

IT- und Informationssicherheit sowie Datenschutz als auch bei der Einbindung mobiler Endgeräte, Datenspeicherung und Datenübertragung bereits spürbar zugelegt hat.

Im Zusammenhang mit den Möglichkei-ten der Digitalisierung brauchen wir aber nach wie vor und zuallererst eine breite Grundbildung zum Verständnis der analogen Abläufe und Prozesse sowie des Ineinandergreifens der Gewerke auf einer Baustelle. Für das eigene berufli-che Tätigkeitsfeld ist es für alle Beschäf-tigten von großer Bedeutung zu wissen, was macht das Gewerk vor mir und auch das Gewerk nach mir? Die Digitalisierung von Abläufen und Prozessen kann das gewerkeübergreifende Denken und damit ein vernetztes Arbeiten der unter-schiedlichen Gewerke unterstützen, Problembereiche besser aufzeigen und helfen, Fehler zu vermeiden.

Wie kann man die Karrieremöglich-keiten im Baugewerbe bekannter machen?Wir können nicht genug darüber reden und berichten, dass wir eine qualitativ hochwertige Ausbildung sowie Fort- und Weiterbildung haben. Die Branche war stets attraktiv und innovativ, sie wird aber leider noch nicht immer so wahrge-nommen. Hier besteht nach wie vor ein großer Handlungsbedarf.

Die Bauwirtschaft ist ein attraktiver Ar-beitgeber, der für hohe Ausbildungsver-

gütungen, gute Bezahlung und attrakti-ve Karrierechancen steht. Diese reichen vom Vorarbeiter über den Werkpolier, Geprüften Polier bis hin zum Meister, der es den jungen Menschen ermöglicht, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Mit Aktivitäten wie der Deutschen Meis-terschaft in den bauhandwerklichen Be-rufen macht der ZDB auch auf die hohe Qualität der Ausbildung aufmerksam. Jedes Jahr werden die besten Nach-wuchskräfte im Rahmen der Deutschen Meisterschaft gekürt. Das ist eine Form des Bestenmarketings und findet seine Fortsetzung beim Nationalteam Deut-sches Baugewerbe, das für die Euro-Skills bzw. WorldSkills nominiert wird. Neben den Schulabgängern rücken auch verstärkt die Eltern in den Mittel-punkt. Sie sind immer noch maßgeblich an der Entscheidungsfindung für den beruflichen Werdegang ihrer Kinder beteiligt. Bei Tagen der offenen Tür von Ausbildungsstätten werden zunehmend auch die Eltern eingeladen, damit sie sich ein reales Bild von der Ausbildung im Baugewerbe machen können. Oft führt das auch zu „Aha-Effekten“. Eltern wollen immer nur das Beste für ihre Kin-der, entscheiden sich meistens für den akademischen Weg, obwohl viele an der Hochschule nicht gut aufgehoben sind. Am Beispiel des Studienganges Bauinge-nieurwesen, bei dem die Abbruchquote sehr hoch ist, könnte man auch fragen, wie es vorweg oder sogar stattdessen mit einer Ausbildung zum Maurer oder Zimmerer wäre?

Digitalisierung als Kulturwandler im Handwerk?!Digitalisierung als Kulturwandler im Handwerk?!

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50 www.digibau.eu

IMPRESSUMHerausgeberTechnische Universität HamburgInstitut für Angewandte Bautechnik (G-1)Am Schwarzenberg-Campus 421073 HamburgProf. Dr. Franz F. Mersch

Ausbildungszentrum-Bau in Hamburg GmbHSchwarzer Weg 322309 HamburgTorsten Rendtel

BearbeitungDr. Stefan Krümmel, Technische Universität HamburgKai Dettmann, Ausbildungszentrum-Bau in Hamburg GmbH

Interviews Dr. Stefan Krümmel (1-2, 4-17), Technische Universität HamburgKai Dettmann (3), Ausbildungszentrum-Bau in Hamburg GmbH

Korrektorat und SchlussredaktionBernd Mahrin und Nora-F. Freytag, Technische Universität Berlin

Gestaltung und Layout kommaKLAR | Agentur für Gestaltung, Berlin

BildnachweiseSoweit bei den in dieser Broschüre ver-wendeten Abbildungen keine Quellen-/Urheberangaben gemacht sind, handelt es sich um eigene Fotos und Grafiken der jeweiligen Projektpartner.

BESUCHEN SIE UNS ONLINEWWW.DIGIBAU.EU

ist der Titel des Programms, mit dem das Bundes-ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit wechselnden Schwerpunkten innovative Projekte fördert, um Potenziale digitaler Medien in der be-ruflichen Aus- und Weiterbildung nutzbar und das Lernen und Lehren attraktiver zu machen.

www.qualifizierungdigital.de bietet umfang-reiche Informationen zum Einsatz digitaler Medien in der beruflichen Bildung. In einer Projektdaten-bank werden die geförderten Vorhaben mit ihren Ergebnissen, Erkenntnissen, Produkten und Ange-boten vorgestellt. Praxisbeispiele und Interviews

mit Akteurinnen und Akteuren bieten Anregungen. Die jährlich stattfindende Fachtagung eQua-lification – diesmal am 09. und 10. März 2020 im World Conference Center in Bonn – bietet Gelegenheit zum Informations- und Erfahrungs-austausch zum Einsatz digitaler Medien in der beruflichen Bildung.

Zur Unterstützung des Ergebnistransfers der Pro-jekte findet jährlich an mehreren Standorten eine Roadshow Digitale Medien im Ausbildungsall-tag mit Anwenderworkshops statt (https://bit.ly/2BixZxi).

DIGITALE MEDIEN IN DER BERUFLICHEN BILDUNG

D ie 15 Kompetenzzentren im Kompetenz-netzwerk Bau und Energie e.V. bieten ein

umfassendes Portfolio von Bildungs- und Be-ratungsdienstleistungen für Auszubildende und Fachkräfte aus der Bauwirtschaft und der Gebäu-detechnik. Berufspädagogische und didaktische Fachgebiete aus fünf assoziierten Universitäten beraten und unterstützen die Netzwerkpartner.

Systematisches Monitoring und Qualitätsma-nagement, exzellente Ausstattung der Werkstät-ten und gezielter Einsatz von digitalen Medien sowie vielfältige Kooperationen mit externen Partnern garantieren Aktualität, Praxisnähe und Nachhaltigkeit des Angebots. Lehrgangskon-zepte, Funktionsmodelle und Lernmaterialien werden erprobt und ausgetauscht.

Die Digitalisierung von Arbeits- und Lernprozes-sen sowie Nachhaltigkeit in Erwerbsarbeit und Ausbildung nehmen breiten Raum in der Netz-werkarbeit ein. Informationen unter www.komzet-netzwerk-bau.de/projekte/.

KOMPETENZNETZWERK BAU UND ENERGIE E. V.

Die Mitglieder des Kompetenznetzwerk Bau und Energie e. V. sind ausgezeichnet als Kompetenzzentren nach den Richtlinien der Bundesregierung.

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PROJEKTPARTNERTechnische Universität HamburgInstitut für Angewandte Bautechnik (G-1)

Ausbildungszentrum-Bau in Hamburg GmbHKompetenzzentrum für zukunftsorientiertes Bauen

Handwerkskammer Münster Handwerkskammer Bildungszentrum Münster (HBZ)

Technische Universität BerlinInstitut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre

Berufsförderungswerk e. V. des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg e. V.Kompetenzzentrum für Nachhaltiges Bauen Cottbus

Berufsförderungsgesellschaft des baden-württembergischen Stuckateurhandwerks m.b.HKompetenzzentrum für Ausbau und Fassade

Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes (Bubiza) Kassel

Gem. Berufsförderungswerk des Baden-Württembergischen Zimmerer- und Holzbaugewerbes GmbHBildungszentrum Holzbau Baden-Württemberg

Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft BentheimBTZ Berufsbildungs- und TechnologieZentrum Osnabrück

Bildungswerk BAU Hessen-Thüringen e. V.Aus- und Fortbildungszentrum Walldorf

BFW Bau Sachsen e. V.Kompetenzzentrum Bau und Bildung mit den Überbetrieblichen Ausbildungszentren Dresden und Leipzig

Berufsförderungswerk der Südbadischen Bauwirtschaft GmbH KOMZET BAU BÜHL

Technische Universität DresdenProfessur für Bautechnik und Holztechnik sowie Farbtechnik und Raumgestaltung/ Berufliche Didaktik

DigiBAU