Digitale Public Affairs

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Digitale Public Affairs – Chancen und Ambivalenzen TU Berlin, Masterstudiengang Wissenschaftsmarketing, Modul Public Affairs Dr. Hans Bellstedt, hbpa GmbH Berlin, Okt./Nov. 2015 Früher Hinterzimmer, heute facebook?

Transcript of Digitale Public Affairs

Digitale Public Affairs – Chancen und Ambivalenzen

TU Berlin, Masterstudiengang Wissenschaftsmarketing, Modul Public AffairsDr. Hans Bellstedt, hbpa GmbHBerlin, Okt./Nov. 2015

Früher Hinterzimmer, heute facebook?

Agenda

Seite 2

I. Was ist Public Affairs?II. Wo stehen wir bei der Digitalisierung?III. Wie kann PA durch Social Media an

Zielgenauigkeit gewinnen?IV. Wie kann Social Media zu mehr Transparenz

im Verhältnis zwischen Wirtschaft und Politik beitragen?

V. Welche Risiken bestehen?Fazit: Die digitale Revolution annehmen

Was ist Public Affairs?PA-Einführung

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▪ Public Affairs ist ein…▪ strategisch ausgerichteter Prozess ▪ zur Artikulation und Durchsetzung von Unternehmens-

oder Organisationsinteressen ▪ gegenüber dem politischen und öffentlichen Umfeld.

▪ Ausgangspunkt sind typischerweise ein oder mehrere „Issue(s)“, d.h. Themen mit strategischer Relevanz für den jeweiligen PA-Akteur (Unternehmen, Verband, NGO, wiss. Institution).

▪ Public Affairs stehen derzeit vor doppelter Herausforderung:▪ Harter Wettbewerb um Aufmerksamkeitsfenster der

Politik▪ Kritischer Blick der Öffentlichkeit auf das

Beziehungsgeflecht Wirtschaft – Politik:

PA vor doppelter HerausforderungPA-Einführung

Seite 4

Politik

Ukraine

PA-Akteur

Kritische Öffentlichkeit

Wett

streit

um

Aufm

erks

amke

it Kritisches

Hinterfragen

Euro-Krise

Flüchtlinge

#dieselgate

Agenda

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I. Was ist Public Affairs?II. Wo stehen wir bei der Digitalisierung?III. Wie kann PA durch Social Media an

Zielgenauigkeit gewinnen?IV. Wie kann Social Media zu mehr Transparenz

im Verhältnis zwischen Wirtschaft und Politik beitragen?

V. Welche Risiken bestehen?Fazit: Die digitale Revolution annehmen

Der Megatrend unserer ZeitDigitalisierung

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▪ Digitale Technologien dringen in nahezu jeden Lebensbereich vor: „Alles, was digitalisierbar ist, wird digitalisiert“.

▪ Technologische Leistungskraft der IT-Industrie wächst exponentiell

▪ Sensoren, Roboter, Drohnen, Autonomous Driving, Künstliche Intelligenz…

▪ Internet of (every)thing(s): Vernetzung von Dingen, Prozessen, Daten und Menschen

▪ Plattformökonomie: The winner takes all…▪ Sharing Economy: Uber, airbnb, …▪ Exponentielle Verbreitung der Social Media:

Social Media überall…

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Digitalisierung

Die Nutzerzahl von Facebook ist größer als die Bevölkerung von China.

Facebook

Youtube

Whatsapp

Instragram

Twitter

Snapchat

Periscope

0 0.5 1 1.5 2

Aktive Nutzer pro Monat in Mrd.

Digitalisierung = mediale Demokratisierung

Digitalisierung

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▪ Nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, eigene Botschaften abzusenden -> Demokratisierung/Popularisierung der Kommunikation (Social Media)

▪ Nahezu unbegrenzte Erreichbarkeit (lokal, zeitlich…) und Auffindbarkeit (digitaler Fußabdruck/digitale Identität)

▪ Herkömmliches Verständnis von Privatsphäre gerät unter Druck -> neuer Begriff von „privacy“?

▪ Allmacht der Algorithmen: Sammlung und Verwertung von Nutzerdaten

▪ Neue Möglichkeiten, definierte Zielgruppen passgenau zu adressieren („targeting“) und zu mobilisieren („activating“): Chance für Public Affairs…

Agenda

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I. Was ist Public Affairs?II. Wo stehen wir bei der Digitalisierung?III. Wie kann PA durch Social Media an Zielgenauigkeit

gewinnen?IV. Wie kann Social Media zu mehr Transparenz

im Verhältnis zwischen Wirtschaft und Politik beitragen?

V. Welche Risiken bestehen?Fazit: Die digitale Revolution annehmen

Digitale PA = Communities aufbauen

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▪ Public Affairs dehnen sich zunehmend in die digitale Sphäre, v.a. Social Media, aus.

▪ Social Media Kanäle ermöglichen:▪ Aufbau themenbezogener

Communities▪ Aktivieren und Mobilisieren von

Freunden resp. „Followern“ für die eigenen Themen

▪ Live-Coverage von Events▪ Unmittelbare Feedbackoptionen

▪ Zugleich Vermeiden von Streuverlusten durch:▪ Social Targeting (Persönliche

Interessen)▪ Soziodemographische Informationen

(Profil)▪ Geo-Targeting

(Standortinformationen) Immer mehr PA-Akteure bedienen sich dieser Möglichkeiten…:

Digitale Möglichkeiten

Unter Verwendung der Nutzerdaten lässt sich auf Facebook die Zielgruppe erweitern.

Mit „UdL digital“ fing alles an…

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▪ Mit dem Digital PA-blog „UdL digital“ hat E-plus (Telefonica) den Standard gesetzt: Diskussionsveranstaltungen mit

prominenten Netzpolitikern und Experten (zuletzt BM‘in A. Nahles, SPD)

Live auf twitter, Vor- und Nachbereitung auf facebook, youtube

Gastbeiträge zu Einzelaspekten der Digitalisierung

Darstellung und Kommentierung der laufenden, die Digitalwirtschaft betreffenden Gesetzgebung

Begleitung der „Digitalen Agenda“ der Bundesregierung

Digitale Möglichkeiten

Auf Twitter begleitet UdL seine Veranstaltungen live.

BDI: Analoge Kampagne digital flankieren

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▪ Die deutsche Industrie nutzt alle digitalen Möglichkeiten, um die Stimmung bezgl. TTIP zu drehen: Verknüpft alle

Kommunikationskanäle (analog und digital).

Nutzt twitter und Facebook, um auf pro-TTIP-Plakataktion in Berlin aufmerksam zu machen

Teilt pro-TTIP-Artikel und informiert über pro-TTIP-Veranstaltungen

Mobilisiert Gegenbewegung zur Anti-TTIP-Demo am 17.10.2015

Regt Mitgliedsverbände und deren Mitglieder dazu an, sich ebenfalls (v.a. auf twitter) pro TTIP zu äußern (u.a. story-telling über Mittelständler, die von TTIP profitieren)

Digitale Möglichkeiten

TTIP goes twitter (929 Follower): Die deutsche Industrie wirbt über den 140 Zeichen-Kanal massiv für das Handels-Abkommen.

foodwatch mobilisiert auf digitalem Weg

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▪ foodwatch hingegen nutzt alle digitalen Möglichkeiten, um Stimmung contra TTIP und CETA zu machen:▪ Facebook, Twitter, YouTube,

Google+, Homepage▪ Koordiniertes Vorgehen auf allen

Kanälen▪ Persönliche, eher

umgangssprachliche Kommunikation

▪ Riesige Followerschaft auf FB (>300 Tausend) und Twitter (> 47 Tausend)

▪ Verzahnung mit anderen NGO und TTIP-Gegnern (z.B. „Campact“, „KMU gegen TTIP“) im Social Web, u.a. durch gezieltes Retweeten

Digitale Möglichkeiten

Dank digitaler Mobilisierung : 3 Millionen Menschen unterschreiben gegen TTIP und CETA

Digitale PA in den USA: Extremfall NRA

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▪ Waffen-Lobby in den USA propagiert ihre Anliegen aggressiv auf Social Media.

▪ „Shaming“ von Andersdenkenden▪ Geteilte Beiträge sind sprachlich

auf direktem, teils verletzendem Niveau: ▪ „Dear Gavin Newsom, please

leave crime prevention to the pros.“

▪ Teilen von Bildern und Artikeln, die NRA- Standpunkt vertreten.

▪ > 4 Millionen „Like it“ auf Facebook> 290 Tausend Follower auf Twitter

Digitale Möglichkeiten

Auch PA-Agenturen nutzen Social Media…

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Besonders in den USA haben einige PA-Agenturen eine starke Social Media-Präsenz aufgebaut.▪ z.B. Edelman: 68 Tausend Follower auf

Twitter. ▪ Agentur kann darüber eigene, aber

auch die Anliegen ihrer Kunden verbreiten.

▪ Allerdings sind Edelman‘s Follower vorwiegend andere PA-Agenturen, Journalisten, aber kaum Politiker

Herausforderung bleibt, wirklich relevante Twitterer und Entscheider auf sich aufmerksam zu machen und zum Folgen zu bewegen.

Digitale Möglichkeiten

Edelman ist eine der erfolgreichsten PR und Public Affairs Agenturen in den USA und hat auf Twitter 68 Tausend Follower.

…und Politiker sowieso:

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▪ Im Bundestag der 18. Wahlperiode sind rund 75 Prozent der Abgeordneten in Social Media aktiv: ▪ 50 Prozent haben einen Twitter-

Account▪ 25 Prozent ein Facebook-Profil

▪ „Digital Natives“ bilden wichtige Gruppe im Parlament

▪ bauen gezielt Communities auf und schaffen dauerhaft Bindung zu ihren Wählern

▪ verlagern Auseinandersetzung mit politischem Gegner zunehmend in die SM (twitter-“Duelle“)

▪ schaffen Transparenz über ihr Handeln, nicht zuletzt über ihre Kontakte zur Wirtschaft…

Erhöhte Zielgenauigkeit durch digitale PA

Familienministerin Manuel Schwesig ist nur eine von vielen Politikerinnen und Politikern im Bundestag, die intensiv Twitter nutzen.

Agenda

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I. Was ist Public Affairs?II. Was verstehen wir unter Digitalisierung?III. Wie kann PA durch Social Media an

Zielgenauigkeit gewinnen?IV. Wie kann Social Media zu mehr Transparenz im

Verhältnis zwischen Wirtschaft und Politik beitragen?V. Welche Vorteile birgt eine digitale PA? Und

welche Nachteile?Fazit: Die digitale Revolution annehmen

Lobbyismus – das Reich der Finsternis?

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▪ Interessenvertreter stehen unter Dauerverdacht, im Hinterzimmer Politikentscheidungen zu beeinflussen…

▪ … und dabei unlautere Mittel einzusetzen.

▪ NGOs greifen Lobbyisten frontal an, fordern Lobbyregister, Offenlegung von Mandaten und Honoraren, beschränkten Parlamentszugang

▪ Aktueller Vorschlag der DeGePol: Interessenbeauftragter, der über Methoden des Lobbying wacht

Wirtschaftsakteure, aber auch Politiker bemühen sich daher, mehr Transparenz zu schaffen:

Mehr Transparenz durch digitale PA

Wirtschaftskontakte: „Kelber trifft…“

Mehr Transparenz durch digitale PA

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www.ulrich-kelber.deDer Abgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär Ulrich Kelber (SPD) legt auf seiner Website ausgewählte Kontakte mit Lobbyisten chronologisch offen.

Früher Hinterzimmer, heute facebook:

Mehr Transparenz durch digitale PA

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Keine Geheimnisse:FDP-Präsidium im Gespräch mit der Chemieindustrie, CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit Venture Capitalist.

Auch Unternehmen schaffen Transparenz

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Unternehmen gewähren im digitalen Raum zunehmend Einblick in ihre PA-Arbeit: Vorankündigung eigener

Veranstaltungen Einladung zur Online-Diskussion im

Vorfeld von Veranstaltungen Live-Übertragung auf Periscope Interviews, Gastbeiträge „Twitter-Walls“: Zeigen der tweets

anderer Akteure Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen Serviceangebote (Bundestagstermine

etc.) …aber auch Hinweis auf Gespräche..?

Mehr Transparenz durch digitale PA

Die METRO AG hat ein „digitales Hauptstadtbüro“ geschaffen und informiert dort über Teile seiner PA-Aktivitäten.

Aber nicht alles wird „geposted“…

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Beispiel Volkswagen AG:▪ Martin Winterkorn, ehemaliger

Vorstandschef der Volkswagen AG, traf von 2009 bis 2013 Bundeskanzlerin Angela Merkel 9 Mal persönlich.

▪ Vorstände von Audi und Porsche waren gemeinsam weitere 9 Male im Kanzleramt.

▪ Bekannt geworden durch Anfrage der Fraktion DIE LINKE 2013 im Dt. Bundestag, aber nicht…

▪ …durch proaktives Posting auf einem SM-Kanal.

Kernbereiche der Public Affairs bleiben von der „neuen Transparenz“ durch Social Media vorerst unberührt.

Mehr Transparenz durch digitale PA

Das Twitter-Profil der VW AG richtet sich nach deren Angaben an „Presse, Medien und Influencer“.

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I. Was ist Public Affairs?II. Was verstehen wir unter Digitalisierung?III. Wie kann PA durch Social Media an

Zielgenauigkeit gewinnen?IV. Wie kann Social Media zu mehr Transparenz

im Verhältnis zwischen Wirtschaft und Politik beitragen?

V. Welche Risiken bleiben?Fazit: Die digitale Revolution annehmen

Digitale PA: Ambivalenzen und Risiken

Digitale PA: Ambivalenzen und Nebenwirkungen

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▪ Neue, digitale Transparenz schließt Beibehalt von Vertraulichkeitssphären keineswegs aus. SM treten neben herkömmliche PA, ersetzen sie aber nicht.

Hinzu kommen weitere Ambivalenzen oder auch Risiken:▪ Zuweilen fehlende Trennschärfe zwischen Information, PR

und Werbung („influencing“)▪ Gefahr von Imageschäden durch unüberlegte

Schnellschüsse▪ Provokation von „shitstorms“▪ Ablenkung vom Wesentlichen? Befüllen der SM mit ständig

neuen Inhalten ist sehr zeitintensiv. Was bedeutet dies für den Umgang von Politikern und Interessenvertretern mit Social Media?

Agenda

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I. Was ist Public Affairs?II. Was verstehen wir unter Digitalisierung?III. Wie kann PA durch Social Media an

Zielgenauigkeit gewinnen?IV. Wie kann Social Media zu mehr Transparenz

im Verhältnis zwischen Wirtschaft und Politik beitragen?

V. Welche Risiken bleiben?Fazit: Die digitale Revolution annehmen

Die digitale Revolution annehmenFazit

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Politiker und Interessenvertreter sollten: ▪ die digitale Revolution annehmen▪ …umfassende Social Media-Kompetenz aufbauen, um

Sichtbarkeit zu bewahren oder (wieder) herzustellen▪ …aktives Themenmanagement in den sozialen Netzwerken

betreiben, aber zugleich…▪ verantwortungsbewusst mit den digitalen Möglichkeiten

umgehen ▪ Social Media primär als Erklärmedium nutzen▪ genügend Ressourcen für Social Media-Aktivitäten zur

Verfügung stellen …▪ … ohne die Kernaufgaben der Interessenvertretung zu

vernachlässigen.

Zielgenauigkeit und Transparenz durch S/M

Fazit

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Politik Kritische Öffentlichkeit

PA-Akteur

Ukraine

Zielge

naue

(re)

Ansp

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ch SM

Werben um Ver-

trauen durch SM

Interaktion durch SM

Kritisches

Hinterfragen

Flüchtlinge

#dieselgate

Erhö

hte

Aufm

erks

amke

it

Euro

Vielen Dank!

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▪ Rückfragen:Dr. Hans Bellstedt, [email protected]