Dokumentation Geiststraße 98

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Geiststraße 98 Meine Familie, mein Glück, meine Hölle?! Eine interaktive Ausstellung zum Thema Häusliche Gewalt 13. Mai bis 8. Juni 2011 Dokumentation zur Ausstellung Veranstalter: A rb eits kreis G e w alts c h utz g e s e t z M ü n s t e r

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Vom 13. Mai 2011 bis zum 8. Juni 2011 fand in Münster unter dem Namen „Geiststraße 98“ eine Ausstellung statt, die sich mit Folgen häuslicher Gewalt beschäftigte. Bekannt unter dem Titel „Rosenstraße 76“ wurde die interaktive Ausstellung von der Diakonie und Brot für die Welt konzipiert. Es soll verdeutlicht werden, wie alltäglich und auch häufig häusliche Gewalt in Partnerschaften und Familien ein Thema ist. Die Ausstellung richtet sich an Fachleute, Multiplikatoren wie an Interessierte, StudentInnen, SchülerInnen der Oberstufe und der Berufsbildenden Schulen. Organisiert wurde die Ausstellung vom Arbeitskreis Gewaltschutzgesetz, der von vielen Institutionen und Akteuren unterstützt wird.

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Geiststraße 98

Meine Familie, mein Glück, meine Hölle?!Eine interaktive Ausstellung

zum Thema Häusliche Gewalt

13. Mai bis 8. Juni 2011

Dokumentation zur Ausstellung

Veranstalter:

Ar

be

itskre

is Gewaltschutzgesetz Münster

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Inhalt

Grundriss der Wohnung 2

Einleitung 4

Warum die Ausstellung in Münster 5

Auszüge aus dem Gästebuch 8

Statements der Netzwerkmitglieder 11

Zeitschiene: Von der Idee zur Realisierung 12

Statistiken zur Ausstellung 16

Rahmenprogramm 20

Bilder, Texte und Zitate aus der Ausstellung 24

Mitglieder des Netzwerkes 39

Pressestimmen 40

Veranstalterinnen und Veranstalter, Sponsorinnen und Sponsoren 46

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Geiststraße 98

Meine Familie, mein Glück, meine Hölle?!

„Häusliche Gewalt zerstört menschlichesLeben und Zusammenleben weltweit. Sietötet mehr Frauen als Kriege und Bürger-kriege. Sie trifft vor allem Frauen undKin der jeder Nationalität, Kultur, Einkom-mensschicht und Ethnie. Ihre Ursachensind vielschichtig. (…) Um häusliche Ge-walt an Frauen und Kindern öffentlich zuthematisieren wurde die Ausstellung „Rosenstrasse 76“ entwickelt.“Pfarrerin Cornelia Füllkrug-Weitzel, Diakoni-sches Werk der EKD

Im Rahmen der „Dekade zur Überwindungvon Gewalt“ für die Jahre 2001 bis 2010entwickelte das Diakonische Werk derEvangelischen Kirche in Deutschland (EKD)die Ausstellung. Sie wurde erstmalig imJahr 2005 auf dem Kirchentag in Hanno-ver gezeigt und wandert seitdem mit gro-ßem Erfolg durch das In- und Ausland.

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Der Arbeitskreis Gewaltschutzgesetz undder Arbeitskreis Gegen Gewalt an Frauenund Mädchen in Münster hatten imHerbst 2008 die Idee, diese eindrucks-volle Ausstellung nach Münster zu holen.Die Problematik sollte nicht nur in Fach-gremien und in der Arbeit der Institutionenbearbeitet werden. Zentrale Ziele waren,die breite Öffentlichkeit zu sensibilisierenund die Thematik Häusliche Gewalt zuenttabuisieren.Uns, den Verantwortlichen, war es wich-tig, für diese Ausstellung einen zentralenOrt zu finden. Es sollte bereits dadurchdeutlich werden, dass Häusliche Gewaltein Problem in der Mitte der Gesellschaftist. Mit Hilfe der Polizei Münster konntedie Ausstellung nach fast drei JahrenRaumsuche realisiert werden. Das Haus im Stadtzentrum Münsters,eine ehemalige Polizeiwache, strahlt dieAtmosphäre aus, die der Thematik derHäuslichen Gewalt gerecht wird: Eine Fassade der Idylle und Geborgenheitauf der einen Seite und doch versteckteund teils offene Hinweise auf den Schre-cken, der in vielen Familien alltäglichherrscht – auch in Münster.

Warum die Ausstellung in Münster?

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Mit dieser Dokumentation halten Sie eineArt Reisebericht in den Händen. Start-punkt der Reise ist die Idee, eine Aus -stellung zum Thema Häusliche Gewalt zuorganisieren, die aufwecken und neuePerspektiven schaffen will. Am Ende der Reise stehen die Organisa-torinnen und Organisatoren vor einemHaus, das alltäglicher nicht sein könnte.Eine komplette Wohnung haben wir inwochenlanger Arbeit eingerichtet und dekoriert – es sollte eine untypische Ausstellung werden. Mit der ehemaligen Polizeiwache, die ineine Wohnung zurück verwandelt wurde,ist dies gelungen.Mehr als 600 Besucherinnen und Besu-cher gingen in über drei Wochen durchdie Ausstellung „Geist straße 98 – MeineFamilie, mein Glück, meine Hölle?!“. In persönlichen Gesprächen wurde deut -lich, dass sehr viele erschrocken waren,wie sich Gewalt in den Alltag eines jedeneinschleichen kann. Denn diese Wohnungwar so gemütlich eingerichtet, dass sichviele vorstellen konnten, selber darin zuleben. Häusliche Gewalt trifft nicht „dieAnderen“, sie ist immer auch unter uns.

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Ein aufgeräumtes Kinderzimmer, ge-schmackvolle Vorhänge im Wohnzimmerund ein Buchsbaum im Terra kottatopf vorder Haustür sind eben keine Indizien füreine heile Familie. Die Ausstellung in der Geiststraße 98zeigte dies mit aller Deutlichkeit: Gewaltist nicht immer offensichtlich, oft genugsubtil und deshalb so schwer zu orten.Unsere Hoffnungen, einen Ort zu schaf-fen, der berührt und nachdenklich macht,haben sich erfüllt.

Die vorliegende Dokumentation soll dieArbeit und das Herzblut, das wir als Netz-werk in die Ausstellung gesteckt haben,festhalten. Wir wollen Sie als Leserin undLeser über die vielen Aspekte des ThemasHäusliche Gewalt informieren. Wenn Siedie Ausstellung hier in Münster gesehenhaben, möchten wir uns gemeinsam mitIhnen erinnern.Mit dieser Broschüre möchten wir unsauch bei den Sponsorinnen und Sponso-ren bedanken. Erst durch ihre Unterstüt-zung in Form von Sach- und Geldspendenwar es möglich, die Ausstellung zu demzu machen, was sie geworden ist.

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Ich stehe in der Wohnung einer befreun-deten Familie, im Wohnzimmer eines Kol-legen, der eine „glückliche Beziehung“führt. Der Gastgeber ist „kurz raus“,muss noch etwas besorgen, sorgt sich,warum „sie“ und die Kinder noch nichtzurück sind. Auf dem Anrufbeantworterleuchten vier neue Nachrichten. Würdeich in dieser Situation den Anrufbeant-worter abhören? Nein. Niemals kämeman auf diese Idee. Oder? Ich biete michan, im Kinderzimmer eine Glühbirne zuwechseln. Würde ich einen Blick ins Tage-buch von Lena werfen? So ein Quatsch! In der Geiststraße 98 ist das anders. Diebeschriebene Situation ist hier eine Aus-stellung. Ich kann Schränke aufmachen,in Regalen stöbern und eben auch denAnrufbeantworter abhören oder fremdeTagebücher lesen. „Mit wem triffst dudich?“ – „Warum willst du arbeiten?“ –„Leg die Geldkarte zurück.“ ... … im „realen Leben“ werden

gerade alltägliche Erpressungen, psy-chischer Druck, sexualisierte Gewalt oderdas Ausspielen ökonomischer Machthäufig genug nur erahnt. Wirklich in denBlick ge nommen werden diese Alltäglich-keiten nur selten.In der Geiststraße 98 habe ich die Ge -legenheit, auch unter den Teppich der eigenen Alltäglichkeit im Umgang mitHäuslicher Gewalt und vermeintlich sub-tiler Gewalt in Beziehungen zu schauen.Diese Ausstellung ist im wahrsten Sinnedes Wortes überzeugend. Wie intensivdiese Überzeugung funktioniert, dashaben die Besucher/innen hier – wie imwirklich interaktiven Leben – selbst inder Hand.

Eindrücke eines Besuchers der Ausstellung

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Ein bedrückendes Gefühl hat uns schnellergriffen.Auch in unserer Arbeit ist es wichtig, sichnicht zu schnell von einer äußerlich hei-len Welt beruhigen zu lassen.Danke für die gelungene Ausstellung undweiterhin viel Erfolg bei der Aufklärungüber Häusliche Gewalt und Hilfe für dieBetroffenen!Mitarbeiterinnen des KSD Mitte

Alle Achtung, die Ausstellung ist imwahrsten Sinne ergreifend. Fast könnteman den Radio-Werbeslogan anwenden… bleibt im Ohr drin! Einmal ergriffen, mehr begriffen, wobeiman Gewalt nie begreifen kann und soll!Aber hier ergreift man…Absolut klasse!C.B. (w)

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Eine berührende und sehr deutliche Ausstellung!Sie ist wunderbar gemacht und gehtunter die Haut.Danke.S. F. (w.)

Die Ausstellung berührt und macht deut-lich, was alles geändert werden müsste.Wie weit und wann sind Veränderungenin den Gesellschaften möglich?Danke für einen Schritt zur Bewusst-seinsveränderung.H. P. (w)

Sehr AugenöffnendMan war vorher nicht so aufgeklärt darüber.Sehr eindrucksvoll, aber auch erschre-ckend.Mehr machen, damit man mehr Bewusstsein dafür bekommt.Wirklich gute Ausstellung!Bahnhof Wolbeck

Auszüge aus dem Gästebuch

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Wenn man selbst nicht betroffen ist,muss man echte Widerstände bekämpfen,um die Inhalte überhaupt zuzulassen. Ich habe es versucht. Danke.

Die Ausstellung war sehr informativ undhat mir sehr gut gefallen.Eine so normale Wohnung, wie man sieüberall vorfinden kann und darin findethäusliche Gewalt statt?!Mein Blick wurde geschärft!Vielen Dank

Auszüge aus dem Gästebuch

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Das Schweigen brechen ist ein Anfanghin zu einer wesentlichen Veränderung –die Ausstellung hat dazu einen großenBeitrag geleistet.Ines Gutschmidt, Frauenhaus-Beratungsstelle

Für uns war bei der Teilnahme an derAusstellung wichtig, aufzuzeigen, dassVergewaltigung ein wesentlicher Be-standteil von Häuslicher Gewalt ist. DieGeiststraße hat dies eindrucksvoll undsensibel wiedergegeben. Für uns wirktinsbesondere die Erfahrung der guten,verlässlichen und reibungslosen Koope -ration in einem breiten Hilfe-Netzwerkpositiv nach. Gerlinde Gröger, Cathrin Reinermann,Frauen-Notruf Münster

Gewalt – speziell die Häusliche Gewalt –wurde sichtbar und öffentlich gemacht.Die „Decke“ des Tabus wurde angehoben,das „Schweigen“ aufgebrochen.Brigitte Meyer, StA Münster

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Statements der Netzwerkmitglieder

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Statements der Netzwerkmitglieder

Die ständige Anwesenheit von Fachkräf-ten während der Öffnungszeiten der Aus-stellung hat sich als sehr wichtig er -wiesen. Eine große Anzahl der Besucherwar selbst von Häuslicher Gewalt in irgendeiner Weise, direkt oder indirekt,betroffen. Das Bedürfnis dieser Frauenund auch Männer über ihre Erlebnisse zuberichten und auf Fragen Antworten zubekommen, war groß.Die gemeinsamen Dienste mit Kooperati-onspartnern trugen noch einmal zumbesseren gegenseitigen Kennenlernenbei. Es entstanden auch neue Kooperati-onsbündnisse.Angelika Backhausen, Frauen- und Kinder-schutzhaus I des SkF Münster

Sichtbarmachen und Benennen ist fürmich ein wichtiger Teil politischer Arbeit.Die Ausstellung „Meine Familie, meinGlück, meine Hölle?!“ beinhaltet und be-wirkt dies auf mehreren Ebenen:Zum einen ist es das Sichtbarmachenvon verborgener, aber jederzeit alltägli-cher, überall möglicher Gewalt.Zum anderen werden betroffene Frauenüber die vielfältigen Hilfsangebote infor-miert: Es gibt in Münster ein Anti-Gewalt-Netzwerk – von dem der Frauen sport -verein ein Teil ist.Meiner Meinung nach hat das gut funk-tioniert und wir haben überraschendviele Menschen erreicht.Stefanie Nagel, Frauensportverein

ZeitschieneJuni 2008Besuch der AusstellungRosenstraße 76 in Rheine.Erste Überlegungen, dieAusstellung nach Münsterzu holen.

Sept./Okt. 2008Der Arbeitskreis Gewalt-schutzgesetz beschließt,die Ausstellung nachMünster zu holen.Der AK Gegen Gewalt anFrauen und Mädchenschließt sich an. Dadurchentsteht ein großes Netz-werk von über 20 Institu-tionen.

Januar 2009Beide Arbeitskreise bildeneine kleine Arbeitsgruppe,die die Ausstellung vorbe-reitet. Erstellung eines Finanz- und Zeitplanes.

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Ich persönlich habe die Ausstellung alssehr bereichernd erlebt. Ich habe vieleKollegInnen aus dem AK mal ganz neu erleben können. Die Zeit der Ausstellungwar sehr anstrengend, aber geprägt vonvielen tollen, berührenden Eindrücken. ... das Gefühl: Es war absolut richtig,dass wir gemeinsam diesen riesigen Auf-wand betrieben haben! Ich habe jedeStunde, die ich mit der Ausstellung ver-bracht habe, als sinnvoll erlebt.Ursula Saatz, Frauenhaus und Beratung e.V.

Nur durch die engagierte Zusammenar-beit, Aufgabenteilung und die Verant -wortung, die jedes Mitglied im Netzwerkübernommen hat, konnte diese Ausstel-lung realisiert werden. Ich bin stolz, dasswir in Münster ein solches Netzwerkhaben.Claudia Welp, Frauenbüro

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Die teilweise sehr persönlichen Rück -meldungen von Betroffenen haben michsehr beeindruckt. Sie zeigen, dass wir alsVeranstalter mit dieser Ausstellung eineForm gewählt haben, die die Menschenberührt und die ein Forum bietet, Wortefür das Erlebte zu finden.Die Einrichtung der Wohnung war so realistisch, dass es mir anfangs schwer gefallen ist, hinter die Fassaden zuschauen. Es war, als dränge ich in die Privatsphäre fremder Menschen ein!Andreas Moorkamp,Krisen- und Gewaltberatung. Caritas Münster

ZeitschieneFebr. 2009 bis Jan. 2011Suche nach einem geeig-neten Ausstellungsraumoder einer Wohnung inder Innenstadt von Müns-ter. Mehrere in Fragekommende Räume warenin absehbarer Zeit belegt,aus feuerpolizeilichenGründen nicht geeignetoder zu weit von der In-nenstadt entfernt.

Oktober 2010Der erste Sponsor sagtzu. Damit steht die Basis-finanzierung der Ausstel-lung.

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Für mich war es während der Öffnungs-zeiten besonders interessant, dass einigeMänner bereits bei der Begrüßung großeVorbehalte äußerten (z.B. Abwehr einesGeneralverdachts) und direkt in die Dis-kussion einstiegen. Alle konnten sichnach einem ersten Gespräch dann abergut auf die Ausstellung einlassen undsich in die Betroffenheit der Opfer hinein-versetzen. Die Gestaltung des Kinderzimmers wurdeals besonders eindrücklich aber auch be-sonders beklemmend und belastendempfunden.Susanne Kortmann, Frauen- und Kinderschutz-haus II, SkF Münster

Obwohl wir schon seit so vielen Jahrenzum Thema „Sexualisierte Gewalt/Sexu-eller Missbrauch“ arbeiten, hat uns in derAusstellung Geiststraße 98 die Atmo-sphäre im Kinderzimmer am eindrucks-vollsten bewegt – ein beklemmendesGefühl machte sich breit und es verlorsich auch nicht beim Betreten der ande-ren Räume. Die scheinbar verborgeneHäusliche Gewalt rückte in jedem Raumauf eindrucksvolle Weise unglaublich nahund beschäftigte uns nachhaltig – vorallem in den Gesprächen mit Besucherin-nen und Besuchern. Kirsten Hansen, Martin Helmer, Zartbitter Münster e.V.

Gewalt ist immer inakzeptabel.Beate Martin, pro familia Münster

ZeitschieneJanuar 2011Zusage vom Polizeiprä -sidium Münster für dieRaumnutzung in derGeiststraße 98.

Januar/Februar 2011Akquirierung weitererSponsoren für Sach- undGeldspenden.Planung des Programmsund der Öffentlichkeits -arbeit.Basisentwurf für denFlyer zur Bewerbung derAusstellung entsteht.

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Die Ausstellung „Geiststraße 98“ nachMünster zu holen, war eine ganz tolleIdee. Ich habe mich gerne daran beteiligt,zumal ein erheblicher Anteil der Opferar-beit des Weissen Rings in Münster aufden Straftatbereich Häusliche Gewaltentfällt. Die Ausstellung hat dazu beige-tragen, das Thema Häusliche Gewaltauch in Münster und Umgebung in ein-drucksvoller Weise darzustellen und botdem Weissen Ring Münster die Möglich-keit, durch Infomaterial und durch einespezielle Abendveranstaltung auf dieHilfsangebote unserer Opferschutzorga-nisation aufmerksam zu machen.Wolfgang Feldmann, Weisser Ring

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Es hat mich gefreut, wie gut diese lebens -nahe Ausstellung von den Münsteranernangenommen wurde, ein wichtiges Themaauch in dieser gutbürgerlichen Stadt. Fürmich selbst waren einige Details der Aus-stellung, obwohl „Fachfrau“, nicht ganzleicht zu ertragen, so dass ich mir vor-stellen kann, welche verheerenden Aus-wirkungen Häusliche Gewalt haben kann.Dr. med. Maria Rita Hunstiger,Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie

Besonders wichtig war uns, dass wirdie Ausstellung hier in Münster wirklichhinter einer schmucken Fassade präsen-tiert haben und Häusliche Gewalt damitin die Mitte der Gesellschaft geholtwurde – da hin, wo sie eben auch statt -findet. Unser Eindruck: Alle, die aus derAusstellung kamen, hatten sich berührenlassen und ein tieferes Verständnis dafürent wickelt, was Gewalt im vermeintlichenSchutzraum des eigenen Zuhauses körper -lich und seelisch tatsächlich anrichtet.Lucia Hillebrandt, Beratungsstelle Beratungund Therapie für Frauen

Statements der Netzwerkmitglieder

ZeitschieneFebruar/März 2011Ausmessen der Räumeund Festlegen, welcheMöbel für die Räume be-nötigt werden. Für jedenRaum gibt es Raumpaten,die sich ab April um dieAusgestaltung „ihres“ Rau-mes kümmern, damit dieZimmer bewohnt und ge-mütlich wirken.

März 2011Titel der Ausstellung wirdfestgelegt. Statt „Rosenstraße 76“wird die Ausstellung denNamen der Straße tragen,an der die Ausstellungs-räume liegen. Die letzten Büromöbelwerden aus den künftigenAusstellungsräumen ge-holt.

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ZeitschieneMärz 2011Das Titelfoto entsteht.Erste Ankündigung/Hin-weis für die Öffentlichkeitauf die geplante Ausstel-lung.

April 2011Wände werden gestrichen.Abholen der Möbel undMöbelaufbau. Die Raum-paten nehmen ihre Arbeitauf.Der Flyer für die Ausstel-lung geht in Druck, die intensive Öffentlichkeits -arbeit startet.

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Statistiken

Gästebuch Auswertung – Häufige Aussagen

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Einseitige Darstellung von Gewalt

Männern ist der Besuch zu empfehlen

Eingesetzte Medien sind wirkungs voll/gut

Regt zum Nachdenken an

Es muss mehr dagegen getan werden

Beklemmend/bedrückend

Schockierend/erschreckend

Macht betroffen/traurig/berührt/aufwühlend

Sehr informativ/tolles Infomaterial

Sehr realistische/detailgetreue Darstellung/ lebensnah

Wahrnehmung von Häuslicher Gewalt hatsich verändert

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ZeitschieneApril 2011MöbeltransportDie über 70 Eintragungen im Gäste-

buch geben einen interessanten Einblickdarüber, wie die Besucherinnen und Be-sucher die Qualität der Ausstellung be-werten. Doch nicht nur das: Viele Gästenutzten das Buch, um ihre Gedanken zumThema Häusliche Gewalt niederzuschrei-ben. Auffällig ist, dass dies ganz augen-scheinlich vor allem solche Frauen taten,die bisher persönlich noch nicht mit Ge-walt in der Familie in Berührung gekom-men waren. Dabei wurde in Gesprächenund Diskussionen mit Besucherinnen undBesuchern der Geiststraße 98 klar, dassviele unter ihnen von Gewalt betroffenwaren und sind. Von ihnen gibt es jedochkeine (offensichtlichen) Eintragungen imGästebuch. Ob dies aus Angst geschah,vermögen die Veranstalterinnen und Ver-anstalter der Ausstellung nicht zu sagen,der Vollständigkeit halber sollte dieseTatsache allerdings Erwähnung finden. Die im Gästebuch enthaltenen Aussagenerkennen vor allem die monatelange Vor-bereitungsphase durch die Arbeitsgruppean, also das Suchen, Vermessen und Ein -

richten einer kompletten Wohnung. Diedargestellten Verhältnisse seien sehr realistisch und detailgetreu, sagen diemeisten Besucherinnen und Besucher.Zudem loben sie die Informationen rundum die Ausstellung, beispielsweise mitHilfe von überall in der Wohnung verteil-ten Informationstafeln.Die zweite große Gruppe der Eintragun-gen beschreibt Gefühle, mit denen dieBesucherinnen und Besucher beim Rund-gang zu kämpfen hatten. Die meistenseien betroffen und traurig, andere be-schrieben ihre Gefühlslage als schockiert.Interessant ist, dass die Ausstellung ei-nige Besucherinnen und Besucher zueiner veränderten Wahrnehmung vonHäuslicher Gewalt bzw. zum Nachdenkenangeregt hat. Zudem wünsch ten sich ei-nige Besucherinnen und Besucher, dasssich mehr Männer für das Angebot in derGeiststraße 98 interessieren und ein Gast kritisierte die Aufbereitung des ThemasHäusliche Gewalt als zu eindimensional.Demnach hätten auch Männer als Opferin den Fokus gestellt werden müssen.

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StatistikenZeitschieneApril 2011Möbelaufbau

Mai 2011Ausgestaltung der Räume,Mitglieder der Arbeits-kreise leihen oder stiftenEinrichtungsgegenständeaus ihren Haushalten.Ergänzende Einkäufe zurAusgestaltung der Räume.

Gesamtverteilung der Besucherinnen und Besucher

reguläre Öffnungs zeiten 259 (209 Frauen, 50 Männer)

Führungen 229 (173 Frauen, 56 Männer)

Sonderveranstaltungen 151(133 Frauen, 18 Männer)

Insgesamt sahen sich 639 Besucherinnenund Besucher aus Münster und Umgebungdie Ausstellung in der Geiststraße 98 an.Mit 259 gezählten Personen, besuchteder größte Teil davon die Ausstellungwährend der regulären Öffnungszeiten,also jeweils am Dienstag, Donnerstag,Mittwoch und Samstag. Daneben nutzten viele Interessierte dieangebotenen Führungen durch die Aus-stellung mit anschließenden Diskussions-runden. Hier waren es 229 Gäste, diesich außerhalb der Öffnungszeiten durchdie Wohnung leiten ließen. Des Weiterenbesuchten über 150 Gäste die Sonderver-

anstaltungen rund um das Thema Häusli-che Gewalt. Insgesamt war die Anzahl der Männer,die diese Ausstellung besuchten, deutlichgeringer als der Frauenanteil. Während der regulären Öffnungszeitenmachten sie rund 19 Prozent der Besu-cherinnen und Besucher aus, in den Sonderveranstaltungen waren es allein12 Prozent. Lediglich bei den Führungen,bei denen unter anderem Vereine, Schu-len und Arbeitsgemeinschaften mit klei-neren Gruppen vertreten waren, kamen diean we sen den Männer auf einen Anteil von 24,5 Prozent.

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ZeitschieneMai 2011Die Räume werden gestaltet.

Organisation und Abstim-men der Dienste währendder Ausstellungszeit.

13. Mai 2011

Eröffnung der Ausstellung.

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Reguläre Öffnungszeiten

Stu

nden

Führungen

Sonder-veranstaltungen

Ausstellungszeiten

Gesamtverteilung Frauen und Männer

Besucher 19 %

Besucherinnen: 515Besucher: 124

Besucherinnen 81 %

Eintragungen des Gästebuchs zufolgewünschten sich einige Besucherinnen,dass mehr Männer die Ausstellung sehen.Und tatsächlich täuschten sich die be-treffenden Frauen nicht, denn von deninsgesamt 639 Gästen waren 81 ProzentFrauen. Mit 124 gezählten Männern bil -deten diese hingegen nur einen Anteilvon 19 Prozent in der Besucherstatistik.

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Dank des Einsatzes der Mitglieder derbeiden Arbeitskreise konnte die Ausstel-lung drei Wochen lang für Interessiertegeöffnet werden. In ihrer Freizeit arbeite-ten sie weit über 100 Stunden, so dassdie Geiststraße 98 an fünf Tagen in derWoche zugänglich war. Während der re-gulären Öffnungszeiten kamen rund 50Stunden zusammen. Das Angebot derFührungen nutzten die Besucherinnenund Besucher für etwa 44 Stunden. Diesieben Sonderveranstaltungen rund umdas Thema Häusliche Gewalt hatten ei nen Anteil von über 15 Stunden. DieVor- und Nachbereitungszeiten sind nicht erfasst.

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13.5.2011 12 UhrEröffnung

17.5.2011 19.30 Uhr„Ich kann nicht gehen, weil…“Film, Information und Gespräch

19.5.2011 19.30 UhrTOD geschwiegen – ein Tabu brechenKonzertlesung

26.5.2011 19.30 Uhr„Da ist mir die Hand ausgerutscht!“ –Einblicke in die Arbeit mit gewalt tätigenMännernVortrag zur Täterarbeit

7.6.2011 17 UhrOpferberatung aus polizeilicher Sichtund Betreuung von Opfern durch den WEISSEN RINGInformation und Gespräch

8.6.2011 17–19 UhrFinissage mit Trio Klanc! und kleinemHausflohmarkt

14.5.2011 1 2 UhrStadtrundgang „Pranger, Züchtigungsrechtund die alltägliche Gewalt“– ein Blick in dieGeschichte Münsters aus Frauensicht

Programmübersicht

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Konzertlesung am 19.5.2011TOD geschwiegen – ein TabubrechenAuszüge aus Tagebüchern, authenti-schen Fallbeispielen, Gedichtenkünstlerisch interpretiert und musi-kalisch begleitet.Mit Anja Bilabel, Schauspielerin, undWibke Müller, Musikerin

Eröffnung am 13.5.2011Begrüßung durch den Ar-beitskreis Gewaltschutzge-setz und den Arbeits- kreis Gegen Gewalt anFrauen und Mädchen GrußworteOberbürgermeister Markus Lewe, Polizeipräsident Hubert Wimber, Leitender Oberstaatsanwalt Hans-Jochen Wagner

Mit musikalischer Untermalung: Anne-Marie Grage, Akkordeon spielerin

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Film, Information und Gespräch am 19.5.2011Film: Zenergija „Ich kann nichtgehen, weil…“Die von Katrin Schnieders in zehn serbi-schen Städten dokumentierte und montierte Performance eines Straßen -theaters geht der Frage nach, warum sichFrauen oft nur schwer oder gar nicht ausGewalt beziehungen lösen können.

Ursula Saatz, Diplom-Pädagogin und Mit -arbeiterin im Frauenhaus, leitete den Filmmit einem Kurzvortrag ein. Die Filmema-cherin war anwesend.

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Rahmenprogramm

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In einem lebhaften und kritischen Aus-tausch über die Täterarbeit mit den inte-ressierten Männern und Frauen hatAndreas Moorkamp deutlich gemacht,dass es mit Hilfe geeigneter und spezia-lisierter Angebote gelingen kann, dassMänner den Weg aus dem Kreislauf derGewalt finden können und somit die Täterarbeit ein wichtiger Baustein imKampf gegen Häusliche Gewalt seinkann.

Vortrag am 26.5.2011„Da ist mir die Hand ausge-rutscht!“ – Einblicke in die Arbeitmit gewalt tätigen MännernWendet man sich den Verursachern vonGewalt und Leid in den Familien zu, wirddeutlich, dass es in den meisten FällenMänner sind, die in der Beziehung gewalt -tätig werden. Klar wird auch, gewalttätigeMänner gibt es in jeder Be völ ke rungs -schicht. Alter, Bildung und Einkommenspielen keine Rolle. Ein Mann, angepasstund erfolgreich, scheinbar mit beidenBeinen fest im Leben stehend, äußerlichliebevoller Ehemann und treusorgenderVater, kann durchaus auch Täter sein.Stress im Arbeitsalltag oder einfach nurein schlechter Tag – „die Hand rutschtaus“. Reue und das Versprechen, niewieder zuzuschlagen, halten oft nicht. Seit 2006 unterstützt Andreas Moor-kamp als Gewaltberater und –pädagogehilfesuchende Männer, die den Kreislaufder Gewalt durchbrechen und ihm einEnde setzen wollen. Denn nur sie alsTäter sind dazu in der Lage.

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Rahmenprogramm

Fachkräfte aus Almelo und Münster informieren über ihre Arbeit

Fachaustausch Almelo – Münster am 19.5.2011Anmerkung zum Austausch Im Rahmen eines grenzüberschreitendenProjektes aus dem EUREGIO-Programmhaben sich Fachkräfte aus Almelo (NL)und Münster in den Räumen der Ausstel-lung getroffen, um sich über die nationa-len Kooperationsbündnisse im Themen -feld Häusliche Gewalt auszutauschen.Aufgrund des regen Austausches und desgroßen Interesses an den Arbeitszusam-menhängen im Nachbarland wurde einNachfolgetreffen in Almelo im gleichenJahr vereinbart.

Information und Gespräch am 7.6.2011Opferberatung aus polizeilicherSicht und Betreuung von Opferndurch den Weissen RingZiel der Ausstellung war es nicht nur, das Umfeld Häuslicher Gewalt in einer 3-Zimmer-Wohnung eindrucksvoll abzu-bilden und damit auf die in unserer Gesellschaft viel zu wenig beachtete Thematik aufmerksam zu machen, son-

dern gleichzeitig zu versuchen, Informa-tionen und Strategien gegen HäuslicheGewalt auf zuzeigen. Im Rahmen des Begleitprogramms derAusstellung informierten die Opferschutz-beauftragte der Polizei und ein Vertreterdes Weissen Rings Münster über kon-krete Möglichkeiten, den Opfern Häusli-cher Ge walt in ihren Notsituationen bei zustehen.

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Bilder, Texte und Zitate aus der Ausstellung

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Die größte Bedrohung für die Gesundheit und das Leben von Frauen in Europa, im Alter von 16 bis 44 Jahren,

ist die häusliche Gewalt: mehr als Krebs oder Autounfälle.

Europarat

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Gewalt ist, wenn eines der folgendenGrundbedürfnisse des Menschen verletztwird: das Überleben, das allgemeine körperliche Wohlbefinden, die persön -liche Identität oder die Freiheit, zwischenverschiedenen Möglichkeiten auswählenzu können.Johan Galtung, norwegischer Friedensforscher

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Von der großen Liebe...Die Hochzeit gilt landläufig als der

größte Tag im Leben einer Frau.Und so erleben wir durch Medien

ständig herzergreifende Liebesgeschich-ten, die zum Ideal einer harmonisieren-den Partnerschaft stilisiert werden.Männer und Frauen werden dabei klar zu-gewiesene Rollen zugesprochen. Traditio-nell erfüllt der Mann die Aufgabe desEroberers, der die Frau in seinen Bannzieht und schließlich als eine Art Schatzerringt. Dieses Bild wandelt sich im wei-teren Verlauf der Beziehung: Währendder Mann nun diesen Schatz verwaltet,übernehmen Frauen Atrribute von gren-zenloser Mütterlichkeit, unersetzlichemGebrauchtwerden und Selbstlosigkeit bishin zur Selbstaufgabe.Diese Vorstellungen der idealen Liebeund die Phantasien aus den Medien, imbesonderen der Regenbogenpresse, wer-den miteinander verflochten. Dies trägtdazu bei, dass traditionelle Lebenszu-sammenhänge aufrecht erhalten werden:einerseits der Glaube an die große Liebe,andererseits die klaglose Ergebenheit inden Ehealltag.

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Gewalt hängt ... auch damit zusammen, dass die gesellschaftlich propagierte Fiktion

von der heilen Familie und vom trauten Glück zu zweit

eine Neurosenursache erster Ordnung ist.

Joachim Kersten, Professor für Soziologie an der

Fachhochschule für Polizei in Villingen-Schwennigen

Text auf dem begleitenden Ausstellungskärtchen

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Die im Gesundheitssystem Beschäftigtenmüssen umdenken und ihren Blick aufgesundheitliche Störungen insgesamt umden Aspekt „Gewalt“ als eine möglicheUrsache erweitern.Koordinationsstelle Frauen und GesundheitNRW, Köln

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Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Hör- und Sehminderungen können Folgen dauerhafter Gewalteinwirkungen

und unbehandelter Verletzungen sein. Leider nimmt der Arzt die Gewalt als Auslöser häufig nicht wahr.

Rosenstraße 76, Aspekte einer Ausstellung

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Kinder erleben die Gewalt, die gegenihre Mütter ausgeübt wird zu 90 Pro-zent mit. Sei es, dass sie unmittelbaranwesend sind, oder im Nebenzimmerdie Schreie, Beleidigungen undSchläge hören oder ihre Mutter ver-letzt sehen müssen.

Das, was diese Kinder an körperlicherund seelischer Gewalt erleiden müs-sen, ist das Aufwachsen in einer Atmosphäre von Gewalt, das Miter -leben der Gewalt gegen die Mutterund Geschwister, Schläge, Verbren-nungen, Vernachlässigung, unange-messene Bestrafungen, Schuldzu -weisungen und sexueller Missbrauch.Gewalt gegen die Mutter ist auch eineForm von Gewalt gegen das Kind. Wir haben es somit nicht nur mit Zeu-gen, sondern mit Opfern von Gewaltzu tun. (nach Prof. Dr. B. Kavemann)

Das Miterleben psychischer und physischer Gewalthandlungen gegen-über einem Elternteil oder Geschwis-tern kann für Kinder und Jugendlicheextreme, schädigende und überfor-dernde Belastungen darstellen, diesich prägend auf das Verhalten aus-wirken und die psychische, sozialeund geistige Entwicklung beeinträch -t igen. Handlungsempfehlungen zum Schutz vonKindern bei Häuslicher Gewalt in Münster.

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Kinderseelen sind zerbrechlich

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Die Folgen sind sprachliche und motori-sche Auffälligkeiten, häufige Krankheiten,Entwicklungsverzögerungen, Konzentra -tionsschwäche, Schulschwierigkeiten,Ängstlichkeit, Symptome einer posttrau-matischen Belastungsstörung, Depressio-nen, Suizidalität, Essstörungen,Aggressionen gegen sich und anderesowie unangemessenes sexualisiertesVerhalten.

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Ich glaube, es gibt keine komplette Heilung für mich. Ich kann mich höchstens bemühen, mit meinen Erinnerungsfetzen

und Erfahrungen so umzugehen, dass sie mich nicht zerstören.

Den Peinigern wehrlos ausgeliefert. Immer häufiger berichten Medien von derGewalt an Schutzbefohlenen. Pflegebe-dürftige und behinderte Menschen sindaufgrund ihrer Schwäche brutalen Über-griffen besonders schutzlos ausgeliefert.

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Bei uns zu Hause – Häusliche Gewalt im Alltag

Zitat eines Opfers

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Unterdrückung kennt viele Formen.Häusliche Gewalt ist in der Regel keineinmaliges Ereignis! Es handelt sich viel-mehr um ein komplexes Misshandlungs-system mit vielschichtigen Verhaltens -weisen. Ziel der Täter ist es, Macht und Kontrolleüber eine andere Person, über derenHandeln und Denken zu gewinnen.Dies kann offen durch körperliche undsexuelle Gewalt geschehen oder subtil,indem die Unabhängigkeit, das Selbstver-trauen, das Kontrollbewusstsein und dieHandlungsspielräume der Betroffenenunterminiert und Abhängigkeiten aufge-baut und gefestigt werden. Gerade in die-sem Bereich ist ein polizeiliches oderjuristisches Vorgehen fast nicht möglich,da kein handfester Tatbestand vorliegt.

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Andauernde häusliche Gewalt zwingt zu einem Leben in ständiger Angst

vor dem nächsten unkalkulierbaren Gewaltausbruch.

Dr. Birgit Schweikert, Leiterin des Referates Schutz

von Frauen vor Gewalt im Bundesministerium für

Familie, Frauen und Jugend

Text aus der Ausstellung

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Trotz ihrer Unterschiedlichkeit haben Migrantinnen und deutsche Frauen aber eines gemeinsam:

Sie erleiden dieselben Misshandlungen und Gewalttätigkeiten.Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen,

Familien und Gesundheit

Vor einer besonders aussichtslosen Situation stehen viele Migrantinnen ohne sicheren Aufenthaltsstatus: Wollensie der Gewalt des Mannes entfliehen,riskieren sie die Abschiebung – ohne Kinder.Bei uns zu Hause – Häusliche Gewalt im Alltag

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Und wenn die Verzweiflung Tausende dazu bringt,

ihrem Elend durch Drogen

oder Selbstmord zu entkommen –

ist das kein Krieg?

Stanley Kubrik, Regisseur

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Jährlich suchen 45.000 Frauen in einemFrauenhaus Schutz vor weiteren Miss-handlungen.

Aus der Statistik der Polizei Münster:Im Jahr 2011 wurden 369 Fälle Häusli-cher Gewalt angezeigt. Davon wurde in111 Fällen eine Wohnungsverweisung miteinem Rückkehrverbot ausgesprochen.Von Januar 2012 bis zum 31. März 2012gab es 127 Fälle Häuslicher Gewalt,davon 45 Wohnungsverweisungen undRückkehrverbote.

Bei uns zu Hause – Häusliche Gewalt im Alltag

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Der Mord an der 37-jährigen Frau, dieheute Morgen gegen vier Uhr in Blumen-thal auf offener Straße verbrannt wurde,ist aufgeklärt. Ihr 35-jähriger, deutscherMann hat die Tat gegenüber der Polizeigestanden.citybeat.de, Bremen

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ist der Täter mit dem Opfer verwandt.

Meist ist es der eigene Partner.

In jedem zweiten Fall von Mord oder Totschlag an einer Frau

Bei uns zu Hause – Häusliche Gewalt im Alltag

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In Deutschland gibt es schätzungsweise600.000 Stalking-Opfer – 90 Prozentsind Frauen. Dies reicht von Auflauernoder Erschrecken über Telefonterror oderBeschädigungen am Haus oder Auto desOpfers bis hin zu Folter oder Mordversu-chen. In den meisten Fällen kennen dieStalker ihre Opfer, häufig sind sie die Ex-Partner. Die Betroffenen verlieren durch die stän-digen Attacken das Vertrauen in die Um-welt, ziehen sich in die Isolation zurückoder versuchen, dem Täter durch ständi-gen Wohnungswechsel zu entkommen.Häufig zeigen die Opfer ihren Stalker ausSchamgefühl oder Angst nicht an. Undselbst wenn, ist die Strafverfolgung derTäter äußerst schwierig.

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Bei uns zu Hause – Häusliche Gewalt im Alltag

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Seelische Störungen durch häusliche Ge-walt begleiten Kinder oft ein Leben lang.Können sie den seelischen Schock nichtbewältigen und werden von ihren Gefüh-len überflutet, kommt es zu einem psy-chischen Trauma.

50 bis 70 Prozent der Kinder, die häusli-cher Gewalt ausgesetzt sind, leiden unterpost traumatischen Stressstörungen, Alpträumen sowie Beeinträchtigungender Konzentrations fähigkeit. Hinzu kom-men Gedeih- und Schlafstörungen, starke vegetative Reaktionen, Unruhe mit Schreien und schnelle Verunsiche-rung mit Wutausbrüchen. Ältere Kinder leiden unter Entwicklungs-und Lernstörungen. Zu den emotionalenAuswirkungen gehören irrationale Ge-fühle von Verantwortung und Schuld,Angst und Wertlosigkeit bis hin zur Depression.

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Man muss ein Kind nicht schlagen, um es zu verletzen.

Bundesministerium für Familien, Senioren,

Frauen und Jugend

Kinderaugen weinen trocken… Kinderherzen schreien stumm… Kinderseelen sterben leise…

www.kinderschreie.de

Bei uns zu Hause – Häusliche Gewalt im Alltag

Page 38: Dokumentation Geiststraße 98

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Alkohol und Gewalt stehen in einer unheiligen Allianz.

Jens-Peter Dreyer, Schweriner Selbsthilfe

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Zeitschiene8. Juni 2011

Finissage mit Trio Klanc!

Abnahme der FahneMareike Gintzel, ehema-lige Praktikantin undSchlüsselmeisterin undLudger Häger, zuständigerHausmeister des Polizei-präsidiums Münster. Herzlichen Dank.

Mitglieder des Netzwerkes

(Fast alle) Mitglieder des Netzwerkes am letzten Öffnungstag der Ausstellung. Alle beteiligtenInstitutionen finden Sie auf Seite 46.

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Die Glocke, 11.5.2011

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Pressestimmen

MZ, 12.5.2011

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Hallo, 11.5.2011

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Pressestimmen

MZ, 16.5.2011

WN, 16.5.2011

MZ, 25.5.2011

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Pressestimmen

WN, 10.5.2011

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Hammer Straße 94–96 · 48153 Münster · Tel. 02 51/ 7 70 17

CREATIVE WOHNGESTALTER

Diese Ausstellung wurde ermöglicht

durch die Unterstützung von:

Christian Gersch (Tischler und Gestalter im Handwerk), Gärtnerei Moldrickx, Blumen Terhaer

Ar

be

itskre

is Gewaltschutzgesetz Münster

Wir haben die Ausstellung organisiert:

Zu den Arbeitskreisen gehören:

Ambulanter sozialer Dienstder Justiz NRW Landgericht Münster

Frauen und Mädchen

SELBSTVERTEIDIGUNGUND SPORT Münster e.V.

Veranstalterinnen und Veranstalter, Sponsorinnen und Sponsoren

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VERKEHRService

www.stadtwerke-muenster.de

Frauen-Nacht-TaxiMit Sicherheit bis vor die Tür!Ein Service für unsere weiblichen Fahrgäste ab 14 Jahre,

1. April – 30. September w ab 20 Uhr,1. Oktober – 31. März w ab 18 Uhr.

Sagen Sie unserem Fahrpersonal beim Einstieg, von welcherHaltestelle Sie abgeholt werden möchten. Die Kosten für die Taxi-Anfahrt übernehmen wir.

Weitere Infos erhalten Sie im Service-Zentrum mobilé, Berliner Platz 22. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

E i n f a c h . N ä h e r . D r a n .

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Impressum

Arbeitskreis Gewaltschutz gesetz Münsterin Zusammenarbeit mit dem ArbeitskreisGegen Gewalt an Frauen und Mädchenc/o Frauenbüro Stadt Münster, Klemensstr.10,48143 Münster, Tel.: 0251/492-17 01www.gewaltschutz-muenster.de

Texte und Zitate aus der Ausstellung mit freundli-cher Genehmigung von Diakonie/„Brot für die Welt“,Katalog Rosenstraße 76, „Aspekte einer Ausstellung“,Stuttgart 2006 und Ausstellungskatalog „Bei uns zuHause“, Oberhausen 2006

Fotos: Tina Dähn, Andreas Moorkamp, Thomas Skrzidlo, Claudia Welp

Gestaltung: styleabyte.de – tina dähn

Diese Dokumentation wurde möglich mit freundlicherUnterstützung von:

Mitgliedern aus dem Ausschuss für Gleichstellung des Rates der Stadt Münster