Dr. Kirsten Aner Universität Kassel, Institut für Sozialpädagogik und Soziologie der Lebensalter
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Stiftungsgastdozentur für Soziale Gerontologie der Universität des 3. Lebensalters Frankkfurt/Main, Wintersemester 2006/2007
Dr. Kirsten Aner
Universität Kassel, Institut für Sozialpädagogik und Soziologie der Lebensalter
Die „neuen Alten“ – Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
Vortrag II: Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
1. Engagementforschung ein Spannungsfeld?
2. Empirische Befunde
3. Offene Fragen
Dr. Kirsten Aner
Rückblick auf Vortrag I:Ursachen und Konstruktion einer gesellschaftlichen Hoffnung
1. Die Ursachen einer gesellschaftlichen Hoffnung (Krisenszenarien)
2. Die sozialpolitische Konstruktion der „neuen Alten“ als Hoffnungsträger
• Produktivität als persönliche Ressource/als sozialpolitische Norm
3. Die sozialwissenschaftliche Konstruktion der engagierten „neuen Alten“
• psychogerontologische/sozialökologische/soziologische Konzepte• Produktivität des Alters, Kontextbezug, Abgrenzung von Tätigkeiten
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
1. Engagementforschung ein Spannungsfeld?
„Neue Alte“ und ihr Engagementsozialpolitische/sozialwissenschaftliche Konstruktion
• Bestimmung dessen, was als Engagement zu verstehen ist• Bestimmung, wie es zu messen/empirisch zu erfassen ist• Art und Umfang der Forschungsförderung• Bevorzugte Methoden
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
Engagementforschung ein Spannungsfeld – oder:
Woher wir etwas wissen
Breit angelegte Untersuchungen:Sozioökonomisches Panel (StaBuAmt, fortlaufend)Zeitbudgetuntersuchung (StaBuAmt, zuletzt 2003)Wertewandelstudien (z.B. Klages/Gnesicke 1999)Studien zum 3. Sektor (z.B. Anheier et al. 1997)
Einschlägige (Engagement-)Forschung:Freiwilligensurvey (Rosenbladt 2000, TNS Infrastest Sozialforschung et al. 2005)Begleitforschung zu Bundes- und LandesförderprogrammenAuftragsarbeiten von Verbänden und Institutionen
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
Engagementforschung ein Spannungsfeld – oder: Woher wissen wir was?
Breit angelegte Untersuchungen:Sozioökonomisches Panel (StaBuAmt, fortlaufend)Zeitbudgetuntersuchung (StaBuAmt, 1996, 2003)......... 17%Wertewandelstudien (z.B. Klages/Gnesicke 1999)Studien zum 3. Sektor (z.B. Anheier et al. 1997)
Einschlägige (Engagement-)Forschung:European-Volunteering-Study (Gaskin et al. 1996)........... 18%Freiwilligensurvey (Rosenbladt 2000, TNS et al. 2005) 34%
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
Engagementforschung ein Spannungsfeld – oder:
Was wir wissen und was wie diskutiert wird
Zeitbudgetuntersuchung (StaBuAmt, 1996, 2003)............ 17%European-Volunteering-Study (Gaskin et al. 1996)........... 18%Freiwilligensurvey (Rosenbladt 2000,TNS et al. 2005) 34%
Vorwort zum FreiwilligensurveyMit dieser Untersuchung liegen „erstmals wissenschaftlich gesicherte Zahlen über die Bereitschaft zum freiwilligen Engagement in Deutschland“ vor. (Bergmann, in Rosenbladt 2000: 5):
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
Engagementforschung ein Spannungsfeld – oder:
Was erforscht wird und was warum nicht
Die Förderpraxis favorisiert quantitaitive Bestandsaufnahmen (Statistiken).
Biografische Zugänge (Interviewstudien) sind selten weil: • diese Forschungen langwierig sind, • offene Ergebnisse entstehen, oft neue Fragen aufgeworfen werden• große Zahlen/Diagramme mehr/schneller beeindrucken
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
2. Empirische Befunde
2.1 Quantitative Studien2.1.1 Alterssurvey (bereit)
2.1.2 Freiwilligensurvey (einschlägig)
2.1.3 Fünfter Altenbericht (politikberatend)
2.2 Qualitative Studien2.2.1 Engagement im Ruhestand (Kohli et. al. 1993)
2.2.2 Zwischen Dienst und Selbstbezug (Jakob 1993)
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
2.1.1 Der AlterssurveyKohli/Künemund 2000 (1999), Tesch-Römer et al. 2006 (2002)
Falls die Mitgliedschaft in einer Gruppe oder Organisation bejaht wurde: Üben Sie dort ein Ehrenamt/eine Funktion aus?Üben Sie noch eine Funktion aus, z.B. als Elternvertreter/Nachbarschaftshilfe?
2.1.2 Der Freiwilligensurvey Rosenbladt 2000 (1999), TNS et al. (2004)
Es gibt vielfältige Bereiche mitzumachen, sind Sie irgendwo beteiligt?= aktiv Beteiligte
Haben Sie Aufgaben oder Arbeiten übernommen?= freiwillig Engagierte
Wären Sie bereit, sich zu engagieren?= Engagementbereite
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
Beteiligungs- quoten aus:
Gesamt
%
Männer
%
Frauen
%
Alters- gruppe
FWS 1999 40
35
27
45
41
31
36
29
22
45-54 Jahre
55-64 Jahre
65-74 Jahre
FWS 2004 40
40
32
44
42
39
36
37
27
45-54 Jahre
55-64 Jahre
65-74 Jahre
AS 1996 22
13
7
25
18
9
18
9
6
40-54 Jahre
55-69 Jahre
70-85 Jahre
AS 2002 23
21
9
22
23
15
23
18
5
40-54 Jahre
55-69 Jahre
70-85 Jahre
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
Tätigkeitsbereiche 2004 Aktive Frauen Aktive Männer
Sport, Bewegung 39,0 41,0
Kultur, Musik 18,0 18,0
Freizeit, Geselligkeit 23,0 28,0
Sozialer Bereich 14,0 12,0
Gesundheitsbereich 05,5 03,5
Schule, Kindergarten 14,5 10,0
Jugend-, Bildungsarbeit 07,0 08,0
Umwelt-, Natur-, Tierschutz 09,0 10,0
Politik, Interessenvertretung 04,0 10,0
Berufl. außerbetriebl. Int.vertr. 06,5 13,0
Kirche, Religion 13,5 09,0
Justiz, Kriminalitätsprobleme 01,0 01,5
FFW, Rettungsdienste 03,0 08,0
Lokales Bürgerschaftl. Eng. 05,5 08,5
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
Tätigkeitsbereiche 2004 Engagierte Frauen Engag. Männer
Sport, Bewegung 8,0 14
Kultur, Musik 4,5 6,5
Freizeit, Geselligkeit 4,0 6,5
Sozialer Bereich 6,0 4,5
Gesundheitsbereich 1,0 0,5
Schule, Kindergarten 8,0 5,5
Jugend-, Bildungsarbeit 2,0 2,5
Umwelt-, Natur-, Tierschutz 2,0 3,0
Politik, Interessenvertretung 1,0 4,5
Berufl. außerbetriebl. Int.vertr. 1,0 4,0
Kirche, Religion 7,0 5,0
Justiz, Kriminalitätsprobleme 0,5 0,5
FFW, Rettungsdienste 1,0 4,5
Lokales Bürgerschaftl. Eng. 1,5 2,5
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
2.1.3 Der fünfte Altenbericht
BMFSFJ 2006 (AS + FWS + Zeitbudgeterhebung)
Steigende Beteiligung, insbesondere bei
Frauen unter den jungen Alten
Männern und den älteren Alten
Beträchtlicher Zeitaufwand, knapp 20h pro Monat
mit geringen Unterschieden zwischen Altersgruppen
nur leichter Anstieg im Ruhestand
Ältere überwiegend traditionell engagiert
neues EA marginal (die Form/Anbindung betreffend)
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
... Der fünfte AltenberichtBMFSFJ 2006 (AS + FWS + Zeitbudgeterhebung)
Gestiegene BereitschaftMitte 50 bis Mitte 60 ein Drittel bereitMitte 60 bis Mitte 70 ein Fünftel
Hohe Zugangs- und AbgangsmobilitätAS in 6 Jahren 50% Fluktuationsratebesonders hoch bei den 60- bis 75-jährigen (60%)
Große soziale Ungleichheit, Formeln: Je höher das Einkommen/die Bildung, je engagierter.Jüngere Alte sind engagierter als ältere Alte. Männer engagierteren sich häufiger als Frauen, Westdeutsche häufiger als Ostdeutsche.Frauen übernehmen weniger prestigeträchtige Aufgaben.
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
2.2.1 Engagement im Ruhestand (Kohli et al. 1993)
Methode:
teilnehmende Beobachtungen + biografisch-narrative Interviews, Tätigkeitsfelder:– Teilzeitarbeit und selbständige Arbeit– Hobby-Bereich– ehrenamtliche soziale Tätigkeit (ASB, DRK)– selbstorganisierte politische Interessenvertretung (Seniorenvertretung)
Fragestellungen:Zugangsbedingungen
Biografische Kontinuität, Zukunftsplanung
Altersunspezifische oder altersspezifische Identifikation
Ausmaß zeitlicher Strukturierung des Alltags
Erfahrungen gesellschaftlicher Veränderungen
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
2.2.2 Zwischen Dienst und Selbstbezug (Jakob 1993)
Methode:
biografisch-narrative Interviews, soziale Tätigkeitsfelder
Typenbildung/Mischungsverhältnis der Motive
Ergebnisse: Verpflichtungsmotive in christlich geprägten Biografien wie in bürgerlichen
selbstreferenzielle Begründungen der Tätigkeiten sind mit ihnen verschränkt
Professionalisierung aber auch Abgrenzung zu den Zwängen des Berufslebens
Biografisierungstendenzen bei allen Typen, Art und Ausmaß differieren
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
3. Offene Fragen
Arbeitshypothese:
Orientierungen und Motivationen sind zwar ein wichtiger Zwischenschritt zu zivilgesellschaftlichen Handlungen, ihrerseits jedoch bereits Ergebnis eines biografischen Prozesses!
Fragestellung:
Wie entsteht unter Bedingungen langjähriger Berufstätigkeit und befriedigender Lebenslagen im Ruhestand zivilgesellschaftliches Engagement – oder auch nicht?
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
II Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
Bearbeitung der offenen Fragen:Forschungsprojekt „Qualitative Langzeitstudie mit VW-Mitarbeitern am Übergang in den Ruhestand“
Neue inhaltliche/methodische Aspekte: die Einbeziehung nicht- oder nicht mehr engagierter Personen in die qualitative
Engagementforschung, die (berufs-)biografische Entstehung zivilgesellschaftlicher oder gegenteiliger
Orientierungen und die (berufs-)biografische Entstehung individuell möglicher Handlungsmuster
sowie die Beobachtung der Gleichzeitigkeit von Integrationseinbußen und neuen
Handlungsspielräumen der Statuspassage in den Ruhestand unter besonderer Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf zivilgesellschaftliches Handeln.
Die „neuen Alten“ - Hoffnungsträger der Zivilgesellschaft?
Vortrag II: Engagementforschungim Spannungsfeld von Wissenschaft und Sozialpolitik
Literatur zu Vortrag II:
BMFSFJ (2006): Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation. Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft – Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen. zugl. Bundestagsdrucksache 16/2190. Berlin
Jakob, Gisela (1993): Zwischen Dienst und Selbstbezug. Opladen: Leske + Budrich
Kohli, Martin/Freter, Hans-Jürgen/Langehennig, Siegfried/Roth, Silke/Simoneit, Gerhard/Tregel, Stefan (1993): Engagement im Ruhestand. Rentner zwischen Erwerb, Ehrenamt und Hobby. Opladen: Leske + Budrich
Tesch-Römer, Clemes/Engstler, Heribert/Wurm, Susanne (Hrsg.) (2006): Altwerden in Deutschland. Sozialer Wandel und Entwicklung in der zweiten Lebenshäfte. Wiesbaden: VS
TNS Infratest Sozialforschung/Gensicke, Thomas/Picot, Sybille/Geiss, Sabine (2005): Freiwilliges Engagement in Deutschland 1999-2004. München, herausgegeben vom BMFSFJ
Internet: www.bmfsfj.de