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PARTIZIPATION RESPEKT DEMOKRATIE INTEGRATION Politische Jugendbildung in Volkshochschulen

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PARTIZIPATIONRESPEKTDEMOKRATIEINTEGRATION

Politische Jugendbildung in Volkshochschulen

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InhaltI. Einleitung

II. Praxisbeispiele

III. Anhang60 Wir über uns

64 Kooperationen in der politischen Bildung

68 Literaturauswahl zur politischen Jugendbildung in Volkshochschulen

12 Migration hat viele GesichterBildungsarbeit zu Migration und Integration

20 Demokratie braucht Beteiligung (Liesel Sachteleben, Kersten Prasuhn)Förderung von Partizipation – am Beispiel einer Seminarreihe zur Schülervertretung

24 Von den gewaltigen Fortschritten der ZivilisationHistorisch-politische Bildung: Krieg, Faschismus, Kolonialismus

16 Kann Zivilcourage gelernt werden?Konflikttraining und Gewaltprävention in der Bildungsarbeit

30 An der Schnittstelle der weltpolitischen BlöckeHistorisch-politische Bildung: Deutsche Teilung

38 Zivilgesellschaftlicher BrückenschlagInternationale Arbeit am Beispiel Israel

42 Erkundungen im „Grünen Band“Ökologische Jugendbildung

34 Politik ist nicht nur Männersache (Brigitte Kippe)Politische Bildung und Gender Mainstreaming

46 Bildung ist mehr als SchulePolitische Jugendbildung kooperiert mit Ganztagsschule

50 Unterwegs in der eigenen RegionNaturkunde und politische Bildung

54 Globales LernenEntwicklungspolitische Bildung – ein Thema auch für die „junge“ VHS

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EinleitungZu Beginn des 21. Jahrhunderts wird allenthalben auf die Bedeutung der Bildung im angebrochenen Zeitalter der Wissensgesellschaft hingewiesen. Es geht um ein „Megathema“, wie der frühere Bundespräsident Roman Herzog formuliert hat und wie er durch seine Nachfolger ausdrücklich bestätigt worden ist. „Inzwischen gehört es“, notiert Ulrich Beck in seinem Statement zur Bundes-tagswahl 2005, „selbst unter den Parteipolitikern zum Gemeinwohl und zum guten Ton, den Bil-dungsbereich von den sonst alle Bereiche demo-lierenden Einsparungen auszunehmen.“ Denn, so der renommierte Sozialwissenschaftler, hier handelt es sich um „Investitionen in die Zukunft“*

Diese Einsicht gehört freilich mehr in die Welt des Programmatischen: Der Beitrag der Bildung zur gesellschaftlichen Zukunftsfähigkeit wird im Grundsätzlichen betont, während die konkrete Ausstattung des Bildungssystems den Anspruch weniger einlöst. Wichtig ist aber, dass in den letzten Jahren – von den Vereinten Nationen über die europäische Ebene bis hin zu den nationalen Gremien und Kommissionen – die Dringlichkeit der Bildungsaufgabe erkannt und herausgestellt worden ist. Die Aufgabe erstreckt sich, so der Konsens, nicht nur auf die Erstausbildung und den Erwerb von Qualifikationen und Ab-schlüssen, sondern auf einen lebenslangen Prozess, der neben den beruflichen Erforder-nissen auch politisch-soziale Kompetenzen und Orientierungsleistungen einschließt.

Politische Bildung ist nicht ein Relikt des 20. Jahr-hunderts – und auch nicht ein Instrument, das auf punktuelle Notlagen und Defizite hin anzusetzen wäre. Sie ist vielmehr eine Daueraufgabe, die sich aus den politischen Anforderungen an den Einzelnen in einem demokratischen Gemeinwesen und aus den vielfältigen gesellschaftlichen Wandlungs- und Umbruchprozessen ergibt. Un-term Stichwort „Wissensgesellschaft“ wird heute allenthalben Nachdruck auf die konstitutive Rolle von Bildung und Wissen für das Zusammenleben der Menschen gelegt, doch gleichzeitig stellen wir fest, dass Unwissen weit verbreitet ist, dass vom Analphabetismus bis zum Unverständnis naturwissenschaftlich-technologischer Zusam-menhänge gravierende Wissenslücken bestehen, dass sich im Vergleich zu anderen Ländern diverse Rückstände zeigen. Bildungsanstrengungen erhalten so ein ganz neues Gewicht, sie verändern aber auch ihren Charakter, indem zunehmend der Gedanke der Vernetzung und Verzahnung in den Vordergrund rückt. Die Aufgabe von Bildung und Ausbildung kann nicht allein an die Schule delegiert werden, das hat der Abschlussbericht der Expertenkommission zur Finanzierung des Lebenslangen Lernens nochmals verdeutlicht.

* Ulrich Beck, Was zur Wahl steht, 2005, S. 96.

Schule muss z.B. – was ja auch bei der neuen Förderung der Ganztagsschule Priorität hat – in eine stärkere Kooperation mit Jugendarbeit und Jugendbildung treten. Und hier hat die politische Jugendbildung ein besonderes Gewicht.

Peter Fricke (BMFSFJ), Fit machen fürs 21. Jahr-hundert – Zur Bedeutung der politischen Bildung für die demokratische Entwicklung (PPB 1 / 05)

Politische Bildung ist ein wesentlicher Bestandteil der heutigen Bildungsaufgabe. Diese Erkenntnis hat jüngst auch das „European Year of Citizenship through Education 2005“, das „Europäische Jahr der Demokratieerziehung“, in den Vordergrund der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Das europaweit koordinierte Jahr, das Ende 2005/Anfang 2006 mit einer Reihe von Konferenzen abgeschlossen und damit zur weiteren Bera-tung an die supranationale Ebene verwiesen wurde, war durch den Europarat ausgerufen worden, womit dieser auch nachdrücklich daran erinnerte, dass die bürgerschaftliche Rolle, die democratic citizenship, im transnationalen Kontext zu sehen ist. In Deutschland wurde das europäische Engagement als eine Bestärkung der Anstrengungen erfahren, die die breit gefä-cherte außerschulische „Trägerszene“, also das in der politischen Bildung engagierte Spektrum der Initiativen und Organisationen, unternimmt.

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Auf europäischer Ebene ist mit verschiedenen Weißbüchern der EU zur Bildungs- oder Jugend-politik auf die zentrale Herausforderung aufmerksam gemacht worden, dass allen Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Zugang zu Bildungspro-zessen und damit zu gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen ist. Ernst Küchler, Vorsitzender des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV), hat hier mit seinem Konzept zu „Innovation durch Integration“ angesetzt: „Integration ist als ein umfassender Bildungsauftrag zu interpretieren, der die Eingliederung von Zuwanderern, Analphabeten und in der Schule gescheiterten Jugendlichen in Beruf und Gesellschaft gleichermaßen einschließt. Die Tatsache, dass in unserer hochentwickelten Industriegesellschaft geschätzte 4 Millionen Menschen funktionale Analphabeten sind, zeugt ebenso von Defiziten unseres Bildungs-/Schul- systems wie die hohe Zahl von 10 % der Jugendlichen, die ohne Schulabschluss die Schule verlassen.“** Gerade mit Blick auf die vielen Formen der Bildungsbe-nachteiligung gilt laut Küchler, dass das lebensbegleitende Lernen in Zukunft die Vorausset zung für den Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit ist, aber auch für die Teilhabe und Teilnahme am öffentlichen Leben

** „INNOVINT – Innovation durch Integration“, DVV 2004.

und an den politischen Prozessen in unserer demo-kratischen Gesellschaft. Die jüngsten Ereignisse der gesellschaftlichen Desintegration oder des Jugend-protestes in westeuropäischen Ländern (Nieder-lande, Großbritannien,Frankreich etc.) haben dies noch einmal nachdrücklich in Erinnerung gerufen.

Es bedarf eines Mentalitätswandels, damit Lernen, die Aneignung von Wissen, Fer tigkeiten und Kompetenzen, als ein lebensbegleitender Prozess verstanden und verinnerlicht wird. Lernen muss (all-)täglich stattfinden und als (über-)lebensnotwen dig (an-)erkannt werden. Das lebensbegleitende Lernen ist in Zukunft die Vorausset zung für den Erhalt der Beschäftigungs-fähigkeit, die Teilhabe und die Teilnahme am öffentlichen Leben, den politischen Prozessen und Entwicklungen in unserer demo kratischen Gesellschaft. Lernen (können) ist in diesem Sinne eine Kulturtechnik schlechthin. Sie muss ihrerseits gelernt werden. Ein solcher Mentalitätswandel bedingt eine Verschränkung des Weiterbildungsbe-reichs mit den etablierten, klassischen Elementen unseres Bildungssystems. Dies setzt Verände-rungen sowohl in den Bereichen/Institutionen der Aus-Bildung, als auch im Bereich der Weiterbildung voraus. Die Weiterbildung muss als gleichberech tigtes Glied in die

„Bildungskette“ eingebaut werden. Dies geht nicht ohne einen systemischen und systematischen Um- und Ausbau dieses Weiterbildungsbereichs.

Ernst Küchler, „Update – Lernen ein Leben lang“, DVV 2004.

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Auch im Vertrag der Großen Koaliti-on vom November 2005 (Kapitel VI, 6.2) ist die Bedeutung der Bildung für gesellschaftliche Teilhabe im

„Übergang der Industriegesellschaft zur Informations- und Wissensge-sellschaft“ herausgestellt worden. Dieser Wandel könne „nur dann erfolgreich gestaltet werden, wenn die Bildungs- und Forschungspo-litik ganz oben auf der Agenda steht.“ Weiter heißt es dort zur heutigen Bildungsaufgabe, die als breit angelegtes Vorhaben zu verstehen sei: „Alle politisch Verant-wortlichen sind gefordert, einen entscheidenden Beitrag zum Aufbau von Schlüsselqualifikationen von Kindern zu leisten, die hierfür erforderlichen Ressourcen bereit zu stellen und sie effizient einzusetzen. Die Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder in Familien, Kindertageseinrichtungen und Schule bilden das Koordinatensystem für das gedeihliche Aufwachsen unserer Kinder in einer dynamischen Welt. Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen finden aber an vielen Orten statt. Sie sind nicht nur an Institutionen gebunden. Neben Familie, Schule und Kinder-tageseinrichtungen sind auch die Angebote der Jugendarbeit, der kulturellen Jugendbildung, informelle Bildungsprozesse in der Gleichaltrigen-Gruppe sowie im Umgang mit den Medien von Relevanz. Wir wollen, dass alle jungen Menschen die gleichen Chancen auf Bildung haben.“

Mit der Aktion des Europarats zur democratic citi-zenship, zur Notwendigkeit der politischen Bildung sind besondere Bildungserfordernisse deutlich geworden. Erstens hat sich bei den Konsultatio-nen des Jahres 2005 die Aufmerksamkeit auf die Frage der Partizipation gerichtet. Dass wir heute eine aktive Bürgerrolle (und keine „Zuschauer-demokratie“) brauchen, ist Konsens. Mit der Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland seit den Tagen der Reeducation hat sich herausgestellt, dass die alten Vorstellungen vom Obrigkeitsstaat endgültig ausgedient haben und dass selbstbe-wusste Bürger und Bürgerinnen verlangt sind, die ein aktives Verhältnis zur Politik eingehen, die sich einmischen und gegebenenfalls den Betrieb stören. Hier müssen gerade im Blick auf Europa neue Anstrengungen unternommen werden – wie zuletzt der EU-Verfassungsprozess in aller Deutlich-keit gezeigt hat. Die nationale und die europäische Staatlichkeit müssen als eine politische Gestal-tungsaufgabe vermittelt werden, die man von unten beeinflussen kann. Politik darf nicht länger als Obrigkeit erfahren und verstanden werden, die in fernen Metropolen residiert.

Dies ist auch der neuen Koalition, wie sie in ihrem Vertrag formuliert hat (Kapitel VI, 6.1), ein besonderes Anliegen. „Kinder und Jugendliche in politische, planerische und zukunftsorientierte Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse einzu-beziehen“, heißt es dort, „ist für die Zukunfts-fähigkeit eines demokratischen Gemeinwesens unverzichtbar.“ Aktionen vor Ort werden als besonders sinnvoll erachtet; die Bundesregierung

will „die Aktivitäten zur Partizipation gemeinsam mit den Jugendverbänden weiterentwickeln, die Bedeutung der Kinderrechte stärker in die Öffent-lichkeit transportieren sowie Eltern, Lehrer und pädagogische Fachkräfte informieren. Frühzeitige Heranführung von Kindern und Jugendlichen an Politik ist ein wichtiger Grundbaustein in der Entwicklung des Politikverständnisses. Kin-der und Jugendlichen sollten bei Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, in altersgemäßer Weise einbezogen werden.“

Zweitens steht, mit der aktiven Bürgerrolle unmittelbar verbunden, das bürgerschaftliche Engagement auf der Agenda der Bildungsarbeit. Es geht nicht allein um die Mitwirkung der Bürger und Bürgerinnen an staatlichen Entscheidungen. Enquete-Kommissionen und andere Experten- Gremien, aber auch die Vereinbarungen der neuen Koalition haben vielmehr die Bedeutung der Zivil- und Bürgergesellschaft in den Vordergrund gerückt. Es geht also um die Frage nach gesell-schaftlicher Selbsttätigkeit, nach den Gegenkräf-ten, die in einem Zeitalter der Ökonomisierung, Privatisierung und Deregulierung den vielfältigen Desintegrationstendenzen entgegenwirken kön-nen, ohne dass immer gleich die staatliche Aufsicht bemüht wird.

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kümmern mussten –, doch zeigt sich, dass die Informationsfülle gerade zum Motor der Desin-formation werden kann. Zu dieser Desinformation trägt wesentlich die Aufbereitung des politischen Materials nach Art der modernen Boulevardmedien bei, was sich etwa in den Wahlkämpfen zeigt. Politische Bildung erhält so fast den Status einer Gegenöffentlichkeit. Sie muss Bildungsprozesse in-itiieren und unterstützen angesichts einer verbrei-teten Vorstellung, man sei schon über alles im Bilde – vom Eheleben der Kanzlerin bis zu den jüngsten Parteiskandalen. Und mit den neuen Technologien werden die medialen Gegebenheiten beständig umgewälzt – lokal und weltweit, so dass heute fast die Vision eines global village, in dem technisch alle am öffentlichen Palaver, am gesellschaftlichen Dis-kurs teilnehmen können, Wirklichkeit geworden ist.

„Eine demokratische politische Kultur ist angewie-sen auf die Bereitschaft möglichst vieler, sich an der Bearbeitung gesellschaftlicher Probleme in einer Weise zu beteiligen, dass gesellschaftliche Verantwortung übernommen und dabei der Ho-rizont der eigenen Interessen überschritten wird.“ Dies hat der Bundesausschuss Politische Bildung (bap), in dem die bundesweiten Bildungsträger und Zusammenschlüsse, darunter auch die Volks-hochschulen, auf nationaler Ebene kooperieren, in seiner Grundsatzerklärung aus dem Jahr 1997 formuliert (Praxis Politische Bildung, 2/98). Die Bereitschaft aktiver Bürgerinnen und Bürger kann aber nicht verordnet werden, sondern nur das Ergebnis eines breit angelegten Prozesses sein, in dem sich die Einzelnen über die gesellschaftliche Vielfalt der Werte, Einstellungen, Meinungen und Sachverhalte gleichberechtigt austauschen.

Der Prozess setzt nach Auffassung des Bundesaus-schusses vielgestaltige Foren des gesellschaftlichen Dialogs voraus – kleinere und größere, spontane und organisierte, offene und strukturierte –, wobei sein Gelingen daran gebunden ist, dass die Betei-ligten wissen, warum, auf der Grundlage welcher sachlichen Erwägungen, welcher eigenen Anliegen und welcher subjektiv-ethischen Wertentscheidun-gen sie jeweils agieren. Dies setzt die Fähigkeit zur Reflexion der eigenen Positionen und Interessen, die Information über politische, ökonomische, soziale und kulturelle Zusammenhänge und das Wissen über Prozeduren und Strukturen politischer Willensbildungs- und Partizipationsmöglichkeiten voraus. Die Voraussetzungen für das Gelingen einer demokratischen Kultur erfordern ständige Lernprozesse des Einzelnen, die, so der Konsens der verschiedenen Bildungsorganisationen, bei Jugendlichen und Er wachsenen wesentlich durch die außerschulische politische Bildung initiiert und begleitet werden müssen: „Vor diesem Hin-tergrund ist politische Bildung ein konstitu tives Element unserer demokrati schen politischen Kultur. Die Förderung der politischen Bildung und ihrer Wei terentwick lung ist eine elementare öffentliche Aufgabe. Politische Bildung ist ein unver zichtba rer eigenständiger Bildungsbereich in einem Gesamtsystem der Weiterbildung.“(Grundsatzerklärung des bap)

Der gesellschaftliche Zusammenhalt ergibt sich eben nicht von selbst. In der alten Bundesre-publik beruhte er zu wesentlichen Teilen auf der Bindekraft der Sozialen Marktwirtschaft. Heute, im Zeitalter der globalisierten Marktwirt-schaft, werden solche Bindungen zunehmend in Frage gestellt, und der soziale Zusammenhang selbst erscheint als eine prekäre Größe. Die Ar-muts- und Reichtumsberichte der letzten beiden Legislaturperioden haben die gesellschaftlichen Spaltungstendenzen aufgezeigt und dabei auch deutlich gemacht, wie soziale Ausgrenzung mit Bildungsbenachteiligung einhergeht.

Und schließlich führt die Technisierung und Verwissenschaftlichung moderner Gesellschaften zum Erfordernis der Medienkompetenz. Wir leben heute, wie es in vielen Diagnosen heißt und wie die Vereinten Nationen jüngst auf ihrem Weltgipfel resümiert haben, in einer Informati-ons- und Mediengesellschaft. Thomas Meyer hat von der „Mediokratie“ gesprochen, die speziell dem politischen Leben ihren Stempel aufdrückt. Dies hat Konsequenzen für die Bildungspraxis: Informationen sind heute zwar überall zu ha-ben – im Unterschied zu früheren Zeiten, wo außerschulische Bildungsangebote sich um die Erstversorgung bei der Institutionenkunde

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Politische Bildung geht dabei über staatspolitische Unterweisung oder über den – im Stun denplan nicht gerade üppig vertretenen – Po litikunterricht weit hinaus. Außerhalb der Schule existiert eine breit gefächerte Bildungsland schaft, in der sich vielfältige Aktivitäten abspielen: In Volkshochschule oder Stadttei linitiative, in Ju gendverband oder Bildungsstätte, in Frei zeitheim oder Zivildienst-schule, in Gewerk schaft oder Kirche, in parteilichen oder ver bandlichen Gremien, in Stif tungen oder Betrieben, in Seminarveranstaltungen oder in offener Gruppenarbeit wird ein breites themati-sches und methodisches Spektrum eingesetzt – oft in Verbindung mit anderen Bildungsabteilungen, mit beruflich-betrieblicher Weiterbildung oder Interessen vertretung und zunehmend auch in Kooperati on mit der schulischen Bildung.

Politische Bildung soll jungen Menschen Kenntnisse über Gesellschaft und Staat, europäische und internationale Politik einschließlich der politisch und sozial bedeutsamen Entwicklungen in Kultur, Wirtschaft, Technik und Wissenschaft vermitteln. Sie soll die Urteilsbildung über gesellschaftliche und politische Vorgänge und Konflikte ermöglichen, zur Wahrnehmung eigener Rechte und Interessen ebenso wie der Pflichten und Verantwortlichkei-ten gegenüber Mitmenschen, Gesellschaft und Umwelt befähigen sowie zur Mitwirkung an der Gestaltung einer freiheitlich-demokratischen Gesellschafts- und Staatsordnung anregen.

Richtlinien Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) vom 19.12.2000 (GMBl 2 / 01), Nr. II/1.: Politische Bildung.

Wie zuletzt die große Evaluation der politischen Bildung (2002 - 2004) gezeigt hat, ist im außer-schulischen Bereich mit seinen zahlreichen gesell-schaftlichen Organisationen und Initiativen – vom großen, bundeszentralen Bildungswerk bis zum lokalen Ein-Mann-Betrieb – eine breite Infrastruk-tur mit einem pluralen und vielschichtigen Angebot entstanden, was man als eindeutiges Plus des deutschen Bildungsstandorts werten darf. Bei den hauptamtlichen pädagogischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung hat sich ein professionelles Profil herausgebildet, das über die unterrich-tende Tätigkeit weit hinausgeht und Planung, Konzeptbildung, Bildungsberatung, Marketing, Vernetzung etc. einbezieht. Eine besondere Stärke des außerschulischen Bildungssektors besteht zudem darin, dass er sich konsequent um Innova-tionen bemüht und dass er als Experimentierort für das gesamte Bildungssystem fungiert.

Bei den verschiedenen Aktivitäten geht es den Bildungsverantwortlichen immer darum, die sozialen, reflexiven und kommunikativen Fähigkeiten zu stärken, die für Konfliktaustragung, Konsensbil-dung und gemeinsames Handeln unerlässlich sind. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen ihre eigenen Interessen im Horizont gesellschaftlicher Verantwortung wahrnehmen. Hierbei stehen nicht staat liche Rahmenrichtlinien im Vordergrund, sondern die verschiedenen zivilgesellschaftli-chen Strömungen, die in der politischen Kultur und demokratischen Willensbildung eine Rolle spielen. Politische Bil dung will dafür die Beteili-gungschancen of fen und den Dialog wach halten.

Die Volkshochschulen gehören in Deutschland zu den bekanntesten Einrichtungen der außer-schulischen Bildung. Gemeinhin werden sie mit der Praxis der Erwachsenen- und Weiterbildung identifiziert. Zu ihren Aufgaben gehört aber auch die außerschulische Jugendbildung und hier speziell die politische Bildung. Bei der Ziel-gruppe Jugend gibt es zudem Überschneidungen zwischen Erwachsenen- und Jugendbildung, vor allem da letztere, soweit sie aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) gefördert wird, das Jugendalter in einem weiteren Sinne (bis 26 Jahre) definiert und neben Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch Multiplikatoren einbezieht.

Die Volkshochschulen, die sich heute als moderne Kompetenzzentren verstehen, können auf eine lange Bildungsgeschichte zurückblicken. Ihre Entstehung verdanken sie verschiedenen Ent-wicklungslinien, wobei die anfänglichen Impulse aus der Aufklärungsepoche und der Etablierung der bürgerlichen Gesellschaft kamen. Zu den Vorläufern zählt das öffentliche Vortragswesen, das in der Mitte und im ausgehenden 19. Jahr-hundert seinen Ursprung in den Arbeiter- und Handwerker-Bildungsvereinen hatte, ebenso wie die Bewegung zur Universitätsausdehnung Ende des 19. Jahrhunderts. Nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung der Volkshochschulen in Deutschland hatte auch die skandinavische Heim-Volkshoch-schulbewegung Grundtvig’scher Prägung.

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einer Stellungnahme ausdrücklich den Vorschlag der Kommission begrüßt, „dass Länder und Kommunen wie bisher eine flächendeckende Grundversor-gung mit Angeboten allgemeiner, politischer

und kultureller Weiterbildung in öffentlicher Verantwortung gewährleisten. Dass der allgemei-nen, politischen und kulturellen Bildung hoher gesellschaftlicher Nutzen im Sinne der Förderung demokratischer Teilhabe und aktiver Lebensweltgestaltung beigemessen wird, kann vor dem Hintergrund der bisherigen Priorisierung beruf-licher Anpassungs-qualifizierung nur als positiv bewertet werden.“ (Abgedruckt in: dis.kurs, 2 / 05)

Mit dieser Stellungnahme hat der DVV auch sein Engagement für die politische Bildung deutlich gemacht. Diese belegt beim Weiter-bildungsangebot und bei der Weiterbildungs-teilnahme in Deutschland die hinteren Plätze. Und ihr Stellenwert ist in der konkreten Bildungspraxis eher gefährdet, da sie durch den bildungspolitischen Mainstream, der auf Qualifizierung und Beschäftigungsfähigkeit setzt, immer wieder an den Rand gedrängt wird. Der Volkshochschul-Verband versucht daher – neben seinen Aktivitäten in Sachen Förderungs-politik –, durch inhaltliche und administrative Unterstützung zur Qualifizierung dieses Arbeitsfeldes beizutragen. Dies findet seinen Ausdruck auch darin, dass in der Geschäftsstelle des DVV die Zentralstelle für die politische Jugendbildung im Rahmen des Kinder- und Jugendplans des Bundes angesiedelt ist.

Der KJP ist das wichtigste Förderinstrument für die außerschulische (politische) Jugendbildung auf Bundesebene. Dem liegt der fachpolitische Konsens zu Grunde, dass eine rein staatliche Jugendarbeit/-bildung im bestehenden System der Kinder- und Jugendhilfe der Bundesrepublik nicht gewollt ist. Für die praktische Planung und Umsetzung von überregionalen Projekten außerhalb der Bundes-verwaltung müssen vielmehr „bundeszentrale Träger“ der Kinder- und Jugendhilfe vorhanden sein, also Organisationen und Initiativen, die den gesellschaftlichen Pluralismus abbilden und mit Leben erfüllen. Da diese auf unterschiedlichen Traditionen und Wertorientierungen basieren-den Institutionen die überregionalen Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe wahrnehmen, hat der Bund grundsätzlich ein erhebliches Inter-esse an der Existenz bundeszentraler Träger in der Vielfalt der Kinder- und Jugendhilfe.

Die ersten Volkshochschulen entstanden in der Zeit der Weimarer Republik. Im Artikel 148 der Reichsverfassung von 1919 wurde die Förderung des Bildungswesens, einschließlich der Volkshoch-schulen, erstmalig gesetzlich verankert. Das heutige Verständnis von Jugend- und Erwachsenenbildung als eine Aufgabe, die für den Prozess des lebenslan-gen Lernens von wesentlicher Bedeutung ist, sowie die weltweiten gesellschaftlichen Veränderungen und Herausforderungen zeigen, welche Bedeutung den Volkshochschulen in den nächsten Jahren zukommen wird. Dies erfordert auch das konzep-tionelle und organisatorische Zusammenwirken der Bildungseinrichtungen. Der 1953 gegründete Deutsche Volkshochschul-Verband e.V. (DVV) setzt sich als Bundesverband der 16 VHS-Landesverbän-de und als Interessenvertretung der rund 1.000 Volkshochschulen im Bundesgebiet dafür ein, dass diesen Erfordernissen Rechnung getragen wird.

Auf die Dringlichkeit, das lebenslange Lernen zu fördern, hat in Deutschland letzt eine vom Bil-dungsministerium eingesetzte Expertenkommission aufmerksam gemacht, die sich mit der Finanzie-rung des lebenslangen Lernens befasste und 2004 ihren Abschlussbericht erstellte. Gegen Ende der letzten Legislaturperiode wurde dieser Bericht vom Bildungsministerium offiziell angenommen. Der Deutsche Volkshochschul-Verband hat 2005 in

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Das Leitmotiv des deutschen Kinder- und Jugend-hilferechts, die partnerschaftliche Zusammenarbeit, gilt demzufolge als Maßstab für die Ausgestaltung von Bundeszentralität und die Weiterentwicklung des KJP. Im Gesamtsystem der Kinder- und Jugend-hilfe in Deutschland stellen die bundeszentralen Träger gewissermaßen das Rückgrat der konkreten Jugendbildungsarbeit dar. Dabei ist die Zentralstel-le des DVV für die Initiierung, inhaltliche Planung, Koordinierung und Verwaltung der an den Volks-hochschulen stattfindenden Veranstaltungen zuständig. Sie gestaltet diese Aufgabe im Blick auf eine verstärkte Kommunikation und Vernetzung mit den Volkshochschulen sowie durch eine inhalt-liche Schwerpunktsetzung in der Bildungspraxis.

Mit dieser Aufgabenstellung trägt der DVV auch der Tatsache Rechnung, dass die beiden Bereiche der Jugend- und Erwachsenenbildung in vielerlei Hinsicht – von den Zielgruppen über Themen, Methoden und Formate bis zu den didaktischen Prinzipien der Freiwilligkeit oder Partizipation – Überschneidungen aufweisen. Professor Benno Hafeneger hat letzt als pädagogisches Defizit festgehalten, „dass Jugend- und Erwachsenenbil-dung sich bisher nicht systematisch(er) aufeinander beziehen, dass die Lernfelder institutionell und in ihren Diskursen bisher weitgehend getrennt und auch voneinander abgeschottet sind“ (Erwachse-nenbildung, 1 / 05, S. 5). Durch die Verankerung der politischen Jugendbildung in der Verbandsarbeit werden solche Defizite abgebaut. Gleichzeitig wird so das Anliegen unterstützt, das der 12. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung

„Bildung, Betreuung und Erziehung vor und neben der Schule“ in den Vordergrund gerückt hat – dass nämlich Bildung mehr als Schule ist und dass nur durch eine breite außerschulische Bildungsstruktur die Integration aller Kinder und Jugendlichen in den notwendigen Prozess des lebenslangen Lernens gewährleistet werden kann.

Der Hauptteil der hier vorgelegten Broschüre bietet einen Einblick in die Praxis der politischen Jugendbildung in deutschen Volkshochschulen, die zu einem Teil mit Mitteln des Kinder- und Jugend-plans des Bundes ermöglicht wurden. Anhand von zehn Themenstellungen oder Arbeitsfeldern, die zugleich wichtige politische Herausforderungen der modernen Industriegesellschaften repräsen-tieren, werden konkrete Praxisdarstellungen und -reflexionen geboten. Die Texte verstehen sich als exemplarische Darstellungen, sie wollen keinesfalls ein vollständiges Bild der im VHS-Bereich gelei-steten (politischen) Jugendbildung zeichnen.

In die Präsentation der Praxisbeispiele sind die Erfahrungen verschiedener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Volkshochschulen eingeflos-sen. Die Texte wurden von der Redaktion erstellt, soweit nicht eigens Autoren und Autorinnen angegeben sind. Die wichtigsten Personen und Institutionen, auf die sich die Darstellung stützt, sind jeweils in den Kapiteln genannt. Sonstige Adressen und Kontakthinweise finden sich im Anhang. Dieser informiert zunächst über die herausgebende Einrichtung, den Deutschen Volkshochschul-Verband, und dann über weitere institutionelle Zusammenhänge, die für die außer-schulische politische Bildung von Bedeutung sind.

Der Anhang bringt abschließend eine Literatur-auswahl zu konzeptionellen, organisatorischen und praktischen Fragen der politischen Jugendbil-dung. Verzeichnet sind in der Regel Titel, die die Bildungspraxis im Umkreis der Volkshochschulen betreffen und die die Entwicklung der letzten Jahre dokumentieren. Aufgeführt sind auch verschiedene Aufsätze zur politischen Erwachse-nen-/Weiterbildung, die grundsätzliche didaktische Fragen der außerschulischen Bildungsarbeit oder

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Angebote für junge Erwachsene betreffen.Zu den jeweiligen thematischen Aspekten der Arbeit gibt es kurze Quellenhinweise in den einzelnen Kapiteln des Hauptteils. Zur Er-schließung weiterer Materialien – gerade auch der ‚grauen Literatur’ aus dem Bereich der Verbände und Organisation – sei auf die Websites der aufgeführten Institutionen verwiesen.

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Praxis

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Praxis beispiele

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Das europäische Integrationsmodell ist gescheitert – so lautete der Tenor vieler Kommentare im Laufe des letzten Jahres, nach den Jugendprotesten in Frankreich, nach Unruhen in Großbritannien oder den Niederlanden, aber auch nach einzelnen Vor-kommnissen in Deutschland. Besorgnisse wurden geäußert im Blick auf die Ausbreitung weiterer „Parallelgesellschaften“; die Notwendigkeit einer gemeinsamen gesellschaftlichen Anstrengung, vielfach unter dem Stichwort der „Leitkultur“ gefasst, wurde herausgestellt. Im Vertrag der Großen Koalition zur 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages hat dies ebenfalls seinen Niederschlag gefunden. Im Kapitel VIII heißt es dort: „Die Integration von Ausländern und Aussiedlern in die deutsche Gesellschaft ist eine Querschnittsaufgabe vieler Politikbereiche. Sie bleibt ein Schwerpunkt der Politik der Bun-desregierung… Ein interreligiöser und interkul-tureller Dialog ist nicht nur wichtiger Bestandteil von Integrationspolitik und politischer Bildung; er dient auch der Verhinderung und Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und Extremismus.“

Mit dem grundsätzlichen Konsens, dass Integrati-on eine vorrangige politische Aufgabe darstellt, sind allerdings vielerlei Detailfragen und Diffe-renzen verbunden. Wenn zum Beispiel die Politik betont, dass Integration „keine Einbahnstraße“ ist, dann wird an die Bereitschaft der hier leben-den Ausländerinnen und Ausländer gedacht, einen solchen Integrationsprozess aktiv mit zu tragen und zu gestalten – statt einfach auf ent-sprechende Maßnahmen des deutschen Staates zu warten. Menschen mit Migrationshintergrund wiederum haben allzu oft den Eindruck, dass sie sich mit den verordneten oder empfohlenen Maßnahmen auf eine Einbahnstraße in die deut-sche Leitkultur begeben sollen, und wünschen sich eine größere Offenheit für ihre Anliegen.

Hinzu kommt, dass mit dem Integrationspostulat ein Spannungsverhältnis zu dem gegeben ist, was die interkulturelle Pädagogik gerade im außer-schulischen Bereich praktiziert. Sollen Vielfalt und Pluralität durch einen Prozess der Vereinheitlichung aufgehoben werden? Kann Kurzzeitpädagogik überhaupt etwas bewirken angesichts der

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Bildungsarbeit zu Migration und Integration

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gesellschaftlichen Desintegrationsprozesse und der zahlreichen Integrationsbarrieren? Wie sieht es umgekehrt mit der Bereitschaft der Inländer aus, die Ausländer als Staatsbürger anzuerken-nen? Was ist schließlich Integrationskompe-tenz? Kann man sie als Lernziel verordnen und in einem Trainingsprogramm operationalisieren?

Eine Heimat in der Fremde?

„Typisch deutsch – gibt es das?“ So lautete das Motto einer Podiumsdiskussion, die im Herbst 2005 im Kulturzentrum Flora, Gelsenkirchen, stattfand. Sie war Teil eines Bildungs- und Kulturprogramms, das von verschiedenen Partnern gemeinsam mit der Landesarbeitsgemeinschaft ARBEIT UND LEBEN NRW, der Bildungsvereinigung von Gewerkschaften und Volkshochschulen, realisiert wurde. Im Mit-telpunkt stand die Ausstellung „Russlanddeutsche – einst und jetzt“, die seit Jahren in vielen deut-schen Städten gezeigt wird und die am Beispiel der Aussiedlerinnen und Aussiedler auf Geschich-te und Gegenwart der Migration in Deutschland aufmerksam macht. Dazu bot auch die Volkshoch-schule Gelsenkirchen, die in diesem Bereich einen Schwerpunkt setzt, Jugendbildungsseminare an.

Typisch deutsch wollten diese Bildungsangebote allerdings nicht sein. Wie auch die jungen Migran-teninnen und Migranten bei der Podiumsdiskussion betonten, kann es nicht darum gehen, die vielfäl-tigen Migrationsschicksale und die Pluralität der deutschen Gesellschaft über einen Leisten zu schla-gen. „Wer bin ich? Meine Identität in Deutschland“, so hieß die Überschrift der beiden Wochenendse-minare in der Jugendbildungsstätte Welper, an de-nen vor allem russlanddeutsche, aber auch einhei-mische Jugendliche sowie zwei jüdische Migranten teilnahmen. Im Focus war hier die Unterschied-lichkeit der Herkunfts- und Ankunftserfahrungen, woraus sich jedoch bei aller Differenziertheit eine Gemeinsamkeit ergab: die Unsicherheit gerade bei jugendlichen Zuwanderinnen und Zuwanderern, die selbst ja meist notgedrungen der familiären Entscheidung zur Emigration ge-folgt sind, wenn es um die Frage geht, wo man hingehört, wo die „Heimat“ ist. In solchen Fäl-len kann die außerschulische Bildung selber zu einem Ort werden, an dem sich junge Leute in der Gruppe aufgehoben und zuhause fühlen – sozusagen als beispielhaftes Angebot, wie sich die starren ethnischen Definitionen der eigenen Biographie aufheben und neue Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten entdecken lassen.

In diese Richtung zielen auch die anderen Ange-bote der Volkshochschule Gelsenkirchen, die im Rahmen der Migrationsthematik durchgeführt werden. Dabei geht es vor allem um drei Program-me: Unter der Überschrift „Aufwachsen in zwei Kulturen“ werden die grundsätzlichen Fragen

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jugendlicher Identitätsfindung in einem schwieri-gen sozialen Terrain behandelt, auch unter Einbe-ziehung der unterschiedlichen Erfahrungen von Jungen und Mädchen; ein Arbeitswelt-bezogener Ansatz politischer Bildung rückt die Fragen der Beschäftigungsfähigkeit und des Zugangs zum Berufsleben in den Mittelpunkt; und schließlich werden unter dem Motto „Wir machen Bürgerra-dio“ Radioworkshops angeboten, die einen kon-sequent handlungsorientierten Ansatz verfolgen.

In solchen Veranstaltungen wird nicht über Aus-länderpolitik doziert. Die Teilnehmenden sollen vielmehr dazu gebracht werden, ihre persönliche Problematik – dass sie sich, verallgemeinernd formuliert, bei ihrer Identitätsfindung im Span-nungsfeld zwischen einem monokulturellen Familienrahmen und multikulturellen Außen-beziehungen bewegen – in einem politischen Kontext zu sehen. So setzen die Kurse bei Alltags-erfahrungen an, zum Beispiel bei den Differen-zen zwischen türkischen Jungen und Mädchen in Sachen Ehe- und Partnerschaftsmoral, oder bei den aktuellen Trends der Jugendkultur. Es wird etwa der der Film „Zwischen Rap und Ramadan“ eingesetzt, der die extreme Band-breite der Lebensentwürfe junger Migrantinnen und Migranten in Deutschland deutlich macht.

Nicht abseits stehen!

Regelmäßige Angebote zu Migration und Integra-tion macht auch die Volkshochschule Berlin Mitte. Hier ist eine aktuelle politische Diskussionsreihe mit 12 Wochenendseminaren für ausländische und deutsche Jugendliche und junge Erwachsene im Programm. „Präsentieren und Publizieren im Lernraum und im Internet“ lautet eine Veran-staltung; Migranten und Migrantinnen, die sich mit der deutschen Sprache schwer tun, können hier über das Medium Computer bzw. Internet Zugänge zu einem öffentlichen Diskurs finden, indem sie schrittweise mit der Erstellung eines medialen Produkts vertraut gemacht werden und so die Scheu vor einer öffentlichen Stellungnahme verlieren. Angebunden ist dies meist an Möglich-keiten, Kompetenzen für den eigenen berufli-chen Werdegang zu testen oder zu erwerben.Eine andere Maßnahme befasst sich mit der „Unsichtbaren Migration in Europa“. Es geht um die ungeregelte, also „illegale“ Einwanderung in Europa, die eine Folge der EU-Erweiterung darstellt und letztlich im Zusammenhang der Globalisierung zu verorten ist. Das Seminar will, anknüpfend an die persönlichen Erfahrungen der Teilnehmenden, zur Auseinandersetzung mit der Migrationspoli-

tik europaweit anregen. Ordnungspolitische und Arbeitsmarkt-Aspekte werden ebenso in Be-tracht gezogen wie die Frage nach einem Leben in der Illegalität, das das Migrationsschicksal aufs Äußerste zuspitzt. Die nationalstaatlichen Positionen kommen zur Sprache, Legalisierungs-kampagnen und -aktionen in der Bundesrepublik und anderen EU-Ländern werden diskutiert.

„Integration und Erfassung jugendlicher Migran-ten“ heißt eine weitere Veranstaltung. Sie greift eine Frage auf, die vielen jungen Migranten und Migrantinnen auf der Seele brennt – und die auch beim französischen Jugendprotest eine zentrale Rolle gespielt hat –, dass sie nämlich den Eindruck haben, für die heimische Staatsgewalt nur noch als Ordnungsproblem zu zählen. So erzeugen in Deutschland die als selbstverständlich unterstellte Gefährlichkeit des Islam(ismus) und die staatliche Sicherheitspolitik leicht eine Mischung aus aus-spähendem, repressivem Assimilationsdruck, auf den viele Migrantenkinder mit einem rebellischen Glaubensbekenntnis oder mit dem Gegenent-wurf einer (sub-)kulturellen Identität reagieren.

Wichtig an den Seminaren ist, dass sie Jugendli-che, die das Gefühl haben, in unserer Gesellschaft Außenstehende oder Ausgegrenzte zu sein, in einen Diskurs einbeziehen, der sie zugleich for-dert und Erwartungen an sie stellt. Es wird nicht einfach eine Wohlfühlgruppe geboten; die Teil-nehmenden sind aufgefordert, die Sprach- und anderen Barrieren zu überwinden, statt sich schmollend hinter ihnen zu verschanzen. Dass dies gelingt, hängt auch mit der Angebotsstruk-tur der VHS zusammen. Dort gibt es Kurse zum nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen oder die Integrationskurse des BAMF, an denen viele Migranteninnen und Migranten teilnehmen – und die jungen Leute lassen sich über diesen Einstieg eher motivieren, weitere Diskussions- und Bil-dungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen.

Im Jahr 2006 werden flächendeckend Fortbildun-gen zum Thema „Interkulturelle Kompetenzen für die BIldungsarbeit mit Jugendlichen“ angebo-

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ten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volks-hochschulen und kooperierender Einrichtungen werden mit Hilfe des europaweit anerkannten Lehrgangssystems Xpert-Cultural Communication Skills geschult und abschließend zertifiziert.

Auch wichtig: Inländer-Pädagogik!

Die Integrationsthematik hat viele Facetten. Eine entscheidende Frage zielt auf die Bereitschaft der einheimischen Bevölkerung, sich mit Migration auseinander zu setzen und das Fremde zuzulassen. Relevante Zielgruppen sind also nicht nur Mi-grantinnen und Migranten. So bemühen sich die genannten Veranstaltungen in der Regel, einen gemischten Teilnehmerkreis anzusprechen und zur Mitwirkung zu gewinnen. Wichtig ist, dass das Thema alle angeht. Die Junge VHS an der Mann-heimer Abendakademie und Volkshochschule bietet beispielsweise ein „Argumentationstraining gegen rechte Parolen“ an, das sich an jüngere Schüler und Schülerinnen aller Schularten wendet.

Das Programm basiert auf dem „Argumentati-onstraining gegen Stammtischparolen“, das von Klaus-Peter Hufer (KVHS Viersen) entwickelt wurde und das mittlerweile zu einem Erfolgsmodell der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung geworden ist. Leitgedanke dieses Seminarange-bots ist es, die Teilnehmenden in die unmittelbare Auseinandersetzung mit fest verankerten, speziell ausländerfeindlichen Vorurteilen und Stereotypen zu involvieren. Es werden keine Referate zur Vor-urteilstheorie gehalten. Vielmehr sind die Kurs-teilnehmerinnen und -teilnehmer selber gefragt, die schlichten Parolen und Sprüche, die so schwer zu widerlegen sind, dingfest zu machen und in eine rationale Gesprächssituation einzubringen.In Mannheim ging die Initiative dazu von einem Kreis engagierter junger Leute (Schülerinnen und Schüler, Zivildienstleistende, Studierende) aus, die im Blick auf die nur wenige Jahre jüngere Alters-gruppe einen solchen Versuch starten wollten. Nach Anlaufschwierigkeiten wurde ein kompaktes Seminarmodell entwickelt, das sich inzwischen regen Zuspruchs erfreut. Dies hängt auch damit

zusammen, dass die jungen Kursleiterinnen und -leiter spontan und ungezwungen mit den Teilneh-menden umgehen und den Seminarablauf durch zahlreiche Rollenspiele oder Gruppenübungen auflockern.

In Verbindung mit diesem Arbeitsansatz sind die Rhetorik-Kurse der Jungen VHS in Mannheim zu sehen, die ebenfalls auf große, regionale und überregionale Resonanz stoßen. Unter dem Motto „Raus mit der Sprache!“ lernen Jugendliche hier, sich in Diskussionen zu behaupten und in der Gruppe ihre Meinung zu sagen. Dabei werden verschiedene gesellschaftliche Zusammenhänge berücksichtigt. Von schulischen Konfliktfällen geht es über politische Streitgegenstände bis zur Arbeitswelt, in der der sprachlichen ‚Perfor-mance’ eine immer größere Bedeutung zukommt. Dabei wird auch stets auf das Prinzip des Gender Mainstreaming geachtet, also auf den Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit bei Planung, Ausschrei-bung und Durchführung von Veranstaltungen.

Ruth Raeder Volkshochschule Gelsenkirchen Bildungszentrum Ebertstraße 19 45875 Gelsenkirchen Tel.: 0209 1692422 Fax : 0209 1693503 E-Mail: ruth.raeder @ gelsenkirchen.de Netz: www.vhs-gelsenkirchen.de Christine Bartels Volkshochschule Berlin Mitte Linienstraße 162 10115 Berlin Tel.: 030 200927411 Fax : 030 200927488 E-Mail: christine.bartels @ ba-mitte.verwalt-berlin.de Netz: www.city-vhs.de Junge VHS Mannheimer Abendakademie und Volkshochschule GmbH R 3, 13-15 68161 Mannheim Tel.: 0621 1076-0 Fax : 0621 1076-172Netz: www.abendakademie-mannheim.de

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Die staatsbürgerliche Tugend der Zivilcourage hat in den letzten Jahren wieder einigen Nachdruck erfahren. Seit dem „Aufstand der Anständigen“, den der damalige Bundeskanzler Schröder an-kündigte, und seit der im Jahr 2000 begonnenen neuen Kampagne gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit, die zu einer Reihe von Programmen und Initiativen geführt hat, ist das aufmerksame, aktive und eingreifende Verhalten der Bürger und Bürgerinnen wieder besonders gefragt. Auch die Große Koalition unter Kanzlerin Merkel hat in ihrem Vertrag vom November 2005 die Notwendigkeit hervorgehoben, den Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlich-keit, für Demokratie und Toleranz fortzuführen und auf Dauer zu stellen. Erklärtes Ziel ist es, das Verständnis für die gemeinsamen Grundwerte und die kulturelle Vielfalt zu entwickeln und damit die Achtung der Menschenrechte zu fördern.

Diese Aufgabe – das betont das Leitbild der Zivil-courage – fällt nicht allein in den Bezirk der Politik, also der staatlichen Instanzen und Zuständigkeiten, sondern bedarf des gesellschaftlichen Handelns. Im Grundsätzlichen herrscht hierüber Einigkeit, und letztlich geht es um ein Postulat, das der politi-schen Bildung ein besonderes Anliegen ist: dass nämlich die Zivilgesellschaft ein zentraler Akteur im demokratischen Gemeinwesen sein muss. Schwieriger ist die pädagogische Umsetzung

der Aufgabe. Gewiss, es gibt viele Beispiele da-für, wie Menschen couragiert handeln. Doch was sind ihre Motive? Können solche Personen zum Vorbild dienen? Lässt sich Bürgermut nicht auch bei dubiosen bis extremen Aktionen feststellen? Und selbst wenn die zivilgesellschaftliche Tugend inhaltlich präzisiert wird, bleibt die Frage, ob eine solche – im Prinzip riskante, selbstlose – Haltung als Lernziel aufgestellt werden kann und wie sie im pädagogischen Prozess zu vermitteln ist.*

Die Junge Volkshochschule Hamburg ist der Meinung, dass sich zivilgesellschaftliches Enga-gement durchaus pädagogisch vermitteln lässt, und hat dazu in den letzten Jahren eine ganze Menge an Erfahrungen gesammelt. Seit 1997 gibt es hier den Arbeitsschwerpunkt „Zivilcourage, Konfliktfähigkeit, Gewaltprävention“. Ende 2004 erhielt die Junge VHS im Rahmen des Wettbe-werbs „Aktiv für Demokratie und Toleranz“, der vom „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ ins Leben gerufen wurde, eine Urkunde, mit der sie für ihr „vorbildliches und nachahmenswertes“ Bemühen ausgezeichnet wurde, zivilgesellschaft-liche Aktivitäten von Schülerinnen und Schülern zu fördern. Konkret ging es um eine Projektwoche

* Vgl. dazu Dieter Lünse, Der Umgang mit Gewalt – Prävention und Vernetzung gegen rechts, in: Praxis Politi-sche Bildung, 2 / 01; Johannes Schillo, Zivilcourage – Anmerkungen zu einem Leitbild der politischen Bildung, in: Kursiv, 3 / 02; Wolfgang Heuer, Couragiertes Handeln, Lüneburg 2002.

Kann Zivilcourage gelernt werden?

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Konflikttraining und Gewaltprävention in der Bildungsarbeit

„Ich kann was tun – ich kann mich schützen“

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in Kooperation mit der Julius-Leber-Gesamtschu-le, die zur Gewaltprävention acht verschiedene Workshops (Zivilcourage-Training, Forum-Theater, Capoeira-AG, Videofilm-Projekt, Hip-Hop-Musical, Graffiti-Bilder, Schreib- und Fotowerkstatt) für insgesamt 166 Teilnehmende konzipierte, orga-nisierte und mit 14 Kursleitenden durchführte.

Alles in allem fanden in den letzten acht Jahren über 300 Workshops zur Zivilcourage mit mehr als 7.000 Kindern und Jugendlichen statt, und die Nachfrage von Schulen, Schulklassen oder Jahrgangsstufen nach solchen Angeboten ist kontinuierlich gestiegen. Hinzu kommen weitere Programme, etwa eine Pausenhelferausbildung, bei der Jugendliche befähigt werden, in Streitsi-tuationen von Mitschülern und Mitschülerinnen auf dem Schulhof einzugreifen und die jeweili-gen Konflikte unter Hinzuziehung der Beteiligten zu lösen, oder ein Training zum interkulturellen Lernen, das sich als besonderes Erfordernis her-ausstellte, da viele Konfliktsituationen aus dem Umgang mit unterschiedlichen kulturellen Hin-tergründen resultieren. Die Bildungsmaßnahmen richten sich in gleicher Weise an Jungen und Mädchen. Um beiden Geschlechtern gerecht zu werden, achtet die VHS darauf, dass die Gruppen jeweils von einer Teamerin und einem Teamer geleitet werden. Im Bedarfsfall kann so die Grup-pe geteilt werden, um geschlechtsspezifische Konflikte zu bearbeiten. Mädchen und Jungen werden immer gleichberechtigt an Übungen zum sozialen Lernen und an der Lösung von Aufgaben

beteiligt. Wenn es auffällige Benachteiligungen innerhalb einer Gruppe gibt, versucht das Lei-tungsteam dies herauszuarbeiten und gemeinsam mit der Gruppe einen produktiven Umgang mit geschlechtsspezifischen Problemen zu entwickeln.

Wie die Auswertung durch das mit der VHS ko-operierende Hamburger Institut für konstruktive Konfliktaustragung und Mediation (IKM) erbrach-te, sind die Maßnahmen geeignet, die demokra-tische Handlungskompetenz von Jugendlichen zu erweitern, und erhalten auch bei den Teilneh-menden ein positives Feedback. Zivilcourage ist nicht nur eine “viel beschworene große Tugend“, wie Dieter Lünse vom IKM schreibt, sondern sie „ist die kleine Tat, die von allen Menschen in vielen Situationen geleistet werden kann. Es ist der kleine Schritt, nach Abwägung der Mög-lichkeiten und Folgen den eigenen Schatten zu überspringen. Die möglichen Hindernisse rük-ken in den Hintergrund, weil die Hilfe für einen Menschen in Not wichtiger ist. Durch Übungen erweitern sich die Möglichkeiten zu handeln, die eigene Angst zu überwinden und in schwie-rigen Situationen selbstbewusster zu sein.“

Ziel der Gewaltprävention ist es, Jugendliche dazu anzuleiten, Konflikte nicht zu provozieren, in konfliktträchtigen Konstellationen zu intervenieren und bei auftretenden Kollisionen deeskalierend

Kann Zivilcourage gelernt werden?

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Außerschulische Bildung – für die Schule und den Alltag

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zu agieren. Sinnvolle Verhaltensstrategien werden vermittelt, in Spielsituationen ausprobiert und weiter entwickelt. In der Planungsphase werden mit den Gruppen und den sie betreuenden Lehrer-innen und Lehrern oder Gruppenleiterinnen und -leitern die gewünschten Schwerpunkte festgelegt. Diese können sein: 1. Konfliktbearbeitung in der Schule/Klasse (Mobbing, Ausgrenzung, Autoritäts-konflikte etc.) oder 2. Stärkung von Zivilcourage für Alltagssituationen (Fremdenfeindlichkeit, unterschiedliche, z.B. geschlechtsspezifische Diskriminierungen). Der methodische Rahmen ist handlungs- und erlebnisorientiert, angereichert mit kommunikations-, spiel- und theater-päda-gogischen Elementen. Im Seminarverlauf gibt es Körper- und Stimmtrainings, Rollenspiele und Reflexionsphasen. In Spielszenen zu Ängsten, Ohnmachts- oder Gewalterfahrungen aus der Le-benswirklichkeit der Jugendlichen können eigene Verhaltensmuster hinterfragt und neue Hand-lungsstrategien diskutiert oder erprobt werden.

Die Seminare werden nicht an den Schulen durch-geführt. Es hat sich als sinnvoll erwiesen – was auch viele Lehrer und Lehrerinnen bestätigen – dass sich die Jugendlichen auch räumlich aus den Bedingungen des Schulalltags lösen. So können die Prinzipien der außerschulischen politischen Bildung – die Mitbestimmung im konkreten Programmab-lauf, die Gruppenbildung, die Handlungsorien-tierung – stärker zur Geltung kommen. Dies hat etwa ganz konkret da seine Bedeutung, wo es um Konflikte geht, die die Jugendlichen gegenüber dem Lehrpersonal in der Regel nicht zur Sprache bringen. Die Kursleitungen legen Wert darauf, dass die Chancen der außerschulischen Lernprozesse genutzt werden, die natürlich ihre Rückwirkun-gen auf die Schule haben. So heißt es aus einer Schulklasse: „Die Fotos aus dem Training hängen in der Klasse. Darauf wird bei Streitereien Bezug genommen, und es gibt eine größere Bereitschaft, Konflikte im Gespräch konstruktiv zu lösen.“

Jugendliche erfahren die außerschulische Lern- situation – mit „anderen Lehrern, die keine Zensu-ren geben“ – regelmäßig als produktive Abwechs-lung, die auch für sie persönlich Konsequenzen hat. „Ich kann was tun, ich kann mich schützen“, lauten z.B. Aussagen aus dem Teilnehmerkreis zu der Frage, ob die Beteiligung ‚etwas gebracht’ hat. Allerdings erfahren die Teamerinnen und Tea-mer auch immer wieder, dass diese Arbeit an ihre Grenzen stößt. Wenn von Jugendlichen Gewalt permanent als Mittel zur Konfliktlösung in Alltags-situationen eingesetzt oder als normal empfunden wird, helfen einzelne Projekttage oder -wochen

wenig. Dies gilt vor allem da, wo die Kurse einmalig stattfinden und nicht zum Repertoire der Schule gehören. Und dies ist leider der Regelfall. So bleibt ja auch das Gewaltpotenzial an deutschen Schulen, wie die spektakulären „Einzelfälle“ immer wieder in Erinnerung rufen, von erheblicher Bedeutung. Im allgemeinen gesellschaftlichen Zusammenhang sieht die Sache nicht besser aus. Die bei der EU neu eingerichtete Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC, Presserklärung vom 23.11.2005) hat für 2004 mehr als 6.474 rassistische Zwischenfälle in Deutsch-land registriert – die zweithöchste Zahl in der EU, deren 25 Mitgliedstaaten sich nach Auffassung der EUMC insgesamt nicht ausreichend um die Eindämmung von Fremdenfeindlichkeit bemühen.

Die Aufgabe bleibt

Trotz der Sensibilität für die begrenzte Reich-weite der Arbeit lautet das Fazit der Trainer und Trainer-innen nach ihren langjährigen Erfahrun-gen in den Seminaren der Jungen VHS Hamburg: Zivilcourage kann gelernt werden! Dies gilt vor allem dann, wenn es sich bei den Angeboten nicht um „Eintagsfliegen“ handelt. Deshalb zielen die Anstrengungen der Volkshochschule darauf, eine kontinuierliche und breit gefächerte Angebots-struktur aufrecht zu erhalten und konzeptionell wie organisatorisch weiter zu entwickeln. Dazu gehören systematische Auswertungen der Pra-xis, so genannte Evaluationen, die im Bildungs-wesen zunehmend eine Rolle spielen. Und dazu gehört, dass die Angebote in die Breite gehen, einen größeren Teilnehmerkreis einbeziehen und die vielfältigen gesellschaftlichen Kontex-te von Gewaltbereitschaft thematisieren.

In Zusammenarbeit mit dem DVV bietet die Ham-burger VHS im Jahr 2006 an verschiedenen Schu-len das „Peer-Programm Verantwortung“ an. Ältere Schülerinnen und Schüler werden darauf vorbereitet, Verantwortung für jüngere (vorwie-gend mit Migrationshintergrund) zu überneh-men. So wird ein demokratisches Miteinander in der Schule möglich und die Einübung junger Menschen in zivilgesellschaftliches Engagement geübt. Durch das Peer-Programm wird Konflik-ten vorgebeugt. Es hilft den Lehrerinnen und Lehrern, die an Schulen vereinbarten Regeln für ein tolerantes und demokratisches Miteinander umzusetzen. Das Projekt wird mit Mitteln aus dem Programm „entimon“ des BMFSFJ gefördert.

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Die Junge VHS beteiligt sich aus diesem Grund auch seit Ende 2003 an einem „Fachkreis Gewalt-prävention“, der sich als übergreifendes Forum von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Ham-burger Behörden, freien Trägern, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen versteht. Hier kooperie-ren Fachkräfte, die in Jugendhilfe, Jugend arbeit, Schule und Jugendschutz tätig sind und die ihre Kompetenzen im Bereich Gewaltprävention ko-ordinieren wollen. Es besteht der Konsens, dass Gewalt als individuelles Problem von auffälligen Kindern und Jugendlichen und zugleich als gesell-schaftlich bedingte Problemlage zu sehen ist. Das heißt, dass sich präventive Bemühungen sowohl an der persönlichen Verantwortlichkeit von Ju-gendlichen und ihrer Bezugspersonen als auch an den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen orientieren müssen. Durch die Zusammenarbeit wird zudem in einer breiteren Öffentlichkeit das Bewusstsein dafür geschärft, dass hier eine genu-ine Aufgabe politischer Jugendbildung besteht – eine Aufgabe, die von den örtlichen Aktivitä-ten bis zur Bundesebene mit ihrem Kinder- und Jugendplan (KJP) reicht. Denn ohne eine stabile Infrastruktur, ohne regionale oder bundeswei-te Vernetzung, ohne Kooperation und Transfer kann diese Aufgabe nicht bewältigt werden.

Dies hat auch der Vertrag der Großen Koalition betont. Im Punkt Jugend (Teil VI., Nr. 6) heißt es: „Es geht um Vielfalt, Respekt für andere, Demo-kratie, Toleranz und die Bekämpfung des Antise-mitismus. Wir wollen, dass Jugendliche vor Ort motiviert und in ihrem Engagement verlässlich unterstützt werden. Integrierte lokale Strategi-en sind besonders Erfolg versprechend. Es gilt, künftig noch stärker Brücken zu den Projekten zu schlagen, die sich mit gefährdeten bzw. in der rechten Szene bereits gefestigten Jugendlichen beschäftigen.“ Es ist ermutigend, dass die Bundes-politik zum Start der neuen Legislaturperiode hier einen eindeutigen Handlungsbedarf erkannt hat.

Claudia Schneider Junge Volkshochschule Hamburg Schanzenstraße 75 20357 Hamburg Tel.: 040 42841-1493 Fax : 040 42841-2788 E-Mail: c.schneider @ vhs-hamburg.de Netz: www.vhs-hamburg.de

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Politische Bildung zielt nicht nur darauf ab, Interesse für politische Vorgänge zu wecken sowie die Kompetenz bei Kennt-nissen und Urteilen über gesellschaftliche Sachverhalte zu fördern. Sie will auch – und hier liegt eine besondere Chance der außerschulischen Bildung – ihre Adressa-ten und Adressatinnen dazu befähigen, sich ins politische Geschehen einzubrin-gen und einzumischen. Dies gilt von den großen Themen der Globalisierung bis zu den unmittelbaren Alltagsfragen, mit denen Jugendliche in Schule, Familie oder Freizeit konfrontiert sind, z.B. für den Bereich der Schülervertretung (SV).

Aktiv in der SV-Arbeit

Ein Themenschwerpunkt des Jugendbildungs-programms an der Volkshochschule Schaumburg war daher von Anfang an und ist immer noch das Seminarangebot „Aktiv in der SV-Arbeit“ – ein Angebot, das seit über 20 Jahren erfolgreich ist, aus dem sich Vieles entwickelt hat, in dem sich die Grundsätze der politischen Bildungsarbeit – alte und neue – wieder finden und, wie die Praxis ge-zeigt hat, mit Leben füllen lassen. Dabei tauchen heute Schlagworte auf, die früher keine große Rolle spielten (Gender Mainstreaming, Nachhaltig-keit, Partizipation …) und die trotzdem einen Teil des Erfolgsmodells „SV-Seminare“ ausmachen.

Partizipation, die Beteiligung von Jugendlichen, die Möglichkeit, aktiv und selbstbestimmt mitzu-machen, ist einer der Grundpfeiler der Seminare, deren formale Merkmale in Folgendem bestehen:

• Die Seminare finden mindestens 4x jährlich statt als Wochenendseminar mit Übernach-tung und Verpflegung, auf Wunsch der Teil-nehmerInnen auch als Wochenseminar in den Oster- oder Herbstferien.

• Die Teilnahme ist natürlich freiwillig, keiner wird ‚geschickt’. Es erfolgt eine intensive Werbung über den Kreisschülerrat (KSR) und die Schulen.

• Finanziert werden sie über Mittel des Kreis-schülerrates, des Kinder- und Jugendplans des Bundes (KJP) und der VHS Schaumburg. Für Schülerinnen und Schüler entsteht keine Teil-nahmegebühr (übernimmt z.T. der KSR).

Förderung von Partizipation – am Beispiel einer Seminarreihe zur Schülervertretung Demokratie

brauchtBeteiligung

von Liesel Sachtelebenund Kersten Prasuhn

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• Ausgeschrieben sind sie für Klassensprecher-innen und -sprecher, Schülervertreterinnen und -vertreter, Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter von Schülerzeitungen, aber auch für andere interessierte Schülerinnen und Schüler.

• Auf Anfrage werden auch 2- oder 3-Tages- Seminare in der Woche für komplette Schüler-vertretungen einzelner Schulen angeboten.

Die Arbeitsschwerpunkte der Veranstaltung verändern sich naturgemäß im Laufe der Jahre. Grundsätzlich gilt: Die Seminarreihe steht in einem schulischen Kontext; Teilnehmende sind Schüler und Schülerinnen, ihr Leben wird von schulischen Zusammenhängen bestimmt – und diese wieder-um basieren auf gesellschaftlichen Strukturen. Im Einzelnen sind folgende Charakteristika zu nennen:

• Die Seminare werden schulübergreifend aus-geschrieben (Orientierungsstufe – bis 2004 –, Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Gesamtschule, Förderschule, Berufsschule).

• Sie werden klassenübergreifend durchgeführt (von Klasse 5-13 und Berufsschule).

• Das führt automatisch dazu, dass das Alter (von 10-18 Jahren) streuen kann.

• Max. 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer/3 Teamerinnen und Teamer/3 Arbeitsgruppen.

• Arbeit in Kleingruppen, auch diese häufig alters- und schulgemischt.

• Unterschiedliche Nationalitäten (Türkei, Russland, Kosovo, Bosnien …).

• Querschnittsaufgabe Gender: von Anfang an geschlechtsbewusste Arbeit, Teams immer geschlechtsgemischt, zum Teil geschlechts- homogene AGs.

Die Schülervertretungsarbeit hat dabei im Laufe der Jahre unterschiedliche Gewichtungen er-fahren. Es kommt ganz darauf an, ob sie mehr oder weniger explizit politisch verstanden wird. Hier bestimmen das Interesse und die Motivati-on der Jugendlichen die Form der Bearbeitung. Die Gruppenarbeit ist ein Angebot, Richtung und Schwerpunkte ergeben sich durch die Nachfrage. Als allgemeiner Rahmen bleibt:

• Analyse von Schulsituation/Schulpolitik/ge-setzlichen Grundlagen.

• Vorbereitung und Entwicklung von Projekten und Aktionen.

• Aufgreifen aktueller gesellschaftspolitischer Themen und Probleme.

• Auseinandersetzung mit Rollenverhalten.

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Die Frage war immer, was kann, was soll eine Schülervertretung bearbeiten, um welche Pro-blemfelder darf sie sich kümmern. Hier wurde der Konsens gefunden, dass eine SV nicht nur zu schulinternen Themen Stellung beziehen soll, sondern dass sie sich aus den politischen Diskus-sionen in Stadt und Land nicht heraus halten kann, da die SV-Arbeit – wie die Schule überhaupt – im gesellschaftlichen Kontext zu sehen ist. Und so werden in den Seminaren eben nicht nur die klassischen Schulthemen (Rechte und Pflichten von Klassensprecherinnen und -sprechern, Lehrerinnen und Lehrern usw.) bearbeitet, sondern auch viele andere Themen: Atomkraft; Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, Ausländer/Inländer; Frieden, Gewalt; Sucht und Drogen; Jugendkul-turen; Konflikte lösen, Streitschlichterausbildung; Kommunikation und Selbstsicherheit usw.

‚Ableger’ zur intensiveren Bearbeitung solcher Themen sind die „Ferien-Seminare“ (Wochen-seminare in den Oster- und Herbstferien). Und es entstanden Vorschläge für weitere Wochen-endseminare. Die Themenliste wird erweitert, wenn Jugendliche neue Ideen einbringen oder Teamerinnen und Teamer Fragen ausmachen, die im Rahmen von SV-Seminaren Relevanz besitzen. Von jedem Seminar gibt es übrigens ein Protokoll für die Teilnehmenden, zum Teil wird es von ihnen während des Seminars erstellt, etwa in Form einer Seminar-/Schülerzeitung oder einer Ausstellung.

Die Seminarreihe wird durch ein Netzwerk ge-stützt. Wichtigster Kooperationspartner ist seit Beginn der Kreisschülerrat Schaumburg (KSR), der über einen kleinen Etat für Seminare verfügt. Wei-tere Partner sind Schülervertretungen und Schulen, die Einladungen weiterleiten, dann interessierte Lehrerinnen und Lehrer, d.h. meistens SV-Bera-tungslehrer oder Vertrauenslehrer, die auf die Se-minare hinweisen, und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die bei einzelnen Schwer-punkten mitarbeitet. Andere Partner werden bei Bedarf ins Boot geholt, um die Seminare lebendig zu halten (Jugendbeauftragte der Polizei zum The-ma Gewalt, Drogenberatung, Mädchenzentrum …).

Die Kursleiterinnen und -leiter sind motivierte und qualifizierte Kräfte, überwiegend Studentinnen und Studenten bzw. Absolventinnen und Absolven-ten der Universität Hannover, Abteilung Jugend- und Erwachsenenbildung, mittlerweile auch ehe-malige Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer. Verlangt sind hier neben der Kontinuität der Mitar-beit die Bereitschaft, sich mit Jugendlichen aus-einander zu setzen und sich auf ihre Problemlagen einzulassen, die Beschäftigung mit der sich wan-delnden Jugendkultur und das Setzen von Werten und Orientierungen als Ermutigung zum Diskurs.

Demokratieerfahrung und Partizipation

Orientierungspunkt der Seminarreihe ist der ‚politische’ Jugendliche. Die Seminare wollen zu Beteiligung und Gestaltung von politischen und gesellschaftlichen Prozessen in der Schule, aber auch darüber hinaus ermutigen. Ausge-hend von den Teilnahme-Erfahrungen werden einerseits Wege erarbeitet und Kompetenzen vermittelt zur Gestaltung des Schul- und Alltags-lebens. Partizipation heißt andererseits, dass die Teilnehmenden an der Seminargestaltung beteiligt werden. Dies bezieht sich auf Themen-auswahl, Mitarbeit und Übernahme von Verant-wortung für den Zusammenhalt der Gruppe.

Von Beginn an stellte sich die Frage, inwieweit Jugendliche an den – im weitesten Sinne – politischen Strukturen unserer Gesellschaft An-teil haben und damit auch die demokratischen Grundwerte des Gemeinwesens mittragen – und inwieweit das Gemeinwesen Jugendliche über-haupt einlädt und ermutigt, genau das zu tun. Formale Beteiligungsmodelle sind schnell instal-liert und ebenso schnell wieder vergessen – eine reine Alibiveranstaltung. Wenn Erwachsene sie ernst nehmen sollen, erfordert das ein ho-hes Maß an Pflege, Organisation und Aufwand. Durch die Stelle der Jugendbildungsreferen-tin ist dies an der VHS Schaumburg möglich.

Die Durchführung der SV-Seminare war und ist ein Beitrag zur Unterstützung der klassischen Beteili-gungsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass viele der heutigen Politikerinnen und Politiker in ihrer Jugend SV-Mitglied waren. Natürlich ist der Umkehrschluss nicht zulässig, die SV-Arbeit mithin kein Garant für einen Platz im politischen Establish-ment. Aber dass die SV eine entscheidende – und oftmals leider einzige – Chance darstellt, sich früh mit einer Institution der demokratischen Mitwir-kung praktisch auseinander zu setzen, macht die Seminare so wichtig. Dabei ist die SV-Arbeit nicht frei von Frustrationserfahrungen, und das Erler-nen von Frustrationstoleranz sowie der Umgang mit den Schwierigkeiten im Meinungsaustausch sind wesentlicher Bestandteil der Seminarange-bote. Wenn es die Probleme und Niederlagen, die die SV-Arbeit mit sich bringt, nicht sowieso in überreichlichem Maße gäbe, müsste man sie quasi zur Persönlichkeitsstärkung erfinden!

Die Aktionen schließlich, die sich entwickeln, die umgesetzt werden, die gar Bestand haben, wirken sich unmittelbar auf den Schulalltag aus und bilden damit einen dauerhaften Erfahrungs-wert. Das schlägt sich auch in der Entstehung neuer Initiativen nieder: Letzte Erfolgsmeldung ist die Gründung von ‚Tu wat’, einem von Ju-gendlichen selbst organisierten Verein, der sich um kulturelle, politische und sportliche Ange-bote für Jugendliche im Landkreis Schaumburg bemüht und in dem viele ehemalige Seminar-teilnehmerinnen und -teilnehmer aktiv sind.

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Natürlich gehört zur Partizipation auch die Geschlechterfrage. Von der Emanzipation über die Gleichberechtigung bis zu Gender – d.h. zur Förderung von Mädchen und Jungen – war dieser

Schwerpunkt immer eine Selbstverständlich-keit, sowohl inhaltlich als auch im Umgang mit den Jugendlichen. Da-bei haben wir festge-stellt: Mädchen sind in der Schule ideenreicher und offener im Bezug auf eigene Probleme und soziale Strukturen, auch mutiger und kom-munikativer als Jungen. Diese sind aggressiver, häufiger dominant in der Gruppe. Um hier unterschiedlichen Ausdrucksformen und Bedürfnissen Raum zu geben und gerecht zu werden, sind immer wieder getrennt-ge-schlechtliche Gruppen im Angebot. Ziel ist es allerdings, nach den getrennten wieder gemeinsame Räume zu eröffnen und eine konstruktive Auseinan-dersetzung zu fördern. Den Standpunkt, dass Partizipation, die wirklich bei den Be-dürfnissen der Jugend-lichen ansetzt, stets in geschlechtsgetrennten Gruppen stattzufinden habe, teilen wir nicht!

Wenn Migration in der Bildungsarbeit eine Rolle spielen soll, wenn wir uns mit ihren Gründen, Umständen und Folgen auseinandersetzen wollen, wenn sie als reales Phänomen aus der Defizitecke des hilflosen Bedauerns menschlicher Schicksa-le heraus soll, dann funktioniert dies nur durch Kommunikation. Der breit angelegte kulturelle Austausch, die Offensive des Einwanderungslandes in der Gewissheit, ein attraktives Angebot machen zu können, bedeutet Kommunikation. Das geht bis zu ganz konkreten Punkten: Das Niedersäch-sische Schulgesetz z.B. sieht bei mindestens zehn ausländischen Schülerinnen und Schüler an einer Schule ein zusätzliches Mitglied aus dieser Gruppe im Schülerrat vor. Das ist eine Formalie, die man aber kennen muss, um sie zu nutzen. Die Kennt-nis kann auf SV-Seminaren erworben werden.

Inhaltlich gilt es, gegenseitig Verständnis zu entwickeln, mithin Kommunikation zu fördern. Und es gilt, die wechselseitigen Vorbehalte ernst zu nehmen, einen Raum zu schaffen, in dem

Vor urteile keinen Platz haben, Ängste und Pro-bleme aber offen angesprochen werden können – und zwar von allen. Im Seminarteam waren und sind immer wieder Personen mit unterschiedli-chen kulturellen Hintergründen, Migrantinnen und Migranten, Menschen aus anderen Ländern vertreten. So fällt es leichter, ins Gespräch zu kommen. Die SV-Seminare definieren sich aller-dings nicht als sozialpädagogische Begegnungs-stätte. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eint das Interesse an der Schülervertretung. Dies ist Teilnahmevoraussetzung, die für alle unabhängig vom ethnischen oder kulturellen Hintergrund gilt.

Die Seminarreihe „Aktiv in der SV-Arbeit“ stellt eine 24-jährige ‚Langzeitstudie’ zur politischen Beteiligungsbereitschaft von Jugendlichen dar – sowie zur Bereitschaft der Gesellschaft, dies anzunehmen. Wichtig für die Arbeit war und ist es, sich die unterschiedlichen Sichtweisen, nicht nur der Kinder- und Jugendlichen unter-einander, sondern auch der Teamerinnen und Teamer zu vergegenwärtigen. Dazu gehört es, den gesellschaftlichen Wandel, die Transforma-tionsprozesse der Gesellschaft und ihren Einfluss auf Denkweisen und Lebensplanungen zu be-achten – vor allem ihre Konsequenzen für die Lebensbedingungen, mit denen sich heute Kinder und Jugendliche auseinander setzen müssen.

Der gesellschaftliche Wandel bringt eine Tendenz von Jugendrebellion und -protest mit sich, die stär-ker ist als früher und zu einer höheren Eskalation der Konflikte führen kann. Die Nachrichtenbilder künden in regelmäßigen Abständen davon und rufen dann auch diejenigen auf den Plan, deren Interesse sich stets an den Problemen entzündet, die Jugendliche machen, niemals an denen, die sie haben! Dies muss klar sein: Je länger diese gesell-schaftliche Krise andauert, desto stärker bewirkt sie die Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen.

Eine letzte Anmerkung: Jugendliche und VHS-Ver-waltung (Bürokratie, Anmeldeverfahren, Einhalten von Fristen, Abmeldung …) sind im Grunde nicht kompatibel. Damit die bürokratischen Verfahren die Teilnahme nicht verhindern, muss die Organi-sation solcher Seminare im Prinzip außerhalb (aber trotzdem im Rahmen) der normalen VHS-Verwal-tungsbedingungen möglich sein. Dies erfordert Einiges an Flexibilität, eventuell auch an Mehrar-beit von VHS-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern.

Volkshochschule Schaumburg Jahnstraße 21A 31655 Stadthagen Tel.: 05721 787115 Fax : 05721 787199 E-Mail: sachteleben @ vhs-schaumburg.de Netz: www.vhs-schaumburg.de

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„Wir trauern um alle Opfer Deutschlands – um die Opfer der Gewalt, die von Deutschland ausging, und um die Opfer der Gewalt, die auf Deutschland zurückschlug. Wir trauern um alle Opfer, weil wir gerecht gegen alle Völker sein wollen, auch gegen unser eigenes. Wir haben die Verantwortung, die Erinnerung an all dieses Leid und an seine Ursa-chen wach zu halten, und wir müssen dafür sorgen, dass es nie wieder dazu kommt. Es gibt keinen Schlussstrich.“* Das erklärte Bundespräsident Horst Köhler im Mai 2005, als mit der Einweihung des Holocaust-Mahnmals in Berlin und mit zahlreichen Gedenkveranstaltungen zum Kriegsende im In- und Ausland der Blick auf die fatalen Großereignis-se des 20. Jahrhunderts zurück gelenkt wurde.

Das Wachhalten der Erinnerung bedarf allerdings der konkreten, persönlichen Auseinandersetzung, sonst führen die offiziellen Gedenkstätten und -akte zu nicht viel mehr als einer staatlich insze-nierten Geschichtspolitik, eben zum ‚verordneten Antifaschismus’, der von oben herab die neue Ordnung feiert und die dunklen Kapitel in den Annalen der deutschen Nation zur historischen Reminiszenz herabsetzt. Es bedarf also einer ernsthaft und konsequent betriebenen historisch-politischen Bildung, die eine Auseinandersetzung gerade auch über die Gründe und Triebkräfte der nationalistischen (Fehl-)Entwicklung auf den Wege

* „Begabung zur Freiheit“ – Rede von Bundespräsident Horst Köhler bei der Gedenkveranstaltung im Plenarsaal des Deutschen Bundestages zum 60. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa am 8. Mai 2005. Zit. nach: www.bundespraesident.de.

bringt, damit Jugendliche heute nicht – neben dem pflichtgemäß genossenen Schulunterricht – allein auf das massenmediale Ausschlachten der Zeitge-schichte, auf reißerische, desorientierende, ja ge-schichtsrevisionistische Aufbereitungen angewiesen bleiben oder innerlich unbeteiligt einem ‚Staats-theater’ der Vergangenheitsbewältigung folgen.

Ein regionaler Schwerpunkt

In der Volkshochschule Stadtverband Saarbrücken liegt ein Schwerpunkt auf der historisch-politi-schen Bildung. Angesprochen sind hier besonders Schüler und Schülerinnen aller Schultypen, die zur Teilnahme an den außerschulischen Veran-staltungen vom Unterricht freigestellt werden. Neben Workshops und Ausstellungen, zu denen stets Führungen und Diskussionen angeboten werden, stehen drei Exkursionen, was sowohl die Teilnehmerzahl als auch den qualitativen Anspruch betrifft, im Zentrum der Aktivitäten. Es handelt sich erstens um Stadtrundfahrten, die die Ge-schichte Saarbrückens zur Zeit der Nazi-Herrschaft thematisieren, zweitens um Besichtigungen des ehemaligen Konzentrationslagers Natzweiler in den Vogesen und drittens um Exkursionen zu den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs bei Verdun. Seit 2001 finden jährlich fast 100 Exkursionen mit durchschnittlich über 2.500 Teilnehmenden statt.

Die Stadtrundfahrten gibt es seit 1980, die an-deren Exkursionen seit 1983 bzw. 2001. Im Jahr 2005 ist die Beschäftigung mit der Kolonialgeschichte hinzugekommen, was zur Durchführung von Projektwochen an Schulen geführt hat. Die Volkshochschule veranstaltet im

Von den gewaltigen Fortschritten der Zivilisation

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Historisch-politische Bildung: Krieg, Faschismus, Kolonialismus

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Von den gewaltigen Fortschritten der Zivilisation

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Jahresschnitt 20 Stadtrundfahrten, 50 Fahrten nach Natzweiler und 30 nach Verdun. Seit 1995 hat die Exkursion nach Natzweiler die anderen Angebo-te quantitativ an Bedeutung überholt. In rund 25 Jahren haben so mehr als 30.000 Jugendliche und junge Erwachsene an den Exkursionen zur histo-risch-politischen Bildung teilgenommen – eine stattliche Zahl, die jedoch noch weit entfernt von dem ist, was eigentlich als Notwendigkeit aner-kannt werden müsste: dass nämlich jede Schülerin und jeder Schüler mindestens einmal in der schu-lischen Laufbahn eine Gedenkstätte besuchen. Im Laufe der Zeit haben die pädagogischen Erfah-rungen mit dem sich verändernden Teilnehmer-kreis, aber auch neue geschichtswissenschaftliche Erkenntnisse und der Fortgang der theoretischen Reflexion immer neue Überarbeitungen der In-halte und Methoden erfordert. Von den in den ursprünglichen Fassungen enthaltenen Geschicht-sinterpretationen ist kaum etwas unverändert erhalten geblie ben. Zur Zeit ist das Konzept zu den Verdun-Fahrten im Umbruch. Neue multi-mediale Möglichkeiten zur Informationseingabe – während der Anreise und auf dem ehemaligen Schlachtfeld – werden erarbeitet und sollen ab Frühling 2006 zum Einsatz kommen. Der neue Schwerpunkt zur Geschichte des Kolonialismus und der Sklaverei erfordert ebenfalls die Entwick-lung von Konzepten und Materialien, die auf das Praxisfeld zugeschnitten sind. Zusammen mit dem Verein „Haus Afrika“ wurde eine Ausstellung zur Geschichte der Sklaverei realisiert, die auf die Gleichzeitigkeit von bürgerlicher Emanzipation in Europa mit der Kolonisierung und Entstehung des Rassismus fokussiert. Eine weitere Ausstellung zur Kolonisierung der Welt ist in Vorbereitung. Da an den Veranstaltungen eine heterogene Klientel teilnimmt, ist es zugleich notwendig, die Konzepte in vielfach modifizierter Form bereit zu halten und flexibel variierbar anzulegen.

Im Saarland gibt es keine Institution, die sich syste-matisch der Aufarbeitung der NS- Vergangenheit widmet. Dies war – neben den grundsätzlichen pädagogischen Überlegun gen – der Grund dafür, dass sich die Jugendbildungsreferenten des Deut-schen Volkshochschul-Verbandes vor allem des The-mas annahmen und eine Methode wählten, durch die eine möglichst hohe Zahl von Jugendlichen angespro chen und zu weiterem Nachfragen moti-viert werden kann. Dass dies gelingt, belegen auch die Rückmeldungen aus den regelmäßig kooperie-

renden Schulen. Demnach profitiert der schulische Unterricht von den Exkursionen und Projekten, die die Vhs Stadtverband Saarbrücken anbietet.

Erkundungen der Unmenschlichkeit

Inhaltlich steht im Zentrum der historisch-politi-schen Jugendbildung das Verhältnis von Gewalt und Gewaltfreiheit in der Moderne. Es soll das Bewusstsein dafür geweckt werden, dass in den offiziell der Gewaltherrschaft abschwörenden, hochrational organisierten Gemeinwesen unserer Breitengrade irrationale und destruktive Doktrinen hegemonial werden können, dass unsere Zivilisa-tion die Kräfte zu ihrer Pervertierung in sich barg – und birgt? Mit diesem zivilisationsskeptischen Bewusstsein soll sich eine persönliche Selbstreflexion verbinden, aus der der Respekt für gesellschaftli-che und politische Institutionen, die vor solchen Tendenzen schützen, zu erwachsen vermag.

Diese allgemeinen Lernziele werden nicht in abstrakter Form vermittelt, sondern sind in die konkrete Begegnung mit den Spuren der Vergan-genheit eingebunden. Die Stadtrundfahrt führt zu markanten Stätten und Stationen der NS-Herr-schaft, begleitet durch Materialien und Unterlagen, die die VHS eigens erstellt hat. Das Programm beginnt am städtischen Theater, das mit dem Nazi-Plakat „Das neue Grenzlandtheater Saarbrücken ist das Ge-schenk des Führers an das Saarland“ konfrontiert

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wird; es bringt im Weiteren Zeitungssausschnitte zum Brand der Synagoge aus dem Jahr 1938, Infor-mationen zu den örtlichen Gestapo-Aktivitäten, zum Widerstand, zur Deportation der jüdischen Bevölkerung oder zu den damaligen Sorgen des Industriellen Röchling, dass das Saargebiet nach 1935 als „jüdischer Naturschutzpark“ bestehen bleiben könnte. So soll deutlich werden, dass im Grunde die ganze Stadt eine „Gedenkstätte“ ist.

Zum KZ Natzweiler hat die VHS eine Broschüre erstellt, dazu einen Leitfaden für die Kursleiterin-nen und -leiter, der auch den unterschiedlichen Bedarf der einzelnen Gruppen berücksichtigt. Die Teilnehmenden sollen sich ein Bild vom Lagerge-schehen machen und es in die geschichtliche wie strukturelle Durchsetzung der Nazi-Herrschaft einordnen. Die vorbereitende Informationsein-gabe erfolgt durch die Kursleitungen anhand verschiedener Medien sowie durch Kleingruppen, in denen sich jeweils zwei Teilnehmende mit den Unterlagen befassen. Ziel ist nicht der Schock angesichts eines Orts der Barbarei – auch wenn die historische Rückbindung an den Tatort die Exkursion prägt und für den Ablauf bestimmend bleibt –, sondern die aufklärende Einsicht in den Zusammenhang von gewaltsamer und ausgrenzen-der Formierung der kriegerischen „Volksgemein-schaft“ im Innern mit der auf Raub, Versklavung und Vernichtung gerichteten Gewalt nach außen.Die Vhs Stadtverband Saarbrücken hat ferner eine

Videodokumentation samt Begleitmaterialien zusammengestellt, in der ehemalige jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger aus dem Saarland über ihre Erlebnisse im Dritten Reich berichten. Sie steht unter dem programmatischen Titel „Wir haben Glück gehabt – Sonst wären wir nicht mehr da“. Hier wird auch Bezug auf die Lebenswelt der jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer genommen. Es wird nicht nur über den damaligen nationalistischen Rausch, den die Saarabstimmung auslöste, informiert, sondern auch über Schulver-weise, Angriffe durch Mitschüler oder über die Feigheit des Lehrpersonals. In Saarbrücken, wo einmal 3.000 Juden lebten, entstand 1946 wieder eine jüdische Gemeinde, die sich aus weniger als 200 Zurückgekehrten bildete. Die kleine Gemein-de ist, anders als früher, vom gesellschaftlichen Leben der Stadt eher isoliert. Die heutigen Ver-hältnisse in Deutschland schätzen die Gemein-demitglieder, trotz aufmerksamer Beobachtung rechtsextremer Vorkommnisse, meist optimistisch ein. „Doch vergessen werden sie nie“, heißt es in der Dokumentation, „und so kann das Zutrauen in die aktuellen politischen Verhältnisse das Urver-trauen in die Zivilisation nicht zurückbringen.“ Auch die Exkursionen nach Verdun, zur ehema-ligen Westfront des Ersten Weltkriegs, wo Mil-lionen Soldaten in den Materialschlachten des Stellungskriegs verheizt wurden, wollen nicht einfach den vergangenen Schrecken in Erinnerung

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rufen, sondern eine geschichtlich-gesellschaftli-che Dynamik aufdecken. Der „Zivilisationsbruch“ (Dan Diner) der Judenvernichtung ist ja nicht aus heiterem Himmel über Deutschland herein-gebrochen. In der Praxis von Imperialismus und Kolonialismus, im (Un-)Geist des Nationalismus, Militarismus oder Sozialdarwinismus hat sich all das angesammelt, was die nationalsozialistische Bewegung dann abrufen und in Beschlag neh-men konnte. Während an der Ostfront des Ersten Weltkriegs im Zuge von Eroberung und Ausplün-derung nicht weniger getötet und gestorben wurde, präsentierte sich im Westen die Moder-ne des totalen Krieges – die quasi-industrielle Massentötung des als feindlich abgestempelten Menschenmaterials – und damit der Vorbote des neuen, radikalen Rassismus als Staatsprogramm.

Auf solche Vertiefungen eines historisch-reflek-tierenden Bewusstseins zielt der Schwerpunkt politischer Jugendbildung der Vhs Stadtverband Saarbrücken. Der außerschulische Ansatz bietet dabei – neben seiner Unterstützungsfunktion für den nicht gerade gut ausgestatteten Politikun-terricht – die besondere Möglichkeit, Jugendliche über den Gruppenprozess, durch die Begegnung mit Menschen, Orten und Spuren, im Kontext einer offenen, auf Mitbestimmung angelegten Lern-situation in einen Prozess der Auseinandersetzung einzubeziehen. Daran wird jetzt mit dem neuen Schwerpunkt, der die Geschichte von Kolonialismus und Rassismus aufgreift, angeknüpft. Hier hat sich ja erst in den letzten Jahren – wie das Gedenken an den deutschen Herero-Völkermord im Jahr 2004 zeigte – eine breitere öffentliche Sensibili-tät bemerkbar gemacht, und bei der Kolonialge-schichte zeigt sich auch, dass von der europäischen ‚Schicksalsgemeinschaft’ noch in einen ganz anderem, nämlich negativen Sinne zu reden ist.

Die außerschulischen Projekte verstehen sich als historisch-politische Bildung. Sie richten sich also bewusst und in den Lernanforderungen dezidiert auf die geschichtlichen Vorgänge. Im Fokus sind hier nicht Neonazis, Rechtspopulisten, moderne Rassisten, die ethnopluralistisch oder sonstwie ar-gumentieren. An vielen Volkshochschulen, auch in Saarbrücken, werden dazu ja eigene Programme – wie etwa das stark nachgefragte (von Klaus- Peter Hufer entwickelte) „Argumentations training gegen Stammtischparolen“ – angeboten. Doch die

Jugendlichen, die an den zeitgeschichtlich ausge-richteten Maßnahmen in Saarbrücken oder der Region teilnehmen, geraten durch die Lernpro-zesse in eine Auseinandersetzung mit dem, was auch den heutigen Rechtsextremismus bewegt, denn Vorstellungen von der wahren Volksge-meinschaft, vom Höchstwert Nation, von der Minderwertigkeit volksfremder Elemente usw. werden hier in ihrer brutalen praktischen Dimen-sion erfahrbar gemacht. Im weiteren Sinne kann man einen solchen Bildungsansatz daher auch als Teil einer pädagogischen Prävention verstehen, die heutzutage leider – wie die parteipolitischen Aktivitäten der NPD oder die Straßenpräsenz von Skinheads und Kameradschaften zeigen – immer noch nichts von ihrer Bedeutung verloren hat.

Dr. Hans Horch Volkshochschule Stadtverband Saarbrücken Schlossplatz 2 66119 Saarbrücken Tel.: 0681 5064312 Fax : 0681 5064390 E-Mail: hans.horch @ svsbr.de Netz: www.stadtverband-saarbruecken.de/vhs

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Die Teilung Deutschlands, Europas und der Welt, von der die meisten damals glaubten, sie werde auf unabsehbare Zeit fortbestehen, ist Historie. Für Jugendliche rückt diese Phase der Zeitge-schichte mehr und mehr in den Hintergrund – in eine ferne Zeit, die sie sich nicht mehr vorstellen, geschweige denn politisch auf den Begriff bringen können. Wer heute 15 bis 20 Jahre alt ist, weiß aus eigener Anschauung kaum etwas davon, welche Rolle die West-Ost-Schnittstelle in Deutschland einmal für die Menschen hier und für die Welt überhaupt gespielt hat. Die vorhandenen Mög-lichkeiten, die ältere Generation zu befragen oder sich im reichhaltigen Fundus der Wissens- und Informationsgesellschaft zu bedienen, schaf-fen wenig Abhilfe. Denn wie die einschlägigen empirischen Erhebungen seit Jahren belegen, ist es um das politische Wissen und Interesse bei Jugendlichen – gerade auch der deutschen im internationalen Vergleich – schlecht bestellt.

Ein Praxisansatz, der sich angesichts dieser Proble-matik in der historisch-politischen Jugendbildung bewährt hat, ist das Lernen am authentischen Ort (vgl. auch voriges Kapitel). Junge Leute gehen auf Spurensuche, indem sie an die konkreten Hinterlassenschaften eines vergangenen politi-schen Zeitalters anknüpfen. Exkursionen zu den ehemals bedeutsamen Schauplätzen und Gebäu-den, Besuche in Gedenkstätten, die Besichtigung von Mahnmalen oder landschaftlichen Ensembles, die Begegnung mit Zeitzeuginnen und -zeugen oder Expertinnen und Experten – all das kann

An der Schnittstelle

dazu dienen, ohne vorgeschaltete aufwändige Wissensvermittlung ein Stück weit auf Zeitreise zu gehen und so mit der historischen Reflexion den Horizont für die aktuellen Problemlagen zu erweitern. Wer etwa am konkreten Fall einen Eindruck davon erhält, was seinerzeit die Ära des Ost-West-Gegensatzes mit ihrer permanen-ten Weltkriegsdrohung bedeutete, wird auch besser die modernen Konfliktlinien einordnen können, die sich in West- und Osteuropa und in der globalisierten Welt aufgebaut haben.

Der heißeste Punkt im Kalten Krieg

Bei der Beschäftigung mit dem Ost-West-Gegen-satz – mit seinem Verlauf vom Kalten Krieg über die Entspannungsära bis zur erneuten Spannungs-phase, die dann in der osteuropäischen „Wende“ ihren Schlusspunkt fand – besteht eine besondere Chance darin, dass Bildungseinrichtungen aus den alten und neuen Bundesländern kooperieren. Eine solche Kooperation besteht seit 2005 zwischen der Volkshochschule des Landkreises Fulda in Hessen und der Volkshochschule Wartburgkreis in Thü-ringen. In der Gedenkstätte Point Alpha, auf der Grenze beider Bundesländer gelegen, bieten die Volkhochschulen in Zusammenarbeit mit dem päd-agogischen Personal der Gedenkstätte Wochen-endseminare für Jugendliche aus beiden Ländern an, die sich mit der deutsch-deutschen Geschichte an diesem besonderen Ort beschäftigen. An dem Modellprojekt beteiligen sich das Wigbertgym-nasium Hünfeld (Hessen) und das Johann-Gott-fried-Seume-Gymnasium Vacha (Thüringen).

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Historisch-politische Bildung: Deutsche Teilung

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der weltpolitischen Blöcke

Die Gedenkstätte Point Alpha, ehemals der „hei-ßeste Punkt im Kalten Krieg“, liegt zwischen Rasdorf und Geisa in der Rhön, mitten im Bio-sphärenreservat Rhön mit seinen verschiedenen Naturschutzgebieten. Der historische Ort mit seinen authentischen Gebäuden und Anlagen erinnert an die Teilung Deutschlands und an die bedrohlichen Perspektiven des Kalten Krieges. Der Gesamtkomplex ist ein einmaliges Zeitzeug-nis des Machtkampfes, der zwischen den beiden verfeindeten politischen Systemen tobte: Hier standen sich über vier Jahrzehnte die Vorposten von NATO und Warschauer Pakt gewisserma-ßen Auge in Auge gegenüber, stets bereit, den Schritt vom kalten zum heißen Krieg zu machen.

An diesem Punkt lässt sich auch die Geschichte des Grenzregimes studieren. Nachdem Deutsch-land gemäß Londoner Protokoll der Siegermächte 1945 in Besatzungszonen aufgeteilt worden war, übernahm in der sowjetischen Besatzungszone zunächst die Sowjetarmee den Grenzdienst. 1946 wurde eine Grenzpolizei aufgestellt, die im Jahre 1952 in Deutsche Grenzpolizei umbenannt wurde. Nach der Grenzverordnung von 1952 wurden die Grenzsicherungsanlagen entlang der Westgrenze der DDR schrittweise zu einem tief gestaffelten, nahezu unüberwindlichen System von Sperr- und Sicherheitsanlagen ausgebaut. 1955 übernahm die Deutsche Grenzpolizei die alleinige Grenzüberwa-chung. Sie wurde 1961 als „Kommando Grenze“ der NVA, 1974 als „Grenztruppen der DDR“ schließlich dem Ministerium für Nationale Verteidigung un-terstellt. Noch 1990 erfolgte eine Umorganisation der Grenztruppen, die nach der Wiedervereinigung

dann aufgelöst wurden. Auf westlicher Seite in der US-Besatzungszone geschah die Grenzüberwa-chung durch wechselnde US-Einheiten. In Hessen begann die Hessische Grenzpolizei ab 1946, an-fangs unter Aufsicht der US-Verbände, zusätzlich mit der Überwachung der Grenze. Sie wurde 1950 in den bundeseinheitlichen Zollgrenzdienst über-führt. Im Mai 1951 wurde der Bundesgrenzschutz als Polizei des Bundes gegründet und nahm als drittes westliches Grenzorgan den Grenzdienst auf.

Point Alpha, bis 1989 einer der markantesten Beob-achtungsstützpunkte der US-Streitkräfte in Europa, lag im Zentrum der NATO-Vorneverteidigungslinie Fulda-Gap (Fulda-Senke), in der im Ernstfall ein An-griff der Truppen des Warschauer Paktes befürch-tet wurde. Drei Schwadronen eines US-Panzerauf-klärungsregiments mit Stationierung in Fulda, Bad Hersfeld und Bad Kissingen übernahmen 1952 hier die komplette Grenzüberwachung, in deren Verlauf auch taktische Nuklearwaffen an der Grenze sta-tioniert wurden. Jede Schwadron richtete eine oder mehrere Beobachtungsstationen entlang der Gren-ze zur DDR ein. 1965 wurde der US Army das Gelän-de um Point Alpha vom Bundesvermögensamt zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Ab Ende der 60er Jahre wurden nach und nach feste Gebäude zur Unterbringung der Soldaten und Funktionsräume gebaut. 1968 erfolgte die Errichtung eines Holztur-mes, von dem man Geisa einsehen konnte. 1985 er-richtete man den heute noch vorhandenen Beton-turm. 1991 räumte die US Army den „BOP Alpha“, der 1995 unter Denkmalschutz gestellt wurde. Der im selben Jahr gegründete Verein Grenzmuseum Rhön Point Alpha e.V. begann mit dem Aufbau der heutigen Mahn-, Gedenk- und Begegnungsstätte.

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Leben beiderseits der Grenze

„Leben vor 1989 beiderseits der deutschen Grenze“ heißt das Projekt, bei dem die beiden Bildungsein-richtungen aus Ost und West zusammenarbeiten. Sie wenden sich an Schülerinnen und Schüler der umliegenden Region und greifen Diskussionszu-sammenhänge auf, die an den kooperierenden Schulen bestehen. Im Vorfeld werden an den Schu-len Arbeitsgemeinschaften gebildet, die anhand unterschiedlicher Aufgabenstellungen das Thema eigenständig bearbeiten. Die Veranstaltungen sind projekt- und produktorientiert. Das heißt, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erstellen während des Kurses, aber auch in gemeinsamer Vor- und Nachbereitung Dokumentationen über das Leben der Bürgerinnen und Bürger vor 1989 beiderseits der damaligen innerdeutschen Grenze.

Dabei werden verschiedene Aspekte der Thematik aufgegriffen, z.B.:

• Ursachen der Teilung Deutschlands – Entwicklung in den beiden Teilen – Wieder- vereinigung – Situation heute, mehr als 15 Jahre danach.

• „Spurensuche“ – Informationen aus Archiv und Presse – als Grundlage für eine Befragung von Betroffenen und Zeitzeugen zu bestimmten Ereignissen oder Situationen, z.B. zur Schleifung von Höfen, zu Umsiedlungen (Aktion „Ungeziefer“) und Flucht.

• Befragung von Privatpersonen.• Befragung von ehemaligen Angehörigen von

Bundesgrenzschutz, Zoll, Grenztruppe etc. • Befragung offizieller Vertreter der Kirchen in

Ost und West.• Besuch und Dokumentation markanter Orte,

Punkte, Stellen zu bestimmten Ereignissen.• Theaterprojekt (szenische Darstellung von

Situationen oder Ereignissen, gegebenenfalls Aufführungen).

• Erstellung einer Dokumentation (als Grund-lage für ähnliche Maßnahmen im Bereich der politischen Jugendbildung).

Dabei wird auch mit weiteren Einrichtungen ko-operiert, z.B. mit der Berliner Behörde für die Stasi- Unterlagen, wenn es um die Aufarbeitung der damaligen staatsschützerischen Aktivitäten geht, oder mit lokalen Stellen je nach den Ak-tivitäten, die die Jugendlichen entfalten. Denn Ziel der Veranstaltungen ist es, möglichst viele Lebensbereiche einzubeziehen, so dass ein pla-stisches Bild der Alltagssituation im geteilten Deutschland entsteht. So werden unter Umstän-den Horte, Kindergärten, Schulen, Arbeitgeber, Vereine, Behörden, Medien, Kirchengemeinden angefragt. Oder es werden sachkundige Gesprächs-partnerinnen und -partner eingeladen. In Point Alpha waren auch schon prominente politische Persönlichkeiten, etwa der ehemalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher oder der ehemalige ungarische Ministerpräsident Gyula Horn, bei früheren Veranstaltungen zu Gast.

Die Seminare sind in mehrerlei Hinsicht deut-lich medienorientiert. Sie nutzen – neben dem anschaulichen Beispiel der Gedenk- und Begeg-nungsstätte, die auch zur Unterbringung der Teilnehmenden dient – die verschiedensten Medi-en. So werden, unterstützt vom Medienzentrum Hünfeld, diverse mediale Formate zur Vergegen-wärtigung der Zeitgeschichte eingesetzt. Zudem wird das Projekt von Anfang an medientechnisch mit Video-, Foto- oder Tonaufnahmen begleitet;

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eine theatralische Inszenierung des Erlebten ist geplant. Auch findet während des gesamten Pro-jekts eine Dokumentation im Internet statt (www.grenzspuren.de) – durch Point Alpha, durch die beteiligten Volkshochschulen und Schulen sowie durch den Deutschen Volkshochschul-Verband.

So werden einerseits für die Jugendlichen die Ergebnisse ihrer Arbeit in einem abschließenden Produkt greifbar: Dieser Lernprozess endet statt mit einer Benotung mit einem selbst verantwor-teten Resultat, das auch an Freunde oder Eltern weitergegeben werden kann. Andererseits wol-len die beteiligten Bildungsverantwortlichen die Ergebnisse dieser Arbeit medial aufbereiten und so als Praxishilfe anderen interessierten Einrich-tungen zur Verfügung stellen. Damit dient das Projekt auch der Qualifizierung historisch-politi-scher Jugendbildung insgesamt. Im Zusammen-hang mit diesem Vorhaben ist etwa die Idee für einen weiteren Bildungsansatz entstanden: für das Programm „Jugendgästeführer“, das Jugend-liche zu Expertinnen und Experten ihrer Region im Umgang mit Fremden oder Zugewanderten machen will. Dieser Ansatz wird bereits an ande-ren Volkshochschulen weiter verfolgt (vgl. S. 47).

Die Volkshochschule des Landkreises Fulda ist eine öffentliche Bildungseinrichtung, die als erste hessische Weiterbildungsinstitution im Jahr 2003

nach dem Qualitätssiegel LQW testiert wurde. Sie ist eine Einrichtung des Landkreises Fulda und untersteht dem Kreisausschuss. Die Volkshochschu-le Wartburgkreis in Bad Salzungen ist das kommu-nale Erwachsenenbildungszentrum des Landkreises. Sie wird nach dem Thüringer Erwachsenenbildungs-gesetz gefördert und ist eine gemeinnützige, nicht rechtsfähige Einrichtung des öffentlichen Rechts. Neben der Geschäftsstelle in Bad Salzungen (eben-falls LQW zertifiziert) unterhält sie flächendeckend Außenstellen im Kreis. Zum Projekt „Leben vor 1989 beiderseits der deutschen Grenze“ gibt es eine eigene Homepage: www.grenzspuren.de.

Die Gedenkstätte Point Alpha/Grenzmuseum Rhön hat folgende Adresse: Hummelsberg 136169 Rasdorf,Tel.: 06651 919030E-Mail: pointalpha @ t-online.de,Netz: www.pointalpha.com.

Projektdokumentation: www.grenzspuren.deBerthold Schwalbach Volkshochschule des Landkreises Fulda Gallasiniring 30 36043 Fulda Tel.: 0661 2519950 Fax : 0661 2519930 E-Mail: vhs-leitung @ landkreis-fulda.de Netz: www.vhs-fulda.de Eberhard Zickler Volkshochschule Wartburgkreis Karl-Liebknecht-Str. 23 36433 Bad Salzungen Tel.: 03695 553711 Fax : 03695 553720 E-Mail: eberhard.zickler @ vhs-wartburgkreis.de Netz: www.vhs-wartburgkreis.de

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Geschlechtergerechtigkeit ist heute ein Leitmotiv der politischen Bildungsarbeit. Mädchenbildung, frauenpolitische Themen aus Geschichte und Ge-genwart, Gender-Studies, feministische Bildungs-arbeit sind integraler Programmbestandteil der außerschulischen Bildung; besondere Seminare für Schülerinnen und Berufstätige, für Migrantinnen und Alleinerziehende, für engagierte Frauen in Politik, Kultur, Wirtschaft (oder solche, die es wer-den wollen) finden sich regelmäßig im Angebot; und die Weiterbildungsbeteiligung von Mädchen und Frauen im Volkshochschulbereich kommt auf erfreulich hohe Werte. Frauenpolitik im engeren Sinne als spezielles Themenangebot ist zwar in den letzten Jahren eher rückläufig – wie zuletzt die Evaluation der politischen Bildung (2002-2004) dokumentiert hat –, doch wird dies dadurch aus-geglichen, dass sich das politische Engagement für Frauen und der Kampf gegen ihre Benach-teiligung mittlerweile zu Querschnittsthemen entwickelt haben, die in zahlreichen anderen Zusammenhängen zur Sprache kommen. Das Schlüsselwort heißt „Gender Mainstreaming“, gemeint ist damit der Geschlechterbezug als strategisches Prinzip. Damit ist verlangt, wie es in der offiziellen Definition heißt, „bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen, da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt.“ (Siehe die offizielle deutsche Website: www.gender-mainstreaming.net.)

In der politischen Jugendbildung ist diese Stra-tegie aufgenommen worden. So hat die Bil-dungsvereinigung ARBEIT UND LEBEN, in der Gewerkschaften und Volkshochschulen kooperie-ren, “Empfehlungen zur geschlechtergerechten Bildungsarbeit” formuliert. Sie zielen darauf ab, dass in den gesamten Prozess der Bildungs-planung, Durchführung und Auswertung ge-schlechterbezogene Gesichtspunkte eingehen. Die Empfehlungen beziehen die Rahmenbedin-gungen, die Werbung, die Teamzusammenset-zung, die Inhalte, die didaktisch-methodische Umsetzung und die Auswertung von Veranstal-tungen der politischen Jugendbildung mit ein. Durch solche Leitlinien, die mehr oder weniger explizit im gesamten außerschulischen Bereich gelten, wird für eine höhere Sensibilität und eine konsequentere Umsetzung der geschlech-terbezogenen Aufgabenstellungen gesorgt. Wie das GM-Prinzip in der Bildungsarbeit realisiert

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Politische Bildung und Gender Mainstreaming

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wird, schildert im Folgenden Brigitte Kippe, Programmbereichsleiterin für den Bereich Politik – Gesellschaft – Umwelt, Frauenbildung, Junge Volkshochschule an der VHS Berlin, City West:

GM – Vom Konzept zur Praxis

Der Prozess Gender Mainstreaming – angefan-gen von der Sensibilisierungsphase bis hin zur Umsetzung – nimmt einen längeren Zeitraum in Anspruch. Wir starteten den Prozess vor gut zwei Jahren. Als wir im November 2003 unsere jährliche VHS-Fachtagung zum Thema „Startup – Gender Mainstreaming“ anboten, waren wir uns nicht sicher, ob diese Themenstellung wirklich die große Aula des Hauses der Volkshochschule füllen wür-de. Die eingegangenen 148 Anmeldungen bestä-tigten allerdings, dass hierzu ein großer Informa-tionsbedarf bestand und Berichte aus der Praxis besonders interessierten. Nach den Fachvorträgen im ersten Teil der Tagung gaben die anschlie-ßenden Fachforen Möglichkeiten zur praktischen Mitarbeit. Es standen vier Themen zur Auswahl:

• „Charlottenburg-Wilmersdorf startet durch!“ – Gleichberechtigung ohne Wenn und Aber in allen Lebens- und Handlungsbereichen.

• „Kinder, Kinder...“–Konkrete Hilfestellungen und praktische Beispiele zu Gender Main-streaming in der Kindertagesstätte.

• „Wir müssen das Rad nicht neu erfinden...“ – Über Mädchen/Mädchenarbeit im Gender Mainstreaming.

• „Ohne sie geht’s nicht!“ – Über Jungen/ Jungenarbeit im Gender Mainstreaming.

Zu der Fachtagung hatten wir auch alle in unse-rem Zuständigkeitsbereich tätigen Dozentinnen und Dozenten eingeladen, mit denen wir anschlie-ßend die Ergebnisse der Tagung auswerteten und darüber diskutierten, inwieweit die Leitlinie des Gender Mainstreaming bei den Angeboten

im Bereich Politik – Gesellschaft – Umwelt sowie Frauenbildung/Junge Volkshochschule bereits realisiert wird bzw. in Zukunft Berücksichtigung finden muss. Aus diesem Grunde ist Gender Mainstreaming seit der Kickoff-Veranstaltung von Ende 2003 ein Tagesordnungspunkt bei allen unseren Planungskonferenzen. Darüber hinaus erhalten alle neuen Dozentinnen und Dozenten eine kurze Information zum Thema.

Bei allen Lehrkräften wird zur Qualitäts-kontrolle pro Semester eine schriftliche Um-frage durchgeführt, inwieweit das Prinzip Gender Mainstreaming bei der Konzeption der Veranstaltungen beachtet wird. Hier-zu haben wir einen Fragebogen entwik-kelt, der auf folgende Punkte eingeht:

Wie berücksichtigen Sie die Idee der Gleich-stellung bei Ihren Seminarangeboten?

• Gestaltung des Seminars (z.B. konzeptionelle Ideen, Ankündigung).

• Behandlung von Fragen zur Geschlechter-gleichheit (z.B. welche Inhalte).

• Berücksichtigung geschlechtergerechter Sprache.

• Berücksichtigung geschlechterbezogener Aspekte der Lebenswelt junger Frauen und Männer, Schülerinnen und Schüler etc.

• Berücksichtigung unterschiedlicher Lernerfahrungen durch unterschiedliche Sozialisationen und Einsatz unterschiedlicher Lehr- und Lernmethoden (z.B. Medien).

• Weitere Ideen/Anregungen.

Bei der Planung und Durchführung eines Semi-narangebotes spielen Dozentinnen und Dozenten eine zentrale Rolle, auch wenn die Mitbestimmung der Teilnehmenden Leitprinzip im außerschuli-schen Bereich ist. Aus diesem Grunde ist es wichtig, dass sich die Seminarleitung mit dem Prinzip GM vertraut macht und es ernst nimmt. Im Rahmen der Volkshochschularbeit halten wir es für eine unverzichtbare Aufgabe, an der Verwirklichung

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Einbeziehung der Dozentinnenund Dozenten

Politik ist nicht nur Männersache von Brigitte Kippe

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der Chancengleichheit und Geschlechtergerech-tigkeit mitzuwirken. Der Fragebogen, unsere Seminarhospitationen und Gespräche mit Dozen-tinnen und Dozenten sowie mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern verschaffen uns einen Eindruck, inwieweit die Qualitätsanforderungen im Be-reich Gender Mainstreaming erreicht werden.

Gender Mainstreaming bedeutet für uns allerdings auch, bestimmte Themen nicht mehr in isolier-ter Zuständigkeit, mit Blick aufs männliche oder weibliche Geschlecht zu platzieren, sondern als Querschnittsaufgabe zu behandeln. Aus diesem Grunde wenden sich einige Angebote, die bis-her ausschließlich im Bereich „Frauenbildung“ zu finden waren, jetzt auch an Männer (Kurse in den Bereichen Erziehungsfragen/Pädagogik/ Psychologie). So gibt es inzwischen beispielsweise „Elternkurse“ statt der früheren „Mütterkurse“.

Die Angebote im Bereich „Frauengeschichte/Frau-enbildung“ sind allerdings ausschließlich Frauen vorbehalten und berücksichtigen in besonderem Maße ihre spezifischen Sozialisationsverläufe und Lernerfahrungen. Einige Frauen wählen eben auf Grund der besonderen Erfahrungen Angebote „nur für Frauen“, da ihnen Übungen und persönli-che Darstellungen in einer Frauengruppe leichter fallen und angenehmer sind (Rhetorikangebote, Small Talk, Überzeugen durch Stimme und Sprache usw.). Bei frauenpolitischen Veranstaltungen geht es darum, traditionelle Frauenrollen und gesell-schaftliche Leitbilder aufzugreifen, innerhalb einer Frauengruppe Diskussionsmöglichkeiten anzubie-ten und eventuell Veränderungs-/Lösungsmög-lichkeiten zu erarbeiten. Als Beispiel sei die Veran-staltung „Große Reise ins Feuer – die Geschichte einer deutschen Türkin“ genannt, bei der Seyran Ates (Frau des Jahres 2004) ihren steinigen Weg aus traditionellen, patriarchalischen Verhältnissen zu einem selbstbestimmten Leben schilderte.

„Junge Volkshochschule“

Im Bereich der Jungen Volkshochschule gibt es neben den attraktiven und kostenfreien Freizeit- und Ferienangeboten für Kinder und Jugendliche, die von Mädchen und Jungen gleichermaßen besucht werden, auch speziel-le Angebote für Mädchen und junge Frauen.

Hierzu zählen:• Streiten verbindet?! – Für Mädchen im Alter

von 13 bis 16 Jahren. In diesem Trainingspro-gramm lernen Mädchen ihre Gefühle und Wünsche mitzuteilen und dabei konstruktiv und lösungsorientiert Konflikte zu bearbeiten.

• Rhetorik für Mädchen – Für Teilnehmerinnen im Alter von 13 bis 16 Jahren. Hier lernen die Mädchen frei zu reden, den Umgang mit Spra-che und Körperausdruck (auch zur Vorberei-tung für Bewerbungsgespräche).

• Selbstbehauptung/Selbstverteidigung für Mädchen – Für Mädchen und junge Frauen ab 12 Jahren. Der Kurs sensibilisiert dafür, bedrohliche Situationen zu erkennen und ein-zuschätzen. Einfache und effektive Techniken der Selbstverteidigung auf körperlicher und sprachlicher Ebene werden vorgestellt. Die Mädchen lernen, Grenzen zu setzen, eigenen Raum zu nehmen und sich bei Grenzüber-schreitungen zur Wehr zu setzen.

• Streetdance für Mädchen zwischen 8 und 12 Jahren. Durch öffentliche Auftritte erhalten die Mädchen Erfolgserlebnisse, das Selbstbe-wusstsein wird gestärkt, sie trauen sich etwas zu.

• Indoorklettern für Mädchen ab 10 Jahren. Klettern schafft Kondition, Kraft und macht Spaß. Die Mädchen stehen nicht unter Er-folgszwang, da sie unter sich sind, und haben dadurch die Möglichkeit, spielerisch klettern zu lernen.

Bei den drei nachfolgenden Angeboten geht es darum, verschiedene Strategien in Form von Wahr-nehmungsübungen und Rollenspielen auszuprobie-ren. Dadurch, dass viel improvisiert wird, bringen die Teilnehmerinnen spontan ihre persönliche Le-benswelt mit ins Spiel. Sie spielen sich selbst, doku-mentieren ihre Alltags- und Lebenswelt, was dann als Thema im Lauf der Veranstaltung weiter bear-beitet werden kann. Oder die Mädchen schlüpfen in andere Rollen und erhalten dadurch die Möglich-keit, ihre bisherige Lebenssituation zu reflektieren.

• Selbstpräsentationstraining für Mädchen ab 12 Jahren – „In Szene“ – Stell dir vor, du stellst dich vor.

• „Klappe, die erste – Film ab!“ – Videoprojekt für Mädchen ab 12 Jahren. In vier Tagen wird ein kleiner Film produziert. Hier wird die gesamte Filmherstellung – wie Regiearbeit, technische Fertigkeiten und Schauspielerei – von Mädchen übernommen.

• Improvisationstheater – „1, 2, 3, spiel dich frei!“ – Spontanes Szenenspiel für Mädchen ab zehn Jahren. Hier wird für Bewerbungs-gespräche, Castings oder Präsentationen im öffentlichen Raum trainiert.

Für alle Veranstaltungen gilt, dass Mädchen und junge Frauen hier ihre Stärken kennen und im Kontext der gesellschaftlichen An- und Herausfor-derungen einschätzen lernen. Ihr Selbstbewusst-sein wird gestärkt, die Handlungs- und Produkto-rientierung im Kurs ermöglicht Erfolgserlebnisse!

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Beispiele aus der Praxis der Erwachsenenbildung

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Ein letzter Punkt: Warum bieten wir im Bereich der Jungen Volkshochschule spezielle Angebote für Mädchen und junge Frauen – also eine ‚parteiliche’ Mädchenarbeit – an? Wie verschiedene Untersu-chungen gezeigt haben, wurde der Bereich der Jugendarbeit bislang oft mit Jungenarbeit gleich gesetzt. Mädchen waren im öffentlichen Raum weniger anzutreffen, und im außerschulischen Bereich zeigte sich bei den vorhandenen Freizeit-möglichkeiten eine starke Jungenorientierung. Gezielte Angebote für Mädchen wurden daher dringend erforderlich. Daneben muss es aber auch geschlechtsneutrale Angebote geben, in denen Mädchen und Frauen keine Ausgrenzungen erfah-ren, in denen genderbezogene Lehr- und Lernfor-men eingesetzt werden und in denen sensibilisierte Dozentinnen und Dozenten die Angebote leiten.

Fazit

Gender Mainstreaming hat die Gleichstellung der Geschlechter zum Ziel und dient der Vermeidung von Ungerechtigkeiten. Diese allgemeine politische Strategie, die von der UN bis zur nationalen Ebene der europäischen Län-der verbindlich gilt, hat besondere Bedeutung für den pädagogischen Prozess. Im Rahmen der Volkshochschularbeit ist es daher unverzicht-bar, die Verbreitung und Qualifizierung einer gendergerechten Bildungsarbeit zu leisten. Der Einstieg ins Thema ist im Fall der Berliner VHS City West gemacht. Es gilt jetzt, den Prozess konsequent in Gang zu halten. Erst wenn Gender Mainstreaming bei allen Beteiligten zur Selbstver-ständlichkeit wird, haben wir unser Ziel erreicht.

Brigitte Kippe Berlin, VHS City West Trautenaustraße 5 10717 Berlin Tel.: 030 902911700 Fax : 030 902911745 E-Mail: brigitte.kippe @ ba-cw.verwalt-berlin.de Netz: www.vhs.city-west.de

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Internationale Arbeit am Beispiel Israel

Anfang 2005 jährte sich zum 40. Mal die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland. Rudolf Dreßler (SPD), seit dem Jahr 2000 deutscher Botschafter in Israel, schrieb aus diesem Anlass: „Deutschland gilt heute für viele israelische Führungskräfte politisch und wirtschaftlich, wissenschaftlich und tech-nologisch als zweitwichtigster Partner nach den USA und darüber hinaus als einer der wichtigsten Partner in der kulturellen und zivilgesellschaftli-chen Zusammenarbeit.“ Dreßler wies zudem auf die große Bedeutung hin, die in diesem Zusam-menhang der politischen Jugendbildung zukommt: „Der deutsch-israelische Jugendaustausch ist das Kernstück für unsere gemeinsame Zukunft. Die finanzielle Förderung hält in Deutschland nach dem Austausch mit Frankreich, mit Polen und den USA Platz vier.“ Dabei erinnerte er aber auch daran, dass seit dem Beginn der ‚zweiten Intifada’ der Umfang dieser Arbeit wieder zurückgegangen sei und dass mittlerweile in der israelischen Jugend negative Urteile über den deutschen Staat und die Deutschen wieder auflebten. Deshalb lautete sein Fazit, dass die Bemühungen in diesem Bereich ein-deutig zu verstärken seien, und zwar im Bewusst-sein der Besonderheit der hier anstehenden Aufga-be: „Der Jugendaustausch, in vielerlei Hinsicht von der deutsch-israelischen Problematik geprägt und nicht nur ein zwangloses Treffen zwischen Jugend-lichen beider Länder, ist eine Herausforderung.“*

* Rudolf Dreßler, Gesicherte Existenz Israels – Teil der deut-schen Staatsräson, in: Aus Politik und Zeitgeschichte – Bei-lage zur Wochenzeitung Das Parlament, 11. April 2005.

Zivilgesellschaftlicher Brückenschlag

Ein Bildungspartner in Israel

Nun ist die zugespitzte Lage im Nahen Osten sowohl im engeren geographischen als auch im weiteren, von den USA definierten Sinne des Greater Middle East dem Austausch und der Begeg-nung nicht gerade förderlich. Und es ist auf jeden Fall festzuhalten, dass die politische Bildungsar-beit nicht stellvertretend für die Konfliktparteien – auch wenn ihr diese „Feuerwehrfunktion“ von Seiten der Politik gerne unterstellt wird – als realer Problemlöser agieren kann. Aber selbst unter solch schwierigen Bedingungen muss die Bildungsarbeit nicht kapitulieren, es lassen sich vielmehr gegen-läufige Tendenzen feststellen, so beim Volkshoch-schulverband Mecklenburg-Vorpommern, der sich in den letzten Jahren in Sachen Israel besonders engagiert und ein breites Aktionsspektrum ent-wickelt hat. Den Anstoß dazu gab eine interna-tionale, vom Deutschen Volkshochschul-Verband mit organisierte Begegnungsveranstaltung für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren vor Ort.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des VHS-Lan-desverbandes knüpften 1997 bei einer Israel-Studienreise, wie sie von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) regelmäßig organisiert werden, erste Kontakte zur israelischen Bil-dungs- und Begegnungsstätte Givat Haviva, die seit Jahrzehnten in der Friedens- und Verständi-gungsarbeit tätig ist. Givat Haviva, zwischen Tel Aviv und Haifa gelegen, ist die älteste und größte israelische Einrichtung im Rahmen der jüdisch-ara-bischen Verständigungsbemühungen. Sie setzt sich aktiv für eine tolerante und friedliche Gesellschaft ein, wobei sie sich der Förderung des kulturel-

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Zivilgesellschaftlicher Brückenschlag

len und religiösen Pluralismus verschrieben hat. Denn Frieden ist nach ihrem Verständnis mehr als die Abwesenheit von Krieg und Gewalt: Die Bildungsaufgabe heißt hier, Toleranz und Ver-ständnis füreinander und damit die Anerkennung demokratischer Problemlösungen zu entwickeln.

Deshalb beginnt die Arbeit von Givat Haviva mit der Begegnung von jüdischen und arabischen Jugendlichen und gibt diesen – oft zum ersten Mal – Gelegenheit, miteinander ins Gespräch und in eine sachliche Auseinandersetzung zu kom-men. Über 50.000 Teilnehmende besuchen Jahr für Jahr den Campus der Bildungsinstitution. Durch solche Begegnungen haben mittlerweile Tausende junger Menschen gelernt, wie man mit seinen Nachbarn zusammen leben und mit Kon-flikten umgehen kann. Die Bildungsexpertinnen und -experten aus Mecklenburg-Vorpommern hatten die Gelegenheit, die Einrichtung und ihre Praxis vor Ort kennen zu lernen und in einen intensiven Austausch mit den dortigen Kollegen und Kolleginnen einzutreten. Dabei erfuhren sie, dass sich die israelische Bildungsstätte auch unter schwierigsten politischen Rahmenbedin-gungen erfolgreich für interkulturelles und glo-bales Lernen einsetzt – ein Engagement, das die deutschen Pädagoginnen und Pädagogen ermun-terte, von den Erfahrungen zu lernen und eine zivilgesellschaftliche Partnerschaft einzugehen.

Angebote in Deutschland

Der deutsche Teilnehmerkreis dieses Austausch-programms, das zahlreiche Fachgespräche, Exkur-sionen und Workshops einschloss, transportierte die Erfahrungen in das heimische Arbeitsfeld. So wuchs das Interesse an der Bildungsarbeit zu Israel und Nahost, an Friedens- und Verständigungsar-beit, an dem Umgang mit Konflikten und religi-ös-kulturellen ‚Fronten’, die ja nach verbreiteten Diagnosen die entscheidenden Konfliktursachen des 21. Jahrhunderts abgeben sollen. Von August 2000 bis Mai 2004 zeigten Volkshochschulen in Mecklenburg-Vorpommern als erste Bildungs-einrichtungen in den neuen Bundesländern (mit Unterstützung der Landeszentrale für politische Bildung) die Wanderausstellung „Frieden braucht Verständigung“, die vom deutschen Freundes-kreis Givat Haviva e.V. erstellt worden war. Die Ausstellung informierte über die jahrzehntelan-ge Arbeit der Bildungsstätte zur Verständigung zwischen Juden und Arabern; 2004 verwendete der Landesverband dann die neue Ausstellung von Givat Haviva „Mit den Augen des Anderen“.

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Anfangs boten 18 Begleitveranstaltungen an 12 Volkshochschulen zur Geschichte und Struktur des Nahostkonflikts, zur Situation in Israel und den palästinensischen Gebieten Orientierungsmöglich-keiten, Hintergrundwissen und Gesprächsgelegen-heiten in nahezu allen Regionen des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. Im Jahr 2003 erwei-terten dann gemeinsame Seminare zum Umgang mit gesellschaftlichen Konflikten, mit kulturellen Differenzen und zur Identitätsfindung jüdischer Migrantinnen und Migranten im Bundesland das Spektrum der Veranstaltungen. Durch die Koope-ration mit dem israelischen Partner wird seitdem nicht nur in praktischer Hinsicht – bei Informa-tionen, Referent/innen, Materialien – ein zügiger Transfer ermöglicht, sondern darüber hinaus ein globaler, interkultureller Lernansatz realisiert.

Seit 2004 ist im Bereich des Landesverbandes eine ganze Reihe von Veranstaltungen zum The-ma Israel zustande gekommen. Solche Angebote richten sich an Jugendliche oder Multiplikator/in-nen, wobei die Teilnahme der letzteren wieder zur Folge hat, dass weitere jugendspezifische Programme generiert werden. Die Themen der Seminare lauten etwa: „Eine Wanderung zwi-schen den Kulturen – Israel und Deutschland“, „Das moderne Israel – Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Alltag jenseits von Krieg und Terror“, „Unter Ausschluss der Wirklichkeit – Wie Israelis und Palästinenser sich die Zukunft vorstellen“, „Djihad und Judenhass – Kennzeichen des islami-stischen Antisemitismus“. Eine Fortentwicklung des Arbeitsansatzes zielt auf Bildungsveran-staltungen mit gemischt-kulturellen Gruppen. Mittlerweile haben sich alle Volkshochschulen in Mecklenburg-Vorpommern am Schwerpunkt Israel beteiligt; es kam aber auch zur Kooperation mit anderen Einrichtungen (Europäische Akademie Waren, Bildungsvereinigung ARBEIT UND LEBEN) und zur Unterstützung durch das Institut für Internationale Zusammenarbeit (IIZ) des DVV.

Wie laufen nun solche Seminare zur Länderkun-de oder Konfliktforschung ab? Sie zielen auf ein politisch interessiertes Publikum oder sie versuchen Jugendliche über Kooperationspartner (Abendgym-nasium, Landesorganisationen oder -initiativen) dafür zu gewinnen, sich auf eine nähere Auseinan-dersetzung mit dem brisanten Thema einzulassen. Die Veranstaltungen beginnen – dem außerschu-lischen Prinzip der Teilnehmer-Mitwirkung ent-sprechend – mit dem Prozess der Gruppenbildung. Man stellt sich vor, macht sich bekannt und oft eröffnen biographische Eckpunkte (Migrations- oder zeitgeschichtlicher Hintergrund) bereits erste Möglichkeiten, um der Thematik näher zu kommen und in die Debatte einzusteigen. In anderen Fällen – so beim Thema Islamismus – lässt sich direkt bei aktuellen Ereignissen wie der Ermordung des niederländischen Filmemachers van Gogh oder dem Streit über das multikulturelle Prinzip ansetzen.

Mit Hilfe der israelischen Partner oder anderer Experten und Expertinnen wird dann der orts- und themenkundige Einstieg geleistet, denn von der nahöstlichen Konfliktlage sind beim hiesigen Publikum meist nur die über die Medien vermit-telten spektakulären Gewalttaten präsent sowie die fatalistische Einstufung der Region als unlös-barer Problemfall; Hintergrundwissen, Kenntnisse zur historischen Entwicklung oder zu den geo-politischen Zusammenhängen trifft man selten, dafür am rechten Rand, zunehmend aber auch bei national gesinnten Jugendlichen unterschiedlicher Provenienz antisemitische Klischees. Vor diesem Hintergrund beginnt dann ein Seminarprozess, der sich – anders als der Schulunterricht – vom Abarbei-ten eines stofflich fixierten Pensums freimacht, der die Teilnehmenden statt dessen in eine persönlich herausfordernde Auseinandersetzung verwickelt, mit dem Ziel, dass am Ende eine subjektiv verant-wortete Urteilsbildung (und nicht die Reproduk-tion eines überprüfbaren Faktenwissens) steht.

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Lesungen, Statements, Kurz- und Impulsreferate, multimediale Materialien, Arbeit im Plenum, in Gruppen und Selbststudium wechseln miteinan-der ab. Die Betroffenheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wird zum Leitfaden des Diskurses. So kann etwa bei der Frage nach dem Verhältnis von Mehrheit und Minderheiten die Debatte vom israelisch-palästinensischen Konflikt nahtlos zur Befassung mit den deutschen oder europäischen Verhältnissen überleiten. Oder die Veranstaltung wird direkt darauf hin angelegt, dass die anti-semitischen Tendenzen hierzulande – die sich ja mitunter (siehe die Einmischung der NPD bei globalisierungskritischen Protesten) als eine Aus-einandersetzung mit dem Palästinaproblem tarnen – in den Mittelpunkt gerückt werden. Denn das ist gerade der erschreckende Tatbestand, der gele-gentlich als europäische Normalität verharmlost wird: dass sich mitten in den gereiften, westlichen Demokratien Rassismen aller Art, darunter an prominenter Stelle meist Antisemitismus, tummeln.

Wenn man sich die Schärfe des Nahostkonflikts ver-gegenwärtigt – mit seinen zahlreichen Akteuren, Verwicklungen und Blockaden –, dann mögen die geschilderten Bildungsbemühungen als Tropfen auf den heißen Stein erscheinen. Doch sollte man sich davor hüten, solche Bemühungen als bedeutungs-los abzutun. Was hier in einer deutsch-israelischen Partnerschaft entstanden ist, löst am konkreten Fall eine Hoffnung ein, die immer stärker – gerade auch in staatlichen Kontexten – auf die Macht der Zivilgesellschaft gesetzt wird. Givat Haviva reali-siert auf zivilgesellschaftliche Weise einen Verstän-digungsprozess, von dem die große Politik noch Lichtjahre entfernt zu sein scheint. Wichtig ist, dass derartige gesellschaftliche Initiativen Raum und Ressourcen finden, um sich zu etablieren und zu qualifizieren, und besonders hoffnungsvoll ist es, dass sie über die Landesgrenzen hinweg eine

Ausstrahlungs kraft entwickeln, so dass verschiede-ne nationale und regionale Ansätze zu einem trans-nationalen Netzwerk zusammenfinden können.

In Israel gibt es eine Reihe von Bildungs- und Begegnungsstätten, die sich für eine Kooperation mit deutschen Partnern aus der politischen Jugend-bildung anbieten.** Givat Haviva ist hier die älteste und größte Einrichtung, die im Rahmen der jü-disch-arabischen Verständigungsarbeit, aber auch darüber hinaus tätig ist. Neben dem jüdisch-arabi-schen Zentrum für Frieden gibt es auf dem Campus eine Vielzahl von kulturellen, wissenschaftlichen und pädagogischen Einrichtungen. Dazu zählen u.a. das Kunstzentrum, das Archiv und Forschungs-zentrum der Jugendbewegung Haschomer Hazair Yad Yaari und das Zentrum für Holocaust-Studien Moreshet. Außerdem werden Sprachkurse angebo-ten. Betrieben wird Givat Haviva von Havatzelet, der Kultur- und Bildungseinrichtung der Kibbutz-Bewegung HaArtzi. Im Jahr 2001 erhielt Givat Haviva den UNESCO-Friedenspreis. Um die finan-ziell aufwändige Friedensarbeit zu unterstützen, haben sich weltweit Unterstützerorganisationen gebildet. Givat Haviva Deutschland e.V., in dem der Volkshochschulverband Mecklenburg-Vorpommern mitarbeitet, ist eine von ihnen. Nähere Informa-tion zu Givat Haviva sind auf der Homepage des deutschen Freundeskreises (www.givat-haviva.net) oder über den Volkshochschulverband erhältlich.

Kontakt: Ines Schmidt Volkshochschulverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. Bertha-von-Suttner-Straße 5 19061 Schwerin Tel.: 0385 3031550 Fax : 0385 3031555 E-Mail: vhs-verband-mv @ mvnet.de Netz: www.vhs-verband-mv.de

** Vgl. Hermann J. Sieben, Friedenserziehung in Israel – Die Friedensschule von Neve Shalom/ Wahat al Salam, in: Praxis Politische Bildung, 1 / 00.

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Ökologische Jugendbildung

Trotz aller internationalen Vereinbarungen und Versprechungen bleibt der Umweltschutz ein Sorgethema erster Güte. Bei der internationalen Klimakonferenz in Montreal Ende 2005 riefen die Vereinten Nationen die Industrieländer auf, ihre Anstrengungen zur Begrenzung der Treibhausgas-Emissionen zu verstärken. Wenn sich die Politik nicht ändere, drohe ein kräftiger Wiederanstieg beim Ausstoß klimaschädlicher Gase, warnte das UN-Klimaschutzsekretariat. Einer UN-Un-tersuchung zu Folge könnten die Emissionen bis 2010 den Stand von 1990 um mehr als 10 Prozent überschreiten. Es zeichne sich eine Trendwende ab, erklärte Richard Kinley, der Vorsitzende des Sekretariats: „Die Emissionen der Industrieländer ins-gesamt sinken nicht mehr, sondern sie waren in den zurückliegenden Jahren stabil.” Dieses Beispiel – das durch andere leicht zu vermehren wäre – wirft ein Schlaglicht auf die Dringlichkeit des Themas im politischen, aber auch im pädagogischen Kontext.

Ökologische Bildungsarbeit gehört zu den neueren pädagogischen Ansätzen. In der ausser- schulischen Bildung etablierte sie sich, nach Studentenprotest und antiautoritärer Revolte, im Zuge der Neuen Sozialen Bewegungen. In den 1970-er Jahren wurden – so von Wolfgang Beer, der heute im Bundesausschuss Politische Bildung mitwirkt – konzeptionelle Grundlagen einer hand-lungsorientierten „Ökopädagogik“ entwickelt. In Westdeutschland wurde aus diesem zunächst rand- und widerständigen Engagement nach und

aufmerksam machten und auch eine wichtige Rol-le bei der Entwicklung der DDR-Bürgerbewegung spielten. Nach der Wende kam es zum Zusammen-schluss der west- und ostdeutschen Bewegung in Sachen Umweltschutz. Als erstes gesamtdeutsches Naturschutzprojekt wurde übrigens die Initiative zum Erhalt des „Grünen Bandes“, des ehemali-gen innerdeutschen Grenzstreifens, gestartet.

Die ökologische Bildungsarbeit hat im letzten Jahrzehnt ihren Charakter geändert und einen neuen Stellenwert erhalten. Seit der Konferenz

Erkundungen im „Grünen Band“nach eine anerkannte Bildungsaufgabe, die sich auf ein breites Geflecht von Organisationen und Initiativen, darunter zunehmend auch solche mit wertkonservativer Orientierung, stützte und einen eigenen Kreis von Expertinnen und Exper-ten heranzog. In der DDR wurde das ökologische Engagement ebenfalls als oppositionelle Bestre-bung verstanden, wobei von staatlicher Seite einige Versuche unternommen wurden, diese Bewegung zu domestizieren. Doch es entstan-den unter dem Dach der Kirche aktive Umwelt-gruppen, die auf die regionalen Probleme

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von Rio (1992) und der dort verabschiedeten Agenda 21 werden Umweltschutz, Frieden und Entwicklung zunehmend als eine zusammenhän-gende Aufgabe verstanden. So gewinnt in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit, die sich auch als „globales Lernen“ versteht, die ökologi-sche Dimension an Bedeutung. Für den Stellen-wert der Umweltbildung im Gesamtbereich der außerschulischen Bildung hat dies Konsequen-zen. Zum einen wird – ähnlich wie beim Quer-schnittsthema „Frauen“, das seinen Ursprung ja auch in einer oppositionellen Bewegung hat

– der ökologische Aspekt in die Befassung mit zahlreichen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen oder kulturellen Fragen eingebracht; man den-ke etwa an die Debatten über Lebensstile und Konsumgewohnheiten, über Wirtschafts- und Handelspolitik, über Forschung und Technolo-gie. Zum andern gibt es inzwischen zahlreiche Organisationen, die sich wie „Naturfreunde“ oder Greenpeace auch als Bildungsbewegung verstehen und gerade für Jugendliche und junge Erwachsene attraktive Angebote machen.

Erkundungen im „Grünen Band“

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Solche spezialisierten Anbieter können eine besondere Kompetenz für sich in An-spruch nehmen und decken natürlich ei-nen großen Teil der Nachfrage ab.

Umweltbildung – zum Reinschnuppern

Für engagierte und interessierte Jugendliche gibt es somit viele Adressen, an die sie sich wen-den können. Doch ein Problem ist damit nicht gelöst: Was geschieht mit jungen Leuten, die weder durch Schule noch durch Elternhaus oder Gleichaltrigen-Gruppe motiviert wurden, sich mit solchen Fragen zu befassen, und die einschlä-gig engagierten Personen oder Organisationen eher distanziert gegenüberstehen? Für solche Jugendliche, die wohl die Mehrheit darstellen, ist das Diskussionsangebot einer Bürgerinitiative gegen Atomkraft oder den Bau einer Mülldepo-nie schon zu sehr festgelegt in einer Sache, von der sie keine klare Vorstellung haben. Und viele wollen unmittelbar parteiliche oder auf Aktion angelegte Angebote nicht in Anspruch nehmen.

Auf diese breite Zielgruppe hin hat der Landesver-band der Volkshochschulen Sachsen-Anhalt seinen Ansatz der Umweltbildung abgestellt, so jüngst mit dem Umweltseminar zum „Grünen Band“, das den Auftakt zu einem Schwerpunkt politischer Jugendbildung im Landesverband bilden soll. Das Seminar wurde offen ausgeschrieben und richtete sich an allgemein Interessierte, die einen Einblick in die ökologische Problematik gewinnen wollten. Es fand in Zusammenarbeit mit dem Umweltver-band BUND statt, der im Jahr 2005 sein 30-jähriges Bestehen feierte. „Der BUND“, schrieb zum Ver-bandsjubiläum Bundeskanzlerin Angela Merkel (zu der Zeit nur Partei- und Fraktionsvorsitzende), „bündelt das Engagement vieler Menschen für den Umwelt- und Naturschutz und hat sich als kritischer Wächter und Verfechter des Umweltschutzgedan-kens große Verdienste erworben. Trotz mitunter verschiedener Meinungen in Einzelfragen bin ich davon überzeugt, dass wir gemeinsam dem Leit-bild einer nachhaltigen Entwicklung näher kom-men können.“ (Zit. nach BUNDmagazin, 2 / 05.)

Das Seminar wurde ausgeschrieben über das BUND-Magazin, den Jugendinfoserver Sach-sen-Anhalts „Jissa“, die Volkshochschulen und das VHS-Bildungswerk Sachsen-Anhalt.

Vom Grenzstreifen zur Lebenslinie

Das Seminar im Kinder- und Jugenderholungs-zentrum in Arendsee, an dem 30 junge Leute aus ganz Sachsen-Anhalt teilnahmen, stand unter dem Thema Nachhaltigkeit und Zukunft. Der besondere Ansatzpunkt lag bei den regionalen Gegebenhei-ten, also bei „Europas längstem Biotop“, dem „Grü-nen Band“, das sich mitten durch Deutschland von der Ostsee bei Travemünde bis zum Dreiländereck bei Hof – insgesamt 1.393 Kilometer lang – zieht. Es handelt sich hier um den seinerzeit streng bewach-ten und befestigten Grenzstreifen. Als zentrales Grünes Band wird dabei der Bereich zwischen dem durch Spurplatten befestigten Kolonnenweg und der ehemaligen deutsch-deutschen Staatsgrenze definiert, der eine Breite von 50 bis 200 Meter um-fasst und an dem westlich und östlich neun Bundes-länder beteiligt sind. Wird eine Durchschnittsbreite von 100 m zugrunde gelegt, dann nimmt das zen-trale Band eine Fläche von rund 14.000 ha ein. Das heißt, man hat es hier mit dem längsten Wald- und Offenland-Biotopverbund Deutschlands zu tun.

Das Grüne Band wurde als erstes gesamtdeutsche Naturschutzprojekt im November 1989 – unmittel-bar nach Öffnung der Grenze – vom BUND, feder-führend vom Bund Naturschutz Landesverband Bayern, zusammen mit engagierten Naturschützern aus der DDR ins Leben gerufen. Bis heute sind entlang dieser Strecke 181 Naturschutzgebiete ausgewiesen worden, 47 befinden sich in Planung. Gerade in den strukturarmen Gebieten ist das Grüne Band oft die einzige intakte Biotopkette, an die bei künftigen Renaturierungsmaßnahmen angeknüpft werden könnte. Die hohe Naturschutz-Bedeutung sehen die beteiligten Organisatio-nen vor allem darin, dass das Band bislang noch vergleichsweise wenig unterbrochen ist. Schutz und Erhalt sind jedoch durch Verkauf bundesei-gener Flächen und landwirtschaftliche Nutzung akut gefährdet. Hinzu kommen die schwierigen, teils noch ungeklärten Besitzverhältnisse.

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Die größte Gefahr für das Grüne Band stellt der Zugriff der Landwirtschaft dar, wenn die seit Jahrzehnten brach liegenden Flächen umge ackert oder zu Intensivgrünland entwertet werden. Angesichts der Tatsache, dass mit Millionenauf-wand an Steuermitteln anderswo in der Agrar-landschaft Biotopvernetzungen mühsam erst aufgebaut werden müssen, hielten es die Projekt-träger aus ökologischer und ökonomischer Sicht für fatal, wenn die national bedeutende Ver-bundachse des Grünen Bandes zerstört würde.

Ziel des Projekts ist es deshalb, die einmalige Bio-topkette als möglichst zusammenhängendes Band zu erhalten und für die Zukunft zu sichern. Denn hier finden sich wertvollste Biotope mit Altgrasflu-ren, Busch- und Waldparadiesen, Sümpfen und Hei-den, hier haben seltene Tierarten wie Braunkehl-chen, Schwarzstorch und Fischotter eine Heimat gefunden, hier gibt es noch intakte Auenwälder mit Erlen und Eschen, artenreiche Feuchtwiesen, Niedermoore und naturnahe Fließgewässer. Die Zukunftssicherung kann freilich nur gelingen, wenn auch Flächen gekauft werden. Dafür wurde im Projekt ein „Grüner Anteilschein“ aufgelegt. Mit Spenden werden Gebiete im Grünen Band gekauft, und die jeweiligen Spender und Spenderinnen wer-den symbolisch zum Anteilseigner bzw. Aktionär.

Bildungsarbeit im Freien

Mit dem Seminarbeginn standen zunächst das Kennenlernen der Teilnehmerinnen und Teil-nehmer untereinander sowie der thematische Einstieg ins gemeinsame Wochenende im Vor-dergrund. Nach einem Frühsport der anderen Art ging es dann hinaus aus der Bildungsstätte. Eine Kremserfahrt zum „Grünen Band“ führte – angeleitet durch einen sachkundigen ehren-amtlichen Naturschützer – durch das ehemalige Sperrgebiet am Arendsee vorbei in die Wälder bis zum Plattenweg im ehemaligen Grenzstrei-fen. Im anschließenden Seminarabschnitt wurde von allen heftig mitdiskutiert, Videoclips zum Thema Nachhaltigkeit lieferten dazu Anstöße.

Der nächste Morgen stand dann ganz im Zei-chen von Ton und Draht, denn es hieß, eigene Zukunftsmodelle und Wünsche zu formen und zu gestalten. Fachkundige Anleitung und Geduld mit den eifrigen Formern führte zu interessanten und in der Gruppe umstrittenen Ergebnissen. Bei der Abschlussdiskussion stellte sich – erfreulich für Veranstalter und Referentinnen und Refe-renten – heraus, dass die Teilnehmenden ihre Erwartungen, die am ersten Abend formuliert worden waren, überwiegend erfüllt sahen.

Aus diesem Anstoß will der Landesverband der Volkshochschulen Sachsen-Anhalt auch neue Ansätze der politischen Jugendbildung entwik-keln. So ist ein Vorhaben „Jugendgästeführer“ in Planung, das Jugendliche als Experten und Expertinnen für ihre eigene Region qualifizieren will. Das ökologische Jugendbildungsprojekt des Landesverbandes hat folgende Netzadresse:www.vhs-lsa.de/umweltbildung/de/home/die Website befindet sich noch im Aufbau. Der Kooperationspartner des Volkshochschulverban-des, der Landesverband Sachsen-Anhalt des BUND, ist im Netz unter www.bund-sachsen-anhalt.de erreichbar, der Bundesverband BUND unter www.bund.net. Informationen zum ersten ge-samtdeutschen Naturschutzprojekt „Das Grüne Band“ finden sich auf der Website des BUND-Landesverbandes sowie über die E-Mail-Adres-se des Projekts: alexander.purps @ bund.net

Claudia Rondio Landesverband der Volkshoch-schulen Sachsen-Anhalt e.V. Liebknechtstr. 91 39110 Magdeburg Tel.: 0391 7369324 Fax : 0391 7369399 E-Mail: claudia.rondio @ web.de Netz: www.vhs-lsa.de

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Allerorten – von der UN-Dekade für nachhaltige Bildung 2005-2014 über die Europäische Kom-mission und den Europarat bis zu den nationalen Expertengremien – wird über die Bedeutung des lebenslangen Lernens diskutiert. Das ist heute Konsens: Es kann nicht länger von einer einmal erworbenen und damit biographisch wie gesell-schaftlich (end-)gültigen Erstausbildung ausge-gangen werden, vielmehr wird das Modell des ständigen Wechsels der Wissensbestände und damit der individuellen Bemühungen um Teil-nahme und Teilhabe in Zukunft ausschlaggebend sein. Und auch das ist Konsens: Wenn Lernen zu einem lebensbegleitenden Prozess wird, dann kann nicht allein die Schule diese Aufgabe schultern – zumal sie, wie die letzten PISA-Studien erbracht haben, eine eindeutige soziale Auslese, also eine Fortschreibung von Bildungsbenach teiligung, praktiziert –, dann sind in zunehmendem Maße außerschulische Bildungsangebote gefragt.

Als Ende August 2005, kurz vor Ablauf der 15. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages, die damalige Jugendministerin Renate Schmidt den Zwölften Kinder- und Jugendbericht vorlegte, wurden diese Erfordernisse noch einmal ange-sprochen. Der „Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland“, der unter dem Schwerpunktthema „Bildung, Betreuung und Erziehung vor und neben der Schule“ stand, zielt darauf ab, dass alle Kinder und Jugendlichen an Bildungsprozessen gleichberechtigt teilhaben sollen. Damit könnten Armutsrisiken insbesonde-re der Kinder von Alleinerziehenden sowie aus Familien mit Migrationshintergrund verringert und „Armuts-Bildungs-Spiralen“ durchbrochen werden. „Wir brauchen ein neue Lehr- und Lernkultur mit individueller Förderung, mit mehr sozialem Lernen und innovativen Vermittlungsmethoden, wie sie Ganztagsschulen bieten können. In erster Linie müssen Eltern, Schule und Jugendhilfe an einem Strang ziehen, wenn es um die Zukunftschancen der Kinder geht“, erklärte Ministerin Schmidt.

Der Bericht, dessen Ergebnisse die Große Koaliti-on aufgreifen will, geht auch auf die außerschu-lische politische Bildung ein, z.B. im Kontext der

geforderten Kooperation schulischer und außer-schulischer Bildung. So heißt es im Bericht: „Ins-gesamt gesehen hat die Schule gegenwärtig bei der Vermittlung sozio-politischer Kompetenzen nur einen relativ geringen Stellenwert. Durch den verstärkten Ausbau von Ganztagsschulen sowie durch eine intensivere Kooperation zwischen Schule und den Institutionen der außerschuli-schen politischen Bildung könnten sicherlich die Voraussetzungen und die Handlungsspielräume für die Erweiterung politischen und sozialen Lernens und damit zugleich für die Förderung der gesellschaftlichen Partizipationskompeten-zen der Heranwachsenden verbessert werden.“*

Gestaltung des Schullebens

Eine Reihe von Volkshochschulen hat diese Not-wendigkeit bereits vor einiger Zeit gesehen und beteiligt sich in einem Verbundprojekt „Politik & Partizipation in der Ganztagsschule“ (siehe An-hang). Die Einzelprojekte bauen auf den Erfahrun-gen der außerschulischen politischen Bildung auf und treten in eine Kooperation ein, die sich um die Erweiterung der schulischen Lernprozesse bemüht. Es geht nämlich nicht darum, Schule in den Nach-mittag hinein zu verlängern und dabei mit außer-schulischen Mitteln zu assistieren, sondern darum,

* 12. Kinder- und Jugendbericht. Hg. vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin 2005, S. 211.

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Politische Jugendbildung kooperiert mit Ganztagsschule

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grundsätzliche Prinzipien der Jugendbildung – Freiwilligkeit, Partizipation, Produkt- und Hand-lungsorientierung – zur Geltung zu bringen und als ein Angebot zur Öffnung von Schule zu platzieren.

Solche Angebote zeichnen sich also dadurch aus, dass sie die Schule nicht einfach nehmen, wie sie ist. Von erziehungswissenschaftlicher Seite wird ja immer wieder betont, dass fürs Demokratie-Lernen in der Schule nicht so sehr der vermittelte Stoff von Bedeutung ist, sondern die Art und Weise, wie Lernprozesse organisiert werden. Ist hier das Hinnehmen eines Pensums verlangt, das nur noch Anpassung an die Vorgaben zulässt? Wird dies als gnadenloses, „egotaktisches“ Durchsetzen gegen-über den Mitschülern erfahren? Und wie sieht der Einzelne überhaupt seine Rolle im institutionali-sierten Bildungsgefüge? Angesichts solcher Fragen hat sich die Volkshochschule Kaiserslautern ent-schieden, ein Programm zu gewaltfreier Kommu-nikation und Konfliktlösungskompetenzen für das örtliche Heinrich-Heine-Gymnasium anzubieten.

Konkret geht es um Angebote für die 7. Klasse der Schule für Hochbegabtenförderung, die sich an dem Gymnasium im Aufbau befindet (seit Sep-tember 2005 gibt es drei Jahrgangsstufen, zum Teil mit Internatsunterbringung). Die Schülerinnen und Schüler können im Rahmen des Nachmit-tagsunterrichts verschiedene Methoden kennen lernen, die zur Entwicklung und Förderung von Konfliktlösungskompetenzen beitragen. Spezielle Projektaufträge berücksichtigen die Bedürfnisse und Problemlagen von Hochbegabten, die ja in puncto Leistungsfähigkeit überdurchschnittlich

fortgeschritten sind, beim sozialen Lernen aber zuweilen Defizite aufweisen oder mit besonde-ren Herausforderungen konfrontiert werden. Die Ergebnisse aus dem Projekt sollen den nachfol-genden Hochbegabtenklassen zu Gute kommen.

Das Vorhaben, das zum Herbst 2005 angelaufen ist, setzt auf theoretisches und praktisches Arbeiten, beginnend mit dem Ansatz gewaltfreier Kommuni-kation. Damit sollen das Gewaltpotenzial verringert und die Bereitschaft zur Kooperation gefördert werden. In dem Projekt lernen die Schüler die wichtigsten Schritte der gewaltfreien Kommunika-tion kennen. Das Konzept wurde von Marshall B. Rosenberg entwickelt und verbreitet sich mittler-weile in einem internationalen Netzwerk (Center for Nonviolent Communication, im Netz: www.cnvc.org). Anknüpfend an der persönlichen Ebene von Konflikt und Gewalt, die Jugendliche heute inner- und außerhalb der Schule verschärft erfahren, wird der Bogen zur politischen Dimension geschlagen.

Ziel des Kurses, der einmal wöchentlich am Nach-mittag stattfindet, ist nicht die theoretische Kenntnis von Konfliktmodellen, sondern die Bezugnahme auf das eigene Verhalten und auf die Rolle, die man in der Schule spielt. Bei der konkreten Kursgestaltung wechseln sich Theorie-orientierte Inputphasen mit Kleingruppendiskus-sionen, Rollenspielen, Entspannungsphasen und Körperarbeit ab. Dabei sind die Themenwünsche der Schüler und Schülerinnen ausschlaggebend. Das Projekt will so ein Beitrag zum Alltag in ihrer Schule sein – zu der Frage, was der Einzelne dort erlebt, was er einbringen und verändern kann.

Bildungistmehr

alsSchule

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Zukunftsgestaltung

„Hey, verändere was!“ So lautete das Motto der Auftaktveranstaltung, mit der die VHS Berlin, City West, 2005 in das Kooperations-Projekt einstieg. 26 Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 7, 8 und 9 der Robert-Jungk-Oberschule/Staatliche Europa-Schule in Berlin bildeten zwölf Arbeitsgruppen, die sich mit Politik und Partizipation beschäftigten. Schwerpunkte waren auch hier die Gestaltungs-möglichkeiten in der Schule, im Schulumfeld und im Stadtbezirk. Veranstaltet wurde der Auftakt der Schul-Kooperation im Wannsee-Forum, einer außerschulischen Bildungseinrichtung in Berlin.

Der Einstieg erfolgte in Form einer „Zukunftswerk-statt“, also eines Arbeitsansatzes, der in der außer-schulischen Bildung seit langem praktiziert wird. Der Namensgeber der Partnerschule, der Zukunfts-forscher und alternative Nobelpreisträger Robert Jungk, hat diese Methode entwickelt. Sie setzt sich mit Fragen der Zukunftsgestaltung in drei Schritten auseinander: In der Beschwerde- und Kritikphase – Motto „Meckern erwünscht“ – geht es darum, alle relevanten Einwände, die die Ausgangssituation betreffen, in einem Beschwerdekatalog zusammen-zufassen. Durch kritische Aufarbeitung von Pro-blemen, Störfaktoren oder Missbilligungen von Tat-sachen wird das eigene Anliegen zur Veränderung geklärt, indem man zunächst eine Bestimmung des Ist-Zustandes erarbeitet. In der sich anschließenden Fantasie- und Utopiephase werden dagegen Ideen über einen vorstellbaren Idealzustand entwickelt und das Nachdenken darüber angeregt, wie ein „kritischer Zustand“ positiv verändert werden kann. Es wird versucht, den Ist-Zustand mit sozialer Fantasie und Kreativität zu überwinden, also die Entwicklung eines Wunschhorizonts zu leisten. In der abschließenden Verwirklichungs- und Praxis-phase werden Kritik und Utopie gegenübergestellt und Handlungsalternativen erarbeitet, die über die

Werkstatt hinausgehen und in der Regel in neue praxisnahe, Erfolg versprechende Projekte und Maßnahmen einfließen. Teile des Wunschhorizonts werden zu Forderungen bzw. Projektansätzen verdichtet, das Handlungspotential wird geklärt.

Mit dieser Methode haben die Teilnehmenden Vorschläge für neue Zukunftsprojekte erarbei-tet. Vereinbart war zwischen VHS und Schule der Schwerpunkt Partizipation, festgemacht am Schulalltag der Jugendlichen und an den konkre-ten Möglichkeiten, sich für Veränderungen einzu-setzen. Bei der Zukunftswerkstatt ließen sich die Schüler und Schülerinnen aber auch dazu anregen, die gesellschaftlichen Bedingungen ihrer Lebens- und schulischen Arbeitssituation in den Blick zu nehmen. „Stoppt den Rassismus“ oder „Lasst uns in Frieden zusammenleben“ lauteten Sätze auf den Wandzeitungen, es wurde nach den Ursachen von Jugendarbeitslosigkeit und Jugendprotest, nach den Gründen der verbreiteten Lethargie gefragt. Auch Schülerinnen und Schüler, die bisher weniger über gesellschaftliche Zusammenhän-ge nachgedacht hatten, wurden immer eifriger, interessierter und wissbegieriger im Blick auf das, was um sie herum vorgeht. Das Gefühl, ihre Meinung sei gefragt und wichtig, schlug teilweise in richtige Begeisterung um und ermutigte selbst ‚stille Schüler’, an Lösungen mitzuarbeiten.

Bei solchen außerschulischen Angeboten finden Schüler und Schülerinnen auch Gelegenheit, sich gegenüber der Rolle, die sie im Unterricht einge-nommen haben, neu zu positionieren. Denn hier ist ja nicht der Wettbewerb mit Anderen gefragt, son-dern die gemeinsame Anstrengung, als Gruppe ein Ziel zu erreichen. Auch diejenigen, die als still oder passiv gelten (wollen), sind gefordert. So löste sich beim Auftaktprogramm die anfängliche Schüch-ternheit der sieben weiblichen Teilnehmer nach und nach auf, wodurch sich die Atmosphäre vor-

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teilhaft in der Gruppe veränderte. Durch pädagogi-sche Impulse gelang es, gerade Mädchen zu „mehr Mut“ bei Meinungsäußerung und Präsentation anzuregen, was sich auch bei den Jungen positiv auswirkte. Einige Jugendliche mit (polnischem bzw. türkischem) Migrationshintergrund verhielten sich – angesichts der ungewohnten Situation – zunächst distanziert. Am zweiten Seminartag konnten aber alle Teilnehmenden gleichermaßen einbezogenen werden, was wiederum auf die Gesamtsituation ausstrahlte. Der Gruppeneffekt wurde verstärkt.

Die VHS City West betrachtet es als Chance, bei der qualitativen Weiterentwicklung und dem Ausbau der Bildungsangebote im schulischen Ganztagsbe-reich mitzuarbeiten. Die Volkshochschule hält das Projekt „Politik & Partizipation“ für einen zukunfts-orientierten Ansatz, da im Land Berlin eine Umge-staltung hin zur Ganztagsschulbetreuung vorge-nommen wird und die in dem Projekt erarbeiteten Konzepte für andere Berliner Ganztagsschulen – aber auch bundesweit – von Nutzen sein können. Und für alle Beteiligten gilt, dass hier ein produkti-ver Austausch auf Bundesebene zur Qualifizierung der örtlichen Ansätze betrieben wird. Mit dem Pro-jekt werden insbesondere folgende Ziele verfolgt:

• Die Erarbeitung innovativer Angebots- konzepte von Trägern der außerschulischen Jugendbildung für Ganztagsschulen, ihre Erprobung und Verbreitung (einschließlich fachlicher Unterstützungsleistungen wie Dokumentationen, Materialien usw.).

• Die Weitergabe von Erkenntnissen und Modellen an die Trägerlandschaft po-litischer Jugendbildung, damit sie sich verstärkt beim Auf- und Ausbau von Ganztagsangeboten beteiligen kann.

• Die Rückmeldung von Impulsen und In-formationen an Schulen, damit sie mit Trägern der politischen Jugendbildung im

Ganztagsbereich besser kooperieren.• Die Unterstützung der bundeswei-

ten Debatte über qualifizierte Beiträge der politischen Jugendbildung an den Ganztagsschulen und die Konkretisie-rung politikrelevanter Empfehlungen.

• Qualitative Weiterentwicklung und Aus-bau der Bildungsangebote im schulischen Ganztag und die Nutzung der spezifischen Qualität außerschulischer politischer Bil-dung für die Innovation ganzheitlicher Bildung und eine Schule der Zukunft.

„Politik & Partizipation in der Ganztagsschule“ ist ein Verbundprojekt der Gemeinsamen Initiative der Träger politischer Jugendbildung (GEMINI) unter Federführung des Bundesarbeitskreises ARBEIT UND LEBEN, das von der Stiftung Deutsche Jugend-marke gefördert wird. Bei der Gemeinsamen Initia-tive handelt es sich um einen Zusammenschluss im Rahmen des Bundesausschusses Politische Bil dung (bap). In beiden Gremien ist der Deutsche Volks-hochschul-Verband Mitglied. Nähere Informationen zum Projekt und zu den institutionellen Zusam-menhängen finden sich im Anhang (siehe Seite 67).

Projekt: www.politikundpartizipation.deMichael Staudt Volkshochschule Kaiserslautern Kanalstr. 3 67655 Kaiserslautern Tel.: 0631 3625810Fax : 0631 7105330 E-Mail: michael.staudt @ vhs-kaiserslautern.de Netz: www.vhs-kaiserslautern.de Weitere Beteiligte sind: VHS Berlin, City West (s.o., Kapitel 6) VHS Nordhorn

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Naturkunde und ländliche Bildungsarbeit

Die Bildungsarbeit auf dem Lande hat es – dem allgemeinen Trend zur Verstädterung und Urbani-sierung folgend – hierzulande schwer. Als in den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts Aufbruch und Ausbau der Weiterbildung erfolgten, wurden die ländlichen Regionen an den Rand gedrängt, wohin sie nach dem Verständnis des modernen, eben urbanen Lebensstils sowieso gehören. Zwar stellen die Disparitäten zwischen städtischen Bal-lungsgebieten und ländlichem Raum heute welt-weit wichtige Themen der sozialen und ökologi-schen Auseinandersetzung dar, in den entwickelten Industriegesellschaften hat sich aber seit Mitte des 20. Jahrhunderts der Stadt-Land-Gegensatz abgeschleift, so dass sich eine Vorstellung vom Land als „Restraum“ (Ulrich Klemm) verbreitet hat.

Es hat einiger Anstrengungen bedurft, zum Beispiel einer „Provinzbewegung“ Ende der 80er Jahre, um dem ländlichen Raum wieder größe-re Aufmerksamkeit zu widmen.* Dabei kamen verschiedene Motive zusammen: Es ging um

* Vgl. Ulrich Klemm, Ländlicher Raum und Bildungsarbeit – Von der ländlichen Erwachsenenbildung zur Lernenden Region: Versuche zur Revitalisierung des Politischen, sowie Thomas Tschöke, Jugendbildungsarbeit auf dem Lande – Stationen und Beispiele zur Auseinandersetzung mit dem eige-nen Lebensraum, in: Praxis Politische Bildung, 2 / 05. Das Heft ist dem Schwerpunktthema „Ländliche Bildungsarbeit“ gewidmet.

Jugendfreizeiteinrichtungen und Kulturarbeit, um Ökologie und Verkehrspolitik, um Dorfentwicklung und soziale Segregation – und eben um innova-tive Bildungskonzepte, die sich der veränderten gesellschaftlichen Wirklichkeit stellen. Inzwischen ist dieses Feld ja auch in einer ganz neuen Weise zum Politikum geworden, da wesentliche Entschei-dungen von der Europäischen Union, im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), getroffen werden. Die GAP verwaltet nicht nur die Mittel für die landwirtschaftliche Marktordnung, sondern sieht ihre zweite große Aufgabe in der „ländlichen Entwicklungspolitik“. Einer solchen Entwicklungs-politik kommt im Hinblick auf den territorialen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt der Europäischen Gemeinschaft eine zentrale Be-deutung zu, denn der ländliche Raum macht laut EU nach den letzten Erweiterungsschritten 80 Prozent des neuen Gemeinschaftsgebiets aus.

Die Volkshochschulen haben hier einen eindeu-tigen Standortvorteil, sie sind in der Fläche der Bundesrepublik Deutschland präsent, so etwa die Einrichtung Volkshochschule und Kulturbüro Osnabrücker Land gGmbH. Sie ist eine öffent-liche, nicht gruppengebundene Institution der außerschulischen Bildung im Landkreis Osnabrück, die vom Niedersächsischen Ministerium für Wis-senschaft und Kultur als förderungsberechtigt anerkannt worden ist. In den einzelnen Städten, Gemeinden und Samtgemeinden des Landkrei-

Unterwegs in der eigenenRegion

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Auf dem flachen Lande präsent – und darüber hinaus

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ses wird die VHS durch Außenstellen vertreten. Die VHS sieht sich grundsätzlich vor die Auf-gabe gestellt, Jugendlichen und Erwachsenen Kenntnisse, Orientierungen und Fähigkeiten zu vermitteln, die angesichts wachsender wie wechselnder Qualifikationsanforderungen im Berufsleben und einer sich immer schneller verän-dernden Gesellschaft dringend notwendig sind. Zum Angebot gehören hier wie an vielen ande-ren Volkshochschulen Abschluss-bezogene Kurse, mit denen sich Schulabschlüsse nachholen lassen. Dabei findet auch eine europäische Zusammenar-beit statt. „Zweiter Bildungsweg – Standards und Innovation in Europa“ heißt die EU-Lernpartner-schaft der Volkshochschule Osnabrücker Land mit Einrichtungen aus Griechenland und Polen. Die VHS koordiniert das im Rahmen des EU-Programms Sokrates-Grundtvig geförderte Projekt, an dem sich die Berufsbildenden Schulen in Dobre Miasto (zu denen die deutsche VHS durch die Partnerschaft des Landkreises Osnabrück mit dem polnischen Kreis Olsztyn Kontakt hat) und eine Erwachsenen-bildungseinrichtung für den Zweiten Bildungs-weg aus Pyrgos, Griechenland, beteiligen. In dem Projekt standen zunächst der Erfahrungsaustausch und das Kennenlernen von national unterschied-lichen Organisationsweisen und Methoden des Zweiten Bildungsweges im Vordergrund. Dazu gab es gegenseitige Besuche und Seminare bei den jeweiligen Einrichtungen. Inzwischen ist eine Fortsetzung geplant, die gemeinsame Lernprozesse der Teilnehmer und Teilnehmerinnen fördern soll.

Die Region erleben

In der politischen Jugendbildung der Region Osna-brück hat seit Anfang der 90-er Jahre ein Sommer-programm der VHS seinen festen Platz, das in eine breite Kooperationsstruktur eingebunden ist und auf gute Resonanz im Landkreis stößt. Es handelt sich um ein Sommerzeltlager, das in Zusammen-arbeit mit den kommunalen Jugendpfleger/-in-nen der Samtgemeinden Artland, Fürstenau und Neuenkirchen auf dem Kuhlhoff in der Gemeinde Bippen (Samtgemeinde Fürstenau im Landkreis Osnabrück) durchgeführt wird. Die Teilnehmen-den sind junge Aussiedlerinnen und Aussiedler, Ausländerinnen und Ausländer sowie einheimische Jugendliche im Alter von 11 bis 14 Jahren. Sie sollen sich bei dem Zeltlager mit Grundfragen des gesell-schaftlichen Zusammenlebens am Beispiel eines ausgewählten regionalen Lebensraumes ausein-ander setzen und das komplexe Zusammenspiel in den Ökosystemen erleben und untersuchen.

Zum Programm gehören aufschlussreiche Erkun-dungen im Osnabrücker Land, z.B. eine Boots- und Floßfahrt auf dem Fluss Hase. Es geht hier aber auch um die Anwendung neuer Kommunikati-onstechniken, etwa um das Erstellen einer Photo-CD oder einer Rundfunkreportage, und zwar als Dokumentation der in den Gruppen gesammelten Erfahrungen mit der Natur und der gewonne-nen Einsichten in die heimische Kulturgeschichte. Insgesamt soll dies dazu dienen, Natur und Um-

Unterwegs in der eigenenRegion

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welt in ihren Zusammenhängen besser verstehen zu lernen wie auch tolerante Formen des Zu-sammenlebens einzuüben und beizubehalten.

Schwerpunkte des Programms

Die Zeltlager für junge Leute mit und ohne Migra-tionshintergrund haben vor allem folgende Ziele:

• die Naturräume der Region als Lebensumfeld zu erschließen,

• die ökologischen Zusammenhänge und Besonderheiten des regionalen Lebensum-feldes ins Blickfeld der Teilnehmenden zu rücken,

• Einblicke in die soziokulturellen und sozio-ökonomischen Entwicklungen des ländlichen Raumes zu gewinnen,

• die gewonnenen Erkenntnisse mit Hilfe neuer Medien und Technologien zu dokumentieren,

• den friedlichen Umgang miteinander bei kon-kreten Aufgabenstellungen zu trainieren.

Insgesamt soll das Zeltlagerprogramm zum Mit-machen anregen, dabei neues Wissen vermit-teln und die Entwicklung von Urteilsbildung und Wertorientierung für das gesellschaftliche Miteinander fördern. Beim sozialen Lernen steht besonders die Begegnung von Menschen mit verschiedenen ethnischen und kulturel-len Hintergründen auf dem Programm.

Umsetzung

Die Aktivitäten umfassen die allgemeine Naturer-kundung durch geführte Waldwanderungen und die Beschäftigung mit dem Element Wasser als der Lebensader für Natur und Landwirtschaft. Ferner richtet sich die Aufmerksamkeit auf die heimische Tierwelt und auf schützenswerte Tierarten; es gibt dazu einen Tierparkbesuch und angeleite-te Naturbeobachtungen. Anschließend werden die Ergebnisse in einer Photodokumentationen der näher bestimmten Pflanzen- und Tierwelt festgehalten. Die aufgezeigten oder entdeckten Zusammenhänge von Umwelt, Wirtschaft und Ökologie, Natur und Region sind für die Teil-nehmenden in der Regel neu – und sie machen neugierig. Begünstigt wird ein solches Lernen am konkreten Objekt durch das hauptberufliche und in der außerschulischen Jugendbildung erfahrene pädagogische Personal. Hinzu kommen die neben-amtlichen Referentinnen und Referenten. Durch die Anlage des Seminars werden Eigeninitiative und eigenverantwortliches Lernen unterstützt, die Erkundungen, Recherchen und medialen Auf-arbeitungen stärken die sozialen Lernprozesse.

Es geht dabei eben nicht nur um das Naturer-lebnis. Die Jugendlichen lernen die Möglich-keiten von Einmischung in soziale Felder und Zusammenhänge kennen sowie die Chancen für selbstbestimmtes Handeln zur Förderung ei-ner nachhaltigen Entwicklung. So lassen sich Gestaltungs- und Sozialkompetenzen vermitteln.

Teilnahme und Erfahrungen

Der Teilnehmerkreis bei diesem Sommerprogramm ist gemischt, was einen deutlichen Unterschied zu sonstigen Veranstaltungen der naturkundlich orientierten politischen Bildung bedeutet. Bei den letzten Programmen nahmen 33 bzw. 47 Jugend-liche teil; der Anteil der Hauptschüler/innen lag zwischen 55 und 69%, der der Realschülerinnen und -schüler zwischen 20 und 41% und der der Gymnasiastinnen und Gymnasiasten zwischen 4 und 8%. Der Anteil der Jugendlichen mit Migrati-onshintergrund lag relativ hoch, bei 32 bzw. 41%.

Es gelang durch die verschiedenen Aktivitäten, die Teilnehmenden für das Naturerleben zu be-geistern, ein größeres Verständnis für das heimi-sche Lebensumfeld einschließlich Einsichten in die Heimat- und Kulturgeschichte zu fördern und vor allem bestehende Vorurteile im aufgaben- und

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erlebnisorientierten Handeln miteinander aufzu-decken, zu reflektieren und in ersten Schritten abzubauen. Die Eigendynamik der Lernprozesse konnte anders als in der Schule durch Gruppen-bildung, Selbsttätigkeit und Mitbestimmung des Programmablaufs entfaltet werden. Die Unter-bringung und die ausgesuchten Lernorte wur-den von den Jugendlichen als attraktiv erlebt.

Perspektiven

Die von den teilnehmenden Jugendlichen oder ihren Eltern gegebenen Rückmeldungen zeigen eine positive Tendenz. Die Evaluation der Teilnah-mezufriedenheit und der Interessenschwerpunkte erbrachte, dass vor allem Hilfen zur Orientierung, neue Perspektiven für das Lebensumfeld und die Veränderung eigener Sicht- und Handlungswei-sen zu den persönlich als wichtig erlebten Ergeb-nissen des Bildungsprozesses gezählt werden.

Solche Rückmeldungen sind für die Weiter-entwicklung der politischen Jugendbildung in Volkshochschulen von erheblicher Bedeutung. Sie stellen für die in die weitere Planung ein-gebundenen kommunalen Jugendpflegerinnen und Jugendpfleger und für die verantwortliche Volkshochschule eine Herausforderung dar, ver-gleichbare Veranstaltungen erneut anzubieten oder entsprechende Programme auch für die Zielgruppe ältere Jugendliche und junge Erwach-sene vorzubereiten. Die Auswahl der thematischen Schwerpunkte wird dabei eine neue Akzentuie-rung erfahren, und zwar in folgende Richtung:

• Umweltschutz und landwirtschaftliche Entwicklung

• Veränderte Produktionsformen in der Land- und Forstwirtschaft

• Veränderungen der Landschaft durch die mo-derne Agrarindustrie

• Mobilität im ländlichen Raum• Landwirtschaftsproduktion und eigenes

Konsumverhalten

Mit diesen Planungen ist die Volkshochschu-le und Kulturbüro Osnabrücker Land GmbH zur Zeit befasst. Die VHS will das Programm in diesem Sinne 2006 weiterentwickeln.

Gerhard Middendorf Volkshochschule und Kulturbüro Osnabrücker Land gGmbH Am Schölerberg 1 49082 Osnabrück Tel.: 0541 5014025 Fax : 0541 5014423 E-Mail: vhs @ lkos.de Homepage: www.vhs-regios.de

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Das Verständnis für globale Zusammenhänge, den Dialog zwischen Nord und Süd, sowie So-lidarität und Engagement für die Belange der „Einen Welt“ zu fördern, sind Ziele entwick-lungspolitischer Bildung in Volkshochschulen. War Globales Lernen hier bislang ein Thema vor allem der politischen Erwachsenenbildung, gilt es heute im Sinne einer „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ gerade junge Menschen dazu zu motivieren, Perspektiven für ein zukunftsfähiges Leben in globalen Kontexten zu entwickeln.

Volkshochschulen – als wichtige Orte außerschu-lischer Bildung auch für junge Menschen – sollen und können dazu wertvolle Beiträge leisten. Doch

wie gelingt es, Jugendliche für entwicklungspo-litische Themen zu interessieren? Und wo liegen hier Chancen und Grenzen der Volkshochschulen? Diese Fragen stand im Zentrum eines Vorhabens, das das Institut für Internationale Zusammenar-beit des DVV (IIZ/DVV) im Herbst 2004 initiierte. Gefördert vom Bundesministerium für wirtschaft-liche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bot dieses Vorhaben in den Jahren 2004 und 2005 etwa 30 Volkshochschulen die Möglichkeit, fächerüber-greifend innovative Projektideen zu realisieren und damit vielfältige Wege aufzuzeigen, junge Menschen als Zielgruppe entwicklungspolitischer Bildung für Volkshochschulen zu gewinnen.

Die Maßnahmen selbst umfassen eine breite Palette an Bildungsangeboten unterschiedlicher Formate, wie Einzelveranstaltungen und Kurse, Workshops und Seminare, Projekttage oder -wo-chen sowie Trainingsangebote und Einzelprojekte.

Globales Lernen ein Thema auch für die „junge“ VHS

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Entwicklungspolitische Bildung – ein Thema auch für die „junge“ VHS

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Adressaten und Teilnehmende der Veranstaltungen sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 6 bis 29 Jahren, d.h. Schüler und Schülerinnen allgemeinbildender Schulen (Grund- Haupt-, Real- und Gesamtschulen, Gymna-sien) aber auch Absolventinnen und Absolventen des zweiten Bildungsweges sowie Auszubildende bzw. Berufs- und Fachschülerinnen und -schüler. Dass es gelingt, ein solch breites Spektrum jugend-licher Zielgruppen zu erreichen, ist bemerkens-wert. Dass sich darunter vielfach auch Jugendliche finden, die sich abgesehen vielleicht von Kata-strophenszenarien, gewöhnlich nicht mit Fragen der Entwicklungspolitik oder der Globalisierung befassen, ist als besonderer Erfolg zu werten.

Ein wichtiger Schritt auf dem oft nicht einfachen Weg zu den Jugendlichen sind Kooperationen und Netzwerke. So arbeiten die beteiligen Volks-hochschulen in der Regel nicht nur mit Schulen

unterschiedlichen Typs zusammen, sondern auch mit einer Vielzahl an Einrichtungen oder Initiati-ven, die in der „Eine-Welt-Arbeit“ aktiv bzw. mit dieser eng verbunden sind, wie beispielsweise Eine-Welt-Läden, Vereine und Partnerschafts-initiativen oder auch Museen. Die Vernetzung von solch unterschiedlichen Akteuren des Glo-balen Lernens auf lokaler bzw. kommunaler Ebene ist als ein positiver Effekt des Projektes zu sehen und zugleich als eine wesentliche Hil-fe, wenn nicht gar Voraussetzung, um Kinder oder junge Frauen und Männer zu erreichen.

Die Inhalte der Angebote orientieren sich in erster Linie an den Interessen und Bedürfnissen der jewei-ligen Zielgruppe. Sie integrieren daher eine breite Vielfalt an entwicklungsbezogenen Themen. Zwei Themenfelder allerdings kommen bei Jugendlichen offenbar besonders gut an: zum einen sind dies Veranstaltungen, die sich mit Aspekten der Globa-

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lisierung, ihren aktuellen Ausprägungen (z.B. Pri-vatisierung) oder auch historischen Hintergründen (z.B. Kolonialismus), befassen. Besonders gefragt sind dabei Themen rund um den Fairen Handel. Am Beispiel konkreter Produkte, wie Kaffee oder Schokolade, Kleidung oder Verschuldung lassen sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Men-schen in den betreffenden Herkunfts- oder Pro-duktionsländern besonders anschaulich behandeln, Handelswege gut nachvollziehen sowie Vernetzung und Abhängigkeiten zwischen Entwicklungs- und Industrieländern „greifbar“ aufzeigen. Dabei fällt es relativ leicht, auch auf eigene Handlungsmög-lichkeiten einzugehen und Anregungen z.B. zu einem bewussteren Konsumverhalten zu geben*.Auf ebenfalls sehr positive Resonanz treffen Veranstaltungen, die sich mit den Lebenswelten Jugendlicher in ausgewählten Entwicklungslän-dern auseinander setzen. Der direkte Vergleich mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen, der Bedeutung von Familie und Freunden, der Schul- und Ausbildungssituation oder den Zukunftsper-spektiven, die junge Menschen hier in Deutsch-land und in Ländern wie Bolivien, Kambodscha oder Tansania haben, schafft Möglichkeiten der

* Siehe hierzu die Beiträge von Andreas Ebert et. al.: „Marken-klamotten, Kaffee, Schulden – oder: Wie erreicht man junge Erwachsene mit entwicklungspolitischen Themen?“ und von Getraud Gauer-Süß: Bitter-Süße-Schokolade – Der Weg des Kakao zur Schokolade, In: Entwicklungspolitische Bildung/Globales Lernen – Beispiele aus der Praxis (Globales Lernen in der Volkshochschule, Materialien 51), Bonn: IIZ / DVV 2005.

Identifikation und weckt Interesse. Die Kon-frontation mit der Situation Gleichaltriger in der sogenannten „Dritten Welt“ fördert nicht nur die Motivation, sich überhaupt mit entwick-lungspolitisch relevanten Fragen zu befassen, sondern auch das persönliche Engagement der jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Neben einer Vielzahl einzelner Themenfelder, wie beispielsweise Frieden und Konflikt, HIV/Aids oder der Vermittlung grundlegender entwick-lungspolitischer Kenntnisse konzentrieren sich einige der Volkshochschulen auf übergeordnete Aspekte des Globalen Lernens, wie die Vermitt-lung von Schlüsselkompetenzen. Hier geht es um die Förderung von Fähigkeiten im Umgang mit (jungen) Menschen aus Entwicklungsländern, um interkulturelle Schulungen zur Demokratie, Tole-ranz- und Menschenrechtserziehung oder um die eher künstlerisch orientierte Erarbeitung jugend-gerechter Zukunftsvisionen von der „Einen Welt“.

Was didaktisch-methodische Ansätze angeht, werden einerseits traditionelle Vermitt lungsformen wie Vorträge und Diavorführungen, moderierte Diskussions- und Filmveran staltungen angewandt. Vielfach allerdings stehen aktivierende und krea-tive Methoden im Vordergrund: Gruppenarbeit, Plan- und Rollenspiele, Simulationen und Mit-mach-Aktionen vor allem aber Tanz und Musik,

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eines Tages der Offenen Tür, einer Ausstellung, Radiosendung oder Bühnenpräsentation – ei-ner breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren.

Das zunächst als Pilotvorhaben gestartete Pro-gramm zeigt somit interessante Perspektive auf, Themen des „Globalen Lernens“ jugendgerecht zu gestalten und eröffnet Volkshochschulen zugleich neue Wege, jugendliche Zielgruppen zu erreichen. Die vielfältigen Projekte und Ideen, die im Rahmen des Vorhabens realisiert wurden oder auch entstanden, werden in einem der nächste Bände der vom IIZ herausgegebenen Reihe „Glo-bales Lernen in der VHS“, publiziert, um so noch weitere Volkshochschulen dazu anzuregen, sich auf das spannende und wichtige Feld entwick-lungspolitischer Jugendbildung zu begeben.

Eva KönigInstitut für Internationale Zusammenarbeit (IIZ) des DVVObere Wilhelmstr. 3253225 BonnTel.: 0228 97569-0 /-43Netz: www.iiz-dvv.deE-Mail: koenig @ iiz-dvv.de

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Phantasiereisen und Theater. Eine wichtige Rolle im Hinblick auf eine erfahrungsorientierte Ver-mittlung spielen Begegnungen mit Menschen aus Entwicklungsländern (z.B. als Vortragende, Teilneh-mende oder als Interviewpartnerin bzw. -partner), Berichte ehemaliger Entwicklungshelferinnen und -helfer sowie die Einbeziehung anderer Lernorte, wie beispielsweise Museen. Die Arbeit mit Medien, wie Internet oder Powerpoint, aber auch Radio, Foto und Video, ist expliziter Bestandteil zahl-reicher Bildungsangebote, als Methode (z.B. zu Recherche aber auch zu Dokumentationszwecken) aber auch als Ziel, wenn am Ende beispielsweise eine Ausstellung oder Radiosendung stehen.

Eine teilnehmerorientierte und attraktive Ge-staltung, eine ausgewogene Kombination von Informations- und Eventelementen und vor allem aktions- und künstlerisch orientierte Ansätze tragen – so zeigen die bisherigen Rückmeldungen – erfolgreich dazu bei, jungen Menschen ent-wicklungspolitische Inhalte im Sinne des Globalen Lernens näher zu bringen. Gleiches gilt für inter-kulturelle Kontakte und authentische Berichte; sie erhöhen die Aufmerksamkeit, lassen Jugend-liche interessierter und konzentrierter zuhören, schaffen emotionale Zugänge und befördern Empathie und die Bereitschaft für individuelles Engagement. Motivationsfördernd wirkt offen-bar auch die Perspektive, Ergebnisse der eigenen Arbeit abschließend – im Rahmen zum Beispiel

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Anhang

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Der Deutsche Volkshochschul-Verband

Der Deutsche Volkshochschul-Verband e.V. (DVV) wurde am 17. Juni 1953 in Berlin gegrün-det. Im DVV sind die 16 Volkshochschul-Landes-verbände mit insgesamt 987 Volkshochschulen und rund 3.372 Volkshochschul-Außenstellen zusammengeschlossen. Die Volkshochschul-Lan-desverbände der fünf neuen Bundesländer tra-ten dem Dachverband am 22. April 1991 bei.

Zweck des Verbandes ist es, die Bildungsar-beit in den Volkshochschulen zu fördern und die dafür notwendige Interessenvertretung auf nationaler, europäischer und internatio-naler Ebene wahrzunehmen. Der Verband er-füllt diese Aufgaben insbesondere durch

• die Förderung der Zusammenarbeit und des Erfahrungsaustausches der Mitglieder,

• die Entwicklung von Grundsätzen und • Leitlinien für die Volkshochschularbeit,• die Information der Öffentlichkeit über Auf-

gaben und Leistungen der Volkshochschulen,• die Förderung der Qualität der erwachsenen-

pädagogischen Arbeit,• die Planung und Durchführung von Veranstal-

tungen,• die Förderung des globalen Lernens und der

internationalen Zusammenarbeit.

Dass die Notwendigkeit zur Weiterbildung stärker in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses rücken und auch eine bessere Förderung statt-finden muss, betont der DVV in seiner Resolution „Deutschland braucht eine Weiterbildungsoffen-sive – die Volkshochschulen sind bereit“, die 2005 von der Mitgliederversammlung verabschiedet wurde. Darin weist der DVV u.a. auf die prekä-ren Entwicklungen in der Politik hin und fordert ein Sonderprogramm zur besseren Förderung der Weiterbildung, das auch die Durchführung einer Kampagne zur Verbesserung der Weiterbil-dungsmotivation beinhalten soll. (Die Resolution des DVV ist unter folgender Adresse verfügbar: www.vhs-dvv.server.de/servlet/is/24746/)

„Die 1.000 deutschen Volkshochschulen, ihre Landesverbände und der Deutsche Volkshoch-schul-Verband fordern Bund und Länder nach-drücklich auf, endlich politische Prioritäten für das Lebenslange Lernen und die Weiterbildung zu setzen und eine Weiterbildungsoffensive zu starten, in deren Mittelpunkt das Sonderpro-gramm zur Förderung der Weiterbildung steht. Der Deutsche Volkshochschul-Verband und die Volkshochschul-Landesverbände verstehen sich

Wir über unsals engagierte Partner des Bundes und der Länder bei der Umsetzung einer Weiterbildungsoffen-sive, die den Menschen und ihrer Teilhabe am politischen, kulturellen und beruflichen Leben und damit der Verwirklichung von Chancengleich-heit ebenso dient wie der Zukunftssicherung des Wirtschaftsstandorts Bundesrepublik Deutsch-land.“ (Resolution des DVV, in: dis.kurs 3 / 05, S. 9.)

Der DVV realisiert in Zusammenarbeit mit na-tionalen und internationalen Partnern Projekte zu didaktischen und weiterbildungspolitischen Fragen, etwa zur Integration und Migration, zur Ökologie und ländlichen Entwicklung, zur Ge-schlechtergerechtigkeit, zum interkulturellen und globalen Lernen. Er veröffentlicht Stellung-nahmen, Materialien, Berichte; vierteljährlich gibt er dis.kurs, das Magazin des DVV, heraus.

Aus der Tradition internationaler Fachkontak-te der Volkshochschulen ist das Institut für Internationale Zusammenarbeit des Deutsche Volkshochschul-Verbandes (IIZ/DVV) erwachsen, das heute weltweit Projekte der Entwicklungszu-sammenarbeit im Feld der Erwachsenenbildung durchführt. Seit rund 30 Jahren kooperiert es mit staatlichen, zivilgesellschaftlichen und universi-tären Partnerorganisationen der Erwachsenen-bildung in fast allen Teilen der Welt. In den Ent-wicklungs- und Transformationsländern Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und Europas bemüht es sich um die Etablierung und Stärkung einer Er-wachsenenbildung, die die Situation der jewei-ligen Partnerländer aufgreift, sich an fachlichen Kriterien orientiert und im Interesse der ärmsten Teile der Bevölkerung agiert. Mit Industrieländern pflegt es den Fachaustausch und zunehmend die Projektkooperation. Gemeinsam mit den regional und global wirkenden Fachverbänden der Erwach-senenbildung beteiligt es sich an der international notwendigen Informations- und Lobbyarbeit.

Die Leitlinien der Arbeit betonen

• die orientierende und qualifizierende Funk-tion der Erwachsenenbildung als Bestandteil des lebenslangen Lernens,

• ihre emanzipatorische Bedeutung für die ge-sellschaftliche und individuelle Entwicklung,

• die historische Bedingtheit und kulturelle Prägung ihrer Ziele, Inhalte, Formen und Methoden,

• die letztlich moralisch begründete Solidarität mit den Entwicklungsbestrebungen der Men-schen in den Partnerländern,

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• die fachliche Qualität der Zielsetzung, die in einer partnerschaftlichen und kooperativen Zusammenarbeit anzustreben ist.

Diese Zielsetzungen haben sich in den letzten Jahrzehnten entsprechend den aktuellen Gege-benheiten verändert: War die Unterstützung der Erwachsenenbildung in den 60er Jahren noch ein Teil der Bildungshilfe, die im Rahmen der Entkolo-nialisierungsbestrebungen geleistet wurde, trat in den 70er und 80er Jahren vermehrt das Interesse an internationalem Erfahrungsaustausch in den Vordergrund. In den 90er Jahren stellten sich durch die Veränderungen in Mittel-, Ost- und Südosteur-opa und durch den europäischen Einigungsprozess neue Aufgaben und Herausforderungen. Gerade in den 90er Jahren hat sich die Erwachsenenbil-dung verstärkt zu einem Instrument entwickelt, das neben der Vermittlung allgemeiner, kulturel-ler und beruflicher Bildungsinhalte immer häufi-ger auch beim Auf- und Ausbau demokratischer Strukturen zum Tragen kommt. Eine wichtige Rolle kann sie da spielen, wo es darum geht, Menschen dazu zu befähigen, stärker am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben von der loka-len bis zur internationalen Ebene teilzuhaben.

Inhaltliche Schwerpunkte setzt das IIZ in sei-nem Engagement in der Grund-, Umwelt- und Demokratiebildung. Dabei zielt es besonders auf Armutsbekämpfung, Frauenförderung und Selbsthilfestärkung. Die Arbeits- und Be-rufsorientierung des Bildungsansatzes strebt Einkommensverbesserungen benachteiligter Bevölkerungsgruppen an, richtet sich auf die Integration der Menschen in Arbeitsprozesse und stärkt die Organisation in Kooperativen.

Das IIZ/DVV beschäftigt Personal in der Bonner Zentrale und als entsandte Projektleiter/-innen im Ausland, etwa 60 einheimische Kolleginnen und Kollegen wirken in den Projektbüros mit. Das IIZ hat seinen Sitz in der Geschäftsstelle des DVV in Bonn, Leiter ist Prof. (H) Dr. Heribert Hinzen. Tel.: 0228 97569-0Fax : 0228 97569-55 E-Mail: iiz-dvv @ iiz-dvv.de Netz: www. iiz-dvv.de.

Der DVV ist Mitglied im Deutschen Institut für Er-wachsenenbildung e.V. (DIE) in Bonn, der früheren, vom DVV gegründeten Pädagogischen Arbeitsstelle des Volkshochschul-Verbandes (s.u.). Er ist Mehr-heits-Gesellschafter des ebenfalls vom DVV gegrün-deten Adolf Grimme Instituts – Gesellschaft für Me-dien, Bildung und Kultur mbH mit Sitz in Marl (s.u.) und alleiniger Gesellschafter der WBT – Weiterbil-dungs-Testsysteme GmbH, der früheren Prüfungs-

zentrale des DVV mit Sitz in Frankfurt am Main.Eine spezielle Einrichtung zur politischen Jugend- und Erwachsenenbildung im Volkshochschulbereich ist der Bundesarbeitskreis ARBEIT UND LEBEN, der vom Deutschen Gewerkschaftsbund und dem DVV gemeinsam getragen wird. Mit Landesorga-nisationen in den Bundesländern, ca. 400 Kreis- und örtlichen Arbeitsgemeinschaften sowie dem Bundesarbeitskreis als gemeinsamem Dach ist ARBEIT UND LEBEN bundesweit präsent (s.u.).

Präsidentin des DVV: Prof. Dr. Rita Süssmuth; Vorsitzender: OB Ernst Küchler; Stellvertretende Vorsitzende: Harald Rentsch und Annemarie Rufer; Verbandsdirektor: Ulrich Aengenvoort. Die Bundesgeschäftsstelle hat ihren Sitz in Bonn (mit einer Außenstelle in Berlin):Obere Wilhelmstr. 32 53225 Bonn Tel.: 0228 9756920 Fax : 0228 9756930 E-Mail: info @ dvv-vhs.de Netz: www.dvv-vhs.de.

Berliner Büro: DVV-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit In den Ministergärten 4 10117 Berlin.

Die Adressen der deutschen Volkshochschulen, der Landesverbände sowie der Partnerinstitutio-nen finden sich im Netz unter: www.meine-vhs.de

Programm Politische Jugendbildung

Der DVV ist Zentralstelle im Rahmen des Kinder- und Jugendplans des Bundes (KJP), des wichtigsten Förderinstruments für die außerschulische (poli-tische) Jugendbildung, das in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) fällt. Aufgabe der Zentralstelle ist die Koordination und Verwal-tung der an den Volkshochschulen durchgeführ-ten politischen Jugendbildung, die aus dem KJP gefördert wird. In der Zentral stelle gibt es zwei Referentenstellen für politische Jugendbildung in Volkshochschulen. Sie sind für die Initiierung, inhaltliche Planung, Koordinierung und zen-trale Steuerung des Programms politische Ju-gendbildung im DVV zuständig. Und gestalten diese Aufgabe mit dem Ziel einer verstärkten Kommunikation und Vernetzung der Volkshoch-schulen untereinander und der Förderung der Infrastruktur für die politische Jugendbildung.

Der DVV verfügt über interne Informations- und Gremienstrukturen, die einen stabilen Rahmen für die Verständigung über Ziele und Profile der po-litischen Jugendbildung abgeben. Im Arbeitskreis

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politische Bildung tauschen sich die Landesreferen-tinnen und -referenten aus und geben die Ergeb-nisse ihrer Beratungen zu Konzepten, Zielen oder Programmen politischer Bildung als Multiplikato-rinnen und Multiplikatoren in die Volkshochschulen ihrer Länder weiter.Die Zentralstellenreferenten vermitteln den vor Ort verantwortlichen pädago-gischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch vorhandene Vernetzungsstrukturen sowie durch regelmäßige Arbeitstagungen aktuelle Schwer-punkte und führen einen Konsens über Inhalte und Ziele herbei. Darüber hinaus haben sie die Aufga-be, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Volkshochschulen, die die jeweiligen Maßnahmen durchführen, entsprechende Kommunikations- und Vernetzungsstrukturen auf der Kommuni-kationsplattform der Geschäftsstelle zu intensi-vieren, um den Fachaustausch zu verstetigen.

Die Zentralstellenreferenten sind im Kontakt mit benachbarten Arbeitsfeldern und allgemeinen Aufgabenstellungen der Weiterbildung (z.B. E-Learning, Integrationsprojekt für Aussiedlerinnen und Aussiedler), mit dem Institut für Internationale Zusammenarbeit (IIZ/DVV), das als Reflex interna-tionaler Aufgaben einen besonderen Schwerpunkt auf entwicklungspolitisches und interkulturelles Lernen legt sowie mit dem Adolf Grimme Institut, einem wichtigen Partner im Bereich Medienpäd-agogik und -polititk. Ein wichtiges Arbeitsfeld sind ferner Entwicklung und Erprobung neuer Konzepte für die politische Jugendbildung. Diese Maßnahmen werden in enger Anlehnung an die Themenschwerpunkte des KJP geplant und im Rah-men eines Qualitätssicherungssystems evaluiert, dass sich der Erarbeitung von Qualitätsstandards und dem Ausbau vorhandener Systeme widmet.

An vielen Volkshochschulen wurde die „junge vhs“ als eigener Fachbereich oder eigenständige Abtei-lung aufgebaut. In diesem Fachbereich sollen die Angebote im Feld der politischen Jugendbildung angesichts zunehmender rechtsextremer oder destruktiver Tendenzen, angesichts von Politikver-drossenheit oder -verweigerung bei Jugendlichen weiter ausgebaut werden. Neben der Steuerung des KJP-Programms hat die Zentralstelle die Aufga-be, die Reflexion der bundesweit durchgeführten Maßnahmen zu intensivieren. Dazu gehört die Auswertung der Erfahrungen und die Reflexion von Einzelergebnissen hin zu verallgemeinerbaren Erkenntnissen, die eine Weiterentwicklung der

Jugendhilfe anregen und innovative Konzepte her-vorbringen können. Es werden regelmäßige Hospi-tationen der Veranstaltungen vor Ort durchgeführt und die Reflexion der pädagogischen Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern in gemeinsamen Arbeits-tagungen koordiniert. Ergebnisse der Beratungen wiederum werden allen Beteiligten durch gemein-same Planungstagungen zur Verfügung gestellt.In Kooperation mit den Landesverbänden der Volkshochschulen entwickelt die Zentralstelle langfristig zertifizierte Fortbildungsreihen, die den VHS-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch den Mitarbeitenden anderer Träger eine Darstellung ihrer erworbenen Qualifikationen ermöglichen und im Sinne einer zunehmenden Pro-fessionalisierung positiv auf die Programmqualität und Methodenkompetenz der politischen Jugend-bildung wirken. Zur interkulturellen Kompetenz wird ein Lehrgangssystem angeboten (Xpert-CCS), das durch den Europäischen Sozialfonds gefördert und in Zusammenarbeit mit dem Institut für In-terkulturelle Kompetenz der Universität München entwickelt wurde. Xpert-CCS bietet mit seinem modularen Aufbau und durch seine zertifizierten Trainerinnen und Trainer den Mitarbeitenden in der politischen Jugendbildung in Volkshochschu-len die Möglichkeit, interkulturelle Kompetenzen zu erwerben und einen zertifizierten Abschluss in dieser Schlüsselqualifikation zu erweben.

Die Zentralstellenreferenten betreuen die Auf-gaben der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, und zwar in Abstimmung mit dem Informations- und Publikationsreferat im Institut für Internationale Zusammenarbeit (IIZ/DVV) und dem Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des DVV. Zu den wichti-gen Aufgaben der Zentralstellenreferenten gehört es zudem, sich über die Mitwirkung in der Gemein-samen Initiative der Träger Politischer Jugendbil-dung GEMINI (s.u.) und der programmspezifischen Arbeitsgruppe des Jugendministeriums (BMFSFJ) am Erfahrungsaustausch wie dem Ergebnistransfer in den politischen Raum hinein zu beteiligen und den Austausch mit dem Ministerium zu vertiefen.

Kontakt zur Zentralstelle über:Sascha RexDeutscher Volkshochschul-Verband e.V.Obere Wilhelmstr. 3253225 BonnTel.: 0228 97569-84E-Mail: rex @ dvv-vhs.de

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Bundesausschuss Politische Bil dung

Der Bundesausschuss Politische Bil dung (bap) ist eine Arbeitsgemeinschaft, in der rund 30 selbstständige und eigenver antwortliche Träger politischer Jugend- und Erwachsenenbildung bun desweit kooperieren, darunter der DVV, die Zusammenschlüsse der konfessionellen oder gewerkschaftlichen Bildung, die Jugendverbands-arbeit oder die parteinahen Stiftungen. Der Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV) ist seit Beginn Mitglied in dem überregionalen Gremium.

Der Bundesausschuss (vormals: Ar beitsausschuss) wurde 1966 von bundeszentralen Trägern und Verbänden gegründet. An den Plenarversammlun-gen des Ausschusses nehmen neben den stimmberech tigten Mitglie dern auch Vertreter und Vertreterin nen der mit außerschulischer politischer Bil dung befassten Bundes behörden (Bildungs-ministerium, Jugendministerium etc.) beratend teil. Sein Selbstverständnis hat der bap in der Er klärung „Außerschulische Poli tische Bildung ist ein konstituti ves Element demokrati scher poli-tischer Kultur“ vom November 1997 for muliert. Gemeinsames Ziel der unterschiedlich orientier-ten Or ganisationen im Bun desausschuss ist es,

• sich für die Entwicklung und Ver besserung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung durch Erfahrungsaustausch und

• Kooperation zu engagieren,• die Einsicht in die Bedeutung die ses

Bildungsbe reichs und die Not wendigkeit sei-ner öffentlichen Förderung zu verbreiten und durch zusetzen.

Ausgangspunkt ist dabei die Erkenntnis, dass eine demokratische politische Kultur auf die Bereit-schaft möglichst vieler angewiesen ist, sich an der Be arbeitung gesellschaftlicher Probleme zu beteili-gen. Voraussetzung dafür seien vielge staltige Foren des gesell schaftlichen Dialogs, wie sie die außer-schulische Bildung anbietet. Der Bundesausschuss hat in seiner Grundsatzerklärung betont, dass die Förderung der politischen Bildung außerhalb der Schule eine unverzichtbare öffentliche Aufgabe ist. Daher müsse die institutionelle Grundsicherung einer Vielfalt von Trägern erreicht werden – eine Aufgabe, die auf längere Frist eine ange messene personelle Ausstattung sowie die für Veranstaltun-

gen und In novationen notwendigen Finanzmittel zu gewährleisten hat. Der bap hat keine haupt-amtliche Struktur, sondern wird durch das Enga-gement seiner Mitglieder getragen. Von seinen Aktivitäten sind vor allem drei Dinge zu nennen:

Interessenvertretung. Der bap setzt sich im politi-schen Raum dafür ein, dass die Notwendigkeit po-litischer Bildung Berücksichtigung findet, und zwar in der Fachöffentlichkeit (z.B. Mitwirkung bei der Evaluation der politischen Erwachsenenbildung) und im öffentlichen Diskurs (z.B. in Form Parla-mentarischer Abende). Die schwierige förderungs-politische Lage der außerschulischen Bildung hat er zuletzt in seiner Erklärung „Erhöhung verspro-chen – Kürzung beschlossen?“ (PPB 1 / 05) deutlich gemacht. Der bap ist auch am Runden Tisch, dem Kooperationsgremium von Bundeszentrale für politische Bildung und Trägerszene, beteiligt.

Veranstaltungen. Der Bundesausschuss bietet, vornehmlich für die Mitarbeiter und Mitarbeite-rinnen seiner Mitgliedsinstitutionen, Fortbildungs-veranstaltungen an, wo bei die konkrete Durch-führung von einzelnen Bildungs einrichtungen übernommen wird. So wird seit den letzten Jahren regelmäßig eine Sommerschule zur politischen Bildung angeboten. Darüber hinaus beteiligt sich der bap an Konferenzen und Kongressen, zuletzt an der Großveranstaltung „Abenteuer Bildung“ im November 2004, oder an Kampa-gnen wie den Aktionstagen zur politischen Bil-dung, die inzwischen regelmäßig stattfinden.

Veröffentlichungen. Der Bundesausschuss gibt die Zeitschrift Pra xis Politi sche Bildung (PPB) heraus, die sich als Forum für die außerschulische politische Bildung versteht. Die Vierteljahres-zeitschrift erscheint seit 1997, die Grundsatzer-klärung des bap ist in PPB 2 / 98 abgedruckt. Der Bundesausschuss, seine Mitglieder oder von ihm Beauftragte haben an verschie denen Publika-tionen mitgewirkt, die sich mit pädagogischen, organisatorischen oder bildungspolitischen Fragen der außer schulischen Arbeit auseinan-dersetzen. Der bap hat darüber hinaus Arbeits-hilfen zum Marketing oder zur Förderung der politischen Bildung in Europa herausgegeben.

Kooperationen in der politischen Bildung

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Aufgaben und Tätigkeiten des Bundesausschus-ses sind in der Satzung (Stand: April 2000) de-finiert. Der Ausschuss wählt aus sei ner Mitte einen Vorstand, der aus drei Perso nen besteht. Vorsitzender ist zur Zeit Theo W. Länge (Bundes-arbeitskreis ARBEIT UND LEBEN). Seine beiden Stellvertreter sind Dr. Wolfgang Beer ( Evangelische Akade mien in Deutschland) und Dr. Werner Blumenthal (Konrad-Adenauer-Stif tung).

Der Bundesausschuss tritt mindestens zwei mal jährlich zu Mitgliederver sammlungen zu sammen und beschließt – außer in Verfah rensfragen–einstim mig. Er bildet Fachaus schüsse oder Projekt-gruppen und erteilt Ar beitsaufträge an einzelne Organisa tionen oder Perso nen. Im Rahmen des bap ist auch die Gemeinsame Initiative (GEMINI) der Träger politischer Jugendbildung angesiedelt, in der der DVV ebenfalls mitarbeitet. Der Bundesaus-schuss beauf tragt eine Mitglieds organisation mit der Wahrneh mung der Geschäftsfüh rung. Geschäftsfüh rerin ist zur Zeit Mechthild Merfeld (Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten – AdB).

Kontaktadresse und Geschäftsführung: Bundesausschuss Politische Bil dung, AdB Mühlendamm 3 10178 Berlin Tel.: 030 40040100 Fax : 030 40040122 E-Mail: geschaeftsstelle @ adbildungsstaetten.de.

Die Homepage des bap ist erreichbar un-

ter: www.bap-politischebildung.de

Die Gemeinsame Initiative der Träger politischer Jugendbildung, kurz GEMINI, ist ein Zusammen-schluss im Rahmen des bap (siehe oben). Der GEMINI gehören folgende Trägerverbände an: Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungs-werke in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (AKSB), Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e.V. (AdB), Bundesarbeitskreis ARBEIT UND LE-BEN (AL), Deutscher Volkshochschul-Verband (DVV), Evangelische Trägergruppe für gesell-schaftspolitische Jugendbildung, Verband Länd-licher Heimvolkshochschulen Deutschlands.

Die in der GEMINI kooperierenden Träger se-hen es als gemeinsame Herausforderung an, das Interesse von Kindern und Jugendlichen an der Mitgestaltung ihrer eigenen Lebenswelt und des Gemeinwesens zu wecken und ihre Partizi-pationsfähigkeiten zu fördern. Die Initiative

• versteht sich als Netzwerk eigenständiger, unabhängiger und freier Träger politischer Jugendbildung;

• vertritt die Anliegen politischer Jugendbil-dung gegenüber politisch Verantwortlichen, Ministerien und weiteren Förderern;

• organisiert fachliche Diskurse über aktuelle Herausforderungen und Perspektiven der Arbeit;

• beschäftigt sich mit der Entwicklung von Qua-litätsstandards;

• führt überregionale Veranstaltungen durch, um das Profil der politischen Jugendbildung in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen;

• wirkt in bundesweiten Arbeitszusammen- hängen mit.

Im Rahmen von GEMINI wird auch das Verbundpro-jekt „Politik & Partizipation in der Ganztagsschule“ realisiert, an dem sich mehrere Volkshochschulen beteiligen. Das Projekt trägt aktuellen bildungs-politischen Erfordernissen Rechnung, da in den einschlägigen Debatten immer wieder Kompeten-zen für Kinder und Jugendliche gefordert werden, damit diese über die Voraussetzungen zur Gestal-tung ihres persönlichen Lebens und zum Gelingen einer demokratischen Gesellschaft verfügen. Alle Bundesländer setzen dafür mittlerweile auf Einrich-tung und Ausbau von gebundenen und offenen Ganztagsschulen in Kooperation mit außerschuli-schen Partnern. Den neuen Bildungsanforderungen in der Ganztagsschule soll durch das kontinuierliche Zusammenwirken von Schule und Jugendarbeit, d.h. durch gemeinsame Bildungskonzeptionen, be-gegnet werden. Anders als bei bisherigen Koopera-tionsprojekten ist diese Zusammenarbeit auf Dauer gestellt und unterliegt neuen konzeptionellen, inhaltlichen sowie organisatorischen, z.B. räumli-chen, rechtlichen oder finanziellen Bedingungen.

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Gemeinsame Initiative der Träger politischer Jugendbildung

Projekt: Politik & Partizipation in der Ganztagsschule

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Die Forderung an die außerschulische Jugend-bildung, das Zusammenwirken mit Schule im Ganztagsbetrieb anzustreben, betrifft die Träger politischer Bildung in besonderer Weise. Es ergibt sich die Notwendigkeit, Prinzipien der eigenen Arbeit wie Freiwilligkeit, Partizipation, politische Leitbilder und außerschulische Formate innerhalb eines schulisch geprägten Konzepts umzusetzen. Das Modellprojekt „Politik & Partizipation in der Ganztagsschule“ will dazu Chancen aufzeigen, Hilfestellungen geben und Träger der außerschu-lischen Bildung wie auch Schulen motivieren und befähigen, Ganztagsprojekte der politischen Ju-gendbildung anzugehen. Gleichzeitig sollen für die Diskussionen auf politischer Ebene Erkenntnisse und Argumente gesammelt werden, unter welchen Bedingungen und mit welchem Ertrag politische Jugendbildung einen wichti-gen Beitrag zur Bildungsreform liefern kann.

An zwölf Projektstandorten (darunter Volkshoch-schulen in Berlin, Norden, Nordhorn, Kaiserslau-tern) werden deshalb nicht nur Modellkonzepte entwickelt und erprobt, sondern vor allem Quali-tätskriterien und Rahmenbedingungen für die Ko-operation erarbeitet. Schwerpunkte bilden die The-menbereiche „Demokratiebefähigung, Förderung von Partizipationsfähigkeit, Förderung von Kon-fliktlösungskompetenzen“. Das Projekt „P&P“ ko-operiert auf Bundesebene mit anderen Modellvor-haben zum Thema „neue Ganztagsschule“, um von deren Erfahrungen und Ergebnissen zu profitieren, eigene zu verbreiten und in die bundesweite Praxis und die Ganztagsschuldiskussion einzuspeisen.

„Politik & Partizipation in der Ganztagsschule“ (Dezember 2004 – Dezember 2006) ist ein Verbundprojekt von GEMINI unter Federfüh-rung des Bundesarbeitskreises ARBEIT UND LEBEN und wird gefördert von der Stiftung Deutsche Jugendmarke. Infos zum Fortgang des Projekts sowie aktuelle und Hintergrundinfor-mationen bietet die Projekthomepage: www.politikundpartizipation.de. Auskunft gibt auch das bundesweite Projektbüro: Dr. Helle Becker, E-Mail: info @ politikundpartizipation.de.

Kontaktadresse und Geschäftsführung der GEMINI: wie Bundesausschuss bap. Informatio-nen zu GEMINI finden sich auf der Homepage des bap: www.bap-politischebildung.de.

Bundesarbeitskreis ARBEIT UND LEBEN

Der Bundesarbeitskreis ARBEIT UND LEBEN e.V. ist eine Einrichtung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung. Träger sind der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Deutsche Volkshoch-schul-Verband. Durch die Gründung brachten beide Partner ihren Willen zum Ausdruck, mit einer auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer bezogenen Weiterbildung deren Stellung in Gesellschaft und Beruf zu verbessern und den demokratischen Neubeginn in Deutschland zu unterstützen. Mit Landesorganisationen in den Bundesländern und ca. 150 lokalen und regiona-len Einrichtungen sowie dem Bundesarbeitskreis als gemeinsamem Dach ist ARBEIT UND LEBEN (AuL) bundesweit präsent und erreicht jähr-lich ca. 300.000 Jugendliche und Erwachsene.

Der Bundesarbeitskreis nimmt die weiterbildungs-politischen Interessen von ARBEIT UND LEBEN auf der Bundesebene wahr, ist im Interesse sei-ner Mitglieder förderungspolitisch tätig und gibt fachliche Impulse durch bundesweite innovative Projekte. So versucht er dazu beizutragen, dass sich Arbeits- und Lebenswelt der Menschen nach den Prämissen von sozialer Gerechtigkeit, Chancen-gleichheit und Solidarität mit dem Ziel einer de-mokratischen Kultur der Partizipation entwickeln. AuL will mit Bildungsangeboten Möglichkeiten schaffen, Menschen Wissen zu vermitteln und Ur-teilsbildung zu fördern, und zur gesellschaftlichen Mitwirkung anregen. Methodisch-didaktischer Ansatzpunkt der Bildungsarbeit sind die Interes-sen, die Alltags- und Lebenswelt der Menschen. ARBEIT UND LEBEN organisiert und begleitet Lernprozesse in Workshops, Seminaren, interna-tionalen Begegnungen, lokalen Initiativen und Projekten. Dabei werden weitere Formate und Themen in Absprache mit Gruppen und Koopera-tionspartnern entwickelt und die Praxis in einem ständigen Bearbeitungs- und Verbesserungsprozess nach den Maßstäben eines weiterbildungsgerech-ten Qualitätsmanagements qualifiziert. Gender-Mainstreaming ist für die Bildungsorganisation Auftrag in Planung und Durchführung, Gestal-tung von Arbeitsabläufen, Organisations- und Personalentwicklung. AL setzt sich ein für den Bestand und die Weiterentwicklung der politi-schen Bildung auf Bundes-, Landes- und kommu-

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naler Ebene und engagiert sich dafür, dass alle Menschen an Weiterbildung teilhaben können. Dazu gehört auch das Recht auf Bildungsurlaub für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Bundesarbeitskreis ARBEIT UND LEBEN e.V. Robertstraße 5a 42107 Wuppertal Tel.: 0202 974040 Fax : 0202 9740420 E-Mail: info @ arbeitundleben.de

Netz: www.arbeitundleben.de

Adolf Grimme Institut

Das Adolf Grimme Institut in Marl zählt zu den renommierten Forschungs- und Dienstleistungs-einrichtungen in Europa, die sich mit Fragen der Medienpolitik und Kommunikationskultur befassen und die die Belange der außerschulischen Bildung im Blick haben. Das Institut versteht sich als Fo-rum für die kommunikationspolitische Debatte und leistet medientheoretische und medienprak-tische Bildungsarbeit. Seine Aufgaben liegen in der Beobachtung, Analyse und Bewertung von Medienangeboten und -entwicklungen – vom Fernsehen über den Hörfunk bis zu Multime-dia – sowie im Kompetenz- und Wissenstransfer zwischen den gesellschaftlichen Gruppen. Das Adolf Grimme Institut hat die Rechtsform ei-ner gemeinnützigen GmbH, Gesellschafter ist u.a. der Deutsche Volkshochschul-Verband.

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a) Nachschlagewerke, Sammelbände

ARBEIT UND LEBEN DGB/VHS Landesarbeitsgemeinschaft NW (Hg.)Die Rückkehr der sozialen Frage – Zur Aktualität politi-scher BildungSchwalbach/Ts. 1998.

Helle BeckerBildung in der Europäischen Union – Handbuch zu Pro-jektplanung und -finanzierungWeinheim und München 2001.

Gotthard Breit/Siegfried Schiele (Hg.)Demokratie braucht politische BildungSchwalbach/Ts. 2004.

Benno Hafeneger (Hg.)Handbuch politische JugendbildungSchwalbach/Ts. 1997.

Klaus-Peter Hufer/Kerstin Pohl/Imke Scheurich (Hg.)Positionen der politischen Bildung 2 – Ein Inter-viewbuch zur außerschulischen Jugend- und Erwachse-nenbildungSchwalbach/Ts. 2004.

Kinder- und Jugendhilfe – Verbände und Institutionen in der Bundesrepublik Deutschland. Heraus-gegeben vom Internationalen Jugendaustusch- und Besu-cherdienst der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 1994.

Peter Krug/Ekkehard Nuissl (Hg.)Praxishandbuch WeiterbildungsRecht – Fachwissen und Rechtsquellen für das Management von BildungseinrichtungenMünchen/Unterschleißheim 2004.

Lexikon der politischen Bildung, hg. von Georg Weißeno. Band 2: Klaus-Peter Hufer (Hg.), Außerschulische Jugend- und Erwachsenenbildung. Schwalbach/Ts 1999.

Jochen Leyhe (Hg.)Europas Zukunft – Unsere Aufgabe. Aktionen, Stand-punkte, Materialien.Institut für Internationale Zusammenarbeit des Deut-schen Volkshochschul-Verbandes (IIZ/DVV). Bonn 2005.

Peter Massing/Klaus-Bernhard Roy (Hg.), Politik – Politische Bildung – Demokratie. Schwalbach/Ts. 2005.

Barbara Menke/Manfred Jastrzemski/Klaus Waldmann/Peter Wirtz (Hg.)Ermutigung zur Zivilcourage – Beiträge der politischen Bildung zu einer Kultur der Anerkennung und Vielfalt.Schwalbach/Ts. 2003.Wolfgang Sander (Hg.)Handbuch politische Bildung.3., völlig überarbeitete AuflageSchwalbach/Ts. 2005.

Benedikt Sturzenhecker/Werner Lindner (Hg.)Bildung in der Kinder- und Jugendarbeit – Vom Bildungs-anspruch zur Bildungspraxis.Weinheim und München 2004.

Udo VorholtInstitutionen politischer Bildung in Deutschland – Eine systematisierende Übersicht.Frankfurt/M. u.a. 2003.

Klaus AhlheimVermessene Bildung? Wirkungsforschung in der politi-schen Erwachsenenbildung.Schwalbach/Ts. 2003.

Wolfgang BeerPolitische Bildung im Epochenwechsel – Grundlagen und Perspektiven.Weinheim und München 1998.

Bildung, Betreuung und Erziehung vor und neben der Schule – 12. Kinder- und Jugendbericht. Hg. vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin 2005.

Demokratie stärken – Zukunft denken. Aus der Praxis der politischen Erwachsenenbildung in Nordrhein-Westfalen.Hg. vom Gesprächskreis für Landesorganisationen der Weiterbildung NRW. Dortmund 2005. Kontakt zum Ge-sprächskreis: Landesverband der Volkshochschulen von NRW, Heiliger Weg 7-9, 44135 Dortmund.

Deutscher Volkshochschul-Verband (Hg.)Geschichte – Geschichten – Gesichter. Ein halbes Jahrhun-dert Deutscher Volkshochschul-Verband e.V.Bonn 2003.

Klaus-Peter HuferArgumentationstraining gegen Stammtischparolen – Materialien und Anleitungen für Bildungsarbeit und Selbstlernen.Schwalbach/Ts. 2000.

Literaturauswahl zur politischen Jugendbildung an Volkshochschulen

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Monographien, Broschüren, Dokumentationen

b)

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Jugend und politische Bildung. ThemenschwerpunktDas Parlament, Nr. 44, 31. Oktober 2005.

Karsten RudolfBericht politische Bildung 2002 – Was wollen die Bürger? Eine Marktanalyse zur außerschulischen politischen Bil-dung in Deutschland.Büdingen 2002.Karsten Rudolf/Melanie Zeller-RudolfPolitische Bildung – gefragte Dienstleisterin für Bürger und Unternehmen.Bielefeld 2004.

Achim Schröder/Nadine Balzter/Tommy SchroedterPolitische Jugendbildung auf dem Prüfstand.Weinheim 2004.

Klaus SeitzBildung in der Weltgesellschaft – Gesellschaftstheoreti-sche Grundlagen Globalen Lernens.Frankfurt/M. 2002.

„Wir haben Glück gehabt. Sonst wären wir nicht mehr da.“ Juden aus dem Saarland erzählen. Text und Kom-mentar zur Videodokumentation von Hans Horch.(Dialog Nr. 9, hg. von der Stiftung Demokratie Saarland) Saarbrücken 2002.

Heino ApelZur Geschichte der „Bildung für nachhaltige Entwick-lung“ – Entwicklungspolitische Wurzeln und umweltpoli-tische Blütein: DIE – Zeitschrift für Erwachsenenbildung, 4 / 05.

Susanne BenzlerInterkulturelle Bildungsarbeit mit Haupt- und Berufsschü-ler/innen – Differenz ohne Festlegung anerkennenin: Jugendstile, 3 / 05.

Lothar Böhnisch/Karsten FritzEin Bericht für die Politische Bildung – Anregungen und verarbeitete Anmerkungen zum Abschlussbericht „Eva-luation der Politischen Bildung“in: Außerschulische Bildung, 2 / 05.

Paul Ciupke„Selten war es still im Haus“ – Zur Kulturgeschichte der Heimvolkshochschulenin: Außerschulische Bildung, 2 / 05.

Karin Derichs-KunstmannFrauenbildungsarbeit in der zweiten Hälfte der 90-er Jahre in: Praxis Politische Bildung, 1 / 97.

Günter EbbrechtHeimvolkshochschulen und Akademien – Orte, wo Bil-dung Raum und Zeit hatin: Außerschulische Bildung, 2 / 05.

Monika EngelArgumentationstraining gegen Stammtischparolenin: Barbara Menke u.a. (Hg.), Ermutigung zur Zivilcoura-ge – Beiträge der politischen Bildung zu einer Kultur der Anerkennung und Vielfalt. Schwalbach/Ts. 2003.

Peter FaulstichRessourcen für die politische Bildungin: Praxis Politische Bildung, 1 / 04.

Peter FaulstichRessourcenprobleme Lebenslangen Lernens und die Per-spektiven politischer Bildungin: Praxis Politische Bildung, 4 / 04.

Peter FrickeFit machen fürs 21. Jahrhundert – Zur Bedeutung der politischen Bildung für die demokratische Entwicklungin: Praxis Politische Bildung, 1 / 05.

Karsten Fritz/Katharina MaierZur Evaluation der politischen Erwachsenenbildungin: Praxis Politische Bildung, 1 / 05.

Wolfgang Gaiser u.a.Jugend und Politik – Entwicklungen in den 90-er Jahrenin: Politische Bildung, 4 / 01.

Benno HafenegerFließende Grenzen. Jugend- und Erwachsenenbildung – Zusammenhänge und Herausforderungenin: Erwachsenenbildung, 1 / 05.

Benno HafenegerPolitische Bildung in der außerschulischen Jugendbil-dung, in: Wolfgang Sander (Hg.), Handbuch politische BildungSchwalbach/Ts. 2005.

Klaus-Peter HuferVeränderungen am Arbeitsplatz VHS: mehr Betriebswirt-schaft, weniger Pädagogik?in: Praxis Politische Bildung, 2 / 01.

Klaus-Peter HuferEin Paradigmenwechsel in der politischen Bildung?in: Praxis Politische Bildung, 3 / 04.

Klaus-Peter HuferEin Berufsbild im Absturz – Über den Abschied von alten Idealenin: Erwachsenenbildung, 2 / 05.

Literaturauswahl zur politischen Jugendbildung an Volkshochschulen

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Aufsätze in Sammelbänden und Zeit-schriften

c)

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Ulrich KlemmPolitische Erwachsenenbildung im Horizont der Bürger-gesellschaft – Aspekte einer bürgerschaftlichen Kultur politischer Bildungsarbeitin: Praxis Politische Bildung, 2 / 04.

Ernst KüchlerPlattform für gesellschaftliche Teilnahme und Teilhabein: Praxis Politische Bildung, 4 / 04.

Theo W. LängeDie Evaluation der politischen Jugendbildung – Ein vor-läufig letzter Kommentarin: Praxis Politische Bildung, 4 / 04.Dirk LangeGeschichtspolitische Bildungin: Polis, 2 / 05.

Jochen LeyheEuropapolitische Bildung – Aufklären ohne Langeweilein: dis.kurs, 2 / 04.

Astrid MesserschmidtPerspektivenwechsel in der interkulturellen Erwachse-nenbildung – Anmerkungen zu Marginalisierung und Widerständigkeitin: Hessische Blätter für Volksbildung, 1 / 02.

Astrid MesserschmidtReflektiertes Scheitern – Ausdrucksformen des Holo-caust-Gedächtnissesin: Frauenforschungszentrum (Hg.), Grenzen – Gender in Kunst und Wissenschaft. Darmstadt 2005.

Doris OdendahlPolitische Bildung und öffentliche Verantwortung in Europain: Praxis Politische Bildung, 3 / 01.

Norbert ReichlingRatlose Steuermänner – Bildungspolitische Planwirtschaft und ihre ernsten Folgen für die politische Bildungin: Außerschulische Bildung, 1 / 04.

Karsten Rudolf/Alexander WickerJugend im Parteienstaat – Ein Plädoyer für Konzeptviel-falt und einen offenen Prinzipienkatalog bei der Aktivie-rung Jugendlicherin: Praxis Politische Bildung, 4 / 00.

Siegfried SchieleDie politische Bildung ist besser als ihr Ruf – Anmerkun-gen zum Abschlussbericht „Evaluation der Politischen Bildung“in: Außerschulische Bildung, 1 / 05.

Johannes SchilloKleine Nachlese zur Evaluationin: Praxis Politische Bildung, 3 / 05.

Gabriele SchlamannStammtischparolen im Argumentationstraining – Bühne frei für Populismus?in: Außerschulische Bildung, 2 / 03.

Josef SchraderBindung, Vertrag, Vertrauen – Grundlagen der Zusam-menarbeit in Weiterbildungseinrichtungenin: Hessische Blätter für Volksbildung, 2 / 01.Josef SchraderPolitische Bildung zwischen Staat, Markt, Organisationen und sozialen Gemeinschaften: Diagnosen zur politischen Bildungin: Report, 4 / 03.

Achim Schröder/Nadine Balzter/Tommy SchroedterEvaluation der politischen Jugendbildungin: Praxis Politische Bildung, 1 / 04.Hans SchwabStrukturen, Institutionen und Förderung der politischen Jugendbildungin: Benno Hafeneger (Hg.), Handbuch politische Jugend-bildung, Schwalbach/Ts. 1997.

Rita SüssmuthDas Zuwanderungsgesetz im Dschungel von Desinforma-tion, Intransparenz und Veränderungsängstenin: Kursiv – Journal für politische Bildung, 2 / 04.

Rudolf Tippelt/Manuela PietraßJugend und Gesellschaft – Etappen der Jugenddebatte in der Bundesrepublik Deutschlandin: Politische Bildung, 4 / 01.

Thomas TschökeJugendbildungsarbeit auf dem Land – Stationen und Beispiele zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensraumin: Praxis Politische Bildung, 2 / 05.

Jürgen TurekDer „Clash of Generations“ ist vermeidbar. Sozialer Wan-del – Zukunftsaufgabe politischer Bildungin: DIE- Zeitschrift für Erwachsenenbildung, 2 / 03.

Rüdiger WinterPolitische Bildung und soziale Stadtteilentwicklungin: Praxis Politische Bildung, 3 / 02.

Christine ZeunerEntwicklung „zukunftsfähiger Kompetenzen“in: Hessische Blätter für Volks bildung, 2 / 04.

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Herausgegeben vom:

Obere Wilhelmstraße 3253225 BonnE-Mail: [email protected]: www.dvv-vhs.de

Redaktion: Sascha Rex, Johannes Schillo

Satz, Layout: shetani.media ohg www.shetanimedia.de

Druck: Druckerei Plaschka GmbH

Die Publikation wurde durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.

ISBN: 3-88513-771-2

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