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Nr. 99 · III. Quartal · September 2009 ebh elternbrief ebh elternbrief elternbund hessene.v. mitdenken·mitwirken·mitentscheiden Über den Umgang mit Unterrichts- störungen Wo die „wilden Kerle“ wohnen... 30 Jahre elternbund hessen Seite 4-5 30 Jahre elternbund hessen Seite 4-5

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Nr. 99 · III. Quartal · September 2009

ebh elternbriefebh elternbriefelternbund hessen e.v. mitdenken ·mitwirken ·mitentscheiden

Über den Umgang mit

Unterrichts-störungen

Wo die „wilden Kerle“

wohnen...

30Jahre

elternbund hessenSeite 4-5

30Jahre

elternbund hessenSeite 4-5

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Inhalt Redaktions ebhelternbrief2E

cke Liebe Leserinnen und Leser!

ein neues Schuljahr fängt an und wir disku-tieren ein „uraltes“ Thema: Unterrichts-störungen und Disziplinprobleme. Dieses ur-alte Thema ist aber aktuell wie eh’ und jeund wir wissen, dass Jammern keine Proble-me löst. Deshalb haben wir unsere Autorin-nen und Autoren gebeten, einige neue Sicht-weisen zu eröffnen. Dabei konnten wir aufdiesen 24 Seiten leider nicht alle Aspektedieses umfangreichen Themas beleuchten,wie z. B. Resilienz (= die seelische Wider-standfähigkeit eines Menschen) undAD(H)S. In einem der nächsten ebh-eltern-briefe werden wir diese Themen aufgreifen.

Passend fanden wir es, in der Rubrik „Rat & Hilfe“ die Themen „Kopfnoten“ und„Pädagogische und Ordnungsmaßnahmen“zu erläutern – Themen, die am ebh-Eltern-telefon oft angesprochen werden.

In der Heftmitte finden Sie eine Leseprobefür unseren Ratgeber „Die Schulkonferenz“.In diesem Schuljahr werden an vielen Schu-len die Mitglieder der Schulkonferenz neugewählt. Unsere Broschüre gibt ausführlicheInformationen über das Wahlverfahren so-wie über die Rechte und Aufgaben derSchulkonferenz. Leseproben und Elternrat-geber finden Sie auf unserer Homepage(www.elternbund-hessen.de) zum Herunter-laden. Wir schicken sie Ihnen auf Anfrageauch gerne zu, die Leseproben kostenlos(zum Verteilen im Schulelternbeirat), dieRatgeber kostenpflichtig. Bestellmodalitätenfinden Sie auf der Rückseite.

Beachten Sie bitte die Einladung und dasProgramm für unsere Jubiläumsfeier am 1. November 2009 (Seite 3-4) sowie dieEinladung für die diesjährige Mitglieder-versammlung (Seite 17).

Wir hoffen, viele von Ihnen bei derJubiläumsfeier im Mathematikum Gießenbegrüßen zu können.

Mit freundlichen GrüßenRedaktion ebh-elternbriefHannah de Graauw-Rusch

Inhaltsverzeichnis · Redaktionsecke 2

Der elternbund wird 30 Jahre altEinladung zur Geburtstagsfeier 3/4

VorwortVon Sven Bade 5

„Die schlimme 7a“ – Zu (Selbst-)Disziplin erziehenVon Detlef Träbert 6

Achtsamkeit zieht KreiseVon Vera Kaltwasser 8

Das Trainingsraum-Konzept der Heinrich-Böll-Schule Von Reinhard Birkert 10

Lesetipps vom Schubs 11

Plädoyer für eine Bewährungs-StufeVon Hartmut von Hentig 12

Mobbing in der SchulklasseVon Dorothea Schlegel-Hentrich 13

Wenn es mit dem Lernen nicht klappt.Eine Buchbesprechung von Christiane Mikesic-Golz 15

In der Elternarbeit sind wir in Hessen auf dem richtigen WegEin Interview mit Kerstin Geis 16

Mitgliederversammlung 2009 17

Fiona Merfert ist neue hessische Landesschulsprecherin 17

RAT & HILFE 18

ebh aktiv 20

Wir brauchen eine Ombudsstelle!Eine Polemik von Thea Grimmig 21

Kontaktstellen 21

Seminare – Veranstaltungen 22

Pinnwand 23

ImpressumElternratgeber Bestellformular 24

Nr. 99 · III. Quartal · September 2009

ebhelternbrief

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3ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

Der elternbund hessen wird 30 Jahre altEinladung zur Geburtagsfeier

Liebe Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde des elternbund hessen, in diesem Jahr ist es 30 Jahre her, dass der elternbund hessen gegründet wurde. Im Gründungsaufruf hieß es damals: „Kinder brauchen optimale Voraussetzungenzum Lernen!“. Dieses Anliegen hat an Aktualität nichts verloren.

Wir laden Sie herzlich ein, den 30-jährigen Geburtstag mit uns gemeinsam zu feiern

am Sonntag, dem 1. November 2009 von 11.00 bis ca.13.00 Uhrim Mathematikum in Gießen.

Programm :– Begrüßung durch den ebh-Vorsitzenden, Dr. Sven Bade– Grußwort Prof. Dr. Beutelspacher, Gründer des Mathematikums – Grußwort Frau Dorothea Henzler, Kultusministerin des Landes Hessen– Rückblick „30 Jahre elternbund“ – Ausblick „Wie geht es weiter?“

Durch das Programm führt die Improvisationstheatergruppe Comedy-Company ausGöttingen, Gewinner des Theatersport-Wettbewerbs des internationalen Köln-Comedy-Festivals 2006. Für die musikalische Umrahmung sorgt das Fagottensemble„Basswürmer“ der Musikschule Gießen. Im Anschluss der Veranstaltung besteht die Möglichkeit zu einem Rundgang durchdas Mathematikum.

Damit wir planen können, bitten wir um Anmeldung mit dem Coupon auf dernächsten Seite. Zur Finanzierung der Jubiläumsfeier würden wir uns über eineGeburtstags-Spende freuen. Unser Konto: Nr. 415 730 604, Postbank Frankfurt, BLZ 500 100 60, Stichwort „30 Jahre ebh“.

Wir hoffen, Sie in Gießen begrüßen zu dürfen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Sven Bade

30Jahre

elternbund hessen

30Jahre

elternbund hessen

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4 ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

Anmeldung: Bitte kopieren und per Fax, Brief oder Ihre Angaben per E-Mail an die Geschäftsstelle sendenO Ich melde mich mit ..... Personen an für die ebh-Jubiläumsfeier am 1. November 2009.

O Ich/Wir möchte(n) anschließend an einem Rundgang durch das Mathematikum teilnehmen. (Kosten 6 Euro pro Person)

O Ich bin interessiert an Kinderbetreuung für .... Kind(er) im Alter von ............ Jahren.

Name: ....................................................................................................................................

Straße, PLZ, Ort: ......................................................................................................................

Telefon: ..................................... E-Mail: ................................................................................

Unterschrift: ............................................................................................................................

Wegbeschreibung:Das Mathematikum befindet sich im ehe-maligen Zollamt, Liebigstraße 8, Gießen.

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln:Das Mathematik ist eine Minute Fußwegvom Bahnhof entfernt, an der Ecke Liebig-straße/Bahnhofstraße.

Mit dem Auto:Folgen Sie der Beschilderung Gießen-Stadt-mitte und anschließend der BeschilderungMathematikum bzw. Bahnhof. Parken kön-nen Sie in einem der Innenstadt-Parkhäu-ser oder auf den Parkschein-Parkplätzenrund um das Mathematikum.

GRÜNDUNGSAUFRUFvon 1979

Es wird Zeit für eine neue Offensive!Wir haben uns als gewählte Elternbeiräte zusammengefunden und stellen fest: Leistungsdruck und rigorose Auslese,Lernen unter Stress und Angst vor Mißerfolgen dürfen keine Zukunftsperspektive für unsere Kinder sein. Ein demo-kratischer Staat braucht selbständige sozialverantwortlich handelnde Menschen mit Mut zum kritischen Engagement.

Kinder brauchen optimale Voraussetzungen zum Lernen!Wir stellen fest:- Für viele Schüler ist die Schule eine Sackgasse.- Für eine menschliche Schule, die den Kindern gerecht wird und ihnen Spaß macht, wird zu wenig Geld gegeben.- Die freie Wahl der Ausbildung und des Berufs, die als Grundrecht verbürgt ist, gilt für viele Jugendliche nicht.- Es fehlt an Eigenverantwortlichkeit der Lehrenden und der Mitverantwortung von Schülern und Eltern.- Der Staat darf seine Verpflichtungen nicht nur gegenüber einer Minderheit einlösen. Er muß sich für die Mehrheit, für alle Kinder, verantwortlich zeigen.

Mit Sicherheit haben Halbherzigkeit, Wankelmut und opportunistisches Verhalten den Reformwillen großer Teile der Eltern und engagierten Pädagogen genauso gebremst wie kleinkariertes und auf Kompetenzhäufung bedachtesHandeln von Verwaltungen.

Bildungsreform muß erkämpft werden, und es ist höchste Zeit für eine neue Offensive. Es bedarf einer realistischenEinschätzung der vergangenen Auseinandersetzungen und der politischen Kräfteverhältnisse.

Deshalb bitten wir Eltern, den elternbund hessen zu unterstützen und ihm beizutreten.

Gießen-Innenstadt

(Zeichnung ist nicht maßstabsgerecht!)

nach Kassel

Mathematikum

nach

Wet

zlar

nach Frankfurt

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5ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

Liebe Leserinnen und Leser!

Fachlich, didaktisch, päda-gogisch mangelhafter Unter-richt führt zu Verdruss.Chaotische Tafelbilder, schwer lesbare Schrift, kaumverständliche Erklärungen lassen Schülerinnen undSchüler sich vom Unterricht ab- und dem Nachbarnzuwenden. Sowohl Über- als auch Unterforderungkann zu Unterrichtsstörung führen, weshalb eine derwichtigsten Unterrichtsmethoden Binnendifferenzie-rung ist. Hierdurch können bessere Lernerfolge beiallen Schülerinnen und Schülern erzielt werden.

Frustration durch Misserfolg beim Lernen müsstenicht sein. Schülerinnen und Schüler würden mehrmotivierende Selbstwirksamkeit erfahren, wenn ihneneine gute Lernmethodik vermittelt würde. Wenn Un-terrichtsstörung Folge eines sozialpsychologischenProblems ist, dann ist psychologische Kompetenzerforderlich, die Lehrkräfte in der Regel nicht haben.Sie muss im Lehrerstudium vermittelt und durchPsychologen in die Schulen gebracht werden. Wer inseiner Klasse nicht akzeptiert wird, kann sich Zuwen-dung – für das Selbstwertgefühl wichtig – oft nichtanders erwirken als durch Clownereien während desUnterrichts. Die Psychologie der Unterrichtsstörungwird zu wenig verstanden. Folge sind Strafen bis hinzur Nichtversetzung. Disziplin brauchen wir zum Er-reichen von Zielen. In einer freiheitlichen Gesell-schaft wird man durch eigene Ziele zu Disziplin moti-viert. Die stärkste Bewegkraft geht vom natürlichenTrieb, etwas wissen und können zu wollen, sowie vonguten Vorbildern aus.

Problem Schulpflicht: Wenn der Mensch zu etwas ge-zwungen wird, reagiert er mit innerem Widerstand,der seine Tätigkeit lähmt. Die weit verbreitete Ein-stellung, nur kurz vor einer Arbeit für eine gute Notezu lernen, um danach alles möglichst schnell wiederzu vergessen, hat seine Ursache erstens in der Noten-fixierung durch Schule, Eltern, Politik, andererseitsim Mangel an eigener Motivation, sich Wissen undKompetenzen zu erwerben, weil die Lust zu lernendurch Leistungszwang verdorben wurde. Das Ergeb-nis ist zwar u. U. eine gute Note, aber kein dauerhaf-tes Wissen, außerdem ein opportunistisches Verhal-ten. Anders in Schulen, in denen der Mensch im Mit-telpunkt steht. Präsenz der Lehrkraft ist ein wichtigespädagogisches Mittel, um Ruhe und Aufmerksamkeitin einer Klasse herzustellen. Lehrerinnen und Lehrer,

die beziehungs- und freudlos ihren Unterricht ab-wickeln, erzeugen kein Interesse. Sie ziehen an Gehörund Gehirn der Schülerinnen und Schüler vorbei.Nur wenige Menschen sind von Natur aus so resili-ent, dass sie sich nicht mobben lassen. Sicherlichkann man mit entsprechendem Training mehr Schüle-rinnen und Schüler widerstandsfähig machen. Eswird aber weiterhin Menschen geben, die in einerKonkurrenzgesellschaft untergehen. Die soziale Al-ternative ist Erziehung zu Hilfsbereitschaft für eineKooperationsgesellschaft. Eine entsprechende Werte-vermittlung und Praxis in Elternhaus und Schule,verstanden als Beitrag zum Prozess der Zivilisation,würde einen Großteil der Probleme lösen.

Besonders gemeinsamer Unterricht (GU) von Kin-dern mit und ohne Behinderungen trägt zu einer hu-maneren Gesellschaft bei. Leistung wird in unsererGesellschaft höher bewertet als soziale Rücksicht-nahme. So kommt es, dass ausgerechnet die Schüle-rinnen und Schüler, die auf ihrer Grundschule im GUHilfsbereitschaft gegenüber Schwächeren gelernt ha-ben, auf der weiterführenden Schule von denjenigengemobbt werden, die statt eines solchen Sozialverhal-tens das elitäre Selbstverständnis ihrer Grundschuleübernommen haben. In der Pubertät brauchen Ju-gendliche besonders viel Zeit für essenzielle Prozesseder Entwicklung: Identitätsfindung, soziale Integrati-on, sexuelle Erfahrung etc. Eine verantwortliche Ge-sellschaft gibt ihnen dafür Zeit und Raum.

Auch Kinder mit einem Aufmerksamkeitsdefizit/-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) haben das Recht aufgute Bildung. Ihre Veranlagung darf ihnen nicht zumNachteil werden. Hierzu – wie für den GU – bedarfes einer verpflichtenden Fortbildung, um alle Lehr-kräfte auf den Stand der Wissenschaft und zu einemkompetenten Umgang mit den betroffenen Schülerin-nen und Schülern zu bringen. Damit die hier skizzier-ten Verbesserungen in den Schulen verwirklicht wer-den, braucht es eine starke Elternvertretung.

Deshalb freuen wir uns, dass unser ebh-Vorstands-mitglied Kerstin Geis wieder zur Vorsitzenden desLandeselternbeirats gewählt wurde. Wir gratulierenKerstin sehr herzlich und wünschen ihr viel Erfolg indieser bildungspolitisch nicht einfachen Zeit.

Mit freundlichen GrüßenDr. Sven BadeVorsitzender des elternbund hessen

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6 ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

In der 7a herrscht dicke Luft. DieLehrerinnen und Lehrer beklagensich über die schlechte Hausaufga-benmoral der Klasse. Im Unterrichtwürde viel gestört und schlecht mit-gearbeitet. Am Elternabend heißt es,diese Klasse sei eine der schlimmsten,die es je an dieser Schule gegebenhabe. Es fehle den Kindern einfachan der nötigen Disziplin.

Was können Eltern in solch einer Situa-tion tun? Die meisten von ihnen sinddurchaus bereit, sich um die Hausaufga-ben ihrer Kinder zu kümmern. Aber dasist in diesem Alter nicht so einfach. Pu-bertierende lassen sich nicht mehr gerneins Heft schauen und lehnen Kontrolleab. Auf die Disziplin und Mitarbeit imUnterricht haben Eltern erst recht kei-nen direkten Einfluss. Ermahnungen, essich mit den Lehrern nicht zu verder-ben, werden entweder ignoriert oder esheißt: „Aber du kannst dir gar nicht vor-stellen, wie der M. ist. Dem kann manes einfach nicht recht machen, egal, wieman es anstellt.“ Drohungen, Zwang,Verbote oder Strafen? Diese Mittel hel-fen nicht nur selten, sondern entspre-chen auch nicht unseren Erziehungs-idealen. Und wenn der Konflikt zwi-schen den Lehrern und Schülern be-steht, können Eltern ihn ohnehin nichtvon außen lösen. Gibt es überhauptMaßnahmen, mit denen man sein Kindzu besserer Disziplin veranlassen kann,und das gar auf die Schnelle?

Welche Disziplin wollen wir?

„Die heutige Jugend ist von Grund aufverdorben, sie ist gottlos, böse und faul.Sie wird niemals so sein wie die Jugendvorher, und es wird ihr niemals gelin-gen, unsere Kultur zu erhalten.“ DieseKlage stammt nicht aus diesem, auchnicht aus dem 18. Jahrhundert oder vonden alten Griechen. Sie wurde aus derKeilschrift auf einer babylonischenTontafel übersetzt und ist wohl mehr als4.000 Jahre alt. Der Text ist einer der

zahlreichen Belege dafür, dass „die Ju-gend von heute“ schon so lange als dieschlimmste Generation gilt, die es jegab, seit Menschen sich der Tatsachevon Alt und Jung bewusst sind. Es istein beruhigender Gedanke, dass jedervon uns selber zu dieser schlimmstenJugend gehört hat. Wir sollten die Dis-ziplin-Diskussion also maßvoll und mitder nötigen Gelassenheit führen.

Ich kann die große Sehnsucht bei man-chen Eltern und besonders in der Leh-rerschaft nach besserer Disziplin durch-aus verstehen. In der lateinischen Wur-zel des Wortes „Disziplin“ stecken dieBedeutungen „Wissen, Kenntnisse,Fähigkeiten“, aber auch „Zucht“. Wirteilen Wissenschaften und Künste inDisziplinen ein und jeder weiß, dass esgroßer Selbstdisziplin bedarf, um in ei-ner Disziplin Spitzenleistungen zu er-bringen. Das gilt natürlich auch fürschulische Leistungen.

Allerdings finde ich es verheerend,wenn der Wunsch nach einem problem-losen Funktionieren unserer Kinder mitdem Disziplinverständnis von „früher“gekoppelt wird. Die auf „preußischenTugenden“ beruhende Disziplin ist fürdas Leben in einer pluralistischen, de-mokratischen und entwicklungsoffenenGesellschaft nicht tauglich. Sie leitetsich aus militärischen Zwecken ab undsollte sicherstellen, dass junge Männersich von Monarchen als Kanonfutterverheizen ließen. Wer die „alte“ Diszi-plin will, will Menschen in vorgegebenegesellschaftliche Machtstrukturen zwin-gen und ihnen ihre Individualität aber-kennen. Kinder sind jedoch nicht zum„Funktionieren“ da, sondern sollen sichzu ebenso selbstbestimmten wie ge-meinschaftsfähigen verantwortungsbe-wussten Mitgliedern der Gesellschaftentwickeln können.

Disziplin ist eine Voraussetzung dafür,dass Menschen in Gemeinschaft lebenkönnen. Gemeinschaften brauchen Re-

geln, um zu funktionieren. „Die Freiheitdes Einen endet dort, wo die Freiheitdes Anderen anfängt“, heißt eine Grund-regel im demokratischen Miteinandervon Gleichberechtigten. Man muss sichalso beherrschen, denn wer das nichttut, beherrscht und beeinträchtigt seineMitmenschen und erzeugt Konflikte.Disziplin ist für die Gestaltung von Be-ziehungen notwendig. Konflikte zeigenan, dass Beziehungen geklärt werdenmüssen. Insofern besteht in der Klasse7a erhöhter Klärungsbedarf zwischenLehrern und Schülern.

Die Eltern der 7a können zunächst ein-mal nur mit ihren Kindern über denSinn von Disziplin sprechen. Eineschnelle Veränderung der Situation istdavon allerdings nicht zu erwarten – esist überhaupt fraglich, ob das Problemder „schlimmen 7a“ schnell zu lösen ist.

Wer braucht Disziplin?

Wenn über die schlechte Disziplin vonKindern gesprochen wird, ist damit mei-stens eine Schuldzuschreibung verbun-den: Die Kinder sind undiszipliniert, al-so müssen sie sich ändern. An der Ge-staltung von Beziehungen sind jedochimmer alle Beziehungspartner beteiligt.Es geht letztlich um die Disziplin vonKindern wie auch von Erwachsenen.Schließlich sollten wir als Eltern undLehrkräfte einen Vorsprung im Sozial-verhalten aufweisen. Kinder müssen esim Laufe ihres Heranwachsens erst ent-wickeln, und dazu brauchen sie unserVorbild:

Eigentlich brauchen wir unsere Kinder nicht zu erziehen –

sie machen uns ohnehin alles nach.

Unser Alltag ist voller Beispiele vonteils gedankenlosen, teils vorsätzlichenDisziplinlosigkeiten, die ihre Wirkungauf Kinder und Jugendliche nicht ver-

„Die schlimme 7a“ – Zu (Selbst-)Disziplin erziehenVon Detlef Träbert

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fehlen: Missachtung von Geschwindig-keitsbegrenzungen und Halteverbot, Ig-norieren des Handyverbots am Steuer,Schummeln bei der Steuererklärung, ... Papa sagt: „Man darf andere nicht alsA... beschimpfen.“ Doch wer mit Papazehn Minuten im Auto durch den Groß-stadtverkehr fährt, stellt fest, dass ersich solche Wörter selber nicht verknei-fen kann. – Mama sagt: „Wenn die Leh-rer dir Hausaufgaben aufgeben, musstdu sie auch machen. Schließlich musssich jeder an die Vorschriften halten.“Doch wenn es morgens schnell gehenmuss, fährt Mama ihr Kind auch schonmal unangeschnallt in die Schule undlässt es im Halteverbot aus dem Autospringen. – Der Lehrer verlangt vonKindern, pünktlich zum Unterricht zuerscheinen, aber er selber verspätet sichnach der großen Pause häufig. – Diepünktliche Vorbereitung auf die Klas-senarbeit gilt als Selbstverständlichkeit,doch die Rückgabe lässt manchmal Wo-chen auf sich warten.

Die Disziplin, die ich von Kindern er-warte, muss ich im Alltag auch vorle-ben. Natürlich darf ich für mich die For-mel „nobody is perfect“ in Anspruchnehmen, aber dann sollte ich auch denKindern gegenüber eine entsprechendeToleranz aufbringen. Es macht keinenSinn, pedantisch zu sein. Verlange ichvon Kindern gar die Einhaltung von Re-geln, die für mich nicht gelten sollen,dann geht es nicht um Disziplin, son-dern um Machtausübung. Wer dieMacht hat, verlangt Unterordnung undneigt dazu, sie vermittels Disziplinie-rung zu erzwingen. Disziplinierungdurch andere Menschen jedoch erzeugtkeine Disziplin, sondern Duckmäuser-tum oder Widerstand.

Disziplin darf in der Demokratie keinSelbstzweck sein. Sie dient Zielen undZwecken, die man immer wieder ver-deutlichen und zur Diskussion stellenmuss. Dass beispielsweise die dreizehn-jährige Tochter um 22 Uhr von der Par-ty nach Hause kommen soll, hat dochGründe: etwa ausreichender Schlaf,möglichst gefahrloser Heimweg, Ju-gendschutzgesetz. Mit zunehmendemAlter darf sie später heimkommen, weilsie flexibler mit ihrem Schlaf umgehenkann, sich selbst besser zu schützen ver-mag und auch vom Gesetz mehr Frei-heiten zugestanden bekommt. Regelnbilden also einen Rahmen für Disziplin,

der zwar notwendig ist, aber bei ernst-haftem Bedarf auch in gemeinsamerAbsprache geändert werden kann.

Wenn Einsicht fehlt

Manche Regeln sehen Kinder allerdingseinfach noch nicht ein; dann muss ichihre Einhaltung forcieren und sie „ver-ankern“ (so wie die Einhaltung einesTempolimits mit der Radarfalle zu ver-ankern versucht wird). Ein Beispiel:Wenn mein Kind von der Schule nachHause kommt, soll es seine Jacke an dieGarderobe hängen, anstatt sie im Flureinfach fallen zu lassen.

In fast allen Familien gilt diese Regel,doch sie wird nicht in fast allen Famili-en eingehalten. Die Verankerung erfolgteben noch nicht dadurch, dass die Regelmehrfach wiederholt wird. Auch das au-genverdrehende Schimpfen „Ich habedir doch schon tausendmal gesagt...“ be-deutet keine Verankerung. Diese erfor-dert eine konsequente Gewöhnung überlängere Zeit. Empfangen Sie etwa achtWochen lang Ihr Kind konsequent jedenMittag an der Wohnungstür. Sagen Sie:„Schön, dass du da bist. Bitte hänge dieJacke an die Garderobe. Danke – pri-ma!“ Vor allem das konsequente Loben,das Sie nach vier Wochen nicht mehrtäglich durchführen, sondern bis zumEnde der achten Woche allmählich„ausschleichen“, ist wichtig für die er-folgreiche Verankerung einer Regel.

Und die 7a?

Was heißt das alles nun für die „schlim-me“ 7a? Die Lehrkräfte könnten mit denEltern gemeinsam überlegen, welcheVerhaltensweisen für die Klassendiszi-plin besonders vordringlich sind. An-schließend sprechen sie die Veranke-rung der erforderlichen Verhaltensre-geln miteinander ab. Je besser alle an ei-nem Strang ziehen, desto leichter fälltden Kindern der Gewöhnungsprozess.Eine gute Hausaufgabenmoral setzt die

Existenz eines Hausaufgabenkonzeptsan der Schule voraus. Darin hat sich dasKollegium zumindest verständigt überUmfang der Hausaufgaben und die täg-liche Kommunikation unter den Kolle-gen darüber:- Umgang mit dem Hausaufgabenheft als Teil des Methodentrainings,

- differenzierte Hausaufgaben sowie- Regelmäßigkeit und Art der Kontrolle.

Auf dieser Basis kann in der 7a dieHausaufgabenmoral rasch verbessertwerden, wenn im Unterricht täglich –und warum nicht von den Schülernselbst in Partnerarbeit? – kontrolliertwird. Dazu sollten die Hausaufgabenvon den Kindern aber auch bewältigtwerden können. Die Menge muss über-schaubar, das Anspruchsniveau ange-passt sein. Differenzierte Aufgaben, diekein Kind überfordern, werden eher er-ledigt als das gleiche Pensum für alle,das die einen unter- und die anderenüberfordert. Wenn die häuslichen Lern-und Arbeitspflichten außerdem nur einwenig Spaß machen könnten, wäreebenfalls viel geholfen.

Als Eltern kann ich die Hausaufgabenunterstützen, indem ich mit meinemKind feste Arbeitszeiten für ihre Erledi-gung vereinbare (und ihre Einhaltunglobe!). Die Sorge für einen regelmäßi-gen, festen Arbeitsplatz, die Versorgungmit Wasser oder Tee, freundliche Ermu-tigung und eventuell das Abwimmelnvon anrufenden oder an der Tür klin-gelnden Freunden kann ich außerdemübernehmen. Ich kann meinem Kindhelfen, seine schulischen Pflichten zueinem Ritual zu entwickeln, ohne ihmseine Selbstständigkeit und die Verant-wortung für ihre Erledigung zu nehmen.Auf diese Weise entwickelt sich dieSelbstdisziplin mehr und mehr – undnur auf diese kommt es letztlich an.

Dipl.-Päd. Detlef Träbert war 18 Jahrelang (Beratungs-)Lehrer in Baden-Württemberg. Seit 1996 ist er als freierSchulberater, Fortbildner, Vortragsre-ferent und Buchautor tätig (www.schulberatungsservice.de).Derzeit ist „Disziplin, Respekt und guteNoten“ sein meistgefragtes Vortrags-thema. Detlef Träbert ist seit dem Jahr2000 Bundesvorsitzender der AktionHumane Schule e.V. (www.aktion-humane-schule.de)

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Achtsamkeit zieht KreiseVon Vera Kaltwasser

Kreativität und Lust am Lernen blühenin einem Klima von Neugier und Freu-de. Bei einem Lehrer, der Begeisterungweckt, bei dem der Funke überspringt,lernt es sich leichter, noch dazu wennman als Schülerin oder Schüler merkt,dass der Lernstoff einen persönlich be-trifft. Und jeder Lernprozess ist hochin-dividuell, hängt von hochkomplexenneuronalen Verschaltungen ab, die ge-prägt sind von den bisherigen Erfahrun-gen und der aktuellen Gestimmtheit desEinzelnen, denn jeder Gedanke hat eineemotionale Unterfütterung. Angst undStress sind die großen Lernverhinderer– das wissen wir nicht zuletzt aus denjüngsten Veröffentlichungen u. a. vonProf. Joachim Bauer oder Prof. GeraldHüther.

Wir wissen, dass unter Stress unsereAufmerksamkeit eng gestellt wird. Nurin einem Zustand der wachen Ent-spanntheit gelingt es, neue Zusammen-hänge zu erkennen oder zu kreieren.Nur in einem Zustand der wachen Ent-spanntheit haben wir den Mut, unsereFähigkeiten auszuprobieren und zu ent-falten.

Wo können Kinder und Jugendlichelernen, wie sie selbst diese wache Ent-spanntheit bei sich herstellen können?Wie können sie lernen, mit ihren Selbst-zweifeln, den Ängsten, den Befürchtun-gen so umzugehen, dass sie davon nichtbehindert werden? Was tun sie mit ei-nem diffusen Unbehagen, das vielleichtgar nicht ins Bewusstsein tritt, sondernsich als dumpfes körperliches Unwohl-sein präsentiert?

Zu lernen, mit dem ständigen innerenSelbstgespräch umzugehen, sich selbstMut zuzusprechen, sich gut zuzureden,sich zu motivieren, seine Emotionen re-gulieren zu können, aus diesen Kompe-tenzen erwächst das Potential einer all-seitigen Ausbildung der Persönlichkeitund die hat – was eben immer nochnicht so recht zur Kenntnis genommenwird – einen Körper.

Der Körper als Bühne von Emotionen,Gefühlen und Gedanken kommt in derSchule eher als Störfaktor vor, wohlauch deshalb, weil seine zentrale Rollebeim Erfolg von Lernprozessen in derSchule bislang noch zu wenig gewürdigtwird. Lernforscher, Psychologen undHirnforscher haben über das zirkuläreWechselspiel zwischen Körper, Geistund Gefühl Erkenntnisse zu bieten, ausdenen praktische Konsequenzen für denschulischen Unterricht gezogen werdenkönnen und gezogen werden müssen.

Das Wissen um die enge Verflochten-heit zwischen Körper und Geist ist zwardurchaus nicht neu – Denken wir nur andie Reformpädagogik oder andere ganz-heitliche Konzepte! – aber die Konse-quenz dieser Erkenntnisse hat sich imalltäglichen Schulunterricht noch immernicht nachhaltig niedergeschlagen.

Wo und wie können Kinder und Ju-gendliche üben, das Steuerruder ihrerPersönlichkeit in die Hand zu neh-men, statt auf Autopilot zu fliegen?Und weshalb kann die Haltung derAchtsamkeit dabei nützen?

Ich möchte Ihnen ein Konzept vorstel-len, das auf diese Fragen eine Antwortbietet und praktische Umsetzungsmög-lichkeiten aufzeigt. Es gibt schon eineFülle hilfreicher Programme zur Ausbil-dung von Selbstkompetenz und Selbst-wirksamkeit, aber meist werden diese inForm von Modulen und abgegrenztenUnterrichtseinheiten eingesetzt und bie-ten wenig Raum für stetige, ganzheitli-che Selbsterfahrung. Aus der Lernfor-schung wissen wir, dass es gerade imBereich der Persönlichkeitsentwicklungeiner kontinuierlichen Begleitung derKinder und Jugendlichen bedarf, undzwar von Lehrerinnen und Lehrern, dietragfähige Beziehungen zur ihren Schü-lerinnen und Schülern aufbauen und mitder eigenen Person verkörpern, was sievermitteln. Es geht darum, kontinuier-lich in den Unterricht Phasen der Acht-samkeit einzuflechten, in denen dieSchülerinnen und Schüler lernen, ihre

Selbstwahrnehmung zu schulen, ihr in-neres Selbstgespräch bewusst wahrzu-nehmen und schrittweise belastende Ge-dankenketten zu unterbrechen. (NähereInformationen zur Pilotprojekten, zuden wissenschaftlichen Hintergründendes Konzeptes und zu seiner konkretenAusgestaltung in „Achtsamkeit in derSchule“, Beltz 2008.)

Was hat es nun auf sich mit derHaltung der Achtsamkeit auf sich?

Der gegenwärtige Augenblick in seinemReichtum, seiner Farbigkeit und Vielfaltist das Terrain der Achtsamkeit, er-schlossen wird es durch das Zusammen-spiel von Körper und Geist. Dass Acht-samkeit in der buddhistischen Traditionund in vielen östlichen Schulen derSelbstkultivierung die Basis für Prakti-ken wie Meditation, QiGong oder Yogaist, ist nicht verwunderlich, denn Körperund Geist werden hier traditionell nichtgetrennt. „Aufmerksam, bewusst, wach,nicht-wertend“ – so könnte diese Geis-teshaltung der Achtsamkeit beschriebenwerden, die eigentlich eine Bewusst-seinsschulung im Dienste der Selbster-kenntnis ist.

Die Kraft des Konzeptes der Achtsam-keit liegt in seiner „praktischen Umset-zung und Anwendung“, d. h. diese Hal-tung ist erlernbar und erschließt sicherst in der Übung völlig. Es gibt eineFülle von Achtsamkeitsübungen, diesich darin unterscheiden, worauf der Fo-kus der Aufmerksamkeit gelegt wird,auf den Atem, auf bestimmte Körperbe-reiche, auf Geräusche, auf Bilder. Zu-nächst gilt es den Fokus der Aufmerk-samkeit zu halten und zu bemerken,wenn der Geist abdriftet, um ihn dannwieder sanft zum Fokus der Aufmerk-samkeit zurückzuholen. Durch Acht-samkeitsschulung wird eine beobachten-de, nicht reaktive Haltung gegenüberden eigenen Gedanken, Emotionen undKörperzuständen eingeübt. So kann eineAusbildung der Selbstregulation heran-wachsen. Wenn Achtsamkeitsphasen ri-tualisiert in einem kontinuierlichen

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Rhythmus in den Unterricht integriertwerden, dann wird jedes Mal neu undjedes Mal differenzierter die Wahrneh-mung geschärft und die Fähigkeit zurSelbstreflexion gestärkt.

So bildet sich die Instanz des „InnerenZeugen“ aus und damit einher geht einZuwachs an Freiheit den eigenen Impul-sen gegenüber, die – aus den tieferenHirnschichten kommend – zu Attackeoder Flucht pfeifen und den Körper mitStresshormonen überfluten. Eine konti-nuierliche Schulung der Achtsamkeitbefähigt den Einzelnen dazu, die eige-nen Impulse überhaupt wahrzunehmen.Dadurch entsteht eine Lücke, in die Be-wusstheit einziehen kann. So wird eineImpulskontrolle ermöglicht, die Voraus-setzung für Selbstregulation ist. In derPsychologie spricht man auch von derDistanzierungsfähigkeit.

„Fünf Minuten aufrecht sitzen und aufden Atem achten – wenn die Gedankenabschweifen, wieder zum Atem zurück-kehren.“ Schwer zu glauben, dass so ei-ne einfache Übung so weit reichendeWirkungen haben kann? Die stetigeÜbung bewirkt neue neuronale Ver-schaltungen. Der Körper rutscht immerleichter in die Entspannung. Deshalbsollten die Achtsamkeitsphasen auchritualisiert werden – man sitzt zum Bei-spiel immer in derselben Haltung undatmet auf eine bestimmte Weise. Immer,wenn man dann diese Haltung ein-nimmt, signalisiert man dem Körper,dass wieder eine Phase der Ruhe be-ginnt. Äußere und innere Haltung ver-schmelzen und stützten sich gegenseitig.Wer regelmäßig solche formalen Übun-gen praktiziert, der wird feststellen, dassdie Selbstwahrnehmung sich so verfei-nert und das Gespür für die individuel-len Bewertungs- und Erlebnismustersich so differenziert, dass man im Alltagsensibler wird für die individuellenäußeren und inneren Stressoren.

Wer erkannt hat, wie die ganz persönli-chen Auslöser von Stress sich bei ihmkörperlich anfühlen, hat den Schlüsselzur Veränderung gefunden. Wer gelernthat, ein Zuviel an Muskelspannung zulösen, der fühlt, dass er damit auch derinneren Spannung zu Leibe rückt. Wersich dabei zusehen kann, wie das innereSelbstgespräch aus dem Ruder läuft, derhat es, während er sich dessen bewusstwird, schon unterbrochen.

Der Schlüssel dafür, dass Schülerinnenund Schüler sich bereitwillig auf dieseForschungsreise in eigener Sache ein-lassen, findet sich in der Einstellung desUnterrichtenden, d. h. in seiner eigenenErfahrung mit kontemplativen Metho-den, die übrigens auch noch eine wun-derbar wirksame Burn-Out-Prophylaxedarstellen. Allmählich wird von offiziel-ler Seite wahrgenommen, wie wichtigeine Lehrerfortbildung in diesen Berei-chen ist. In den USA gibt es schon seiteinigen Jahren Projekte und Forschun-gen zu „Mindfulness in Education“.Und es ist zu hoffen, dass auch an unse-ren Schulen die Kraft der Stille undSelbstbesinnung (wieder-)entdeckt wird.

Es ist ein anrührendes Bild, wenndreißig Schülerinnen und Schüler, dieeben noch lärmend, tosend und schub-send in die Klasse stürmten, mit ge-schlossenen Augen sich dem Atemüberlassen. Wenn Achtsamkeitsphasenin den alltäglichen Unterricht jeweilsnur für kurze Zeit eingewoben werden,dann hat das auf lange Sicht eine un-schätzbare Wirkung. So können Schüle-rinnen und Schüler lernen, die wacheEntspanntheit bei sich herzustellen, dieletztlich jene Präsenz bewirkt, die jeneausstrahlen, die Mut haben, das eigenePotential zu entfalten.

In den Achtsamkeitsphasen lernen dieSchülerinnen und Schüler die Stilleschätzen, spüren den Zauber der davonausgeht, einfach nur zu sein und ohneAnstrengung, Planung und Bewertungsich dem Augenblick zu überlassen.Diese Verlangsamung eröffnet Raumfür Kreativität, weil starre Wahrneh-mungsmuster in Bewegung geraten.Wer sich selbst besser kennen lernt,dem weitet sich auch der Blick auf denAnderen und auf die Welt. Dann istSozialkompetenz die andere Seite derSelbstkompetenz.

Vera Kaltwasser, Oberstudienrätin,Theaterpädagogin, Ausbildung inQiGong, Weiterbildung in Psychodrama(Moreno-Institut, Stuttgart) und inMBSR bei Kabat-Zinn und Saki Santo-relli (Omega Institute, USA).

Die Autorin bittet alle, die sich für„Achtsamkeit in der Schule“ oder fürFortbildungen zum Thema (z. B.Pädagogische Tage oder Nachmittags-Workshops) interessieren, mit ihr Kon-

takt aufzunehmen. Außerdem würde siegerne ein Netzwerktreffen aller an derThematik Interessierten organisieren.Kontakt: [email protected].

Literatur zum Thema (eine Auswahl)Bauer, Joachim: Die Freiburger Schul-studie (Lehrergesundheitsprävention),Schulverwaltung Baden-Württemberg,12.259-264

Damasio, Antonio: R. Descartes’ Error. (1994)

Hüther, Gerald: Die Macht der inneren Bilder. (2006)

Hurrelmann, Klaus: Gewalt an Schulen. (2007)

Kabat-Zinn, Jon: Gesund durchMeditation. (1991, 2006)

Storch, Maja: Embodiment, Die Wech-selwirkung von Körper und Psycheverstehen und nutzen. (2006)

Spitzer, Manfred: Lernen, Gehirnfor-schung und die Schule des Lebens.(2002)

LinksMBSR-Verband.de: www.mbsr-verband.de;

Deutsche QiGong-Gesellschaft:www.qigong-gesellschaft.de;

Center for Mindfulness/USA:www.umassmed.edu/cfm; MindfulAwarenessResearch Center:www.MARC.ucla.edu;

InnerKids: www.InnerKids.org;

Arbor Verlag (Veranstaltungen undBücher von Jon Kabat-Zinn und SakiSantorelli): www.arbor-verlag.de;www.erziehungs-perspektiven.de

Vom 2. bis 4. Oktober 2009 findet in der Evangelischen Akade-mie Arnoldshain eine Tagung zumThema „Achtsamkeit in Schule

und Erziehung“ statt. Informationund Anmeldung: www.evangelische-

akademie.de/tagungen.html

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10 ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

In der Nachbereitung eines Pädagogi-schen Tages beschäftigte sich eine Ar-beitsgruppe (mit etwa 20 Kolleginnenund Kollegen) mit der Frage, wie Un-terrichtsstörungen und die zunehmen-den Disziplinprobleme im Unterrichtdurch ein einheitliches und pragmati-sches Handeln angegangen werdenkönnen. Im Mittelpunkt standen ver-schiedene Trainingsraumkonzeptezweier umliegender Schulen.

Sehr schnell war man sich einig, dass diebestehenden Konzepte so nicht direktumsetzbar waren. Die Rolle des „Koordi-nators“, die Mitwirkung und die „Entla-stung“ der Kolleginnen und Kollegen,die Rolle der Schülerinnen und Schüler,die Rolle der Schulleitung – all das wa-ren Themen, die für unser Kollegiumund unsere schulische Situation geklärtwerden mussten. Ebenso unstrittig war,dass der „Trainingsraum“ insgesamt eineEntlastung für die Kolleginnen und Kol-legen und eine Hilfe für die Schülerinnenund Schüler ist. Mit diesem Konzept solldas Recht auf einen störungsfreien Un-terricht mit einem klaren Regelwerk (Ri-tuale) umgesetzt werden. Das Ergebnisder Beratungen wurde an eine Arbeits-gruppe delegiert, die ein Konzept erar-beiten und der Gesamtkonferenz zur Ab-stimmung vorlegen sollte. Dieses Kon-zept wurde 2005 einstimmig (Gesamt-konferenz, Schulelternbeirat, Schulkon-ferenz) verabschiedet und ist bis heutefester Bestandteil der erzieherischen Ar-beit der Schule.

Ziel unseres Konzeptes

„Die Schülerinnen und Schüler sollenmotiviert werden, sich am Unterricht ak-tiv zu beteiligen und sich an Regeln undVereinbarungen zu halten.“ Lehrerinnenund Lehrer, Schülerinnen und Schülerhaben ein Recht auf störungsfreien Un-terricht und die Pflicht dafür zu sorgen,dass der Unterricht störungsfrei läuft.

Vorteile für die Schülerinnen undSchüler sind u. a.:- Sie lernen sich an Regeln zu halten- Sie machen sich ihr Störverhalten bewusst

- Sie denken über alternatives Verhalten nach

Vorteile für die Lehrerinnen und Leh-rer sind u. a.:- Sie reagieren sachlicher und weniger emotional auf Unterrichtsstörungen

- Sie reagieren einheitlicher- Sie erleben eine größere Arbeitszu-friedenheit

Alle Schülerinnen und Schüler werden indas Trainingsraumkonzept eingeführt.Alle neuen 5. Klassen thematisieren dieEinrichtung „Trainingsraum“ in der Ein-führungswoche. Die Eltern werden aufden Elternabenden informiert. Dazugehört der Weg vom Klassenraum in denTrainingsraum. In der Klasse werden die„Sieben Regeln für den Unterricht“ be-sprochen. Geklärt wird auch, was unterUnterrichtsstörungen verstanden wird.

Ablauf

Schülerinnen und Schüler, die im Sinnedieser Regeln Unterricht stören, werdenauf ihr Verhalten im Unterricht hinge-

wiesen. Bei einem erneuten Verstoß be-kommen sie einen „Laufzettel“ für denKollegen im Trainingsraum. Dieser Zet-tel wird von der Lehrkraft ausgefüllt(Name, Fach, Stunde, Uhrzeit, Gründe,Name der Schülerin/des Schülers). DerKollege im Trainingsraum bekommt die-sen „Laufzettel“ und vermerkt die Uhr-zeit der Ankunft. Dieser Zettel verbleibtim Trainingsraum und wird in die Tages-mappe gelegt, die nach der 6. Stundedurch den „Koordinator“ kontrolliert undbearbeitet wird.

Die Schülerin bzw. der Schüler bekommtvom aufsichtsführenden Kollegen imTrainingsraum einen „Verhaltensbogen“,den sie bzw. er still ausfüllen muss. Hiermuss sie oder er (in ganzen Sätzen) denVorgang und die Gründe schildern, war-um sie oder er den Trainingsraum aufsu-chen musste. Gleichzeitig wird sie oderer nach störungsfreien Verhaltensalterna-tiven gefragt.

Im Trainingsraum gibt es kein weiteresGespräch. Es ist ein Ort der Besinnungund Stille. Nachher, aber nicht am selbenTag, gibt es ein Gespräch zwischen derSchülerin bzw. dem Schüler und der ent-sprechenden Lehrkraft.

Das Trainingsraum-Konzeptder Heinrich-Böll-Schule Von Reinhard Birkert

Sieben Regeln für den UnterrichtI.

Ich höre zu, wenn andere sprechen.II.

Ich melde mich und warte, bis ich aufgerufen werde.III.

Ich passe im Unterricht auf und beteilige mich.IV.

Ich spreche und verhalte mich höflich.V.

Ich gehe rücksichtsvoll mit anderen um.VI.

Ich achte das Eigentum anderer.VII.

Ich befolge die Anweisungen meiner Lehrer/innen.

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11ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

Beim zweiten Besuch gibt es zusätzlichein Gespräch mit dem „Koordinator“,und die Schülerin bzw. der Schüler erhälteine „rote Karte“ mit der Aufschrift „Ichbin verwarnt“.

Sollte eine Schülerin oder ein Schülernicht im Trainingsraum ankommen, wirdsie oder er umgehend für diesen Tagvom Unterricht ausgeschlossen. Die El-tern werden informiert. Sie müssen amnächsten Tag die Schülerin oder denSchüler vor der 1. Stunde in die Schulebegleiten und es gibt ein Gespräch mitdem Pädagogischen Leiter (Schullei-tung).

Ab dem dritten Besuch im Trainings-raum gibt es einen Vermerk in dieSchülerakte und ein gemeinsames Ge-spräch mit dem „Koordinator“ und demPädagogischen Leiter. Als Strafe gibt es„Sozialstunden“.

Beim vierten Besuch gibt es ein Ge-spräch mit der Schulleitung und den

Ausschluss vom Unterricht bis zuzwei Tagen. Die Schülerin bzw.der Schüler darf den Unterricht nurwieder aufnehmen, wenn die Elternsie oder ihn begleiten und ein Ge-spräch stattgefunden hat.

Beim fünften Besuch des Trai-ningsraumes gibt es einenSchulausschluss bis zu einer Wo-che und eine Klassenkonferenz.Die deutlich gewordenen Schwie-rigkeiten werden gleichzeitig aufanderen Ebenen angegangen:Schulsozialarbeit, Maßnahmen derErziehungshilfe, Elterngesprächeusw.

Der Trainingsraum ist an unserer Schulevon der zweiten bis zur fünften Stundebesetzt. Die erste und sechste Stundewird durch die Schulleitung besetzt. DieKolleginnen und Kollegen melden sichfreiwillig und bekommen dafür im Mo-nat (pro Stunde) eine Vertretungsstundeangerechnet. Das Trainingsraumkonzept

ist nur ein „Baustein“ an unserer Schule,um die Unterrichtszufriedenheit, dassoziale Klima und die gemeinsame Ver-antwortung für den Erziehungsprozess zuverbessern.

Reinhard Birkert ist PädagogischerLeiter der Heinrich-Böll-Schule, einerKooperativen Gesamtschule in Hatters-heim.

Lesetippsvom Schubs*Eine AuswahlBücher zum Disziplinbegriff imZusammenhang mit Schule undErziehung

• Arnold, Rolf: Aberglaube Disziplin.Antworten einer Systemischen Pädago-gik auf das „Lob der Disziplin“. (2007)

• Bauer, Joachim: Lob der Schule. Sie-ben Perspektiven für Schüler, Elternund Lehrer. (2007)

• Brumlik, Micha (Hrsg.): VomMissbrauch der Disziplin. Antwortender Wissenschaft auf Bernhard Bueb.(2007)

• Bueb, Bernhard: Lob der Disziplin.Eine Streitschrift. (2006)

Bücher zur Förderung von Disziplinin der Schulpraxis

• Buchner, Christina: Disziplin – keinSchnee von gestern, sondern Tugend für

morgen. Ein Praxishandbuch für Lehrer.(2006)

• Dreikurs, Rudolf u. a.: Lehrer undSchüler lösen Disziplinprobleme.(2007)

• Krowatschek, Gita/Krowatschek, Die-ter/Wingert, Gordon: Disziplin im Klas-senzimmer. Bewährtes und Neues. EinErziehungsprogramm aus der Praxis.(2005)

• Lanig, Jonas: So geht das! Gegen Cha-os und Disziplinschwierigkeiten: Eigen-verantwortung in der Klasse fördern. 30Tipps und Strategien. (2004)

• Nolting, Hans-Peter: Störungen in derSchulklasse. (2007)

• Rüedi, Jürg: Disziplin in der Schule.Plädoyer für ein antinomisches Ver-ständnis von Disziplin und Klassen-führung. (2007)

Elternratgeber:

• Lemper-Pychlau, Marion: Kinderbrauchen Disziplin. Was Eltern tunkönnen. (2007)

• Bergmann, Wolfgang: Disziplin ohneAngst. Wie wir den Respekt unsererKinder gewinnen und ihr Vertrauennicht verlieren. (2007)

Internetadressen:

• www.sozialwirksame-schule.de - In-ternetpräsenz des Schulpsychologen Dr.Werner H. Hopf, München, über seinempirisch erprobtes und evaluiertesKonzept

• www.archiv-der-zukunft.de/blog/In dieser Rubrik der Internetpräsenz vonReinhard Kahl finden Sie unter demSuchwort „Disziplin“ umfassendesMaterial zur Diskussion ums Thema.

• www.disziplin.chInternetpräsenz von Jürg Rüedi, Autor von „Disziplin in der Schule“

• http://de.wikipedia.org/wiki/Schuli-sche_Disziplin - Ausführlicher Artikelin Wikipedia

* Schubs® – SchulberatungsserviceDipl.-Päd. Detlef TräbertE-Mail: [email protected]: www.schulberatungsservice.de

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12 ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

Vor drei Jahren habe ich vor-geschlagen, das „schulische“ Lernen der13- bis 15-Jährigen zugunsten anderer,diesem Alter angemesseneren Formen desLernens zu unterbrechen. In der so ge-nannten Pubertät lernen die meisten nurwiderwillig und darum schlecht an denLerngelegenheiten, die der Klassenraumbietet: Arbeitsbögen und Bücher, Lehrer-vortrag und Hausaufgaben, paper and pen-cil. Die dafür notwendigen Ordnungen –„Reden nur, wenn man dran ist, und zu al-len“, Drosselung der körperlichen Bewe-gungsfreiheit, Vorgehen nach dem Lehr-plan in einheitlichem Tempo und nach ein-heitlicher Methode – widersprechen denBedürfnissen dieser Entwicklungsstufe.Selbsterprobung und Gemeinschaft, Aben-teuer und Tat, Widerstand und Ausbruchsind jetzt die Leistungs-Triebkräfte. Auchmit gelegentlichem Projektunterricht, Ex-kursionen und Nachmittagsangebotendurch Sozialarbeiter bleibt unsere Schuleeine Unterrichtsvollzugsanstalt, bleibt so-gar die Ganztagsschule eine einheitlich or-ganisierte Lebensform vom 7. bis zum 17.oder 19. Lebensjahr.

Dass wir – allen Erkenntnissen der Ent-wicklungspsychologie und Pädagogik zumTrotz – so verfahren, liegt daran, dass wires so gewohnt sind: die Eltern, die Lehrer,die Schulverwaltungen, die Gesellschaft.Alle müssen aus altem Grund an dieserStelle etwas Neues lernen, und das setztBereitschaft, geeignete Bedingungen undZeit für die Erprobung voraus. Die hier ge-forderte Erneuerung kann nicht vom ge-samten Schulwesen auf einmal verlangtund von den Behörden entworfen und ok-troyiert werden.

Darum habe ich vorgeschlagen, nach demVorbild der Empfehlungen des einstigenDeutschen Bildungsrates einen systemati-schen Vorversuch in Auftrag zu geben, indem einige Schulen zehn Jahre lang mög-liche Antworten suchen, durchspielen undprüfen – von kleinen Schritten, zum Bei-spiel einem zweimonatigen Sommerlager,bis hin zu einem zweijährigen Lern- undLebensort außerhalb von Schule und El-ternhaus. (Denn natürlich ist die Pubertätnicht nur ein Schulproblem, sondern auch

ein Familien- und Lebensproblem.) DerVersuchsauftrag wird an Schulen verge-ben, die sich im Rahmen einer bundeswei-ten Ausschreibung darum bewerben. Essollten alle vier Schularten – Hauptschule,Realschule, Gymnasium, Gesamtschule –je durch mindestens zwei Schulen vertre-ten sein. Es wären insgesamt also in jedemJahr 16 Klassen involviert, je zwei in jederSchule. Bildungsökonomen haben dieMehrkosten für die anspruchsvolle Endva-riante auf 20.000 Euro pro Klasse und Jahrberechnet, also im Ganzen auf maximal320.000 Euro. Das ist in der Tat peanuts,bedenkt man, dass ein einziger Sponsorwie die Robert Bosch Stiftung in jedemihrer sechs Programmbereiche zwischen 5 und 10 Millionen im Jahr ausgibt.

Da es sich um ein Forschungsprojekt han-delt, kommt auch nach der sogenanntenFöderalismusreform das Bundesministeri-um für Bildung und Forschung als Auf-traggeber infrage ebenso wie Landesregie-rungen und die Schulträger. Nicht zuletztkönnten Stiftungen als Initiatoren einessolchen Experiments fungieren. VieleSchulen warten schon darauf, wie man imOktober des vorigen Jahres auf dem II.Kongress der Schulerneuerer in Bregenzerleben konnte.

Vor drei Jahren habe ich zwei Dutzend„Lerngelegenheiten“ für die letzte Aufbau-stufe des entschulten Lernens aufgezählt,bei denen die Klassen eine wichtige, sievielseitig anregende und fordernde, ge-meinschaftsfördernde Aufgabe leisten: Siedrehen beispielsweise einen abendfüllen-den, technisch und künstlerisch „professio-nellen“ Film; sie bauen ein Auto, setzendies aus Teilen demontierter alter Autoszusammen „bis es fährt“; sie verwandelnein Stück Land in eine ökologische Gärt-nerei; sie betreiben eine Gaststätte fürSchüler und Studenten (lustvolles slowfood); sie renovieren ihr Schulgebäudeselbst und gründlich; sie eröffnen und be-treiben eine Pension für Hunde, Katzen,Goldfische und andere Haustiere. – Wernun einwirft, das werde ja alles „Pfusch“,hat Recht, sollte jedoch hinzufügen:„zunächst“. An nichts lernt man so vielwie an den unerbittlichen Folgen der eige-

nen Stümperei. Zugleich sieht man, dassunsere herkömmlich ausgebildeten Lehrerdieses Lernen in der Regel nicht werdenanleiten können.

Inzwischen haben zahlreiche Schulen, dieheute schon Formen entschulten Lernenspraktizieren, weitere Anregungen geliefert.Eine Schule ist sogar im Begriff, mein Pa-radebeispiel für die anspruchsvolle Phasezu verwirklichen: Ihre 14-Jährigen neh-men ein aufgelassenes verwildertes Gelän-de mit einigen zerfallenden Gebäuden inPflege und Gebrauch – und erfüllen gleich-zeitig meine Forderung, dass jeder Tag miteinem eineinhalbstündigen Unterricht be-ginne, in dem die Kenntnisse und Fertig-keiten der formalen Schulfächer auf sport-liche Weise „wachgehalten“ werden (1).

Ich kann nicht glauben, dass DeutschlandsBildungswesen zu einem solchen Versuchnicht fähig sein sollte, der doch durch diebeklagte Schulverdrossenheit der Mittel-stufenschüler, den Hilferuf der Rütlischule,den von Jürgen Baumert ermittelten er-staunlichen Leistungszuwachs im Jacobs-Sommercamp-Projekt (2), den von Man-fred Prenzel berichteten beschämendenLeistungszuwachs „null“ im Jahrgang 9mancher Schulen (3) und durch uralteLehrererfahrung geradezu herbeigerufenwird.

(1) Anm. der Redaktion: Die FrankfurterRundschau berichtete „Raus aus Berlin –und schon lernen sie.“ (FR 08.07.2009, Nr. 155, D/R/S S. 24-25)(2) Stanat, P.; Müller, A. G.; Baumert, J.;Wilker, W.: Das Jacobs-SommercampProjekt. In: Pädagogik 57, S. 57-58.(3) PISA-Konsortium Deutschland (Hg.):PISA 2003/Untersuchungen zur Kompe-tenzentwicklung im Verlauf eines Schul-jahres. Berlin 2006, S. 72-82 (Zuwachs imBereich Mathematik von der 9. zur 10.Jahrgansstufe).

Zur Person: Prof. Dr. Hartmut von Hentig,Erziehungswissenschaftler, Reformpäda-goge, Gründer der Laborschule und desOberstufen-Kollegs in Bielefeld, Autorzahlreicher pädagogischer Bücher.

Dieser Text erschien unter der Überschrift„Außerhalb der Schule lernen“ in Erziehungund Wissenschaft Nr. 3/2009, S. 30. Er wurdevom Autor für den ebh-elterbrief leicht überar-beitet. Wir danken der Redaktion von Erzie-hung und Wissenschaft für die freundliche Ge-nehmigung.

Plädoyer für eine Bewährungs-StufeVon Hartmut von Hentig

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13ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

Neuere Untersuchungen zeigen, dassMobbing zum Schulalltag von Kin-dern und Jugendlichen gehört. Nahe-zu jeder dritte Schüler gibt an, in denletzten drei Monaten „schikaniertoder fertig gemacht“ worden zu sein.Es verdichtet sich der Eindruck, dasses zunehmend mehr Mobbing gibt alsfrüher. Wenigstens 3 bis 4 Schülerin-nen und Schüler einer Klasse werdengemobbt, ob eher Jungen oderMädchen Mobber sind, ist strittig.Mobbing ist eine der gravierendstenFormen der Missachtung der Würdeund der Persönlichkeitsrechte einesMenschen.

Was wird unter Mobbing verstanden?

Unter Mobbing wird eine konfliktgela-dene Kommunikation bzw. Situationverstanden, die folgende Merkmale hat:1. die angegriffene Person ist unterlegen

und wird2. von einer oder mehreren Personen

systematisch, häufig und über einen längeren Zeitraum direkt oder indirekt angegriffen

3. mit dem Ziel der Isolierung und 4. die betroffene Person empfindet dies

als Diskriminierung.

Von Mobbing wird erst dann gespro-chen, wenn es sich um einen länger an-dauernden dynamischen Prozess han-delt, dessen Intensität sich im Laufe derZeit deutlich steigert. Eine Vielzahl vonMobbinghandlungen reiht sich aneinan-der, von der jede im Einzelnen betrach-tet sogar „harmlos“ sein kann. Erst imZusammenspiel, in der Summierungund ihrer Verschärfung entfalten dieseEinzelereignisse ihre verheerende Wir-kung. Wichtig hierbei ist zu beachten,dass der Phantasie von Mobbern keineGrenzen gesetzt sind.

Die Angriffsebenen sind:- Kommunikation: (Ausgrenzung) – Ausschluss aus allen Gruppen, Verbal-Anmache bis hin zu körperlichen Übergriffen, ignorieren, hänseln etc.

- Ansehen: (Rufschädigung) – gezieltes Hinterherreden, lästern, Abwertungen, negatives Bild aufbauen, Gerüchte ver-breiten, keine Reaktion oder abwerten-de Äußerungen bei Beteiligung im Unterricht etc.

- Arbeit: z. B. Ranzen auskippen; Bücher, Hefte, persönliche Dinge her-umwerfen, Arbeitsergebnisse mani-pulieren oder zerstören etc.

Woran merkt man, dass jemandgemobbt wird?

Aufgrund von Schamgefühlen und er-heblichen Problemen im Umgang mitden erlebten Kränkungen kann es langedauern, ehe sich ein Gemobbter über-haupt über seine Situation äußert. So istes umso ernster zu nehmen, wenn darü-ber berichtet wird. Mögliche Symptomekönnen sein: Zunehmende Unruhe undNervosität, Konzentrationsproblemeund Leistungsabfall, häufig diffuse Er-krankungen, nicht nachvollziehbare Be-gründungen für das Fernbleiben-Wollenvon der Schule, Schwänzen, auffallendschweigsam und zurückgezogen, negati-ve Verstimmungen und Traurigkeit.

Für die Gemobbten hat das Mobbingschwer wiegende Folgen: Sie werdenkrank und erschöpft durch Dauerstress,Schlafstörungen oder Essstörungen, sieentwickeln heftige und umfassendeSelbstzweifel und Ängste, auch gegenü-ber anderen Menschen. Sie verlieren ihrSelbstwertgefühl. Es können sich psy-chische Erkrankungen entwickeln. DasGefühl von Aussichtslosigkeit kann bishin zu Suizidfantasien oder zum Suizidführen.

Ursachen von Mobbing

Anders als vielleicht vermutet liegt dieUrsache von Mobbing nicht im Charak-ter oder in Persönlichkeitsmerkmalender Betroffenen begründet. Selbstver-ständlich spielen persönliche Eigenartenund Verhaltensweisen wie in allen so-zialen Situationen und Konflikten eine

Rolle, begründen jedoch nicht das mas-senhafte Aufkommen von Mobbing inder Schule. Grundsätzlich gilt: MOB-BING KANN JEDE UND JEDENTREFFEN! Daher sollten auf keinenFall am Gemobbten Gründe oder Ursa-chen für das „Warum“ gesucht werden!

Die Ursachen für Mobbing in der Schu-le sind komplex. Themen wie Um-gangsformen, pädagogische und sozialeKompetenz der Lehrkräfte, Umgang mitKonflikten und Kritik, Kommunikati-onskultur und Kooperation, Wertschät-zung, Organisation des Schul- und Un-terrichtsalltags, Druck durch Noten, Sit-zenbleiben und Abstufung und evtl.auch räumliche Bedingungen sind die-sem Ursachengeflecht zuzurechnen.Selbstverständlich haben auch gesell-schaftliche Entwicklungen (Konkur-renzdenken, Rassismus, ...) und die mo-ralische Haltung der Beteiligten Ein-fluss auf Mobbingprozesse. Zur Entste-hung von Mobbing bedarf es einesNährbodens, der strukturelle Bedingun-gen braucht , wie beispielsweise die Zu-sammensetzung einer Klasse oder dieHierarchisierung des gesamten Schulsy-stems. Gewarnt werden muss vorschnellen, „einfachen“, eindimensiona-len Erklärungsmustern und „Ursache-Wirkungs-Ketten“, die allzu oft in Gut-Böse-Kategorisierungen enden. Dabeientstehen Täter-Opfer-Rollenzuschrei-bungen, die zum einen die Situationnicht auflösen und zum anderen un-berücksichtig lassen, dass ein Gemobb-ter jederzeit zum Mobber werden kannund umgekehrt.

Was kann gegen Mobbing getan werden?

Da sich Mobbing als Prozess vollzieht,in dessen Verlauf die Handlungen „här-ter“ werden und sich seelische und ge-sundheitliche Schäden einstellen kön-nen, gilt es so früh wie möglich zu in-tervenieren. In einem zweistufigen Vor-gehen muss zunächst die konkrete Mob-bingsituation aufgedeckt und der Pro-zess und seine Dynamik gestoppt wer-

Mobbing in der Schulklasse –was Eltern tun können

Von Dorothea Schlegel-Hentrich

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ebhelternbrief14

den („Waffenstillstand“). Dazu gehörtdas Finden und die Ansprache der Be-teiligten (durch Mitschülerinnen undMitschüler, Lehrerinnen und Lehrer, El-tern), die Willensbekundung, dies nichtweiter zu dulden sowie Schutz und Stär-kung des „Untergehenden“. Im zweitenSchritt wird die Konfliktschlichtungmit entsprechender Unterstützung (in-tern oder extern) angegangen. Es sollerreicht werden, dass das Erlebte nichtwieder passiert. Täter-Opfer-Kategori-sierungen und harte Sanktionen sinddafür kontraproduktiv und verschlim-mern die Lage des Gemobbten.

Wenn die Mobbingsituation in derSchule nicht ernst genommen wird, istdas Führen eines Mobbingtagebuchsempfehlenswert, da durch die fortlau-fende Dokumentation einzelner Mob-binghandlungen die tatsächlich vorhan-dene Systematik und Härte deutlichgemacht werden kann.

Grundsätzlich gibt es in einer verhärte-ten Mobbingsituation keine Unbeteilig-ten; an einem solchen Prozess in einerKlasse sind stets ALLE beteiligt. Diestillschweigenden Beobachter werden

als „Dulder“ und „Möglichmacher“ be-zeichnet. Sie ermutigen den Mobber, in-dem sie sein Verhalten unterstützenbzw. nicht einschreiten. Dulder „haltensich raus“, „sehen und hören nichts“.Möglichmacher und Dulder unterschät-zen die Wirkung ihres Verhaltens meistvöllig!

Was können Eltern tun?

Eltern sollten die Schilderungen ihresKindes ernst nehmen. Sie sind die ein-zig verbleibenden Vertrauenspersonen.Äußerungen wie: „Stell dich nicht soan, andere haben so was auch überstan-den, wehr dich, ignoriere die doch!“verspielen dieses Vertrauen. Die Ein-samkeit eines Gemobbten ist unerträg-lich genug, umso dringender braucht erSicherheit wenigstens an einem Ort. Eltern müssen versuchen, die Situationam Entstehungsort zu thematisieren.Nur dort kann interveniert werden! EineKlärung zwischen Eltern vom Gemobb-ten und Mobber (wie es manche Lehr-kräfte gerne vorschlagen, um sich dasProblem vom Hals zu schaffen) ist da-her nicht möglich.

Für den Umgang mit akuten Mobbing-vorfällen in einer Klasse ist es sehr hilf-reich, wenn es an der Schule bereits einzwischen den Mitgliedern der Schulge-meinde verbindlich festgelegtes Vorge-hen gibt.

Erfolgen seitens der Schule keine wirk-samen Interventionen, sollte man durcheinen umgehenden Schulwechsel ausder Mobbingsituation aussteigen. Dasist keine Niederlage, sondern eine Kon-sequenz im Interesse des Kindes, dasvor weiterem Schaden bewahrt werdenmuss.

Was können Mitschülerinnen undMitschüler tun?

Mobbingbetroffene können ihre Situati-on nicht alleine bewältigen, sie brau-chen Unterstützung, nicht nur von Lehr-kräften, auch von Mitschülerinnen undMitschülern. Deren wichtigste Aufgabebesteht darin, so frühzeitig wie möglicheinzugreifen und nicht einfach wegzuschauen, auch wenn sie glauben oderhoffen, dadurch nicht selbst zum Ge-mobbten zu werden. Sie können die Be-troffenen, aber auch Mitschülerinnen

Nr. 99 · III. Quartal · September 2009

Anz

eige

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15ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

und Mitschüler, Lehrkräfte und Elternansprechen, auf das Beobachtete hin-weisen und damit Unterstützung signali-sieren. Sie können auch – in geeignetenSituationen und falls sie sich dazu in derLage fühlen – versuchen, die Mobberauf die Folgen ihres Handelns hinzu-weisen, um Einsicht zu erzeugen. Fallsdies misslingt, bleibt das Signal: Jetzthast du es mit mehreren zu tun, wirwehren uns!

Was kann Schule tun?

Schule sollte einen aktiven Umgang mitdem Thema „Konflikte“ betreiben. Da-zu gehört das Einsetzen von präventivenMaßnahmen wie Streitschlichtern, Me-diation und sozialen Trainingsprogram-

men. Lehrkräfte sollten in der Klasse ei-ne klare und eindeutige Haltung gegenMobbing einnehmen und Normen dage-gen setzen. Der Gemobbte ist darauf an-gewiesen, von ihnen ernst genommenzu werden. Es sollten vermeidbare Kon-fliktquellen wie räumliche Umgebung,Zusammensetzung von Klassen oderPausengestaltung identifiziert werden.

Das Thema Mobbing sollte in Zusam-menarbeit mit Elternbeirat, Schülerver-tretung und Schulkonferenz enttabui-siert werden, denn keine Schule kannoder sollte heute noch behaupten, dassMobbing dort nicht vorkommt. Insge-samt sollte für ein positives Umgangs-klima gesorgt werden, auch im Lehrer-kollegium und im Verhältnis zur Schul-

leitung, um den Nährboden für Mob-bing gar nicht erst entstehen zu lassen.

Die Verantwortung liegt bei allen Betei-ligten – nur wenn aufmerksam undinitiativ gehandelt wird, kann es eineProblemlösung geben.

Dorothea Schlegel-Hentrich, Diplom-Pädagogin Counsellor M.A. EigenePraxis für psychosoziale Beratung inKönigstein. Ein Beratungsschwerpunktsind Erziehungs- und Schulprobleme.Langjährige Erfahrung in Mobbing-beratung.

Weitere Informationen unter www.ausweg-aus-der-krise.de.

Eine Buchbesprechung von Christiane Mikesic-Golz

Unter diesem Titel erschien Anfangdes Jahres im Beltz Verlag ein neuerElternratgeber. Mit großem Interessehabe ich dieses Buch des Autoren-teams Jochen Klein und Detlef Träbertgelesen. Darin thematisieren sie einProblem, mit dem immer mehr El-tern, Kinder und deren Lehrerinnenund Lehrer konfrontiert werden: Lern-probleme und Leistungsstörungen.

Auf 242 Seiten bekommt der Leserpraxisnahe Informationen über dieunterschiedlichen Aspekte des Lern-versagens (Lese- und Rechtschreib-schwäche, Rechenschwäche oder Auf-merksamkeitsstörungen). Darüberhinaus werden hilfreiche Tipps undMethoden zum Umgang mit schuli-

schen Lern- und Leistungsstörungenaufgezeigt, von denen immer mehrSchülerinnen und Schüler betroffensind.

Aus dem Inhalt:• Wie Lern- und Leistungsstörungenentstehen können: Lesen und Schrei-ben lernen, Beeinträchtigungen undStörungen, günstige Lernbedingun-gen• Entlastung für zu Hause: Hausaufga-bensituation, Konzentration, Hilfenbeim Schreiben und Rechnen• Hilfestellungen außerhalb der Fami-lien: Gespräche mit der Schule, sinn-volle Nachhilfe• Anregungen für den Umgang derSchule mit Lernstörungen: „gehirn-gerechtes“ Lernen, Stärkung vonpädagogisch-sozialen Kompetenzen• Wann und wie Lerntherapie helfenkann: Definition, Bedeutung, Wir-kung, Mitarbeit der Eltern• Wie integrative Lerntherapie ausse-hen kann: Kompetenzen und Gren-zen der Familie• Wer und was bei Lernstörungen hel-fen kann: Anlaufstellen, begleitendeBerufe, andere therapeutische Ansätze.

An diesem Buch hat mir besondersgut gefallen, dass es die Problematikder Lernschwierigkeiten nicht isoliertbetrachtet, sondern dass das Kind mitall seinen Lebenserfahrungen im Mit-telpunkt steht. Dieses Buch gibt Anre-gungen und Hilfestellungen und er-mutigt Eltern ihre Kinder darin zuunterstützen, mehr Selbstvertrauenin die eigenen Fähigkeiten zu ent-wickeln. Wesentlich ist doch, den Kin-

dern aufzuzeigen, sich selbst zu helfen.Ganz im Sinne von Maria Montessori:„Hilf mir, es selbst zu tun“.

Darüber hinaus werden Eltern überverschiedene Lernmethoden und The-rapiemöglichkeiten informiert. Zu je-dem Bereich bieten die Autoren wei-terführende Literatur an. Adressenvon Hilfs- bzw. Beratungsstellen undElterninitiativen werden ebenfalls ge-nannt.

Die Autoren:Dr. Jochen Klein ist Lerntherapeut undElternberater. In Hamburg leitet er diePraxis „Lesen und Schreiben“ für Kin-der mit Lernstörungen und derenEltern. In seinem eigenen Institut„Kreisel e.V.“ bietet er eine bundes-weite Ausbildung zum Lerntherapeu-ten sowie ständige Fortbildungsveran-staltungen an.

Detlef Träbert, Diplom-Pädagoge, istVorsitzender der „Aktion HumaneSchule“ und bietet über den Schulbe-ratungsservice „Schubs“ vor allemElternberatung und Elternschulungdurch Vorträge und Workshops sowieFortbildung für Lehrer und Therapeu-ten an. Für diesen ebh-elternbriefschrieb er den Beitrag „Die schlimme7a – Zu (Selbst-)Disziplin erziehen“(Seite 6/7).

Jochen Klein; Detlef Träbert: Wenn esmit dem Lernen nicht klappt. Schlussmit Schulproblemen und Familien-stress. Erschienen im Beltz-Verlag2009. ISBN 978-3-407-22913-7. Preis: 14,95 Euro

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16 ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

Liebe Kerstin, zunächst möchte dieRedaktion des ebh-elternbriefs dir ganzherzlich zur Wiederwahl gratulieren.Hat deine Wiederwahl dich überraschtoder hattest du damit gerechnet?

Vielen Dank für die Gratulation! Ichhatte im Vorfeld der Wahl zahlreicheRückmeldungen von Eltern, von Kreis-und Stadtelternbeiräten, die sich sehrpositiv über die bisherige Arbeit desLandeselternbeirates geäußert haben.Diese Eltern haben sich sehr gewünscht,dass der LEB weiterhin transparent undvernetzt arbeitet und haben mich aufge-fordert, wieder zu kandidieren. Das warsehr wichtig für mich, denn es hat mirgezeigt, dass wir auf dem richtigen Wegin der hessischen Elternarbeit sind. Die-se Form der Zusammenarbeit mit El-ternbeiräten in Hessen werden wir un-bedingt fortführen.

Was erwartest, was erhoffst du dir vonder Arbeit im neuen Landeselternbei-rat?

Ich habe den Eindruck, dass HessensEltern sehr gute Vertreterinnen undVertreter in das Gremium gewählt ha-ben. Alle Mitglieder sind sehr engagiertund sehr interessiert in den Sachfragen.Meine beiden Stellvertreter Uwe Schwe-des und Heike Bickel sind, wie schon ihrVorgänger Armin Wagner, sehr kompe-tent. Ich freue mich auf die Zusammen-arbeit und denke, dass wir die Eltern-rechte in Hessen gut vertreten werden.

Welche werden die wichtigsten The-men der nächsten Jahre sein? Konnteder neue Landeselternbeirat darüberschon beraten?

Aus meiner Sicht werden die wichtigstenThemen die selbständige Schule, die Bil-dungsstandards, G8 und die Frage, wiees mit unseren Hauptschulen weiterge-hen wird, sein. Gerade bei der selbstän-

digen Schule sehe ich die große Aufga-be, am Selbstverständnis der Demokra-tie an der Schule zu arbeiten. Partizipa-tion von Eltern, Schülerinnen undSchülern darf nicht in Frage gestelltwerden. Nur wenn alle beteiligt sind,kann dieses Projekt gelingen. Darin gibtes für die Partizipation Chancen, ich se-he aber auch Risiken. Wir werden je-denfalls sehr genau hinschauen. Daswerden wir im Übrigen auch, wenn wirdie erforderliche Novellierung des hes-sischen Schulgesetztes zu diskutierenhaben.

In den letzten drei Jahren musste derLandeselternbeirat ohne hauptamtlicheGeschäftsführung auskommen, weildas Kultusministerium es zwei Jahrelang nicht geschafft hat, nach demAusscheiden der alten Geschäftsführe-rin die Stelle neu zu besetzen. Wie solldas weitergehen?

In den vergangenen drei Jahren muss-ten wir tatsächlich ohne die Unterstüt-zung durch eine Geschäftsführung aus-kommen. Das führte zu erheblichen Rei-bungsverlusten. Bis zum heutigen Taghabe ich nicht verstanden, weswegen esnicht möglich war, diese Stelle neu zubesetzen. Wir freuen uns darauf, dass abAnfang August beide Stellen in der Ge-schäftsstelle des LEB neu besetzt wer-den.

Zum ersten Mal in der Geschichte desLandeselterntags war die amtierendeKultusministerin nicht persönlich an-wesend. Das war befremdend und eini-ge der Delegierten waren darüber rechtempört. Gab es nach der Wahl bereitsKontakte zu Kultusministerin Henzler?Und wie wird die Zusammenarbeit sichgestalten?

Das eigentliche Problem war, dass nie-mand es für nötig erachtet hat, den LEBüber die Tatsache zu informieren, dass

die Kultusministerin nicht anwesendsein wird. Wir alle waren sehr über-rascht, den Staatssekretär Brockmannin ihrer Vertretung zu sehen. Ich denke,dass dieser Sachverhalt bei vielenEltern zu dem geäußerten Ärger geführthat. Inzwischen hat es Kontakte mitFrau Kultusministerin Henzler gegeben.Ich bin mir sicher, dass sie an einerkonstruktiven Zusammenarbeit mit demLEB interessiert ist. Aus unserer Sichtist das jedenfalls möglich.

Wie geht es weiter mit dem ELAN-Projekt?

Wir wünschen uns sehr, dass diesesProjekt weiter geführt wird. Für denkommenden Haushalt sind für dasELAN-Projekt wieder Mittel eingestelltworden. Wir wollen auch weiterhin,dass aktive und qualifizierte ElternFortbildungen für Eltern durchführenkönnen und werden viel Energie in die-ses Ziel investieren.

Was wünscht du dir für die nächstendrei Jahre?

Es wird in den kommenden Jahrengroße Projekte an den hessischen Schu-len geben. Ich wünsche mir, dass hessi-sche Eltern sich einbringen und anihren Schulen zu Wort kommen und dieInteressen der Schülerinnen und Schülerund der Eltern klar vertreten werden.Der Landeselternbeirat wird alles tun,um sie dabei zu unterstützen.

Wir danken dir für das Gespräch undwünschen dem neuen Landeselternbei-rat drei Jahre produktiver und kon-struktiver Arbeit.

Das Interview führte Hannah de Graauw-Rusch.

In der Elternarbeit sind wir in Hessen auf dem richtigen Weg

Ein Interview mit Kerstin Geis, Vorsitzende des Landeselternbeirat von Hessen

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17ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

Einladung zur ordentlichen Mitglieder-versammlung des elternbund hessen e. V.

am Samstag, 28. November 2009von 10.00 bis ca. 13.00 Uhr

in der IGS-NordendHartmann-Ibachstr. 54-58, 60389 Frankfurt am Main

Liebe Mitglieder des elternbund hessen,hiermit laden wir Sie/Euch herzlich ein zu unsererdiesjährigen Mitgliederversammlung.

In Anbetracht der Tatsache, dass wir unser 30-jährigesJubiläum mit einer großen Matinee am 1. November2009 in Gießen feiern, hat der Vorstand ent-schieden, dass die diesjährige Mitgliederver-sammlung nur im kleinen Rahmen stattfin-den soll.

Tagesordnung

1. Eröffnung und Begrüßung2. Rechenschaftsbericht des Vorsitzenden3. Rechenschaftsbericht des Schatzmeisters4. Bericht der Kassenprüfer5. Bericht aus der Redaktion „elternbrief“6. Aussprache7. Entlastung des Vorstandes8. Berichte aus anderen Organisationen9. Beratung vorliegender Anträge10. Verschiedenes

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrmitteln:Ab Frankfurt-Hauptbahnhofmit der U-Bahn (Linie U4 Rich-tung Bornheim/SeckbacherLandstraße) bis Bornheim-Mitte. Von da ca. 5 Minuten Fußweg.

mit dem Auto:Parkplätze finden Sie in denumliegenden Wohnstraßen, z. B. in der Comeniusstraße.

Fiona Merfertist neue hessischeLandesschul-sprecherinDie hessische Landesschülervertretung

(LSV) wählte im Juni 2009 eine neue

Sprecherin. Notwendig war die Neu-

wahl, weil die bisherige Amtsinhaberin

Katharina Horn Abitur gemacht hat und

zurückgetreten war. Gewählt wurde

Fiona Merfert (Offenbach), ihre Stell-

vertreter sind Gerrit Gissel (Gießen)

und Tim Huß (Darmstadt). Fiona Mer-

fert versprach, den erfolgreichen Kurs

der LSV fortzusetzen und energisch für

eine gerechtere Bildungspolitik zu kämp-

fen. Einen Schwerpunkt will sie dabei

auf die Basisarbeit legen. „Eine Demo-

kratie braucht eine demokratische Schu-

le“, sagte Merfert, „Grundlage dazu ist

das Schulparlament.“ Gerrit Gissel for-

derte „neue Akzente in der hessischen

Bildungspolitik“ und die Einhaltung der

Wahlversprechen, insbesondere die Ein-

stellung von neuen zusätzlichen Lehr-

kräften. Tim Huß sprach sich in seiner

Kandidaturrede gegen das flächen-

deckende Förderschulsystem aus; das

„Abschiebungsmodell“ sei „diskriminie-

rend und veraltet“.

Der Vorstand des elternbund hessen

dankte Katharina Horn für die gute Zu-

sammenarbeit: „Du hast in vorbildli-

cher Art und Weise die LSV repräsen-

tiert und warst dem elternbund hessen

gegenüber immer eine solidarische

Bündnispartnerin“, so Michael Pach-

majer in einem Dankesschreiben.

Dr. Sven Bade gratulierte dem neuen

LSV-Vorstand zur Wahl und sprach die

Hoffnung aus, dass die Zusammenar-

beit auch in Zukunft so weitergeführt

werden kann.

TagungsortIGS-Nordend

Hartman-Ibach-Str. 54-58

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ebhelternbrief18Nr. 99 · III. Quartal · September 2009

Pädagogische Maßnahmen undOrdnungsmaßnahmen

Mein Sohn (3. Klasse) soll für einen Tagvom Unterricht ausgeschlossen werden.Er hat in allen Fächern gute Noten, aberim Sozialverhalten bekommt er meistenseine 4 oder 5, weil er sich auf dem Schul-hof mit anderen Jungs rauft und im Un-terricht den Clown spielt.

Der Ausschluss vom Unterricht ist eineOrdnungsmaßnahme, geregelt im Hes-sischen Schulgesetz (§ 82) und in der„Verordnung über das Verfahren beiOrdnungsmaßnahmen“. Nachstehenddie wichtigsten Informationen inKürze.

Pädagogische Maßnahmen

Bei Unterrichtsstörungen oder Konflik-ten auf dem Schulhof sind als erstespädagogische Maßnahmen angesagt,wie Gespräche mit den Schülerinnenund Schülern und deren Eltern, einemündliche oder schriftliche Missbilli-gung, Nachholen von versäumtem Un-terricht oder Wegnahme von Gegen-ständen. Wenn diese pädagogischenMaßnahmen nicht zum gewünschtenErfolg führen, kann die Schule Ord-nungsmaßnahmen verhängen.

Ordnungsmaßnahmen

Zu den Ordnungsmaßnahmen zählen 1. Ausschluss vom Unterricht für den

Rest des Tages 2. Ausschluss von besonderen

Schulveranstaltungen3. Androhung der Zuweisung in eine

Parallelklasse4. Zuweisung in eine Parallelklasse5. Androhung der Überweisung in eine

andere Schule6. Überweisung in eine andere Schule7. Androhung der Verweisung von der

besuchten Schule 8. Verweisung von der besuchten

Schule

Körperstrafen und Schmähungen sindausdrücklich verboten. Ordnungsmaß-nahmen müssen angemessen sein undrechtzeitig erfolgen. Sie dürfen nur bei„erheblichen“ (1. bis 4.) bzw. bei „be-sonders schweren“ (5. bis 8.) Störun-gen des Schulbetriebs verhängt wer-den. Sie sind keine „Bestrafung“, esgeht darum – so steht es in der Verord-

nung – Einsicht zu gewinnen undLösungen für die Konflikte zu finden.

Die Entscheidung über Ordnungsmaß-nahmen trifft die Schulleitung bzw. (inden Fällen 6 und 8) das StaatlicheSchulamt. Den Antrag stellt die Lehre-rin bzw. der Lehrer (Nr. 1) oder (in al-len anderen Fällen) die Klassenkonfe-renz (= alle Lehrkräfte, die in der Klas-se unterrichten). In allen Fällen mussvorher die Schülerin oder der Schülerangehört werden, in den Fällen 2 bis 8auch die Eltern.

Ordnungsmaßnahmen werden in derSchülerakte dokumentiert, müssenaber spätestens am Ende des zweitenSchuljahres nach der Eintragunggelöscht werden, es sei denn, es gabwährend dieser Zeit weitere Ordnungs-maßnahmen.

Rechte der Eltern

Die Eltern müssen über bevorstehendeOrdnungsmaßnahmen und deren Be-gründung schriftlich informiert wer-den. Außerdem müssen sie zu einemGespräch eingeladen werden. Zu die-sem Gespräch können sie eine Personihres Vertrauens mitnehmen. Manch-mal ist es sinnvoll, den Schulpsycholo-gischen Dienst mit einzubeziehen. Daskann auf Wunsch der Schule, aberauch auf Verlangen der Elterngeschehen.

Mitglieder des Schulelternbeirats unddie Eltern-Mitglieder der Schulkonfe-renz haben das Recht, an den Klassen-konferenzen teilzunehmen (vgl. § 110Abs. 6 bzw. § 132 HSchG).

Rechte der Schülerinnen und Schüler

Auch die Schülerinnen und Schüler ha-ben das Recht, jemanden mitzuneh-men, z. B. ihre Eltern, einen Mit-schüler, eine Lehrerin ihres Vertrauens.

Mitglieder der Schülervertretung unddie Schüler-Mitglieder der Schulkonfe-renz können an den Klassenkonferen-zen teilnehmen (vgl. § 122 Abs. 2 bzw.§ 132 HSchG).

Volljährige Schülerinnen und Schüler

Volljährige Schülerinnen und Schülermüssen direkt über bevorstehende

Ordnungsmaßnahmen und deren Be-gründung schriftlich informiert wer-den.

Ausnahme: Wenn es um eine Überwei-sung in eine andere Schule oder umeinen Verweis (Nr. 5 bis 8) geht, müs-sen ihre Eltern informiert werden, essei denn, die Schülerin oder derSchüler hat der Information der Elternwidersprochen (vgl. § 72 Abs. HSchG).

Thema: Kopfnoten

Kopfnoten sind regelmäßig Thema amebh-Elterntelefon. Kinder empfinden sieoft als ungerecht, Eltern als nicht-nach-vollziehbar. Kopfnoten müssen nichtsein, es gibt pädagogisch sinnvollere Me-thoden, das Arbeits- und Sozialverhaltenvon Kindern und Jugendlichen zu bewer-ten und – und das sollte das Ziel sein –zu verbessern.

An vielen hessischen Schulen wird dasArbeits- und Sozialverhalten im Zeug-nis mit einer Note bewertet („Kopfno-ten“). Oft werden damit Kinder, die„stören“, so noch mal zusätzlich be-straft – und zwar mit einem auspädagogischer Sicht völlig ungeeigne-tem Instrument. Darauf weist derGrundschulverband in einer Pressemit-teilung vom 17. Juni hin.

Natürlich müssen Lernmotivation,Arbeitssorgfalt, Konfliktfähigkeit u. Ä. m.gelernt und gefördert werden, von derSchule und vom Elternhaus. DerGrundschulverband fordert aber zurBewertung des Arbeits- und Sozialver-haltens pädagogisch angemesseneRückmeldungen, d. h. schriftliche Be-urteilungen mit individuellen Zielset-zungen, aktiver Beteiligung der Kinderund individuellen Formulierungen.

Bewertung muss sein – Kopfnoten aber nicht

In den allgemein bildenden Schulen inHessen ist eine Bewertung für das Ar-beits- und Sozialverhalten im ZeugnisPflicht. Die Beurteilung erfolgt durch dieKlassenkonferenz. In der Regel geschiehtdas in Form von Noten oder Punkten, ei-ne Schule kann aber die Beurteilung desArbeits- und Sozialverhaltens durchschriftliche Aussagen ergänzen oder er-setzen (vgl. § 73 Abs. 1 HSchG).

RAT UNDRAT UND

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HILFEHILFE 19ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

Geregelt ist das in § 20 der „Verord-nung zur Gestaltung des Schulverhält-nisses“: In der Grundschule sind Noten die Re-gel, aber die Gesamtkonferenz kanneine verbalisierte Form beschließen.Der Beschluss gilt für alle Klassen.Mischformen sind in der Grundschulenicht möglich.In den Klassen 5 bis 10 sind Notenoder Punkte die Regel. Diese können –auf Beschluss der Gesamtkonferenz –durch schriftliche Aussagen ergänztwerden. „Im Rahmen eines schuli-schen Erziehungskonzepts“ kann dieGesamtkonferenz entscheiden, auf No-ten für das Arbeits- und Sozialverhal-ten ganz zu verzichten und diese durchschriftliche Aussagen zu ersetzen. Auchhier gilt, dass die Beschlüsse für dieganze Schule gelten.

Die Kriterien für das Arbeits- und Sozi-alverhalten legt die Gesamtkonferenzfest, Erläuterungen dazu sind in Anlage3 der oben genannten Verordnung be-schrieben.

Eltern haben Rechte

Die Klassenlehrerin oder der Klassen-lehrer ist verpflichtet, gegenüber denEltern bzw. volljährigen Schülerinnenund Schülern – sofern diese das wün-schen – die Beurteilungen des Arbeits-und Sozialverhaltens zu begründen(Gestaltungsverordnung § 20 Abs. 5).

Und auch die Elternvertretung kann et-was verändern: Obwohl die Form derBeurteilung eine Entscheidung der Ge-samtkonferenz ist, können Elterndurchaus Einfluss nehmen, denn dieSchulkonferenz hat das Recht gegenü-ber anderen Konferenzen – also auchgegenüber der Gesamtkonferenz – Empfehlungen abzugeben (§ 128 Abs. 2HSchG). Die Eltern-Mitglieder in derSchulkonferenz können das Thema aufdie Tagesordnung setzen. Der Anstoßdazu kann aus dem Schulelternbeiratkommen. Eine Initiative der Elternkönnte also der Anfang einer Verände-rung sein!

Die Pressemitteilung des Grundschul-verbandes und eine ausführliche Dar-stellung der Argumentation finden Sieim Internet: www.grundschulverband.de.

Kooperative Gesamtschulen: G8 oder G9

Ich bin Elternbeirat im Gymnasialzweigeiner Kooperativen Gesamtschule undhätte gern Informationen über die Um-wandlung von G8 in G9.

In den Kooperativen (schulformbezoge-nen) Gesamtschulen (KGS) kann derGymnasialzweig entweder als G8, d. h.5-jährig (Klassenstufen 5 bis 9) oder alsG9, d. h. 6-jährig (Klassenstufen 5 bis10) organisiert werden (§ 26 Abs. 1 Satz5 HSchG). Die Entscheidung darübertrifft die Schulkonferenz (§ 129 Nr. 4HSchG). Die Zustimmung des Schulel-ternbeirats (§ 110 Abs. 2 HSchG) undder Schülervertretung (§ 122 Abs. 5HSchG) ist erforderlich. Die Regelunggilt dann ab dem nächsten Schuljahrfür die kommenden fünften Klassen.

Es besteht die Möglichkeit auch inhöheren Klassen, die bereits nach G8unterrichtet werden, zu G9 zurückzu-kehren, allerdings nur dann, wenn alleEltern einer Jahrgangsstufe (eine„Mischform“ innerhalb einer Jahr-gangsstufe ist nicht möglich!) sich ein-stimmig für einen Wechsel nach G9aussprechen und dies von der Schul-konferenz so beschlossen wird. Sollteauch nur ein Elternteil eines Kindes indieser höheren Jahrgangsstufe sich fürdie Beibehaltung von G8 aussprechen,ist ein Wechsel zu G9 gegen den Willendieser Eltern nicht möglich. Eine Mehr-heitsentscheidung ist ebenfalls ausge-schlossen. Begründet wird das mit dem„Bestandsschutz“: Diese Eltern habenihre Kinder auf G8 eingeschult und diehaben den Anspruch, bis Abschluss derMittelstufe G8 weiter zu besuchen.

Inzwischen sind zum Schuljahr 2009/2010 ca. ein Drittel (42 von 123) derKooperativen Gesamtschulen in Hessenzu G9 zurückgekehrt. Über die Anzahlder KGSen, die auch in höheren Jahr-gängen diesen Schritt vollzogen haben,liegen uns keine Daten vor.

Die Rückkehr zu G9 ist den Gymnasienverwehrt, sie müssen alle nach G8unterrichten.

Änderungen im Schulgesetz – geklärt!

Im letzten elternbrief (Nr. 98, S. 19) be-richteten wir über eine Unklarheit nachder Änderung von § 129 HSchG. Eingefügt

wurde ein neuer Punkt 4: „Die Schulkon-ferenz entscheidet über ... die 5- oder 6-jährige Organisation des Gymnasialzwei-ges an kooperativen Gesamtschulen“. Da-durch war eine Unklarheit entstanden inBezug auf § 110 Abs. 2 und 3, die dieMitwirkungsrechte des Schulelternbeiratsbei Entscheidungen der Schulkonferenzregeln.

Bei der anstehenden Schulgesetz-No-vellierung, die voraussichtlich im Sep-tember beschlossen wird, ist eine Än-derung des § 110 Abs. 2 vorgesehen:„Der Zustimmung des Schulelternbei-rates bedürfen Entscheidungen derSchulkonferenz nach § 129 Nr. 1 bis 7und der Gesamtkonferenz nach § 133Nr. 3 bis 5.“ Das bedeutet, dass für dieEntscheidung G8 oder G9 in Kooperati-ven Gesamtschulen die Zustimmungdes Schulelternbeirats und der Schüler-vertretung erforderlich ist.

Unverständlich bleibt, dass § 129 Abs.3 nicht verändert wurde. Dieser müsstejetzt lauten: „Der Schulelternbeirat istanzuhören vor Entscheidungen derSchulkonferenz nach § 129 Nr. 8, 10und 11, bevor die Schulleiterin oderder Schulleiter Maßnahmen trifft, diefür das Schulleben von allgemeinerBedeutung sind, und vor der Auswahlvon zugelassenen Schulbüchern.“ Wirwerden uns noch mal erkundigen.

Schulgesetz und Verordnungen im Internet: www.kultusministerium.hessen.de, Recht.

Sie können diese Seiten heraus-trennen und extra aufbewahren. Sie können sich auch jede Seite

z. B. auf DIN A3 vergrößert kopierenund in der Schule aushängen.

hilft. Oder schicken Sie ein Fax: 069-596 26 95 oder eine E-Mail:

[email protected] Tipps und Anregungen

finden Sie auch in den ebh-Eltern-Ratgebern.

(Siehe hintere Umschlagseite)

Noch Fragen

Dasebh-Eltern-

telefon 069 553879

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ebhelternbrief20Nr. 99 · III. Quartal · September 2009

ebhaktiv

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ebh aktiv

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ebhaktiv

ebhaktivebhaktiv

Am 28. Mai wandte sich Dr. Sven Bade,ebh-Vorsitzender, an die FrankfurterBildungsdezernentin Frau Jutta Ebe-ling und an das Staatliche Schulamt.Er bemängelte das Chaos beim Über-gang in die weiterführende Schule. SeitJahren fehlen in Frankfurt Plätze an In-tegrierten Gesamtschulen und an Gym-nasien. Das führt dazu, dass Kinder kei-nen Platz an einer der drei gewünschtenSchulen bekommen und sehr langeSchulwege in Kauf nehmen müssen. Inseinem Schreiben fordert er u. a. mehrTransparenz bei der Zuweisung und ei-ne Schulentwicklungsplanung, die demElternwillen gerecht wird. Frau Lichten-held vom Staatlichen Schulamt sagte zu,den Vorschlag von Dr. Sven Bade, deram 22. Juni auf dem Podium einer Ver-anstaltung des Stadtelternbeirats Frank-furt zu diesem Thema saß, aufzugreifen,Elternvertreter an einer Arbeitsgruppedes Schulamtes zur Analyse und Ver-besserung der Schulzuweisung zu betei-ligen.

Am 13. Juni fand in der Geschäfts-stelle eine ordentliche Vorstandssit-zung statt. Themen waren u. a. dieNeuwahl des Landeselternbeirats, dieEntwicklung der ebh-Finanzen und dieVorbereitung der 30-Jahr-Feier.

Am 15. Juni erklärte der elternbundseine Unterstützung für die Schulak-tionswoche der IGS-Herder, die ge-gen die räumlichen Bedingungen pro-testierte. „Es ist ein Skandal, wie dieStadt als Schulträger die notwendigenUmbaumaßnahmen seit Jahren verzö-gert“ erklärte Dr. Sven Bade in einerPressemitteilung. „Eine IGS brauchtneben einem sehr guten Schulkonzeptauch die materielle Ausstattung, um die-ses Konzept im Schulalltag umzusetzen.Nur so können die hohen Qualitätsan-sprüche und die reformpädagogischenAnsätze Wirklichkeit werden.“

Am 15. Juni nahm der ebh-Vorsitzen-de Sven Bade teil an einer Veranstal-tung der GEW Frankfurt: „WahreBildung oder Ware Bildung? Mit der

so gen. selbständigen Schule in dieÖkonomisierung von Schule?“. DieÜberlegungen des elternbundes zur„Selbständigen Schule“ finden Sie inder Pressemitteilung vom 27. April aufunserer Homepage.

Am 24. Juni drückte der elternbundseine Verwunderung und Empörungdarüber aus, dass die Klassen in denGrundschulen im nächsten Schuljahroffenbar größer statt kleiner werden.Zwar werden im kommenden Schuljahrdie Eingangsklassen durch den Wegfallder „Sternchenregelung“ kleiner, gleich-zeitig gibt es am ebh-Elterntelefon vieleBeschwerden von Grundschuleltern,dass existierende Klassen zusammenge-legt werden. „Das Kultusministeriumsoll den Eltern nicht länger etwas vor-machen: Wer kleinere Klassen will,muss zusätzliche Lehrkräfte einstel-len!“, so Dr. Sven Bade. Auch in sei-nem Gespräch mit KultusministerinHenzler wurde dieses Thema angespro-chen. Mit Erfolg: Am 9. Juli verfügtedas Kultusministerium per Erlass, dassauch bei der Zusammenlegungen vonGrundschulklassen die Höchstzahl von25 nicht überschritten werden darf.

Am 25. Juni forderte der elternbundhessen das Land Hessen auf, endlichausreichend Plätze im GemeinsamenUnterricht zu schaffen. Anlass war einSchreiben des Personalrats der Römer-stadtschule in Frankfurt, in dem dieserschilderte, wie viele Eltern sich um diewenigen Plätze im Gemeinsamen Unter-richt bewerben. Dr. Sven Bade fordertedas Kultusministerium auf, die UN-Konvention über die Rechte von Men-schen mit Behinderungen in Hessenumzusetzen.

Am 26. Juni fand im HessischenLandtag die Anhörung zu den ge-planten Veränderungen des Hessi-schen Schulgesetzes und des Lehrer-bildungsgesetzes statt. Dr. Sven Bade,ebh-Vorsitzender, erläuterte die Stellun-gnahmen des elternbundes. Nachzulesenauf der Homepage (Aktuelles, Presse-mitteilungen).

Am 26. Juni veröffentlichte dieFrankfurter Neue Presse einen Bei-trag von Dr. Sven Bade mit der Über-

schrift „So kann Schule besser wer-den“. Er fordert u. a. mehr Zeit undRaum für Lernprozesse und pädagogi-sche Beziehungen, eine bessereSchüler-Lehrer-Relation, eine Reformder Lehrerausbildung und eine Entla-stung der Lehrer durch Schulpsycholo-gen, Sozialpädagogen und Verwaltungs

Am 27. und 28. Juni fand in Fuldader Landeselterntag mit Neuwahl desLandeselternbeirats statt. KerstinGeis, Mitglied des ebh-Vorstandes,wurde mit großer Mehrheit in ihremAmt als LEB-Vorsitzende bestätigt. Ineiner Pressemitteilung gratulierte SvenBade ihr zu ihrer Wiederwahl: „Daszeigt, dass die faire und basisnahe Ar-beit des Landeselternbeirats in den letz-ten drei Jahren von der Elternschaft inHessen geschätzt und gewürdigt wird“.Siehe auch Seite 16.

Am 1. Juli erschien in der Frankfur-ter Neue Presse ein Interview mitdem ebh-Vorsitzenden zum ThemaSchulzeitverkürzung. Inzwischen wol-len viele Schulen zurück zu G9. Dazusagte Dr. Sven Bade u. a. „Mein Vor-schlag ist: Wieder sechs Jahre Unter-richt in der Sekundarstufe 1. Das Jahrkönnen die Schüler später in der Se-kundarstufe 2 überspringen.“

Am 8. Juli gab es im WiesbadenerLandtag ein Gespräch des ebh-Vor-sitzenden mit Kultusministerin Doro-thea Henzler. Im Mittelpunkt des aus-führlichen Gesprächs, das in angeneh-mer Atmosphäre verlief, stand die Qua-lität des Unterrichts. Aber auch andereThemen, wie die Zusammenlegung vonGrundschulklassen und die Zukunft derIntegrierten Gesamtschulen wurden an-gesprochen.

Am 10. Juli 10.07.2009 interviewtedas HR-Info-Radio den Vorsitzendendes elternbundes zum Thema Zeug-nisse und Noten. Er riet den Eltern zurGelassenheit auch bei nicht so gutenNoten. Wichtig sei es, eine liebevolleBeziehung und den Familienfrieden auf-rechtzuerhalten sowie das Kind zu un-terstützen und gezielt zu fördern.

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Unsere Kontaktstellenelternbund hessen e.V.

ebh-Geschäftsstelle Frankfurt Oeder Weg 56, 60318 Frankfurt/MainTel. 069-55 38 79, Fax 069-596 26 95, E-Mail: [email protected]üro-Zeiten: Montag, Dienstag undDonnerstag von 12.00 bis 15.00 Uhr.An den anderen Tagen ist der Anrufbe-antworter eingeschaltet. Sie erreichenuns rund um die Uhr per Fax und per E-Mail. (s. oben)

ebh-Kontaktstelle Darmstadt-DieburgBarbara WalterTel.: 06167-535 Fax: 06167-91 36 08 [email protected]

ebh-Kontaktstelle FrankfurtMichael PachmajerTel.: [email protected]

ebh-Kontaktstelle FuldaHelmut ReinkeTel.: [email protected]

ebh-Kontaktstelle Kassel/NordhessenChristine BeckerTel.: 0561-5214524Fax: [email protected]

ebh-Kontaktstelle Main-Kinzig-KreisHorst SchmidtTel.: [email protected]

ebh-Kontaktstelle Main-Taunus-KreisRegina VischerTel.: 06192-42198Fax: [email protected]

ebh-Kontaktstelle MarburgGabriele LederTel.: 06421-64377 Fax: 06421-617863 [email protected]

ebh-Kontaktstelle OffenbachChristiane Mikesic-GolzTel.: [email protected]

ebh-Kontaktstelle WiesbadenGerhard UebersohnTel.: 06122-6326

ebh-Kontaktstelle WiesbadenKerstin GeisTel.: [email protected]

ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

Wir braucheneine Ombuds-stelle!Eine Polemik von Thea Grimmig

Unser Schulsystem muss das besteder Welt sein, oder? Haben Sieschon einmal probiert, Schwierig-keiten Ihres Kindes mit dem Klas-senklima, den Mitschülern odermit der Unterrichts- oder Bezie-hungsgestaltung eines Lehrers aus-schließlich auf schulische Ursa-chen zurückzuführen und diesdort zu kommunizieren? In derHoffnung oder gar der festen An-nahme ernst genommen zu wer-den und Konsequenzen zugunstenIhres Kindes zu erleben?

Eltern machen diesen Versuch inder Regel nur einmal. Denn sielernen schnell: Mit solcherlei In-terventionen schaden sie ihremKind eher als ihm zu helfen. Diegeballte Institution wird antretenund beweisen, dass die Ursache

der Probleme im Kind selbst liegtoder in der häuslichen Situationliegen muss. Es werden Fragen ge-stellt und – in jüngerer Zeit zuneh-mend – gleich Diagnosen: VonADS („Geben Sie Ihrem Kind dochRitalin“) bis zu vermuteten Kon-flikten zwischen den Eltern ist al-les im Angebot. „Gehen Sie zumPsychologen, machen Sie eine Fa-milientherapie, gehen Sie zur Er-ziehungsberatung …“ sind belieb-te Rat-Schläge.

In keinem Fall kann es an derSchule oder den Akteuren dort lie-gen. Schulleiter, Klassenlehrer,Schulpsychologen und Sonder-pädagogen werden dies mit demihnen – qua Amt und Position –selbstverständlich eigenen fachli-chen know-how mit Nachdruckaufzeigen. Die Situation ist ver-gleichbar schwierig oder aussichts-los wie wenn man den Nachweiseines ärztlichen Fehlers führenmöchte. „Die eine Krähe hacktder anderen kein Auge aus“. Die-ses alte Sprichwort trifft hier insSchwarze.

Wie viele Eltern haben schon er-lebt, dass ihnen informell ihre Er-fahrungen und Einschätzungen so-gar bestätigt werden, aber offizi-ell – keine Chance, man könnte jader Nächste sein, wo kämen wirdenn hin, wenn Fehler zugegebenwürden ….

Wir brauchen eine Ombudsstelle!Immer wieder wird in diesem Zu-sammenhang auf die Aufgabenund die Neutralität der Staatli-chen Schulämter hingewiesen. Esdarf – dies belegen zu viele gegen-teilige Erfahrungen – getrost ge-zweifelt werden!

In diesem Sinne: Gehen Sie zumPsychologen und lassen Sie ich fitmachen für den Kampf um dasWohlergehen Ihres Kindes in derSchule! (Manchmal hilft auchein guter Rechtsanwalt.)

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Alle Angaben ohne Gewähr!

Abendveranstaltungen„Von der Lust am Lernen“ab Do. 3. Sept. 2009, 4 AbendeFrankfurt, SaalbauRingvorlesung im Rahmen des Jubiläums„35 Jahre Freie Schule Frankfurt“.Programm mit allen Themen und Referen-ten unter www.freieschulefrankfurt.de

„Freiheit in Grenzen – Montessori-Pädagogik für zu Hause“ab Mi. 4. Nov. 2009, 20.00 Uhr, 4 AbendeKriftel, Montessori-KinderhausMaria Montessori hat vor 100 Jahren einePädagogik begründet, die nach heutigenwissenschaftlichen Erkenntnissen hochak-tuell ist. Achtung vor dem Kind und seinerEntwicklungstätigkeit ist eine der wichtig-sten Säulen der Montessori-Erziehung.Dieser Kurs richtet sich an alle, die mitKindern zu tun haben.www.vhs-mtk.de

„Die Gute Schule – was erwartet die Wirtschaft?“ Mi. 11. Nov. 2009, 19.30 Uhr Frankfurt, Gagern-Gymnasium, mit RA Jörg E. Feuchthofen,Geschäftsführer der VhUStadtelternbeirat Frankfurt und VereinEltern für SchuleKostenbeitrag: Eltern 5,00 Euro, Lehrkräfte 6,00 Eurowww.steb-ffm.de

„Welche Lehrer braucht das Land?“mit Prof. Dr. Udo Rauin, JWG-UniversitätFrankfurt, Mi. 2. Dez. 2009, 19.30 Uhr Frankfurt, Gagern-Gymnasium, Stadtel-ternbeirat Frankfurt und Verein Eltern fürSchuleKostenbeitrag: Eltern 5,00 Euro,Lehrkräfte 6,00 Eurowww.steb-ffm.de

Tagesveranstaltungen„Gemeinsam Verantwortung übernehmen– Eltern gestalten kulturelle Vielfalt in Schule“Sa. 19. Sept. 2009, 9.00 - 16.00 UhrSchuldorf Bergstraße/Seeheim-JugenheimHessisches Kultusministerium, Landesel-ternbeirat von Hessen in Kooperation mitdem Staatlichen Schulamt Darmstadt-Die-burg: 3. Fachtag mit verschiedenen Work-shops und einem Gastvortrag von Dr. Jan-Uwe Rogge „Was Kinder und Jugendlicheheute brauchen“. (Weiter nächste Spalte)

Kostenbeitrag: 5,00 EuroEine Anmeldung ist erforderlich!Fax 069/389 89 606, z. Hd. Petra Beckeroder E-Mail [email protected]

„Hilfe, mein Kind hat Schwierigkeiten in der Schule“Sa. 21.11.2009, 10.00 -17.15 UhrFrankfurt, VHS Sonnemannstr.In diesem Gesprächskreis wird das ThemaSchul-schwierigkeiten von unterschiedli-chen Aspekten her beleuchtet. Die Ausein-ander-setzung mit konkreten Beispielen,die auch von den Teilnehmern kommenkönnen, bietet Orientierung für möglicheselterliches Vorgehen. Teilnahmegebühr: 30 EURwww.vhs.frankfurt.de

Wochenendseminare„Achtsamkeit in Schule und Erziehung“Fr. 2. - So. 4. Okt. 2009Arnoldshain, Evangelische AkademieLesen Sie zu diesem Thema den Beitragvon Vera Kaltwasser auf Seite 8.Gastreferenten Dr. N. Kohls und Dr. S. Sauer, Universität München.www.evangelische-akademie.de/tagungen.html

Arbeit und Leben FrankfurtDrei Seminare für Eltern, die inFrankfurt wohnen und/oder arbeiten:

„Familienleben heute. Erziehungslust – Betreuungsfrust?“ Sa. 3. - So. 4. Okt. 2009, Kronberg/Ts.Erziehung und Bildung erschienen seltenso schwierig wie heute – Anspruch undWirklichkeit stimmen häufig nicht übe-rein. Im Rahmen dieses Seminars wollenwir herausfinden, wie Erziehungslust mitguten Betreuungsbedingungen in Einklangzu bringen ist.

„Familienleben heute. Zeiterleben inunserer Tempogesellschaft“Sa. 6. - So. 7. Febr. 2010, Kronberg/Ts.Wie können wir erreichen, dass alle Fami-lienmitglieder in der täglichen Hektikgenügend Zeit füreinander finden? Wel-che Prioritäten sind zu setzen, um einegute Balance zwischen Arbeitszeit, Famili-enzeit, Zeit für Kinder und Partnerschaftfinden zu können.

„Miteinander statt Gegeneinander – Wie gehen wir miteinander um in Familie,Schule und Beruf?“Sa. 17. - So. 18. Apr. 2010Kronberg/Ts.

Können wir demokratisch mit einanderumgehen – in der Familie, in der Schule?Zu diesem Training sind sowohl die Elternals auch die Kinder (ab 7 Jahren) und Ju-gendliche eingeladen, sich aktiv an ver-schiedenen Übungen zu beteiligen, ummehr Miteinander statt Gegeneinander zuerreichen.

Für Kinder ab 3 Jahre und Jugendlichestehen in begrenzter Zahl Plätze zurVerfügung. Information und Anmeldung: Arbeit undLeben (VHS/DGB), Angela FischerTel.: 069/212 376 56 und 212 379 66, Fax: 069/212 398 25

Wochenseminare„Die Schule neu gestalten!“Mo. 19. - Fr. 23. Okt. 2009, FuldaBildungsurlaub mit Kinderbetreuung fürKinder von 3 bis einschließlich 12 Jahre.Wir wollen in diesem Seminar über diegesellschaftlichen Aufgaben und Ziele vonSchule nachdenken. Teilnahmebeitrag: 210,00 Euro; Nicht-Gewerkschaftsmitglieder: 280,00 Euro;Kinder bis 12 Jahre: 60,00 Euro.Informationen und Anmeldung: DGB-Bildungswerk Hessen e. V., Tel.: 069/273005-61; Fax: 069/273005-66;[email protected]

HinweiseStarke Eltern – Starke KinderElternkurse „Starke Eltern– Starke Kinder“ werden vielerortsangeboten. Schauen Sie im Internetunter www.kinderschutzbund-hessen.de und www.kinderschutz-bund-frankfurt.de

ELAN – Elternschulen aktive ElternIm Rahmen desELAN-Programms werden in ganz Hes-sen Fortbildungen für Eltern angebo-ten. Erkundigen Sie sich beim Fortbil-dungsdezernenten im StaatlichenSchulamt vor Ort oder unter www.leb-hessen.de,Elternfortbildung

Veranstaltungen, Seminare für Elternvertreterinnen und -vertreter, für interessierte Eltern und Lehrerinnen und Lehrer

ebhelternbriefNr. 99 · III. Quartal · September 2009

Veranstaltungen, Seminare für Elternvertreterinnen und -vertreter, für interessierte Eltern und Lehrerinnen und Lehrer

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Mein Schulweg-Heftist eine umfangreiche, empfehlenswerte Ko-

piervorlage in „Die Grundschulzeitschrift“

(Nr. 171, Jan. 2004) mit u. a. folgenden In-

halten: mein Schulwegeplan, Verkehr auf

dem Schulweg, Zusammen auf dem Schul-

weg, Streiten und Vertragen. Die Grundschul-

zeitschrift erscheint im Friedrich-Verlag:

www.friedrich-verlag.de

Nr. 99 · III. Quartal · September 2009

ebhelternbrief

Gegen Gewalt an SchulenUm der Gewalt an Schulen zu begegnen und vorzubeugen, gibt

es bundesweit zahlreiche Projekte und Maßnahmen. Eine

Übersicht finden Sie in „Bildung + Innovation“, dem Online-

Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im

Bildungswesen. www.bildungsserver.de/innovationsportal/bil-

dungplus.html?artid=274

Lehren und Lernen inheterogenen GruppenDie GEW hat zur Professionalisierung und zu einemMentalitätswandel weg vom Selektionsprinzip hin zumPrinzip individueller Förderung ein Netzwerk „Lehrenund Lernen in heterogenen Gruppen" gegründet, dasMaterialien, Praxishilfen und Fortbildungsangebote zu-sammenführen soll. Alle wichtigen Informationen unterwww.netzwerk-heterogenitaet.de.

spickmich.deNach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) dürfenSchülerinnen und Schüler ihre Lehrkräfte im Internet benoten,solange keine Daten aus der Privat- oder Intimsphäre oderunsachliche Schmähkritik veröffentlicht werden. Anlass war dieKlage einer Lehrerin aus Nordrhein-Westfalen gegen eine Noteim Internetportal spickmich.de. Das Urteil ist rechtskräftig. Wirwürden uns wünschen, dass in jeder Schule eine Feedback-Kultur entwickelt wird: ein Klima, in dem gegenseitige faireKritik Teil des schulischen Alltags ist. Solche Schulen brauchenkeine anonyme Rückmeldungen in einem spickmich-Portal.

DDR im Unterrichtist ein neues Internetportal der Landeszentrale für politische

Bildung Baden-Württemberg. Es enthält zahlreiche Informatio-

nen darüber, wie das Lernfeld DDR im Schulunterricht sinnvoll

vermittelt werden kann. Es bietet Hintergründe, stellt Unter-

richtsmaterialien zur Verfügung, verweist auf Literatur und

Medien und informiert über weiterführende Links.

www.bildungsserver.de/link/ddr_im_unterricht-hessen.de

Big Brothers Big Sistersist ein Mentorenprogramm um Kinderin ihrem Selbstvertrauen zu stärkenund ihnen neue Perspektiven zubieten. „Ein einfaches, aber sehrwirksames Konzept zur Förderung vonKindern“ nennt es der BielfelderSozialwissenschaftler Prof. KlausHurrelmann. Mehr im Internet:www.bbbsd.org

Achtung!Unsere WEB-Seite zeigt sich in neuerGestaltung und wird immer weiterausgebaut und aktualisiert.Schauen Sie doch mal rein:www.elternbund-hessen.deAuch die Aktualisierungen unsererBroschüren finden Sie hier.

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elternbund hessen, Postfach 18 01 64, 60082 Frankfurt/M Postvertriebsstück · Entgelt bezahlt · D-43 134 Deutsche Post AG

ImpressumHerausgeber: elternbund hessen e.V. Oeder Weg 56 · 60318 Frankfurt Briefanschrift: Postfach 18 01 64, 60082 Frankfurt Telefon: (069) 55 38 79 · Fax: (069) 5 96 26 95E-Mail: [email protected]: www.elternbund-hessen.deRedaktion: G. Brock, H. de Graauw-Rusch (verantw.),Ch. Mikesic-Golz, H. Schmidt. Layout und Druckvorlage: [email protected] Studio Albert Wiedenmann FrankfurtDruck: Druckkollektiv Gießen · Auflage: 3.000Bankverbindung: Postbank FrankfurtBLZ 500 100 60 · Kto.-Nr. 415 730 604elternbrief-Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten

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