Ecclesia de Eucharistia - Die Eucharistie - Johannes Paul II.

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    ENZYKLIKA

    ECCLESIA DE EUCHARISTIA

    VON PAPST

    JOHANNES PAUL II.

    AN DIE BISCHFE

    AN DIE PRIESTER UND DIAKONE

    AN DIE GEWEIHTEN PERSONEN

    UND AN ALLE CHRISTGLUBIGEN

    BER DIE EUCHARISTIE

    IN IHRER BEZIEHUNG ZUR KIRCHE

    InhaltsverzeichnisEINLEITUNG ........................................................................................................................................ 1I. KAPITEL ............................................................................................................................................ 7

    GEHEIMNIS DES GLAUBENS ...................................................................................................... 7

    II. KAPITEL ......................................................................................................................................... 12

    DIE EUCHARISTIE BAUT DIE KIRCHE AUF .......................................................................... 12

    III. KAPITEL ........................................................................................................................................ 15DIE APOSTOLIZITT DER EUCHARISTIE UND DER KIRCHE.......................................... 15

    IV. KAPITEL ........................................................................................................................................ 19

    DIE EUCHARISTIE UND DIE KIRCHLICHE GEMEINSCHAFT .......................................... 19

    V. KAPITEL ......................................................................................................................................... 24

    DIE WRDE DER EUCHARISTIEFEIER ................................................................................... 24

    VI. KAPITEL ........................................................................................................................................ 28

    IN DER SCHULE MARIENS DIE EUCHARISTIE UND MARIA ........................................... 28

    SCHLUSS ............................................................................................................................................. 31

    EINLEITUNG

    1. Die Kirche lebt von der Eucharistie. Diese Wahrheit drckt nicht nur einealltgliche Glaubenserfahrung aus, sondern enthlt zusammenfassend den Kern des

    Mysteriums der Kirche. Mit Freude erfhrt sie unaufhrlich, da sich auf vielfltige

    Weise die Verheiung erfllt: Seid gewi: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Endeder Welt (Mt 28, 20). In einzigartiger Intensitt erfreut sie sich dieser Gegenwart

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    jedoch in der heiligen Eucharistie, bei der Brot und Wein in Christi Leib und Blutverwandelt werden. Seitdem die Kirche, das Volk des Neuen Bundes, am Pfingsttagihren Pilgerweg zur himmlischen Heimat begonnen hat, prgt dieses gttlicheSakrament unaufhrlich ihre Tage und erfllt sie mit vertrauensvoller Hoffnung.

    Mit Recht hat das Zweite Vatikanische Konzil verkndet, da das eucharistischeOpfer Quelle und Hhepunkt des ganzen christlichen Lebens1 ist. Die heiligsteEucharistie enthlt ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Flle, Christus selbst,unser Osterlamm und das lebendige Brot. Durch sein Fleisch, das durch den HeiligenGeist lebt und Leben schafft, spendet er den Menschen das Leben.2 Deshalb ist derBlick der Kirche fortwhrend auf den Herrn gerichtet, der gegenwrtig ist imSakrament des Altares, in dem sie den vollkommenen Ausdruck seiner unendlichenLiebe entdeckt.

    2. Whrend des Groen Jubilums des Jahres 2000 durfte ich die Eucharistie im

    Abendmahlssaal in Jerusalem feiern, dort, wo sie nach der berlieferung zumerstenmal von Christus selbst vollzogen wurde. Der Abendmahlssaal ist der Ort derEinsetzung dieses heiligsten Sakramentes. Dort nahm Christus das Brot in seine Hnde,brach es und gab es seinen Jngern mit den Worten: Nehmet und esset alle davon:Das ist mein Leib, der fr euch hingegeben wird (vgl. Mt 26, 26; Lk 22, 19; 1 Kor11,24). Dann nahm er den Kelch mit Wein in seine Hnde und sagte zu ihnen: Nehmetund trinket alle daraus: Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut,das fr euch und fr alle vergossen wird zur Vergebung der Snden (vgl. Mk 14, 24;Lk 22, 20; 1 Kor11, 25). Ich bin dem Herrn Jesus dankbar, da ich an diesem Ort inGehorsam gegenber seinem Auftrag Tut dies zu meinem Gedchtnis! (Lk 22, 19)

    die Worte wiederholen durfte, die er vor zweitausend Jahren gesprochen hat.

    Haben die Apostel, die beim Letzten Abendmahl teilnahmen, den Sinn der Worteaus dem Mund Christi verstanden? Wahrscheinlich nicht. Diese Worte sollten erstam Ende des Triduum sacrum, des Zeitraums vom Donnerstagabend bis zumSonntagmorgen, ganz klar werden. In diese Tage ist das mysterium paschaleeingeschrieben, in sie ist auch das mysterium eucharisticum eingeschrieben.

    3. Aus dem Ostermysterium geht die Kirche hervor. Genau deshalb steht dieEucharistie als Sakrament des Ostermysteriums schlechthin im Mittelpunkt des

    kirchlichen Lebens. Das sieht man bereits an den ersten Bildern fr die Kirche, die unsin der Apostelgeschichte berliefert werden: Sie hielten an der Lehre der Apostelfest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten (Apg 2,42). Im Brechen des Brotes ist die Eucharistie angedeutet. Nach zweitausend

    Jahren verwirklichen wir noch immer dieses ursprngliche Bild fr die Kirche. Undwhrend wir dies in der Eucharistiefeier tun, richten sich die Augen unserer Seeleauf das sterliche Triduum: auf das, was sich whrend des Letzten Abendmahls amGrndonnerstag ereignete, und was danach folgte. Die Einsetzung der Eucharistienahm in der Tat auf sakramentale Weise die Ereignisse vorweg, die sich, beginnendmit der Todesangst in Getsemani, kurz darauf zutragen sollten. Wiederum sehen wir

    Jesus, der den Abendmahlssaal verlt und mit seinen Jngern in das Talhinabsteigt, um den Bach Kidron zu berqueren und zum Garten am lberg zu

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    gelangen. In diesem Garten sind noch heute einige uralte Olivenbume. Vielleichtwaren sie Zeugen der Ereignisse, die sich an jenem Abend in ihrem Schattenzugetragen haben, als Christus im Gebet von Todesangst ergriffen und sein Schweiwie Blut wurde, das auf die Erde tropfte (Lk 22, 44). Das Blut, das er kurz zuvorim Sakrament der Eucharistie der Kirche als Trank des Heiles bergeben hatte,begann vergossen zu werden. Das Vergieen seines Blutes sollte sich dann auf Golgotavollenden, um das Werkzeug unserer Erlsung zu werden: Christus [...] istgekommen als Hoherpriester der knftigen Gter; [...] er ist ein fr allemal in dasHeiligtum hineingegangen, nicht mit dem Blut von Bcken und jungen Stieren,sondern mit seinem eigenen Blut, und so hat er eine ewige Erlsung bewirkt (Hebr9, 11-12).

    4. Die Stunde unserer Erlsung. Obgleich unsagbar geprft, flieht Jesus nicht vor seinerStunde: Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb binich in diese Stunde gekommen! (Joh 12, 27). Er mchte, da die Jnger bei ihm

    bleiben, mu aber Einsamkeit und Verlassenheit erfahren: Konntet ihr nicht einmaleine Stunde mit mir wachen? Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchunggeratet (Mt 26, 40-41). Nur Johannes bleibt mit Maria und den frommen Frauenunter dem Kreuz. Die Todesangst in Getsemani hat die Todesangst des Kreuzes amKarfreitag eingeleitet: die heilige Stunde, die Stunde der Erlsung der Welt. Wenn mandie Eucharistie am Grab Jesu in Jerusalem feiert, kehrt man in fast greifbarer Weisezu seiner Stunde zurck, zur Stunde des Kreuzes und der Verherrlichung. Andiesen Ort und in diese Stunde kehrt in geistlicher Weise jeder Priester zurck, derdie heilige Messe feiert, und mit ihm die christliche Gemeinde, die daran teilnimmt.

    Gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tageauferstanden von den Toten. Die Worte des Glaubensbekenntnisses finden ein Echo inden Worten der Betrachtung und der Verkndigung: Ecce lignum crucis in quo salusmundi pependit. Venite adoremus. Diese Einladung richtet die Kirche am Nachmittagdes Karfreitags an alle Menschen. Whrend der Osterzeit nimmt sie ihren Gesangwieder auf und verkndet: Surrexit Dominus de sepulcro qui pro nobis pependit in ligno.

    Alleluia.

    5. Mysterium fidei! Geheimnis des Glaubens!. Auf diese Worte, die vom Priestergesprochen oder gesungen werden, antworten die Mitfeiernden: Deinen Tod, o

    Herr, verknden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst inHerrlichkeit.

    Mit diesen oder hnlichen Worten weist die Kirche auf Christus im Geheimnis seinesLeidens hin und offenbart darin auch ihr eigenes Mysterium:Ecclesia de Eucharistia.Wenn die Kirche mit der pfingstlichen Gabe des Heiligen Geistes ans Licht tritt undsich auf die Straen der Welt begibt, so ist ein entscheidender Moment ihrerEntstehung sicherlich die Einsetzung der Eucharistie im Abendmahlssaal. IhrFundament und ihre Quelle ist das gesamte Triduum paschale. Dieses aber ist in dereucharistischen Gabe gewissermaen gesammelt, vorweggenommen und fr immer

    konzentriert. In dieser Gabe bereignete Jesus Christus der Kirche dieimmerwhrende Vergegenwrtigung des Ostermysteriums. Mit ihr stiftete er eine

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    geheimnisvolle Gleichzeitigkeit zwischen jenem Triduum und dem Gang allerJahrhunderte.

    Dieser Gedanke weckt in uns ein groes und dankbares Staunen. Im Ostergeschehenund in der Eucharistie, die es durch die Jahrhunderte hindurch gegenwrtig macht,

    liegt ein enormes Potential, in dem die ganze Geschichte als Adressat derErlsungsgnade enthalten ist. Dieses Staunen mu die Kirche immer ergreifen, wennsie sich zur Feier der Eucharistie versammelt. Aber in besonderer Weise mu es denSpender der Eucharistie begleiten. Dank der Gnade, die ihm durch das Sakramentder Priesterweihe verliehen wurde, kann er die Wandlung vollziehen. Er spricht mitder Vollmacht, die ihm von Christus aus dem Abendmahlssaal zukommt: Das istmein Leib, der fr euch hingegeben wird... Das ist der Kelch des neuen und ewigenBundes, mein Blut, das fr euch vergossen wird.... Der Priester spricht diese Worteund stellt seinen Mund und seine Stimme jenem zur Verfgung, der diese Worte im

    Abendmahlssaal gesprochen hat , und der wollte, da sie von Generation zu Generation

    von all denen wiederholt werden, die in der Kirche durch die Weihe an seinemPriestertum teilhaben.

    6. Dieses Staunen ber die Eucharistie mchte ich mit der vorliegenden Enzyklikaneu wecken, und zwar in Fortfhrung jenes Erbes des Jubilums, das ich der Kirchemit dem Apostolischen SchreibenNovo millennio ineunteund mit seiner marianischenKrnungRosarium Virginis Mariaebergeben wollte. Das Antlitz Christi betrachtenund es mit Maria betrachten, ist das Programm, auf das ich die Kirche am Beginndes dritten Jahrtausends hingewiesen habe und mit dem ich sie einlade, mitEnthusiasmus fr die Neuevangelisierung auf das Meer der Geschichte

    hinauszufahren. Christus betrachten bedeutet ihn erkennen, wo immer er sich zeigt,in den vielfltigen Formen seiner Gegenwart, vor allem aber im lebendigenSakrament seines Leibes und seines Blutes. Die Kirche lebt vom eucharistischen Christus.Von ihm wird sie genhrt, von ihm wird sie erleuchtet. Die Eucharistie ist Geheimnisdes Glaubens und zugleich Geheimnis des Lichtes.3 Jedesmal, wenn die Kirche siefeiert, knnen die Glubigen in gewisser Weise die Erfahrung der beidenEmmausjnger machen: Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn (Lk24, 31).

    7. Seit Beginn meines Dienstes als Nachfolger Petri habe ich dem Grndonnerstag,

    dem Tag der Eucharistie und des Priestertums, immer besondere Aufmerksamkeitgeschenkt und ein Schreiben an alle Priester der Welt gerichtet. In diesemfnfundzwanzigsten Jahr meines Pontifikates mchte ich die gesamte Kirche invertiefter Weise an dieser eucharistischen Betrachtung teilhaben lassen. Dabeimchte ich dem Herrn auch fr das Geschenk der Eucharistie und des Priestertumsdanken: Geschenk und Geheimnis.4 Wenn ich mit der Ausrufung desRosenkranzjahres dieses fnfundzwanzigste Jahr meines Pontifikates unter dasZeichen der Betrachtung Christi in der Schule Mariens stellen wollte, kann ich diesenGrndonnerstag 2003 nicht verstreichen lassen, ohne vor dem eucharistischenAntlitz Christi zu verharren und die Kirche mit neuer Kraft auf die zentrale

    Bedeutung der Eucharistie hinzuweisen. Aus ihr lebt die Kirche. Von diesem

    http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20010106_novo-millennio-ineunte_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20010106_novo-millennio-ineunte_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20010106_novo-millennio-ineunte_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20021016_rosarium-virginis-mariae_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20021016_rosarium-virginis-mariae_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20021016_rosarium-virginis-mariae_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20021016_rosarium-virginis-mariae_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20010106_novo-millennio-ineunte_ge.html
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    lebendigen Brot nhrt sie sich. Wie sollte man da nicht die Notwendigkeitverspren, alle aufzufordern, diese Erfahrung stets neu zu machen?

    8. Wenn ich an die Eucharistie denke und dabei auf mein Leben als Priester, Bischofund Nachfolger Petri blicke, erinnere ich mich spontan an die vielen Gelegenheiten

    und die vielen Orte, an denen ich sie feiern konnte. Ich erinnere mich an diePfarrkirche von Niegowi, wo ich meine erste pastorale Aufgabe erfllte, an die

    Kollegiatskirche des heiligen Florian in Krakau, an die Kathedrale auf dem Wawel,an die Peterskirche und an die vielen Basiliken und Kirchen in Rom und in derganzen Welt. Ich konnte die heilige Messe in Kapellen feiern, die sich anGebirgspfaden, an Seeufern, an Meeresksten befinden; ich feierte sie auf Altren,die in Stadien oder auf den Pltzen der Stdte errichtet waren... Dieser so vielfltigeRahmen meiner Eucharistiefeiern lt mich deutlich erfahren, wie universal undgleichsam kosmisch die heilige Messe ist. Ja, kosmisch! Denn auch dann, wenn mandie Eucharistie auf dem kleinen Altar einer Dorfkirche feiert, feiert man sie immer in

    einem gewissen Sinn auf dem Altar der Welt. Sie verbindet Himmel und Erde. Sieumfat und erfllt alles Geschaffene. Der Sohn Gottes ist Mensch geworden, um allesGeschaffene in einem hchsten Akt des Lobes dem zurckzuerstatten, der es ausdem Nichts geschaffen hat. Indem der ewige Hohepriester durch das Blut seinesKreuzes in das ewige Heiligtum eintritt, erstattet er dem Schpfer und Vater dieganze erlste Schpfung zurck. Das tut er durch das priesterliche Dienstamt derKirche zur Ehre der heiligsten Dreifaltigkeit. Dies ist das mysterium fidei, das in derEucharistie gegenwrtig wird: die Welt, die aus den Hnden des Schpfergotteshervorgegangen ist, kehrt als von Christus erlste Welt zu Gott zurck.

    9. Die Eucharistie ist die heilbringende Gegenwart Jesu in der Gemeinschaft derGlubigen und ihre geistliche Nahrung, sie ist das wertvollste Gut, das die Kircheauf ihrem Weg durch die Geschichte haben kann. So erklrt sich die besondere

    Aufmerksamkeit, die sie dem eucharistischen Mysterium immer entgegengebracht hat;eine Aufmerksamkeit, die in verbindlicher Form in den Werken der Konzilien undder Ppste sichtbar wird. Wie knnte man nicht die lehramtlichen Darlegungen inden Dekreten ber die heiligste Eucharistie und ber das heilige Meopferbewundern, die das Konzil von Trient promulgiert hat? Diese Dekrete haben in dennachfolgenden Jahrhunderten sowohl die Theologie als auch die Katechese geleitetund sind noch immer dogmatischer Bezugspunkt fr die fortwhrende Erneuerung

    und fr das Wachstum des Volkes Gottes im Glauben und in der Liebe zurEucharistie. Aus jngerer Zeit sind drei Enzykliken zu nennen: die EnzyklikaMiraeCaritatis (28. Mai 1902)5 von Leo XIII., die EnzyklikaMediator Dei (20. November1947)6 von Pius XII. und die Enzyklika Mysterium Fidei (3. September 1965)7 von PaulVI.

    Das Zweite Vatikanische Konzil hat zwar kein eigenes Dokument ber daseucharistische Mysterium verffentlicht. Es hat aber dessen verschiedene Aspekteinnerhalb des gesamten Bogens seiner Dokumente beleuchtet, besonders in derdogmatischen Konstitution ber die Kirche Lumen gentium und in der Konstitution

    ber die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium.

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    Ich selbst habe in den ersten Jahren meines apostolischen Dienstes auf dem StuhlPetri mit dem Apostolischen Schreiben Dominicae Cenae (24. Februar 1980)8 einigeAspekte des eucharistischen Mysteriums und seiner Bedeutung im Leben dererbehandelt, die seine Diener sind. Heute greife ich dieses Thema wieder auf mit einemHerzen, das noch tiefer ergriffen und von Dankbarkeit erfllt ist und gleichsam dieWorte des Psalmisten widerhallen lt: Wie kann ich dem Herrn all das vergelten,was er mir Gutes getan hat. Ich will den Kelch des Heils erheben und anrufen denNamen des Herrn (Ps 116, 12-13).

    10. Dieser Verkndigung durch das Lehramt entspricht das innere Wachstum derchristlichen Gemeinschaft. Ohne Zweifel war die Liturgiereform des Konzils vongroem Gewinn fr eine bewutere, ttigere und fruchtbarere Teilnahme derGlubigen am heiligen Opfer des Altares. An vielen Orten findet die Anbetung desheiligsten Sakramentes tglich einen weiten Raum und wird so zu einerunerschpflichen Quelle der Heiligkeit. Die andchtige Teilnahme der Glubigen an

    der eucharistischen Prozession am Hochfest des Leibes und Blutes Christi ist eineGnade des Herrn, welche die teilnehmenden Glubigen jedes Jahr mit Freude erfllt.Man knnte noch andere positive Zeichen des Glaubens und der Liebe zurEucharistie erwhnen.

    Leider fehlt es neben diesen Lichtstrahlen nicht an Schatten. Es gibt Orte, an denen derKult der eucharistischen Anbetung fast vllig aufgegeben wurde. In dem einen oderanderen Bereich der Kirche kommen Mibruche hinzu, die zur Schmlerung desrechten Glaubens und der katholischen Lehre ber dieses wunderbare Sakramentbeitragen. Bisweilen wird ein stark verkrzendes Verstndnis des eucharistischen

    Mysteriums sichtbar. Es wird seines Opfercharakters beraubt und in einer Weisevollzogen, als ob es den Sinn und den Wert einer brderlichen Mahlgemeinschaftnicht bersteigen wrde. Darber hinaus wird manchmal die Notwendigkeit desAmtspriestertums, das in der apostolischen Sukzession grndet, verdunkelt, und dieSakramentalitt der Eucharistie allein auf die Wirksamkeit in der Verkndigungreduziert. Von da aus gibt es hier und da kumenische Initiativen, die zwar gutgemeint sind, aber zu eucharistischen Praktiken verleiten, die der Disziplinwidersprechen, mit der die Kirche ihren Glauben zum Ausdruck bringt. Wie sollteman nicht ber all dies tiefen Schmerz empfinden? Die Eucharistie ist ein zu groesGut, um Zweideutigkeiten und Verkrzungen zu dulden.

    Ich vertraue darauf, da diese Enzyklika wirksam dazu beitragen kann, die Schattennicht annehmbarer Lehren und Praktiken zu vertreiben, damit das Mysterium derEucharistie weiterhin in seinem vollen Glanz erstrahle.

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    I. KAPITEL

    GEHEIMNIS DES GLAUBENS

    11. In der Nacht, da er ausgeliefert wurde (1 Kor11, 23), hat der Herr Jesus daseucharistische Opfer seines Leibes und seines Blutes gestiftet. Die Worte des ApostelsPaulus erinnern uns an die dramatischen Umstnde, in denen die Eucharistieentstanden ist. Das Ereignis des Leidens und des Todes des Herrn ist unauslschlichin sie eingeschrieben. Die Eucharistie ist nicht nur eine Erinnerung an diesesEreignis, sondern seine sakramentale Vergegenwrtigung. Sie ist das Kreuzesopfer,das durch die Jahrhunderte fortdauert.9 Diese Wahrheit kommt treffend in denWorten zum Ausdruck, mit denen das Volk im lateinischen Ritus auf den Ruf desPriesters Geheimnis des Glaubens antwortet: Deinen Tod, o Herr, verknden wir!.

    Die Kirche hat die Eucharistie von Christus, ihrem Herrn, nicht als eine kostbareGabe unter vielen anderen erhalten, sondern als die Gabe schlechthin, da es die Gabeseiner selbst ist, seiner Person in seiner heiligen Menschheit wie auch seinesErlsungswerkes. Dieses beschrnkt sich nicht auf die Vergangenheit, denn alles,was Christus ist, und alles, was er fr alle Menschen getan und gelitten hat, nimmtan der Ewigkeit Gottes teil, steht somit ber allen Zeiten und wird ihnengegenwrtig.10

    Wenn die Kirche die heilige Eucharistie, das Gedchtnis des Todes und derAuferstehung ihres Herrn, feiert, wird dieses zentrale Mysterium des Heils wirklichgegenwrtig und vollzieht sich das Werk unserer Erlsung.11 Dieses Opfer ist frdie Erlsung des Menschengeschlechts so entscheidend, da Jesus Christus esvollbrachte und erst dann zum Vater zurckkehrte, nachdem er uns das Mittelhinterlassen hatte, damit wir so daran teilnehmen knnen, als ob wir selbst dabei gewesenwren. Jeder Glubige kann auf diese Weise am Opfer Christi teilnehmen und seineFrchte in unerschpflichem Ma erlangen. Das ist der Glaube, aus dem diechristlichen Generationen im Laufe der Jahrhunderte gelebt haben. Diesen Glaubenhat das Lehramt der Kirche unaufhrlich mit freudiger Dankbarkeit fr dasunschtzbare Geschenk bekrftigt.12 Ich mchte noch einmal an diese Wahrheiterinnern und mich mit euch, meine lieben Brder und Schwestern, in Anbetung vor

    dieses Mysterium begeben: das groe Geheimnis, das Geheimnis der Barmherzigkeit.Was htte Jesus noch mehr fr uns tun knnen? In der Eucharistie zeigt er unswirklich eine Liebe, die bis zur Vollendung (Joh 13, 1) geht, eine Liebe, die keinMa kennt.

    12. Dieser Aspekt universaler Liebe des eucharistischen Sakramentes grndet in denWorten des Retters selbst. Bei der Einsetzung der Eucharistie beschrnkte er sichnicht darauf zu sagen: Das ist mein Leib, das ist mein Blut, sondern fgte hinzu:der fr euch hingegeben wird, das fr euch vergossen wird (Lk 22, 19-20). Erbekrftigte nicht nur, da das, was er ihnen zu essen und zu trinken gab, sein Leibund sein Blut war, sondern brachte auch dessen Opfercharakterzum Ausdruck undlie damit sein Opfer, das einige Stunden spter am Kreuz fr das Heil allerdargebracht werden sollte, auf sakramentale Weise gegenwrtig werden. Die Messe

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    ist zugleich und untrennbar das Opfergedchtnis, in welchem das Kreuzesopfer frimmer fortlebt, und das heilige Mahl der Kommunion mit dem Leib und dem Blutdes Herrn.13

    Die Kirche lebt unaufhrlich vom Erlsungsopfer. Ihm nhert sie sich nicht nur

    durch ein glubiges Gedenken, sie tritt mit ihm auch wirklich in Kontakt. Denn diesesOpfer wird gegenwrtig und dauert auf sakramentale Weise in jeder Gemeinschaft fort,in der es durch die Hnde des geweihten Priesters dargebracht wird. Auf dieseWeise wendet die Eucharistie den Menschen von heute die Vershnung zu, dieChristus ein fr allemal fr die Menschen aller Zeiten erworben hat. In der Tat: DasOpfer Christi und das Opfer der Eucharistie sind ein einziges Opfer.14 Das sagtekraftvoll bereits der heilige Johannes Chrysostomus: Wir opfern immer das gleicheLamm, und nicht heute das eine und morgen ein anderes, sondern immer dasselbe.Aus diesem Grund ist das Opfer immer nur eines. [...] Auch heute bringen wir jenesOpferlamm dar, das damals geopfert worden ist und das sich niemals verzehren

    wird.15

    Die Messe macht das Opfer des Kreuzes gegenwrtig, sie fgt ihm nichts hinzu undvervielfltigt es auch nicht.16 Was sich wiederholt, ist die Gedchtnisfeier, seinegedenkende Darstellung (memorialis demonstratio),17 durch die das einzige undendgltige Erlsungsopfer Christi in der Zeit gegenwrtig wird. Der Opfercharakterdes eucharistischen Mysteriums kann deswegen nicht als etwas in sich Stehendesverstanden werden, unabhngig vom Kreuz oder nur mit einem indirekten Bezugzum Opfer von Kalvaria.

    13. Kraft ihrer innigen Beziehung mit dem Opfer von Golgota ist die EucharistieOpfer im eigentlichen Sinn, und nicht nur in einem allgemeinen Sinn, als ob es sich umeine bloe Hingabe Christi als geistliche Speise an die Glubigen handelte. DasGeschenk seiner Liebe und seines Gehorsams bis zur Vollendung des Lebens (vgl. Joh10, 17-18) ist in erster Linie eine Gabe an seinen Vater. Natrlich ist es Gabe fr uns,

    ja fr die ganze Menschheit (vgl. Mt 26, 28; Mk 14, 24; Lk 22, 20; Joh 10, 15), aberdennoch vor allem Gabe an den Vater: ein Opfer, das der Vater angenommen hat,indem er fr die Ganzhingabe seines Sohnes, der "gehorsam wurde bis zum Tod"(Phil 2, 8), die ihm als Vater eigene Gabe zurckschenkte, d.h. ein neues, ewigesLeben in der Auferstehung.18

    Indem Christus der Kirche sein Opfer schenkte, wollte er sich auch das geistlicheOpfer der Kirche zu eigen machen, die berufen ist, mit dem Opfer Christi auch sichselbst darzubringen. Das lehrt uns das Zweite Vatikanische Konzil im Hinblick aufalle Glubigen: In der Teilnahme am eucharistischen Opfer, der Quelle und demHhepunkt des ganzen christlichen Lebens, bringen sie das gttliche OpferlammGott dar und sich selbst mit ihm.19

    14. Das Pascha Christi umfat mit dem Leiden und dem Tod auch seineAuferstehung. Daran erinnert die Akklamation des Volkes nach der Wandlung:

    Deine Auferstehung preisen wir. Tatschlich macht das eucharistische Opfer nichtnur das Mysterium vom Leiden und Tod des Erlsers gegenwrtig, sondern auch das

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    16. In Flle verwirklicht sich die heilbringende Wirkung des Opfers, wenn wir in derKommunion den Leib und das Blut des Herrn empfangen. Das eucharistische Opferist in sich auf die innige Gemeinschaft von uns Glubigen mit Christus in derKommunion ausgerichtet: Wir empfangen ihn selbst, der sich fr uns hingegebenhat, seinen Leib, den er fr uns am Kreuz dargebracht hat, sein Blut, das er frviele vergossen hat zur Vergebung der Snden (Mt 26, 28). Erinnern wir uns anseine Worte: Wie mich der lebendige Vater gesandt hat, und wie ich durch denVater lebe, so wird jeder, der mich it, durch mich leben (Joh 6, 57). Jesus selbstversichert uns, da eine derartige Vereinigung, die er in eine Analogie zur Einheitdes dreifaltigen Gottes setzt, sich wahrhaft verwirklicht. Die Eucharistie ist ein wahres

    Mahl, in dem sich Christus als Nahrung darbietet. Als Jesus zum erstenmal dieseSpeise ankndigte, waren die Zuhrer erstaunt und verwirrt und zwangen denMeister, die objektive Wahrheit seiner Worte zu unterstreichen: Amen, amen, dassage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht et und sein Blutnicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch (Joh 6, 53). Es handelt sich nicht umeine Speise in einem bildhaften Sinn: Mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und meinBlut ist wirklich ein Trank (Joh 6, 55).

    17. Durch die Teilhabe an seinem Leib und an seinem Blut teilt Christus uns auchseinen Geist mit. Der heilige Ephrm schreibt: Er nannte das Brot seinen lebendigenLeib, er erfllte es mit sich selbst und mit seinem Geist. [...] Und der, der es mitGlauben it, it Feuer und Geist. [...] Nehmt davon, et alle davon und et mit ihmden Heiligen Geist. Es ist wirklich mein Leib und der, der ihn it, wird ewig leben.27Die Kirche erbittet diese gttliche Gabe, die die Wurzel aller anderen Gaben ist, inder eucharistischen Epiklese. In der Gttlichen Liturgie des heiligen JohannesChrysostomus heit es zum Beispiel: Wir rufen dich an, wir bitten dich und wirflehen dich an: Sende deinen Heiligen Geist ber uns alle und ber diese Gaben, [...]damit alle, die daran teilhaben, Reinigung der Seele, Vergebung der Snden,Gemeinschaft des Heiligen Geistes erlangen mgen.28 Und im Rmischen Mebuchbetet der Priester: Strke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes und erflleuns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden inChristus.29 So lt Christus durch die Gabe seines Leibes und seines Blutes in unsdie Gabe seines Geistes wachsen, der uns schon in der Taufe eingegossen und imSakrament der Firmung als Siegel geschenkt wurde.

    18. Die Akklamation des Volkes nach der Wandlung endet treffend mit demBekenntnis der eschatologischen Perspektive, welche die Eucharistiefeier auszeichnet(vgl. 1 Kor11, 26): ... bis du kommst in Herrlichkeit. Die Eucharistie bedeutetSpannung auf das Ziel hin, Vorgeschmack der vollkommenen Freude, die Christusversprochen hat (vgl.Joh 15, 11); in gewisser Weise ist sie Vorwegnahme desParadieses, Unterpfand der knftigen Herrlichkeit.30 In der Eucharistie drckt allesdie vertrauensvolle Erwartung aus, da wir voll Zuversicht das Kommen unseresErlsers Jesus Christus erwarten.31 Wer sich von Christus in der Eucharistie nhrt,mu nicht das Jenseits erwarten, um das ewige Leben zu erlangen: Er besitzt es schonauf Erden als Erstlingsgabe der knftigen Flle, die den ganzen Menschen betreffenwird. In der Eucharistie empfangen wir tatschlich auch die Garantie der leiblichenAuferstehung am Ende der Welt: Wer mein Fleisch it und mein Blut trinkt, hat das

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    ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag (Joh 6, 54). DieseGarantie der knftigen Auferstehung kommt aus der Tatsache, da das Fleisch desMenschensohnes, das uns zur Speise gereicht wird, sein Leib im verherrlichtenZustand des Auferstandenen ist. Mit der Eucharistie nehmen wir sozusagen dasGeheimnis der Auferstehung in uns auf. Deshalb definierte der heilige Ignatiusvon Antiochien das eucharistische Brot zu Recht als Medizin der Unsterblichkeit,Gegengift gegen den Tod.32

    19. Die eschatologische Spannung, die durch die Eucharistie wachgerufen wird,drckt die Gemeinschaft mit der himmlischen Kirche aus und strkt sie. Es ist kein Zufall,da die orientalischen Anaphoren und die eucharistischen Hochgebete deslateinischen Ritus das ehrfrchtige Gedenken Mariens, der allzeit jungfrulichenMutter unseres Herrn und Gottes Jesus Christus, der Engel, der heiligen Apostel, derruhmreichen Mrtyrer und aller Heiligen enthalten. Dies ist ein Aspekt derEucharistie, der es verdient, hervorgehoben zu werden: Whrend wir das Opfer des

    Lammes feiern, vereinen wir uns mit der himmlischen Liturgie und gesellen uns zujener gewaltigen Schar, die ruft: Die Rettung kommt von unserem Gott, der auf demThron sitzt, und von dem Lamm! (Offb 7, 10). Die Eucharistie ist wirklich einAufbrechen des Himmels, der sich ber der Erde ffnet. Sie ist ein Strahl derHerrlichkeit des himmlischen Jerusalem, der die Wolken unserer Geschichtedurchdringt und Licht auf unseren Weg wirft.

    20. Eine bedeutsame Konsequenz der eschatologischen Spannung, die in dieEucharistie eingeschrieben ist, besteht auch darin, da sie uns auf dem Weg durchdie Geschichte einen Impuls gibt und in die tgliche Arbeit und Pflicht eines jeden

    einen Samen lebendiger Hoffnung legt. Wenn die christliche Sichtweise nmlichdazu fhrt, auf einen neuen Himmel und eine neue Erde zu blicken (vgl. Offb 21,1), so schwcht dies nicht, sondernfrdert unseren Verantwortungssinn fr die

    gegenwrtige Welt.33 Ich mchte dies mit Nachdruck am Beginn des neuenJahrtausends bekrftigen, damit die Christen sich mehr denn je angespornt fhlen,ihre Pflichten als Brger dieser Erde nicht zu vernachlssigen. Es ist ihre Aufgabe,mit dem Licht des Evangeliums zum Aufbau einer menschenwrdigen Welt imvollkommenen Einklang mit dem Plan Gottes beizutragen.

    Viele Probleme verdunkeln den Horizont unserer Zeit. Es mag gengen, an die

    Dringlichkeit zu erinnern, fr den Frieden zu arbeiten, solide und in Gerechtigkeitund Solidaritt verankerte Voraussetzungen fr die Beziehungen zwischen denVlkern zu schaffen, das menschliche Leben von der Empfngnis bis zu seinemnatrlichen Ende zu verteidigen. Und was soll man zu den tausend Widersprcheneiner globalisierten Welt sagen, in der die Schwchsten, die Kleinsten und diermsten scheinbar wenig zu erhoffen haben? Gerade in dieser Welt mu diechristliche Hoffnung aufstrahlen! Auch deshalb wollte der Herr in der Eucharistie beiuns bleiben; in seine Gegenwart im Opfer und im Gastmahl ist die Verheiung einerMenschheit eingeschrieben, die durch seine Liebe erneuert ist. Es ist bedeutungsvoll,da das Johannesevangelium dort, wo die synoptischen Evangelien die Einsetzung

    der Eucharistie berliefern, den Bericht ber die Fuwaschung enthlt, in der Jesussich zum Meister der Gemeinschaft und des Dienstes macht (vgl.Joh 13, 1-20), um so

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    die tiefe Bedeutung der Eucharistie zu erlutern. Der Apostel Paulus wertetseinerseits die Teilnahme der christlichen Gemeinde am Herrenmahl alsunwrdig, wenn es in ihr Spaltungen gibt und sie den Armen gegenbergleichgltig ist (vgl. 1 Kor11, 17-22.27-34).34

    Den Tod des Herrn verknden, bis er kommt (1 Kor11, 26), bringt fr alle, die ander Eucharistie teilnehmen, den Auftrag mit sich, das Leben zu verwandeln, damites in gewisser Weise ganz eucharistisch werde. Genau diese Frucht derVerwandlung der Existenz wie auch der Auftrag, die Welt nach dem Evangeliumumzugestalten, lassen die eschatologische Spannung der Eucharistiefeier und desganzen christlichen Lebens aufleuchten: Komm, Herr Jesus! (Offb 22, 20).

    II. KAPITEL

    DIE EUCHARISTIE BAUT DIE KIRCHE AUF

    21. Das Zweite Vatikanische Konzil hat daran erinnert, da die Feier der Eucharistieim Zentrum des Wachstumsprozesses der Kirche steht. Nach der Aussage: DieKirche, das heit das im Mysterium schon gegenwrtige Reich Christi, wchst durchdie Kraft Gottes sichtbar in der Welt,35 fgt das Konzil hinzu, als ob es auf die FrageWie wchst sie? antworten wollte: Sooft das Kreuzesopfer, in dem Christus, unser

    Osterlamm, dahingegeben wurde (vgl. 1 Kor5, 7), auf dem Altar gefeiert wird,vollzieht sich das Werk unserer Erlsung. Zugleich wird durch das Sakrament deseucharistischen Brotes die Einheit der Glubigen, die einen Leib in Christus bilden,dargestellt und verwirklicht (vgl. 1 Kor10, 17).36

    Ein urschlicher Einflu der Eucharistie zeigt sich am Ursprung der Kirche selbst. DieEvangelisten beschreiben genau, da es die Zwlf, die Apostel, waren, die mit Jesuszum Letzten Abendmahl zusammenkamen (vgl. Mt 26, 20; Mk 14, 17; Lk 22, 14). Diesist ein Detail von betrchtlicher Bedeutung, denn die Apostel bildeten die Keimedes neuen Israel und zugleich den Ursprung der heiligen Hierarchie.37 Indem

    Christus ihnen seinen Leib und sein Blut zur Speise gab, bezog er sie aufgeheimnisvolle Weise in das Opfer ein, das wenige Stunden spter auf Kalvariavollbracht werden sollte. Analog zum Bundesschlu am Sinai, der durch das Opferund die Besprengung mit Blut besiegelt wurde,38 legen die Handlungen und Worte

    Jesu beim Letzten Abendmahl das Fundament fr die neue messianischeGemeinschaft, das Volk des Neuen Bundes.

    Als die Apostel im Abendmahlssaal die Einladung Jesu Nehmt und et... Trinkt alledaraus... (Mt 26, 26-27) annahmen, traten sie zum erstenmal in sakramentaleGemeinschaft mit ihm. Von diesem Augenblick an bis zum Ende der Zeiten wird die

    Kirche durch die sakramentale Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes auferbaut, der

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    sich fr uns geopfert hat: Tut dies zu meinem Gedchtnis!... Tut dies, sooft ihrdaraus trinkt, zu meinem Gedchtnis! (1 Kor11, 24-25; vgl. Lk 22,19).

    22. Die Eingliederung in Christus, die in der Taufe verwirklicht wird, erneuert undfestigt sich bestndig durch die Teilnahme am eucharistischen Opfer, vor allem

    durch die volle Teilnahme am Opfer in der sakramentalen Kommunion. Wir knnensagen, da nicht nur jeder einzelne von uns Christus empfngt, sondern auch, daChristus jeden einzelnen von uns empfngt. Er schliet Freundschaft mit uns: Ihr seidmeine Freunde (Joh 15, 14). Durch ihn haben wir das Leben: So wird jeder, dermich it, durch mich leben (Joh 6, 57). In der eucharistischen Kommunionverwirklicht sich in hchster Weise das Innewohnen Christi im Jnger und des

    Jngers in Christus: Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch (Joh 15, 4).

    Durch die Vereinigung mit Christus verschliet sich das Volk des Neuen Bundeskeineswegs in sich selbst, sondern wird vielmehr zum Sakrament fr die

    Menschheit,39 zum Zeichen und Werkzeug des von Christus gewirkten Heiles, zumLicht der Welt und zum Salz der Erde (vgl.Mt 5, 13-16) fr die Erlsung aller.40 DieSendung der Kirche fhrt die Sendung Christi weiter: Wie mich der Vater gesandthat, so sende ich euch (Joh 20, 21). Aus der Fortdauer des Kreuzesopfers in derEucharistie und aus der Gemeinschaft mit dem Leib und dem Blut Christi schpft dieKirche die notwendige geistliche Kraft, um ihre Sendung zu erfllen. So zeigt sichdie Eucharistie als Quelle und zugleich als Hhepunkt der ganzen Evangelisierung, daihr Ziel die Gemeinschaft der Menschen mit Christus und in ihm mit dem Vater undmit dem Heiligen Geist ist.41

    23. Mit der eucharistischen Kommunion wird die Kirche zugleich in ihrer Einheit alsLeib Christi gefestigt. Der heilige Paulus bezieht sich auf diese einheitsstiftendeWirkung der Teilnahme am eucharistischen Mahl, wenn er an die Korinther schreibt:Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi? Ein Brot ist es. Darumsind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot (1 Kor10, 16-17).Der heilige Johannes Chrysostomus kommentiert treffend und tiefsinnig: Was istdenn das Brot wirklich? Es ist der Leib Christi. Was werden die, welche ihnempfangen? Sie werden Leib Christi; aber nicht viele Leiber, sondern ein einzigerLeib. In der Tat ist das Brot ganz eins, obgleich es aus vielen Krnern besteht, die sichin ihm befinden, auch wenn man sie nicht sieht und ihre Verschiedenheit zugunsten

    ihrer gegenseitigen vollkommenen Verschmelzung verschwindet. Ebenso sind auchwir auf die gleiche Weise untereinander geeint und alle miteinander mit Christus.42Die Argumentation ist berzeugend: Unsere Vereinigung mit Christus, die Geschenkund Gnade fr jeden einzelnen ist, bewirkt, da wir in ihm auch zur Einheit seinesLeibes, zur Kirche, zusammengefgt werden. Die Eucharistie festigt dieEingliederung in Christus, die in der Taufe durch die Gabe des Geistes grundgelegtworden ist (vgl. 1 Kor12, 13.27).

    Das geeinte und untrennbare Handeln des Sohnes und des Heiligen Geistes, das derKirche, ihrem Entstehen und ihrem Fortdauern zugrundeliegt, ist in der Eucharistie

    wirksam. Dies ist dem Verfasser der Liturgie des heiligen Jakobus wohl bewut: Dennin der Epiklese der Anaphora wird Gott Vater gebeten, da er den Heiligen Geist auf

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    die Glubigen und auf die Gaben herabkommen lasse, damit der Leib und das BlutChristi all denen, die daran teilhaben, [...] zur Heiligung der Seele und des Leibesgereichen.43 Die Kirche wird vom gttlichen Beistand gefestigt durch die Heiligungder Glubigen in der Eucharistie.

    24. Die Gabe Christi und seines Geistes, die wir in der eucharistischen Kommunionempfangen, erfllt in berreichem Ma die Sehnsucht nach brderlicher Einheit, dieim menschlichen Herzen wohnt. Zugleich hebt sie die Erfahrung brderlicherGemeinschaft, die der gemeinsamen Teilnahme am selben eucharistischen Tischinnewohnt, auf eine Ebene, die weit ber der bloen Erfahrung menschlicherMahlgemeinschaft liegt. Durch die Kommunion am Leib Christi dringt die Kircheimmer tiefer in ihr Wesen ein, in Christus gleichsam das Sakrament, das heitZeichen und Werkzeug fr die innigste Vereinigung mit Gott wie fr die Einheit derganzen Menschheit 44 zu sein.

    Den Keimen der Entzweiung unter den Menschen, die - wie die tgliche Erfahrungzeigt - aufgrund der Snde tief in die Menschheit eingegraben sind, stellt sich dieschpferische Kraft der Einheit des Leibes Christi entgegen. Die Eucharistie, die dieKirche auferbaut, schafft gerade dadurch Gemeinschaft unter den Menschen.

    25. Der Kult, welcher der Eucharistie auerhalb der Messe erwiesen wird, hat einenunschtzbaren Wert im Leben der Kirche. Dieser Kult ist eng mit der Feier deseucharistischen Opfers verbunden. Die Gegenwart Christi unter den heiligenGestalten, die nach der Messe aufbewahrt werden eine Gegenwart, die so langeandauert, wie die Gestalten von Brot und Wein Bestand haben45, kommt von der

    Feier des Opfers her und bereitet auf die sakramentale und die geistlicheKommunion vor.46 Es obliegt den Hirten, zur Pflege des eucharistischen Kultes zuermutigen, auch durch ihr persnliches Zeugnis, insbesondere zur Aussetzung desAllerheiligsten sowie zum anbetenden Verweilen vor Christus, der unter deneucharistischen Gestalten gegenwrtig ist.47

    Es ist schn, bei ihm zu verweilen und wie der Lieblingsjnger, der sich an seineBrust lehnte (vgl. Joh 13, 25), von der unendlichen Liebe seines Herzens berhrt zuwerden. Wenn sich das Christentum in unserer Zeit vor allem durch die Kunst desGebetes48 auszeichnen soll, wie knnte man dann nicht ein erneuertes Verlangen

    spren, lange im geistlichen Zwiegesprch, in stiller Anbetung, in einer Haltung derLiebe bei Christus zu verweilen, der im Allerheiligsten gegenwrtig ist? Wie oft,meine lieben Brder und Schwestern, habe ich diese Erfahrung gemacht, und darausKraft, Trost und Strkung geschpft!

    Von dieser Praxis, die das Lehramt wiederholt gelobt und empfohlen hat,49 gebenuns zahlreiche Heilige ein Beispiel. In besonderer Weise zeichnete sich darin derheilige Alfons von Liguori aus, der schrieb: Unter allen Frmmigkeitsformen ist dieAnbetung des eucharistischen Christus die erste nach den Sakramenten; sie ist Gottam liebsten und uns am ntzlichsten.50 Die Eucharistie ist ein unermelicher Schatz:

    Nicht nur ihre Feier, sondern auch das Verweilen vor ihr auerhalb der Messegestattet uns, an der Quelle der Gnade zu schpfen. Wenn eine christliche

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    Gemeinschaft noch fhiger werden mchte, das Antlitz Christi in jenem Geist zubetrachten, den ich in den Apostolischen SchreibenNovo millennio ineunteundRosarium Virginis Mariaeempfohlen habe, kann sie nicht darauf verzichten, deneucharistischen Kult zu pflegen, in dem die Frchte der Gemeinschaft am Leib undam Blut des Herrn fortdauern und sich vervielfachen.

    III. KAPITEL

    DIE APOSTOLIZITT DER EUCHARISTIE UND DER KIRCHE

    26. Wenn die Eucharistie die Kirche auferbaut und die Kirche die Eucharistievollzieht, wie ich eben in Erinnerung gerufen habe, so folgt daraus, da es zwischen

    der Eucharistie und der Kirche eine sehr enge Verbindung gibt. Dies gilt in einemsolchem Ma, da wir auf das Mysterium der Eucharistie anwenden drfen, was wirber die Kirche sagen, wenn wir sie im Glaubensbekenntnis von Niza-Konstantinopel als die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche bekennen.Eine und katholisch ist auch die Eucharistie. Sie ist auch heilig, ja sie ist das heiligsteSakrament. Unsere Aufmerksamkeit wollen wir nun aber vor allem auf ihreApostolizitt richten.

    27. Bei der Erklrung, wie die Kirche apostolisch, also auf die Apostel gegrndet ist,weist der Katechismus der Katholischen Kirche auf einen dreifachen Sinn hin. Erstens ist

    und bleibt sie "auf das Fundament der Apostel" gebaut (Eph 2, 20), auf die vonChristus selbst erwhlten und ausgesandten Zeugen.51 Die Apostel sind auch dasFundament der Eucharistie, nicht weil das Sakrament nicht auf Christus selbstzurckgeht, sondern weil Jesus es den Aposteln anvertraut hat und weil es vonihnen und ihren Nachfolgern bis zu uns weitergegeben wurde. Die Kirche feiert dieEucharistie durch die Jahrhunderte hindurch, indem sie das Handeln der Apostelweiterfhrt, die dem Auftrag des Herrn gehorsam waren.

    Der zweite Sinn, wie die Kirche nach dem Katechismus apostolisch ist, besteht darin,da sie mit dem Beistand des in ihr wohnenden Geistes die Lehre, das

    Glaubensvermchtnis sowie die gesunden Grundstze der Apostel [bewahrt] und sieweiter[gibt].52 Auch in diesem zweiten Sinn ist die Eucharistie apostolisch, weil siein bereinstimmung mit dem Glauben der Apostel gefeiert wird. Das kirchlicheLehramt hat bei verschiedenen Gelegenheiten in der zweitausendjhrigen Geschichtedes Volkes des Neuen Bundes die Lehre ber die Eucharistie, auch hinsichtlich dergenauen Terminologie, przisiert, um dadurch den apostolischen Glauben an dieseserhabene Mysterium zu schtzen. Dieser Glaube bleibt unverndert, und es istwesentlich fr die Kirche, da er unverndert bleibt.

    28. Schlielich ist die Kirche in dem Sinn apostolisch, da sie bis zur Wiederkunft

    Christi weiterhin von den Aposteln belehrt, geheiligt und geleitet wird und zwardurch jene, die ihnen in ihrem Hirtenamt nachfolgen: das Bischofskollegium, dem

    http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20010106_novo-millennio-ineunte_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20010106_novo-millennio-ineunte_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20010106_novo-millennio-ineunte_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20021016_rosarium-virginis-mariae_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20021016_rosarium-virginis-mariae_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20021016_rosarium-virginis-mariae_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_letters/documents/hf_jp-ii_apl_20010106_novo-millennio-ineunte_ge.html
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    die Priester zur Seite stehen, in Einheit mit dem Nachfolger des Petrus, dem oberstenHirten der Kirche.53 Die apostolische Nachfolge in der pastoralen Sendung schlietnotwendig das Sakrament der Weihe ein, also die ununterbrochene, auf die Anfngezurckgehende Reihe gltiger Bischofsweihen.54 Diese Sukzession ist wesentlich,damit von Kirche im eigentlichen und vollen Sinn gesprochen werden kann.

    Die Eucharistie bringt auch diesen Sinn der Apostolizitt zum Ausdruck. Wie dasZweite Vatikanische Konzil lehrt, kommt es den Glubigen zu, kraft ihreskniglichen Priestertums an der eucharistischen Darbringung mitzuwirken.55 Es istaber der geweihte Priester, der in der Person Christi das eucharistische Opfervollzieht und es im Namen des ganzen Volkes Gott darbringt.56 Deshalb ist im

    Missale Romanum vorgeschrieben, da es nur dem Priester zusteht, das eucharistischeHochgebet zu sprechen, whrend das Volk sich im Glauben schweigend damitvereint.57

    29. Der vom Zweiten Vatikanischen Konzil wiederholt gebrauchte Ausdruck, gemdem der Amtspriester das eucharistische Opfer in der Person Christi vollzieht,58war im ppstlichen Lehramt bereits gut verankert.59 Wie ich bei anderer Gelegenheitklargestellt habe, bedeutet in persona Christi mehr als nur "im Namen" oder "inStellvertretung" Jesu Christi. In der Person, d.h. in der spezifischen, sakramentalenIdentifizierung mit dem ewigen Hohenpriester, der Urheber und hauptschlichesSubjekt dieses seines eigenen Opfers ist, bei dem er in Wahrheit von niemandemersetzt werden kann.60 Der Dienst der Priester, die das Sakrament der Weiheempfangen haben, macht in der von Christus bestimmten Heilsordnung deutlich,da die von ihnen gefeierte Eucharistie eine Gabe ist, die auf radikale Weise die Vollmacht

    der Gemeinde berragt. Das priesterliche Dienstamt ist unersetzlich, um dieeucharistische Konsekration gltig an das Kreuzesopfer und an das LetzteAbendmahl zu binden.

    Die Gemeinde, die zur Feier der Eucharistie zusammenkommt, bedarf unbedingteines geweihten Priesters, der sie leitet, um wirklich eucharistische Versammlungsein zu knnen. Die Gemeinde kann sich aber nicht selbst einen geweihtenAmtstrger geben. Dieser ist eine Gabe, die die Gemeinde durch die auf die Apostelzurckgehende Sukzession der Bischfe empfngt. Es ist nmlich der Bischof, der durchdas Sakrament der Weihe einen neuen Priester bestellt und ihm die Vollmacht

    bertrgt, die Eucharistie zu feiern. Daher kann das eucharistische Geheimnis inkeiner Gemeinde gefeiert werden, es sei denn durch die Hnde eines geweihtenPriesters, wie das Vierte Laterankonzil ausdrcklich gelehrt hat.61

    30. Diese Lehre der katholischen Kirche ber das priesterliche Dienstamt in seinerBeziehung zur Eucharistie wie auch die Lehre ber das eucharistische Opfer warenin den letzten Jahrzehnten Gegenstand eines fruchtbaren Dialogs im Bereich derkumenischen Bemhungen. Wir mssen der heiligsten Dreifaltigkeit danken, weil eszu bedeutsamen Fortschritten und Annherungen gekommen ist, die uns auf eineZukunft hoffen lassen, in der wir den Glauben voll und ganz teilen. Die Anmerkung

    des Konzils bezglich der kirchlichen Gemeinschaften, die im Abendland im 16.Jahrhundert und danach entstanden und von der katholischen Kirche getrennt sind,

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    bleibt noch immer voll zutreffend: Obgleich bei den von uns getrennten kirchlichenGemeinschaften die aus der Taufe hervorgehende volle Einheit mit uns fehlt undobgleich sie nach unserem Glauben vor allem wegen des Fehlens desWeihesakramentes die ursprngliche und vollstndige Wirklichkeit deseucharistischen Mysteriums nicht bewahrt haben, bekennen sie doch bei derGedchtnisfeier des Todes und der Auferstehung des Herrn im Heiligen Abendmahl,da hier die lebendige Gemeinschaft mit Christus bezeichnet werde, und sieerwarten seine glorreiche Wiederkunft.62

    Deshalb mssen die katholischen Glubigen bei allem Respekt vor den religisenberzeugungen ihrer getrennten Brder und Schwestern der Kommunionfernbleiben, die bei ihren Feiern ausgeteilt wird, damit sie nicht einer zweideutigenAuffassung ber das Wesen der Eucharistie Vorschub leisten und so die Pflichtversumen, fr die Wahrheit klar Zeugnis abzulegen. Dies wrde zu einerVerzgerung auf dem Weg zur vollen sichtbaren Einheit fhren. Es ist auch nicht

    gestattet, die sonntgliche heilige Messe durch kumenische Wortgottesdienste,durch gemeinsame Gebetstreffen mit Christen, die den genannten kirchlichenGemeinschaften angehren, oder durch die Teilnahme an ihren liturgischen Feiernzu ersetzen. Bei geeigneten Anlssen sind derartige Feiern und Treffen in sichlobenswert, sie bereiten auf die ersehnte volle, auch eucharistische Gemeinschaft vor,knnen sie aber nicht ersetzen.

    Die Tatsache, da die Vollmacht zur Darbringung der Eucharistie ausschlielich denBischfen und Priestern anvertraut ist, stellt keine Herabsetzung des brigenGottesvolkes dar. Denn in der Gemeinschaft des einzigen Leibes Christi, der Kirche,

    ntzt diese Gabe allen in berreichem Ma.

    31. Wenn die Eucharistie Mitte und Hhepunkt des Lebens der Kirche ist, so ist sie esin gleicher Weise fr das priesterliche Dienstamt. Mit einem dankbaren Herzengegenber unserem Herrn Jesus Christus unterstreiche ich deshalb von neuem, dadie Eucharistie der wesentliche und zentrale Seinsgrund fr das Sakrament desPriestertums ist, das ja im Augenblick der Einsetzung der Eucharistie und zusammenmit ihr gestiftet worden ist.63

    Die pastoralen Ttigkeiten des Priesters sind vielfltig. Wenn man an die

    gesellschaftlichen und kulturellen Verhltnisse der gegenwrtigen Welt denkt, kannman leicht verstehen, wie gro und bedrohlich fr die Priester die Gefahrist, sich ineiner Vielzahl verschiedener Aufgaben zu verlieren. Das Zweite Vatikanische Konzil hatin der Hirtenliebe das Band gesehen, das ihr Leben und ihre Ttigkeiten zur Einheitfhrt. Diese Hirtenliebe so fgt das Konzil hinzu erwchst am strksten aus demeucharistischen Opfer. Es bildet daher Mitte und Wurzel des ganzen priesterlichenLebens.64 Man versteht so, wie wichtig es fr sein geistliches Leben und darberhinaus fr das Wohl der Kirche und der Welt ist, da der Priester die Empfehlungdes Konzils, tglich die Eucharistie zu feiern, in die Tat umsetzt. Denn sie ist auchdann, wenn keine Glubigen dabei sein knnen, ein Akt Christi und der Kirche.65

    Auf diese Weise kann der Priester jede zerstreuende Spannung in seinemTagesablauf berwinden, weil er im eucharistischen Opfer, der wahren Mitte seines

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    Lebens und Dienens, die notwendige geistliche Energie findet, um sich denverschiedenen seelsorglichen Aufgaben zu stellen. So werden seine Tage wahrhafteucharistisch.

    Von der zentralen Stellung der Eucharistie im Leben und Wirken der Priester leitet

    sich auch die zentrale Stellung der Eucharistie in der Pastoral zur Frderung vonPriesterberufungen ab. Dies gilt vor allem deshalb, weil das Gebet um Berufungen inder Eucharistie ganz mit dem Gebet Christi, des ewigen Hohenpriesters, vereintwird. Die eifrige Sorge der Priester um das Mysterium der Eucharistie sowie diedamit verbundene Frderung der bewuten, ttigen und fruchtbaren Teilnahme derGlubigen an der Eucharistie ist zudem ein eindrucksvolles Beispiel und einAnsporn fr junge Menschen, gromtig auf den Ruf Gottes zu antworten. Oftbedient sich Gott der vorbildlichen und eifrigen Hirtenliebe eines Priesters, um imHerzen eines jungen Menschen den Keim der Berufung zum Priestertum auszusenund zur Entfaltung zu bringen.

    32. All das zeigt, wie schmerzlich es ist und wie weit man sich von der normalenSituation entfernt, wenn eine christliche Gemeinde sich zwar aufgrund der Anzahlund Vielfalt der Glubigen als Pfarrei darstellt, aber keinen Priester hat, der sie leitet.Die Pfarrei ist nmlich eine Gemeinschaft von Getauften, die ihre Identitt vor allemdurch die Feier des eucharistischen Opfers ausdrcken und geltend machen. Dazuaber ist ein Priester notwendig, denn nur ihm steht es zu, in persona Christi dieEucharistie darzubringen. Wenn einer Gemeinde der Priester fehlt, sucht man mitRecht nach einer gewissen Abhilfe, damit die sonntglichen Gottesdienste weiterhinstattfinden. Die Ordensleute und Laien, die ihre Brder und Schwestern im Gebet

    leiten, ben in lobenswerter Weise das gemeinsame Priestertum aller Glubigen aus,das in der Taufgnade grndet. Derartige Lsungen mssen aber als blo vorlufigbetrachtet werden, solange die Gemeinde auf einen Priester wartet.

    Die Tatsache, da solche Feiern in sakramentaler Hinsicht unvollstndig sind, mudie ganze Gemeinde dazu drngen, mit grerem Eifer zu beten, da der HerrArbeiter fr seine Ernte aussende (vgl. Mt 9, 38), und mu auch dazu anspornen, alleanderen Grundaspekte einer angemessenen Berufungspastoral in die Tatumzusetzen. Dabei darf man nicht der Versuchung erliegen, Lsungen anzustreben,welche die Eigenschaften schwchen, die von den Priesteramtskandidaten in Bezug

    auf das sittliche Leben und die Ausbildung verlangt werden.

    33. Wenn nichtgeweihte Glubige wegen des Priestermangels mit der Mitarbeit ander Seelsorge einer Pfarrei betraut worden sind, sollen sie sich bewut bleiben, da -wie das Zweite Vatikanische Konzil lehrt - die christliche Gemeinde nur aufgebautwird, wenn sie Wurzel und Angelpunkt in der Feier der Eucharistie hat.66 Siemssen deshalb dafr sorgen, da in der Gemeinde ein wahrer Hunger nach derEucharistie lebendig bleibt. Dieser Hunger soll dazu fhren, keine Gelegenheit zurMefeier zu versumen und auch die gelegentliche Anwesenheit eines Priesters zuntzen, der vom Kirchenrecht nicht an der Mefeier gehindert ist.

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    IV. KAPITEL

    DIE EUCHARISTIE

    UND DIE KIRCHLICHE GEMEINSCHAFT

    34. Die auerordentliche Versammlung der Bischofssynode 1985 erkannte in derCommunio-Ekklesiologie die zentrale und grundlegende Idee der Dokumente desZweiten Vatikanischen Konzils.67 Die auf Erden pilgernde Kirche ist aufgerufen, dieGemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott wie auch die Gemeinschaft unter denGlubigen zu bewahren und zu frdern. Dafr besitzt sie das Wort und dieSakramente, vor allem die Eucharistie, aus der die Kirche immerfort lebt undwchst68 und in der sie zugleich ihr Wesen zum Ausdruck bringt. Nicht zufllig istder Begriff Kommunion eine der besonderen Bezeichnungen fr dieses erhabeneSakrament geworden.

    Die Eucharistie erscheint als Hhepunkt aller Sakramente, weil sie die Gemeinschaftmit Gott Vater im Einswerden mit dem eingeborenen Sohn durch den Heiligen Geistzur Vollendung fhrt. Ein bedeutender Schriftsteller der byzantinischen Traditionbrachte diese Wahrheit mit glubigem Scharfsinn zum Ausdruck: In der Eucharistieist vor jedem anderen Sakrament das Geheimnis [der Gemeinschaft] sovollkommen, da es zum Gipfel aller Gter fhrt: Hier liegt das hchste Ziel jedermenschlichen Sehnsucht, weil wir hier Gott folgen, und Gott sich mit uns in dervollkommensten Einheit verbindet.69 Eben darum ist es angemessen, in der Seele dasdauernde Verlangen nach dem eucharistischen Sakrament zu pflegen. Hier liegt die bung

    der geistlichen Kommunion begrndet, die sich seit Jahrhunderten in der Kircheverbreitet hat und von heiligen Lehrmeistern des geistlichen Lebens empfohlenwurde. Die heilige Theresia von Jesus schrieb: Wenn ihr nicht kommuniziert und ander Messe teilnehmt, knnt ihr geistlich kommunizieren. Diese bung bringt reicheFrchte... So prgt sich in euch stark die Liebe unseres Herrn ein.70

    35. Die Feier der Eucharistie kann aber nicht der Ausgangspunkt der Gemeinschaftsein, sie setzt die Gemeinschaft vielmehr voraus und mchte sie strken und zurVollendung fhren. Das Sakrament drckt dieses Band der Gemeinschaft aus, undzwar sowohl auf der unsichtbaren Ebene, die uns in Christus durch das Wirken des

    Heiligen Geistes mit dem Vater und untereinander verbindet, als auch auf dersichtbaren Ebene, welche die Gemeinschaft in der Lehre der Apostel, in denSakramenten und in der hierarchischen Ordnung einschliet. Die enge Beziehung,die zwischen den unsichtbaren und den sichtbaren Elementen der kirchlichenGemeinschaft besteht, ist ein konstitutives Merkmal der Kirche als Sakrament desHeiles.71 Nur in diesem Zusammenhang ist die Feier der Eucharistie rechtmig unddie Teilnahme an ihr wahrhaftig. Deshalb ist es eine Anforderung, die sich aus demWesen der Eucharistie ergibt, da sie in derGemeinschaft gefeiert wird, und zwardort, wo die Unversehrtheit ihrer Bande gewahrt ist.

    36. Die unsichtbare Gemeinschaft, die ihrer Natur nach stets im Wachstum begriffenist, setzt das Leben der Gnade, durch das man Anteil an der gttlichen Natur (2Petr1, 4) erhlt, sowie die bung der Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der

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    Liebe voraus. Nur so hat man wahrhaft Gemeinschaft mit dem Vater, dem Sohn unddem Heiligen Geist. Der Glaube gengt nicht; es ist vielmehr ntig, in derheiligmachenden Gnade und in der Liebe zu verharren und mit dem Leib unddem Herzen72 im Scho der Kirche zu bleiben. Um mit den Worten des heiligenPaulus zu sprechen: Es ist erforderlich, den Glauben zu haben, der in der Liebewirksam ist (Gal 5, 6).

    Die Unversehrtheit der unsichtbaren Bande aufrecht zu erhalten, ist eine moralischePflicht des Christen, der voll an der Eucharistie teilnehmen und den Leib und dasBlut Christi empfangen will. Jeder soll sich selbst prfen; erst dann soll er von demBrot essen und aus dem Kelch trinken (1 Kor11, 28). Mit kraftvoller Beredsamkeitmahnte der heilige Johannes Chrysostomus die Glubigen: Auch ich erhebe dieStimme, flehe, bitte und beschwre euch, nicht zu diesem heiligen Tisch mit einembefleckten und verdorbenen Gewissen hinzutreten. Ein solches Hinzutreten kannman nie Kommunion nennen, auch wenn wir tausendmal den Leib des Herrn

    berhren, sondern Verdammnis, Pein und Vermehrung der Strafen.73

    In diesem Sinn hlt der Katechismus der Katholischen Kirche mit Recht fest: Wer sicheiner schweren Snde bewut ist, mu das Sakrament der Bue empfangen, bevor erdie Kommunion empfngt.74 Ich mchte deshalb bekrftigen, da in der Kirche dieNorm gilt und immer gelten wird, mit der das Konzil von Trient die ernste Mahnungdes Apostels Paulus (vgl. 1 Kor11, 28) konkretisiert hat, indem es bestimmte, dadem wrdigen Empfang der Eucharistie die Beichte vorausgehen mu, wenn einersich einer Todsnde bewut ist.75

    37. Die Eucharistie und die Bue sind zwei eng miteinander verbundene Sakramente.Die Eucharistie vergegenwrtigt das Erlsungsopfer des Kreuzes und setzt es aufsakramentale Weise fort. Daraus entspringt eine bestndige Forderung zur Umkehrund zu einer persnlichen Antwort auf die Mahnung, die der heilige Paulus an dieChristen von Korinth gerichtet hat: Wir bitten an Christi statt: Lat euch mit Gottvershnen! (2 Kor5, 20). Fr den Christen, auf dessen Gewissen eine schwere Sndelastet, ist der Weg der Bue durch das Sakrament der Vershnung verpflichtend, umvoll am eucharistischen Opfer teilnehmen zu knnen.

    Es ist offensichtlich, da das Urteil ber den Gnadenstand nur dem Betroffenen

    zukommt, denn es handelt sich um ein Urteil des Gewissens. Aber in den Fllen, indenen ein ueres Verhalten in schwerwiegender, offenkundiger und bestndigerWeise der moralischen Norm widerspricht, kommt die Kirche nicht umhin, sich inihrer pastoralen Sorge um die rechte Ordnung der Gemeinschaft und aus Achtungvor dem Sakrament in Pflicht nehmen zu lassen. Auf diesen Zustand offenkundigermoralischer Indisposition verweist die Norm des kirchlichen Gesetzbuches, gemder jene nicht zur eucharistischen Kommunion zugelassen werden knnen, diehartnckig in einer offenkundigen schweren Snde verharren76.

    38. Wie ich bereits in Erinnerung gerufen habe, ist die kirchliche Gemeinschaft auch

    sichtbarund findet Ausdruck in den Banden, die vom Konzil erwhnt wurden, als eslehrte: Jene werden der Gemeinschaft der Kirche voll eingegliedert, die, im Besitze

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    des Geistes Christi, ihre ganze Ordnung und alle in ihr eingerichteten Heilsmittelannehmen und in ihrem sichtbaren Verband mit Christus, der sie durch den Papstund die Bischfe leitet, verbunden sind, und dies durch die Bande desGlaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung undGemeinschaft.77

    Die Eucharistie ist die hchste sakramentale Darstellung der Gemeinschaft in derKirche. Deshalb ist es notwendig, da sie im Kontext der Unversehrtheit auch derueren Bande der Gemeinschaft gefeiert wird. Weil sie in besonderer Weise dieVollendung des geistlichen Lebens und das Ziel aller Sakramente78 ist, mssen dieBande der Gemeinschaft in den Sakramenten wirklich bestehen, besonders in derTaufe und in der Priesterweihe. Es ist nicht mglich, einer Person die Kommunion zureichen, die nicht getauft ist oder die unverkrzte Glaubenswahrheit ber daseucharistische Mysterium zurckweist. Christus ist die Wahrheit und legt Zeugnisab fr die Wahrheit (vgl.Joh 14,6; 18,37); das Sakrament seines Leibes und seines

    Blutes erlaubt keine Heuchelei.

    39. Wegen des eigenen Charakters der kirchlichen Gemeinschaft und desVerhltnisses, welches das Sakrament der Eucharistie zu ihr hat, mu daran erinnertwerden, da das eucharistische Opfer, wenngleich es immer in einer einzelnenGemeinschaft gefeiert wird, niemals Feier nur dieser Gemeinde ist: Diese empfngt jamit der eucharistischen Gegenwart des Herrn zugleich die ganze Heilsgabe underweist sich so in ihrer bleibenden sichtbaren Einzelgestalt als Abbild und wahrePrsenz der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche.79 Daraus folgt,da eine wahrhaft eucharistische Gemeinde sich nicht selbstgengsam in sich

    verschlieen kann, sondern offen sein mu gegenber jeder anderen katholischenGemeinde.

    Die kirchliche Gemeinschaft der eucharistischen Versammlung ist Gemeinschaft mitdem eigenen Bischofund mit dem Papst. Der Bischof ist in der Tat das sichtbarePrinzip und das Fundament der Einheit in seiner Teilkirche.80 Es wre daher eingroer Widerspruch, wenn das Sakrament der Einheit der Kirche schlechthin nicht inGemeinschaft mit dem Bischof gefeiert wrde. Der heilige Ignatius von Antiochienschrieb: Jene Eucharistie wird als sicher erachtet, die unter dem Bischof oder dem,den er damit beauftragt hat, gefeiert wird.81 Weil der Bischof von Rom als

    Nachfolger Petri das immerwhrende, sichtbare Prinzip und Fundament fr dieEinheit der Vielheit von Bischfen und Glubigen82 ist, bildet die Gemeinschaft mitihm in gleicher Weise eine innere Notwendigkeit fr die Feier des eucharistischenOpfers. Diese groe Wahrheit findet in der Liturgie auf vielfltige Weise Ausdruck:Jede Eucharistiefeier [wird] in Einheit nicht nur mit dem eigenen Bischof, sondernauch mit dem Papst, mit der Gemeinschaft der Bischfe, mit dem gesamten Klerusund mit dem ganzen Volk vollzogen. [...] In jeder gltigen Eucharistiefeier kommtdiese universale Gemeinschaft mit Petrus und mit der ganzen Kirche zum Ausdruck,oder sie wird objektivverlangt, wie bei den von Rom getrennten christlichenKirchen.83

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    40. Die Eucharistie schafft Gemeinschaft und erzieht zur Gemeinschaft. Der heiligePaulus wandte sich an die Glubigen von Korinth, um ihnen vor Augen zu halten,wie sehr die Spaltungen, die bei den eucharistischen Feiern offenkundig wurden,dem widersprachen, was sie feierten, nmlich das Herrenmahl. Der Apostel hat dieGlubigen deshalb eingeladen, ber das wahre Wesen der Eucharistienachzudenken, um sie zum Geist brderlicher Gemeinschaft zurckzufhren (vgl. 1Kor11, 17-34). Der heilige Augustinus griff diese Forderung mit Nachdruck auf, alser an das Wort des Apostels Ihr seid der Leib Christi, und jeder einzelne ist einGlied an ihm (1 Kor12, 27) erinnerte und schrieb: Wenn ihr der Leib Christi undseine Glieder seid, so ist auf dem Tisch des Herrn das niedergelegt, was euerGeheimnis ist; ja, ihr empfangt das, was euer Geheimnis ist.84 Aus dieserFeststellung zog er den Schlu: Christus, der Herr, [...] heiligte an seinem Tisch dasGeheimnis unseres Friedens und unserer Einheit. Wer das Geheimnis der Einheitempfngt, aber nicht das Band des Friedens bewahrt, empfngt das Geheimnis nichtzu seinem Nutzen, sondern einen Beweis gegen sich selbst.85

    41. In der besonderen Wirksamkeit zur Frderung der Gemeinschaft, die derEucharistie eigen ist, liegt einer der Grnde fr die Bedeutung der Sonntagsmesse.ber sie und ber die weiteren Grnde, deretwegen die Messe fr das Leben derKirche und der einzelnen Glubigen von grundlegender Bedeutung ist, habe ichmich im Apostolischen Schreiben ber die Heiligung des SonntagsDies Domini86geuert. Ich rief unter anderem in Erinnerung, da die Glubigen die Pflicht haben,an der Messe teilzunehmen, es sei denn, sie sind durch einen schwerwiegendenUmstand daran gehindert. Den Hirten ist ihrerseits die Pflicht auferlegt, allenGlubigen die Mglichkeit zu bieten, dieses Gebot zu erfllen.87 In demApostolischen SchreibenNovo millennio ineuntehabe ich vor kurzem den pastoralenWeg der Kirche am Beginn des dritten Jahrtausends abgesteckt und dabei auch diebesondere Bedeutung der sonntglichen Eucharistie betont und derengemeinschaftsbildende Wirksamkeit hervorgehoben: Sie ist so schrieb ich dervorzgliche Ort, wo die Gemeinschaft stndig verkndet und gepflegt wird. Geradedurch die Teilnahme an der Eucharistie wird der Tag des Herrn auch der Tag derKirche, die auf diese Weise ihre Rolle als Sakrament der Einheit wirksam spielenkann.88

    42. Jeder Glubige hat die Aufgabe, die kirchliche Gemeinschaft zu bewahren und zu

    frdern, besonders im sorgsamen Umgang mit der Eucharistie, dem Sakrament derEinheit der Kirche. Noch konkreter fllt diese Aufgabe den Hirten der Kirche zu, diegem ihrer eigenen Stellung und ihrem kirchlichen Amt eine besondereVerantwortung haben. Die Kirche hat deshalb Normen erlassen, die den hufigenund fruchtbaren Zutritt der Glubigen zum Tisch des Herrn frdern und dieobjektiven Bedingungen festlegen, unter denen von der Spendung der Kommunionabgesehen werden mu. Das sorgfltige Bemhen um die treue Beachtung dieserBestimmungen ist beredter Ausdruck der Liebe zur Eucharistie und zur Kirche.

    43. In der Betrachtung der Eucharistie als Sakrament der kirchlichen Gemeinschaft

    gibt es einen Aspekt, der wegen seiner Bedeutung nicht vernachlssigt werden darf:Ich meine die Eucharistie in ihrer Beziehung zum kumenischen Einsatz. Wir alle

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    mssen der heiligsten Dreifaltigkeit dafr danken, da in den letzten Jahrzehntenviele Glubige in allen Teilen der Welt von dem aufrichtigem Verlangen nach derEinheit aller Christen berhrt worden sind. Das Zweite Vatikanische Konzil erkenntdarin am Anfang des Dekrets ber den kumenismus eine besondere Gabe Gottes.89Es war eine wirksame Gnade, die uns Shne und Tchter der katholischen Kirchewie auch unsere Brder und Schwestern in den anderen Kirchen und kirchlichenGemeinschaften auf den Weg der kumene gefhrt hat.

    Das Streben nach dem Ziel der Einheit drngt uns, den Blick auf die Eucharistie zurichten, die das hchste Sakrament der Einheit des Volkes Gottes, sein angemessenerAusdruck und seine unberbietbare Quelle ist.90 In der Feier des eucharistischenOpfers fleht die Kirche instndig zu Gott, dem Vater des Erbarmens, da er seinenKindern die Flle des Heiligen Geistes schenke, um in Christus ein Leib und einGeist zu werden.91 Wenn die Kirche dieses Gebet dem Vater des Lichtes darbringt,von dem jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt (vgl. Jak 1, 17),

    glaubt sie, da es wirksam ist. Denn sie betet in Einheit mit Christus, dem Haupt undBrutigam, der sich das Flehen der Braut zu eigen macht und es mit seinemErlsungsopfer verbindet.

    44. Weil die Einheit der Kirche, welche die Eucharistie durch das Opfer und denEmpfang des Leibes und Blutes des Herrn verwirklicht, unter dem unabdingbarenAnspruch der vollen Gemeinschaft durch die Bande des Glaubensbekenntnisses, derSakramente und des kirchlichen Leitungsamtes steht, ist es nicht mglich, dieeucharistische Liturgie gemeinsam zu feiern, bevor diese Bande in ihrerUnversehrtheit nicht wiederhergestellt sind. Eine derartige Konzelebration wre kein

    gltiges Mittel, sondern knnte sich sogar als ein Hindernis fr das Erreichen der vollenGemeinschaft erweisen. Sie wrde den Sinn dafr abschwchen, wie weit das Zielentfernt ist, und eine zweideutige Auffassung ber die eine oder andereGlaubenswahrheit mit sich bringen und frdern. Der Weg zur vollen Einheit kannnur in der Wahrheit beschritten werden. Das Verbot durch das kirchliche Gesetz ltin dieser Frage keinen Raum fr Unklarheiten92 und folgt in Treue der vom ZweitenVatikanischen Konzil verkndeten moralischen Norm.93

    Ich mchte aber bekrftigen, was ich in der EnzyklikaUt unum sintausfhrte,nachdem ich die Unmglichkeit der gegenseitigen Eucharistiegemeinschaft

    festgestellt habe: Doch haben wir den sehnlichen Wunsch, gemeinsam dieEucharistie des Herrn zu feiern, und dieser Wunsch wird schon zu einemgemeinsamen Lob, zu ein und demselben Bittgebet. Gemeinsam wenden wir uns anden Vater und tun das zunehmend "mit nur einem Herzen".94

    45. Wenn die volle Gemeinschaft fehlt, ist die Konzelebration in keinem Fall statthaft.Dies gilt nicht fr die Spendung der Eucharistie unter besonderen Umstnden und aneinzelne Personen, die zu Kirchen oder kirchlichen Gemeinschaften gehren, die nichtin der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen. In diesem Fall geht esnmlich darum, einem schwerwiegenden geistlichen Bedrfnis einzelner Glubiger

    im Hinblick auf das ewige Heil entgegenzukommen, nicht aber um die Praxis einer

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    Interkommunion, die nicht mglich ist, solange die sichtbaren Bande der kirchlichenGemeinschaft nicht vollstndig geknpft sind.

    In diesem Sinn hat sich das Zweite Vatikanische Konzil geuert, indem es die Praxisbestimmte, die gegenber den orientalischen Christen einzuhalten ist, die in gutem

    Glauben von der katholischen Kirche getrennt leben, spontan um den Empfang derEucharistie aus der Hand eines katholischen Amtstrgers bitten und in rechter Weisedarauf vorbereitet sind.95 Diese Verhaltensweise ist von beiden Gesetzbchernbesttigt worden, die mit den entsprechenden Anpassungen auch den Fall deranderen nicht orientalischen Christen bercksichtigen, die nicht in vollerGemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen.96

    46. In der EnzyklikaUt unum sinthabe ich selbst meine Wertschtzung fr dieseNorm zum Ausdruck gebracht, die es gestattet, fr das Heil der Seelen mit demgebotenen Unterscheidungsvermgen Sorge zu tragen: Ein Grund zur Freude ist in

    diesem Zusammenhang, daran zu erinnern, da die katholischen Priester inbestimmten Einzelfllen die Sakramente der Eucharistie, der Bue und derKrankensalbung anderen Christen spenden knnen, die zwar noch nicht in vollerGemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, aber sehnlich den Empfang derSakramente wnschen, von sich aus darum bitten und den Glauben bezeugen, dendie katholische Kirche in diesen Sakramenten bekennt. Umgekehrt knnen sich inbestimmten Fllen und unter besonderen Umstnden auch die Katholiken zumEmpfang derselben Sakramente an die Geistlichen jener Kirchen wenden, in denensie gltig gespendet werden.97

    Es ist notwendig, diese Bedingungen genau zu befolgen. Sie sind unumgnglich,auch wenn es sich um begrenzte Einzelflle handelt. Die Ablehnung einer odermehrerer Glaubenswahrheiten ber diese Sakramente, etwa die Leugnung derWahrheit bezglich der Notwendigkeit des Weihepriestertums zur gltigenSpendung dieser Sakramente, hat zur Folge, da der Bittsteller nicht fr ihrenrechtmigen Empfang disponiert ist. Und umgekehrt kann ein katholischerGlubiger nicht die Kommunion in einer Gemeinschaft empfangen, der das gltigeSakrament der Weihe fehlt.98

    Die getreue Einhaltung aller in dieser Materie festgelegten Normen99 ist Ausdruck

    und zugleich Garantie der Liebe zu Jesus Christus im heiligsten Sakrament, zu denBrdern und Schwestern anderer christlicher Konfessionen, denen wir das Zeugnisder Wahrheit schulden, wie auch zum Auftrag, die Einheit zu frdern.

    V. KAPITEL

    DIE WRDE DER EUCHARISTIEFEIER

    47. Wer in den synoptischen Evangelien den Bericht ber die Einsetzung derEucharistie liest, bleibt getroffen von der Schlichtheit und auch von der

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    Feierlichkeit, mit der Jesus beim Letzten Abendmahl das groe Sakrament stiftet.Eine Episode dient in gewissem Sinn als dessen Vorspiel, nmlich die Salbung inBetanien. Eine Frau nach Johannes ist es Maria, die Schwester des Lazarus - gietaus einem Gef kostbares l ber Jesu Haupt und provoziert damit unter den

    Jngern besonders bei Judas (vgl. Mt 26, 8; Mk 14, 4;Joh 12, 4) Unwillen, als obeine solche Geste angesichts der Bedrfnisse der Armen eine unannehmbareVerschwendung wre. Das Urteil Jesu ist jedoch ganz anders. Ohne die Pflicht zurLiebe gegenber den Bedrftigen zu vernachlssigen, denen sich die Jnger immerwidmen mssen Die Armen habt ihr immer bei euch (Mt 26, 11; Mk 14, 7; vgl.Joh12, 8) , blickt er auf das unmittelbar bevorstehende Ereignis seines Todes und seinesBegrbnisses. Er wrdigt die Salbung als Vorwegnahme jener Ehre, die seinem Leibaufgrund seiner unlsbaren Verbundenheit mit dem Mysterium seiner Personimmer, auch nach dem Tod, zukommt.

    In den synoptischen Evangelien geht die Erzhlung weiter mit dem Auftrag Jesu an

    die Jnger, den groen Saal sorgfltig vorzubereiten, um das Paschamahl essen zuknnen (vgl.Mk 14, 15; Lk 22, 12). Hierauf folgt der Bericht von der Einsetzung derEucharistie. Die Erzhlung lt wenigstens teilweise den Rahmen der jdischen Ritendes Paschamahls bis zum Lobgesang des Hallel (vgl. Mt 26, 30;Mk 14, 26) erahnenund enthlt in knapper und doch feierlicher Form - in den Varianten derverschiedenen berlieferungen - die Worte, die Christus ber das Brot und den Weinsprach, die er als konkrete Zeichen fr seinen geopferten Leib und fr seinvergossenes Blut gebrauchte. Die Evangelisten erinnern an all diese Einzelheiten imLicht einer Praxis des Brotbrechens, die sich in der Urkirche bereits gefestigt hatte.Aber sicher trgt das Geschehen des Grndonnerstags, ausgehend von der gelebtenGeschichte Jesu, sichtbar die Zge einer liturgischen Sensibilitt an sich, die aufalttestamentlicher Tradition beruhte und fr eine Neugestaltung inbereinstimmung mit dem neuen Inhalt des Pascha in der christlichen Feier offenwar.

    48. Wie die Frau, die Jesus in Betanien salbte, hat die Kirche keine Angst,verschwenderisch zu sein, wenn sie die besten Mittel einsetzt, um ihr anbetendesStaunen ber das unermeliche Geschenk der Eucharistie zum Ausdruck zu bringen.Nicht weniger als die ersten Jnger, die beauftragt waren, den groen Raumherzurichten, fhlt sich die Kirche durch die Jahrhunderte und in der

    Aufeinanderfolge der Kulturen dazu gedrngt, die Eucharistie in einem Rahmen zufeiern, der eines so groen Mysteriums wrdig ist. Im Einklang mit den Worten undHandlungen Jesu ist die christliche Liturgie entstanden, die das rituelle Erbe des

    Judentums weiterentwickelt hat. Und in der Tat: Was knnte gengen, um inangemessener Weise den Empfang der Gabe auszudrcken, die der gttlicheBrutigam unaufhrlich der Kirche, seiner Braut, schenkt, indem er das Opfer, das erein fr allemal am Kreuz dargebracht hat, jeder einzelnen Generation von Glubigennahebringt und sich zur Speise fr alle Glubigen macht? Wenn auch der Kontextdes Gastmahls eine familire Atmosphre nahelegt, so ist die Kirche doch nie derVersuchung erlegen, diese Vertrautheit mit ihrem Brutigam zu banalisieren;niemals hat sie vergessen, da er auch ihr Herr ist und das Gastmahl fr immer einOpfermahl bleibt, das von dem auf Golgota vergossenen Blut gezeichnet ist. Das

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    eucharistische Mahl ist wirklich ein heiliges Mahl, in dem in schlichten Zeichen derAbgrund der Heiligkeit Gottes verborgen liegt: O Sacrum convivium, in quo Christussumitur!. Das Brot, das auf unseren Altren gebrochen und uns fr unser Pilgerseinauf den Straen dieser Welt dargeboten wird, ist panis angelorum, Brot der Engel,dem wir uns nur mit der Demut des Hauptmanns im Evangelium nhern knnen:Herr, ich bin nicht wrdig, da du eingehst unter mein Dach (Mt 8, 8; Lk 7, 6).

    49. In bereinstimmung mit diesem erhabenen Sinn des Mysteriums versteht man,wie der Glaube der Kirche an das eucharistische Mysterium in der Geschichte nichtnur durch das Verlangen nach einer inneren Haltung der Ehrfurcht zum Ausdruckgekommen ist, sondern auch durch eine Reihe uerer Ausdrucksformen, welche dieGre des gefeierten Ereignisses herausstellen und unterstreichen wollen. So kam eszu einer Entwicklung, die Schritt fr Schritt dazu fhrte, ein spezielles Regelwerk fr dieeucharistische Liturgie zu erstellen, unter Achtung der verschiedenen kirchlichenTraditionen, die rechtmig entstanden waren. Auf dieser Basis entfaltete sich auch

    ein reiches knstlerisches Erbe. Dem christlichen Mysterium zugewandt, haben dieArchitektur, die Bildhauerei, die Malerei und die Musik in der Eucharistie direktoder indirekt ein Motiv groer Inspiration gefunden.

    In der Architektur zum Beispiel gab es, sobald es der geschichtliche Kontext zulie,den bergang von den anfnglichen Eucharistiesttten, die sich in den Husern(domus) christlicher Familien befanden, zu den prunkvollen Basiliken der ersten

    Jahrhunderte, dann zu den imposanten Kathedralen des Mittelalters und schlielichzu den groen oder kleinen Kirchen, die nach und nach die vom Christentumerreichten Lnder bersten. Die Formen der Altre und der Tabernakel haben sich

    in den Rumen der liturgischen Hallen fortentwickelt, wobei sie nicht nur denjeweiligen knstlerischen Eingebungen, sondern auch den Vorgaben folgten, die auseinem genauen Verstndnis des Mysteriums stammten. Dasselbe kann man ber diesakrale Musik sagen, wenn man nur an die herrlichen gregorianischen Melodien oderan die vielen und oft groen Komponisten denkt, die sich von den liturgischenTexten der heiligen Messe herausfordern lieen. Und zeigt sich im Bereich der Gerteund Paramente, die fr die Eucharistiefeier verwendet werden, nicht eine gewaltigeAnzahl knstlerischer Werke, angefangen bei den Arbeiten guter Handwerker bis hinzu echten Kunstwerken?

    Man kann also sagen, da die Eucharistie, die der Kirche und der Frmmigkeit Formund Gestalt gab, auch die Kultur stark geprgt hat, besonders auf dem Gebiet dersthetik.

    50. In diesem Bemhen um die Anbetung des Mysteriums in seiner rituellen undsthetischen Umsetzung haben die Christen des Westens und des Ostensgewissermaen gewetteifert. Wie sollte man dem Herrn nicht besonders fr denBeitrag danken, den die groen Werke der Architektur und der Malerei dergriechisch-byzantinischen Tradition oder des gesamten slawischen Raumes undKulturkreises der christlichen Kunst geschenkt haben? Im Osten hat die sakrale

    Kunst einen einzigartig starken Sinn fr das Mysterium bewahrt und spornt dieKnstler an, ihren Eifer im Schaffen des Schnen nicht nur als Ausdruck ihrer Gaben

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    zu sehen, sondern auch als echten Dienst am Glauben. Sie haben es verstanden, weitber die bloen technischen Fertigkeiten hinauszugehen und sich dem Wehen desGeistes Gottes folgsam zu ffnen.

    Die Pracht der Bauwerke und der Mosaike im Osten und im christlichen Westen ist

    ein Erbe aller Glubigen und trgt in sich den Wunsch, und ich mchte sagen dasUnterpfand, zur ersehnten vollen Gemeinschaft im Glauben und in der Feier zugelangen. Wie auf dem berhmten Gemlde der Dreifaltigkeit von Rublv bedeutetund verlangt dies eine zutiefst eucharistische Kirche, in der die Teilhabe amMysterium Christi im gebrochenen Brot gleichsam in die unbegreifliche Einheit derdrei gttlichen Personen hineingenommen ist, so da die Kirche selbst eine Ikoneder Dreifaltigkeit wird.

    Diese Sicht einer Kunst, die darauf ausgerichtet ist, in allen ihren Elementen dieBedeutung der Eucharistie nach der Lehre der Kirche auszudrcken, macht es

    notwendig, den Regeln fr den Bau und die Einrichtung sakraler Gebude volleAufmerksamkeit zu schenken. Gro ist der kreative Freiraum, den die Kirche denKnstlern immer gelassen hat, wie die Geschichte zeigt und wie ich selbst in meinemBrief an die Knstlerunterstrichen habe.100 Die sakrale Kunst mu sich jedoch durchdie Fhigkeit auszeichnen, das Mysterium angemessen zum Ausdruck zu bringen,und zwar in bereinstimmung mit dem ganzen Glauben der Kirche und gem denpastoralen Weisungen, die von der zustndigen Autoritt erlassen werden. Dasselbegilt auch fr die bildenden Knste und fr die Kirchenmusik.

    51. Was in den Lndern der frhen Christianisierung im Bereich der sakralen Kunst

    und der liturgischen Ordnung geschehen ist, findet nun seine Fortentwicklung auchin den Kontinenten des jungen Christentums. Das Zweite Vatikanische Konzil hat imHinblick auf die Forderung nach einer gesunden und notwendigen InkulturationOrientierung gegeben. Auf meinen zahlreichen Pastoralbesuchen konnte ich in allenTeilen der Welt beobachten, zu welch groer Lebendigkeit die Eucharistiefeier imKontakt mit den Formen, den Stilrichtungen und den Empfindungen derunterschiedlichen Kulturen fhig ist. Durch die Anpassung an die sich vernderndenBedingungen von Zeit und Raum bietet die Eucharistie nicht nur den einzelnen,sondern den Vlkern selbst Nahrung und formt Kulturen, die christlich geprgt sind.

    Es ist jedoch notwendig, da sich diese wichtige Aufgabe der Anpassung immer imBewutsein des unaussprechlichen Mysteriums vollzieht, an dem jede GenerationMa nehmen mu. Der Schatz ist zu gro und zu kostbar, um seine Verarmung zuriskieren oder ihm durch Experimente oder Praktiken zu schaden, die ohne einesorgsame Prfung durch die zustndigen kirchlichen Autoritten eingefhrtwurden. Die zentrale Stellung des eucharistischen Mysteriums verlangt berdies,da diese Prfung in enger Verbindung mit dem Heiligen Stuhl geschieht. Wie ichim Nachsynodalen Apostolischen SchreibenEcclesia in Asiaausgefhrt habe, ist einesolche Zusammenarbeit von wesentlicher Bedeutung, weil die Liturgie durch ihreFeier den einzigen von allen bekannten Glauben zum Ausdruck bringt, und da sie

    Erbe der ganzen Kirche ist, kann sie nicht durch von der Gesamtkirche isolierteOrtskirchen bestimmt werden.101

    http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_exhortations/documents/hf_jp-ii_exh_06111999_ecclesia-in-asia_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_exhortations/documents/hf_jp-ii_exh_06111999_ecclesia-in-asia_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_exhortations/documents/hf_jp-ii_exh_06111999_ecclesia-in-asia_ge.htmlhttp://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_exhortations/documents/hf_jp-ii_exh_06111999_ecclesia-in-asia_ge.html
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    52. Aus dem Gesagten wird die groe Verantwortung vor allem der Priesterverstndlich, denen es zukommt, der Eucharistiefeier in persona Christi vorzustehen.Sie sichern ein Zeugnis und einen Gemeinschaftsdienst nicht nur fr die unmittelbaran der Feier teilnehmende Gemeinde, sondern auch fr die Gesamtkirche, die mitder Eucharistie immer in Beziehung steht. Leider ist zu beklagen, da es - vor allemseit den Jahren der nachkonziliaren Liturgiereform - infolge einer falschverstandenen Auffassung von Kreativitt und Anpassung nicht an Mibruchen

    gefehlt hat, die Leiden fr viele verursacht haben. Insbesondere in einigen Gebietenhat eine gewisse Gegenbewegung zum Formalismus manche dazu verleitet, dievon der groen liturgischen Tradition der Kirche und von ihrem Lehramt gewhltenFormen fr nicht verbindlich zu erachten und nicht autorisierte und oft vlligunpassende Neuerungen einzufhren.

    Ich verspre deshalb die Pflicht, einen innigen Appell auszusprechen, da dieliturgischen Normen in der Eucharistiefeier mit groer Treue befolgt werden. Sie

    sind ein konkreter Ausdruck der authentischen Kirchlichkeit der Eucharistie; das istihr tiefster Sinn. Die Liturgie ist niemals Privatbesitz von irgend jemandem, wedervom Zelebranten noch von der Gemeinde, in der die Mysterien gefeiert werden. DerApostel Paulus mute scharfe Worte an die Gemeinde vo