Editorial von Chefredakteur David Harnasch

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7/30/2019 Editorial von Chefredakteur David Harnasch

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E D I T O R I A L

„WIE KONNTEN AUSREVOLUZZERN VON GESTERN

SPIESSER  VON HEUTE WERDEN?“

DAVID HARNASCH

CHEFREDAKTEUR

Vor einigen Wochen wollten wir

nach dem Abendessen noch die

 warme Nachtluft Barcelonas

 genießen, weshalb meine Beglei-

tung und ich uns entschlossen, den etwa

halbstündigen Weg zum Hotel am Strand

zurückzulegen. Dass die Getränke verkäufer,die nach Ladenschluss kaltes Bier für einen

Euro je Dose feilboten, eher im juristischen

Dunkelgrau agieren, ahnte ich. Dass ich aber

selbst tatsächlich eine Geldbuße riskierte,

 weil ich auf off ener Straße ein Bier trank,

erfuhr ich erst Tage später.

Dabei gab es eine ähnliche Verordnung

 vor Jahren schon mal unter dem grünen OB

Dieter Salomon in meiner Heimatstadt

Freiburg, bis ein Jurastudent sie 2009 vor

dem baden-württembergischen Verwal-

tungsgerichtshof zu Fall brachte. Die örtliche

Prohibition änderte weder am Lärmpegel

noch an der Kriminalitätsrate in der Fußgän-

 gerzone irgendetwas. Seit einiger Zeit dürfen

die Tankstellen im Ländle spätabends kei-

nen Alkohol mehr verkaufen. Auch diese

Maßnahme wirkt sich keineswegs mäßigend

auf innerstädtischen Krawall aus, sehr wohl

aber auf die Umsätze, die die dortige Gastro-

nomie durch Außerhausverkäufe erwirt-

schaftet. Beim östlichen Nachbarn Bayern

kann nun wieder jedermann jederzeit Korn,

Bier, Schnaps und Wein beim „Tante-Esso-

Laden“ kaufen, nachdem eine Verordnung,die dies nur Autofahrern, nicht aber Fußgän-

 gern (!) erlaubte, aus off ensichtlichen Grün-

den kassiert wurde.

„Das Wesen tyrannischer Macht ist nicht

das eiserne Gesetz. Es ist das unberechenba-

re Gesetz. Tyrannei kann kleinlich sein.“ Was

der viel zu früh verstorbene Starautor Chris-

topher Hitchens 2004 über die Trans

tion New Yorks von einer anarchistisc

 Weltstadt zu einem überregulierten D

land schrieb (ab Seite 14), lässt sich na

eins zu eins auf die heutige Diskussion

Deutschland übertragen. Thommie Ba

 geht in unserem Schwerpunkt zum Th„Verbote“ der Frage auf den Grund, wi

den Revoluzzern von gestern die Spie

 von heute werden konnten (Seite 10).

In den vergangenen Wochen ergin

Russland zwei skandalöse Gerichtsurt

die posthume Verurteilung des in der

ermordeten Rechtsanwalts Sergej Mag

 wegen Steuerbetrugs und fünf Jahre L

haft für den oppositionellen Blogger u

Kandidaten für das Moskauer Bürgerm

teramt Alexej Nawalny wegen angebli

 Veruntreuung. Garri Kasparow erklärt

Exklusivinterview mit liberal, wie der

ten die freiheitsliebenden Kräfte Russ

in diesen schweren Zeiten unterstütze

kann (ab Seite 42).

In eigener Sache haben wir hingeg

 gute Nachrichten zu verkünden: Erste

 bieten wir ab sofort ein rabattiertes Ab

ment für Studenten an. Sie können es

unter www.libmag.de/abo oder auf Sei

dieses Hefts bestellen. Zweitens beloh

 wir künftig jeden, der einen neuen Ab

ten für liberal wirbt, mit einer attraktiv

Prämie (siehe Seite 27) – das gilt übrigeauch für Werber, die ihre eigene Ausga

lieber im Bahnhofsbuchhandel oder a

 beziehen. Drittens freuen wir uns übe

Gewinn des Awards „Best of Corporate

Publishing“. Die Jury hat liberal mit Silb

ausgezeichnet. Wir versprechen, uns n

auf diesen Lorbeeren auszuruhen!  ● I l l u s t r a t i o n : E . M e r h e i m  n a c h e i n e m  F o t o v o n A . M e i s s n e r

liberal 4.2013