Ein Dom aus Nudeln - Traglastwettbewerb an der Hochschule Nürnberg...
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Ein Dom aus Nudeln – Traglastwettbewerb an der Hochschule Nürnberg
Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Betz
Zusammenfassung:
Die Fakultät Bauingenieurwesen der Hochschule Nürnberg veranstaltet jährlich einen
Traglastwettbewerb, bei dem Studenten Kuppeln, Brücken oder Masten aus Nudeln bauen. Die
Tragwerke werden bis zum Versagen belastet. Idee, Berechnung, Optimierung und Bau der
Sieger-Konstruktion des Jahres 2008 werden in diesem Artikel vorgestellt.
Summary:
Every year a student competition is carried out by the department of civil engineering at the
University of Applied Sciences Nürnberg. For this competition the students have to design and
construct structures composed of spaghetti. In the course of the contest each construction is loaded
until failure occurs. This paper describes the idea, calculation, optimization and erection of the
winning-construction of the year 2008.
1 EINFÜHRUNG
1.1 Der Wettbewerb
Die Fakultät Bauingenieurwesen der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg veranstaltet seit
nunmehr 10 Jahren einen Traglastwettbewerb. Initiator und Obmann der Veranstaltung ist
Prof. Dr.-Ing. Niels Oberbeck. Bei diesem Wettbewerb bauen Studenten alleine oder in
Gruppenarbeit ein Tragwerksmodell. Das gebaute Tragwerk wird im Zuge des Wettbewerbes bis
zum Versagen belastet. Die tragfähigste Konstruktion erhält einen Preis.
In den ersten Jahren des Wettbewerbs waren Brücken aus Papier zu entwerfen. Später wurde auf die
Nudel als Konstruktionswerkstoff gesetzt. Die zu planenden Modelle wechseln jährlich: eine
Brücke, ein Hochspannungsmast oder ein kuppelförmiges Fachwerk. Darüber hinaus wird noch die
Art der verwendeten Nudeln variiert: Spaghetti (∅ 1,68mm), Spaghettini (∅ 1,45mm) oder
Maccaroni.
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Alle zwei Jahre findet der Wettbewerb im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaften statt. Für
diesen Termin ist traditionell eine Spaghetti-Brücke zu bauen. Die Stützweite (60-70cm) und die
lichte Weite (60cm) der Brücke werden vorgegeben.
1.2 Die gewichtete Traglast
Zur Ermittlung der Siegerkonstruktion wird eine mit der Masse gewichtete Traglast herangezogen.
P‘ gewichtete Traglast
mmax zulässige Masse (1070g)
mist Ist-Masse der Konstruktion
P Bruchlast
Demzufolge geht es bei dem Wettbewerb nicht ausschließlich darum eine hohe Traglast zu
erreichen, sondern mit möglichst wenig Nudeln eine möglichst hohe Traglast zu erzielen.
1.3 Versagenslasten vergangener Wettbewerbe
Die Konstruktionen erreichen dabei trotz des Baustoffs Nudel zum Teil beachtliche Bruchlasten. So
liegt der Rekord bei den Spaghetti-Brücken bei einer tatsächlichen Traglast von 78,4kg (gewichtete
Traglast: 191,5kg).
Jahr Masse
[g]
Traglast
[kg]
gew. Traglast
[kg]
2003 296 42,1 152,1
2005 425 78,4 191,5
2007 691 31,1 46,8
2009 612 45,9 78,0
Tabelle 1: Versagenslasten der Siegerkonstruktionen vergangener Spaghetti-Brücken-Wettbewerbe
Im Jahr 2004 wurde es bei den Spaghettini-Kuppeln sehr eng. Es gewann knapp eine Konstruktion,
deren Bruchlast 30kg unter der maximal erreichten Traglast lag. Bei der in diesem Artikel
behandelten Konstruktion aus dem Jahr 2008 trat Versagen bei 195,5kg ein.
Jahr Masse
[g]
Traglast
[kg]
gew. Traglast
[kg]
2004 (1. Platz) 314 52,0 174,1
2004 (2. Platz) 425 88,1 173,5
2008 483 195,5 433,5
Tabelle 2: Versagenslasten der Siegerkonstruktionen vergangener Spaghettini-Kuppel-Wettbewerbe
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1.4 Das Regelwerk
Das Lichtraumprofil, mögliche Auflagerflächen, sowie der Punkt der Lasteinleitung des zu
konstruierenden Tragwerks werden vorgegeben. Es dürfen ausschließlich die ausgeschriebenen
Nudeln verbaut werden. Als Verbindungsmittel ist der Modellbaukleber UHU hart zugelassen.
Geklebt werden darf nur in den Knotenpunkten, ein Verkleben von Nudeln zu Stabbündeln ist nicht
zulässig. Zur Gewährleistung einer einheitlichen Lasteinleitung wird eine Holzplattform
ausgegeben, über welche die Einleitung der Last erfolgt. Verbaut werden dürfen 1000g Nudeln und
70g Kleber.
1.5 Wettbewerb 2008 – Spaghettini Kuppel
Im Zuge des Traglastwettbewerbs des Jahres 2008 war ein kuppelförmiges Fachwerk aus
Spaghettini zu konstruieren. Nachstehend ist das zulässige Lichtraumprofil dargestellt.
Abbildung 1: Ansicht - zulässiges Lichtraumprofil
Abbildung 2: Draufsicht (A-A) - zulässiges Lichtraumprofil
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Das Fachwerk wurde im Zenit durch eine Einzellast beansprucht. Hierzu war eine Lastplattform in
die Konstruktion zu integrieren. Diese Lastplattform bestand aus einem rundem Stück Sperrholz
(∅ 50mm; t=8mm) und einem Gewindestab. Über den Gewindestab wurde eine Vorrichtung zur
Lasteinleitung angeschlossen.
1.6 Der Nudeldom – die Idee
Als Teilnehmer am Traglastwettbewerb 2008 war es mein Ziel ein optimiertes und mit SOFiSTiK
berechnetes Tragwerk zu konstruieren. Bis auf wenige Ausnahmen versagten nahezu alle Modelle
vergangener Jahre infolge lokaler Schwachstellen. Lokales Versagen impliziert aber, dass das
Gesamttragwerk bei Verstärken der Problemzonen durchaus in der Lage gewesen wäre größere
Lasten aufzunehmen. Deshalb war es meine Intention ein gesamtheitliches Versagen
herbeizuführen.
2 MATERIALKENNWERTE VON NUDELN
Zuerst galt es Materialkennwerte von Nudeln zu bestimmen, um eine Versagenslast ermitteln zu
können. Geprüft werden sollten Festigkeit, E-Modul und Stabilitätsverhalten von Nudeln.
2.1 Festigkeit
Zunächst wurde die Zugfestigkeit einer Nudel in Längsrichtung ermittelt. Dazu wurde eine Nudel
an einem Ende eingespannt und am anderen Ende axial durch eine Einzellast belastet. Es wurde
eine Zugfestigkeit von 17,7 N/mm² bestimmt.
Im Labor für Baustofftechnologie der Fakultät Bauingenieurwesen der Georg-Simon-Ohm
Hochschule Nürnberg wurden in der Vergangenheit ebenfalls Messungen zur Festigkeit von Nudeln
durchgeführt. Dort wurden Festigkeiten im Bereich von 24-28 N/mm² gemessen. Die ermittelten
Bruchspannungen waren somit größer als die 17,7 N/mm². Die relativ große Differenz in den
gemessenen Festigkeiten ist auf den semiprofessionellen Versuchsaufbau im ersteren Fall und die
damit einhergehenden Störeinflüsse zurückzuführen.
Da beim Verkleben der Nudeln Intoleranzen nur eingeschränkt zu vermeiden sind, können die unter
Laborbedingungen ermittelten Festigkeiten nur bedingt übertragen werden. Weiterhin handelt es
sich bei den geklebten Verbindungsstellen um biegesteife Verbindungen. In der Praxis ist die
Festigkeit der Knotenpunkte durch den Kleber höher als die Nudelfestigkeit. Ein Versagen in den
Knotenpunkten ist deshalb eher unwahrscheinlich. Gerechnet wurde der Nudeldom mit biegesteifen
Knotenpunkte. Entstehende Biegeeinflüsse sind dennoch aufgrund des fachwerkartigen
Tragverhaltens des Systems vernachlässigbar. Bei der Ermittlung praktisch übertragbarer
Zugfestigkeiten sollte jedoch der Einfluss steifer Knotenpunkte berücksichtigt werden.
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Aus diesem Grund wurde ein weiterer Zugversuch durchgeführt – siehe Abbildung 3. Es handelt
sich um ein eingespanntes System mit biegestarren Knotenpunkten. Die rechnerisch auftretenden
Querkräfte und Biegemomente können vernachlässigt werden (Querkraft < 1% der Normalkraft).
Abbildung 3: Zugversuch mit Störeinflüssen
Versagen tritt in diesem Fall jedoch schon bei einer Normalspannung von 10,6 N/mm² ein.
Basierend auf den Ergebnissen dieses Versuches wird eine zulässige Zugspannung von 10 N/mm²
angesetzt. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass die zulässigen Druckspannungen äquivalent den
ermittelten zulässigen Zugspannungen sind.
2.2 E-Modul
Zur Ermittlung des E-Moduls wurde der in Abbildung 4 skizzierte Träger aus Spaghetti gebaut und
mittig mit einer Einzellast beansprucht. Die sich infolge der Einzellast einstellenden Verformungen
in Trägermitte wurden gemessen. Aus den gemessenen Verformungen wurde mithilfe der
theoretischen Verformungen ein E-Modul ermittelt.
Abbildung 4: Skizze - Träger zur Bestimmung des E-Moduls
Die Versuchsdurchführung lieferte das in Abbildung 5 dargestellte Last-Verformungs-Diagramm
für einen Punkt in Trägermitte. Ein Vergleich der Verformungsdifferenzen zwischen zwei
Messungen mit den theoretisch auftretenden Verformungsdifferenzen führte zu einem Schätzwert
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für den E-Modul von etwa 2400 N/mm². Der Versuch wurde wiederum mehr oder weniger
semiprofessionell durchgeführt (siehe Abbildung 6).
Abbildung 5: Last-Verformungs-Diagramm für Punkt in Trägermitte
Abbildung 6: Versuchsaufbau zur Bestimmung des E-Moduls
In den bereits erwähnten Versuchen des Labors für Baustofftechnologie wurde ein E-Modul für
Nudeln von durchschnittlich 2900 N/mm² ermittelt. Für die Berechnung des Nudeldoms wurde
willkürlich ein E-Modul von 2800 N/mm² angesetzt. Die präzise Bestimmung des E-Moduls ist in
diesem Fall aber von untergeordneter Bedeutung, da aufgrund der vorliegenden
Baustoffhomogenität lediglich die Verformungen, nicht aber die Spannungen, von der Wahl des
Elastizitätsmoduls beeinflusst werden.
2.3 Stabilität
Der Lastabtrag in der Kuppel erfolgt vorrangig über Druckstreben. Druckglieder aus Spaghettini,
welche einen Durchmesser von lediglich 1,45 mm aufweisen, neigen bereits unter geringen Lasten
zum Ausknicken. Stabilitätsbetrachtungen sind deshalb von besonderer Relevanz. Ein
Knickbeiwert β für die Berechnung einer Knicklänge kann allerdings nicht ohne weiteres festgelegt
werden, da die Knotensteifigkeiten rechnerisch schwer zu erfassen sind.
Die Formel für die kritische Knicklast lautet (mit l: Länge des Druckgliedes):
Division mit der Querschnittsfläche liefert die kritische Knickspannung:
0
2
4
6
8
10
12
14
0 0,5 1 1,5 2 2,5
Verf
orm
ung
[1e-
4m]
Last [kg]
Messung
Approximation
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Ein Verkleben der Stäbe (Spaghettini) untereinander ist außerhalb der Knotenpunkte nicht zulässig.
Infolgedessen kann für das Flächenträgheitsmoment einer Strebe folgende Annahme getroffen
werden (mit n: Nudelanzahl pro Strebe):
Unter dieser Annahme besteht zwischen der Nudelanzahl pro Strebe und der kritischen
Knickspannung keine Abhängigkeit. Unter Berücksichtigung des näherungsweise kreisförmigen
Querschnitts einer Spaghettini vereinfacht sich die Formel für die kritische Knickspannung einer
Druckstrebe zu (mit d: Durchmesser einer Spaghettini):
Der Knickbeiwert β wird für die Berechnung des Nudeldoms als für alle Druckglieder konstant
angesetzt. Mit den Konstanten E-Modul und Nudeldurchmesser ist die Länge einer Druckstrebe die
einzig verbleibende Variable in der Formel für die kritische Knickspannung. Die Knickspannung
kann deshalb auch durch nachstehende Gleichung ausgedrückt werden (mit c = const.):
Aufgrund mangelhafter Genauigkeit im angesetzten E-Modul und eines nicht zu
vernachlässigenden Einflusses von Fertigungsintoleranzen des Tragwerks wird die Konstante c
nicht analytisch sondern durch praktische Versuche bestimmt. Dadurch werden der exakte E-Modul
und Fertigungsintoleranzen indirekt berücksichtigt. Somit beschreibt die mittels der Versuche
ermittelte Konstante c das tatsächliche Tragverhalten mit relativ guter Annäherung.
Abbildung 7: Versuchsaufbau unter Last (Ausknicken bereits erkennbar)
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Für die Versuche wurde das in Abbildung 7 dargestellte Tragwerk gewählt. Die drei Streben sind
am unteren Rand näherungsweise eingespannt und werden am oberen Ende möglichst gleichmäßig
belastet. Die Länge der Druckglieder, sowie die Anzahl der Nudeln pro Strebe wurden in mehreren
Versuchen variiert. Für die Konstante c ergab sich ein Wert von etwa 8400 N. Unter
Berücksichtigung des angesetzten E-Moduls kann ein Knickbeiwert β von etwa 0,66 ermittelt
werden. Damit liegt das Knickverhalten der Stäbe zwischen den Eulerfällen 3 und 4.
Wird darüber hinaus noch die maximale Druckfestigkeit von Nudeln in Betracht gezogen, ergibt
sich das Abbildung 8 dargestellte Bemessungsdiagramm für die kritische Druckspannung.
Abbildung 8: Bemessungsdiagramm - kritische Knickspannung in Abhängigkeit von der Länge der Druckstrebe
2.4 Übersicht über ermittelte Material- und Querschnittskennwerte für Spaghettini
Festigkeit: σc = σd = 10 N/mm²
E-Modul: E ≈ 2800 N/mm²
Dichte: ρ = 14,34 kN/m³
Durchmesser: d = 1,45mm
Kritische Knickspannung:
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
kriti
sche
Kni
cksp
annu
ng [N
/mm
²]
Länge des Druckgliedes [mm]
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3 OPTIMIERUNG UND BERECHNUNG DES TRAGWERKS
3.1 Formfindung
Um den Bau des Tragwerks möglichst einfach zu halten, sollte der Nudeldom aus flächigen
Segmenten zusammengesetzt werden. Dies hat den Vorteil, dass die einzelnen Segmente flächig
gefertigt und verklebt werden können. Damit geht eine höhere Präzision beim Bau des Tragwerks
einher. Die Anzahl der zu fertigenden Segmente wurde willkürlich mit 20 angesetzt. Der Winkel
zwischen zwei Segmenten beträgt somit 18°.
Abbildung 9: Skizze - Draufsicht 2D-Segmente
Im vorliegenden Fall konnte folglich die Formfindung zunächst einmal auf das ebene Problem eines
vertikalen Segmentes reduziert werden (siehe Abbildung 10). Pro Segment wurden aus
Stabilitätsgründen zwei Druckstreben gewählt. Als Formfunktionen für die Streben wurden
quadratische Funktionen gewählt. Die beiden Streben sollten mit möglichst großer Steigung an die
Lastplattform anschließen, um die Horizontalkomponenten im System möglichst klein zu halten.
Außerdem sollte die innere Strebe möglichst nahe am inneren Rand des Lichtraumprofils verlaufen.
Um die beiden Streben zu modellieren wurden vier Funktionen zweiter Ordnung aufgestellt (siehe
Linien 1 bis 4 in Abbildung 10). Zwischen den Funktionen 1 und 2, sowie zwischen den Funktionen
3 und 4 liegt C1-Kontinuität vor. Die Steigungen der Funktionen 1 und 3 am oberen Rand wurden
vorgegeben. Punkte auf den quadratischen Funktionen 2 und 4 wurden zusätzlich um einen von y
abhängigen Anteil in x-Richtung verschoben, um die beiden Streben möglichst vertikal an die
Auflagerpunkte anzuschließen. Dadurch sollten Horizontalkomponenten am unteren Rand
vermieden werden.
Die Formfindung wurde somit nahezu ausschließlich von ingenieurmäßigen Gesichtspunkten
beeinflusst. Der exakte Verlauf der Streben zwischen den Randstellen ist für die Optimierung
allerdings von eher untergeordneter Bedeutung, da es sich bei dem Tragwerk um ein als Fachwerk
aufgelöstes, doppelt gekrümmtes Schalentragwerk handelt. Die Modellierung der Randstellen
hingegen ist wichtig. So wäre es beispielsweise ideal, die Streben in Richtung der Lasteinleitung
anzuschließen. Dies wird jedoch durch das vorgegebene Lichtraumprofil erschwert.
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0
50
100
150
200
250
300
350
400
0 50 100 150 200 250
y [m
m]
x [mm]
1
2
3
4
Abbildung 10: Skizze - Segment
3.2 Querschnitts- und Formoptimierung
Nachdem die Geometrie der Streben festgelegt war, stellte sich die Frage nach der optimalen Lage
und Anzahl der Knotenpunkte. Lage und Anzahl der Knotenpunkte werden von der Druckkraft in
der Strebe und der Anzahl der Nudeln pro Strebe beeinflusst. In einem iterativen Prozess wurde das
System mit SOFiSTiK linear elastisch berechnet und die Lage der Knotenpunkte anhand der
Berechnungsergebnisse verschoben. Die Lage der Knotenpunkte wurde dabei so gewählt, dass alle
Stäbe etwa bei derselben Last versagen.
Die gewünschte Maximalbelastung wurde anfänglich mit 150kg angesetzt. Infolge des
Optimierungsprozesses stieg diese auf 190kg an.
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3.3 Modellierung mit SOFiSTiK
In SOFiSTiK wurde das System räumlich berechnet. Dazu wurde ein Segment modelliert und
anschließend um die vertikale Achse rotiert und kopiert. Jedem Stab wurde über die entsprechende
Querschnittsnummer die richtige Nudelanzahl zugewiesen.
Abbildung 11: räumliche Tragwerksstruktur des Nudeldoms
Abbildung 12: Draufsicht auf den Nudeldom
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Alle an die Lastplattform anschließenden Punkte wurden hinsichtlich ihrer Verschiebungen
gekoppelt (siehe Abbildung 13).
Abbildung 13: Koppelung der an die Lastplattform anschließenden Knotenpunkte
Alle Auflager wurden als horizontal verschieblich modelliert. Horizontale Unverschieblichkeit des
Gesamtsystems wurde durch radial an die Auflagerpunkte angeordnete Federelemente erreicht.
Abbildung 14: Modellierung der Auflagerpunkte
3.4 Aussteifung
Die Beulformen des Tragwerks wurden mit SOFiSTiK berechnet. Das Tragwerk wurde an lokalen
Schwachstellen solange ausgesteift, bis das Tragwerk gesamtheitlich von den Beulformen erfasst
wurde.
3.5 Anmerkungen zur Optimierung der Kuppel
In Kapitel 1.2 wurde die gewichtete Traglast definiert. Die Formel zur Berechnung der gewichteten
Traglast sagt aus, dass das System gewinnt, bei dem das Verhältnis von Bruchlast P zur Eigenmasse
mist maximal wird. Demzufolge kann das Optimierungsproblem folgendermaßen formuliert werden:
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Für ein bestimmtes Tragwerk wird dieses Verhältnis maximal, falls alle Elemente des Systems voll
ausgenutzt sind. Dies schließt aber auch die aussteifenden Bauteile mit ein. Demzufolge ist für ein
Optimum auch der Anteil der rein aussteifenden Elemente auf ein absolutes Minimum zu
reduzieren. Das vorliegende System wurde dahingehend nicht optimiert.
Bei der hier vorliegenden Problemstellung handelt es sich im allgemeinen Fall um
Topologieoptimierung eines räumlichen Fachwerkes. Rein numerische Optimierungsverfahren sind
für diese Problemstellung nur schwer anwendbar. Eine Möglichkeit bestünde in der
Topologieoptimierung des korrespondierenden Schalentragwerks und anschließendem Auflösen der
Schalenstruktur als Fachwerk, wobei die optimale Abbildung der Schale als Fachwerk wiederum
schwer zu finden ist.
4 BAU DER KONSTRUKTION
Die 20 flächigen Segmente wurden in Serie gefertigt. Dadurch konnte eine relativ hohe
Fertigungsgenauigkeit erreicht werden. Das Zusammensetzen des Tragwerks erwies sich als
kniffelig, da im Lasteinleitungspunkt sehr viele Stäbe zusammenzuführen waren. Nach dem
räumlichen Zusammenfügen der Segmente wurden die horizontalen Zuggurte sowie die räumliche
Aussteifung geklebt. Aufgrund der bereits stehenden Grundstruktur war auch dies relativ präzise
möglich. Zu guter Letzt wurde die Lasteinleitungsplattform aufgeklebt.
Abbildung 15: Der fertige Nudeldom
5 VERSAGEN DER KONSTRUKTION
Beim Wettbewerb im Jahr 2008 konnte keine Versagenslast für das konstruierte Tragwerk ermittelt
werden, weil mit der vorhandenen Lasteinleitungsvorrichtung nicht mehr als 110kg aufgebracht
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werden konnten. Deshalb musste die Bruchlastermittlung um ein Jahr
verschoben werden. Die Konstruktion wurde zwischenzeitlich
eingelagert.
Im Rahmen des Traglastwettbewerbs 2009 wurde ein erneuter Anlauf
gestartet. Diesmal mit Erfolg. Der Nudeldom versagte bei 195,5kg –
5,5kg mehr als die prognostizierte Bruchlast. Damit wurde der
vorausgesagte Wert sehr genau getroffen. Sicherlich muss zugegeben
werden, dass eine solch gute Übereinstimmung von theoretischer und
praktischer Bruchlast zu einem bestimmten Teil wohl auch auf Zufall
basiert. Vor allem im Hinblick auf die Genauigkeit der angesetzten
Materialeigenschaften. Dessen ungeachtet wurde die tatsächliche
Traglast mit guter Näherung vorherbestimmt und ein lokales
Systemversagen vermieden.
Die 190kg theoretische Bruchlast wurde mit geometrisch linearer
Berechnung und dem Bemessungsdiagramm für Knickspannungen,
welches anhand von praktischen Versuchen geeicht war, ermittelt.
Vollständig geometrisch nichtlineare Berechnung liefert eine Versagenslast von etwa 150kg und
unterschätzt somit deutlich die praktische Bruchlast. Ein Grund hierfür ist vorrangig in der zu
weichen Abbildung der Knotensteifigkeit im FE-Modell zu suchen. Die Knotenpunkte werden zwar
biegesteif gerechnet, jedoch werden die Knoten in der Praxis durch den Kleber zusätzlich
ausgesteift. Folglich werden die resultierenden Knicklängen in der Rechnung überschätzt und
Stabilitätsversagen tritt bereits bei geringeren Lasten ein.
Abbildung 17: Skizze Knotenpunkt in Theorie und Praxis
6 LITERATUR
[1] Schneider; Bautabellen für Ingenieure. 16.Auflage
Werner Verlag, München/Unterschleißheim, 2004
Abbildung 16: Nudeldom
unter Last (110kg)
Nudeldom_Betz2EINFÜHRUNGDer WettbewerbDie gewichtete TraglastVersagenslasten vergangener WettbewerbeDas RegelwerkWettbewerb 2008 – Spaghettini KuppelE-ModulStabilitätÜbersicht über ermittelte Material- und Querschnittskennwerte für Spaghettini
Optimierung und Berechnung des TragwerksFormfindungQuerschnitts- und FormoptimierungModellierung mit SOFiSTiKAussteifungAnmerkungen zur Optimierung der Kuppel
Bau der KonstruktionVersagen der KonstruktionLiteratur
Nudeldom_Betz1 EINFÜHRUNG1.1 Der Wettbewerb1.2 Die gewichtete Traglast1.3 Versagenslasten vergangener Wettbewerbe1.4 Das Regelwerk1.5 Wettbewerb 2008 – Spaghettini Kuppel1.6 Der Nudeldom – die Idee
2 MATERIALKENNWERTE VON NUDELN2.1 Festigkeit2.2 E-Modul2.3 Stabilität2.4 Übersicht über ermittelte Material- und Querschnittskennwerte für Spaghettini
3 OPTIMIERUNG UND BERECHNUNG DES TRAGWERKS3.1 Formfindung3.2 Querschnitts- und Formoptimierung3.3 Modellierung mit SOFiSTiK3.4 Aussteifung3.5 Anmerkungen zur Optimierung der Kuppel
5 VERSAGEN DER KONSTRUKTION6 LITERATUR
Nudeldom_Betz2EINFÜHRUNGDer WettbewerbDie gewichtete TraglastVersagenslasten vergangener WettbewerbeDas RegelwerkWettbewerb 2008 – Spaghettini KuppelE-ModulStabilitätÜbersicht über ermittelte Material- und Querschnittskennwerte für Spaghettini
Optimierung und Berechnung des TragwerksFormfindungQuerschnitts- und FormoptimierungModellierung mit SOFiSTiKAussteifungAnmerkungen zur Optimierung der Kuppel
Bau der KonstruktionVersagen der KonstruktionLiteratur