Ein gefüllter Willkomm - MGH-Bibliothek

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Ein gefüllter Willkomm Festschriftfür Knut Schulz zum 65. Geburtstag herausgegeben von Franz J. Felten Stephanie Irrgang Kurt Wesoly Shaker Verlag Aachen 2002

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Ein gefüllter Willkomm

Festschriftfür Knut Schulz zum 65. Geburtstag

herausgegeben von

Franz J. Felten Stephanie Irrgang

Kurt Wesoly

Shaker Verlag Aachen 2002

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme I Fellen, Frar~z J.; Irrgang, Stephanie; Wesoly, Kurt (Hrsg.): EingefüllterWillkomm: FestschrififürKnutSchulzzum65.Gebultstagl FranzJ. Felten,StephanieIrrgang.KurtWesoly(Hrsg.). Aaclieii: Shaker, 2002

ISBN 3-8322-0600-0

Die Publikation der Festschrift haben dankenswerteweise unterstützt:

Hans-Böckler-Stiflung, Düsseldorf Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin Stadt Worms

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Copyright Shaker Verlag 2002 AlleRechte. auchdasdes auszugsweisenNachdruckes, derauszugsweisen odervoll~tä"di~en~ieder~abe,der~~eicherun~in~atenverarbei&ngs- anlagenundder Übersetzung, vorbehalten.

ISBN 3-8322-0600-0

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Rituelle Symbolik und Reclitswisserischaft im Kampf zwisclien Kaiser und Papst

Fiiediicli Barbniossa uiid der Konflikt uiii die Bcdciitiilig voii Rititaleii

/ü>~en Micthke

Mziiie Überlegiiiigeii' dieiicii niclir eiiicr Begriffsbestimiiiiilig dessen, was wir iiiis unter cirieiii „Ritiial" voilustcllcii Iiabeii. Wie bereits der gewäliltc Titcl a~ikiiiidigt, soll CS vielrnclir uiii dieBcdciitiiiig von Ritunlcii gclier>. Weiiri wir iiiitcr ciiierii tlitital eiricii rcgclliaft ablaufeiideii öffc~eiitlichen Akt vcrstclicii, der sicli cbcii wegcii sciiicr Regelliaftigkeit wicderliolc~i Iäßt, ja, der auf Wicderlio- Iii~ig aiigclcgr ist, welclicr gesellscliaftlicli wiclirige Zustäodc oder Haiidliii~geti darstellt iiiid siclitbar maclit, daiiii liabcti wir mit dieser selir abstrnktezi iitid

fornlnlc~r Uiiisclireibii~ig iiocli kciiic Dcfiiiitioii gcwoiiiieii, die cs iins iriöglicli niaclite, jcdcs llirual ~iiifclilbar zu ideiitifiziereit, abcr wir Iiabe~i dai i~i t <iocli eiii lic~iristiscli ciiisetzbarcs itistruinciit iii Hätideii, init dein wir vcrsuclieii köiiiieii, i i i dcii Iiistoiisclie~i Übcrlieferoi~~eri tiaclr solclieii Akieii zii siicliai iiiid sie gciiaucr ii i <leii Blick zii i~cliiiicii. O b ciii „Ritigal" sicli voii ciiiciii ,,Zcrcinoiiicll" etwa dadiircli iii~tersclicidet. <lag CS -wie bei dcrn rite rlepnrrarp - ciiicii ciiiiiialigcii Vorgaiig abbildet odcr bcwirkt, <[aß cs also die Zitsiäiide zuriiitidcst teilweise vciwaiidclt odcr als verwaiidclte siclitbar iiiacht, wälirciid eiii Zcreiiioiiicll Vcrliältiiissc, etwa soziale Disn~izcai, ili ilircr Koiitiiiiiität i i~id Dai~er darstellt, braiiclicii wir Iiier iiiclit zu <liskuticrcii, z<iinal dicsc Bcgiffsfsuti- tcrsclicidiriig wolil tlicorctiscli ciiilcuclirciid sclicirit, iii Wahrlicit abcr bcidcs selir Iiäiifig aii dcii Räiideni iiisoferii iiiciiiaridcr iibcrgelit, als aiicli das Zcrc- iiioiiicll iii cletii gciiariiiteii Si~iiic einer „statisclicii" Abbilduiig vor^ dn~icrliafteii I'liä~iotiieiieii jeden ßcteiligtcii stets i m i in <liest Dritter ei~ibiiidet.

Wie dciii aiich sci, hier soll es riiclit ~i i i i s o l c l ~ Bcgriffsoritersiicl~~~~~ge~~ gclicii, soiiderii i t ~ i i die Bcdciitisi~g, welclie die eiri Iliriial odcr ciii Zcreinoiiicll vollzic- Iiclidcii Zcitgciiosscii mit diescin ilircni l i i i i vcrbiiiidco iiiid iliiii bcigctiicsscii Iinbcii. Aigcli wir köiiiieii iiiis init jcriei~ Pliäiioiiiciic~i begiiiigeii, die sich als syiiibolisclic Ko~ii~iiizi~ikatioii begrcifcii lasscii. Damit enveitcrti wir isiisere Pcr- spcktivc. Wir siiclic~i iiacli Sclbstaiissagcii, die es crlaiibcii, (las, was ciii inclir

I Hier wird der .lexr i i r i wesexiilicliez~ so vorgelegr, wie el. :uit 21. Deieaiiber 2000 iii Hei- Aelbeig iii eiiier Vorleriiirgsreilie zte Rirnaleii vorgetragen wnr<le, einige Pr"isieriiiigeii freiiicli sind vorgesioi>imeri iiiid Nacliweise a>>gcfiigr wordci>. Der jiibilai Iiat sid, vicllnd\ tiiit dem 12. Jsltiliiiii<lert eiid niir B;irbarosra anseiiiaiidergeretzt, so iiirg diesei Versuclk iliin i i i seiiier Fcrtrclirifr pewidiiier sein.

72 Jürgeii Mierlikc

oder iiliii<lel- elaboiicries (wciiii aticli iiiigescliriebeiies) Regelwcrk fiir deii Abi:~i~f eines iirirelleii Begäiigiiisses festlegt, i n seitier Bedeutuiig zu erfassezi. Nur ei~ie fiölilicll rinivc Welrsiclit wird aiiiieIiiiie!i wolleii, daß sicli jedes Ilittial odcr Zerc~~ioiiicll uoii selbst versrelir iiiid dnß, ii~ivcräii<lert übcr den Absraiid der Zciteii Iiiiiiveg, jcdcr Betrnclirer gewisserinaßcii iiitiiiriv Siiiai iiiid Bedeii- tiiiig der iiacli fcsreii Kegclii ablaiifendcii Vorgäiige erfxsseii kaiisi. Die ?'Liese, ~ial3 <iic Heilige Scliiift rrli ipriur iiiteipi-es sci, d.li. sich selber auslegt, Iint jerleri- falls ciiie Uiiznlil voll Tlieologeii iiiid eiiie bliilieiide exegctisclie Wissciiscliafr iiiclir iil~crfliissig geiitacllr. U~ii wieviel tiielir gilt aber bei deii iiici>sclilicli ver-

abrcdereii Ritiialcii, daR dic Bcdeiiriiiig der üatste1ioiig iiiclit iii jederri Falle siriiierifillig ist. Kciii llitilal ist über jcde Frage irnch seilicr Fiiiikcioii, Bede~i- tiiiig uiid Wiclitigkeit erlinbeti.

Iiibaliliclier Waridcl besririiiiir aucli (lic Gescliiclire voii Kitiialeii, die ilireiii \Vese~i iinch aiif Uiivcräiiderliclrkeit ai~gelegr sind. Metliodisch läßr sich das eiitwedcr aiii Koiitext dcr allgeiiieiiieti Ordiiuiigsvorsrclli~ii~eti i~rid gcsell- scliaftliclicri Srrukti~rcii ableseii, der iii seiner alli~iäliiicl~eii Ve~öiideruiig eiiie Erkläiiziig fiir dcii Ucdei~tiiiigswaii<lei des Rituals licferii kaiiit. So kqiiii eiii (zitiiiiiidesr sciiieiii äi~Rereii Ablatif iincli) sicli selber irii wcseiitliclieii glcicli- bleibeiides llitiinl wie das Iiocliinitrelalrerliclie „Hiiii<lerrageii" aiis eiiier ursprüiigliclicii Elirciisrrafe zu eiiier eigeiis erdacliteii iiii<I eiitwiir~ligeiidcii Dciniiriguiig wenlcii.* Uci iiiisereiii Ziel, die Aznbigiiität ririieller Akte aiifio- fiii<lcii, siiclieli wir Iiicr ciiieii aiidcxeii Weg, weiiii wir vorwicgerid aii eii~eiii ciiizigeii Streitfall i i i i i ciii bestimnircs Ritiial selir iiii~cnchiedliclie Aiiffas- suilgcii voii Zcitgeiiosseii, die sicli auf die glciclie syiiibulisclie tlaiidliiiig bezieliei~, oälier verfolgeii iiiid bcgreifeii wolleii.

Wo Streit ist, Ilai eiii liistoriker au6~iiliierkcii. Niclrt, dnß er sich selbst gr~aiid- särzlicli sclbcr zir eiiicr I'arrci iiii 1Zoiiflikt vor sciiicii Aiigcii crklärcii sollie. Aber iiii Streit zeigt sich, was Meiisclieii wirklicli bewegt uiid bewog, zeigt sicli das, worai~f es <Icii Zeitge~iosseii eigeiitlicli aiikaiii. So soll aiicli iitisere Frage iiacli <lexii Streit ~ i i i die Aiislegiitig eines bestitiiiiiteii llitiials zii einer getiaucrcil Keiiirriiis der Mccliaiiik der Koiiflikte ii i i 12. Jalirliuiiderr bcitrageii. Dacli zur

Sriclie! Fricdricli Uarliarossa war iinter dra~ii;itisclieii Utiistätideii iir Dcurscli- laiid zuiii Köiiig gcwälilt iiiid ediobcii wordeii. Ai11 16. Febriiar 1152 war Koiiratl IlI., sein Vorgiiiger iiiid Oiikcl, ~>lörzlicli und uiicrwartet iii Bainberg gestorbexi, aio 5. Mir,,, weniger als drei Woclieii sl~ärcr wälilte cine cuiifl der <leiiisclieii Fiirsreit i t i Frarikf(irt ani Maiii bercirs deii Naclifolger. Dics isr eirie

U:r,.u <lecii~iLlisi SteGici Weiiiliiicer i i i eiiier weiteren Voileriitig der Reilie, ili der aucli <Icr \,orliegeri<lc E>s;ty scicieli <~rs)>riiiigliclieu Orc Ii;irtc.

fiir mittelalrcrliche Kornn~uiiikntioiisbedin~un~eii iiiigcbciier kurze Zeit- spanne. Sie wäre gar nicht einzulialteii gewesen, härre nicht bereits Konrnd 111. mir gaiiz aiidereii Absichten die Fürsten nach Fraiikhirr geladen grhabt, die jetzt die Herrschdrssitkzessioii regeln konnteii. Es ist iiiis unbekannt, was der Vorgänger im einzelnen vorliatre, jedenfalls waren alle seine Pläne von einer letzreii Kranklieit durclikreiizt worden. Er sclber Iiarre noch kurz vor seinem Tode Barbarossa zu seinem Nachfolger bestimmt, aber daniir war die Frage der Sukzession iin Reich iiatiirlicli noch keineswegs geklärr oder gar entschieden. „Schließlich wiirde", so schreibt Otro voii Freisiiig, eiii Halbbruder des verstor- benen Königs und als Biscliof von Freisiiig selber Teilnehmer an der Fürster,- versammlung, in seiner „Clironik", den meist sogenannten Gcrtn fiiderici, damals Barbarossa „von allen gewünscht und mir der Zustimmung aller zum König er i~oben."~ Was vor dem "Scliließlicli" geschah, das verscliweigt uns der woliliiiformierte Bericlitersrarter. Der noch miridcrjährige Sohn Konrads III., eben&lls eiii Friedrich, wurde jedenfalls mit seinen möglichen Ansprüchen iibergnngeii.

Der erwählte König hatte es gaiiz offensiclirlicli weiterhin eilig, seine Herr- schaft~serzun~ durch die Krönung abzuschließen. Am 6. März bereits, dem Tag iiacli der Wahl, bestieg man von Frankfurr arn Maiii aus Rlieinschiffe zur Reise nach &~clien, am 8. März gelangte miii dort an, am 9. M5n fand die feierliche Krönung sn t t , die eine Königserliebiing nach Auffassung der Zeir erst end- gültig bckrifrigre und gültig machte. Seit dem Tod Koiirads III. waren 22 Tage vergaiigeii. In einer Rekordzeit hatte man die Siikzession erreiclit, iiiid das mit- tels eines Walilverfalirens! Ein wabrhafr fliegender Weclisel war damir geglückt, wobei vorauszUsen.cn ist, daß diese kiiappe Zeitspanne von fieberhaften Ver- haiidlungen und widirigen Entsclieidungen in politischen Konflikten zusärz- licli erfüllt war, voii denen wir aber nicht viel wissen.

Orroiiis er Ltl.,iiewiiii Gerra Fciderici I. iiiipernroris, ll.L, ed. C WniizlB. uo>i Simron (SSrerGerrn 46) l19121, ND 1997, S. 103; i r i der \Vidmiingrf~sritii~. ed. F-J. Sclit»ale, Bischof Otto von Freising wtid R;il>ewiii, Die Tareii Friediiclir, oder riclitiger: Croiiica (Freilierr-voin-Stein-Gedich~nisausgabe 17), Darrnsr~dr 1965, S. 284: Tnridem nb omnibm fiidericvr Sueuorunz nur, fiidtrici di<cir filii<r, petitar cuncroriimqrie fnuorr i» refcnt nrblimnrar. Ziir Wnlil vgl. aucli die Nachweise bei / F Boehmer, Regerrn iiiiperii, Bd. 1V12: Die Regesten der Knirerreiclier tiiirer

Friedricli 1.. 1152 (I 122) - 1190, 1. Liefertitig: 1152 ( 1 122) - 1158, oei* bearb. V.

E Opll uiirer Mirarbeit von H Mqr. Wiei>/KöIri/Graz 1780. 2. Liefert~li~: 1158- 1168, iieci bezrb. V.- F Opll. WienIKöIii 1991. Hier N r 64 (Lfg:l, 5. I2 f.). Zur Aacliener Krönting ebd. Nr. 66 (Lfg. 1, S. 13 f.).

94 Jiirgeii Mierlike

Der iieue König teilte seine Erliebuiig alsbald anderen Herrschern mir. Ein Brief ging an den Kaiser von ein anderer wurde durch drei feierliche Gesandte, den Bischof Eberliard von Bamberg, den erwählten Erzbischof Hilliii von Trier uiid Abt Adam von Eberbacli, nach Rom Hier wiirde Papst Eiigeii 111. voll dem Herrschafrsanrrirr Barbarossas in Keiiiitiiis geserzr uiid ziigleicli wurde der Röinisclieii Kirclie und alleri Kirclienle~iteii ver- sproclicri, der neue Herrscher wolle Gereclitigkeit uiid Scliun. walten lassen. Sich der Worte der berühmten Gelasianischen Formel aus dem Ende des 5. Jalirhuiiderts bedienend, eines Textes also, der damals mehr als 650 Jahre alt war, versprach der König, in Fortsetzung der Politik seines Vorgängers all das, was dieser ziir Befreiung und Vermehrung der Ehre (ad liberationem er honora- r ionm) des apostolischen Stiihles gewollt und angeordnet habe, selbst in ste- tiger Bemüliung (romtn~zr) vollenden zu wollen. Er werde bestrebt sein, gemäß dessen früiieren Versprecliuiigeii, den Feinden des Papstes Feind zu sein und die, die deii Papst Iiaßren, zu bestrafen6

In der Tat harre der Papst Hilfe und Schurz damals dringend iiötig. Seir Jalireii war er mit Selbsräiidigkeitshestrebu11gen der Römer ko~ifroritiert, die nicht allein nach dem Beispiel der oberiralienischeii Kommunen 1144 eine renovatio renatiu, die Neueiiirichrung eines vom Papste unabhängigen ,,Senats" der Stadt

7 und damit eine kommunale Stadtregierung eingericlitet harten, soiiderii die nun darüber liinaus auch eine tiefgreifende Reform der Kirche und vor allem der Kiicheiispiae, der päpstlichen Kurie und des Papstes forderreii. Dieser sollte auf alle seine weltliche Maclit verzichten. Arnold von ~rescia,' Ahaelard- schüler und eifernder Reforniprediger, wurde zunehniend zur zentralen Gesralt

Überlieferr in: \Vibald, ep. nr. 410, in: Mo~iurneiira Corbeieiirin, (Foiirer reriim Gerrna- niwrain I), ed. PJaff!, B~erlin 1864, S. 548 f. Friderici I. Diploinara, (MGH Diyloniara regiirn er inipenrorui>i Germaiiiae IO) , ed. H. Appclr (iia.), Bde. 10,l-4, Haiiriover 1775-1970 [küiifcig „DFI"], I ~ i e i I Nr. 5, S. 9-11. Vgl. H. Denziriger, Eiicliiridioii syiiilioloritni. deRiiirioriuiii er declaiario~ii~rn de cebiis fidei er tiioiurn, 32.A~f l . , bearli. T,. A. Sci>Örm>erzer S.J., Freibiirg :.Br 1963, S. 120 (Ni. 347): Duo runt qr'ippr, i~rpcrnror augtrrie, quibrrrprinc$alirer miindt<r /,ic rcgigin<r. auc- torjrarrnuiiiapotii~~n~nr er mga1irporcrtar [...I. Norri ercnini [...I quoninrn [..I rerion tarnen praerulibur divi»nn<n> dr~uomi 0 1 h rubvzirrir [...I; m i r DFI iir. 5 (1, S. 11,19-21): Cunz mint h o rim, qz~ibirrp~ir~cipalirrr hic mio>zrii<r ~cgino; ~ id~l ice t oiicronrnr rncrapontificurn er

rtfnlis potrm, o»miiion Christi rnre>donlni obedientie deuoti colh n<b>nincrrpaiuti rzmur. 1158 wird Barbarosra iii einer Etizykiika zu die deursclien Bischöfe, ebenfallr an die gelasianisclie Formel xiigelelirir, docli allein die kaiserliclie Kompereiiz bercliieibend, deiirlicli anders fornliiliereii (wie uriren Aniii. 72): Duo rr'ni, qzibi'r norrnrm regi o p o ~ ret i,nperiu>n. Irgcr idncrne impemrorr~m er urur bonr'r pmdece~so~um et parnrm nomvrri>n. lrror li>,rim ercrdc~rr nec ~ohomur nccporrrinir<r

Rititelle Syitibolik uiid Reclirswirrenscl~~~ 95

dieses Konflikts der Päpste mit ihrer Stadt. Die Kooperarion, die der deutsche Herrsclier 1iier in Forrsetzuiig der Politik seines Vorgängers anbot, sollte 1154 zu Arnolds Gefangennahme und Hinriclitting fül~reii. Das von Barbaiossa ver- sprochene Zusammenwirken harte also iii der Zukunft diirchaus nocli durcli- greifende prakrisclie Folgen.

Das Verliältiiis von Papst und deutschem Herrscher war, wie man sich denken kann, niclit eindimensional auf diese eine Frage abge~tellr.~ Kurz nach der ersten deiirscheii Gesaiidrschnfr, die an der Kurie eine Fortsetzung des aiigeb- Iich uiirer Konrad 111. Iierrscheiideii Eiiivernelimens uritersrreiclien und wohl auch erste Verhaiidluiigeii über die küiiftigc Gestdtuiig der Kooperariori mir dein Nachfolger führen sollte, reiste eine zweite Verliandlungsdelegation nach Rom, diesmal waren es zwei Biscliöfe, Anselm \.oii ~ a v e l b e r ~ ' ~ und Heimaiin von Konsranz, sowie drei Grafen, die iiii Aufrrzg des Königs mit einer päpsrli- chen Kommission verhaiidelteii, der niclit weniger als sieben Kardinäle ange- hörten, darunter auch der spätere dritte Nachfolger Eugens III., Kardinal Rolarid von San Marco, der als Papst Aiexander 111. Barbarossas entschieden- ster iiiid Ieatlich erfolgreiclier Gegner werden

' R. L. Brnron, Poliricxi ,,Re»ouatio": Two Models fiom Romnii Aririqriiiy, iii: Reiinis- saiice nixd Renewni iii tlie Twelfcli Ceiiriiry, Iig. V. R. L. Brnron/G. Conrtnble, wich C D. Lanhnm, Onford 1982, S. 339-386, ber. 340 ff.; I Bnunrgiirtnei; Roinbelierrsch- iing uod Romerneuerung. Die römische Kommune im 12. Jalirhuixderi, in: Quellen und Forrcliungeii aus iralieiiiscllerr Ardiiven uiid Bibliorlieken 69 (1989), S. 27-79: eineil knappen Übeiblick gibt W M~alecz*k, Rombeiierrrcliiing sind Ronierneueriing dtircli das Papsrrum, in: Rom ilii Iiolien Mitrelalrei, St~idieii zu den Rornvorsrelluii- geil tiiid riir Roinpolitik voni 10. bis ziirii 12. Jahrliiinderr, Reinliard Elze zur Vollen- duiig seiner 70. Lebenrjalires gewidtnex, 13%. r B. Srhimmr+finniglL. Srhmxggc, Signinrii>gen 1992, S. 15-27 (ber. S. 24 ff). Wiclirig zii ihni A. F > ~ ~ ~ o > i i , Ariioldo da Brercin iielle foiiri del secolo XI1 (Srudi sroiici 8-9), Rom 1954. ZusamineiiEts.irrcnd deri., in: Diziotiario biogratico degli lcaliani 4 (1962), Sp. 247-250; R Mnnrrlli, iii: TRE 4 (1978), S. 129-132: iiiid in: LenMA 1 Miioclien 1980, Sp. 1005 f

9 Eine nettere Übersiclii, ii>rbesoiidere koi,ieritrierc auf deii spnreieii jal~rzeliiirehirgeri Kampf, gab J. Lniidngr, Alexaiider 111. iind Friedricli Baibaiosra (Forscliungeri zur Kaiser- iiiid Papsrgesciiiciice der Mirtelalrers I6), KälrilWeiniarlWieri 1997. Zii ilim neuerlicli besoiiders J. 7 Lccr, Anselm of Havelberg. Deeds iiito Words in rlie Twelfcli Ceritiiry (Sriidier in die Hisrory of Ciirirriari Thouglit 79), LeideriiNew YorklKöln 1998.

' I Zu reiner Biographie zussnimenfassend end im Koniiaar zu der Barbaiossas enva Lnzidngc, Alerander III.(wie Anm. 9): zii seiner Teil~ialiriie a n deii Verliandliingeri vgl. die folgeiiden beiden Anm.

96 Jürgen Mierlike

Aus dem friilieri i~nd Iiolieii Mittelalter besiaeii wir iiiclir allzu viele Doku- mente, die das Ergebnis eingehender Verhandlungen zweier Parteien schriftlich niederlegen. In diesem Falle liegt uns der Text des Abschlußprorokolls gleich in einer doppelten Oberlieferurig vor. Wibald von Stab10 nämlich, der führende Mann in der Kanzlei Korirads III., der bis zu seinem Tode (1 158) noch eine sichtbare, wenn auch zunelimeiid verblasseiide Rolle am Hofe Barbarossas spielen konnte, hat sich das Ergebnis der Beratungen, an deiieii er selber keinen unmittelbaren Anteil geliabt hatte, in sein Brief- und Memorialbuch Am 23. März 1153 hat da1111 Barbarossa in Koiistaiiz aiif einem Hoftag deni Papst mittels eines Königsdiploms, also i n feierliclisret Verbriefung verspro- chen, die wörtlich als Text in das Privileg eingerückten Abmacliungen beider Seiten unverbrüchlich und ohne willkürliclie Änderiitig seinerseits einhalten zu wollen.13

Zu diesem - nach dem Aussrellurigsort des königlichen Privilegs „Konsranzer Verrrag" genannten - Text gibt es eine reiclie Fülle von Literatur, die seine großen und Meinen Probleme klären möchte, sie freilicli auch bisweilen mit irreführenden Assoziationen vernebelt. Die Grundlinien des Texres sind schon nach der formalen Gliederiiiig srreng iind offensiclitlich bewußr „ausgewogen", wie nian es Iieiire ausdriickeii würde. Drei Versprechen des Königs stehen ebenso vielen (also drei) Zusagen des Papstes gegeiiübec. Der König verspricht dem Papst, im röinisclien Konflikt mit der Kommune keinen Separarfrieden zu scliließeri, auch für die Normannen Siziliens soll das gleiche gelten. Gegenseitig versicliert man sich, einer drohenden Invasion des bFantiiiisclieii Herrschers nicht nachzugeben. Der Papst will auf der anderen Seite darüber hinaus dem König „ohne Schwierigkeiten die Fülle seiner Krone" tiikommen lassen, d.11. die Kaiserkröriung gewähren und Barbarossa ,,ehren" (honorare) - überhaiipt steht die Ehre, der honor, beider Verrragsparteien in1 Zentrum der gegenseitigen Vecrprecliiingen: Die „Ehre des Papsttums und die weltliclien Rechte des Hei- ligen Perrus" (honormpaparur et egalia Sancti Pawi) will der König als treuer Kircheiivogt verteidigen und scliüaen, auch zu ilirer Wiedergewinnung bei Verliisr helfen; der Papst isr bereit, jeden, der „die Gerechtsame und die Ehre des Königreichs" (iurticidm ct honorem regni) oder den honor imperii, wie es andernorts heißt, beschädigt oder zu stören sich erfreclieii sollte, auf Aiifforde-

'* DFi Nr. 51, I, S. 85 E Eiiie Neu.iusgibe des BrieR>uclies dilicli Tiinotlry Reuter für die MGH isr in Vorbereiiuiig bzw. iin Druck.

l3 DFi Ni: 52, 1, 5. 87-89. Vgl. aiicli Borhrnel; Regesra iiiiperii IV/2.1, iieii bearb. V. Opll (wie Anni. 3) Nr. 167 (Lfg. 1, S. 47 f.); M Lindner, Die Hoftage Kaiser Fried- ricli Baibaiorras, 1152-1170, pliil. Dirs. Huinboldr-Uriiv. Beiliii 1790 [MS], bes. S. G2 f. (Nr. 7):

rittig durcli Barbarossa mit geistliclieri Ermahiiiingeii zur G e ~ i i i ~ t u ~ i i i g anzu-

halten, ja schließlich, wenn das iiiclit frucliten sollte, durcli Kirclieiibaii~i zu

strafen.

Iurticia et honoF1" hhonor et rcfalia Sancti ~ c t ~ i : " der Begriff der „Ehre", der

hier verwendet wird, um gegeiiseirig eine ansclieiiiend gleich schwere und ver-

pflichtende Bringschuld festzulegen, und der sogleicli mir der Vorstellung von Gerechtigkeit und Rechteii verbunden erscheint, ist wiederum in seincr

geiiauen Bedeutung heftig umstritten. Er ist naturgemäß nicht leiclit fesau-

legen, zumal er ja bewußt als einheitlich und in den gegenseirigen Verpflich-

tiiiigen streng äquivalcnri6 gedacht werden miiß, u m die zweiseitigen

Verpfliclitungen als gleichgewichtig ersclieiiieii zu lassen. Honor hieß hier aber,

und das inuß auf jeden Fall festgehalten werden, iiiclit unbedingt allein das,

was wir als point &onncu~ verstehen, oder gar das, was im „Ehrenwort" eines

Politikers im 20. Jahrlluridert in Deurscliland angerufen wurde. Honor sollte

zumindest daneben aucli Anspruch, Eiiikommeii, Prestige, Besitz, ja subjek-

tives Recht umfassen, mir eitieiii Wort also die Subsranz der Person und deren materielle Grundlagen, ihre IdentitRt, Geltiiiig und ~irkrin~smö~lichkeiten.~'

l 4 Als Beleg fiir die Vieltilt der Bedeurii~igeii iiiid die zairlreiclie~i Nuaiiceii eliiigr der Verweis aiif dar Register r.v. hotto,; bzw irirtitin, in DFI (I, S. 501'-', 51 il-'; sowie in den anderen Bdri.). Aus der reiclieii Lirerxrtir iieiiiie icli hier alleiii die altere schmale, aber gewichrige Monograpliie von I> RNIOIO, ,„Honor imperii". Die cieue Polirik Fried- ricli Barbnrosns, 1152-1 159 ['i940], 'Dmnsradr 1961, die fieilicli hotlor allzii enkliisiv als Reclirsbegriff verrrelieti will. Das Worr Iiarre eiiie weir rirnfasseadere Bedeiitiing. Vgl. jerzr acicli Knrir Görichs Tiibinger Habilitatioiisrclirifr (wie uilreii

Aiim. 17). 'I Zum Begriff der vcgnlin und ~egnl in Snncti Petri iiisbesoi>dere J. Fricd, Der Regalieel~be-

griff iin I I. und 12. Jalirliiinderr, in: DA 29 (1973), S. 450-523; ziisarninenfarrend zttm eiir~~iiisclieii Sprachgebrat~cli D H2ft~rnn>in ( " . X . ) , in: LexMA Bd. 7, Miinclien 1995, Sp. 556-561. Laudngc, Alerander 111. (wie Ari~ii. 9) Iiar deii Regalien-Begriff erwns einseitig zur Zentralperrpekrive reiner geraiiireii Unterrtlcliuiig gemachr.

l 6 Scllon Herberr Grundniatin liar in seiner Rezeiision zu Perer Rassows Sriidie, in: HZ 164 (1941), S. 577-582, hier S. 579 davon gesproclien, der Vertrag sei ,,formell srreng bilateral" formuliert. Dar gerchal~ offenrichtlicli bewußr. Das i i i der Forscliuiig birlier vorlierrsclieiide Inreresse dsran, welche der beideii Parteien derin dabei den größerer, realeii Vorreil Iiabe verbi~clien können, erscheinr mir niclir <iiiiiiirtelbar weiierfiili- rend.

l7 Eine Uiirersi~cliciiig des Begriffs für Bnrbarossas gesatnte Polirik legte vor: K Göiirh Die Elire Friedricli Barbarorrar, Komrmiiiikarion, Koiiflikr iind politirclies Handelti ini 12. Jahrhundert (Symbolisclie Konirn<~nikarioii in der Vormoderne 2), Darmstadr 2001 [Pliil. Habil.-Sclirifr Tübingen, 20001. Diese Arbeii konnre für die Uiitersii- chciiig noch iiiclit benutzt werden.

Es ist von vorneherein dciitlich, daß ein derart uiibesrimmter Begriff äquivok wirken m d , und das im allerliöclisten MaRe, das sich vorstellen 1äßt. Es war keineswegs ausgemaclir, daß beide Parteien imnier und überall der Selbstausle- guiig der anderen Seite bei der Fesc\tellung dessen, was in einem korikreteii Konflikt präzise dein honor des anderen nach desseii eigener Meinung arige- messen wäre, vorweg zustiiiln~en mußten, wenn in dem Vertrag aucli der Begriff in einer quasiobjektiveri Weise angeführt wurde. Es ist bezeichnend, daß man bei den Verhandlungen noch ineinre, mir einem derart iinbesrimmten Begriff den genieiiisameri Willen zu gegenseitigem Respekt für die Lebeiis- grundlageii des Vertragspartnei-s Iiiiireicheiid sicher uinsclirieben zu haben. Der Fortgang der Ereigiiisse sollte freilich zeigen, daß der Versricli zum Scliei- tern verurteilt war, durch einen scliriftlich fuierten Formelkompromiß mög- liclie künftige Konflikte zu dämpfen oder gar auszusclidteii. Die angeblich vonveg aiierkaiiriten beiderseitigen Aiispriiche waren ja als solclie gar nicht abgesteckt und konnten somit stets und immer wieder rieu strittig werden.

Eine zweite Vorbedingung für das küiiftige Verliältriis von deutschein Herr- scher und römiscliem Papst ist riocli zu bedenken. Barbarossa harre bereits mit der Aiifnaliine seiner Herrschaftstätigkeit in Deutscliland, irn Umritt nacli der Aacliener Krönung, energisch die Zügel in seinem Reicli ergriffeii.18 Niclit nur in perso~iellen Fragen, enva bei der Besetzung vakanter Bischofsstühle, ließ er das mcd<en. Er hat auf regionalen Hoftagen auch seiiie Veraiirwortung für die iuticia, für Recht und Gerechtigkeit in seinen Landen durch eine in dieser Form bis dahin zuniiiidesr uiigewölinliclie Aktivitär uiiterstriclien. Wohl in Ulm erließ er schon Ende Juli 1152 einen sogeiiannren .~aiidfrieden",l~ trat also als ~ e s e ~ e b e r ~ ~ auf und ließ sich vielleicht auch deswegen in dem Seiid-

schreiben an alle Reichsteile, in dem er die einzeliien Besclilüsse des Tages bekannt machte, bereis damals als imperator titulieren. Wir brauchen hier nicht in die Eiiizelheiceii der rechtlichen Fcstlegungen einzutreten, die in dieser Normsenuiig des kaiserlichen Königs sofort nach seinem Regieningsantrirt

l 8 Über die deursclie Polirik Barbarorsas beiictirer jerzr zeverläsrig B. Schini,>ze(pfcnnig, Köiiige iind Fiirsreii, Kaiser iirid Paprr i~acli dem Wornisei Konkordat (Eiizyklopadie deurrclier Gescliiclire 37), Miiiiclien 1996. DFI Nr. 25, 1, S. 39-44; ed. L. W&ilnnd, in: MGH Conrr. I (Hannover 1893) Nr. 140, S. 194-198. Borh»ner, Regesrs imperii IVlZ.1, neu bearb. V. Opll (wie Anni. 3) Nr. 110 f (Lfg. 1, 5. 28).

Zo Dazu vor allein A. Wo& Gererzgebiliig ili Eiiropa, 1100-1500. Zcir Erirsreliui>g der ierriroiialrrs;ireci, Zweite erw Aitfl., Miiiiclieii 1996, Iiier bes. 70 ff. Zii eiiropGisclieci Parnlleleiir~ickiui~ge~~ vgl. enva den Sariiinelband: Reiiaisraiice dii pouvoir 14gislarifer geliese de l'Er.ir, Iig. V. A. Gou~oriIA. Rigaudibr (Ptiblicarions de la Soc4r4 d'liirroire dii droir er des insrirurions der aiiciens pays de droir icrir 31, Monrpellier 1988.

gerroffen wurden, allein die Überlieferuiig des genannten Srückes gibr einen

weiteren Hinweis darauf, wie die Zcitgenosscii das Dokument eiiigeordnet

haben: Es ist n5inlicl1, ebenso wie eine spärere Friedenssatzu~i~ Friedriclis für Oberitalien, ausschließlich in der großen Rechrssammlriiig der Libri Feudo,um überliefeir worden, jener oberiralienischen gelehrten Kompilation aller jener

Rechte, die für und in den Leheiisbniehungeii Gültigkeit bcanspruc~iren?~

auch wenn der Uliner Landfrieden keineswegs erwa nur lehiirechrliche Mare-

rieii zu regeln unreiiiahm.

Auch sonst ist eine srarke Beronuiig der Reclirsccidirionen, des Lehrirechrs iiis-

besondere, aber keiiieswegs ausscliließlicli dieser spezifischeii Reclitsvorstel-

lung, in Barbarossas Enrscheidungen jener Jahre zu beobachten. Wir dürfen

seine Politik in dieser ersten Phase seiner Regierung durchaus als rechrlicli,

geiiauer auch als lehnrechtlich orientierr ansehen, soferii wir nur von der Vor-

stelluiig Abschied nclimen, als miisse alles lehnsrechdich Versrandeiie sich

strikr und exklusiv auf ein vasallitisches Verhälrnis baicheii lassen. Noch die

Roiicaglischen Gesetze, die Friedricli 1158 in der Po-Ebene aiif einer großen

Versammluiig seiner Gefolgsleute, die er aus Deurscliland mitgebraclir harte,

sowie seiner Getreuen aus Adel und Srädten Obcrimliens v e r k ~ i i d e r e ? ~ werden

die hcrkömmlicheii Herrscliafisrechre definitoriscli fesarilegen versuchen; riiid

sie tun das iiicht enva, indem sie ausschließlicli auf das Leliiireclir ziiriick-

21 Coi,stieriidii>es fei<doriiiii, ed. K Lehmnnta ['1892-18961, ND Iig. dr~rcli K A. Eck- havdt (Bibliorheca reriim Iiistoricaiiiin, Neiidrticke I), Aileri 1971 [iiiir zieiier Pagi- nieruiig]: I1 F. 27, S. 232-236. Ziisarnineiifassend zu dieser Kmnpilarioii enva I! Weimn,; iii: Handbricli der Quellen iind Lirerariir der nei~eren europiisclien Privat- rechoeercliichte. he. V. H Coinp. 2 Bde., München 1973, liici 1, S. 166-168: iind bes. G. ~ i h e r i n : 2 (1978), Si. 1995-2001.

22 Vel. Böhmer, Reeesra iin~erii IV.2.2, neu bcarb. V. Opll (wie Aiiin. 3), Nr. 606-623 " " (Lfg. 2, S. 16-22). Grundlegeiid dazii vor allein V Colomi, Le rre leggi perditre di Roncaglia (1 158) iirrovare in uii rnanurcrirto p.~rigino (Bibl. Nar., cod. lar. 4677). iri: Scrirri in cnemoria di A~ironio Gitiffh, Bd. I, Ivlilatio 1967, S. 11 1-170 [deiirsclie Ciberrerziing diircl, G Dolrzalek iinrer dem Titel: Die drei verscl~olleiiei~ Gererie der Reiclirtsges bei Roiicngiin, wieder aufgefiindeii in einer Pariser Haiidrclirift (Uiirerra- chuiigeii ziir deiitsclieii Scairr- sind Reclirrgercliiciite N.F. 12), Aaleii 19691. Ziii (kk- riscli kuneii) Gelritngrdaiiei der Geserze (und ilireiii <~rrprüiiglicIi diensrrecliriiche~i V~rstellun~shinter~ruiid) enva G Diloler, Dei niirtelilrerliche Kai~cr~cdankc alt Re~lirsle~irimation, in: Die Begründung des Rechcs als hirrorisches Problem, hg. V, D. Willoweii unier Mirirbeit voti E Müller-Li<rkr>er (Sclirifreli der Hisroiischen Kollegs. Kolloquien 4% Müiiclieii 2000, S. 153.170, ber. S. I61 ff. Vgl. auch Benron, Poliricrl „Ro>ouatio" (wie Anrn. 7), her. S. 364-369. Zii dem Verfahren de: Ii~~eltungretzeie ber. E Wade, Landfrieden, Srrafe, Recht. Zwölf Studien zum Mirrelalter (Sclirifieri zur europäischen Reclirr- urid Verfarrungsgescliichre 37), Berlin 2001,s. 98, 115f.

greifen. Bezeichneiidenveise waren die von dem Hoftag niedergelegten Defini- tionen in einer Kommission formuliert worden, die sich aus bewährten Rechtsfachleuteii aus deii einzelnen Städten und aucli aus jenen Keii- nern des Römischen Rechts zusammenscrzte, die in Bologna seit einer Generz- tioii Rcchrsuiirerriclit in den allmählich sich Iieciusbildenden Schulen erteilten, in jenen Schulen also, welche sich am Ende des Jahrhunderts zur Uni- versität Bologna formiere~~ sollten.

Daß der Kaiser und seine Berater somit irn Coipur iurü Civifü Kaiser Jusrinians aus dem Anfang des 6. Jahrhunderts nachforschen ließen, wie die Rechrsver- lialtnisse Reiclisit3lieris in der Mitte des 12. Jahrhunderts korrekt zu regeln seien, ist bezeiclineiid genug. Daß sie das Ergebnis der gemeinsamen Nachfor- scliuiig ,,in der Form eines koiiseiisgestiitzten ~eichsweis tums"~~ verbindlich machen wollteii, war daiiri ini Ralimeii ihrer Möglichkeiten nur konsequent. Der Versucli, konki-ere Lebensbezichurigen des Hochniirtelalters nach der Richtschnur einer über 600 Jahre alten Textsammluiig von Kaiserrecliten eines byzantinischen „Vorgaiigers'' auszuricliten, zeigt dabei vor allem die Bereit- schaft, früliscliolastische Wissenscliafr, hier die Reclitswisseiiscliaft der wer- denden Universität Bolognas, unmittelbar Praxis werden zu lassen.

Diese Voiniisseauiigeii muß irn Auge bclialren, wer den berühniten Koiiflikt um das Begegnuiigsritiial des Jdires 1155 richtig verstehen will. Der Streit eiit- stand bei dem ersten persöiiliclien Zusammentreffen Barharossas mit einem Papst, und er sollte folgenreicli sein. Im Winter 1154 endlich war der König aus Deutschland nach Irdien aufgebrochen, um sich zum Kaiser krönen zu lassen. Papst war iiizwisclicn nicht mehr Eugen IIL, sondern zunäclist noch Anasrasius IV., der freilich am 3. Dezember 1154 verstarb. Dessen Nachfolger Hadrian IV., gewählt einen Tag nach dem Tod des Vorgängers, hatte als Kardi- iiallegat in Skandiiiavien bei der Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse und Struktiiren Übersicht, Energie und Tatktafr bewiesen. Er hat als Papst daiiri sogleicli die in1 Koristanzer Vertrag vorgeselierie Erneuerung der Abma- chungen, die sein Vorgänger Anasrasius IV., aus weldieii Gründen aucli immer, unterlassen hatte, nur kurz nach seiner11 Regieruiigsantritt irn Januar 11 55 von

24 dembereits iii Italien weilenden Barbarossa vollzieheii lassen. Sobald gewis- sermaßen die päpstlichen Gesandten am Königshof eintrafen, verbriefte Barba- rossa, der sich in dem Diplom erneut bereits „Kaiser" nannte, dem Papst mir fast idenrisclieii Worten deii niir dem Vorvorgäriger knapp drei Jdire zuvor

23 So foiincilierr es Diichrr, ICzirergedarike (wie Aii i i~ . 22), S. 162. 24 DFI N r 98, 1, S. 165-167. Vgl. Borhntri, Regest2 irnpeiii IVi2.1, neu beaib. V. Opll

(wie Aiiiii. 3) Nr. 271 (Lfs. I, S. 82).

Riruelie Syiiibolik iind Reclitrwisse~iscl~~fc 101

erreichren Akkord, und er rat das iii derselben Form, in der er Eugeii 111. seine eigenen Zusageii verbiridlicli zugesicliert liatre, nämlich indem er eiii förmli- ches Herrscherprivileg unrer Einrückung des alten Worrlaurcs ausstelleii ließ. Aii den auf good wiii angelegten Formulier~ingeri, aii der gegenseitigen Ancr- kentiuiig und Uiirerstützung des jeweiligen honor isr kein Absrricli gemaclir worden.

Barbarossa rückte zur Kaiserkröiiung gaiiz allmählich durcli Oberiralien in Riclirung auf Rom vor,15 iiiclir oline miliiäriscli die Iiitervciirioii zur Bereiiii- guiig von aufgesrauten Problemen zu nurzen iiiid narürlicli auch nichr, ohne durch einen reichen Segen von Privilegien fiir die eigenen Aiiliänger und durcli Rechtssatzungen fiir die seiner Herrschaft Uiitenvoifenen die Verhältnisse in Oberiralien in seinem Interesse zu ordneri.26 Am 5. Dezember 11 54, dem Tag, an dem der nun zum Papst gewählre Hadriaii IV. in Rom seine Weihe empfing (wovon Barbarossa aber damals iiatürlicb eberisowenig erwas wissen konnte wie von der erst am Vortag erfolgreii Wahl dieses Mannes), wurde auf den Ronca- glischen Feldern, der üblichen Sammelstelle der deutsclieii Heere nach der Durchquerung der Alpen, eine erneute Einschärfiing vasdlirischer Pflichten verkiindet, welclie - dem Anlaß eiirspreclieiid - insbesoridere die Pflichr der Reiclisvasallen zu einer Unrerstünong des Romzugs unrersrrich uiid die Reclite des Lelinslierren, des Königs, stark liern~isstellte.~~ Auf dein lairgsarneii Marscii iiacli Rom, in Bologiia dann, sclieiiir Friedrich im folgeiiden Jahr 1155 uiitcr vielen anderen ~ e r b r i e f u n ~ e n ~ ~ auch eine berühmte Urkunde erlassen zu haben, nämlich jeiies von den daran interessierren Rechrsgelehrreii Bolognas formulierte uiid iiacli Justiiiians Vorbild gleich als A~thentica (d. h. als

25 E Opll, Friedricli Barbarosss (Gerralreti des Mirrelalrers und der Reriairrarice), Darin- stadr 1990, S. 48 ff.

26 Vgl. etwa A. Haveriamp, Herrsclizfrsfori~iei> der FriilisraitTer i i i Reicliriralieit (Moiio- giapliieri zur Gescl>iciire der Mirrelaiters I), 2 Bde., Sigeiiariiigen 197011971; kiinpp G. Doleuilck und K: Jordan, in: HRG 4 (1990), Sp. 1137-1140; oder 0. Et~geli, Die Sra~ifer (Urbaii-Tasclienbücher 154), Srurtgarr u.a. '1998, S. 98-101.

27 5. Dezenibei 1154, Roncaglia: DFI Nr. 91, 1, C. 151-153. Vgl. Boehme~ Regesra imperii 1Vl2.1, neu bearb. V. Opll (wie Aiiin. 3), Nr. 255 (Lfg. 1, S. 77); Linlini>; Hohage (wie Anm. i3), S. 72-74 (Nr 18). Dieser Geserz irr rclioii 1158 diiicli eine erweireire Fassung (riiir detiselben Eingmgsworren. nacli denen ja im Mirrelslcer sol- c l ~ e Texre ririeir wurden!), ebenfalls i i i Roncaglia (vgl. Borhnirr, Regesra imperii 1Vl 2.2, neu bearl,. V. Opll, Nr. 621 [Lfg. 2, S. 21 f ] ; Li»d,~rr, Hoftage (wie Aiim. 13), S . 105-107, Nr. 50), erserzr worden (-DFI N r 241, 11, S. 32-34). Dalier irr die ersre Fassiing nur sehr dürfrig ( I Abschrifr!) iiberlieferr, wälirend der Terr von 1 158 in die „Libri feadorum" Ai~fiialime fand (I1 F. 53-54, S. 255-260); Lehtnnnn/Eckhn>dr, Corisuerudines (wie Acim. 21).

28 Vgl. DFI Nm 104-107,1, S. 176.183.

„Novellew) in das C o ~ u r Iurir Ciuilir eiiigereilire Privileg mir dem Anfangsworr „ ~ a b i t a " , ~ ' in welcliem der Herrscher die Reclitsverhälrnisse der Bolognescr Reclirsstudenreii, ilireii Gerichtssraiid iind ihre Stellung zu den Bürgern der Sradr Bologna regelte uiid das studium als Einrichtung anerkannte. Dann zog der Zug nach Süden weirer, Rom enrgegeii.

Papsr und König rrafeii sich in Surri, einer Stadt, nur etwa eine Tagereise nörd- lich der Heiligen Srzdr, knapp südlicli voii Orvieto iiiid Viterbo gelegen, einem Or t , der auch iinlie a n der Nordgrerize des päpsrliclieii Patrimonium Pcni lag. Der Plan. harre deutsclieii Rombesiicherii schoii Iiäufig als letzte Raststätte vor

ihrer Aiikiiiifr am Ziel gedient. 1046, gur ein Jalirhiindcrt vor Barbarossas Roniziig, Iiarre Heinrich 111. Iiier etwa, ebenfalls kurz vor seiner Kaiserkrö- iiiing, über iiielirere Päpste synodales Gericlir gehalten. Alle drei Amrsrräger, die sicli damals den Stuhl Perri gegenseitig streitig machten, harre der Salier- Iierrscher daiiials schließlicli in Surri und iii Rom abgesent, uni einen deut- schen Bischof seines Gefolges zum Papst erheben zu ~ a s s e i i . ~ ~ Jear , nach langwierigen, diircli gegenseitiges Mißrrauen eiscliwerren Verliaiidluiigeii über die Kniserkröiioiig im allgemeinen und über die ersre Begegnung- im besoii-

waren Ort , Sr~iiide und wohl auch alle Einzelheiten des Zeremoniells bei dem Treffen voii Kaiser uiid Papsr in der Flur voii Surri, in c a m p o p r o , wie es l i e i ~ r . ~ ~ ausdrücklicli vereinbart worden.

" DFI Ni. 243, 11, S. 36-40 mir der rradirionellen Darierung aiif 1158: zur Darieririig auf 1155 iiisbesoiidere V SreLzer, Ztim Scliolarenprivileg Friedrich Barbarorras (A~irlieiirica ,.Habiin"), in: DA 34 (1978), S. 123-164, ber. S. 146.153. Dieser Ansarz irr ierzt aiicli überiioiiitne~i in: Boehmer, Rezesra imperii IVl2.1, neu benrb. V. Opll (wie Anm. 3) Nr. 300 (Lfg. I , S. 90).

30 D:>za e w n G lellt>ibnrh, Die wesrliclie Kirclie vorn 10. bis zum friilieii 12. Jahrliiiii- derr (Die Kirclie i i i ihrer Gescliiclire Fll), Görtiiieei> 1988, S. 120 ff: 3. Wc;nfiirrcr, Heiiscliaft uiid Reicli der Salier, Gruiidliiiien eyiier Uinbrii~hrzeir, '~i~iiia;in~eri 1992, 5. 79 ff

3i Boso sclireibr i l i reiner Vita Paps Hadrians IV., ed. L. Di'cheinr, in: ,,Liber Pontifica- lis" (Bibliorlieque des ~ c o l e s d'Arlietier er de Ron>e, 2" serie III), Bd. 2, Paris ['I8921 *1955, S. 388-397 (Iiier S. 391) nach deiii Bcriclir über den Verlauf dieser Veiliniid- Iiuigeii: [...I et r < i nd inviccnt roe vider<tzr lomr co,rg>.utu et Aier cerrrir ab uzrnqiieparre rratati'r cir. (Eine früliere Edirion des Texter findet sicli in: Poiirific,!in Roiiianorurn, qiii fueiiinr indc ab ereuiite sreculo IXo usqiie ad fii>eiii saectili Xlll', virae ab aeqiia- libus coriscriptae, 2 Bde., ecl. J. B. M. Warterich, Leipzig 1862, Iiier 11, S. 323-336, beroriderr C. 327 f.). Zii dein kociiplizierreil Hin und Her der Delegaiioiien bereirs

. enva H. Si»iotirJeld, Jlalirbiicl>er der Deursclieri Reiclier tiiiter Friedricli I., Bd. 1: 1152-1158 ['1908], ND Berliii 1967,s. 326-330; Laudqe, Alexander 111. (wie Aiiin. 91, S. 74-77.

Ririielle Synibolik uiid Rechrrwissenscli.ifc 103

Mehrere Schilderuiigeii der Szene sind uns überliefert, die uns aus dem Blick- punkt beider Seiten in Kenntnis setzen: Die beiden wichrigsreii uiid ausfülir- Iichsren Texte, die aus der Siclit der Kurie uiid damit des Papstes berichten, gebeii tiiis nicht unabliängig voneinander Bericht, gehen doch beide auf das offizielle Register Papst Hadriaiis IV. selbst zurück, also auf ein geradezu offi- ziöses ~ ro toko l l ?~ Wie bei päpstlich-kaiserliclieii Begegniingeii üblich, besuclire nach diesen Berichten auch hier der Papst, der mit großem Gefolge von zalilreiclieii Kierikerri uiid Laieii im Beisein seiner Kardinäle von Nepi aus herankam, den Kaiser i ~ i seinem Zeltlager auf. Dabei wu-e, wie es sich gehörte, dem Papst von Barbarossa der schrildige Empfang gewähr: Deutsche Fürsten in großer Zahl nrm plurima clericorum er lujco>um multitudine zogen der päpsrliclieii Prozessioii eine unbekannre Srrecke des Weges (aber offenbar befriedigend weit) entgegen uiid eskorrierren den päpstlichen Gast und sein Gefolge festlicli (nrm ionrnditate) zum Zelt ~?rbarossas?* „Mir übergroßer und angemessener Ehrerbietung geleiteten sie ihn", so schreibt der andere ~ericlitersratter.~~ Alles also verlief genau so, wie es sein sollte (und wie es offensiclitlich zuvor abgesproclieri war), bis man beim Zelt des kiinfrigen Kai- sers anlangte.

Dorr verlangte der Papst von Friedrich, er solle ihm den Dienst eines stmtol- lei- sten und ihm beim Absteigen vom Pferde den Sreigbügel halten. Beide Dienste

32 Die Quellen verzeicliiier Borl~mer, Regcrrn inipciii lVl2.1, iieo bearb. V. Opll (wie Anin. 3) Nr. 314 f. (Lfg. 1, S. 93). Vgl. iin eii~relneii A. I: Hnck, Dar Enipfniigrzere- luoniell bei mirrelalrerliclien Papsr-Kaiser-Treffen (Forrcliuiigen zur Kaiser- und Papsrgescliiclice des Mirrelalreir IS), KöIiiIWei~n~rlWien 1999, 5. 51 8 Anni. 108. Er ideiitifizierr diese Ortsangabe (nach der älteren Licentur, z.B. Simon.feld, Jaliibiclier [wie Aiim. 311, S. 680) iiiir „Grasrano" a n der alten via Cmia, docli finde icli keine Orrrchnfr dieses Nalneiir im (sonst reclir genauen) Arlas der Touririg Club Iraliano, hier beriurzt in der Ausgabe: Arlanre airromobilistico, Bd. 2: lralia cecirrale e Sarde- gna, 3 ~ i l a n o 1977, S. 26 [und Regisrer S. 161; dieser friilieie Oir sclleinr demnacli heure in Siirri eingemeindet.

33 Hack, Empfnngszeieinoniell (wie Aiiin. 32), S. 516-527, Iiat sorgfiirig simrliche Erdlilfäder, verfolgr. Seine Darrrelliitig des Hergangs isr Iiier sters zu vergleiclien. Boso (wie folgende Anm.) uiid Albiiiiir (wie Anni. 35), spiegeln die kuriale Sichr zeii- rral wieder, wälirend Helrnold voii Bosaci (wie unreii Aiini. 43) selbsräiidig aus der Siclit der Deutschen (wolil aufgiund von Augenreugenscliafr oder Aiigenreilgenbe- richren) erzählr.

34 Born, Vica Hadriani IV., iii: Libcr Poriiificalis (wie Anm. 31), Bd. 2, S. 391: in rerunda dic, occi~~reniibiü mr~lrir Te~tonico>um principibur czrm plirrinia clrrirorum er Lzycorum mrrlritudine, ad prtrenriam repcdicri regir nim epircopir er carninalib~~r ruir irrqar ad ipriuj retirorium nun iorunditatr dedircw rrt Zu Boso selbst vgl. die älrere Arbeir von F Grirthnrdt, Der Kirnnierer Boso (Historisclie Studien 293), Beiiiii 1936.

104 Jiirgeu Mietlike

waren aus iiorweiidigeii oder förderliclieri reiterliclien Bedürfiiisseii erwaclise~i: Ein rtrato~ (~ferdehiecli?~) hatte das Pferd arn Zügel zu iieliineii und es beru- liigeiid ein Stück weit zu fiiliten; der Bügeldierist bestand dariri, beini Absteigeii einen der Steigbiigcl festmhalten, um ein Verrutschen des Sattels, welclier ja durch eineii Gurr um den Bauch des Pferdes befestigt ist, bei der sorken Gewichtsverlagerung zu verhindern. Noch heute kann man bei Reittur- nieren beide Dienste geleistet sehen, aber iiatürlicli ist dabei jeweils das Diensr- personal der einzelnen Srallorgmisatioii zuständig. In Sutri sollte der König selber Hand niilegeii. Barbarossa jedoch erklärte, so schreiben unsere kuriale11 Berichterstarrer, zu diesem Dienst sei er nicht verpflichtet.

Die beideii kurialen Berichte bezeugen alle Unisrände und alle Anzeichen eines akuten, ja heißen Ko~iilikrs. Die Kardinäle im Gefolge des Papstes entfernten sicli, so wird uns erzälilt, enrweder allesamt oder doch wenigstens zum großen Teil voller Uiim~it, wohl auch aus Angst und Sorge um Iiai~d~reifliciie Folgen. Der Papst freilicli stieg wortlos vom Pferd, ohiie die Hilfe des Königs erlialten zu habeii, und nahm auf dem vorhereirereii faldirtrodium, einem Faltstuiil,

der als Tliroii im königlichen Zelte hergerichtet war. Der König „fiel daraiifl~in zu dessen Füßen, und i~acli Leisruiig des Fußkusses wollte er sich zurn Friedeiiskuß erheben. Da aber sprach ihn der Papst 3n: ,Solange du jene

mir iiacli Reciitsgewolitiheit zusrelieiide und geschuldete Elire venveigcrsr, welclie die cbristliclieii Kaiser, deine Vorgänger, aus Ehrerbietung gegenüber deii Aposrelri Petrcis iiiid Paiilus deii römischen Bischöfen, rneiiien Vorgängern, bis in unsere Zeit Iiiiieiii regelmäßig geleistet haben, werde ich dich, solange du mir nichc Gerrugtuuiig leistest, zum FriedenskuR niclir ernpfaiigeri!'."38

Der Eklat war da. Was Iaiigc geplant und als sichtbare Demoiistrntioii der Ver- bindung und Verbundeiilieit beim ersten Treffen von König und Papst gedacht war, war grüiidlicb rnißrateii. Starr Eiiirracht 7.11 zeigen und dies im abschlie- ßenden Friedcnskiiß für alle sichtbar zu rnaclien, wnr der Dissens unübersehbar geworden. Mln brach das Tteffeii ab. Den ganzen folgende11 Tag verliandelte

3r Albiniir, Gesra [ricliriger: Digesrn] paiiperir scoliris Aibini, iii: Le „Liber cenruum" de I'Eglise Rornniiie, Iig. V. (! FabrclL. Diicherne (ßibliorli$qne des Ecoler d'Arli$iies er de Roiiie, ZCs6rie VI), 2 ßde., Paris 1905-1952, Iiier 11, S. 414': od ientoiiirm rigir rnm n<m joo<ndirnre >iimin ci co»iperenri honoi-ifice>itia condzxrtunt. (Eine frühere Edition dieses Texrstiicks finder sicll in: Poiitificiiiii Roinairorniii virze, ed. Watroich [wie Aaim. 311, 11, S. 342 E).

3G Eqmvum mrator, domito>; so eriiiaterr Di~Caiige, vgl. siicli die folgeiideii Belege iii seiiieiii Glosraiitiiii niedi~w ieer inRinne hriixirarir, bearb. V. G A. L. Hemrhel, Iig. V.

L. Fnure, N D Graz 1954, Bd. 7, S. GI@'-'. 37 fildirrrolii~m i~>Ii(ipIicnbilis. so Dt~Caqe, 111, S. 402'-403'.

man, insbesondere über den venveigerren Dienst an Zügel und Sreigbügcl des

päpstlichen Reirpferdes. Für den Papst traten die nun wieder in die Gescheli-

nisse eingreifenden Kardinäle ein, die die Berechtigung des päpsrlicheii Verlaii-

geiis betonten und es als antiqua consuetudo bestätigten. Barbarossa seinerseits

befragte die antiquiozrp~inciper, die älteren der Fürsten seiner Begleitung, „vor

allem diejenigen (wie es ausdrücklich heißr), die mir König Lotliar zum Treffen mir Papsr Innozeiiz 11. (1 131 in Lürrich) gezogen offenbar iim so zu erfahren, o b es einen Präzedenzfall gcbe uiid die päpsrliclie Forderung somit

eiiier altiiergebachreii Gewohnheit entspreche. ,,AtAgrutid ihres Zeugiiisses

uiid aufgr~iiid alrer Dokumente", wie die kurialen Bericlirersrarrer sclireiben, wurde klargestellt uiid durcli ein Fürsrenurreil aiisdriicklicli beschlossen

(iudicioprincipum deor tum err), scliließlich noch durch Billigung der gesamten Hofversammlung bekräftigt, .daR der König aus Elirerbietung gegenüber den

Heiligen Aposteln dem Papste Hadrian das Straroramr leisten und seinen Sreig-

bügel Iinlren solle."40 Das bedeuter: inan wandte das übliche Rechrsfiiidungs-

38 Boso, Liber poiitificnlis (wie Anni. 31), 11, S. 391: Qz'orirca domuzr pnpn nimio riir- pair mibamr er quidribiforer egenduni incertiir, licri i~isrir, dt.~cendir er inprepaiaro ribi fnldirtrodio redit limc rcx adeirir orrrigiaprocidir er deorcularirpedibizr ndpacir orciiluni nccedere voluit Cuipmiinur idem pontifer lorntur err in h e ve,ba: ,,Qi<andoqr<idem ri4

illlrm michi conruetirm nc dcbirunt honorem rubtrmirii quem p>ederrs<ot.er riii orthodoxi imprrntorrrpta ~portolomm Peni rt Pdzai<li ?evcrcnriapr~d~cei~otibur mrir Romn»irpotiri- fici6.r exhibert i'rqae a d hrr remporn conrueverr'nr, donrc michi rnrifacinr, ego rc a d pacir orcnlirm non ~e~ipiam." (Die komplexe, uin jurisrirciie Präzisioii bemüiite For- muliereng rpriclir f i r sicli!).

3!J Boso, Libei poririficalis (wie Anm. 3l), 11, S. 391 f : [...jreqrtirifirnnriqi<io>ibr~rprinci- pibur. ct illir pretipzr qui cum rege Lornrio aA Znnorenrium pnpnm urnernni[ ... ] [C~sr wöirlicli ro aitcli Albinus, Digerra (wie Anm. 3 9 , S. 414"-415"l. Simonfild, Jlalirbii- ciier (wie Anm. 31), 1, S. 683 f., hat die Namen derer ztirammengesrellr, die ricii unter diesen „älceien Fürsten" i i i i r der.air weir ziriiickreicheiideii Erinnerungen walii- sclieiiilich inaclieii iarreo. Besonders iiirererranr unter iiine~i sclieiiit Piiiseliii von Haveiberg, seit den Pfingrrtageii der Jalirer 1155 (nach reiner Rückkeiir aus Byzanz) auf Betreibeii der deursclien Hofer erwäl~lter Erzbiscliof von Raveiiiia; vgl. zu reiner Rolle aucli Leer, Aiiseiin (wie Anm. iO), S. 11 1-1 13. Vgl. aucli Regesra irnperii. Teil IV: Die Regesren des Kaiserreiches unter Lorhar 111. und Koiirad III., Teil 1: Lorhar 111.. I125 (1075)-1137. neu bcarb. V. W Petkr, KölnlWeiiiiarlWien 1994, Nr. 266 . . (5. '163-168).

40 Boso. Libci ~osirificalis (wie Ailni. 31): [...]prircn ronrr<etudinr dilifetircr itiveitigara cx i,.ir<io>zr z/.nbrn <priii;.i>iiili> F, . rrrrihi,r niu>iin,i»r:r ii<.J>.ir>p>in -ip?.nj ./<;r<tii»> <.r, r.i .on>»ni.>ai i i r ioii><r >ty.q.rr rob,>.rrr.ni qi,o.l r.i<»>z irr p > ? brrrorin? .rpoi>olnt:~»i " rmrrntiaprrdictopopc Adriiriano exhiberct rnaroiir oficiiim er eiur rtrer<grinni renerei; fasr wörrlicli ideririscli, docli ziispitzend bei Albiriitr, Digerrn (wie Aiiin. 351, S. 414 f.: [...I jndicio imperialir cirrie deoriutn eii ei coinmani prin<ipipumfivo>rfirninri~m, qxod domiziu imprrnior-pro nporrolontnt principir r t redir aporinlice >rurre»ria eihibrrer rimro- rir ofici~t?, et rti.C8888m domno pnpc rolrrrt.

106 Jiirgeii Mierhke

verfalireii des deursclien Hofes an, in dem bei strirrigen Recl~rsfra~eii auch soiisr eine verbiiidliclie Lösiiiig gefunden wurde. Durch ein ~ o f ~ e r i c h r s u r t e i l ~ ~ der gesamten Versammlung (in abgestuften Schritten) wurde fesrgestellr, daß die Dienste aus trverentia (aus Ehrerbietung) gegeniiber deii Aposrelii und deren Vikar iiiid Nachfolger, dem Papste, zu leisten seien.42

Daraufliiii iiiszeriierte man, als wäre der Eklat nicht eingetreten, zur Heilung der Situation nm folgeiideii ?ag eine erneure „erste Begegnung", freilich niclit am selbcn Ort , sondern iri geringer Distanz, südlich von Surri. Der König brach mit seinem ganzen I-ieer auf und schlug sein Lager an der alten Römer- straße, die via Cania erwa 10 km abwnrts, iii der Nähe des Lago di Moiiterosi auf. Der Papst folgre dein königliclien Zug wohl wiederum von Nepi aus per aliam viam. Wie von den Fürsten besclilosseii und am Vortag vereinbart, stieg Barbarossa, als sich der Zug des Papstes dem königlichen Lager iiiherre, von seinem eigenen Pferd ab, ging dem Gast „erwa einen Steinwurf weit" entgegen uiid erfüllte ilini „im Aiigesicht des gesamten Heeres" feierlicli uiid jedenfalls ohne jedes Zeichen von Uiiwillen oder ~ r o r z ~ ~ (cum iocunditare) den Strator- dienst, aucli liielr er iliiii dcii Steigbügel beim Absreigen. Daraiifliiii der Papst dein König den Eriedeiiskiiß, so scliließen die beiden Zeugnisse aiis

der Kurie ihren Bericlir (Eiii Fußkuß des Königs wird diesnial nicht mehr ~rwäliiit!).

Erwas anders, aber durcliaus mit diese111 Bericht vereinbar, Mingr dic Version, die etwa 20 Jahre iiacli den Ereignissen der Pfarrer von Bosnu im heutigen Sclilerwig-Hosrein iii seitie „Slaweiichroiiik" aufgenoinrneii hat.44 Hier wird ein breit aiisgemaltes Dialogsrück geboren, in dem es ganz weseiirlich auf die Muge Argiimentation des Königs im Streit tim den iiiclit zustande gekom- nieiieii königlichen Dienst geht. Es ist bereits eiiiein anderen Beobachter aufge- E~lleii, daß sich der Wortlaiir des Berichts uiid auch der Ablauf der erznlilten

" Weil keine Urkund< ddariiber ausgefertigt wurde (jedenfalls keine eilialteii blieb), isr dieser Urteil eiclit aiifgeiioiiiiiien in: Urkixiideiiregerceii riir Tätigkeit des deorsclieri Königs- und Hofgerichts bis 1451, Iig. iT. B. Dierrelkdnlp, Bd. 1: Die Zeir von Konrad I. bis Iieiiiricli VI., 91 1-1 197, berrb. von B. Dicirclka~nplE. Roiicr, KöIriIWien 1988.

42 Vgl. Aniii. 40. So übersetzt er zu Reclir E. Eicl,n>ann, Das qfticiam rtrororir er rti-epoe, in: HZ 142 (1930), S. 1G-40, hier S. 33; vgl. aucli obei> Atiiii. 33 f.

44 Helrnold von Rosari, Slaveiicliroirik (Cronica Slworum), 1.81 (SSrerGerin 32), ed. B. Scbnieirllcr, Hniiiiovei 1937, S. 152-154 (Buch I werde zwischen 1163 und 1168 nie- dergescliiiebeii.). Aiigelelirit h:ibe ich meine Überserzuiigen aii die Aiirgabe: Hclniold von Borzii, Slaweiicliioiiik, iibers. uiid lig. V. H. Sroob (Freiherr-vom-Sreiri-Gedichr- iiiaaiisgnbe 19). Darinsradr 1983, S. 277-279.

Rititelle Symbolik iitid Reciiiswisreiircl>afc 107

Ereignisse mit dem Bericht der kurialen Quellen eng Wir werden sehen, daß er iin großen uiid ganzen deii gleichen Ablauf der Ereignisse voraus- setzt, werin er auch andere Akzente setzt.

Bei dem durcli eine Gesandtschaft verabredeten Treffen, so schreibt der Chio- nist, habe der König den Papsr iii seinem Lager zur Beratung iiber die Feiiidse- ligkeiten der Römer empfangen. Er sei ihm eiltgegen geeilt, Iiabe ilim beim Absitzen den Steigbügel gellalten und ihn in sein Zelt geführt. Dort jedocli entspanii sich sofort ein heftiger Wortwechsel. Nachdem der Biscliof von Bam- berg den hohen Gast im Namen des Königs und der Fürsten begrüßt iiiid ihn aufgefordert hatte, Friedrich. der so sehr für diese Wurde geeignet sei, nuii auch „zum Gipfel der Kaiserwürde zu erheben", habe er doch soeben erst seine humilitnr (d.h. also seine Bescheidenheit) bewiesen, „denn als du ankamst, hat er dich unvenveilt empfiiigsn uiid, iiideni er sich um deinen gelieiligten Fuß bemühte, getan, was rechtens ist." So möge derin der Papst nun auch das, was Friedrich am Gipfel der kaiserlichen Würde noch fehle, durcli Gottes Gnade mit eigener Tat ergänzen (d.h. Friedrich zum Kaiser krönen). Der Papst habe jedocli erzürnt erwidert: ,,Du sagst, dein Fürst habe den] heiligen Petriis die schuldige Elirerbietuiig (revcrentia) bezeigt, docli der heilige Perrus ist wo111 eher mißaclitet worden, derin obschon der König den rechteri Bügel halten mußte, hat er den linken ergriffen."

Entweder wird damit vorausgesetzt, daß der Papst im königlichen Lager „im Dameiisiu" (rriir beiden Beiiieii nacli einer Seite auf dem Pferde sitzend) arige- kommen w.11,~~ so daR Barbarossa ihm ,,beim Absitzen" (wie Helmold schreibt) durcli den Griff nach dem linken Steigbügel keinerlei Stiine geben konnte, oder aber konnte die Hilfestellung an der falsclien, der linken Seite (beim Absitzen nach links) eine Verschiebung des Sattelgtirtes beiin Absteigen (und damit eine Gefilirdung des Reiters) nicht vcrhiiiderti, so daß der linkisch geleistete Dienst eher das Gegenteil seiner ursprüriglicheii Intention bewirkte.47 Wir btauclien diese reittechnische Alternative niclir zu ent- sclieiden, beide Male ist jedenfalls das Ergebnis dasselbe: Indem der König

45 Hack, Emp6~ngrzeieiiioniell (wie Aiirn. 32), S. 526, der freilicli 8ii.E. zu weir gelir, weiiii er scliließr, Heliiiold Iiabe seine Kerinrnisse aus einer „selir gur unreriicliteteci Qiielle bezogen, die der Dnrstellung im Papsrregisrer niclir feoigerrxiiden haben kann." Die Übereinrdnimiaiigeii hrreii sich docli aus dem gerneicirameii Bnugsereig- nir, eben dem Treffen in Siirri, gicr erklzren, es bedarf keiner gerneinsrii>en (sclirifrli- clieii) Quellengriindlrge. Atrßerdern verfehl( Hack die Poin~e von Helnioldr Bericiir, da ei nicht bemerkt, daß dorr ganz offenbar von einem „Fel>lgriff< des Königs bericli- tet wird. Aliders verrra~ideii jedocli gibt die gerainre Szene, wie icli glaube, keinen Sinn.

seine Hil fesr~l l i i i i~ so siciirbar unbehilflicli und „falscli" leistete, hatte er dein

Papst in Wahrheit, ivie dieser ja auch aiisdrücklicli bemerkte, nicht nur seinen

Diensr verweigert, er harre diesen dem Gespött der Zuscliauer preisgegeben,

ihn damit in seiner Ehre gekriiiikt.

Der König hat diesen Vowurf nach Helmolds Bericht zunächst keineswegs

abgestritten, er har ihn vielmehr n u r zu eiitschuldigeii versucht: Er erklärte, er

sei iii solchem Bügellialteii bisher noch allzu ungeübt, der Papst sei; soweit er

sich erinnerii könne, wirklich der allererste, dem er diesen Dienst geleistet habe

(cui rale obiequiwn dedi). Daher solle Hadrian das Geschehene nicht Barlia- tossns fehleiidem Eifer, sondern seiner Ungeschicklichkeit zuschreiben. Doch

diese Eiitscliuldiguiig akzeprierte der Papst nicht: „Wenn er aus Unwissenheit

bereits bei den allereinfachsten Diiigen Naclilässigkeit zeigt, wie wird er dann

mit den schwierigsren fertig werden?" so fragte er. Der Streit ging noch eine

ganze Weile weiter. Barbarossa erklärte etwa, er wolle docli schon darüber

*' Das reiclie Belegii>arerial bei J. Tinegcr, Der i-eirende Papsr. Ein Beitrag zur Ikotiogra- pliie des Paprrruii~r (Müiicliiiei kiir>srliirrorisclie AbIi. I), MiiiictienlZiiricli 1970, ieigr fieilicli den Papst fast regelrriäßig iiii i>orii~deti „Herrensirr", niicli etwa die berülimreii Frerkeii in der Silvcsterkapelle von SS. Quariio Coroiiati in Rom von 1246 (aus der Zeir I~~iiozeiiz' 1V. uiid damir farr ein Jalirl~uiiderr iiacli der Begegnung voii Surri), die wohl docli iiiclir als Abbildiiiig dieser aperifirclicii Reir1i;ilriitig iiirer- prerierr werdeii dürfen (vgl. Traegerr Abb. 3). Die dcei Miiiiariiieii der Bilderliaiid- sclirifreii des Sacliseiirpiegels (Zzegri; Papsr [wie Aiirn. 461, Abb. 9-1 1) larreii deii Papst mir dem liiikeii Fuß in den rechreii Steigbügel rreigeii, „wodiircli er (ilacli 7 k e - ger, Paprr [wie Aiim. 461, S. 48) iiacli vollrogeiiein Aufrrieg rückwiirs niif dem Pferd sineii würde" (Trreger fülirr das auf „eiiie Uiigercliicklicbkeir der beideii Küzisrler" zurück) -oder ebeii iiii „Danieiirirz" vorwärrs!

47 Diere Irirerprerarioii legt etwa die Formulierung der (1275176 in Augrbiirg aiifge- zeichneten) Scliwabenspiegels iiielir als 100 Jahre später nahe, wo er i r i i Prolog (zum Laiidrechil heißr: Dcin babrr irr meczr z e berchaidrnlichr~zirze riroi Iso isr zu verbes- rern!] Utfainem blznkcn pfirir. Und der kairer rol dem bnbrr den r i p i f f h n b e > i dar sich durnielni i enrwind. (Hier ziriert iiach: Urrcl~wübeiispiegel, ed. R A . Eckl,ardr (Srudin iiiris Suevici I = Biblioilieca reruln Iiisroricarum, Studia 4), Aaleii 1975, S. 358 ["Voiworre"l; vel. erwa auch Qiielleiis~iiinilane. ziii Geschiclire der de~itrclieii Reichs- " veifzssuiig iin Mirrelalrer an; Neuzeir, beari. V. K Zeumer, 2~übii>geii 1913, 1, S. 105, Nr. 82. Diese Erklariing des kaiserliclieii Bügeldie~isres beim Aufsreigen des Papsrer bieiec auch E Eirh>nan>i, Die Kaiserkrönuiig iin Abendland. Ein Beirrag zur Geisreseescliictire des Mittelalters, iiiir besonderer Berückricliriauiia der kirchlichen " " " Reciirs, der Liturgie uiid der Kircl~en~olirik, Würibuig 1942, 11, S. 294 mir Anrn. 27, iiiirei Verweis aiif Roiiiiiald voi> Saleriio (MGH SS XIX, S. 453 [zu 11771; ed. C A. Gmf i iii: Reniiii irrlicaroni Scripcores (Ntiova edizioiie Bd. VIIII, Circa di C2srello 1936, S. 285): cumque ipapa) eqrmm rirurn album dc more uel/cr ~irnderr , impemror ew o/;a pnrre (!I nccedenr riirirn»n eizrr re»uir et portqunvz eqiium nrrendit, iprirm n/iqunn- rr~lizm murorir m o r r p e r f i i lom dcrluxir [...I.

Riri>elle Symbolik und Reclitswirrenschaft 109

belehrr werden, ob diese Sirre (des Bügeldienstes) aus zuvorkommender Höf- lichkeit (ex benevolentia) oder aus rechtlicher Pflicht (ex debito) erwachsen sei. Weiiii nur aus Höflichkeit, dann sei die Versrimmung des Papstes über die geringfügige Abwandlung des Riruals gäiizlicli unverständlich. Wenn die For- derung jedoch aus einer Reclicspflicht seir der „ersten Einrichtung" der Harid- hing riilire, so könne doch der Unterschied zwischen Rechts und Links

48 keinerlei Rolle spielen. Auch hier trennr man sich nach langem Sneir ohne Fciedenskuß. Aber auf Veranlassung der Fürsten in Barbarossas Begleitung, die eiii Scheitern des gesamten Romzugs befürclireten, d.h. die auf jeden Fall die Kaiserkrönung sicherstellen wollten, sei dann in einer wiederholten Begegnung von Barbarossa eiii „vervollständigter Dienst" geleisret worden.49

Was sich aiis dieser Erzählung ergibt, ist zunächst einmal, daß hier ein ekia- tanter Widerspruch zu dem Bild, das uns von den kurialen Berichtersratrern vermirtelr wird, enrgegeii der immer wieder vertretenen ~ o n c h u n ~ s m e i n u n ~ ~ ~ gar nicht vorliegr. Nach den Informarioiien des norddeurschen Chronisteil hat zwar Barbarossa dem Papst den Bügeldiensr nicht verweigert, vielmehr wird ausdrückiicli dnniif hingewiesen, daß der Biigeldiensr erfüllt, auch noch in der Begriißu~i~srede Eberhards von Bamberg wird untersrriclieii, daß vom Herr- scher im Fußkuß die scliiildige Derniirshaltung demonstrativ gezeigt, das gefor- derte (und somir wohl auch vorher verabredete) obsequium tatiachlich geleistet worden sei. Jedoch war, wie der Chronist in aller Eindeurigkeir schildert, in diesem Falle die Leistung in eiiier bloß äußerlichen Erfüllung des Rirus eigent- lich eine demonstrative Verweigerung. Die (narürlich vom Chroni- sten formulierten) anschließenden Äußerungen des Königs im Dialog mir dem Papst unterstreichen dann wiederum vorweg die endlich gefundene Lösung - wie wir sie aus den kurialen Berichten kennen - daß nämlich der Dienst „aus Ehrfurchr vor den1 Apostelfürsten" sei, wenn sie auch nichrs von

Ebd.: Z n c rrx nliqirnniirpo. niot~rr aic ,Ellrm nrelirir inarui, rnde mor iire inoleuerir, ex bencvol~nria an ex debiro?Si ex benruoleatin, nil cnrtrari hnber donznurpapa, ri varciI- levolt obreguitotr, qirod dr arbitrio, non dc iutr rrib~inir. Quod si dicitir qirin ex drbiro priniae inrtitrrcionir haec rerierenria deberur principi aporcolorrrzn, qlrid intrrrrt inter. dextemm strrpnni rt rinirtrnm, dzmniodo Ieruenrr humilitar. er rurvrrur [!I princepr ad p& rrrmmipontif;rir? (Man beachre liier die Beronung der prima inriimcio, die wohl auf dar ,,Constituriim Consranrii~i" venveisen könnte, sowie auch auf die emphari- sclie Verwendung des princgor-Titels und deii Demursgestus i i i der Beugung!)

49 Ebd.: Q u m redmntem [scil. domnuni papam] rurcepit Tex inregrato [!I qfficio. lo Vgl. nur etwa Simon&i, Jalirbücher (wie Anm. 311, S. 678 („irrig", „keiiie Glaub-

iiafiigkeit"); zitlerrt noch Hack, Enipfangrzeremoniell (wie Anm. 32), etwa S. 527: „niir in eieein unwereiitliclien Punkt" Iiabe Barbarossn nach diesem Bericht nachge- beri niüssen, „S~reitpunkr ist der rechre oder linke Steigbügel".

dem Hofgerichtssptuch wissen, den die kurialen Berichte kennen. Daß das gesamte Sdiauspiel wiederholt und daniit der Schaden geheilt worden war, weiß dann auch wiederum Helmold auf seiiiem Pfarrliof im fernen Bosau.

Eine Woche nach dem zu einem glücklichen Ende gefChrteii Treffen vor Sutri, am 17. Juni 1155 wurde Barbarossa dann iti St. Peter vor Rom von Hadrian IV zum Kaiser gekrönt. Er hat in der Folge bei weiteren ,,ersten Begegi~ungen" einem Papst seinen kaiserlichen Reiterdienst noch zweimal geleistet, 1160, nachdem eine vom ihm als Kaiser zusammengerufene Synode in Pavia den kaiserlichen Kandidaten aus der Doppelwahl von 1159, Viktor IV., im Amt bestätigt und Alexatider 111. verworfen hatte, erfüllte Bar- batossa diese Förmlichkeit dem kaiserliche11 Prorege demonstrativ. Und mehr als anderthalb Jaliaelinte später, 1177 in Venedig, als Barbarossa sich scliließ- licli mit eben diesem Alexander 111. aussöhnte und ihn als Papst anerkannte, hat er ebenfalls seinen Marschalldiensr geleistet, nicht ohne erneut den Frie- denskuß des Nachfolgers Petri zu

Die dramatisch unterbrochene und fast gescheiterte erste Begegnung mit Hadrian W. ist in der deutschen Geschichtsforschung des 19. Jahrhunderts vielfach romantisch verklärt worden. Noch 1928 hat der damals in Halle a.d.S. wirkende Mediävist Robert Holamann eine knappe monograpliisclie Untersu- chung mit der Bemerkung beginnen können, seinem gebildeten Publiktim steige „vor den geistigen Aiigen auf die Gestalt unseres großen Kaisers Friedrich Barbarossa und die Szene auf seinem ersten Römetzug. [...I Diese Szene, in der ein welthistorischer Gegensatz plötzlich eine äußere greifbare Gestalt gewann, darf ihrer Wirkung auf unbeschwerte Gemüter immer sicher sein. Der VF. eriii- nert sich sehr wohl, wie sie in seiner Jugend im Geschiclitsunterricht geschil- dert wurde und einen großen Eindruck gemacht hat, und daß die Schüler es dem mächtigen Herrscher ein klein wenig übel nahmen, sich dergestalt gede- mütigt zu haben. Freilich, war es wirklich altes Recht, so mochte er sich wohl selbst fügen

Verfolgen wir hier aber eine andere Spur. Zunächst ging es ja eigentlich nicht um Deniütigung oder Nachgiebigkeit, sondern, wie das Fürstengericht fest- stellte, iim ein (herkömmliches) Begrüßurigsritiial der Ehrerbietring (reverentia), das der Kaiser als für ihn unzumutbat abgelehnt hat. Die älteren Fürsten bestätigten auf Nachfragen dein Herrscher, daß König Lorhar dem

'I Ausfulirlicher Bericlit bei Hack, Enipfaiigsrereinoniell (wie Aniii. 32), S. 540-548. Zur Begegnung in Pavia vgl. aitcli Bäl~rncr, Regesca imperii 1V.2.2, neu bearb. V. Opll (wie Anm. 3) Nr. 825 (L$. 2, 5. 71).

Rituelle Symbolik uiid Rechrswisselischafr 111

Scliismapapsr Iiinozeiiz 11. in Utrechr 1131 bei einem ersten Treffen beide Dienste geleistet Iiatte, uiid die Unterhändler zogen offensichtlich auch ein Exemplar des Textes der Konsrantinischen Sclienkung aus den Sarrel- raschen, aus dem hervorging, daB der Heilige Kaiser und dreizeiinte Apostel Konstanriii dem Papste Silvester I. nicht allein die ganze Westhälfre seines Rei- ches überlassen, sondern dem Nachfolger Petri auch Krone und phrygische Mütze als Herrschaftszeichen aufs Haupt gesetzt, darüber hinaus ihm „den Zügel seines Pferdes gehalten uiid ihm den Stratordiensr aus Ehrfurcht vor dem Heiligen Perrus

Angesichts dieser Formiilieruiigeii. die in den Berichten über Surri uiid iusbe- sondere in der Formel, die für das Fürstenurteil gefunden wurde, wortwörtlich wiederkehren, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß es dieser berühmte Text war, de r beim Hofe Barbarossas übeneugre: die Erinnerung der Älreren unter den deutsclie~i Fürsten an eine Szene, die niclit weniger als 24 Jahren zurücklag, einerseits, ein Text, der vorgab, mehr als achr Jdirhunderte alt zii sein (und der damals wohl mindesreiis drei Jahrhunderte alt war), andererseits

Dramariscli zurpicreiid R. Holtznzann, Der Kaiser als Marrcliall des Papsres. Eine Uiirersucliung zur Gerchichre der Bezieliiaiigen zwischen Kaiser und Paprr irn Mirrel- alrer (Sclirifren der Srraßburger Wisrenschafrlichei> Gesellrcliafr in Heidelberg N.F. 8), ßerliii 1928, S. 1, der zwirclien Zügel- und ßiigeldieiisr eine rcliarfe Unrerscliei- dung rrefferi will; ihn) folgt Iiieriii noch S. Picot-Selkchopp in: HRG 5 (19981, Sp. 37- 40, hier 38 f. Abweichend, litiirgiegescliichrlicli giir nbgericliert und iiisgeramr enr- drnrnaiisieretid dagegen die zu einem Großreil bereclirigren Einwande von Eichman", Dar officirim rtraro>ir (wie Aiirn. 43), überarbeitet in: Derr., Kaiserkrönung im Abend- land (wie Aiiin. 471, ßd. 2, S. 282-300; dagegen wiedertim (oliiie durchsclilagende Ereebiiisre) R. Holtzmnnn, Zum Srraror- tuid Marrchelldienrr. Zueleicli eine Ewide- rung, in: H Z 145 (1931),5. 301-350.

I3 Cocistirurum Corirraziriiii (Konsraritiriirclie Sclieiikuiig), C. 16, hg. V. H Fuhrmann (MGH Fonr. iur. gern>. 101, Hannover 1968, S. 92: [...]fjygiiim vmo randido nirorr rplcndid~zm ~rrrrrreciionon dotninirnm d~rignar~r eira rocrarirrinio uerrici mn7iibur nortrir ~oraimirr, rr vnenrer Freniim emii ip~iur pro rcvrrenria beati &tri rrrarorir o f i i i m illi . . . ., Pxhibuimur. Daß hier der Bügeldienst nicht eigens envähnr wurde, lag iiichr zlilerzr daran, daß Sreiebiieel noch in der Karolinzerzeir z<imindenr im Zeremoiiiell nicht " " diircligängig iiii Gebrauch waren. Noch die berülimre Reirerrratuerre ffirls des Gro- Eeii zeigr einen Reirer ohne Biigel (wie das berühmre anrike Reirerstandbild Kaiser Marc Aiirels auf dem Kapitol, dar iin Mitrelalrer als Srandbild Konstantins galr). Nichr überrelien werden sollre, daß bereits im Jahre 1152 Wezel, ein radikaler Verrre- rer der Römisclieii Kommune, in einem Seiidsclireibeii an König Konrad 111. die Konscaiicinisclie Schenkring zur „Lüge und kerzerirclien Fabel" (mcndririuni vmo illud erfnbiiln hnereiicn) erklxrr hirte (Wibald, ep. nr. 404, ed. Jaffi [wie Aiirn. 41, S. 539- 543, hier: S. 542). D a hiiiderre jetzt, nacli den Verhandlungen rwirclie<i Barbarossa uiid dei Kiirie riber die röiiiische Lage, wedei Papst noch Königsliof daraci, sich inasriv auf diese Aurorirär zu beziehen.

belegten zusaniniengenommen die Verbindlichkeit der Rcclitsgewolinlieir und zugleich den eigentlichen Sinn des Vorgangs, der in seiner haiidgreiflicheii Deutlichkeit dem Herrscher .niedere" Dienste als Zeichen ehrerbietiger Zuvor- kommenheit (revercntia) vor den Augen des gesamten Heeres auferlegte, wobei in Helmolds Formulierung solcher Dienst nicht aus herrsiherlicher freiwilliger höflicher Zuvorkommenheit, aus benevolcntia, sondern aus altem Rechts- brauch, or debiro iurii, d.h. verbindlich gesdiuldet war. Der kuriale Berichter- statter schreibt dem Papst die Auffassung zu, der Dienst sei als conruetu .cc

debitur bono~; als eine Ehre~ibezeuguii~ aus Rechtsbraiich zu leisten.

Warum aber harte man das alles nicht vorher geklärt bei den Verhandlungeii über das ersteTreffen, von denen ausdrücklich die Rede ist? Antworren können nur vermutungsweise gegeben werden, da die Quellen schweigen. Vielleicht hatte man auf kurialer Seite die Frage eines korrekten Vollzuges sozusageii für selbsmers<ändlich gelialten, viellcicht auch ist Barbarossa ersr im Augenblick der unmittelbar bevorsteliendeii Handlung die Problematik des ihm unge- wohnten Dienstes aufgegangen, vielleicht war ein nur formeller Vollzug, wie ihn Helmold von Bosaii scliildert, auch eiii spontan gefundener Ausweg aus einer unangenehnien Zwangslage, in die sich der Herrscher durch die getrof- fenen Abspraclieii gesetzt sah, die anscheinend den Marsclialldienst enthielten.

Die offizielle Rückendeckung durch ein Hofgericlitsurteil mochte dann zur Gesichtswalirung gedient haben. Ganz offenbar hängt jedenfalls das ganze Geschehen mit der neuen Aufmerksamkeit für die rechrliche Bedeutung solcli ritueller und symbolisclier Akte zusammen, die sicli in dem gesamten Koiiflikr und besonders in den Formen seiner Beilegung zeigt. Die Mehrdeutigkeit des Rituals aber war und ist unüberselibar. Der spektakuläre Fußkuß uiid der anschließende Friedeiiskuß konnten vielleicht als so ungewöhnliche zeremoni- elle Gesten gelten, daß sie bei den Verliandlungen anstandslos gewissermaßen als Sonderakrionen für eine einmalige Siruarioii zugunsteii des päpstlichen Hauptes der Kirche durchgehen mocliteti. Der Fußkuß gehörre sozusagen zum Sonderzeremoniell des Papstes (uiid ja auch des Kaisers). Der dann anschlie- ßeiide ~ r i ede i i skuß~~ hob zudem. indem er letztlich beide Ausübenden

54 Dazu v.a. K Sclilriner, „Er kiisse n~icl i iiiir dem Ktiß seiner Mundes" (orcr<lerirr nie oicirlo orir mi, Canr. 1.1). Metaphorik, koiiimunikarive und herrschafrliclie Funkrio- neii einer symbolischen Handlung, in: Höfische Repräsenration. Das Zeremoiiiell und die Zeichen, hg. V. H. RagonkylH. Wenzel, Tiibiiigen 1990, S. 89-132, hier C. 118 ff.): knapp auch dm., Fußkuß, in: LevMA Bd. 4, MünclienIZüricli 1989, Sp. 1063-1066.

Ritiielle Syiiibolik iu,d Reclirrwissrnsc1i;ifr 113

demonstrativ auf gleiche Hölie srellte, den demutsvollcii Fußkuß gewisser-

maßen auP5 und war wolil deswegen auch für Barbarossa so wichtig.

Anders aber war es mit dem Marschalldiensr am reitenden Papsr. Wenn dar- über, wie aus Helmolds Bericht klar hervorgelit, bei den Vorverhandlungen auch sicherlich gesprocheii worden ist, so war Barbarossa doch spätesrens im Augenblick des e m r r e t e n Vollzuges aufgefallen, daß dieser Dienst auch sonst in der Adelswelr seiiier Zeir gewissermaßen allt5glicli und überall, nicht nur bei der Bcgrüßuiig des Papsres durch einen küiifrigen oder wirkliclieii Kaiser gelei- srer wurde. Kiieclire und unfreie Dienstleute leisteten iliii ihren Herren, wenn diese voii der Jagd oder sonst nach Hause kamen. I m 12. und 13. Jahrhundert bestand vielerorts offenbar innerhalb eines (von einem Lehnverhältiiis deutlich sozial nach unten abgesetzten) Diensrverliältnisses unfreier Diensrleute ein durch Reclitsgewoliiiheir sanktionierter Aiispruch des Herren gegenüber seinen, Dienstmann auf solche Leistung. Scliließlich war wohl aucli in einem Lelinverliälttiis dieser Dienst i i ~ besriinmteii Regionen unter besonderen Bedingungen vom Vasalleii dem Herrn geschulder. So ist in Oberitdieii am Ende des 12. Jaiirliuiidetts davon die Rede, daß bei ganz bestimmreii Lelieii gewolinlieitsreclitlich (ex uru) der Scrator-Dienst ,,nadi dem Belieben des Herrn'' gescliuldet Das Lel>nreclit des Sacliseiispiegels kennt dann

weiiig später ebenfalls iii einer Nebenbemerkung den Marschalldienst voii Vnsallen, einen Dienst, der, einmal geleistet, hier freilich den Mann von anderen niederen Diensrleistuiigeii am gleiclieii Tzge f~eistellt.~'

Freilicli verliiiiderre das splrere Kritik an dieser Synibolliniidlu~ig iiiclir. Kaiser Fried- ricli 111. weigecte sicli 1468, Paps< Patt1 11. den Fußkußzu erweisen, um „die Majesrär der Kaiserriiiiis brw. Kaiserieiclies (imperii) zu wahren", wie ein zeitgenössisclier Bericlirerstatter schreibt, vgl. H. Heimpel, Köiiigliclier Weihnachcsdiensr im spRren Mirrelalrer, in: DA 39 (1983), S. 131-206, Iiier S. 193, 202), woraitf dann erneut Schreiner, „Er küsse micli" (wie Anm. 54), S. 122 E, aufmerksani macbre: Svadentr itrium illo [rcil. ceremoiiiariim magisrro), ur [rcil. iinperatorl Port euatrgelit~m decantn- trim pro nlio~rrm corrruemdine adpedem pontificir orcz~kzndzm arccnderer, Gcrmonico m>-bo. C / I I O ~ I I ci~mm~rantibz~s err i>~rrllccrum: „er hoc, dir, eriam mininre!': pirrnnr d d i - cei, ur ciedirum 8%. a vulgnri aliorvm obr~~rrio mainrnrrm imperii ra in rr uindicnndum. Azrcli Iiier Iiacideite er sicli offenbsr elier um ein dienrrieclirliclies Verrrändliis des obreguium. 1ii deiii Bericlit der Joliaxines Rorli, 1448-1468 Biscliof von Lavant, 1468- 1482 Fiirsrbirchofvon Brerlau, über die Kairerkröiiung Friedriclis 111. finder sich frei- lich eine aitdrücklicli als Ceintir arl redem aportolicam devocio cliarakreririerre „Knie- beugitng" Friedriclis 111. bei der eisren Begegnung beider (paiclulumgenuflecrenr). Vgl. A. Sotrili, Der Berichr der Johaiines Rorli über die Ksiserkiäming von Fiiedirch 111.. iii: Deticsclie Hniidwerker, Kiinsrler und Gelelirre irii Roin der Rciiairraiice, Iig. V.

S Fii116iiK A. Vogel (Pirckheiiner Jb. für Renaissance- und Hurnanismurforschung 15-16), Wiesbaden 2000i2001, S. 46-100 (Text 5. 68 ff.), hier S. 84 ($14).

Solche Übertragung von (sozial betrachtet niederen) Diensrleisrungspflichteii auf ein vasallitisches Verliälrnis, das, obwohl zwischen zwei Freien errichtet,

doch seinem Wesen nacli asymmetrisch war und blieb (und das sich ja rein

sprachlich aus ußrrur, „Knechtm, hedeitet), erschien vielleiclir gerade noch hin-

nehmbar, wenn die (nicht allzu zahlreichen und nicht gerade frühen) Belege

fiir solche Dien~t le i s tun~s~f l i ch r im Lehnsweseii nicht Die gelehrte

Kommentierung hat später auch durchaus für eine Verbindung zwisclieti

eiiiigen der spiärliclieii Belege unrereinaiider Fiir Barbarossa und seinen Hof dagegen bedeutete es anscheinend eiii zunächsr unübersteigbares

Hindernis, welches, wie wir gesehen haben, zunächsr nur durch dissimulie-

rende Venveigeruiig iind dann nur durch die ausgeklügelte Definition eines

offiziösen H~f~erichtsurrei ls übewindbar schien. Leistete der König damit

nicht dem Papst - dem er den Fußkuß uiid die dafiir nötige Niedenverfuiig auf

den Boden, also eine kunstgerechre Proskynese, eine prosnatio des byzantini-

schen ~eremoniells:~ anscheinend ohne Widerstand zu erweisen bereit war -

56 Iti der irref"lireiid ,,Ardizoiiisclie Redakrion" geiiiiitiren Fassung [enrsraiideii Ende des 12. Jhs.] wird unter den „Capirula exrraordiiiaria Jncobi de Ardiione'~ [der Auror wirkre 122711240 in Bologiin], «p. 34, anfcl>eit,end für ein rnöglicl~es,&i~d~m [...J ad ccrtzm rervitiiim dorilm auch genaiirir: reruirizm equi, quod ve<aIh drbedi to~rrc equum rtprnerrnre domino RA eixs uolt~ntntcm. prorrrnbnn<r ex lrru (ziriert iiacli: Libri feudoruin, ed. LrhmnnnlEckhardr [wie Anoi. 21, zii I1 F. 51, $61, S. 253 Actin. 6 iiiclir iii der ebd., S. 273, gedruckreii Version!). Dar aber galt offefeiibar keineswegs all- geineiii, sondern wird anrclieiiiend als Soiiderfall beliaridelt.

" Eike von Repgow, Sachsenspiegel, Lelinrechr 66 $5. ed. K A. E<khardt (MGH Fonr. iur. gern. n.s. 112) [verbesserter Nachdruck] Hasinover 1989, S. 92: Swelkei dagrr <ie man rimc hemm den rtrgerep halt, oder ordcl *in*, odw eme denrr mit gifre oder mir anderen dingen, der dnger n'ir he nichrplicbtich rimr herrrn ro lenxchu to rtnnde. Anders freilich arguineiiderr der Spiegler iii: Lelinrecl>r 6 3 $1, S. 82: [...I Nd hoverrcbre rcal nvrr itwclk drnsman geboren dmzrc rin oder rcrnke oder mauc~lk oder konercre. Hier izr u.a. Marschalldieiirt voii Miiiirrerialen ,,iiacli Hofceclit" zu leisten und wird vom „recliceti Lelien" nicht gercliulder, d. Ii. aber doch auch, daß er (wie in G6 $5) gerade nichr als Lelinrdiensr gefordert werden darf! Hier wird der Unrerschied zu Lehns-

deurlicli ,intersrricliei,. Die Irirerprention von Hack, Eiiipfaiigsrereinociiell (wie Anm. 32), S. 535-538, erscheint mir willkiirlich, zcimal sie die diensrrechtlicheii Oberröne Eiker nicht zur Gelrurig bringr. Die Pflicht isr außerhalb der Rechrrbücher sclilechr belegt, zusainmenfasrend (weiin auch niclir klar) H&, Empfangszeremoiiiell (wie Anm. 32). S. 535-538; ebcnfallr niclir selir atifrchlußreich K-H. Spig, in: HRG 2 (1978), Sp. 1704-1707 (wenii- gleich Sp. 1706 der Skandal von Surri erwälinr wird). Sehr cn pmani behaiidelre bereits H Mitreis, Lelinrecht und Staatsgewalt, Unrersucliunge~i zur mittelalterliche~z Verfarrung~~escliiclite, [I19331 N D Darmsradr 1958, S. 591 Aiiin. 2, die .EIiren- diensre" der Lclinsmannes (daruiirer auch verdeckr den Marschalldienri), wshrend natürlich der Waffendienst differenziert erörtert wird.

von einer hochrangigeii Gesandrschafr (der wiederum aucli Kardind Roland angehörte) überbracliren Brief dem Kaiser heftige Vorwürfe wegen seines uiifreundlicheii Verhalreiis maclire. Dabei versäumre es der Pnpsr iiiclir, aucli benejcia des Apostolischen Srulils zu enväh~ien, die er dem Kaiser, wie die Kai- serkröiiung, sclion in der Vergangenheit Iiabe z~ikommeii 1;isseii uiid aucli künftig gerne weiterhin gewäliren wolle. Die Formulierung war zweideurig, wohl geradezu bewußr zweideurig. Der kaiserliche Kaiizler Raiiiald von Dassel war gewiß ein Mann, der, wo er auftrat, polarisieren wollre ~ i i id polarisierre, der sich aber diirchaus aiif der Höhe der zeirgenössisclieti Wissenschaft bewegen konnre, harre er doch seine Ausbildung an den Pariser Schulen genossen uiid damit deii frülischolasrische~i Unigang mir Texten gründlich Er über-

setzte den lateinischen Brief des Papstes unmittelbar für die anwesenden deur- sclieii Fürsreii,fda ratir interp~eratione diligentcr, wie Ralieivin, eiii Augenzeuge der Szene, später schreiben wird, also „in einer reclir getreuen Übertragung sorgfiltig."6Z Dabei har Rainald von Dassel das doppeldeutige Worr beneficia ins Eindeurige gekehrt: iii einer $tri& exporitiou3 gab er es mir ,,Lehc~i" wieder. 64

Sparen wir uns eine Schilderung des Tumultes, der sich daraufhin unter den auf dem Hofrag u m den Kaiser versammelren Großen des Reiclies erhob. Niir soviel sei hier fesrgelialreii: A n eben dieser Stelle und exakt i m Zusammeiiliaiig dieses Konflikts um eine lehnrechrliclie Deuruiig des Ver1i:lrnisses von Papsr und Kaiser assoziiert Rabewiii in seinem Bericlir einen weiteren dramatisclien StreirLdI. Nach seinem Bericht eriniierre maii sich in Besaii~oii an deii Konflikr mir Hadrian u m eiii Wandgemälde i m päpsrlicheii Larennpalasr, das die Begegnung von Papst innozeiiz 11. mir Barbarossas Vorvorgäiiger Lorliar von

" Vgl. allgemeiii erwa Böhme?, Regesra iniperii iVl2.1, neu bearb. V. Opll (wie Aum. 3 ) Nr. 491 t (Lfg. 1, S. 154 f), oder Lindner, Hofrage (wie Anm. 13), her. S. 97 f (Nr. 41); speziell ziim Hergang erwa W Heinemqy*,: Beiieficiuin - nori fei~diim, sed bonuin facrctm, Der Streir auf dein Reiclirrng zii Berrtigori, in: Archiv fiir Diplomatik, Sclirifrgescliiclire, Siegel- und Wilppenkiinde 15 (1969), 5. 155-236 (165 ff).

62 Gerra 111.10 biw. 111.12 ([wie h i n . 31, v. Simron, S. 177; Schmale, S. 414). icli kann hier keine Distaizieriii>g erkeniien, wie sie u.a. Heinemeye~, B~eiieficiuni (wie Aiim. 6l), S. 174 E. arirmachen wollte. In einem Zweig der Iiai~drclirifrlicheii Überlieferung ist das allerdii>gs (ganz in ilirern Siiitie) ge5iiderr worden ri>:fida nimir [!] inre>;a>ern- timr, ~ g l . (außer dem Apparar beider Aurg;%ben) bereits Simonfeid, Jahrbiicher (wie Aiirn. 31), S. 570 Aiim. 177, rtnd z<ilerzr aticli R Desringer, Raliewin voii Freiring. Ein Gelelirrer der 12. Jnhrliiinderrs (MGH Sclirifreii 47), Hannover 1999, S. 78. Dazu Gesra 111.24 bzw. Iii.27 ([wiehirn. 31, v. Simron, S. 197, Schmale, S. 452), wo es zur analogen öffeiirliclien Überserzuiig des piiprriicliei> Enrachuldig~irigsbriefes farr zwei Jahre nach Berangon. die Orto von Freising leistete, heißr: Lecrir ri benigna i>rter- pirtnriot2t exporitir IittcNr imperntor mitigntur rrt.

Ri<uelle Symbolik uiid Rechrrwisseiiscliafr 117

Supplinburg bei dessen Kaiserkrönung 1 1 3 3 ostentativ für d ie Nachwelt festge-

lialren hatte.65 D ie dargestellte Szene war in diesem Bilde, wie Rahewin z u

notieren nicllr unterlaßt, für jeden lesekundigen Betraclirer durch einen pro-

grammatischen titulw erläutert:

Rex venir anrefores, iulnnsprius urbir honowr, Port homo ftpapae, rumit quo dante coronam.

Eindeutig, das wird aus dieser Iiischrifr klar,66 ist auch bei diesem Bild uiid ins-

besondere bei seinem tirulw die Spraclie des Rechts gebraucht: Der Römereid

63 Uiitersrriclieii in: Gerra 111.10 bzw. 111.12 (wie Anm. 3), U. Simron, S. 176; Schmale, S. 4 1416: Arqur a d hotr'm uerborr~nr rtricrani ~xporirionem [!1 acp>efarar inrerpretarionir Jdem atrdiioro i~idiorrmr, qimd a nonnullir Romnnotum remere affirmari tzovern>ir, imperir'm urbir er regtiam Italin<m donntioncpotitifici<m r e p nortyor hacrcnlwporrrdise. Hieniiir beton< docli Raliewir, erneer, daß die Uberserziiiig - ziimiiidesr reiriei Auf- farruiig riacli - eine mögliclie und jedenfalls die .wörtliclie" war. Er gebrauclir /?da und rtricra inrerpretßrio gleicliberechtlgt. Dei Papst wird sicii in seiiiem Enrschiildi- gttiigrschreiben fast zwei Jaiire später (Gesra 111.23 bzw 111.26 (wie Anm. 3), V. Ym- ron, S. 196; Schnr~k, S. 450) daniir verreidigen, daß er mir der frülisclrolasrisclien Spracliaiidyrik von eines Worres ursprünglicher rigitifcario. quam o: inriin'rione nin noxin'r xrinerr, spriclir, die aus dein biblischen Sprachgebraucli ablesbar bleibe (und die auch er bentiar habe), wälirend die in'poririo eiiier andeien ripiflcnrio (d.11. iri dierein Fall Raiiialds Versrändiiis voii bozeiicium als b i ~ d r m nur den Siiiii „verdre- hen" wolle (a renrir Silo niri runr adnliiim >rrorgucre). Dazu allgemeiii J Pinbolg Die Enrwickliinp. der Spraclirlieorie im Mirrelnlrer (Beirriixe zur Gescliiclire der Pliiloso- pliie und ~heologi; im Mittelalter 42.2), Münrrei 1 9 5 (adindicm).

64 Hier isr die Frnge riichr zii eiitsclieiden, ob It~iiiald von Darre1 damir wirklicli bewußr volaririereii wollte, irideiii er die väprrliclieii Absiclireii siiinwidrig „verkelirre", oder . . " ob er n u r die Terideliz der päpsrliclien Briefes gewirreiznaßen veieindeurigte. Hiniu- weiseri isr immerliiii auf die scliiieideiide Frage der in Roin aii der Abfasratig der Brie- - fer gewiß bereiligren Kardiiials Rolandua, einer der päprrliclien Legaren in Beaanpn, rn die deutscheii Fürrren (Rahewin, Gerra 111.10 bzw. 11.12 (wie Ati'n. 3). U. Simron, S. 177. Schmale, S. 416: dazu neuerlicli U. Schmidr, A auo emo l,abct, ri a donino onoa . " . . non hnbrr imperiuml Zu den Anfiiigeli der „sraufiscliesi Kaiseiwalileii", in: Voii Scl~wa- ben bis [eruaaleni. Facerreri rraufircher Gerchichre, Geihard Baaken zuni 65. Gebi~rrrrnp., Iig. Y. ~.Lorcr~z/U. Schmidc (Veräff. des Aleinaciiiisclien lrisrirurs 61), Sigmaringeii 199;, S. 51-88, bes. S. 78 E. Vgl. jedacli v.a. die Erläureriingen von W UIlrnonn, Carditial Rolaiid 2nd Besan~on, iii: Miscellanea Iiisroriae politificiae 18 (Roiii 1954), S. 107- 125, jerzt iii: Deri, Tlie Papacy aiid Polirical Idear in rhe Middle Ages (Collected Sru- dies Serier, CS 44), London 1976, Nr. IV, der bemerkre, daß (uni es hier ewas über- spitzr ZU sager>) die netzt kaciot>irrisclie (fuiikrionale) Aiiffasrung der Kairerriirnr, die Hadrians Brief irnd Roland in Bcranqon verrreren haben, keinerwegr eine inat<dirn nooirnr darrcellre (wie Baibarorra meinre), sondern iri den kirchlichen Traditionen gur begrüiidet war: Hadriai~ 1V. inußre gar nichr vonfidum rpreclien; was er niir brnc- ficirrm meinre, war bereirr, wie Ullmann zeigr, dar, war Baibarorra uiirerftudr<m ver- siand.

Riruelle Symboiik iiiid Reclirswirreiircliafr 119

Lager aufgescl~la~e~i: ,,Dorthin kam der römisdie Bischof Hsdrian mit seinen Kardinälen und wurde, wie es seinem Amte gebührt, ehrenvoll (hono~ificc) auf-

ii70 genommen. Das ist schon alles, gewiß eine sehr verkürztc Wiedergabe der drametischen Ereignisse. Rahewin war anscheinend unzufrieden mit dieser vor- nehmen Ziirückhalruiig, er hat diese kryprischeii Aiigabeii Ottos in seinem Bericht über Besanqon ergänzt, indem er iii seiner Darstellitng des Konflikts auf dem Hoftag zwei volle Jahre später, der Chronik die seinerzeit anscheinend eiiigegaiigeiie Selbstverpflidirung des Papstes einfügte, die der Papst bei oder iizch diesem Treffen in Sutri gegeben haben muß, nämlich das Verspreclieii, künftig möglichen Assoziationeii an das Lehnrecht durch eiiie Entfernung von Bild und Iiiscbrift im Lateranpalast den Boden zu

Es scheint mir damit klar, daR in der Tat eine juristische, d. h. eine leliiirecht- liclie oder dieiistreclitliclie Iiiterpreration des Rituals der Grund Für den offenen Eklat in Sutri war?' Die Rechtswissenschaft war die Wissenschaft der Zukunft, von ihr erwartete nicht nur Barbarossa Auskunft über die richtigen Lebensverh3ltiiisse. Aiicli das kanonische Recht trat um dieselbe Zeit seinen Siegesuig in der Kirche an, und gerade Aicxander 111. bat mir seinen reichlich strömenden päpstliclieti Rechtsentscheidungeii, die als „Deksetalen" den Cha- rakter von Reditsquelleii gewannen, einen nicht unerheblichen Anteil DaR die altüberkomnieiie Form symbolischer, aber damit durcliaus nicht immer klarer und aus sich selbst versCindliclier Darstellung von Beziehungen, die freilich auch bereits in Rechtsüberzeugungeii wurzelten, jetzt zunehmend in das kalte Licht sezierender juristischer Kompetenzanalyse gerückt wurde, das hatte den Konflikt in Sutri Iieraufieschworeii und geschürt. Eine beruhigende rechtsformige Feststellung des Hofgerichts über eiiie seit alters geltende Reclits- gewohnheit hatte den Skandal beseitigt und eine anstandslose Wiederholung

70 Orco von Freisirig, Gesra 11.28 bzw 11.30 ([wie Aiim. 31, u. Simron, S. 132, Sch>nrrlr. S. 338): Igiiur rcx ad r~rbcm re>zdenr rir.rn Birerbium carannrerorur. Quo Romatzui anti- rrerAdrk>zur czm cnrdinnlibui rzir nrnienr ex debito @cii rui honorrf?ie rurripiiur.

" Vgl. den oben Aiim. 68 zirierre~i Sarz, mit dein Raliewiii reinen Rückgriffauf deii Bil- dersrreir eiiileitet.

72 Hier teile ich, wie erriclirlicli, irr etwa die Anrichr, die (allerdings auf eiii rein lelin- rechtliclies Versräxidnis beschränk0 zulerzr von Laudage, Aleaander 111. (wie h m . 9) a<~sfüliilicliei verrrereii wiirde. Die Argiimenrarion, die Hark, Ernpfangsreremoniell (wie Arini. 32), S. 522 ff dägegeii zu Elilireii verruclir, wenn er jedes lelii~iechrliclie Verrrändiiis ablehnr, erscheint mir künsrlich und inkonrisceiir.

73 Vgl. n i i r j Mierhk~, Hismrischer Prozeß und ieirgenörrircher Bewußrrein. Die Tlieo- rie der inonarchisclieii Papats ini holieri und spärereii Mirrelalrer, in: HZ 226 (197% S. 564-599, ber. S. 582 (wo nur die Idenrifikarion des Papsres mir dein Bolognerer „Magisrer Rolandtts" heiire niclic melir llalrbai ist).

des Rituals möglich gemacht: Man hoffte, durch die Definition eines Urteils unerwünschte weiterreichelide Assoziatioiieii abschneiden zu können. Barba- rossa hat, wie gesagt, noch zwei weitere11 Päpste11 den Marsclialldieiist öffent- licli geleistet.

War damit der Dissens von Ritual uiid juristischer Komperenzumgrenzung aiisgesranden? War es wirklich künftig uiimöglich, im Kaiser einen Lehnsmann des Papsres zu sehen? Diese Frage sei zum Schluß gestellt. Kurz gesagt laiitet die Antwort: Nein. Nicht nur, daß das Wandgemälde im Lareraiipalast nicht Zer-

stört wurde, wie die deutschen Bischöfe dem Papst bereits Anfang 1158 sclirift- licli vorhielteii, wobei sie ein manifestartiges Rundschreiben Barbarossns einrückten, in welchem ebenklls eine Beseitigung des Bildes erneut gefordert wurde?* Offensichrlicli blieb d i s alles jedoch ganz vergeblich. Noch iin 16. Jahrhundert war das Bild in Rom zu besichtigen, wie durch eine von Ger- harr Ladner wieder entdeckte Zeichnung Pativinios in der Vatikaiiischen Bibliothek belegt werden kann?5

Der deritsclie Propst eines bayerischen Regularka~io~iiker-Stiftes, Gerlioch von ~ e i c h e r s b e r ~ , ~ ~ versuchte noch in den 1160er Jalireii, einen Ausweg aus dcm Dilemma zu fiiideii. Er Iiatte gehört, vielleiclir bei seiiieii Besiiclien an der Kurie oder am kaiserlichen Hof Barbarossas, und er schrieb es mehrfach nieder, daR im Lateran ein Wandgemälde den Kaiser als Lehnsmann des Papstes prä- sentiere. Er Iiatte aber offenbar das Bild nicht selber gesehen uiid berichtete darum irrtümlich, es zeige den Kaiser als Marschall des Papstes. Gedioch ver- warf diese Darstellung heftig als uiierträgliclie Abweichung voii der erforderli- chen humilitar des nackt seinem Herrn über die Wasser des See Geiiezareth eiltgegengehenden Apostels ~ c t r u s . ~ ~ Die ganz andere Sicht der Dinge, die

74 Oberiiefeir ist die kaiserlicl~e Eiizyklik~ duicii Raliewin in: Gerra Frederici, 111.17 bzw. 111.20 (wie Anin. 31, U Simron, S. 188 F., Schmale, S. 436; auch MGH Conrr. 1 nr. 167, liicr S. 234: Apicnon cepir, ndro . ip tu>nmpicn<~np~.o~~~~if , rcriptnrn in ni<crori- rarem pmdirr conntrrr Non pntirnzur [...I. Pirn~rnr delrnntu>; rcripturne rcrrnrrentur, nt inrcr rrgnirm et rncerdotiirm aerrrna ininzicinnm nzonimenra >zon remnnennt

75 Diese Naclizeichnting bei Ladner, Papstbildnisse (wie Anni. 6 2 , 11, Tafel 111. Eine Abbildiing dnvoii u.a. auch bei Lnitdnge, Alexailder 111. (wie Aiim. 9), als Frontispiz: vgl. auch die Erscpabiikarioil durcli Lad»cr, 1 mmosaici e gii affrfrerchi eccleriartico-poii- rici neil' anrico palazzo Lnreranenre 1'19351, hier zirierr nlch: G. B. Lndner, Iniager 2nd ldeas in riie Middie Ag=. Selected Stedies in Hisrory and Art (Srorin e letterariim 155), Roin 1983, I, S. 347-366 (bes. Fig. 9 und S. 356 ff.).

76 Zu ilini vor aliern die Maßrräbe reneride Scudie von P CImen, Geri~ocii von Rei- ciiersberg. Eine Biogiapliie, Wiesbaderi 1960 (hier be~. S. 202); zesamnierifasseiid auch E Mpirthcn, in: T% 12 (19841, S. 457-459 sowie in: LerMA Bd. 4, Münciieiil Zürich 1989, Sp. 1320-1322.

Rituelle Sylnbolik urid Reclicswisre~ircliafr 121

dieser Eiferer für ein neiies Verllaltiiis zwischen Kirche und Welt glüliend for-

derre, weil dieses Verhältiiis die ursprüiiglicli von Gott gewollte Beziehung

beider neu verwirklicheii sollte, ist hier nicht mehr zu besprechen, da in der

kommendeii Zeit jurisrischer Kompetenzbeschreibui~g diese Forderung ilichr

eigeiirlich eine Zukunft Gerhoch riocli forderre vom Papst im

Gegenzug zur rruerenria des Kaisers die enrsprecheiide Demur (humilirar) des

Priesters, der solche „Ehrerbierung" niclir hoclimütig verlangeii, sondern nur

bescheiden akieptiereii dürfe.'9 DD lierkömniliclie Beg tüß~n~sr i rua l wollte

Gerlioclr demgemäß bezeichnend ergänzt sehen. Er schlug vor, Papsr und

Kaiser sollreii zu wechselseiriger Begrüßuiig beide von ihrem Roß herabsteigen

und gemeinsam, wieder aufgesessen, ein Stück weit reireii, so wie es der bpaii-

" Ain deiirliclisreil nimmt Geihocli Bezug auf das Bild irn Laceiaiipalnrt i i i seiiier letr- reii (1167 enrrtandeiieii Schrifr) De qilarra vigilia nocris, C. 12, ed. E Sazki'r, iii:

MGH Libelli de lire, Hannover 1898 [Neudruck 19561, 111, S. 51 1,23-512,36, wo es u.a. Iieißr: 6rntrr papa Silueiter ab arcgurro Cotirtnnrino regalir mi~»@cenrine honoribur pdinrr non rr bonornnreni inhonorauii er qunmuir ei, p>a fui hlrmilirate remelrirarorir %)iciu>n rxhibi~rrir, non ranien eu»r rurrtn erre inor~~~elchuni uel dixir uel rviprir uelpitz- xic. [...I ualA mimmrzr, it»dr ttovapicrr<rn hec cmerrerir, qzn Rontano~um impe~morpin- girvr »iarricn/chitl. [...I. Zeiirral bnielir sicli Gerliodi dabei auf 1. Perr. 2.17 (Deum timete, regpni honorificare.9, ein Bibelworr, dar er übrigens anderwärts aucli aus Barba- rorras Miied vernommen Iinbeti will (vgl. C k n , Gerlioch [wie Anm. 761, S. 276) i~iid das Barbarossa auch 1157 in reiner Enzyklika aii die deiirrclieii Biscliöfe (wie Aiiin. 74) verwendet Iiar; Gerl~ocli reilr romir die Iiolic Wertung der dem Köriig zu eiweirendeii honoi; gegeri den eine quasi insrirt~rionelle (lehti- oder dienst-)reclirliclie Abwerrune seiner Srellutia eklatant verstieße. Auf Gerlioclis Irrrum über die Bildsrei>e " " im Lareraripalasr aufmerksam geiiiachr liar rulerrr (nach Vorgaiig e w a von Eicli- mann) Hack, Enipfan~sreremonielI (wie Anni. 32), S. 529 f., der freilicli aus seiiier . riclirigeii Beobaclining m.E. falsclie Scliliisse ziehr.

'* Vgl die Beinerkiingeii von CLure,?, Gerlioch (wie Aitm. 76), S. 202. 79 De ii~vesrigarione Anriclirisri, 1.72, cd. E. Snckzr, in: MGH Libelli de Lice, Bd. 111,

S. 393: Inlitetlrr rex vel inipernror hir»rilirtiretn Conrrantini piirrimi principir racerdorer mmqunm pnrm er domitror hono~anrem [...I. lmircnrur pontijcer S i l vemm honorem eir'sniodi non eiigenrem [...I poruir in i/(o complacito <Romanorum> n coniventia utriurqucpa~iir criam irtirdcomphcere, i s t tnlir hononficmria de rrrepa rcu,+eeo rezendo Romanir pont@cibzcibr<r a rrgibur uel imperatoribilr eirdem rxl>ib<rerur, red quo Fucm ipri vidrrinc nnm mihi videmr rnlir ob~rquii cxhibitio magir hic mprrbir, hinc ver0 indigna- rionir rt odiifon~irm minirtraz, qztnm ur aliqair indefnlciur ra/utarirprovenint Dum enim Romani ocrarionr rnlir obrraii ICW vel imprrarom honiiner ruor in camerir rioe i>t . publico p i n p q loczntur er rcribunr, quid hoc rpirat niri rzpe>binm nur qaemfiircrnn~ inde onrmunrur niri irnm principrm, indinnarianenr rt calumnian~? (Biicli I der Sclirifc . . - irr in der vorliegeiideii Fassung 1160161 [mir späteren Nachträgen] enrrrandeii, vgl. Cher i , Gerliocli [wie Anni. 761, S. 421-424). - Geiliocli maclir hier m.E. vor alleiii Front gegen ein jurirriscli finierrer Verrräiidiiis des Verliälinisses von Papsr urid Kaiser, das einklagbare Rechte einräumt und somir Ansprüche ermöglichr.

122 Jürgen Mieilike

tiiiische Kaiser uiid der Patriarch von Konstantinopel bei einer ,,zofilligen" Begegnung zu tun pflegteii.80 Freilich war bei diesem Vorsclilag ein zeremoiii- eller Brauch an die Stelle des Rituals einer ersten Begegiiuiig getreten. Ganz ähnlich sah in den 80er Jahren des 12. Jahrhunderts auch der englische in Paris geschulte Theologe Radulplius Niger in dem falsclien päpstlichen Anspruch auf eine Lehnsunrertänigkeit des Kaisers, wie ihn der englische Papst Hadriati IV. erhoben habe, die eigenrliclie Ursache des langjährigen ~cliismas," das von 1159 bis 1177 gedauert hatte.

Mit dem Ruf Gerhochs 7.u christlicher T~igeiid und Besclieidetilieit und der Kritik Radulfs an lelinrechtliclien hsprüclien des Papstes aber war die Frage keineswegs zu beenden, wenn auch dem Ritual des Stratordieiistes im späten Mittelalter in der Regel ein kuner gemeinsamer Ritt von Papst und Kaiser folgte, gleichsam um die Asyinmetrie des geleisteten Dienstes symbolisch wieder aufzuheben und Friede und Eintracht beider Herrscher vor aller Augen zu Mir dem Hofgerichtsurteil, durch welches sich Barbarossa in Sutri Rückendeckiiiig bei seiner aristokratischen Begleitung geholt hatte, war der Streit ebenfalls nicht auf die Dauer aus der Welt geschafft, erst recht nicht war damit die Ambiguität des Begrüßungsrituals neutralisiert. Der Mar- schalldienst des Kaisers blieb bestehen, solange es Kaiserkröniingeii gab, uiid er blieb doppeldeutig. In den Ordiner, den liturgisclien Handbiicliern fur die Kai- serkrönung, wurde der Dienst des Kaisers am reitenden Papst als eigene Vor- sdirifr durch die Jahrhunderte hindurch immer wieder schriftlich Im 13. Jahrhundert hat der römisch-deutsche (Gegen-)König der päpstlich- kurialen Partei Wilhelm von Holland bei seinem Arirrirtsbesiich in Lyon bei

Iin Anscliliiß an das i n der vorigen Anni. zitierte (ed. Sackr'r, S . 393 f.): Sic Conrrnnii- nopoliranzrr imperuror er patiiarcha bonore rr invirem prrurniunr, q i ~ i dr<m re invicent srdenres rqr<irforre orcuminr, nmbo nd rerm de~crndz~nt, ci'mque rc mrrtrmr catitnrir &io rnlirraucrinr, rcarc~nrir eqcli'ir irtriqr'r vinni derrinninm peigrni e i ert pnr aiqr'c cnlita inter eor.

" Radiilpliiir Niger, Liber regiiiii, nacli Ms. Liiicolri Corliedral Cliaprer Lil>rary, 27, fol. 163'b."a , zir. bei L. Srhntuge, Radulfur Nige~ De ie nlilirnri er via peregriiinrioiiis lerorolyniirnlie. 1187188 (Beirräge zur Gescliiclire uiid Quellenkucide der Mirte1;iirerr 6), BerliiilNew Yoik 1977, S. 64 Atim. 285: Azrdivi quoqrie nortvi?rrmAdvinnuniAiigli- cum in nportolnrii rriblimatum glorimi, quod impcraror Romanu ribi deberer hominium, qrrin depirtirm qundnm Iegerrtar a laicir, qriod quidnm imprintorfccissri hominiirm pre- decc~$oribi<r ririr, er. ur dicirur, dcpiction tmnrivit in rcripn~mm. Unde nprefsro Adrinuo [...I pwuocnfui err imprraror F~ederirar ad lirigir<ni [...I Narlrm rrt enim inde reqxentir rdsmntir soninarirtn~ [...J Der Tenr enrsrand 118011 189, vgl. ebd., S. 12.

82 Nach den Ordiner (wie näclirre Anmerkiiiig) rollten Papst iirid Kaiser nacli dem Voll- zug der Srratordieiisrer ein Srück weir (vom Vatikan bis etwa ziir heurigen Kirclie S. Mark in Tcaiirponrina) geineiiisxm reiren.

Papsr Ii~tiozeiiz IV. (1251) wie selbswentäiidlicli diesem deil Marschall- u n d

d e n Srratordierist - ur morir t r t regum - geleistet.84 Noch i m 15. Jalirhiindert

sollte der zum Kaiser gekrönte deutsche Herrscher seinem romnator der1 Stra-

tordiensr leisren, wobei als Reittier dec Papstes i n Aiilehnung a n Jesu Einzug i n

Jerusalem jetzt ein Maultier diente.85

Denientsprecliend diskutierteii dann die Jurisceii uiid Theologen nocli nielirere Jalirliuiiderte lang iiiclit allein den Marschalldieiisr des Kaisers, soiiderii auch die Frage, o b der Kaiser niclit vielmehr nu r ein Befe l i l~ern~f inger des Papstes

sei. Pnpa vemr imperntor war die Antwort der einen: „Der Papst ist der walire

~ a i s e r , " ~ ' wälireiid der Kaiser sein Schwert nu r iin päpstlichen Auftrag fulire,

83 Vgl. citlr: Die Ordicies fiir die \Veilie und Iö i iu i ig der Kaisers iind der Kaiserin (Oidiner c o r ~ ~ t i o n i r imprinlir), ed. R. Ehe (MGH Forit. iitr. germ. 9), Haimover 1960 [ND 19951, passim, ber. S. 68 $31 [Ordo N r XVII, Ende 12. Jh.], und S. 227' ad iiidicein r.u. rteffalrtnpedizm. Iii einen berchreiberiden Beiiclir iimgeserzt e w a diircli R. Elze, Eine Kairerkrönitna um 1200, in: Adel und Kirche, Festschrifr für

lik, AiisgewHlilre Aufsätze, hg. V. B Srliimn~elpfinni~lL. Srl>mugge (Collecred Sriidies Serier, CS 1521, London 1982, Nr. V (vgl. bes. S. 370 F.). Eine Idealberclireibung. dtiitiicli Forriialiert nach dem Wortbut der a<iroriiariven ,,Poiirificale" der Guillelmos Diinriri d. Ä., des „SpeculatorsC' (=Ehe Nr. XX), der in diereni Piiaikre ($42) freilicli deni beieirs gefesrigrex> Terr der früliereii Ordiiies folgt (vgl. etwa Elze Nrr. XVII $31, XVlI $43; XIX 840; tind d%nn spSrer XXI $42; XXlii $43 bereirs Peter von Aiidhii in seiiiem (1460 verhßreii) .,Libelliis de Cerrrea inon.zrcliia", 11.6, ed. R. A. Miillrr (Bibliorliek des deerrclieii Staarrdenkens 8), Fraiikfurr a.M. 1998 (der Srrator- dieiisr Iiier S. 212): Mirrnfiniia <rcil. imperarois ponrificnlem be>icdicrionem nccipii, et . . ~rnrimprocediradloci~m. ubi debtrrum>nurponri/Exrqrritnre. et cirm ipeponrifexequam mcendeiir. retrenz rcept>~i»t snteller rii<r, er orepto freno aliqi~antulum iprum ddex t~er ,

~ ~

nioxque rr<irm cqtte7n nrce>zde,ö eqnirrt a rir~irrtn pnrre jzxrn aporroli~t'm q u e nd ecclcsiani S. Mnrie in Tianrpndnnn, t<bi dnto ribi orrulo ad inuicent non covde, srd corpore repnmntir~ isic - sratt repnrmrut. der Vorlaae!]. Bezeiclinenderweise nennt Perer aus- s;liließlicli deii ~ t raror iens t und iibergelit-den Steigbügeldienst seiner Vorlage (Ehe S. 118.1). tim ersatzweise die zeinveiliee Verwaliruna des dabei offenbar srörendeii . .. " "

Szeprerr dtiicli eiiieri nzioiiynieii rnteller einrufiigen. Vgl. die Vita Itiiioceiirii IV rcriyra a fiztre Nicolao de Caibio, ed. A. Melloni, Iitno- cenzo IV. Ln concezioiie e L'esperieiiza della crirtiaiiiri come rrgimeiz uniiir perrotzae (Tesii e richerclie <li scieiize relieiose n.s. 41, Toriiio 1990, S. 259-293, hier S. 280: " Ueneiarproinde illi<c [d.li. nach Lyon] imer omrterprinriper er mngnnrrr ro: Ahmanie chrirrimiirrimzr Guillrlnlur, filiur deuotur ccclerie, er ur iprc puderet arpccru er prm>rtia . rnnri pnrric er ur molir rrr regirm, reniiir ~r&m eiur er iprnm pnrirer ndexriauii. [...I (Auf diese Stelle ninclire micli Marrio Kagifliold freundlicli aufiiierksarn). Zur Inno- zesiz-Viw des Nicolo da Calvi, OFM, Kaplan uiid Beichwater Iiinozenr' 1V. (und bereis der Kardinals Sinibildo Fieschi), seit 20. Augusr 1250 Bischof von Assisi, vgl. ebd. S. 18 f.

ad nutum racerdorir (,,nach Wink und Willen des Priesrers"), wie Bernhard von

Clairvaux es bereits tim die Mirre des 12. Jahrhunderts mit hiufigein Echo in

späterer Zeit ausgedrückt hatte.87 Die andere Meiiiurig war: Die welrliche

Gewalt sei unmittelbar von Gort (durch das Volk) gegeben, daher sei auch der

Papst nur coronaror, nicht dominur des Kaisers, so wie die Erzbischöfe von Reims oder Csnrerbury den französischen oder englischen König krönten,

ohne daß doch deshalb diese Köiiige ihr Herrschafrsreclit von diesen Erzbi- schöfen h e r l e i ~ e r e i i . ~ ~

Diesen Streit zu verfolgen, wire freilich ein eigenes Tliema, das weit über

den Rahmen der auch in dieser Debatre bisweileil aiigerufeiien Rituale Iiin-

Der Konflikt wurde jedenfalls mir ganz aridereri Mirreln ausge-

" Als Beispiel diene hier die Kröiiung Sigisciiuiids ain Pfingstfesr der Jnlrrer 1433: vgl. z.B. Cornelii Zlntflier Clironicosi, in: Vereririn scriptoruni er inoiiumenroreiii arnplissi~na collecrio, lig. V. E Mlirri~elU Darznd, Bd. 5, Paris 1724 (ND New York 1968), col. 434 AIB (formuliert offenbar iin Aiircliluß an die Ordiner, wie vorige Ami.): jnira mirrn impmtor abceden~ dece»dir a d p d z r S. Pc~rtri, quem pnpa rttbrc- qirenr confc~ritn ac~ndit mrzlnm [!I. cuiusfrenum rrnuit impcraror. duci~ts eurnfiw per trerpnrnrr. Aucli Kar1 V. sollre bei seiner Kairerkröi>itiig iii Bologna (5. Noveinber 1529) nodi d a Bügel- und den Srratordieiisr leisren, vgl. das dafür eratellre ,Com- peiidiuin des päprrliclien Zeremoiiienmeirters Blnsius de Cesena" (=Eire, Ordo Nr. XXVIl $67, S. 167). Aucli bei der Kröiiung Friedriclis 111. (1452) bestieg der Papst nacli den, Ende der Merre ein Maulrier, wobei i l i t i i der soebeti gekröiire Kairei an der Treppe den S~ei~bügeldienst leisrere, ibi C~~n~.piacerurn muitirrtr rnroun anre rcnlar grroq~~eponu~i~m nperietiatirr ' Qua mmpcrvenirretpontifex, nzulum arrendcir co>mnii rtrqpam tenuir Ccmr quo facilitir ualcrer ßrcendcre. Eqrcitanri nr'rern panti/ici tt>ulirm CernrJeno nd mnrium aliqilorparribi<r prodrirchr; Augeiireugcnbericlir der Joliatiiier Rotli, ed. Sorrili [wie Anm. 551, S.97 $30. (Icli lese nperirbatio; geineinr irr offenbar, wie auch ronsr bezeugt, das kaiserliche Öffiieii des päpsrliclieu Wegs durch die Menge n>irtels einer virgz). *' Zurainmenfxsrend dazu etwa H Ft'h~mann, Eitiladiiiig iiir Mittelalrer, l~iiiiclieri 1987 (Tarclienbiicliausg. 2000). S. 121-134.

" Die beiüh~iiresre (und spärer iiiiri~er wieder zirieite) Forniulieiiii>g dieser sogeliatinren ,,Zwei-Scliwerter-Le11reee in: De considerarione ad Eugenii~m papaiii, IV.iii.7, hg. Y. ,J Lrc/e~c~/H M. Rothab, in: Sancri Berriardi Opera, Bd. 3, Rain 1963, S. 454: Urel; qiu CI^ e ~ ~ l ~ l i o e , tt ~pi~irzmli~ ~~ilicer~ludiirr er mnterinlir, red ir qi'ilieni pro rcclesia, ille un-o a6 rcclcria exrerendtu: ilh rnrrrdotir, ii milirir manu, redrana rid nuturn xnccrdotir er iusum imperntorir. Beriiliards Schrift ist enrscandeii 1148/1153, Aso noch vor Sutri bzw. Besanpn. Spärere Autoren werden bezeicliiienderweise häufig die lerzren drei Worre des Zirais forrlasscn uiid daniii die Auffarriti>g Bernhards der spZrrnirtelslcerli- clieii Eiitwicklu~i~ kurialer A ~ > ~ ~ r ü c l i e anpasseti. Nicht freilich etwa Jol>aniies Qcii- dorr von Paris, De regia poresrate er papali, C. 11 urid C. 18, ed. I? Blciomrein (Fra~ikfurre~ Studien zur Wissenschaft von der Polirik 4), Scertgarr 1967, S. 122,26- 123,4 bzw. S. 169,s-14. Der gelelirte Domi~iikzner macht hier vielmehr arisdiücklicli auf Beriihardr walire (dualisrirclie) Meinung aufmerksain.

foclireii, niir de r aristotelisclieii Pliilosopliie, mir juristischeii Argiiriieiireii, iiiir ilicologisclier Reflexiori uiid polirisclicr ~ e s i i i i i i i i x ~ , ~ ~ ilicl>t riiit de iu Vollziig voii zuvor ausgcliandelte~i Ririialeti. Daß vor Surri zrim ersreii Mal

d i e jurisrisclie Beleucliroiig eiiies Iierköiiiiiiliclieii, wenii aiicli selteiieii

Degr i iß~i i i~sr i tua ls zii eiiieni Eklat fülirre uiid dariiir iin jalirliti~idertelar~ge~~ Ringen zwisclieii geistliclier uiid welrliclier Gewalr eiiie deiirlicbe Epoclie

iiiarl<ierre, das freilicli war vorlicr, wie es sclicint, ~ ioc l i iiiclir u n d später

wol>l iiiclir iiielir iiiüglicli, es gelxört iii die Mit te des 12. Jalirliuiiderrs, iri

d e r sich d i e syriil>olische uiid die jurisrisclie Siclitweise des Verliältiiisses voii

raceiotium tiiid ivrpefium iri eiiieiii cliarakrerisrisclieii Konflikt iirid scliwer

auflösbarer Spaii i i i~iig kreiizrei:.

Vgl. etwa Millsilills voll Px<lua, Defer>sor pilcis, 11, C. 26 $4, ed. R. Scholz (MGW Foinr. iiir. gerin. 7), 1-latii,over 193211733, S. 490: qunm riquiAe»r irtrporicionettr poratifiri Roi»n»o plra nuirorirniir ailrteir a p r Ron>n,zi<r>r p>iitripo». qrinm Rrnzei~ri a>cl>icpircopo rrpci. rcgenz Frn,io,ro>i. qiiir dicei? - Aucli Lilpold voii Bebctibicrg, Tractatiis de itiiibtis reglii et iiiiperii Roiiixfiarir<ri, cap. 8, Iig. V./ Mierl>kc/C Flü'[uelw (MGH Staatssclirifiei,) [iiii Ditick]: hoc non ert n CO, qiiin [scil. prp.t] cotzreont rivr irriolgir i»irprrnroretn. Szurr oiiin iiirrhi n>rl,iepirropi cr epircqpi, qr<i mge, nlior it>rotgrinr rr co>l»tzn>zr, quer tnmm ab eir- drnr nwhirpircopir e i rpircopir »o»ii,tncio»o>~ er npprobncioire»,z nliqilarn x c i p e ~ . ~ i t o n uide- rnitr. - Willieliii von Ockhaiii, 111 Dialogiis 11.1 cap. 21, gedruckt bei Melcliioi Gold;~st, Morrarcliia Sacri Roiiixni liiiperii, Bd. 2, Fra<ikfilir *.M. 1614 [ND Graz 19601, S. 891 [iecre: 8891: nlii wgrr irrn>ipirru>; ro»recrnnrrti.er coio»e~z>rra~i.nbn>cbicpi- rcopi~ et ipbcapir leg>ionr~tr ruo>-U»>,, rt tm>r>i »on habeur ab iprir rrra iegrin. Aiiclr ein prl>disrisclier Aiiror wie Koiirad von Megeiiberg versttcl,r iioclt <liereixi Argiisletir U% widerspreclieii, weiili er iii seiner ,,Ycoiioniicfl" von ca. L35311354 (II.2.7, ed. S. K~iiger in: MGH, Staarssclirifreii 111.512, Sritrrgarr 1977, S. 60 E) niiterscliei<ler zwircbeii einer coia,incio crr»i coofjr»>ncio>replobntird (des Pal>rrer a i i i kiirifrigeti Kni- ser) iiiicl einer coronncio ri>nplicito. dcvotiva ~ i n e oi orz/irn~nriot~irpr~bniice (des Errbi- scliofs voii Reiins ntii fraiizösiscl,eir König). VgI. dazu riicli: G. L>iorrL-acl>, Die ,,Yco<ior>iica" des Konnd voii Megeiiberg. Das ,,H;iilsM als Norm fiir politirclie iuid soziale Srri~krizreii (Noriii itod Srriiktur 6), KöIii/Wci#iinr/Wien 1997, S. 205.

89 Aizsdriicklich einen Krötinligsordo (allerdings Elze, Ordilies [wie Ati~ii. 831, Ordo XVIII, nichr deii datiri bei der Kröniiiie. Karlr 1V. 1355 tatsiclilicli e.~brel>m«cliteii Ordo - - XXIII) riickt wiedertiiii Koniad voti Megetiberg in reiiie „Ycoiioi>iiGi" eiil (11.2 C. 10- 1 I), ed. K>.iigc~(wieAiixi>. 87), Bd. 2, S. 61-70 (der Srnrordieost: C. 10, S. 67,16-18).

' O Eiiien Aspekt dieser Di~kitssiorieii, den yfysrliclieii Welraiisyrticli, verfolgt erwa J. Mietl~ke, .,De poresrnre papae". Die yäpsrliclie Aiiiükonipereiiz itii Widersrreit der I,olitisclier, Tlieoiie voti 'Slmoiar von Aqiii!i bis Willieliti voii Ockliai~i (Spätt>iirrel:tl- rer i i i ~ l Reforiiintioib Neue Ileilie 16), Tiibiiigeil 2000.