Ein neuer Klang beim NDR-Sinfonieorchester buku kann auBer montags noch bis zum 15. Januar 2012 von...

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Verleihung O verbeck-Preis 201 1 feln und weitere Obst- und Gemiisesorten gekonnt zu ungewrihnlichen Interaktio- nen. Es sinil, alltiigliche Beobachtungen die ihn dabei inspirl"r"n. Auf dem Markt, am Hafen.oder beim Kochen entwickelt der Kiinstler Ideen bzw. Fragen, deren Antworten er phantasievoll in Form von Installationen, Objekte und Videoarbeiten in drei Rziumen des Overbeck-Pavillons als Kunstwerke preisentiert. So bekommt der Besucher gleich im ersten Raum sinkende bzw. schwebende Tomatenin einemAquarium ausPlexiglas zusehen.Die Frage, ob Tomaten schwim- men konnen, beantwortet sich hier vom selbst. Es ist aber kein sportlicher Wett- bewerb. den der Ktinstler hier inszeniert. Vielmehr sind es poesiehafte, fast geheim- nisvolle Bewegungen, die eine einzelne Tomate zum Ausdruck bringt. Die Toma- ten scheinen imWasser zutanzenund fiih- ren den Betrachter in eine andereWelt. In eine Welt, in der Tomaten mehr als nur zu einer Tomatensauce verarbeitet werden. Die Musik, die in fast allen Ausstellungs- rdume zu hciren ist, hilft dem Betrachter, die Tomaten in ihrer neuen, ganz beson- deren Funktion zu beobachten. In einem weiteren Aquarium sind ge- mischte Frtichte und Gemiise zu sehen. Mit solchen Arbeiten mochte der Kiinst- ler vor allem auf die Tatsache aufmerk- sam machen, dass Dinge, die einander zundchst fremd sind oder sich in einer unverstaindlichen, nicht nachvollziehba- ren neuen Umgebung befinden, auch eine Akzeptanz verdienen. Shimabuku geht noch weiter und inszeniert sonderbare Begegnungen zwischenPflanze,Tier und Mensch. Er experimentiert dabei auch mit der Sprache.So wird aus der englischen Wortkombination ,,Fish und Chips" eine reale Begegnung zwischen einem Fisch und einer Kartoffel im tiefen Wasser.Er priisentiert einen Videofilm, in dem ein Fisch zu sehen ist, der hin und wieder irri- tiert auf die sinkende Kartoffel zu schau- en scheint. Nattirlich interpretiert Shi- mabuku mit diesem Werk das britische Nationalgericht auf seine ganz besondere Art und Weise und setzt es in ein witz- reiches ,,Bilderrd.tsel'o um. Entstanden ist das Video im Jahr 2006 fiir die Biennale in Liverpool. ,,Catching octopuswith self-made ce- ramic pots" ist das zweite Video, in wel- chem Shimabuku eine Oktopusjagd doku- mentiert. Der Kiinstler Shimabuku experimen- tiert viel und kreiert Momente. die einen amiisieren,andere, die einen dagegen zum Nachdenken bringen. Die Stiidte Montre- al, 56o Paulo, Liverpool, London, Paris, Barcelona,und Berlin haben sein Schaf- fen bereits ,,erlebtoo. Heute stehen seine Werke in der Hansestadt Liibeck: ,,Ich freue mich sehr, dass wir ihn haben", so Marlies Behm, die ktinstlerische Leiterin der Overbeck-Gesellschaft. Freuen kcin- nen sich alle Besucherauf eine Ausstel- lung mit Humor, Sinn und schwimmenden Tomaten. Die Preisverleihung am 20. Novem- ber war ein festliches Ereignis in der Behnhausdiele. Nach einer musikali- schen Erciffnung von Manuel Rettich und Julian Grebe, Schlagzeuger des Philharmonischen Orchesters der Han- sestadtLtibeck, begrtiBte Dieter Witasik, 1. Vorsitzender der Overbeck-Gesell- schaft, alle Anwesenden. Stadtpriisiden- tin Gabriele Schopenhauer gratulierte im Namen der Hansestadt Ltibeck dem Ktinstler Shimabuku und hieB die Giiste ganz herzlich willkommen. Den Hcihe- punkt des Abends bildete die Preisiiber- gabe an Shimabuku durch die Direktorin der Gemeinntitzigen, Antje Peters-Hirt. Dr. Friedrich Meschede, Direktor der Kunsthalle Bielefeld, krcinte als Lauda- tor den offiziellen Teil des Abends. der von Marlies Behm moderiert wurde. Mit Fingerfood und Getriinken besuchten die G?iste schlieBlich die Ausstellungsrziu- me und betrachteten die ganz spezielle ,,Speisekarte" des Ktinstlers. Die Ausstellungzum,,Overbeck-Preis ftir Bildende Kunst der Gemeinntitzigen" 2OIl mitExponaten des Ktinstlers Shima- buku kann auBer montags noch bis zum 15. Januar 2012 von 10.00-17.00 Uhr im Overbeck-Pavillon besichtiet werden.

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Verleihung O verbeck-Preis 201 1

feln und weitere Obst- und Gemiisesortengekonnt zu ungewrihnlichen Interaktio-nen. Es sinil, alltiigliche Beobachtungendie ihn dabei inspirl"r"n. Auf dem Markt,am Hafen.oder beim Kochen entwickeltder Kiinstler Ideen bzw. Fragen, derenAntworten er phantasievoll in Form vonInstallationen, Objekte und Videoarbeitenin drei Rziumen des Overbeck-Pavillonsals Kunstwerke preisentiert.

So bekommt der Besucher gleich imersten Raum sinkende bzw. schwebendeTomaten in einemAquarium aus Plexiglaszusehen. Die Frage, ob Tomaten schwim-men konnen, beantwortet sich hier vomselbst. Es ist aber kein sportlicher Wett-bewerb. den der Ktinstler hier inszeniert.Vielmehr sind es poesiehafte, fast geheim-nisvolle Bewegungen, die eine einzelneTomate zum Ausdruck bringt. Die Toma-ten scheinen imWasser zutanzenund fiih-ren den Betrachter in eine andere Welt. Ineine Welt, in der Tomaten mehr als nur zueiner Tomatensauce verarbeitet werden.Die Musik, die in fast allen Ausstellungs-rdume zu hciren ist, hilft dem Betrachter,die Tomaten in ihrer neuen, ganz beson-deren Funktion zu beobachten.

In einem weiteren Aquarium sind ge-mischte Frtichte und Gemiise zu sehen.Mit solchen Arbeiten mochte der Kiinst-ler vor allem auf die Tatsache aufmerk-sam machen, dass Dinge, die einanderzundchst fremd sind oder sich in einer

unverstaindlichen, nicht nachvollziehba-ren neuen Umgebung befinden, auch eineAkzeptanz verdienen. Shimabuku gehtnoch weiter und inszeniert sonderbareBegegnungen zwischen Pflanze, Tier undMensch. Er experimentiert dabei auch mitder Sprache. So wird aus der englischenWortkombination ,,Fish und Chips" einereale Begegnung zwischen einem Fischund einer Kartoffel im tiefen Wasser. Erpriisentiert einen Videofilm, in dem einFisch zu sehen ist, der hin und wieder irri-tiert auf die sinkende Kartoffel zu schau-en scheint. Nattirlich interpretiert Shi-mabuku mit diesem Werk das britischeNationalgericht auf seine ganz besondereArt und Weise und setzt es in ein witz-reiches ,,Bilderrd.tsel'o um. Entstanden istdas Video im Jahr 2006 fiir die Biennalein Liverpool.

,,Catching octopus with self-made ce-ramic pots" ist das zweite Video, in wel-chem Shimabuku eine Oktopusjagd doku-mentiert.

Der Kiinstler Shimabuku experimen-tiert viel und kreiert Momente. die einenamiisieren, andere, die einen dagegen zumNachdenken bringen. Die Stiidte Montre-al, 56o Paulo, Liverpool, London, Paris,Barcelona, und Berlin haben sein Schaf-fen bereits ,,erlebtoo. Heute stehen seineWerke in der Hansestadt Liibeck: ,,Ichfreue mich sehr, dass wir ihn haben", soMarlies Behm, die ktinstlerische Leiterin

der Overbeck-Gesellschaft. Freuen kcin-nen sich alle Besucher auf eine Ausstel-lung mit Humor, Sinn und schwimmendenTomaten.

Die Preisverleihung am 20. Novem-ber war ein festliches Ereignis in derBehnhausdiele. Nach einer musikali-schen Erciffnung von Manuel Rettichund Julian Grebe, Schlagzeuger desPhilharmonischen Orchesters der Han-sestadt Ltibeck, begrtiBte Dieter Witasik,1. Vorsitzender der Overbeck-Gesell-schaft, alle Anwesenden. Stadtpriisiden-tin Gabriele Schopenhauer gratulierteim Namen der Hansestadt Ltibeck demKtinstler Shimabuku und hieB die Giisteganz herzlich willkommen. Den Hcihe-punkt des Abends bildete die Preisiiber-gabe an Shimabuku durch die Direktorinder Gemeinntitzigen, Antje Peters-Hirt.Dr. Friedrich Meschede, Direktor derKunsthalle Bielefeld, krcinte als Lauda-tor den offiziellen Teil des Abends. dervon Marlies Behm moderiert wurde. MitFingerfood und Getriinken besuchten dieG?iste schlieBlich die Ausstellungsrziu-me und betrachteten die ganz spezielle,,Speisekarte" des Ktinstlers.

Die Ausstellung zum,,Overbeck-Preisftir Bildende Kunst der Gemeinntitzigen"2OIl mitExponaten des Ktinstlers Shima-buku kann auBer montags noch bis zum15. Januar 2012 von 10.00-17.00 Uhr imOverbeck-Pavillon besichtiet werden.

Ein neuer Klang beim NDR-SinfonieorchesterVon Wolfuang Pardey

Aus weiter Ferne schwebt ein zarterGlockenklang heran, mischt sich mit einergraduell aufgefdcherten pseudotonalenKlangfliiche der Streicher, die den Zen-tralton a umkreist, weich, atmosphiirisch,scheinbar zeitenthoben. SchlieBlich ver-klingt die Glocke gleichsam in die Ewig-keit, Anfang und Ende verrritselnd. ArvoPiirts spiritueller ,,Cantus in memoriamBenjamin Britten" eroffnete das Kon-zert des NDR-Sinfonieorchesters in derMuK, in dem auch Tschaikowskys ,,Pa-th6tique" existenzielle Fragen umkreiste.Und Mozarts C-Dur-Klavierkonzert KV467 balanciert in irisierender Harmonikmit Molleintrtibungen und Bliiserdialo-gen nicht nur auf der heiteren Seite. Man-fred Honeck, frtiher Abbado-Assistent,dann Chef der Stuttgarter Oper und nunerfolgreich Musikdirektor in Pittsburgh,dirigierte als Gast am 18. November einvielschichtiges Programm und er'firies sichals ausgesprochen eigenstiindiger, poin-

tierter Gestalter, dessen klare, angemessenausschwingende Gestik das Orchester zunuancenreichen Reaktionen veranlasste.Uberhaupt schienen die Sinfoniker einenneuen, befreiten Ton anzuschlagen - viel-leicht auch Folge des Chefwechsels hin zuThomas Hengelbrock.

Dem ,,Cantus" des Estliinders PArtgab Honeck phantasievolle Weite undSpannung, hochkultiviert im Auffiicherneiner Musik. die sich iiberfrachteter Tra-dition und Fortschrittsdrang verweigert:,,Tintinnabuli"-Stil als eine Arte povera.Das Publikum, zundchst etwas irritiert,zergte sich von der Sphiirenmusik emotio-nal eingesponnen. Mozarts C-Dur-Kon-zert lebte dann vor allem von der feinen,hintergrtndigen Gestaltungskraft des Alt-meisters Rudolf Buchbinder, dessen Kla-vierkunst sich in silbrig perlenden Liiufenund sensibler Klanggebung traumwand-lerisch zeigte. Wunderbar kam mit demOrchester das intime Kammerspiel des

Adagios, Witz und rasantes Tempo im Fi-nale, das Honeck vorgab und Buchbinderdann, nach gedankenreichem Abbremsen,brillant anherzte.

Mit einer Johann-StrauB-Paraphra-se, begeistert aufgenommen, blieb derAbend 6sterreichisch. Tschaikowskys6. Sinfonie, das Opus ultimum mit ver-rzitseltem biographischen Hintergrund,tauchte der <isterreichische Dirigent inalpenl[ndische Distinguiertheit, dennder manchmal gehrirte triefende Kitschexistierte nicht. Ohne Effekthasche-rei. doch durchaus kontrastreich in derTempowahl, breitete Honeck mit denherausragenden Bl[sern, den Streichern,dunkle, nervdse Stimmungsschwankun-gen aus, bei kraftvollem Zupacken undwildem Abkippen aus der Ekstase. Nachden federnden Mittelsdtzen, die raffinier-te Wirkung entfalteten, offenbarte dasLamento mit dem finalen Gongschlageine Auth entrzitat. die bertihrte.

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