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Anne Faber Einführung in die Politikwissenschaft: Begriffe, Theorien, Methoden Theorien der Internationalen Beziehungen 20.06.2011

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Anne Faber

Einführung in die Politikwissenschaft: Begriffe, Theorien, Methoden

Theorien der Internationalen Beziehungen

20.06.2011

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VeranstaltungsplanTermine Themen

11.04.-02.05.11

1. Grundbegriffe: Politik, Wissenschaft, Politikwissenschaft

09.05.-30.05.11

2. Gegenstände der Politikwissenschaft: Politische Systeme

06.06.-27.06.11

3. Theorien: Vergleichende Regierungslehre, Theorien d er IB, Theorien der europäischen Integration

04.07.

11.07.1116.08.11

4.Techniken und Methoden KLAUSURNachschreibetermin Klausur

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Theorien der IB„graue“ Theorie?

− Theoriebildung als Ziel und als Funktionsbedingung für Wissenschaft:

− gemeinsame „Sprache“; ermöglicht Kommunikation innerhalb einer Wissenschaftsgemeinde (Etablierung von Grenzen)

− Abstraktionsleistung− „Meta-Erzählungen“ über Beobachtungen, Prozesse,

Erfahrungswissen

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Theorien der IB

„Eine Theorie hat jedermann“(Frei 1973: 11)

oder:

„[…] kein Erfahrungswissen ohne Theorie“

(Krell 2004: 59)

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Aufbau der Sitzung

Theorien der Internationalen Beziehungen

1. Einleitung2. Theoriedebatten in den IB3. Klassische Meta-Theorien in den IB

1. Realismus + Neorealismus2. Institutionalismus3. Liberalismus

4. Zusammenfassung

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1. EinleitungTheorie

Praxis?

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1. EinleitungWas ist eine Theorie?- abstammend vom griechischen „theorein“ = betrachten- System miteinander verknüpfter Aussagen (wenn-

dann-Beziehungen), die sich- auf empirisch überprüfbare Zusammenhänge

zwischen einzelnen Variablen beziehenoder auch:- Grundannahmen (Prämissen, zentrale Hypothesen mit

höherem Abstraktheitsgrad + Begriffsdefinitionen) und- abgeleitete Hypothesen, die operationalisierbar und

empirisch überprüfbar sind

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1. EinleitungTheorien in den IB- unterscheiden sich im Hinblick auf ihre Reichweite

und ihren Gegenstand:- „empirische Theorien“ (geringe bzw. mittlere

Reichweite, konkreter Bezug auf enger definierten Gegenstand der IB)

- „Bereichstheorien“ (mittlere Reichweite, Kategorien oder Teilbereiche wie Macht oder Integration)

- Großtheorien/Metatheorien (große Reichweite, Bezug auf die IP/AP insgesamt)

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1. Einleitung

Quelle: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=D atei:TheorienReichweite.png&filetimestamp=200610161 24457 (06.06.2011)

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1. EinleitungTheorien in den IB− abstrahierend/vereinfachend („Landkarte“)− („sparsam“)− muss Aussagen über die Wirklichkeit treffen− muss überprüfbar sein− muss lernfähig sein− Progressivität (Generierung neuer Forschungsfragen)− Veranschaulichung hilfreich!

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2. Theoriedebatten in den IBDimensionen der Debatten in den IB: • Ontologie: theoretisch aufgeladene Vorstellung von

der Beschaffenheit der Welt, über die wissenschaftliche Aussagen gemacht werden sollen (Wesen der Welt)

• Methodologie: mit welchen Mitteln/auf welchen Wegen können wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden? (Praxis der Forschung)

• Epistemologie: welche Art von Wissen können wir gewinnen? Regeln für die Konstruktion und Prüfung von Theorien? (Erkenntnistheorie)

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2. Theoriedebatten in den IBWichtigste Entwicklungsetappen und Debatten in den IB: 1. Idealisten vs. Realisten (1940/50er Jahre):

• Idealisten : Mensch ist von Natur aus vernunftbegabt; Ziel: Herstellung einer internationalen Friedensordnung (normativ); Glaube an Möglichkeit des Friedens (Weltgesellschaft/Völkerbund); Mittel: Aufklärung, Erziehung, Demokratisierung

• Realisten : Erfahrung des 2. Weltkrieges zeigt die Realitäten der IP/AP: Mensch ist durch Unsicherheit und Angst bestimmt, Ziel daher: Machterwerb; analytische Herangehensweise (Lernen aus früheren Erfahrungen)

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2. Theoriedebatten in den IB2. Szientisten vs. Traditionalisten (1960er Jahre):

• kein Diskurs über das substantielle Verständnis der zentralen Akteure und Dynamiken in den IB (Realistische Annahmen als gemeinsamer Rahmen), sondern:

• Debatte über die Erkenntnismethoden des Erklärens und des Verstehens (HedleyBull/Morton Kaplan); d.h. Auseinandersetzung über die „Wissenschaftlichkeit“ und Erkenntnismöglichkeiten der IB und der Sozialwissenschaften insgesamt

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2. Theoriedebatten in den IB2. Szientisten vs. Traditionalisten (1960er Jahre):

• Traditionalisten : rechtliche, philosophische, historische und/oder induktive Herangehensweise; Ziel: Bildung von Idealtypen (historisch-vergleichend)

• Szientisten : „wissenschaftliche“ (analytisch-quantifizierende) Herangehensweise auch an politische Prozesse und Phänomene; Auffassung, dass sich mit naturwissenschaftlichen Methoden alle sinnvollen Fragen beantworten lassen (Beobachtung – induktive Hypothesenbildung – Experiment/Überprüfung –Erklärung); Streben nach allgemeingültigen Sätzen; Prognosen

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2. Theoriedebatten in den IB3. Positivisten vs. „Post-Positivisten“ (1980er

Jahre):• erkenntnistheoretische Debatte; Herausforderung

der positivistischen Orthodoxie in den IB (feministische Theorien, Kritische Schule)

• grundsätzliche Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen von Erkenntnis und Intersubjektivität

• Ergebnis: (noch) größere Heterogenität und Theoriepluralismus in den IB

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2. Theoriedebatten in den IB4. Rationalisten vs. Konstruktivisten (aktuell):

• erkenntnistheoretische und ontologische Dimension!

• Auseinandersetzung über die Natur und Grenzen von Theorie und Theoriebildung in den Sozialwissenschaften +

• Dekonstruktion positivistischer Annahmen sowie• Auseinandersetzung über die Rolle von Ideen,

Werten und Normen in den IB

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2. Theoriedebatten in den IB Rationalismus Konstruktivismus

Strömungen/theoretische Schulen

Neo-Realistenliberale Neo-Institutionalisten

gemäßigte Reflektivistenpost-marxistische RadikalistenPoststrukturalistenDekonstruktivistenfeministische Theorien

ontologischer Streitpunkt: Rolle von Werten, Ideen und Normen

exogene Präferenzbildung und –bestimmung

endogene Präferenzbildung (Präferenzen basieren auf Ideen und Identitäten; Akteure und Institutionen konstituieren sich gegenseitig

epistemologischer Streitpunkt: Welche Art von Wissen können wir wie gewinnen?

es gibt „richtige“ Regeln für die Gewinnung objektiven Wissens;Wissensakkumulation (Intersubjektivität) durch gemeinsame Suche nach besseren Erklärungen möglich

es gibt keine solchen Regeln (Poststrukturalisten); perspektivische Voreingenommenheit (z.B. durch Kultur-, Klassen-oder Genderzugehörigkeit) der Wissenssuche unvermeidlich; Herrschaftsfunktion des Wissens

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2. Theoriedebatten in den IBKritik am Bild der drei/vier „großen Debatten“ in den IB (Schmidt 2002):• trägt eher zur Verwirrung als zur Strukturierung des

theoretischen Pluralismus‘ bei• Debatten (speziell 1. Debatte) haben als solche nicht

stattgefunden; nachträgliche Konstruktion• Natur der „Debatten“ wesentlich komplexer• andere Kontroversen in der Disziplin werden

ausgeblendet• tatsächliche Diskussionslandschaft sehr viel

pluralistischer und heterogener (seit 1980er Jahren)

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2. Theoriedebatten in den IBVerbindungslinien und Kontinuitäten der IB eventuell eher zu sehen in:• Konzept der „Anarchie“ in der IP:• Kernprinzip der Disziplin, das die Entwicklung der

Diskussion wesentlich mitbegründet hat• (Ursachen für) Krieg und Frieden direkt verbunden

mit der Koexistenz souveräner Staaten in einem Zustand der Anarchie

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3. Klassische Meta-TheorienKlassischer Realismus (Morgenthau)• Hintergrund: zwei Weltkriege zu Beginn der 20.

Jahrhunderts• totalitäre Ideologien und Systeme

(Nationalsozialismus/Stalinismus)• Scheitern der Völkerbundes (1920-1946)• neue zentrale Kategorie in der Analyse der IP/AP:

MACHT; zentrale Antriebsfeder außenpolitischen Handelns von Staaten: Streben nach Macht

• Ursachen: menschliche Natur/Anthropologie; Übertragung menschlicher Eigenschaften auf das Handeln von Staaten

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3. Klassische Meta-TheorienKlassischer Realismus (Morgenthau)• Staaten als nach außen einheitlich agierende

Akteure („Billiardkugel-Modell“)• sehr eingeschränkte Möglichkeiten für

zwischenstaatliche Kooperation

Schwächen:• fehlende Definition und Operationalisierung der

Kategorie/Variablen „Macht“• anthropologische Fundierung problematisch

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3. Klassische Meta-TheorienStruktureller Realismus oder Neorealismus (Waltz)• Machtkampf von Staaten wird zurückgeführt auf die

Struktur des internationalen Systems: Anarchie• zwingt Staaten dazu, Machtpolitik zu betrieben, um

ihre Souveränität und Sicherheit zu bewahren –eigentliche Antriebsfeder: Streben nach Sicherheit

• „Sicherheitsdilemma“ (Herz 1950): Staaten versuchen beständig, ihr Machtpotential zu erweitern, um sich schützen zu können – führt zu Unsicherheit und Bedrohungswahrnehmung durch andere Staaten und zu einem Wettlauf um Macht

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3. Klassische Meta-TheorienStruktureller Realismus oder Neorealismus (Waltz)• Sicherheitsdilemma ist aber nicht permanent oder

absolut, sondern nur relativ gegeben und fortlaufendem Wandel unterworfen (im Hinblick auf tatsächliche Ereignisse und im Hinblick auf sich wandelnde Wahrnehmungen/Interpretationen derselben)

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3. Klassische Meta-TheorienRealismus und Neorealismus:• Herausforderung an die Politik: Zügelung des

Machttriebes des Menschen bzw. von Staaten durch− Bildung von Gegenmacht− sittlich-verantwortlichen Einsatz von Macht− Verantwortungsgefühl

• Erweiterung um die Kategorie der „Wahrnehmung“ von Bedrohung; konstruktivistischer Ansatz: „Macht“ und „Bedrohung“ nicht absolut; keine Automatismen im staatlichen Handeln; Abheben auf Perzeption und (strategische) Reaktionen der Staaten

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3. Klassische Meta-TheorienErweiterung Realismus und Neorealismus:• nicht nur Macht- oder Sicherheitsstreben von Staaten

verhindern Kooperation, sondern die strukturellen Bedingungen des internationalen Systems:– Anarchie– asymmetrische Informationen– Unsicherheit

• dennoch: Akteure im internationalen System (= Staaten) können und werden alternative Handlungs-optionen entwickeln und nutzen, z.B. Kooperation in IR/IO

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3. Klassische Meta-TheorienInstitutionalismus (March/Olsen 1989)• was ist eine Institution?:

– dauerhaftes, formal oder informell verregeltes Muster sozialer Beziehungen (Gewohnheiten und Praktiken)

– Ordnungs- und Regelungscharakter– gilt als legitim und wird mit Sanktionen durchgesetzt

• IB: auch ohne legitimes internationales Gewaltmonopol suchen Staaten nach Wegen, um zu kooperieren und ihre Beziehungen zu organisieren

• Ziele: Wohlfahrtsmaximierung, Sicherheit, Stabilität, Reduktion von Transaktionskosten, Beseitigung von Informationsasymmetrien

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3. Klassische Meta-TheorienInstitutionalismus (March/Olsen 1989)• zentrale Prinzipien/geschriebene und ungeschrieben

Regeln in der IP/AP:– wechselseitige Anerkennung der Souveränität– Einhaltung von Vereinbarungen– Vertraulichkeit (Diplomatie)– Regeln, die den Einsatz von Gewalt einschränken (z.B.

Kriegsvölkerrecht: ius ad bellum und ius in bello)

• Grundlagen für die Entstehung einer Weltgesellschaft, wenn auch oft gefährdet!

• Institutionen in der IP: Souveränität; Völkerrecht, Diplomatie; Mächtegleichgewicht

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3. Klassische Meta-TheorienInstitutionalismus• drei Ausprägungen (Hall/Taylor 1996):

1. Rational-Choice Institutionalismus (Tsebelis 1994; Grieco 1995; 1996): formaler, enger, instrumenteller Institutionenbegriff; strategische, rationale, nutzenmaximierende Akteure (Staaten), die ein eng definiertes Mandat an Institutionen geben (principal-agent-Modell); Ziel: Beseitigung von Informationsasymmetrien und Senkung von Transaktionskosten; Institutionen bestehen so lange wie sie einen konkreten Nutzen für die Staaten haben („logic of consequences/instrumentality“); exogene Präferenzbildung der Akteure; Regimetheorie

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3. Klassische Meta-TheorienInstitutionalismus• drei Ausprägungen:

2. Historischer Institutionalismus (Pierson 1996): Fokus auf den Effekten von Institutionalisierung/Institutionen über Zeit („stickyness“); betont path-dependency des Institutionen-wandels und die Bedeutung von Entwicklungen zwischen „großen“ politischen Ereignissen und Entscheidungen; Mittlerposition zwischen RCI und SI; geht ebenfalls von rationalen, kooperationsbegründenden Entscheidungen von Staaten aus; betont dann aber „Lücken“, die in der staatlichen Kontrolle über einen einmal begonnenen Prozess entstehen; endogene Präferenzbildung der Akteure (Staaten)

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3. Klassische Meta-TheorienInstitutionalismus• drei Ausprägungen:

3. Soziologischer Institutionalismus (Wendt 1987): weiter Institutionenbegriff inklusiver informeller Regeln und Normen („Kultur“); Institutionen „konstituieren“ Akteure, indem sie Sinn geben und normative Orientierung liefern (sozialkonstruktivistisch); institutionelles Umfeld definiert die handlungsleitende „logic of (social) appropriateness“; endogene Präferenzbildung der Akteure

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3. Klassische Meta-Theorien(Neuer) Liberalismus (seit Ende 1980er Jahre: Czempiel; Putnam; Risse; Moravcsik )• Verlagerung der Analysefokusses:

– weg von der Staatenwelt, hin zur Gesellschaftswelt und den Präferenzbildungsprozessen in staatlich organisierten Gesellschaften

– Staaten sind keine unitaristischen Akteure mit einem festen Set von „ewigen“ Präferenzen und Interessen, sondern aggregieren Mehrheitsmeinungen und/oder die Interessen einflussreicher Gruppen

– Sorge um staatliche Sicherheit entsteht aufgrund rivalisierender, staatlich repräsentierter gesellschaftlicher Interessen und Präferenzen

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3. Klassische Meta-Theorien(Neuer) Liberalismus:• besonderer Schwerpunkt auf Zusammenhang

zwischen Regierungsform und Gewalt:– Czempiel 1972: partizipatorische Herrschaftssysteme

beruhen auf einem breiten Konsens und sind deshalb weitestgehend gewaltfrei nach innen und nach außen (Theorem des „demokratischen Friedens“)

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3. Klassische Meta-TheorienTheorem des „demokratischen Friedens“: Erklärungsansätze

1. Institutionell: bilaterale oder multilaterale Institutionen tragen zu einer Deeskalation von Konflikten bei; lang(wierige) Entscheidungsverfahren; Möglichkeit zur geregelten Kommunikation in einem verlässlichen Umfeld; politische Partizipation der BürgerInnen (verweist auf genuine Friedfertigkeit)

2. Kulturell: Demokratien externalisieren ihre demokratischen Normen und ihre Konfliktlösungsverfahren; Behandlung anderer Staaten/Akteure mit Respekt/Vertrauen (genuine Friedfertigkeit)

3. Sozial-konstruktivistisch: Einbeziehung der Kategorie der „Wahrnehmung“; friedensstiftendes Potential der Demokratie wirkt nur dann, wenn eine Demokratie ihr Gegenüber ebenfalls als Demokratie perzipiert; führt zur Bildung von „Ingroups“ („Freunde“) und „Outgroups“ („Feinde“)

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3. Klassische Meta-Theorien(Neuer) Liberalismus:• „Doppelbefund“: keine „genuine“ Friedfertigkeit von

Demokratien; und: auch Nicht-Demokratien verhalten sich friedfertig!– Demokratie-Demokratie: Vermeidung von Angriffskriegen,

wohl aber weiterhin Möglichkeit von Verteidigungskriegen– Demokratie-Nicht-Demokratie: Verteidigungs- und

Angriffskriege möglich– Instabile Demokratie: führen mehr Kriege als autoritäre

Regime, auch gegen andere Demokratien

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FRAGEN?

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4. Zusammenfassung

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4. Zusammenfassung1. Die Theoriedebatte in den IB ist spätestens seit den

1990er Jahren durch eine schnell wachsende Proliferation/Ausdifferenzierung gekennzeichnet.

2. Die Reichweite der Theorien der IB ist unterschiedlich.3. Streitlinien/Auseinandersetzungen verlaufen entlang

ontologischer und epistemologischer, aber auch methodischer Fragen; aktuell: Rationalismus vs.Konstruktivismus (berührt unterschiedliche Dimensionen).

4. Viele Modelle und Argumente in der Debatte sind „klassisch“, d.h. sehr beständig und immer wiederkehrend (in neuen theoretischen Gewändern).

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Fragen zur nächsten Woche1. Was sind die Hauptkritikpunkte am

Neofunktionalismus von Haas?2. Warum bietet der Neofunktionalismus dennoch noch

immer eine attraktive Forschungsperspektive? 3. Wie geht der Intergouvernementalismus Hoffmanns

bei der Analyse der internationalen Politik vor? Handelt es sich dabei überhaupt um eine (empirisch-analytische) Theorie?

4. Was besagt das Konzept der „high" und „low" politicsvon Hoffmann, und was ist daran problematisch?

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