Einkommens- & Vermögensverteilung – wachstumsrelevant? Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee...

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Einkommens- & Vermögensverteilung – wachstumsrelevant? Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft 1 8. Veranstaltung Ziele/Themen: - Worum geht es beim Thema Verteilung? - Messung der Verteilung - Wieso relevant für Umwelt, Wirtschaftswachstum, Übergang in Postwachstumsgesellschaft - Aktuelle Diskussionen: Piketty, Erbschaftssteuer

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Einkommens- & Vermögensverteilung –wachstumsrelevant?

Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft 1

8. Veranstaltung

Ziele/Themen:- Worum geht es beim Thema Verteilung?- Messung der Verteilung - Wieso relevant für Umwelt, Wirtschaftswachstum, Übergang in

Postwachstumsgesellschaft- Aktuelle Diskussionen: Piketty, Erbschaftssteuer

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Worum geht es beim Thema Verteilung?

Verteilung von Einkommen, Vermögen, aber auch Bildung, Immobilieneigentum etc. innerhalb oder zwischen Gruppen / Gesellschaft(en) (Einkommen: Individuelles E., HaushaltsE…, Brutto/NettoE, …)

«Sind Ressourcenausstattung oder Lebensbedingungen von bestimmten Gruppen so beschaffen, dass sie regelmäßig bessere Lebens- und Verwirklichungschancen als andere haben, so spricht man von sozialer Ungleichheit. In der Sozialwissenschaft lässt der Begriff offen, ob Sachverhalte sozialer Ungleichheit als "gerecht" oder "ungerecht" gelten.» (Bundeszentrale für politische Bildung, D)

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Worum geht es beim Thema Verteilung?

Verteilung und Vorstellung von gerechter Verteilung (sozialer Ungleichheit) sind abhängig vom ökonomischen und politischen System / Situation, zahlreichen Politiken, Kultur, Tradition..., konkret: von Beschäftigungssituation, Löhnen, Vererbungssituation, Steuer, Umverteilung, Katastrophen/Krieg, Bildung, Aufstiegsmöglich-keiten etc.

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Verteilung – Aktuelle Diskussion!

Seit Ende der 2000er Jahre ist Verteilung zu einem wichtigen öffentlichen Thema geworden. - Eine BBC-Befragung in 2008 ergab, dass in 34 befragten Ländern 2/3 der Bevölkerung meint, die Lasten und Gewinne der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre seinen ungleich verteilt.- 2008 erschien ein OECD-Verteilungsbericht, nachdem dieser über Jahre in der Schublade blieb.- Diskussion und Empörung über Spitzenlöhne- Pikettys Buch «Capital in the 21st century» ist Kassenschlager in USA- Ungleiche Verteilung wird als Wachstumshindernis angesehen

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• Gini-Koeffizient von Einkommen, Vermögen• Gini-Koeffizienten verschiedener sozialer Gruppen

(Rentner, Junge etc.)• 80/20 Relation• Armutsanteil, Kinderarmut, Armutsquote• BIP/Kopf im Vergleich

Wie wird Verteilung gemessen?

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Aus: Wikipedia, Gini-Koeffizient

GUK = (GUK: Gini-Ungleichverteilungs-koeffizient) Ag

Aug

Wie wird Verteilung gemessen?

Gini-Koeffizient (Lorenzkurve)

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Entwicklung des Gini-Koeffizient zu Einkommen in OECD in letzten Jahrzehnten

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Aus: avenir suisse, Verteilung, avenir spezial, Plakat

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Aus: avenir suisse, Verteilung, avenir spezial

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Wie wird Verteilung gemessen?80/20 Relation: Um wie viel mehr Einkommen verfügt das stärkste Fünftel im Vergleich zum schwächsten Fünftel

Schweiz: 4.5

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Land Gini-Koeff.: Wert * 0.01

1 Japan 54,72 China 55,03 Spanien 57,05 Italien 60,96 Finnland 61,57 Australien 62,28 Niederlande 65,09 Griechenland 65,412 Deutschland 66,7 13 Indien  66,915 Kanada  68,816 Vereinigtes Königreich 69,717 Pakistan  69,818 Russland  69,921 Frankreich  73,022 Niger  73,624 Schweden  74,225 Mexiko  74,926 Indonesien  76,427 Brasilien  78,428 Vereinigte Staaten  80,129 Schweiz 80,3

Aus: Institut für Entwicklungsökonomie der Universität der Vereinten Nationen (UNU-WIDER). Datenbasis ist das Jahr 2000. http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Verm%C3%B6gensverteilung

Stand Gini-Koeffizient der Vermögensverteilung, Stand 2000

Situation in CH thematisiert in:Kissling, H. (2008). Reichtum ohne Leistung: Die Feudalisierung der Schweiz: Ruegger Verlag.

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Vermögensverteilung der reichsten Personen, Schweiz

Wie wird Verteilung gemessen?

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Wieso ist Verteilung relevant für Umwelt?

• Armut wie Reichtum können zu besonderer Umweltübernutzung führen

• Reiche Personen nutzen Umwelt stärker• Grosse / sich vergrössernde soziale Unterschiede führen zu

Aufrüsten von Positionsgütern (R.H. Frank)• Soziale Unterschiede beeinflussen tendenziell Umweltverhalten

(in gleicheren Gesellschaften höherer Druck auf ökologisches Verhalten von Unternehmen, mehr Velonutzung…)

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In gleicher reichen Ländern: mehr Fahrrad genutzt

Wilkinson, März 2012

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Wieso ist Verteilung relevant für Wirtschaftswachstum?

• Stark ungleiche Verteilung bzw. breite arme Schichten bremsen Wirtschaftswachstum

dazu gibt es widersprüchliche Aussagen, d.h. für manche Länder und je nach betrachtete Indikatoren kann dieser Zusammenhang stimmen, für andere nicht

• Ungleichheit kann Wirtschaftswachstum antreiben, wenn damit Ambition geschürt wird bzw. «materielles Aufrüsten» (R.H. Frank) stattfindet (Problem kann Verschuldung werden)

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Wieso ist Verteilung relevant für Postwachstum?

Postwachstumsgesellschaft muss (im)materielles Wohlergehen jenseits von Wachstum und Immer-Mehr herstellen.

• Soziale Ungleichheiten verursachen (im)materielle Kosten für Gesellschaft und hemmen Bereitschaft für Transformation

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Ähnlich: Wilkinson/Pickett , 2009. Gleichheit ist Glück, Berlin

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Gleicher reiche Länder: höhere Lebenserwartung

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Gleicher reiche Ländern: weniger Menschen fettleibig

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Aussagen von T. PikettyZiel von T. Piketty: Theoretische Verbindung von Wachstumstheorien und Theorien von funktionaler und persönlicher Einkommensverteilung

Aussage: Sobald Kapitalrendite („r“) > Wirtschaftswachstum („g“) („r > g“): steigende Vermögenskonzentration.In der Geschichte: r > g (i.d.R.), im 19. Jhd. erstmals g > r.

20 Jhd.: Abbau von Vermögenskonzentration durch Grosse Depression und 2. Weltkrieg: => g> rAb Ende 20. Jhd: r>g

Folgen: stagnierende Wirtschaft und Bedrohung der Demokratie

Piketty, T. (2014): Das Kapital im 21. Jahrhundert Beck, München. Original: Le Capital au XXIe siècle, Seuil, Paris, 2013

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Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:Art. 129a (neu) Erbschafts- und Schenkungssteuer1 Der Bund erhebt eine Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die Steuer wird von den Kantonen

veranlagt und eingezogen. Zwei Drittel des Ertrages erhält der Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung, ein Drittel verbleibt den Kantonen.

2 Die Erbschaftssteuer wird auf dem Nachlass von natürlichen Personen erhoben, die ihren Wohnsitz im Zeitpunkt des Todes in der Schweiz hatten oder bei denen der Erbgang in der Schweiz eröffnet worden ist. Die Schenkungssteuer wird beim Schenker oder bei der Schenkerin erhoben.

3 Der Steuersatz beträgt 20 Prozent. Nicht besteuert werden:. ein einmaliger Freibetrag von 2 Millionen Franken auf der Summe des Nachlasses und aller

steuerpflichtigen Schenkungen;……

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Volksinitiative Erbschaftssteuerreform (14.6.15)

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Weiterführende / Zitierte Literatur• Avenir Suisse (o.D.): Verteilung. Avenir spezial. Zürich• Kissling, H. (2008). Reichtum ohne Leistung: Die Feudalisierung der Schweiz:

Ruegger Verlag.• Kissling, H., Obrecht, W. (2012). Das Problem der Ungleichheit, Das Magazin,

19/2012, s. 20-23• OECD. (2008). Growing Unequal? Income distribution and poverty in OECD

countries In OECD (Ed.). Paris: OECD.• OECD. (2011). Divided We Stand. Why inequality keeps rising. Paris: OECD• Picketty, T. (2014): Das Kapital im 21. Jahrhundert Beck, München.• Wilkinson, R. and K. Pickett (2010). The impact of income inequalities on

sustainable development in London. London, A report for the London Sustainable Development Commission

• Wilkinson, R., Pickett, K. 2009. Gleichheit ist Glück. Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind. Berlin Tolkemitt Verlag bei Zweitausendeins.

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Aufgabe für 10. Veranstaltung

Lesen Sie bitte

Zahrnt, A., I. Seidl, Liesen, A., Dietsche, C. (2013). Wachstumsneutrale Unternehmensführung. Jahrbuch Ökologie 2014. Mut zu Visionen. H. Leitschuh, G. Michelsen, U. E. Simonis, J. Sommer and E. U. Weizsäcker v. Stuttgart, Hirzel: 141-146.

Wenn Sie jemanden kennen, der/die in den 1960er und 1970er ein Unternehmung geleitet hat / Einblick hatte: Fragen Sie, welche Rolle Unternehmungswachstum hatte und weshalb dies so war.

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