Elsas - Rev of Phil Der Arithmetik
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Litteraturberichfc. 437
ber, das Verhltniss der Dinge zu dem Absoluten, die Lehre von derGeist igkeit alles Seienden sowie die von Raum und Zeit.Die Kritik des Verfassers ist massvoll, seine Darstellung sowohl hin
sichtlich des Inhalts der Lotzeschen Metaphysik als hinsichtlich seinereigenen Auffassungen klar. Wolff sucht nachzuweisen und zwar mit
Erfolg, dass sich in Lotzes Metaphysik Lcken und Inconsequenzenfinden, durch welche die selbstndige Substantialitt der Weltfactoren,die dieser Philosoph behauptet, gefhrdet wird. Der Verfasser endet
seine Kritik bescheiden mit den Scblussworten von Lotzes Metaphysik:Jetzt Bchliesse ich meinen Versuch mit gar keinem Bewusstsein derUnfehlbarkeit, mit dem Wunsche, nicht berall geirrt zu haben, und im
Uebrigen mit dem orientalischen Spruche: Gott weiss es besser.E. M e l z e r.
Philosophie der Arithmetik. Psychologische und logische Untersuchungenvon Dr. E. G. Ilusserl, Privatdocent der Philosophie an der Universitt
zu Halle. Erster Band. Halle-Saale bei C. E. M. Pfeifer (RobertStricker) 1890. XVI u. 324 S. 8.Die psychologischen und logischen Errterungen, die E. G. Husserl
als Bausteine zu einer Philosophie der Arithmetik zusammengetragenhat, sollen nach seiner eigenen bescheidenen Aeusserung nur zur Vor
bereitung und wissenschaftlichen Fundaraentirung fr einen knftigenAufbau dienen. Mehr als solche Vorbereitung konnte bei dem jetzigenStande der Wissenschaft nicht angestrebt werden. Nicht eine Frage
von Bedeutung wsste ich zu nennen, in deren Beantwortung unter denbetheiligten Forschern auch nur ertrgliche Harmonie bestnde ; Beweisgenug, dass in unserem Gebiete von einer bloss architektonischen Gliederung
bereits gesicherter Erkenntnisse noch keine Rede sein kann. Die gegebeneAufgabe ist vielmehr die : in geduldiger Einzelforschung nach den haltbaren
Fundamenten zu suchen, in sorgfltiger Kritik die beachtenswerthenTheorien zu prfen, Richtiges und Verfehltes zu sondern, um, so belehrt,Neues und wenn mglich besser Gesichertes an deren Stelle zu setzen(Vorrede).In der That ist eine gewissenhafte, grndliche Detailforschung in
dem Buche niedergelegt und hat es zu einem gelehrten Werke gemacht.Vielleicht aber wre es zur Gewinnung eines mathematisch geschultenLeserkreises vortheilhafter gewesen , der kritischen Einzeluntersuchungweniger Spielraum zu bewilligen, dagegen der historischen Entwickelung
des Zahlenbegriffs bei den Mathematikern nachzugehen und die eigeneAnsicht in scharfen Zgen zum Ausdruck zu bringen. Wenn der Verfasser gesteht, sich von den gegenwrtig prvalirenden Ansichten nichtunerheblich zu entfernen, so muss er vor allem danach trachten, dieMathematiker fr seine Ansichten zu gewinnen.Husserl sieht von vornherein in dem Begriff der Anzahlen den wahren
und eigentlichen Fundamentalbegriff der Arithmetik, betonend, duss er sich
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in dieser Auffassung mit Mathematikern vom Bange eines Dedekind
und Weierstrass begegne, whrend wiederum keine Geringeren als
Helm holt z, Kronecker und W. R. Hamilton den Begriff der
Ordnungszahlen fr die Fundamentirung des Anzahlbegriffs als nothwendig
erachten. Dagegen lsst sich fragen, ob es wirklich fr den Philosophen
angezeigt ist, die Ausgangspunkte von Weierstrass und Kronecker
in stricten Gegensatz zu einander zu stellen , statt Ausgleich und Ver-
mittelung in Betracht zu ziehen. Auf dein Gebiet der Physik z. B. hlt
man es nicht fr unvereinbar, bald die Bewegung, bald die Energie als
Fundamentalbegriff zu benutzen. Warum sollen die Arithmetiker nicht
Wahlfreibeit haben, die Cardinalzahlen oder die Ordinalzahlen als Aus
gangspunkte zu benutzen, oder auch sich an geometrische Vorstellungen
anzulehnen und mit der Errterung der extensiven Grsse zu beginnen?Die erste Errterung des Anzahlbegriffs veranlasst den Verfasser zu
scharfer Zurckweisung einer Aeusserung J. St. Mills, die am Ende
doch wohl nicht so handgreiflich falsche ist , wenn man ihren guten
Sinn herausbringt. M i 1 1 sagt : Jede von den Zahlen zwei, drei, vier
u. b. w. bezeichnet physische Phnomene und bezeichnet mit eine
physische Eigenschaft dieser Phnomene. Zwei zum Beispiel bezeichnet
alle Paare von Dingen und zwlf alle Dutzende uud bezeichnet das mit,
was sie zu Paaren oder Dutzenden macht, und dies ist etwas Physisches,
denn man kann nicht leugnen, dass zwei Aepfel physisch unterscheid bar
von drei Aepfeln sind , zwei Pferde von einem und so fort, dass sie ein
verschiedenes sieht- und greifbares Phnomen sinde (S. 12). Dagegen
meint Husserl, dass die Zhlbarkeit psychischer Acte oder Zustnde
schon diesen Gedanken als unzulssig erweise; vielmehr sei die Auffassung
von Leibniz die richtige, nach welcher die Zahl ein universalissimum
ht, entstanden aus der Vereinigung irgendwelcher Dinge (entium), z. B.
Gottes, eines Engels, eines Menschen, der Bewegung, welche zusammen
vier sind (S. 11). Auch Locke spricht sich hnlich aus, und Husserl
gipfelt seine Erklrung in dem Satze: Auf die Natur der einzelnen
Inhalte kommt es also in keiner Weise an (S. 11). Wenn wir aber
den guten Kern aus den Mill'schen Auslassungen herausschlen, so
bedeuten diese, dass der Anzahlbegriff zunchst in der Zhlung sinnflliger
Objecte sich entwickelt und dass Etwas von dieser Entwickelung an ihm
hngen bleibt, wenn wir auch schliesslich blosse Begriffe und psychische
Acte und Zustnde zhlen lernen und uns mit Leibniz zu dem Begriff
einer Vierzahl erheben, unter dem sich vier unzusamuiengehrige Dinge
vereinigen lassen.Sobald man zugiebt, dass es auf die Natur der unter einem Anzaiil-begriff zusammengefassten Dinge oder Inhalte in keiner Weise ankommt,
kann freilich die erkenntnisstheoretische Bedeutung der Zahl nur erkannt
werden durch Reflexion auf den psychischen Act, durch welchen der
Inbegriff zu Stande kommt (S. 79). Eine aufmerksame Betrachtung
der Phnomene lehrt nun Folgendes : Ein Inbegriff entsteht, indem ein
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einheitliches Interesse und in und mit ihm zugleich ein einheitliches
Bemerken verschiedene Inhalte fr sich heraushebt und umfasst. Fragen
wir, worin die Verbindung bestehe, wenn wir z. B. eine Mehrheit so
disparater Dinge wie die Rthe, der Mond und Napoleon denken, so er
halten wir die Antwort, sie bestehe bloss darin, dass wir diese Inhalte
zusammen denken, in einem Acte denken.Fr diese Art der Verbindung hat Husserl einen eigenen Namen
erdacht; er nennt sie collective Verbindung. Die sprachliche Fixirung
ilen Umstandes, dass gegebene Inhalte in collectivischer Weise verbundeni-inn . . . leistet fr unsere Sprache in vollkommen angemessener Weise
die Oonjunction Und (S. 81). Vielheit im Allgemeinen, so knnen wir
uns jetzt ganz einfach und ohne jede Umschreibung ausdrcken, ist nichts
weiter als: irgend Etwas und irgend Etwas und irgend Etwas u. s. w.
oder irgend Eines und irgend Eines und irgend Eines u. s. w. ; oder
krzer Eins und Eins und Eins u. s. w. (S. 85).Dies Eins und Eins und Eins bringt auch der Nestelschwab in dem
hbschen Mrchen heraus, als er die Uhr schlagen hrt; er verbindet
die unterscheidbaren Einsen auch collectiv, indem er zu dem Resultat
kommt: die Glocke hat alle weile Eins geschlagen. Warum kann
der dumme Kerl dennoch nicht bis drei zhlen? Nach Husserl sind
die AnzahlbegrifFe Folgen von Begriffen , deren Deutlichkeit und leichte
gegenseitige Unterscheidbarkeit ausser Frage zu stehen scheint; Einsund Eins ist scharf unterschieden von Eins, Eins und Eins, dieses wieder
ron Eins, Eins, Eins und Eins, u. s. f. (S. 96). Man knnte also denken,
dem Schwaben htte bloss die Mglichkeit gefehlt, eine collective Vielheit
von einer anderen zu unterscheiden. Ich meine, es fehlen ihm vielmehr
die Ordnungszahlen, und er htte zu lernen, dasB es Zwei schlgt, wenn
es Eins und nochmals Eins schlgt, Drei, wenn auf das zweite Eins noch
ein Drittes folgt. Aber Helm hol tz und Kronecker finden keine
Gnade bei Husserl.Die Quelle der merkwrdigen Missverstndnisse, in welche die
beiden berhmten Forscher verfallen sind, liegt nach diesem in der
Missdeutung des symbolischen Zhlungsprocesses, den wir blind gewohn-
heitsmssig ben. Wir verfahren dabei so , dass wir den Gliedern der
zu zhlenden Menge die Zahlnamen mechanisch zuordnen , und dann
den letzterforderten Namen als den der gesuchten Zahl ansehen (S. 197).
An den usserlichen und blinden Process haben jene grossen Mathematikersich nur gehalten, seine symbolische Function verkannt und so Zeichen
und Sache verwechselt.Mit der Kritik von He Im hol tz und Kronecker schliesst der
vorwiegend kritische erste Theil des vorliegenden Bandes. Die an der
kritischen Errterung entwickelte Grundanschauung Husserl 's, deren
charakteristischste Momente herauszuheben ich oben versucht habe, findet
in der zweiten Hlfte des Bandes zur Erluterung der symbolischen
Anzahlbegriffe und zur Aufzeigung der logischen Quellen der Anzahlen
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Arithmetik Anwendung. Die polemisirende Kritik tritt hier zurck;
sogar die psychologischen Begrndungen werden seltener, und das Haupt
gewicht scheint auf die logisch unanfechtbare Fortschreitung vom bereit
Festgestellten zu neuen Punkten gelegt zu sein. Daher verlangt das
Studium dos Buches ein grndliches Eingehen auf alle Einzelheiten.
Wir wnschen dem Verfasser , dass nicht nur die Philosophen, sondern
auch zahlreiche Mathematiker sich die Mhe dieses Studiums nicht ver
drossen hissen.
Marburg. A. Elsas.Gustav Theodor Fechner (Dr. Mises). Ein deutsches Gelebrtenleben.Von Prof Dr. jur. /. E. Kuntze, Geh. Hofrath. Mit drei Bildnissen.Leipzig, Breitkopf und Hrtel 1892. X u. 372 S. 8.Der Biograph Fechners hat als Neffe und Pflegesohn dem ge
feierten Gelehrten nahegestanden und ist als Leipziger Professor immer
in seiner Nhe geblieben. Wer htte zuverlssiger und ausfhrlicher
ber den Lebensgang Fechners, seine Lebensgewohnheiten, den Freundes
kreis seines Hauses und dergleichen berichten knnen, als Kuntze?
Leider aber hat dieser nicht nur getban, was er konnte, sondern darber
hinaus sich an eine Aufgabe gewagt, der er nicht gewachsen war. An
eine wissenschaftlich-kritische Wrdigung der litterarischen Persnlichkeit
Fechners darf nur herantreten, wer philosophische Schulung mit natur
wissenschaftlicher Bildung vereinigt und da Fechner ber religise
Begriffe philosophirt bat religisen Errterungen sowohl Verstndniss
als Toleranz entgegenbringt. Nun macht Kuntze zwar nicht den Ver
such , die physikalischen Arbeiten , die psychophysischen Schriften und
sonstigen naturwissenschaftlichen Verffentlichungen Fechners zu una-
lysiren und zu erwgen, in welchem Maasse diese ihrer Zeit die Wissen
schaft gefrdert haben ; davon hat ihn das Bewusstsein unzulnglicher
Sachkenntniss abgehalten. Aber den Philosophen und Theosophen Fechner
zu beurtheilen unternimmt dieser Mann, der es ein Unglck nennt, dass
dieses deutsche Philosophiren gemeint ist die Philosophie als Wissen
schaft an dem Worte Gottes mit vornehmer Klte vorberging,
dem Einfiuss des Evangeliums im Grunde des Herzens und Kopfes ver
schlossen blieb, die Verschleierung unseres Geistesauges durch die Snde
nicht erkannte oder sie unterschtzte und die fragmentarische Art unserer
menschliehen Erkeuntniss und Einsicht mit menschlichem Forschen und
Denken berwinden zu knnen sich vermass (S. 184). Dass der mate
rialistische, rationalistische, pantheistische Fechner nicht vor der
orthodoxen Kirchlichkeit, die Magddienste von der Philosophie verlangt,
bestehen kann, bedarf wohl keiner nheren Errterung.Das von der Verlagsbuchhandlung wrdig ausgestattete Buch enthlt
als werthvollen Anhang W. Wundt's piettvolle Worte, gesprochen
an seinem Sarge am 21. November 1887, und das auch in der 2. Auflage