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3. März 2011 05 ANDERS BLEIBEN Sozialheld Raúl Krauthausen über Engagement zwischen Mainstream und Protest

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Enter - das Engagementmagazin

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3. März 2011 05

Anders BleiBensozialheld raúl Krauthausen über engagement

zwischen Mainstream und Protest

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die GrOsse

GUTTenBerG

UMFrAGe

Hier TeilneHMen.

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Guttenberg ist weg, und die Netzge-meinde feiert sich selbst auf allen Kanälen. Ohne Internet hätten keine 20.000 Wissenschaftler bei der Kanz-lerin gegen Dr.strg.c. rebellieren kön-nen. Stimmt, eine Unterschriften-sammlung per Kettenbrief hätte länger gedauert. Und ohne Internet hätte kein Heer von Hobby-Detektiven die geklau-ten Textpassagen in Windeseile gemeinsam entlarven können. Stimmt auch.So wahr diese Erkenntnisse sind, so banal sind sie. Das Webphänomen namens Crowdsourcing ist zehn Jahre alt. Minimum. Deshalb wirkt das öffentliche Staunen mancher Kom-mentatoren über die angeblich neue Dynamik im Netz etwas angestaubt.

Hilfreich sein könnte es dennoch. Mög-licherweise trägt der gefallene Frei-herr wider Willen dazu bei, die Chan-cen der Bürgerbeteiligung via Internet bekannter zu machen – vor allem außerhalb der Netzgemeinschaft.Vorhanden sind sie längst, und nutz-bar für viel konstruktivere Dinge als für das Absägen von Polit-Popstars. Online-Volunteering, also die internet-gestützte Zusammenarbeit vieler Tau-send wildfremder und völlig verstreut lebender Menschen für gemeinnützige Organisationen und Projekte, ist in den USA längst etabliert und hierzulande stark im Kommen. Aber wie das so ist: Im Alltag schreibt und spricht kaum jemand darüber.Insofern hat der Glanz des beliebtes-ten deutschen Politikers diese Woche noch ein letztes Mal positiv abge-strahlt. Danke, Ex-Doktor.

Uwe Amrhein ist Herausgeber von ENTER.

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Uwe Amrhein EditorialFo

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Politik, Kultur, Bürgerrechte.

Qualitätsjournalismus kann man kaufen.

www.spredder.de

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Foto

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ago

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Trends

enTerTAiner der wOcHe

Die Fraktionschefin der LINKE im bran-denburgischen Landtag vertrat vor der Wahl eine klare Position: Die unterirdi-sche Einlagerung von Kohlendioxid wird es in Brandenburg nicht geben. Davon profitierten nur die Stromkonzerne, die Bürger trügen die Risiken. Populär war diese Position, Wählerstimmen waren der Dank. Im März 2011 sieht nun alles

anders aus. Parteikollege und Wirt-schaftminister Christoffers machte den Weg frei für ein Endlager von Vattenfall und beruft sich auf den Koalitionsver-trag. Kaiser ist um Schadensbegrenzung bemüht. Bei den betroffenen Gemein-den bleibt die Erkenntnis, dass Wahlver-sprechen eben nur Versprechen sind.

KersTin KAiser

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ziTAT der wOcHe

„Oben bleiben!“

VFB sTUTTGArT

Motto der Stuttgart 21-Gegner – inzwischen der beliebteste Schlachtgesang der Fans des vom Abstieg bedrohten VfB Stuttgart.

inFOGrAFiK der wOcHe MinisTer-PlAGiATe

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Zahlen, Zitate, FaktenTrends

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zAHl der wOcHe

80MAcHTlOsiGKeiT

inFOGrAFiK der wOcHe

Auf 290 Seiten der 475 Seiten starken Dissertation von inzwischen Ex-Bun-desverteidigungsminister Karl-Theo-dor zu Guttenberg wurden Textstellen entdeckt, die er abgeschrieben hat. Recherchiert hat dies nicht etwa der SPIEGEL – Bürger haben auf der Web-site „Guttenplag“ die zahlreichen Fundstellen zusammengetragen und öffentlich gemacht. Schwarmintelli-genz, die für Transparenz sorgt. Die erste Grafik zeigt die Seiten, auf denen Plagiate gefunden wurden (schwarz) und Seiten mit Plagiaten aus gleich mehreren Quellen (rot).http://labs.vis4.net/guttenplag/

Rund 80 Prozent der Bundestags- und Landtagsab-geordneten halten sich in wichtigen Poli-tikfeldern für machtlos.

Quelle: DEUPAS, Deutsche Parla-mentsstudie 2010.

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Zahlen, Zitate, Fakten Trends

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sHi TAO

wUlFFMOrGenTHAler

Der 40-jährige Journalist und Dichter Shi Tao ist zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden. Sein Vergehen: Er hat eine E-Mail an eine amerikanische NGO geschrieben, in der er berichtete, dass die chinesische Regierung Jour-nalisten davor gewarnt hatte, im Vor-feld des 15. Jahrestages über das Massaker auf dem Tiananmen-Platz zu berichten. Sein Fehler: Er schickte die Nachricht von einer Yahoo-Mailad-resse. Yahoo arbeitet mit den chinesi-schen Sicherheitsbehörden zusam-men und half bei der Verfolgung des „Cyber-Dissidenten“. Setzen Sie ein Zeichen für Pressefreiheit und Men-schenrechte und schreiben Sie eine E-Mail für Shi Tao. Mehr Informationen bei Amnesty International.

GeFäHrlicHe einMiscHUnG

cArTOOn der wOcHe

Dies ist ein sehr altes Wort. Seinen Höhepunkt erlebte es am Anfang unseres Jahrhunderts. 2008 verschwand es dann vollständig und wird heute hin und wieder benutzt…

Schulunterricht, wie er in 80 Jahren aussieht

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cArTOOn der wOcHe

OPTIMISMUS

20 Stimmen hatte jeder Hamburger Wähler bei der Bürgerschaftswahl am vergangenen Wochenende – es wurde kumuliert und panaschiert, was das Zeug hielt. Gewinner des neuen Wahl-rechts sind die Kandidaten, die auf diese Weise von aussichtslosen Lis-tenplätzen soweit nach vorn katapul-tiert wurden, dass sie nun trotzdem in das Rathaus einziehen. Besonders clever soll es der scheidende Innense-nator Heino Vahldiek (CDU) angestellt haben. Kritiker werfen ihm vor, dass er wusste, dass der Listenplatz 31 als Sprungbrett funktioniert: Die Nr. 31 findet sich auf Blatt zwei der Wahlun-terlagen an erster Stelle und wird intu-itiv besonders oft gekreuzt...

Ali Simsek (SPD), Listenplatz 59 [Foto: Louisa Schlepper]

Nikolaus Haufler (CDU), Listenplatz 50 [Foto: privat]

Heidrun Schmitt (GAL), Listenplatz 31 [Foto: Philipp Tonn]

Cansu Özdemir (LINKE), Listenplatz 9 [Foto: Die Linke, Landesverband Hamburg]

AUFsTeiGer der wOcHe

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VOn nUll AUF BürGerscHAFT

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Am 17. Februar ging die Website „Gut-tenPlag“ online. In dem Online-Lexikon (Wiki) trugen Dutzende Aktive aus ganz D e u t s c h l a n d geklaute Zitate aus der Doktorarbeit des Verteidigungs-ministers zusam-men. Es dauerte nur vier Tage, bis ein desaströser Zwischenbericht erschien, der meh-rere Hundert Ver-stöße gegen das wissenschaftliche Arbeiten dokumen-tiert. Wenig später erklärte zu Gutten-berg, seinen Doktor-titel nicht mehr führen zu wollen. Crowd Sourcing nennt man neudeutsch die-ses Prinzip kollaborativen Arbeitens. Selbst die SPIEGEL-Redaktion hätte dieses Tempo nicht vorgelegt.

Mit einem ganz anderen Ziel mobili-sierte der Medien-Unternehmer Tobias Huch im Internet. Seine Facebook-

Gruppe „Gegen die Jagd auf Karl-Theo-dor zu Guttenberg“ fand innerhalb von zehn Tagen über 300.000 Unterstützer.

„Wir haben sicht-bar gemacht, wie groß die Unterstüt-zung in der Bevöl-kerung für zu Gut-tenberg ist“, erklärt Huch. Für ihn ist es eine Form der Bür-gerbeteiligung, Kanäle zur Verfü-gung zu stellen, um die Meinung vieler einzelner gebün-delt zu formulieren.

„Wenn niemand anders für den

Minister eintritt, müssen das eben Bür-ger tun. Für mich ist das eine prinzipi-elle Frage, ich selbst gehöre ja einer anderen Partei als zu Guttenberg an“, ergänzt er. Seine Aktion habe den Minister moralisch gestärkt und gehol-fen, so lange für sein Amt zu kämpfen.Ebenfalls eine prinzipielle Frage war es für Hannes Klöpper und seine Mitstrei-

GUTTenBerGs PlAGiATsAFFäre „Ihr werdet euch noch wünschen, wir wären politikverdrossen.“

Die eigentlichen Protagonisten der Guttenberg-Affäre findet man nicht im poli-tischen Berlin und auch nicht im akademischen Betrieb. Engagierte Bürger iden-tifizierten in Rekordzeit kopierte Textstellen, sammelten zehntausende Unter-schriften gegen zu Guttenberg oder trommelten im Netz zur Solidarität mit dem angeschlagenen Minister. Sehen wir gerade eine neue Bürgermacht entstehen?

Tobias Huch

Foto: Huch M

edien

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ter von „Causa Guttenberg“, die Empö-rung über zu Guttenbergs Plagiat und die abwiegelnde Reaktion der Regie-rung zu formulieren. Sie stellten einen offenen Brief an Angela Merkel ins Netz, in dem sie Aufrichtigkeit und Ver-antwortungsbewusstsein im Umgang mit dem Plagiatsfall fordern. Innerhalb weniger Tage sammelten sie 20.000 Unterschriften von Doktoranden, Pro-movierten und anderen Unterstüt-zern und überga-ben sie der Kanzle-rin. Inzwischen sind es mehr als 60.000 Unterzeichner.

Für Hannes Klöpper war die Aktuelle Stunde im Bundes-tag, in der sich der Verteidigungsmi-nister erklären musste, der Schlüs-selmoment. „Am Reichstagsgebäude kann man den Schriftzug ‚Dem Deut-schen Volke‘ lesen. Nach diesem Auf-tritt fühlte ich mich als denkender Bür-ger verhöhnt.“ Aktiv geworden ist Hannes Klöpper, weil niemand sonst für wissenschaftliche Prinzipien in die Bresche gesprungen sei: „Viele Profes-soren und Wissenschaftsvertreter sind

erst aufgewacht, nachdem wir schon der Bundeskanzlerin 20.000 Unter-schriften übergeben hatten.“ Inzwi-schen mutmaßen diverse Medien, dass gerade dieser Aufstand der Bildungse-lite zu Guttenberg das Amt gekostet hat. Klöpper formuliert es vorsichtiger: „Ich würde sagen, er hat sich selbst gestürzt! Aber er ist durch unsere

Aktion dazu gezwungen gewe-sen, sich mit sei-nem Fehlverhalten auseinanderzuset-zen.“

Haben GuttenPlag, Causa Guttenberg und die vielen Facebook-Gruppen die Machtarithme-tik nur durcheinan-dergebracht oder sogar dauerhaft neu justiert? Klöp-per jedenfalls

glaubt, dass wir in Sachen Bürgerenga-gement im Netz erst am Anfang noch viel dramatischerer Veränderungen stehen – und zitiert eine Twitter-Nach-richt: „Ihr werdet euch noch wünschen, wir wären politikverdrossen.“

GUTTenBerGs PlAGiATsAFFäre „Ihr werdet euch noch wünschen, wir wären politikverdrossen.“

Hannes Klöpper

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Geld M A c H T

BlindEs begann mit einer Persiflage auf Dieter Boh-len. „Raul sucht den SuperZivi“: Unter diesem Titel lobte Raúl Krauthausen einen Wettbe-twerb aus, um den optimalen Zivildienstleis-tenden für sich zu finden. Die originelle Aktion schlug ein, die Initiatoren bekamen Lust auf mehr. Die Sozialhelden waren geboren.

Ungewöhnliche und überraschende Projekte sind ein Muss. Diese Eigenschaften stehen bei den Helden im Manifest. Seit 2004 rocken Raúl und sein knappes Dutzend Mitstreiter die Gutmenschen-Szene. Und die schmückt sich gerne mit den Sozialhelden: Deutscher Engage-mentpreis 2009, Deutscher Bürgerpreis 2010, Land der Ideen 2011, INCA-Award, Ashoka-Fellowship… ENTER sprach mit Raúl Krau-thausen (30) über Engagement zwischen Mainstream und Protest.

Interview: Uwe Amrhein

Fotos: Melanie Wehnert (Luxberlin.de)

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Geld macht blindTitel

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Ihr seid die Stars des Bürgerengage-ments, räumt reihenweise Auszeich-nungen ab. Wie schafft Ihr es, dabei unangepasst zu bleiben?

Als „Stars“ sehen wir uns nicht. Aber wie wir unangepasst bleiben, fragen wir uns jedes Mal neu. Die Gefahr, dem Mainstream zu erliegen, ist groß. Am

Anfang haben wir an Wettbewerben teilgenommen, um uns zu mit Preisen zu schmücken und durch mehr Bekannt-heit und Preisgelder die Projekte voranzubringen. Manchmal kann man aber schon den Eindruck gewinnen, dass sich die Preisverleiher genauso mit Organisationen wie den Sozialhel-den schmücken.

…weil Ihr dem mausgrauen, sozialen Sektor den ersehnten Schuss Rock’n’Roll gebt. Also: Wie schützt Ihr Euch vor Vereinnahmung?

R a ú l K R a u t h a u s e n

Sein Körpermaß beträgt knapp einen

Meter. Seine Visionen und seine

Tatkraft sind unermesslich. Raúl

Krauthausen ist Programm-Manager

bei Radio Fritz (rbb), Werber und

Agenturgründer, Sozialunternehmer

mit Ashoka-Stipendium. Er hat Ges-

ellschafts- und Wirtschafts-kom-

munikation an der Universität der

Künste in Berlin und Design Think-

ing in Potsdam studiert. Daneben

hat er eine Ausbildung bei der

Telefonseelsorge Berlin absolvi-

ert und arbeitet als Moderator,

manchmal auch als Synchonsprecher

– für die TV-Soap Ally McBeal

zum Beispiel. Raúl Krauthausens

Behinderung ist eine Folge seiner

Glasknochenkrankheit.

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Bei der Verleihung des Deutschen Bürgerpreises, den ja die Sparkassen verleihen, habe ich auf der Bühne verlangt, dass wir für unsere Plattform www.wheelmap.org alle Daten darüber bekommen, welche Sparkassenfilialen rollstuhlgerecht sind und welche nicht. Nach diesen Informationen hatten wir vor dem Preis auch schon gefragt, aber die Auskunft verwehrt bekommen. Einem Preisträger auf der Bühne konnten sie das natürlich nicht abschla-gen. Anders ausgedrückt: Wer uns eine Plattform gibt, muss damit rechnen, dass wir ihn fordern, wenn er nur lobt und nichts tut.

Schreckt das auch mal Kooperations-partner ab?

Zumindest kann es zu Irritationen

kommen. Es gab schon Unternehmen, die Wheelmap klassisch sponsern wollten, also mit Geld gegen ein Fir-menlogo auf der Plattform. Da sagen wir eindeutig: Ihr könnt uns gerne Geld geben, um unsere Arbeit zu unterstüt-zen – aber nur bedingungslos. Wir und unsere Projekte sind nicht käuflich. Man muss da sehr aufpassen und sich immer wieder selbst überprüfen. Geld macht blind. Auf der anderen Seite müssen wir auch uns selbst gegenüber kritisch bleiben.

Einerseits organisiert Ihr soziale Pro-jekte, die konkret helfen. Andererseits geltet Ihr als kritisch. Wie wichtig ist Protest als Engagementform?

Ziviler Ungehorsam ist und bleibt wichtig. Wir planen gerade ein Projekt, das die Missstände beim ÖPNV in Sachen Barrierefreiheit offenlegt. Da muss mal jemand die Ausreden ent-tarnen. Genaueres möchte ich dazu noch nicht verraten. Ich persönlich kann mir durchaus vorstellen, drei

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Tage mit meinem Rollstuhl die Aufzüge eines Bürogebäudes zu blockieren, damit die Herrschaften mal die Treppe zur Vorstandsetage nehmen müssen. Aber Protest braucht Aufmerksamkeit. Und die braucht ein gutes Management und somit Zeit.

Protest und Hilfe. Macht die Kombina-tion Euch besonders glaubwürdig?

Wir möchten kritisch und zugleich offen für Kooperationen sein – auch mit großen, etablierten Partnern. Es geht nicht um Ideologien oder Feind-bilder, sondern um Veränderung. Wir stellen uns auch jeder Kritik.

Wie ist das Projekt Wheelmap angelau-fen?

Wir sind mit der Resonanz sehr zufrie-den. Es geht ja darum, dass Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam

www.sozialhelden.de

www.wheelmap.org

www.pfandtasisch-helfen.de

www.raul.de

www.facebook.com/SOZIALHELDEN

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Geld macht blindTitel

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zusammentragen, welche Orte in Deutschland rollstuhlgerecht nutzbar sind und welche nicht. Jeder kann dazu Daten aus seinem Umfeld selbst eintragen. Gleichzeitig beziehen wir aber auch vorhandene Daten, bei-spielsweise von Stadtverwaltungen. So entsteht eine große Gemeinschaft von Menschen, die gemeinsam Deutsch-land auf Barrierefreiheit untersuchen.

Geht es dabei nur um eine interaktive Bestandsaufnahme?

Klares Nein! Bei den meisten OpenData-Projekten geht es um Veränderung. Wheelmap soll dazu beitragen, Orte rollstuhlgerecht zu machen, die es heute nicht sind.

Wie kam Wheelmap zustande und wie

ist das Projekt organisiert?Die Idee gibt es schon seit 2 Jahren. 2009 haben wir dann das Preisgeld vom „Deutschen Engagementpreis“ in die Programmierung gesteckt. Das waren 10.000 Euro. An der stetigen Verbesserung der Plattform arbeiten Softwareentwickler ehrenamtlich. Aber wie gesagt: Wir verschließen uns nicht der Kooperation mit großen Partnern aus der Wirtschaft. Da laufen gerade interessante Gespräche. Auch Spenden nehmen wir gerne entgegen. Wenn wir das bei Erhalt unserer vollen Unabhängigkeit hinbekommen, kann Wheelmap einen großen Schub bekom-men.

Gibt es weitere Pläne neben Wheelmap?Pläne gibt es ohne Ende. Konkret arbeiten wir gerade an der Sozialhel-den-Akademie. Wir haben einige Erfahrung gesammelt, wie man ohne Geld, Zeit und Ahnung viel Gutes tun und dabei Spaß haben kann. Das möchten wir weitergeben.

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Öko-SuchmaschineWeltbeweger

Schon einen Monat nach Start brachte es Ecosia auf einen Marktanteil von 0,1 Prozent unter den deutschen Websu-che-Anbietern. Klingt wenig, bedeutet aber 250.000 Suchanfragen pro Tag. Die großen Suchmaschinen-Anbieter Yahoo und Bing stellen Ecosia die Netz-Infrastruktur zur Verfügung. Als Projektpartner zum Schutz Rettung des Regenwaldes ist der World Wildlife Fund (WWF) im Boot.„Im Durchschnitt erzielt Ecosia pro Suchanfrage 0,13 Cent Einnahmen“, erklärt der Gründer sein Geschäfts-modell. Entscheidend sind die gespon-serten Links, sprich Werbeanzeigen, die rechts im Browser-Fenster ange-zeigt werden. Für jeden Klick auf einen gesponserten Link erhält Ecosia von Bing und Yahoo rund 6,5 Cent Umsatz-beteiligung. Laut Statistik landen zwei

von hundert Suchenden auf gespon-serten Links. Macht im Schnitt 0,13 Cent pro Suchanfrage. Und das ist genau die Summe, die der WWF benö-tigt, um in Brasilien zwei Quadratme-ter Regenwald zu schützen.Durch die Suchtechnik der großen Partner-Unternehmen muss der öko-logisch bewusst Surfende keine Abstriche bei der Qualität der Suche machen.Ecosia spendet mindestens 80 Pro-zent seiner Einnahmen direkt an ein WWF-geleitetes Regenwald-Schutz-programm im Juruena Nationalpark in Brasilien. Bis August 2010 waren das bereits 96.000 Euro.

http://www.ecosia.org

Bei der Internetsuche die Umwelt schützen: das ist die Idee hinter Ecosia. Der 26-jährige Christian Kroll reiste 2008 durch Südamerika, war fasziniert von den Regenwäldern und schock-iert über deren Zerstörung. Zurück in Deutschland kam dem BWL-Studenten die Idee: eine grüne Suchmaschine als Sozial-unternehmen.

sUrFen Für den reGenwAld

welTBeweGer der wOcHe

Foto: Ecosia

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für kleine Projekte –mit wenig viel erreichen

Marketing

MARKETING FÜR KLEINE PROJEKTE

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Akademie

A k A d e m i e

L e k t i o n 2

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So unterschiedlich gemeinnützige Projekte,

Initiativen und Verbände auch sind – eines

haben sie in der Regel gemeinsam: Der

Enthusiasmus ist groß, aber das Budget

klein. Wie gelingt es, mit wenig Geld Unter-

stützer zu mobilisieren, Spenden zu sam-

meln und die konkrete Projektarbeit zu leis-

ten? Gemeinnützige Organisationen sollten

sich nicht davor scheuen, von dem Wissen

zu profitieren, mit dem bereits viele Unter-

nehmen erfolgreich arbeiten. Was bei der

Bindung von Kunden funktioniert, lässt sich

hervorragend übertragen auf die Kommu-

nikation mit Unterstützern von gemeinnüt-

zigen Projekten. Die Enter-Akademie macht

vor, wie es geht: Schritt für Schritt in den

kommenden zwölf Ausgaben.

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MARKETING FÜR KLEINE PROJEKTEAkademie

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Marketing für das Gute:Homepage 1 x 1Ohne Homepage geht es nicht. Diese einfache Wahrheit gilt auch für Gemeinwohl-

organisationen. Die Website ist der kommunikative Knotenpunkt von Projekten und

Initiativen, Visitenkarte, Info-Pool, Mitgliederverwaltung, Kampagnenplattform, Fund-

raising-Zentrale und Presse-Center. Damit eine Website diese vielen Aufgaben auch

tatsächlich erfüllen kann, muss sie solide konzipiert sein, professionell gestaltet und

pedantisch gepflegt.

DIESE GRUNDSäTZE SOLLTEN SIE BEI DER PLANUNG IHRER WEBSITE BEACHTEN:

• Überlegen Sie, welche Kernbotschaft Sie

transportieren wollen.

• Definieren Sie die Ziele (siehe Marketing-

plan, Lektion 1), die Sie mit der Website

erreichen wollen?

• Lassen Sie sich von anderen Gemein-

wohlorganisationen inspirieren, die

besonders erfolgreich arbeiten.

STARTSEITE UND MENüPUNKTE, OHNE DIE ES NICHT GEHT Startseite. Dies ist die erste Seite, die man sieht, besucht man Ihre Website. Sie entscheidet, ob sich jemand für Ihr Projekt interessieren wird. Hier muss also alles stimmen. Sorgen Sie für ein möglichst ansprechendes Intro. In aus-gewogenem Layout bringen Sie hier aktuelle Informationen, zeigen Bilder und

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Akademie

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binden einen Video-Clip ein. Eine übersichtliche und benutzerfreundliche Navigation leitet zu allen weiteren Informationen weiter. Bieten Sie hier z. B. auch einen Spenden-Button an und Verlinkungen zu Ihren Präsenzen in sozia-len Netzwerken.

über uns. Wer sind Sie? Welche Ziele verfolgen Sie? Welche Mittel setzen Sie ein. Stellen Sie sich kurz und prägnant vor. Auf einen Blick sollte der Besucher der Seite hier erfahren, auf wessen Seite er sich bewegt. Details zur Geschichte der Organisation, Kennzahlen, Vereinssatzung etc. können auf Unterseiten unter-gebracht werden.

Projekt(e). Was machen Sie konkret? Nehmen Sie sich hier Platz, um zu zeigen, was Sie bewegen. Erzählen Sie von Ihren Ideen, der Umsetzung und den Erfolgen. Zei-gen Sie Bilder, wie Sie in Aktion sind. Geben Sie sich besondere Mühe bei der Gestaltung Ihres Portfolios.

Unterstützer werden.War die Präsentation Ihrer Projekte überzeugend, möchten sich Besucher der Website vielleicht für Ihre Sache engagieren, d.h. aktiv mitarbeiten oder Geld spenden. Formulieren Sie hier genau Ihren Bedarf in Sachen Unterstützung. Geben Sie einen konkreten Ansprechpartner an (mit Foto) und wie dieser erreichbar ist. Machen Sie es so einfach wie möglich und vergessen Sie nicht, die Bankverbindung Ihres Spendenkontos anzugeben.

Presse. Jedes Projekt braucht Öffentlichkeit. Eine wohlwollender Bericht in der Lokal-presse kann mehr bringen als eine kostspielige Briefwurfaktion mit Spenden-aufruf. Nutzen Sie die Unterseite „Presse“ und laden Sie Journalisten ein! Stellen Sie hier regelmäßig Pressemitteilungen zur Verfügung und bieten Sie professionelles (!) Bildmaterial zum Herunterladen ein. Nennen Sie einen Ansprechpartner für Anfragen (dieser sollte auch mobil erreichbar sein). Machen Sie es den Pressevertretern so einfach wie möglich. In der Regel arbeiten sie unter starkem Zeitdruck und das nächste Projekt, das sich besser im Netz verkauft, ist nur einen Klick entfernt.

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MARKETING FÜR KLEINE PROJEKTEAkademie

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Kontakt / Impressum: Vergessen Sie nicht die Pflichtangaben. Wer die Seite betreibt und wie er am besten zu erreichen ist, sollte nicht fehlen. UMSETZUNG Wie viel externe Hilfe Sie beim Erstellen Ihrer Website in Anspruch nehmen, ist vor allem eine Frage des Budgets. Ähnlich wie beim Autokauf gibt es auch hier Varianten von der Stange, die Modelle mittlerer Preisklasse mit interessanten Extras und die kostspielige Luxusklasse.

Die kleine Lösung ist ganz einfach aufzusetzen und mit geringen Kosten ver-bunden: Informieren Sie sich bei den großen Internetprovidern, welche Bau-kastenlösungen diese anbieten. Hier bekommen Sie für rund 10 Euro/Monat Pakete angeboten, mit denen Sie sich ohne jede Programmierkenntnisse eine Website selbst gestalten können. Vorlagen und passende Fotos helfen bei der Gestaltung nach Ihren Wünschen. Eine solche Website ist an einem Abend online.

Für die mittlere Lösung sollten Sie einen externen Partner hinzuziehen. Ver-trauen Sie nicht darauf, dass der Schwager Ihres Schatzmeisters das „irgend-wie“ hinbekommt. Definieren Sie möglichst konkret die Struktur der Seite, welche Art von Inhalten Sie einbinden wollen etc. Schreiben Sie dann das Pro-jekt aus. Für diesen Zweck gibt es spezielle Plattformen – hilfreich sind auch Dienstleistungsbörsen wie myhammer.de. Vergleichen Sie die Angebote genau: Welche Stundensätze werden aufgerufen, welche Arbeitsbeispiele lie-gen vor, hat der Anbieter schon thematisch ähnliche Projekte durchgeführt? Laden Sie Ihren Favoriten ein und machen Sie sich ein persönliches Bild!

Die große Lösung kommt für die wenigsten Projekte in Frage, die ja in der Regel mit begrenztem Budget arbeiten und das Gros der Mittel in die Projekt-arbeit stecken wollen. Wer dennoch ganz groß raus kommen will, wird am ehesten größere Werbeagenturen ansprechen. Diese räumen gemeinnützigen Organisationen übrigens oft einen Rabatt ein.

Nächste Woche in der Enter-Akademie: newsletter

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Akademie

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Bilder der Woche Wir sind Helden

Zu den Vereinssitzungen in der S-Bahn werden gerne auch andere Fahrgäste eingeladen. Warum nicht einmal „Herzblatt“ mit den neuen Bahn-Bekanntschaften spielen?

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W i rS i n dHelden

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Bilder der WocheWir sind Helden

Markenzeichen der Berliner Sozialhelden sind die unkonven-tionellen, quergedachten Aktionen. Leere Bierflaschen werden

für einen guten Zweck vergoldet, Rollstuhlfahrer erfahren im Netz, welche Orte für sie zugänglich sind, und die Vereinssitzun-

gen finden wegen fehlender Büroräumen schon mal bei IKEA oder in der S-Bahn statt.

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Bilder der Woche Wir sind Helden

Wieder ein Laden, der für Rollstuhl-fahrer tabu ist. Wheelmaps ist eine Online-Karte, in denen präzise die Barrierefreiheit von Orten ausgewie-sen wird. Ein Mitmach-Projekt für alle, die mit Rollstuhl oder Kinderwa-gen unterwegs sind.

IKEA-Flashmob. Wenn es an eigenen Büroräumen fehlt, gehen die Sozial-helden dorthin, wo es jede Menge Platz und Möbel gibt.

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Bilder der WocheWir sind Helden

Pfandtastisch: In der WG-Küche entstand die Idee, neben den Rück-gabeautomaten von Kaiser’s Sam-melboxen für Pfandbons aufzuhän-gen. Jedes Jahr kommen in Berlin so 100.000 Euro zusammen, die an die Berliner Tafel gehen.

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J E T Z T H A N D E L N F Ü R L I B y E N Jeder kann einen Beitrag leisten, um das Blutver-gießen in Libyen zu beenden. Avaaz, das globale Aktionsbündnis, bietet online einen vorformulierten Brief an die UN-Sicherheitsrat und EU-Führung an, in dem ein Flugverbot, das Einfrieren von Vermö-gen gefordert werden. Über 440.000 Menschen auf aller Welt haben schon unterschrieben. http://www.avaaz.org

L O B B y - S A F A R IDie weniger bekannte Seite des politischen Ber-lins kann auf einer Stadtführung der besonderen Art entdeckt werden. Die Safari durch den „Lob-bydschungel“ führt an Ministerien, Verbandsbüros, PR-Agenturen und Kanzleien vorbei. Nächster Ter-min ist der 12.3.2010, 11.00 h.http://www.lobbycontrol.de

K A N D I D A T E N - C H E C KAm 27. März wird in Baden-Württemberg gewählt. Wer wissen will, wie seine Wahlkreiskandidaten zum Thema Bürgerbeteiligung stehen, findet auf der Plattform „Mitentscheiden“ die Antwort. Einfach in den Wahlkreis hineinklicken und den Kandida-tencheck machen.http://www.mitentscheiden.de

B Ü R G E R H A U S H A L T E W E L T W E I TWer meinte, Bürgerhaushalte seien eine Errungen-schaft deutscher Kämmerer, wird sich wundern. Eine Weltkarte zeigt, wo überall auf der Welt Bürger-haushalte durchgeführt werden. Zum Beispiel räu-men viele südamerikanische Länder ihren Bürgern mehr Mitsprache bei den öffentlicher Finanzen ein als deutsche Städte und Gemeinden.http://maps.google.com

TiPPs & TerMine

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3. März - 9. MärzAgenda

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„So wie wir von den Erfi ndern technischer Innovation fasziniert sind, so müssen wir uns für Diejenigen begeistern, die gesellschaftliche Lösungen entwickeln und selbst anwenden.“ Elmar Pieroth (Vorstand der Stiftung Bürgermut und Gründer der WIV Wein International AG)

Die WIV ist die weltweit führende Unternehmensgruppe im Wein-Direktvertrieb und der größte Weinvermarkter Deutschlands mit einem Jahresumsatz von über 450 Mio. Euro. Mit über 40 eigenständigen Unternehmen in 23 Ländern und 5.400 Mitarbeitern ist die WIV weltweit vertreten.

Wir sind davon überzeugt, dass der Schlüssel zum Erfolg auf dem Engagement und der Eigeninitiative von Menschen beruht, sowohl im unternehmerischen als auch im sozialen Bereich. Deswegen fühlen wir uns der Stiftung Bürgermut besonders verbunden. 1 % unseres Jahresgewinnes kommt der Stiftung zugute.

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Impressum

IMPRESSUM Herausgeber: Uwe AmrheinRedaktion: Henrik Flor Design: Supermarkt Studio

Propstraße 110178 BerlinTelefon +49 / 30 24 08 31 53Telefax +49 / 30 88 16 70

[email protected]

ENTER erscheint in Kooperation mit der Stiftung Bürgermut.

www.entermagazin.de