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PTS-FORSCHUNGSBERICHT IGF 16485 ENTWICKLUNG NEUARTIGER FORMGEBUNGSVERFAHREN FÜR DIE HER- STELLUNG VON KERAMISCHEN LEICHTBAUSTRUKTUREN UNTER VER- WENDUNG PAPIERTECHNOLOGISCHER FORMGEBUNGSVERFAHREN www.ptspaper.de » VERPACKUNGEN » PRINTPRODUKTE » RESSOURCENEFFIZIENZ » NEUE WERKSTOFFE

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  • PTS-FORSCHUNGSBERICHT IGF 16485ENTWICKLUNG NEUARTIGER FORMGEBUNGSVERFAHREN FÜR DIE HER-STELLUNG VON KERAMISCHEN LEICHTBAUSTRUKTUREN UNTER VER-WENDUNG PAPIERTECHNOLOGISCHER FORMGEBUNGSVERFAHREN

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  • V. Beil, T. Schlordt, A. Hofenauer, N. Travitzky, F. Miletzky, P. Greil: Leichtbaustrukturkeramik 1(54)

    Entwicklung neuartiger Formgebungsverfahren für die Herstellung von kerami-schen Leichtbaustrukturen unter Verwendung papiertechnologischer Formge-bungsverfahren V. Beil, T. Schlordt, A. Hofenauer, N. Travitzky, F. Miletzky, P. Greil Inhalt

    1 Zusammenfassung 3

    2 Abstract 4

    3 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Fragestellung 7 3.1 Stand der Technik 7

    3.1.1 Formgebungsverfahren keramischer Strukturen............................................................. 7 3.1.2 Keramischer Leichtbau.................................................................................................... 8 3.1.3 Papiertechnologische Formgebung bzw. Verarbeitung .................................................. 8 3.1.4 Papiertechnologische Trennverfahren ............................................................................ 9 3.1.5 Papiertechnologische Fügetechnik ................................................................................. 9 3.1.6 Materialtransport in Papierverarbeitungsmaschinen....................................................... 9

    4 Gesamtvorgehen und Projektstruktur 10

    5 Material und Methoden inkl. Projektbegleitung 11 5.1 Papierherstellung in Labor und Technikum 11 5.2 Verdichtung 13 5.3 Papieranalytik 13

    5.3.1 Normverfahren............................................................................................................... 13 5.3.2 Bewertung der Formgebbarkeit keramischer Papiere .................................................. 14

    5.4 Thermische Umsetzung der Papiere 16 5.5 Charakterisierung der papierabgeleiteten Keramik 16

    5.5.1 Normverfahren............................................................................................................... 16 5.5.2 Weitere Untersuchungen............................................................................................... 17

    6 Rohstoffauswahl und Versuchsprogramm 17

    7 Papierherstellung im Labormaßstab und Charakterisierung der Papiere 19 7.1 Vorversuche 19 7.2 Einfluss der relevanten Parameter 20

    7.2.1 Versuchsprogramm ....................................................................................................... 20 7.2.2 Ergebnisse..................................................................................................................... 21

    7.3 Vergleich der Laborblattbildungsverfahren 24

    8 Thermische Umsetzung und Charakterisierung der Keramik 24 8.1 Mechanische Eigenschaften 25

    8.1.1 Sinterergebnisse............................................................................................................ 25 8.1.2 Doppelring-Biegefestigkeit nach DIN 51105 ................................................................. 25

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    8.2 Thermische Eigenschaften 26 8.2.1 Heißbiegefestigkeit bei 1000°C ..................................................................................... 26 8.2.2 Thermoschockbeständigkeit.......................................................................................... 27 8.2.3 Wärmeleitfähigkeit ......................................................................................................... 27

    8.3 Analyse anhand optischer Verfahren 27 8.3.1 Porenstrukturanalyse..................................................................................................... 27 8.3.2 Homogenitätsprüfung .................................................................................................... 28

    8.4 Zusammenfassung 29

    9 Trenn- und Fügeverfahren (vgl. Arbeitspaket B1) 30 9.1 Trennverfahren 30 9.2 Fügeverfahren 30

    10 Verarbeitung der Papiere und Formung zu 3D Strukturen 31 10.1 Primärfomung der Papiere im Labor 31 10.2 Herstellung von Papierstrukturen (Laborpapiere) 34

    11 Thermische Umsetzung und Charakterisierung der 3D Strukturen 35 11.1 Optimierte thermische Umsetzung der Papierstrukturen 35 11.2 Charakterisierung der papierabgeleiteten Keramikstrukturen 36

    11.2.1 Druckfestigkeit auf Wellpappestrukturen ................................................................. 36 11.2.2 Konstante Druckbelastung bei hohen Temperaturen .............................................. 38 11.2.3 Untersuchung der Klebestellen................................................................................ 38 11.2.4 Zusammenfassung................................................................................................... 38

    11.3 Optimierung der papierabgeleiteten Keramikstrukturen 39

    12 Übertragung der Papierherstellung und Papierformgebung auf Technikumsmaßstab 39 12.1 Übertragung der Papierherstellung auf die Versuchspapiermaschine (Technikum) 39 12.2 Charakterisierung der Papiere 39 12.3 Herstellung von Papierstrukturen (Technikumspapiere) 41

    13 Thermische Umsetzung und Charakterisierung der Keramikstrukturen 44 13.1 Thermische Umsetzung der Papierstrukturen 44 13.2 Charakterisierung der Keramikstrukturen 44

    14 Auswertung und Schlussfolgerung 45 14.1 Bewertung des technischen Einsatzpotentials 45 14.2 Bewertung der Wirtschaftlichkeit 47 14.3 Empfehlung von Anwendungsoptionen 48

    15 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung 48 15.1 Wissenschaftlich-technischer und wirtschaftlicher Nutzung der angestrebten

    Forschungsergebnisse für kleine und mittlere Unternehmen kmU 48 15.2 Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen

    kmU 49

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    1 Zusammenfassung

    Thema Entwicklung neuartiger Formgebungsverfahren für die Herstellung von kerami-schen Leichtbaustrukturen unter Verwendung papiertechnologischer Formge-bungsverfahren.

    Zielstellung Es sollte erarbeitet werden, welche papiertechnologischen Formgebungsverfah-ren sich prinzipiell an präkeramischen Sinterpapieren anwenden lassen. Somit sollten günstige Herstellungsverfahren für keramische Leichtbaustrukturen entwickelt werden. Hierfür sollten präkeramische Papiere auf Basis oxidischer und nichtoxidischer Füllstoffe zum Einsatz kommen. Papierabgeleitete Leicht-baustrukturkeramiken sollten mit ausreichend hohen thermo-mechanischen Eigenschaften erzielt werden.

    Optimierte Formgebung keramischer Papiere

    Es wurde eine Papierrezeptur entwickelt, welche besonders geeignet ist für die Formgebung der Papiere und deren spätere thermische Umwandlung in kerami-sche 3D Strukturen.

    Die Güte der Formgebung wurde anhand zweier exemplarischer Wellengeomet-rien ermittelt. Für eine hohe Güte der Formgebung war es nötig, die Formge-bungsverfahren in geeigneter Weise an die Bedürfnisse der keramischen Papie-re anzupassen.

    Trenn- und Fügeverfahren

    Herkömmliche papiertechnologische Trennverfahren sind für die Bearbeitung keramischer Papiere geeignet. Sollen keramische Papiere miteinander verbun-den und gesintert werden so ist die Verwendung Fügemittels, das sich auch für die thermische Umsetzung eignet, angezeigt.

    Thermische Umsetzung

    Keramische Papiere lassen sich unabhängig vom angewandten Herstellverfah-ren in keramische Strukturen überführen. Dicke Papiere liefern dabei bessere Werte für die resultierende Keramik als dünne Papiere.

    Die mechanischen Eigenschaften der Keramik werden vor allem durch die Papierrezeptur und das Sinterregime beeinflusst.

    Bei Verwendung von Fügemitteln, die zur thermischen Umsetzung entwickelt wurden, zeigen sich nach dem Sintervorgang keine Schwachstellen an den Verklebungen.

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    Nutzen und wirtschaftliche Bedeutung des Forschungsthemas für kleine und mittlere Unternehmen (kmU)

    Der Nutzen der Forschungsergebnisse für deutsche klein und mittlere Unter-nehmen liegt in der Erschließung neuer Produkt- und Kundenfelder für die Papierindustrie sowie in der Bereitstellung neuer Prozesse und Halbzeuge für die keramische Industrie.

    Davon profitieren vor allem die stark kmU-geprägten Branchen der Spezialpa-pierhersteller, der Hersteller von Spezialkeramiken und deren Zulieferindustrie. Angesichts der geringen eigenen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten von kmU in diesem Bereich, sind die Ergebnisse dieses Projektes von größter Bedeutung für deren Wettbewerbsfähigkeit.

    Danksagung Das Forschungsvorhaben IGF 16485N der AiF-Forschungsvereinigung PTS wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

    Unser Dank gilt außerdem den beteiligten Firmen der Papier-, Zuliefer- und Keramikindustrie für die Unterstützung der Arbeiten.

    2 Abstract

    Topic Development of new shaping techniques for the production of ceramic 3D lightweight structures by adapting commonly used paper shaping techniques

    Objective The objective of the project was to evaluate which paper shaping techniques can be applied to ceramic papers in principle. Thus, low budget production processes for ceramic lightweight structures were to be developed. For this purpose, ceramic papers based on aluminium oxide and silicon nitride were investigated. In the end, paper-based ceramic lightweight structures with sufficient thermo-mechanical properties were to be accomplished.

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    Shaping of ceramic papers

    An optimized paper recipe was developed which was especially suitable fort he shaping of the papers and the subsequent thermal conversion into ceramic 3D structures.

    The quality of the shape was evaluated according to two exemplary wave geometries. A very high quality of shape was only accomplished when the shaping process was adapted to the needs of the ceramic papers.

    Cutting and joining methods

    Commonly used paper-related cutting methods were found to be suitable for ceramic papers. If ceramic papers are to be connected and subsequently ther-mally converted a special locking agent has to be used. This locking agent was especially developed for thermal conversion processes.

    Thermal conversoin

    Independent of the paper production process (Rapid-Köthen, dynamic sheet formation, pilot paper machine) all papers were suitable for thermal conversion into ceramic structures. Papers with a high grammage yielded better results than papers with a low grammage.

    The mechanical properties of the ceramic bodies are significantly influenced by the paper recipe and the sintering process.

    The joining of two or more ceramic papers by a suitable locking agent provided good joining sites with no weak points.

    Economic relevance of this research subject for small and medium enterprises (SME)

    Especially small and medium enterprises will benefit form this research project and its results. SMEs from paper industry will be able to establish new product lines and are thus able to address new fields of customers. SMEs form the ceramic industry benefit from the project by gaining access to new processes and semi-finished products.

    Thus, particularly industries with a lot of SMEs benefit from the project: producers and converters of speciality papers, producers of highly specialized ceramic products and their supplying industries. Since SMEs often do not have the possibility to maintain their own R&D departments, the results of this project are extremely valuable to them and ensure their ability to compete.

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    Acknowledge-ments

    The IGF 16485N research project of the AiF research association PTS was funded within the program of promoting “pre-competitive joint research (IGF)” by the German Federal Ministry of Economics and Technology BMWi based on a decision of the German Bundestag and carried out under the umbrella of the German Federation of Industrial Co-operative Research Associations (AiF) in Cologne. We would like to express our warm gratitude for this support.

    We would also like to express our thanks to the involved German companies for providing samples, services and support for the project.

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    3 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Fragestellung

    Werkzeug-gebundene Formgebung

    Klassische keramische Formgebungsmethoden wie Pressen, Spritzguss oder Extrusion [1] sind in hohem Maße Werkzeug gebunden. Um neue Geometrien umzusetzen, bedarf es der Herstellung von eigens angefertigten Pressformen, Kavitäten oder Mundstücken mit Hilfe derer keramische Massen vor der thermi-schen Umsetzung geformt werden können. Je höher die Komplexität des kera-mischen Bauteils ist, desto anspruchsvoller ist auch die technische Umsetzung der Formgebungswerkzeuge. Mit der Schwierigkeit der technischen Umsetzung steigt auch der Zeit- und Kostenaufwand für die Herstellung dieser Werkzeuge.

    Kein Halbzeug vorhanden

    Derzeit gibt es für keramische Bauteile keine variablen Halbzeuge, die beispiels-weise mit Blechen im Bereich der Metallwerkstoffe vergleichbar wären. In erster Linie sind keramische Pulver, welche zu keramischen Massen verarbeitet werden, das Ausgangsmaterial.

    Leichtbau Mittels klassischer keramischer Formgebung sind keramische Leichtbaustruktu-ren aufgrund ihrer Komplexität oft nur mit hohem Aufwand realisierbar. Dünn-wandige Strukturen können vor allem durch Extrusion hergestellt werden. Es fehlen innovative Lösungen, um variabel und kostengünstig komplexe kerami-sche Leichtbaustrukturen herzustellen [2].

    3.1 Stand der Technik

    3.1.1 Formgebungsverfahren keramischer Strukturen

    Urformung Als Ausgangstoff werden keramische Pulver verwendet, die mit organischen Komponenten (wie z.B. Binder, Plastifizierer u.a.) zu einer Masse verarbeitet und anschließend geformt werden können [1]. Der Grünling kann vor der thermischen Umsetzung zur Keramik noch kostengünstig bearbeitet werden, nach dem Brand ist die Bearbeitung ungleich aufwändiger.

    Verfahren Die Wahl des Formgebungsverfahrens wird meist nach wirtschaftlichen Ge-sichtspunkten getroffen. Hohe Werkzeugkosten lassen sich z.B. nur durch hohe Stückzahlen rechtfertigen. Konventionelle Formgebungsverfahren sind Trocken-pressen, isostatisches Pressen, Nass- bzw. Feuchtpressen, Extrudieren, Spritz-gießen, Schlickergießen oder Foliengießen [1, 3].

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    3.1.2 Keramischer Leichtbau

    Herstellverfahren Dünnwandige, komplexe Leichtbaustrukturen lassen sich mit herkömmlichen Formgebungsverfahren nur mit hohem Aufwand fertigen. Meist kommen hierfür die Press-, Extrudier- und Gießverfahren zum Einsatz [3].

    Der Einsatz von keramischen Folien erlaubt es, großflächige, dünnwandige und komplexe 3D-Strukturen umzusetzen. Mit Hilfe der Schlickergusstechnik können poröse Papierstrukturen in keramischen Schlicker getaucht werden und an-schließend thermisch zu Keramik umgesetzt werden.

    3.1.3 Papiertechnologische Formgebung bzw. Verarbeitung

    Formgebungs- und Verarbeitungsverfahren

    Wichtige herkömmliche Formgebungs- und Papierverarbeitungsverfahren sind Riffeln, Plissieren, Rillen, Ritzen, Perforieren, Falten, Wickeln, Prägen, Kreppen und Konfektionieren [4, 5].

    Umformung Für papiertechnische Umformungsprozesse wie Riffeln, Plissieren, Kreppen und Prägen müssen die Papiere kurzzeitig auf Temperaturen bis zu 200°C erhitzt werden. Unter Druck (~60 – 70 kN/m) können sie dann zu Halbzeugen geformt werden [4, 5, 6].

    Eine hohe Bedeutung in der Papierindustrie kommt der Wellpappe als 3D-Struktur zu. Durch die Variation von Wellenhöhe, Wellengeometrie sowie Wel-lenteilung lassen sich verschiedenartige 3D-Strukturen mit unterschiedlichen Festigkeitseigenschaften erzeugen. Die Kombination verschiedener Wellentypen und die Möglichkeit des Aufbaus von mehrwelligen Strukturen ermöglichen vielseitige und innovative Anwendungen.

    Wabenstrukturen und Prägung [7, 8, 9]

    Verarbeitung Papier, Pappe, Wellpappe oder Wabenpappe werden mittels Stanzen, Rillen, Ritzen, Perforieren, Falten, Riffeln und Wickeln auf die Konfektionierung [4, 5, 6] zu 3D-Strukturen vorbereitet.

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    3.1.4 Papiertechnologische Trennverfahren

    Konventionelle Trennverfahren

    Meist werden Papier, Pappe, Wellpappe oder Wabenpappe konventionell mit Scher- oder Druckschnitt verarbeitet [4, 10].

    Alternative Trennverfahren

    Hoch abrasive Materialien sowie komplexe Umrisse werden häufig mittels CAD-gesteuerten Laserschneidenalagen getrennt [11, 12, 13]. Auch Wasserstrahl-techniken [14] sind eine alternative Trennmethode, wobei beim Trennen von papierartigen Materialien die hygroskopische Eigenschaft der Papierfasern zu bedenken ist.

    Rezyklierung Beim Zuschneiden vieler Konturen fällt zusätzlich Randbeschnitt neben dem üblichen Produktionsausschuss an. Die Rückführung wertvoller Rohstoffe und vor allem teurer Füllstoffe muss daher bei der Prozessplanung priorisiert werden [15, 16].

    3.1.5 Papiertechnologische Fügetechnik

    Allgemein Beim Fügen werden die Halbzeuge durch Fügemittel formfixiert [17, 4]. Laut Definition (DIN 16930) ist ein Klebstoff ein nichtmetallischer Werkstoff, der Fügeteile durch Flächenhaftung und innere Festigkeit miteinander verbinden kann.

    Herstellung von Wellpappe

    Häufig werden Klebstoffe basierend auf Stärke eingesetzt um Wellen- und Linerpapiere zu verkleben. Die Festigkeitseigenschaften von Wellpappe können durch eine Oberflächenbehandlung mit Stärke verbessert werden [18], zugleich kann sich dadurch aber die Verklebbarkeit verschlechtern.

    Kaschieren Beim Verbinden mehrerer Lagen gleicher oder verschiedener Materialien spricht man von Kaschieren.

    3.1.6 Materialtransport in Papierverarbeitungsmaschinen

    Allgemein Häufig wird Papier im ersten Arbeitsschritt von Rolle zu Rolle oder von Rolle zu Bogen verarbeitet. Das Halbzeug muss hierfür den Anforderungen bezüglich der Bahngeschwindigkeit und der Bahnspannung genügen [19].

    Bahnspannung Ist die Bahnspannung nicht richtig gewählt, so kann es zu Flattern oder Durch-hängen des Halbzeuges, hoher oder unregelmäßiger Dehnung oder zum Bahnabriss kommen. Je nach Art des Halbzeuges bedarf es dabei unterschiedli-cher Bahnspannungen. So weisen Wellenpapiere Werte zwischen 250 und 300

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    N/m, Linerpapiere dagegen 150 bis 500 N/m auf.

    4 Gesamtvorgehen und Projektstruktur

    Übersicht Die Systematik des Projektes sieht eine Entwicklung im Labormaßstab vor, die anschließend auf den Technikumsmaßstab hochskaliert werden soll.

    Im Labormaßstab werden Papiere entwickelt, die hinsichtlich der Papierformge-bung optimiert sind. Anschließend wird die thermische Umsetzung an die Papiere angepasst (Arbeitsblock A). Basierend auf einem optimierten Papierre-zept und einer optimierten thermischen Umsetzung sollen verschiedene 3D-Strukturen entworfen und auf ihre thermo-mechanischen Eigenschaften unter-sucht werden (Arbeitsblock B).

    Die optimierte Papierrezeptur soll auf den Technikumsmaßstab übertragen werden. Anschließend sollen die Papiere zu 3D Strukturen geformt werden. Zur Verifizierung der Forschungsergebnisse werden zudem Formgebungsversuche an Technikumsanlagen der Industrie durchgeführt (Arbeitsblock C).

    Folgendes Schema gibt eine Übersicht über die Arbeitsschritte.

    Abbildung 1: Übersicht über die inhaltlichen Abschnitte des Projekts und die zugehörigen Arbeitspakete.

    Optimierung der Formbarkeit präkeramischer Papiere

    Block A

    A1A2A3A4A5

    Entwicklung papier-abgeleiteter Strukturen

    Block B

    B1B2B3B4B5B6

    Übertragung auf Technikums-maßstab

    Block C

    C1C2C3C4C5

    Optimierung der Formbarkeit präkeramischer Papiere

    Block A

    A1A2A3A4A5

    Entwicklung papier-abgeleiteter Strukturen

    Block B

    B1B2B3B4B5B6

    Übertragung auf Technikums-maßstab

    Block C

    C1C2C3C4C5

    Material und Methoden

    Die mehrfach eingesetzten Materialien und Methoden sind im Kap. 5 beschrie-ben. Speziell eingesetzte Materialien und Methoden sind im Vorfeld der jeweilig durchgeführten Untersuchung aufgeführt.

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    5 Material und Methoden inkl. Projektbegleitung

    5.1 Papierherstellung in Labor und Technikum

    Rapid-Köthen-Verfahren

    Es wurden Papiere ohne bevorzugte Faserausrichtung im Labormaßstab erstellt. Die Herstellung der Laborblätter erfolgte im Rapid-Köthen Laborblattbildner in Anlehnung an DIN EN ISO 5269-2.

    Dynamischer Blattbildner

    Im Labormaßstab wurden zudem Papiere mit bevorzugter Faserausrichtung erstellt. Hierfür kam ein dynamischer Blattbildner der Firma Fibertech AB, Schweden zum Einsatz.

    Der dynamische Blattbildner wird im Labor eingesetzt, um Papiere mit einer Faserausrichtung zu erhalten. Der Grad der Faserausrichtung korreliert dabei mit der Umdrehungsgeschwindigkeit der Trommel des Blattbildners.

    Zur Blattbildung werden die Rohstoffe in Suspension in einem Vorratsbehälter vorgelegt. Das Kernstück des dynamischen Blattbildners ist eine gelochte, rotierende Trommel, auf welcher ein Papiersieb angebracht wird. Die wässrige Rohstoffsuspension wird dann durch eine Düse lagenweise auf die rotierende Trommel aufgesprüht. Die Entwässerung des Papierbogens ist durch die Lo-chung der Trommel sichergestellt. Abbildung 2 zeigt das Prinzip des dynami-schen Blattbildners schematisch.

    Das Papierblatt wird im nassen Zustand mit dem Sieb aus der Trommel entfernt und zusammen mit dem Gautschkarton zwischen zwei Filzplatten gepresst. Die Trocknung des Papierbogens erfolgt kontaktfrei in zwei Heißlufttrocknern.

    Ein Blattbildungsvorgang am dynamischen Blattbildner liefert zwei Papierbögen mit den Maßen 170 mm x 320 mm, wobei die Faserausrichtung entlang der längeren Seite verläuft.

    Abbildung 2: Prinzip und Funktionsweise des dynamischen Blattbildners.

    Papier-blatt

    Düse

    Geloch-teTrom-

    Düse

    Siebwasser Entwässerung

    30 cm

    22 cm

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    Versuchspapiermaschine

    Die Versuchspapiermaschine der Forschungsstelle gibt folgende Abbildung wieder:

    Abbildung 3: Schematischer Aufbau der Versuchspapiermaschine.

    .

    -

    Pulper.

    Refiner

    Reject

    Faserstoff Wasser

    1. Bütte: DickstoffStoffdichte 4%

    2. BütteStoffdichte 0,25 %

    Wasser

    Fülls

    toff

    Stär

    ke

    Add

    itive

    Plansortierer

    Langsiebpapiermaschine

    0,8 m/min

    Maschinenbütte

    .

    -

    Pulper.

    Refiner

    Reject

    Faserstoff Wasser

    1. Bütte: DickstoffStoffdichte 4%

    2. BütteStoffdichte 0,25 %

    Wasser

    Fülls

    toff

    Stär

    ke

    Add

    itive

    Plansortierer

    Langsiebpapiermaschine

    0,8 m/min

    Langsiebpapiermaschine

    0,8 m/min

    Maschinenbütte

    Es werden die folgenden Prozessschritte durchlaufen: Tabelle 1: Prozessschritte der Papierherstellung an der

    Versuchspapiermaschine.

    Schritt Vorgang Ort

    1 Stoffansatz Dickstoffbütte

    2 Einstellung der Stoffdichte Mischbütte

    3 Dosierung von Füllstoffen, Retentionsmitteln Dosierstelle

    Papier-blatt

    Düse

    Geloch-teTrom-

    Düse

    Siebwasser Entwässerung

    30 cm

    22 cm

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    und Additiven

    4 Blattbildung Langsieb

    5 Trocknung Trockeneinheit

    5.2 Verdichtung

    Laborkalander Die Papiere wurden an einem KLEINEWEFERS Laborkalander K6/2 bei 10 m/min kalandriert. Als Kalandrierwalzen wurden eine Edelstahlwalze sowie eine Kunststoffwalze eingesetzt.

    Kalanderparameter

    Wenn nicht anders angegeben, wurden die Papiere standardmäßig bei einem Druck von 3000 daN und einer Temperatur von 90°C verdichtet. Die Ober- und Unterseite der Papiere wurde jeweils einmal geglättet. TMA Messungen (0,1N; 3x3mm Probe, Probendichte gepresst auf ~0,96 g/cm³) der eingesetzten Zell-stofffasern zeigten einen Erweichungsbeginn ab etwa 50 °C, während bei >80 °C die maximale Kompressionsgeschwindigkeit erreicht wird; damit ist bei der verwendeten Temperatur eine optimale Kalandrierung [20, 21, 22] gegeben.

    5.3 Papieranalytik

    5.3.1 Normverfahren

    Messverfahren Die folgenden Messverfahren wurden angewandt: Tabelle 2: Angewandte Messverfahren zur Bestimmung physikalischer und mechanischer Eigenschaften der keramischen Papiere

    Parameter Messmethode

    Rohdichte DIN EN ISO 534

    Flächenbezogene Masse DIN EN ISO 536

    Glührückstand (Asche) DIN 54370

    Bestimmung der Zugkraft an klimati-sierten Proben DIN EN ISO 1924-2

    Durchreißwiderstand nach Elmen-dorf DIN EN 21974

    Biegesteifigkeit (Resonanzlängen-verfahren) DIN EN ISO 53123

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    Biegesteifigkeit (2-Punkt-Verfahren) DIN 53121

    Streifenstauchwiderstand DIN 54518

    Weiterreißarbeit nach Brecht-Imset DIN 53115

    Luftdurchlässigkeit nach Bendtsen DIN 53120

    Rauhigkeit nach Bendtsen DIN 53108

    Dimensionsstabilität DIN 53130, ISO 8226-1

    5.3.2 Bewertung der Formgebbarkeit keramischer Papiere

    CONCORA Wellenbildner

    Das Wellenbildner System CONCORA (PTI, Vorchdorf, Österreich) ist ein gemäß den Normen DIN ISO EN 7263, TAPPI T809 und SCAN P27 entwickel-tes Prüfgerät für CMT-Prüfungen.

    Der Wellenbildner besteht aus zwei ineinandergreifenden Riffelelementen die beheizt werden können. Die Wellensegmente sind austauschbar, so dass verschiedene Wellengeometrien realisiert werden können.

    Der Wellenbildner wird bei einer Drehzahl von 4,5 Umdrehungen/min betrieben. Die Temperatur der Riffelsegmente lässt sich zwischen 30°C und 200°C frei regeln.

    Prüfmethode Zur Bewertung der Eignung der keramischen Papiere für die Formgebung wurden Streifen von 12 mm x 100 mm aus den Papieren herausgeschnitten. Diese Streifen wurden mittels des CONCORA Wellenbildners gewellt und anschließend hinsichtlich ihrer Eignung zur Formgebung untersucht.

    Für die Versuche zur Formgebung wurden zwei Wellengeometrien eingesetzt. Die A-Welle repräsentiert dabei eine standardisierte, sinusförmige Welle, deren Einsatz auch in der industriellen Formgebung wie zum Beispiel bei Wellpappen-herstellern üblich ist. Die T-Welle entspricht einer nicht standardisierten, trapez-förmigen Welle für Spezialanwendungen, die eine breitere Verklebungsfläche bietet.

    Abbildung 4: Schematischer Aufbau der A-Welle (links) und der trapezförmigen T-Welle (rechts)mit breiter Klebefläche für Spezialanwendungen.

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    Optische Bewertung

    Die Formbarkeit der Papiere wurde optisch bewertet. Hierzu wurden die Proben auf Brüche und Risse im Papiergefüge untersucht. Dazu wurden die Fehlstellen in vier Kategorien eingeteilt:

    Kategorie 1: Zerstörung des Papiers

    Kategorie 2: Brüche im Papiergefüge, Abschnitte des Streifens gewellt

    Kategorie 3: Papiergefüge an Wellenbergen gebrochen bzw. aufgeris-sen, Streifen gewellt

    Kategorie 4: Keine Brüche und Aufrisse an Wellenbergen, Streifen ge-wellt

    Papierproben, welche Fehlstellen der Kategorie 1 und 2 aufwiesen wurden als „nicht formbar“ eingestuft, Papiere der Kategorie 3 wurden als „(mäßig) formbar“ eingestuft und Papiere ohne Fehlstellen (Kategorie 4) wurden als „gut formbar“ eingestuft.

    Abbildung 5: Beispiele für Papiere nach der Wellenbildung mit Einordnung in die verschiedenen Kategorien.

    Kategorie 1

    Kategorie 2

    Kategorie 3

    Kategorie 4

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    5.4 Thermische Umsetzung der Papiere

    Sinterbedingungen für papierabgeleitete Al2O3-Keramik

    Die thermische Umsetzung der Al2O3-haltigen präkeramischen Papiere erfolgte nach folgender Brennkurve (vgl. Tabelle 3). Dabei wurden die Proben gekapselt, um direkten Strahlungskontakt mit den Heizelementen zu verhindern und um eine gleichmäßigere Aufheizrate bei geringeren Temperaturen zu ermöglichen. Tabelle 3: Sinterbedingungen für Al2O3-haltige präkeramische Papiere.

    Solltemperatur [°C]

    Aufheizrate (Soll) [K/min]

    Haltezeit [h]

    200 2,5 0

    350 1 1

    700 1 0

    1650 5 2

    Raumtemperatur 5 0

    Sinterbedingungen für papierabgeleitete Si3N4-Keramik

    Die Sinterung von Si3N4-gefüllten Papieren wurde von FCT Ingenieurkeramik GmbH übernommen. Während der Sinterung wurden die Proben beschwert um eine Verwölbung zu verhindern.

    5.5 Charakterisierung der papierabgeleiteten Keramik

    5.5.1 Normverfahren

    Messverfahren Die folgenden Messverfahren wurden angewandt: Tabelle 4: Angewandte Messverfahren zur Bestimmung physikalischer und mechanischer Eigenschaften der keramischen Bauteile

    Parameter Messmethode

    Doppelring-Biegefestigkeit In Anlehnung an DIN 51105

    E-Modul EN ISO 12680-1:2007

    Thermoschockbeständigkeit In Anlehnung an DIN 51068-1

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    5.5.2 Weitere Untersuchungen

    Porenstrukturanalyse

    Die Porenstruktur von gesinterten präkeramischen Papieren wurde rasterelekt-ronenmikroskopisch untersucht.

    Homogenitätsprüfung

    Zur Prüfung der Homogenität wurden gesinterte Proben mit einem Flachbett-scanner im Durchlichtmodus durchleuchtet. Die aufgenommenen Scans wurden visuell bezüglich auftretender Inhomogenitäten evaluiert.

    Prüfung der Druckfestigkeit an Wellpappenstrukturen

    Druckprüfungen an gesinterten Wellpappestrukturen mit A- und T-Welle wurden mit der Prüfmaschine Instron Model 4204 unter Verwendung einer 1000N-Kraftmessdose durchgeführt. Das Bruchverhalten wurde mit einer Videokamera aufgezeichnet und anschließend visuell bewertet.

    Druckbelastung bei hohen Temperaturen an Wellpappenstrukturen

    Um den Einsatz von 3D Strukturen in heißer Umgebung zu beurteilen, wurden Wellpappestrukturen mit einem Druck von 5 kPa belastet. Die Belastung erfolgte für 20h bei 1000°C, 1250 °C, 1500°C. Abbildung 6 zeigt schematisch den Versuchsaufbau.

    Abbildung 6: Versuchsschema zur konstanten Druckbelastung bei erhöhten Temperaturen.

    Optische Untersuchung der Klebestellen

    Die Verklebungsstellen von Al2O3 und Si3N4 Proben wurden rasterelektronenmik-roskopisch senkrecht und parallel zur Welle untersucht. Anhand der erkennbaren Dichteabweichung konnte visuell bestimmt werden, wie gut die Verklebung der Papiere vor der thermischen Umsetzung war.

    6 Rohstoffauswahl und Versuchsprogramm

    Rohstoffauswahl Aluminiumoxid und Siliziumnitrid wurden als zu behandelnde Leitsysteme ausgewählt.

    Versuchsprogramm Al2O3

    Auf der Basis statistischer Versuchsplanung mit Hilfe des PC-Programms CornerStone [23] wurde ein Versuchsplan für Vorversuche erstellt, um den Einfluss relevanter Parameter auf die Formbarkeit präkeramischer Papiere zu

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    untersuchen. Folgende Parameter wurden dabei als relevant eingestuft: Faser-stoff, Füllstoffart und -anteil, chemische Hilfsmittel, Papierdicke bzw. Grammatur und Verdichtung. Bei Vorversuchen zeigte sich, dass eine Veränderung der Parameter „Latexan-teil“ und „Anteil Kurzfasern“ zu Papieren führt, welche deutlich schlechtere Sintereigenschaften zeigen. Der daraufhin erstellte Versuchsplan trägt den Ergebnissen aus den Vorversuchen Rechnung und fixiert diese beiden Parame-ter. Abbildung 7 zeigt diesen Versuchsplan. Aus diesen Vorgaben ergab sich ein 19 Papiervarianten umfassender Versuchsplan.

    Abbildung 7: Versuchsplan zur Optimierung Al2O3-gefüllter Papiere hinsichtlich ihrer Eignung zur Formgebung unter Berücksichtigung der Sintereigenschaften der Papiere.

    625 – 31

    713 - 10

    Füllstoff

    3 % 100 %

    300 g/m²

    750 g/m²

    1200 g/m²

    0 daN

    1500 daN

    3000 daN

    AnteilLatex

    Anteil Kurzfasern Grammatur

    Kalander-druck

    75 %

    80 %

    85 %

    AnteilFüllstoff

    625 – 31

    713 - 10

    Füllstoff

    3 % 100 %

    300 g/m²

    750 g/m²

    1200 g/m²

    0 daN

    1500 daN

    3000 daN

    AnteilLatex

    Anteil Kurzfasern Grammatur

    Kalander-druck

    75 %

    80 %

    85 %

    AnteilFüllstoff

    Versuchsprogramm Si3N4

    Aufgrund der hohen Materialkosten und den Sinterkapazitäten bei FCT Ingeni-eurkeramik GmbH wurde das Versuchsprogramm für den Rohstoff Si3N4 knap-per gehalten. Es wurde dabei auf ein in Vorversuchen erarbeitetes Papierrezept zurückgegriffen. Dieses wurde auf die Eignung zur Formgebung hin untersucht und optimiert.

    Abbildung 8: Versuchsplan zur Optimierung Si3N4-gefüllter Papiere hinsichtlich ihrer Eignung zur Formgebung.

    Si3N4 vonFCT

    Füllstoff

    1.5 % 50 %

    300 g/m²500 g/m²700 g/m²900 g/m²

    90 kN

    90°C

    AnteilLatex

    Anteil Kurzfasern Grammatur Kalander

    91 %

    Füllstoff-anteil

    Si3N4 vonFCT

    Füllstoff

    1.5 % 50 %

    300 g/m²500 g/m²700 g/m²900 g/m²

    90 kN

    90°C

    AnteilLatex

    Anteil Kurzfasern Grammatur Kalander

    91 %

    Füllstoff-anteil

    Das Si3N4-Granulat wurde von FCT Ingenieurkeramik GmbH aufbereitet und zur Verfügung gestellt. Der Latexanteil wurde bei 1,5 Gew.-% fixiert, als Faserstoff wurde immer eine 50:50 Mischung aus Kurzfasern und Langfasern eingesetzt. Die Kalandrierbedingungen waren konstant bei 3000 daN und 90°C. Die Gram-matur wurde zwischen 300 g/m² und 900 g/m² variiert.

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    7 Papierherstellung im Labormaßstab und Charakterisierung der Papiere

    Vorgehen Zunächst wurden in Vorversuchen die Parameter ermittelt, die einen Einfluss auf die spätere Eignung der Papiere zur Formgebung haben. Anschließend wurde auf der Basis statistischer Versuchsplanung ein Versuchsprogramm durchge-führt, aus welchem der Einfluss der relevanten Faktoren ableitbar ist. In Optimie-rungszyklen wurde im Wechsel mit dem Arbeitspaket A3 (Charakterisierung der Papiere) und dem Arbeitspaket A5 (Charakterisierung der resultierenden Kera-mik) die Papierrezeptur auf die Eignung zur Formgebung und die Sintereignung hin optimiert.

    7.1 Vorversuche

    Relevante Parameter

    In Vorversuchen wurde ermittelt, welche Parameter einen Einfluss auf die Formbarkeit präkeramischer Papiere haben. Dafür wurden folgende Parameter variiert: Grammatur, Anteil Kurzfaser:Langfaser, Partikelgrößenverteilung des Füllstoffs, Füllstoffgehalt, Latexgehalt und Kalandrierbedingungen. Die Papiere wurden wie in Kapitel 5.3 beschrieben hinsichtlich ihrer mechani-schen und physikalischen Eigenschaften geprüft. Es zeigte sich, dass nahezu alle untersuchten Parameter Einfluss auf die Formbarkeit der präkeramischen Papiere nehmen. Tabelle 5 zeigt den qualitativen Einfluss der Parameter auf die Formbarkeit. Tabelle 5: Qualitativer Einfluss der Papierparameter auf die Formbarkeit präkeramischer Papiere.

    Parameter Qualitativer Einfluss auf Formbarkeit

    Grammatur Steigende Grammatur → negativ

    Anteil Kurzfaser:Langfaser Steigender Anteil Kurzfaser → negativ

    Partikelgrößenverteilung des Füllstoffes Kein Einfluss

    Füllstoffgehalt Steigender Füllstoffgehalt → negativ

    Latexgehalt Steigender Latexgehalt → positiv

    Kalandrierbedingungen Stärkere Verdichtung → negativ

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    Thermische Umsetzung

    Anschließend wurden Flachproben aller in den Vorversuchen erstellten Papier-varianten thermisch zu Keramik umgesetzt. Hierbei zeigte sich, dass die Ände-rung der Parameter Füllstoffgehalt, Latexanteil und Anteil Kurzfaser:Langfaser einen negativen Einfluss auf das Sinterverhalten und die resultierende Keramik haben. Für eine erfolgreiche thermische Umsetzung ist es maßgeblich, dass die Roh-dichte der präkeramischen Papiere mindestens 1,9 g/cm³ beträgt. Liegt die Rohdichte darunter, so sind die Füllstoffpartikel nicht dicht genug gepackt um ein gutes Versintern zu garantieren. Gegebenenfalls kann hier durch Kalandrieren eine ausreichende Dichte erreicht werden. Die Verringerung des Latexanteils führte zu einem unkontrollierten Aufblähen der Keramik (vgl. Abbildung 9). Ebenfalls wurde durch den verringerten Latexanteil die Formbarkeit der Papiere verschlechtert. Der teilweise Ersatz von Kurzfaserzellstoff durch Langfaserzellstoff brachte aufgrund des stärkeren Papiergefüges zwar eine Verbesserung der Formbarkeit, verursachte jedoch Inhomogenitäten im Material. Dies äußerte sich bei der thermischen Umsetzung in Spannungen und führte in der resultierenden Kera-mik zu Rissen und Verwerfungen der Flachproben. Abbildung 9: Aufblähen der Keramik (links), Verwerfungen der Keramik (rechts).

    Für die weiteren Versuche wurde daher der Parameter Latexanteil auf 3 Gew.-% festgesetzt. Als Faserstoff kam im Folgenden ein reiner Kurzfaserzellstoff zum Einsatz. Diese Festlegung erfolgte anhand der in den Vorversuchen ermittelten Optima bezüglich Eignung zur Formgebung und Sinterfähigkeit.

    7.2 Einfluss der relevanten Parameter

    7.2.1 Versuchsprogramm

    Feststehende Parameter

    Auf der Basis der Vorversuche wurde der Latexanteil auf 3 Gew.-% festgesetzt. Als zu verwendender Standardzellstoff wurde ein Kurzfaserzellstoff definiert.

    Variierte Parameter

    Auf der Basis der Vorversuche wurden die Parameter Grammatur, Partikelgrö-ßenverteilung der Füllstoffe, Füllstoffgehalt und Kalandrierbedingungen als relevante veränderbare Größen eingestuft.

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    Durchführung Das erstellte Versuchsprogramm umfasste 19 verschiedene Papierrezepturen, die durch CornerStone (vgl. Kapitel 6) berechnet wurden. Für jede Papierrezep-tur wurden in fünf Durchgängen Laborblätter erstellt. Im Anschluss wurde jeder Durchgang getrennt papiertechnologisch charakterisiert. Somit lagen fünf echte Wiederholungen pro Versuchspunkt vor.

    7.2.2 Ergebnisse

    Datenauswahl Die beiden Aluminiumoxidfüllstoffe eignen sich beide als Rohstoffe für präkera-mische Papiere. Bei den Sinterversuchen zeigte sich, dass der bimodale Füllstoff sich aufgrund der Oberflächengüte und der Homogenität der präkeramischen Papiere etwas besser für die thermische Umsetzung von 3D Strukturen eignet. Deshalb wurde dieser letztendlich als Standardfüllstoff für die Formgebungsver-suche definiert. Im Folgenden werden die Ergebnisse exemplarisch an diesem Füllstoff dargestellt. Da die Ergebnisse und Zusammenhänge der Parameter für den monomodalen Füllstoff ähnlich waren, wird auf eine detaillierte Darstellung hier verzichtet.

    Regressionsanalyse

    Die Auswertung des Datensatzes mittels Regressionsanalyse erfolgte nach folgendem Schema:

    Definition der Einfluss- und Zielgrößen

    Definition des Modell-Typs

    Anpassung des Modellansatzes (Entfernen nicht signifikanter Terme bei α = 5 %)

    Bewertung der Anpassungsgüte (Bestimmtheitsmaß)

    Graphische Darstellung der Ergebnisse (Gesamtmodell mit Vertrauens-bereichen)

    Zum Einsatz kam hierbei das Softwarepaket Cornerstone (Version 4.2.2) der Fa. Applied Materials, Inc.

    Als Ausgangsgrößen wurden die Einflussgrößen Grammatur, Füllstoffanteil und Kalanderdruck in die Regressionsrechnung eingesetzt. Als Zielgrößen wurden folgende Parameter betrachtet: Dicke, Biegesteifigkeit, Bruchkraft, Reißlänge, Streifenstauchwiderstand, Luftdurchlässigkeit und Rauheit. Es wurde ein quadra-tisches Regressionsmodell gewählt, so dass bei der Regressionsanalyse die linearen und quadratischen Effekte sowie alle Wechselwirkungen berücksichtigt wurden.

    Bei der Auswertung des Datensatzes sortiert das Softwareprogramm alle Terme, welche keinen relevanten Beitrag zur Erklärung der Zielgröße leisten, aus. Eine hohe Anzahl an Freiheitsgraden (residual df) erlaubt eine gute Bestimmbarkeit des Bestimmtheitsmaßes (R²) der Regression. Dieses liegt bei Rauheit und Luftdurchlässigkeit mit 36% bzw. 41% niedrig, bei den anderen Zielgrößen mit bis zu 97 % sehr hoch. Dies bedeutet, dass beispielsweise bei der Messung der Dicke 97% der Streuung der Zielgröße Dicke durch die Einflussfaktoren erklärt

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    werden kann.

    Dicke Ein höherer Füllstoffgehalt resultiert in einer geringeren Papierdicke. Ebenso verringert ein hoher Kalanderdruck die Papierdicke wie erwartet. Mit steigender Grammatur werden die präkeramischen Papiere zunehmend dicker.

    Enge Vertrauensintervalle weisen auf eine gute Übereinstimmung zwischen Modell und Messung hin. Dies zeigt sich auch in dem hohen Wert für das Bestimmtheitsmaß R² = 0,9691.

    Biegesteifigkeit Mit steigendem Füllstoffgehalt nimmt die Biegesteifigkeit der präkeramischen Papiere signifikant ab. Der Kalanderdruck zeigt kaum Einfluss auf die Biegestei-figkeit. Man kann nur einen leichten Rückgang der Biegesteifigkeit bei höheren Kalanderdrücken beobachten. Am meisten Einfluss übt die Grammatur auf die Biegesteifigkeit aus. Mit steigender Grammatur steigt auch die Biegesteifigkeit erheblich an. Dies ist auf den geometrischen Effekt der mit der Grammaturerhö-hung einhergehenden Dickenerhöhung zurückzuführen.

    Enge Vertrauensintervalle weisen auf eine gute Übereinstimmung zwischen Modell und Messung hin. Dies zeigt sich auch in dem hohen Wert für das Bestimmtheitsmaß R² = 0,8032.

    Bruchkraft Die Grammatur hat den stärksten Einfluss auf die Zielgröße Bruchkraft. Mit steigender Grammatur steigt auch die ermittelte Bruchkraft der präkeramischen Papiere an. Ein höherer Füllstoffgehalt dagegen führt zu einer Erniedrigung der Werte für die Bruchkraft. Einen nur schwachen Einfluss auf die Zielgröße hat der Kalanderdruck. Erhöht man den Kalanderdruck, so steigt auch der Wert der ermittelten Bruchkraft leicht an.

    Enge Vertrauensintervalle weisen auf eine gute Übereinstimmung zwischen Modell und Messung hin. Dies zeigt sich auch in dem hohen Wert für das Bestimmtheitsmaß R² = 0,9347.

    Reißlänge Die Reißlänge der Papiere sinkt erheblich mit steigendem Füllstoffgehalt, da das Papiergefüge mit steigendem Füllstoffgehalt von immer weniger Faserstoff zusammengehalten wird. Auch die Grammatur und der Kalanderdruck haben einen signifikanten Einfluss auf die Reißlänge. Steigen sie, so nimmt auch die Reißlänge zu.

    Enge Vertrauensintervalle weisen auf eine gute Übereinstimmung zwischen Modell und Messung hin. Dies zeigt sich auch in dem hohen Wert für das Bestimmtheitsmaß R² = 0,8874.

    Streifenstauchwiderstand

    Der Streifenstauchwiderstand wird maßgeblich von allen drei Einflussgrößen bestimmt. Am deutlichsten ist der Einfluss der Grammatur zu sehen. Steigt die Grammatur, so ist auch beim Streifenstauchwiderstand ein erheblicher Anstieg zu verzeichnen. Ein steigender Füllstoffgehalt wirkt sich negativ auf den Strei-fenstauchwiderstand aus. Die Erhöhung des Kalanderdrucks führt zu einer Verbesserung des Streifenstauchwiderstands.

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    Enge Vertrauensintervalle weisen auf eine gute Übereinstimmung zwischen Modell und Messung hin. Dies zeigt sich auch in dem hohen Wert für das Bestimmtheitsmaß R² = 0,9560.

    Rauheit Die Rauhigkeit präkeramischer Papiere wird nur maßgeblich vom Kalanderdruck beeinflusst, die Grammatur und der Füllstoffgehalt scheinen hier unbeteiligt. Durch Erhöhung des Kalanderdrucks verbessert sich die Oberflächengüte erheblich.

    Die Vertrauensintervalle dieses Modells sind groß, was auf keine gute Überein-stimmung zwischen Modell und Messung schließen lässt. Dies zeigt sich auch in dem niedrigen Wert für das Bestimmtheitsmaß R² = 0,3602. Dennoch sind die Messungen plausibel.

    Auch aus anderen Arbeiten [24] ist bekannt, dass der Kalanderdruck erheblichen Einfluss auf die mechanischen und physikalischen Eigenschaften präkerami-scher Papiere nimmt.

    Luftdurchlässig-keit

    Die Luftdurchlässigkeit präkeramischer Papiere wird signifikant von der Gram-matur und dem Grad der Verdichtung beeinflusst. Je dicker die Papiere sind bzw. je stärker man sie kalandriert, desto weniger luftdurchlässig sind sie. Der Füllstoffanteil hat dabei auf die Luftdurchlässigkeit nahezu keinen Einfluss. Man kann einen sehr geringen Abfall der Luftdurchlässigkeit mit steigendem Füllstoff-gehalt nachweisen.

    Die Vertrauensintervalle sind groß, was auf keine gute Übereinstimmung zwi-schen Modell und Messung schließen lässt. Dies zeigt sich auch in dem niedri-gen Wert für das Bestimmtheitsmaß R² = 0,4092. Dennoch erscheinen die Messungen plausibel, da das Kalandrieren von Papieren das Papiergefüge verdichtet und somit die Luftdurchlässigkeit verringern sollte. Ebenso sollte eine Grammaturerhöhung zu einer niedrigeren Luftdurchlässigkeit führen, da die Luft dann in gleicher Zeit mehr Material passieren muss.

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    7.3 Vergleich der Laborblattbildungsverfahren

    Hintergrund Der im Kapitel 5.1 beschriebene dynamische Blattbildner stellt das Bindeglied zwischen Laborblattbildung im Rapid-Köthen-Verfahren und der Papierherstellung auf der Versuchspapiermaschine dar. Er ermöglicht es, im Labor Papiere mit Faserausrichtung zu erzeugen. Da die Eigenschaften papierbasierender Keramikstrukturen maßgeblich von der Faserausrichtung der präkeramischen Papiere beeinflusst wird, eignet er sich daher besonders für die Herstellung von keramischen Papieren, die in Vollkeramik überführt werden sollen und anschließend auf ihre thermo-mechanischen Eigenschaften geprüft werden sollen.

    In diesem Versuchsplan sollte erarbeitet werden, ob der dynamische Blattbildner für die Herstellung hochgefüllter, präkeramischer Papiere geeignet ist und wie sich die Eigenschaften der Papiere im Vergleich zum Rapid-Köthen-Verfahren verändern.

    Durchführung Es wurden Papiere mit den Grammaturen 750 g/m², 850 g/m² und 950 g/m² am dynamischen Blattbildner wie in Kapitel 5.1 beschrieben erstellt. Zum Vergleich wurden Papiere derselben Grammaturen mit dem Rapid-Köthen-Verfahren (vgl. Kapitel 5.1) erstellt.

    Alle Papiere wurden papiertechnologisch charakterisiert (vgl. Kapitel 5.3), anschließend thermisch umgesetzt und die resultierenden Keramiken charakteri-siert (Kapitel 5.4 und 5.5).

    Ergebnisse Da die Versuche zum Vergleich der beiden Blattbildungsverfahren vor allem dazu dienen sollten nachzuweisen, dass sich beide Verfahren gleichermaßen für die Herstellung präkeramischer Papiere eignen, werden die Ergebnisse hier nicht detailliert dargestellt. Die Versuche bestätigten die oben genannte Vermu-tung.

    8 Thermische Umsetzung und Charakterisierung der Keramik

    Sinterprozess Die thermische Umsetzung der präkeramischen Papiere ist ein wichtiger Schritt zu einer qualitativ hochwertigen Keramik. Hierbei muss ein langsamer und gleichmäßiger Abbrand der organischen Zellstofffasern und Additive erfolgen, sodass eine Deformation der Proben verhindert werden kann. Dies kann sowohl unter oxidierenden Bedingungen (wie mit Al2O3) als auch unter Inertgas oder im Vakuum erfolgen (z.B. in Si3N4). Im Allgemeinen ist dieser Prozess bei ~600°C abgeschlossen und verläuft im Falle einer Luftatmosphäre exotherm, es können also lokale „Hot Spots“ entstehen. Dennoch sollte im Sinterprozess möglichst ein dichter Besatz gewählt werden, sodass besonders der energieaufwendige Sinterschritt ökonomisch sinnvoll bleibt. Nach dem Ausbrand der organischen Bestandteile soll ein schnelles Aufheizen erfolgen, sodass der Sinterprozess kurz gehalten werden kann. Bei der Sintertemperatur soll innerhalb von max. 2 h

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    eine hohe Dichte erreicht werden, die die schlussendlichen Eigenschaften der Werkstücke bestimmt. Nach dieser Haltezeit sollte ein rasches Abkühlen erfol-gen, was der Zeitersparnis dient. Aufgrund der dünnen Proben und der fehlen-den Phasenumwandlung in den hier verwendeten Materialien, kann dieser mit konstanter Abkühlrate ausgeführt werden.

    Charakteri-sierung

    Die Charakterisierung der gesinterten präkeramischen Papiere geschieht vor dem Hintergrund, dass für Leichtbaustrukturen relevante Parameter ermittelt werden sollen. Von besonderer Wichtigkeit sind hier Festigkeit und E-Modul, anhand deren Verhältnis zum Gewicht die Leichtbaueignung der Keramik bemessen werden kann. Außerdem ist die Porenstruktur ein wichtiger Aspekt für weitere Anwendungen, die im Bereich der Katalyse und Filterkeramik liegen können. Da bei der Anwendung des dynamischen Blattbildners eine anisotrope Gefügestruktur entsteht, wurden einige Prüfungen richtungsabhängig durchge-führt um einen eventuellen Einfluss auf die Festigkeit zu ermitteln. Da es sich bei Al2O3 und Si3N4 um feuerfeste Werkstoffe handelt, liegt der Einsatz für Brenn-hilfsmittel und Isoliermaterialien nahe, weshalb auch thermische Prüfungen von Festigkeit und Wärmeleitfähigkeit bei erhöhten Temperaturen durchgeführt wurden.

    8.1 Mechanische Eigenschaften

    8.1.1 Sinterergebnisse

    Dichte und Schwindung

    Die Sinterung der präkeramischen Papiere auf Al2O3-Basis zeigt, dass Gramma-tur und Herstellungsverfahren keine systematische Auswirkungen auf Dichte und Schwindung haben; durch die auftretende Verwölbung sind die Werte teilweise mit starken Schwankungen behaftet – Papiere mit 950 g/m² hergestellt mit dem dynamischen Blattbilder zeigten die geringsten Standardabweichungen und sind somit als Referenzwert anzusehen. Die teilweise sehr hohen E-Module sind auf eine Verwölbung der Keramikplatten zurückzuführen, wodurch das Flächenträg-heitsmoment und somit die Steifigkeit erhöht wird. Der Einfluss der Verwölbung spiegelt sich auch in den niedrigen Weibull-Modulen wieder.

    8.1.2 Doppelring-Biegefestigkeit nach DIN 51105

    Vorgehen Kalandrierte präkeramische Papiere mit dem in AP A2 festgelegten Standardre-zept (85 Gew.-% NABALOX 625-31, Kurzfaser 100%, 3 Gew.-% Latex) wurde mit drei verschiedenen Grammaturen (750, 850, 950 g/m²) aus beiden Herstel-lungsverfahren (Rapid-Köthen und dynamischer Blattbildner) von PTS bereitge-stellt. Vor dem Sintern wurden die Blätter in je 30 x 30 mm² große Quadrate zerteilt. Nach dem Sintern wurden diese mit dem Doppelring-Biegeversuch auf die mechanische Festigkeit hin untersucht. Dabei wurde in Anlehnung an DIN

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    51105 verfahren. Dieses Verfahren hat u. a. den Vorteil, dass die Fläche mit der höchsten Biegespannung (Belastungsdurchmesser = 6mm) groß genug ist, dass die Größe der Inhomogenitäten im Papier darunter liegt. Zusätzlich ist der Einfluss des Randes der Proben verringert, da die maximale Biegespannung nur innerhalb des inneren Belastungsringes anliegt.

    Weiterhin wurden Si3N4-basierte gesinterte Papiere mit einer Bandsäge in Quadrate normgerechter Größe zerteilt und ebenfalls nach DIN 51105 unter-sucht. Die Prüfung erfolgte mit der Prüfmaschine Instron Model 4204.

    Festigkeiten der Al2O3-Keramik

    Die für Al2O3 gemessenen Festigkeiten liegen bei ca. 100 MPa, was den Werten aus dem Vorgängerprojekt IGF 15708N (Eigenschaftspotential) entspricht. Eine Abhängigkeit von Verfahren oder Grammatur ließ sich nicht feststellen; Unter-schiede in Festigkeit und Weibull-Modul sind vor allem auf die teilweise welligen Papiere zurückzuführen. Weibull-Module bis 10 (n=30) wurden erreicht, wobei dies bei 950 g/m² und dynamischem Blattbildner möglich war.

    Festigkeiten der Si3N4-Keramik

    Si3N4 Keramik aus gesinterten präkeramischen Papieren zeigte hohe Festigkei-ten von 351,9 MPa (n=16). Das Weibull-Modul betrug 13,2. Hier zeigte sich als vorteilhaft, dass die Proben während des Brandes beschwert wurden und daher nahezu plan wie keramische Folien waren, was sich wiederum positiv auf die Zuverlässigkeit auswirkte. Weiterhin war in diesen Proben der Feststoffanteil volumetrisch und massenbasiert (90 %) höher als in den Al2O3-Papieren, was zu einer höheren Verdichtung führte. So konnten bis etwa ~90% der theoretischen Dichte erzielt. Weiterhin wurden Papiere mit geringeren Grammaturen unter-sucht. Dabei ergab sich für 300g/m² 308 MPa und m=4,5 für n=25 und für 500 g/m² 306,8 MPa und m=8,2 für n=25.

    8.2 Thermische Eigenschaften

    8.2.1 Heißbiegefestigkeit bei 1000°C

    Vorgehen In Zusammenarbeit mit WZR Ceramic Solutions wurde das Hochtemperatur-bruchverhalten von Al2O3-basierten, präkeramischen Papieren bei 1000°C untersucht. Dazu wurden zehn ca. 80x20 mm² große Proben verwendet, welche aus einer Grundgesamtheit von 20 Proben je Papiervariante ausgewählt wurden; dabei war das Auswahlkriterium ihre Planheit.

    Die Auswahl erfolgte durch die Messung des Abstandes zweier parallel einge-spannter gesinterten Keramikfolien, zwischen denen die eigentliche Probe eingelegt war, sodass sie Kontakt zu beiden Platten hatte. Insgesamt wurden 90 Proben im 3-Punkt Biegeversuch untersucht, da für die Hochtemperaturprüfung kein Ring-on-Ring Werkzeug verfügbar war.

    Ergebnis Die Festigkeiten liegen geringfügig über 100 MPa. Eine Abhängigkeit der Festig-keit von der Faserausrichtung war nicht feststellbar.

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    8.2.2 Thermoschockbeständigkeit

    Vorgehen In Zusammenarbeit mit WZR Ceramic Solutions wurden Al2O3 Proben (750, 850, 950 g/m², Rapid-Köthen und dynamisch) in Anlehnung an DIN 51068-1 von 1000°C in Wasser abgeschreckt. Es wurden 10 Proben je Variante untersucht. Die Proben wurden so oft getrocknet, erhitzt und in Wasser abgeschreckt, bis ein Bruch auftrat.

    Ergebnis Alle getesteten Proben versagten bei der ersten Abschreckung.

    8.2.3 Wärmeleitfähigkeit

    Vorgehen Die Wärmeleitfähigkeit von Al2O3 Proben bei Raumtemperatur wurde mittels Laser-Flash Methode (ASTM E1461) bei 100°C bis 1000°C mit dem Gerät Netzsch LFA 457 bestimmt. Die Präparation der Proben erfolgte durch Aus-schneiden von 10 x10 mm² großen Proben mit einer Bandsäge. Um die Absorp-tion des Lasers in Richtung eines schwarzen Strahlers zu optimieren, wurden die Proben mit Gold und Kohlenstoff besputtert um die Transluzenz zu verhindern, die bei derartig dünnen Proben verstärkt auftritt. Weiterhin wurden die dicksten Proben (950 g/m²) herangezogen, da die Genauigkeit mit fallender Dicke ab-nimmt.

    Ergebnis Die Ergebnisse ließen keine Bewertung der Wärmeleitfähigkeit zu, da die Absorption der Proben durch die geringe Dicke nicht hoch genug war. Hier muss ein besseres Verfahren entwickelt werden.

    8.3 Analyse anhand optischer Verfahren

    8.3.1 Porenstrukturanalyse

    Vorgehen Die Porenstruktur von gesinterten präkeramischen Papieren wurde rasterelekt-ronenmikroskopisch untersucht. Dabei wurden sowohl Al2O3 als auch Si3N4-Proben analysiert, während ebenfalls die Faserausrichtung der Papiere aus dem dynamischen Blattbildner berücksichtigt wurde.

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    Porenstruktur der Al2O3-Keramik

    Es war eine deutliche Ausrichtung der (durch Faserausbrand hervorgerufenen) Porosität in Abhängigkeit von der Laufrichtung zu erkennen, was beim Rapid-Koethen-Verfahren nicht auftrat. Bei allen Proben und Verfahren zeigte sich eine hierarchische Porosität, wobei das größte Porenvolumen vom Ausbrand der Zellstofffasern herrührt; die wesentlich kleineren Poren sind auf nicht zugesinter-te Zwickel zwischen einzelnen Keramikpartikeln zurückzuführen. Hierbei handelt es sich wahrscheinlich um geschlossene Porosität, während durch den Ausbrand von Fasern offene Porosität erzeugt wird.

    Abbildung 10: Links: Gefüge einer Al2O3-Probe (DB) senkrecht zur Lauf-richtung. Rechts: Gefüge einer Al2O3-Probe (RK).

    Porenstruktur der Si3N4-Keramik

    Trotz der schichtartigen Struktur weisen die Si3N4-Proben hohe Festigkeiten auf. In den Poren sind nadelförmige Kristalle aus β-Si3N4 zu erkennen, welche die mechanischen Festigkeiten wahrscheinlich positiv beeinflussen [25].

    Abbildung 11: Gefüge einer Si3N4-Probe mit Klebestelle (700 g/m², dynamischer Blattbildner).

    8.3.2 Homogenitätsprüfung

    Vorgehen Zur Prüfung der Homogenität wurden gesinterte Proben mit einem Flachbett-scanner im Durchlichtmodus durchleuchtet.

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    Ergebnis Bei fast allen Proben und Verfahren zeigten sich lokale Verdichtungen von maximal 2 mm Durchmesser, die sich durch eine geringere Transmission von Licht äußerten. Diese Inhomogenitäten haben in etwa die Größe der Zellstoffflo-cken, was nahelegt, dass einzelne Zellstoffflocken stärker mit Pulver beladen sind, oder sich in Zwischenräumen zwischen Flocken vereinzelt mehr Füllstoff anlagert. Füllstoffagglomerate sind unwahrscheinlich, da ein vorstabilisierter Schlicker verwendet wurde. Somit lässt sich die Größe der Inhomogenitäten evtl. durch Verwendung anderer Fasern oder Additive verändern.

    Abbildung 12: Links: Flachbettscan einer Al2O3-Probe (RK, 950 g/m²). Rechts: Flachbettscan einer Al2O3-Probe (DB, 950 g/m², Laufrichtung senkrecht zu Streifenstruktur in der Probe).

    Die Streifenstruktur war mit steigender Grammatur deutlicher ausgeprägt.

    8.4 Zusammenfassung

    Bewertung der Ergebnisse

    Die hier analysierten Keramiken aus Papierprecursoren zeigen die erwünschten Eigenschaften, wobei anhand von Si3N4 gezeigt wurde, dass ein Beschweren der Proben beim Brand die Zuverlässigkeit wesentlich erhöhen kann.

    Weiterhin zeigte sich, dass durch die Verwendung von Si3N4 extrem hohe Festigkeiten erzielt werden können. Bei 1000°C (Al2O3) sind weiterhin gute Festigkeiten vorhanden; diese fallen aufgrund der Verwendung des Dreipunkt-verfahrens etwas höher als nach DIN 51105 aus.

    Durch die Kombination von niedrigem WAK, hoher Wärmeleitfähigkeit und hoher Festigkeit sind beim Einsatz von Si3N4-Papieren wesentlich bessere Thermo-schockeigenschaften zu erwarten [26], was sie für den Einsatz in thermisch stark beanspruchten Bauteilen prädestiniert.

    Zusätzliche Versuche zur Kalandrierung ließen erkennen, dass hinsichtlich Festigkeit und Maßhaltigkeit noch deutliches Potential vorhanden ist, weiterhin wird die Oberflächenrauhigkeit erheblich gesenkt, sodass teilweise Einsatzberei-che keramischer Folien in Betracht gezogen werden können. Bereits vorherige Arbeit von Kluthe und Dermeik [24] zeigt, dass Kalandrieren ein simpler, aber vielversprechender Veredelungsschritt für präkeramische Papiere ist. Eine eigene Publikation, die sich mit dem Einfluss der Kalandrierung auf Oberflä-chenbeschaffenheit und Festigkeit beschäftigt, ist in Vorbereitung. Hierbei wurden die technischen Grenzen der Kalandrierung bis zu 200°C und >300

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    N/mm Linienlast, sowie mehrere Kalandriervorgänge unter Berücksichtigung der Papierfeuchtigkeit untersucht; diese Parameter konnten an einem neu ange-schafften speziellen Kalander (CA 250-1250-20, Sumet Messtechnik, Denklin-gen) der Universität Erlangen-Nürnberg erprobt werden.

    9 Trenn- und Fügeverfahren (vgl. Arbeitspaket B1)

    9.1 Trennverfahren

    Durchführung Es wurden verschiedene präkeramische Papiere mit herkömmlichen papiertech-nologischen Trennverfahren bearbeitet. Im Wesentlichen wurden Scher- und Druckschnittverfahren angewandt.

    Bewertung Sowohl Scher- als auch Druckschnittverfahren eignen sich für die Bearbeitung hochgefüllter keramischer Papiere. Aufgrund der abrasiven keramischen Füll-stoffe kommt es zu einem höheren Verschleiß der Schneidewerkzeuge. Daher ist ein häufigeres Schärfen dieser nötig. Die Verwendung beschichteter Schnei-dewerkzeuge, die eine höhere Abrasionsbeständigkeit aufweisen kann den Verschleiß der Werkzeuge mindern.

    9.2 Fügeverfahren

    Hintergrund Bei Anwendung präkeramischer Papiere im Niedrigtemperaturbereich, d.h. ohne folgenden Sintervorgang, können die Papiere mittels konventioneller Fügemittel verklebt werden.

    Sollen die präkeramischen Papiere nach der Verklebung einem Sinterprozess unterzogen werden, so genügt der Einsatz von konventionellem Fügemittel nicht. Um eine fehlerfreie Verbindung im resultierenden keramischen Bauteil zu erhalten, muss ein Fügemittel verwendet werden, welches den gleichen Füllstoff enthält wie die zu verbindenden präkeramischen Papiere. Es ist anzuraten, dabei annähernd das gleiche Verhältnis zwischen Füllstoff und Fügemittel anzustreben wie das Verhältnis zwischen Füllstoff und Faserstoff/Latex vorgibt.

    In Arbeitspaket B1 wurden daher zwei grundlegende Fügemittelsysteme getes-tet. Abhängig von den Sinterbedingungen bei welchen die präkeramischen Papiere in Vollkeramik überführt werden sollen, bedarf es verschiedener Füge-mittel. Daher wurde ein wasserhaltiges Fügemittel basierend auf Polyvinylalko-hol/Latex und ein wasserfreies Fügemittel basierend auf Dispersionsklebstoff entwickelt.

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    Verarbeitung Die wasserhaltigen Fügemittel sind niedrig viskose Flüssigkeiten. Die Klebever-bindung kann nach dem Auftragen des Fügemittels etwa 30 Sekunden korrigiert werden, bis das Fügemittel abgebunden hat. Danach werden die Bauteile unter Temperatureinwirkung getrocknet.

    Die wasserfreien Fügemittel sind viskoser als die wasserhaltigen Fügemittel. Sie binden nach 15 Sekunden ab. Die Bauteile werden analog zu den wasserhalti-gen Fügemitteln unter Temperatureinwirkung getrocknet.

    Bewertung Bei Al2O3-haltigen präkeramischen Papieren konnte kein Unterschied zwischen den beiden Fügemitteln festgestellt werden. Beide Systeme verklebten die präkeramischen Papiere problemlos. Nach der Sinterung konnten keine Fehler in den Fügestellen gefunden werden (vgl. Kapitel 11.2.3).

    Si3N4-haltige Papiere ließen sich mit dem wasserhaltigen Fügemittel gut zu 3D Strukturen verkleben. Da Si3N4-haltigen Papiere einen deutlich höheren Füll-stoffanteil als Al2O3-haltige präkeramische Papiere aufweisen, wurde der Füll-stoffanteil im wasserfreien Fügemittel entsprechend erhöht. Aufgrund des ungünstigeren Verhältnisses von Füllstoff und Dispersionsklebstoff konnte mit dem wasserfreien Fügemittel keine geeignete Verklebung der Papiere erzielt werden.

    10 Verarbeitung der Papiere und Formung zu 3D Strukturen

    10.1 Primärfomung der Papiere im Labor

    Vorgehen Die Primärformung der Laborpapiere fand wie in Kapitel 5.3.2 beschrieben mittels des CONCORA Wellenbildners statt.

    Es wurden sowohl Al2O3-haltige präkeramische Papiere als auch Si3N4-haltige präkeramische Papiere untersucht. Es wurden jeweils Papiere mit einer Gram-matur von 300 g/m², 500 g/m², 700 g/m² und 900 g/m² untersucht.

    Jede Papiervariante wurde hinsichtlich zweier verschiedener Teststrukturen untersucht.

    Teststrukturen Als Teststruktur für die Beurteilung der Eignung zur Formbarkeit wurden die A-Welle und die T-Welle festgelegt. Diese sind in Abbildung 13 dargestellt. Die Maße der Wellen sind in Kapitel 5.3.2 beschrieben.

    Abbildung 13: Links: A-Welle; Rechts: T-Welle.

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    Vorversuche Die Vorversuche zeigten, dass sich präkeramische Papiere nicht in gleichem Maße wie herkömmliche Papiere zur Formgebung eignen. Ohne weitere Hilfs-mittel sind sie in der Regel nicht für die Riffelung geeignet. Aufgrund des hohen Füllstoffanteils und des geringen Faserstoffanteils neigen sie zu Brüchen und Rissen im Papiergefüge.

    Abbildung 14: Formgebungsversuche an Si3N4-Papieren ohne Hilfsmittel (A-Welle, Grammaturen von links nach rechts: 300/500/700/900 g/m²).

    Wie Abbildung 14 zeigt, nimmt die Qualität der Formgebung mit steigender Grammatur noch weiter ab. Es sind daher dringend Anpassungen an die Form-gebungsverfahren nötig, so dass präkeramische Papiere bearbeitet werden können.

    Optimierung der Formgebung

    Die folgenden Versuche zur Optimierung werden exemplarisch am Beispiel der Struktur „A-Welle“ dargestellt. Die Versuche mit der Struktur „T-Welle“ lieferten dieselben Schlussfolgerungen.

    Um die Eignung präkeramischer Papiere zur Formgebung zu verbessern, wurde untersucht, wie die präkeramischen Papiere sich verhalten, wenn man die Feuchtigkeit des Materials erhöht. Es ist bekannt, dass sich feuchte Papiere beispielsweise beim Kalandrieren anders verhalten, als trockene Papiere [27]. Da auch bei der Riffelung mit Druck gearbeitet wird, wurde dieses Verhalten untersucht.

    Abbildung 15: Formgebungsversuche an Si3N4-Papieren, angefeuchtet (A-Welle, Grammaturen von links nach rechts: 300/500/700/900 g/m²).

    Es zeigte sich, dass eine Erhöhung der Feuchtigkeit des Materials alleine nicht zu einem besseren Ergebnis bei der Formgebung führt. In Abbildung 15 ist das Ergebnis dieses Versuches dargestellt.

    Im nächsten Schritt wurde evaluiert, ob das Aufbringen einer schützenden Folienschicht auf beiden Seiten des Papiers Verbesserungen bringt.

    Abbildung 16: Formgebungsversuche an Si3N4-Papieren, beidseitige Schutzfo-lie (A-Welle, Grammaturen von links nach rechts: 300/500/700/900 g/m²).

    Das beidseitige Aufbringen einer Schutzfolie verbesserte das Verhalten der

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    präkeramischen Papiere deutlich. Papiere niedrigerer Grammatur konnten so bereits fehlerfrei geformt werden. Bei Papieren höherer Grammatur zeigten an den Wellenbergen und –tälern noch Risse und Aufbrüche im Papiergefüge (vgl. Abbildung 16).

    Da die Brüche an den Wellenbergen die Verklebung der Papiere und somit die Eigenschaften der späteren Keramikbauteile erheblich beeinträchtigen, wurde der Formgebungsprozess weiter optimiert. Die Kombination aus der beidseitig aufgebrachten Schutzfolie und der Feuchtigkeitserhöhung des Materials brach-ten schließlich das gewünscht Ergebnis. Abbildung 17 zeigt das Ergebnis dieses Versuchs.

    Abbildung 17: Formgebungsversuche an Si3N4-Papieren, beidseitige Schutzfo-lie (A-Welle, Grammaturen von links nach rechts: 300/500/700/900 g/m²).

    Alle Papiere, welche nach Anfeuchten und mit Schutzfolie geriffelt wurden waren bruchfrei und zeigten keinerlei Aufrisse des Gefüges mehr.

    Es ist anzunehmen, dass bei der Übertragung der Formgebung der präkerami-schen Papiere auf den Technikumsmaßstab ähnliche Anpassungen des Verfah-rens vorzunehmen sind.

    Delamination Bei Si3N4-Papieren mit hoher Grammatur waren zudem Delaminationen im Papiergefüge zu beobachten. Diese konnten nicht mit der Verwendung oben beschriebener Hilfsmittel vermieden werden.

    Es ist davon auszugehen, dass der hohe Füllstoffgehalt (91 Gew.-%) und die andere Partikelbeschaffenheit die Delaminationen verursachen, da diese bei Al2O3-gefüllten Papieren nicht auftraten.

    Abbildung 18: Delaminationen bei der Formgebung von Si3N4-Papieren, (A-Welle, Grammaturen von links nach rechts: 300/500/700/900 g/m²). Die delami-nierten Stellen sind mit roten Pfeilen gekennzeichnet.

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    Da sich bis zu einer Grammatur von 500 g/m² keine Delaminationen zeigten, wurden die Formgebungsversuche im Technikumsmaßstab mit Si3N4-Papieren mit einer Grammatur von 500 g/m² durchgeführt.

    Schlussfolgerungen

    Die Versuche zeigten, dass die Qualität der Formgebung präkeramischer Papiere direkt mit den Größen Grammatur, Füllstoffgehalt, Feuchtigkeit und der Verwendung von Hilfsmitteln (Schutzfolie) korreliert.

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass präkeramische Papiere unter geeig-neten Bedingungen gut formbar sind.

    10.2 Herstellung von Papierstrukturen (Laborpapiere)

    Auswahl der Strukturen

    Die beiden Strukturen „A-Welle“ und „T-Welle“ wurden als Basisstrukturen für die Herstellung von 3D Strukturen im Labormaßstab festgelegt.

    Als Referenzstrukturen für die Bestimmung der Eigenschaften keramischer 3D Strukturen wurden zwei Strukturen definiert:

    Liner – A-Welle – Liner

    Liner – T-Welle – Liner

    Abbildung 19: Referenzstrukturen für die Messung mechanischer Eigenschaf-ten an keramischen 3D Strukturen.

    Vorgehen Im Labor wurden mittels des CONCORA Wellenbildners Streifen präkeramischer Papiere geriffelt. Die gewellten Streifen wurden mit der Hand zu verschiedenen 3D Strukturen verklebt. Zur Stabilisierung kamen auch ungeriffelte Streifen (Liner) zum Einsatz.

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    Als Fügemittel wurde das in Kapitel 9.2 vorgestellte wasserbasierende System gewählt. Die Papiere basierten alle auf dem in Kapitel 7.2 beschriebenen opti-mierten Papierrezept.

    Weitere Beispiele Abbildung 20 zeigt einige weitere Leichtbaustrukturen, welche aus der Kombi-nation von A-Wellen, T-Wellen und Linern entstanden. Die Strukturen wurden im Labormaßstab mit der Hand verklebt und anschließend thermisch zu Keramik umgesetzt.

    Abbildung 20: Beispiele für hergestellte Leichtbaustrukturen im Labormaßstab; Grünzustand.

    Die so hergestellten 3D Strukturen ließen sich alle zu keramischen 3D Struktu-ren umsetzen (vgl. Abbildung 21).

    Abbildung 21: Leichtbaustrukturen aus Abbildung 20 nach der thermischen Umsetzung.

    11 Thermische Umsetzung und Charakterisierung der 3D Strukturen

    11.1 Optimierte thermische Umsetzung der Papierstrukturen

    Vorgehen Zur Herstellung von 3D-Leichtbaustrukturen wurden Papiere aus dem dynami-schen Blattbildner verwendet, welche in verschiedenen Grammaturen eingesetzt wurden (300-1200 g/m²). Die thermische Umsetzung der Precursorpapiere erfolgte wie in Kapitel 5.4 beschrieben.

    Die Brennkurve für Al2O3 (Kapitel 5.4) zeigte bei allen Grammaturen das ge-wünschte Ergebnis. Auch bei Si3N4-haltigen Papieren wurde keine Anpassung

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    der Brennkurve an die Grammatur nötig.

    11.2 Charakterisierung der papierabgeleiteten Keramikstrukturen

    Standardstruktur Die thermisch umgesetzten Keramikstrukturen sollen bezüglich der anwen-dungsrelevanten Eigenschaften geprüft werden. Hierzu wurden einfach reprodu-zierbare Standardstrukturen festgelegt. Als einfachste Variante bot sich eine Wellpappe mit Liner-Welle-Liner Struktur an. Diese ist schnell herzustellen und leicht zu analysieren.

    Charakteri-sierung

    Die thermisch in Keramik umgesetzten Leichtbaustrukturen werden bezüglich Mikrogefüge, mechanischer sowie thermischer Eigenschaften untersucht. Anwendungsorientiert wurden geeignete Prüfmethoden in Zusammenarbeit mit dem projektbegleitenden Ausschuss festgelegt.

    Bei der Betrachtung des Mikrogefüges stehen Verbindungsstellen sowie Berei-che, welche bei der Papierformgebung Stauchung oder Dehnung erfahren haben, im Vordergrund. Die Strukturanalyse wird mittels Rasterelektronenmikro-skopie durchgeführt.

    11.2.1 Druckfestigkeit auf Wellpappestrukturen

    Vorgehen Druckprüfungen an gesinterten Wellpappestrukturen mit A- und T-Welle wurden wie in Kapitel 5.5 beschrieben durchgeführt. Die Belastungsgeschwindigkeit betrug 1mm/min; es wurden bei Wellpappen (10 mm Breite) mit T-Welle zwei Wellen belastet, während bei A-Wellen drei Wellen belastet wurden, entspre-chend dem Durchmesser des kippbaren Druckstempels (38 mm).

    Abbildung 22: Wellpappeproben für Druckprüfung bei Raumtemperatur und erhöhter Temperatur: Links: Al2O3 T-Welle, Rechts: Al2O3 A-Welle.

    Das Bruchverhalten wurde mit einer Videokamera aufgezeichnet und visuell bewertet; eine Kraft-Weg-Kurve wurde ebenfalls aufgezeichnet. Die Wellpappe-strukturen wurden zwischen zwei 1,5mm dicken Gummiplatten (E~5 MPa) belastet um die Welligkeit der Strukturen auszugleichen; es wurden je Papierva-riante drei Proben geprüft.

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    Bruchverhalten Es zeigte sich, dass das eigentliche Versagen der Proben immer durch Zugbe-lastung in dem umschließenden flachen Stücken („Liner“) der Wellpappe statt-fand.

    Abbildung 23: Kraftverlauf bei Druckbelastung auf eine Wellpappestruktur mit 2 T-Wellen (Al2O3, 950 g/m², dyn. Blattbilder).

    In der obigen Grafik sind deutlich die einzelnen Brüche zu erkennen. Diese finden hier im Liner statt.

    Druckfestigkeit Man erkennt, dass diese teils sehr unterschiedliche Bruchkraftniveaus haben können. Die sinnvollste Angabe für die Druckfestigkeit ist in diesem Falle nicht MPa sondern N pro mm Welle. Daher sollte die Messung der Einfachheit halber an einzelnen Wellen ausgeführt werden, was die Auswertung erleichtert; ande-renfalls muss genau dokumentiert werden, welcher Lastabfall zu welcher Bruch-stelle (welche nicht unbedingt im Liner sein muss, insbesondere bei vorgeschä-digten Proben) gehört. Dazu sollten die getesteten Wellenabschnitte nur so lang sein, dass ein Bruch immer Parallel zur Welle stattfindet.

    Tabelle 6: Druckfestigkeit von gesinterten Al2O3 Wellpappen bei Raumtempera-tur (n=3). Bruch-kraft 750A 750T 850A 850T 950A 950T N/mm 4,32 4,10 3,10 4,52 3,75 9,95

    FEM-Simulation des Bruchverhaltens

    Die mechanischen Kennwerte (E-Modul, Festigkeit, Poisson-Zahl [28]) der Proben konnten in eine FEM Simulation übernommen werden, die die Span-nungsverteilung entsprechend des Bruchverhaltens korrekt darstellt.

    Die höchste Spannung tritt im Liner vor der Klebestelle an einer Welle auf; dort kommt es in der Regel zum ersten Versagen der Probe.

    Der erste Bruch tritt nur aufgrund der überstehenden Kanten auf und dient nicht zur Beurteilung der Festigkeit, dazu wird der zweite Bruch herangezogen. Dieser tritt an der schwächsten Stelle zwischen den Wellen auf (meist am Rande der Verklebung).

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    11.2.2 Konstante Druckbelastung bei hohen Temperaturen

    Vorgehen Um die Eignung der 3D Strukturen für den Einsatz unter hohen Temperaturen zu beurteilen, wurden die Proben wie in Kapitel 5.5 beschrieben einer Druck- und Temperaturbelastung ausgesetzt. Dazu wurden die Proben mit einem konstan-ten Druck von 5 kPa beaufschlagt, was einer realistischen Belastung als Brenn-hilfsmittel entspricht. Sie wurden mit 5 K/min auf Endtemperatur aufgeheizt, welche 20h gehalten wurde.

    Ergebnis Bei 1000°C wurde nahezu keine Deformation festgestellt. Erst bei 1500 °C war eine deutliche Deformation feststellbar. Dies ist auf den Festigkeitsverlust von Al2O3 durch plastische Verformung [29] (Kriechen) zurückzuführen, der ab 1000°C merklich einsetzt.

    11.2.3 Untersuchung der Klebestellen

    Vorgehen Verklebungen von Al2O3-und Si3N4-Proben wurden rasterelektronenmikrosko-pisch senkrecht und parallel zur Welle untersucht.

    Ergebnis Bei beiden untersuchten Klebesystemen (wässrig und mit organischem Lösemit-tel, vgl. Kapitel 9.2) wurde eine in allen Fällen gute Haftung festgestellt. Die Sinterung des partikelgefüllten Klebers erzielte eine hohe Dichte, die visuell beurteilt über der Dichte der Papiere liegt, was sich an der geringen Porosität der Klebestelle zeigt. Bei einer optimalen Verklebung ist die Klebeschicht sehr dünn, sodass kaum eine Dichteabweichung zu erkennen ist; das Versagen der Probe erfolgte außerhalb der Klebestelle. Bei Si3N4-Strukturen ist das Verhalten äquiva-lent.

    Lediglich Luftblaseneinschlüsse konnten als Fehler bei Verklebungen festgestellt werden, die sich aber mit optimierter Kleberaufbereitung (Entgasung unter Vakuum, Verwendung von Entschäumern) und sorgfältigem Auftragen verhin-dern lassen. Die Klebestelle selbst führte in allen durchgeführten Bruchversu-chen nie zu einem Versagen, stets brach zuerst der die Wellen umschließende Liner.

    11.2.4 Zusammenfassung

    Wie schon zuvor nachgewiesen wurde [30], lässt sich feststellen, dass Keramik-strukturen abgeleitet von Al2O3-und Si3N4-gefüllten präkeramischen Papieren gute mechanische Eigenschaften zeigen. Die Verklebung mittels partikelgefüllter Kleber funktioniert problemlos und stellt keine Schwachstelle in 3D Strukturen dar. Unter konstanter Druckbelastung von Al2O3 Strukturen, die in etwa der eines typischen Brennhilfsmittels entspricht, treten messbare Verformungen erst jenseits von 1000°C auf. Da das Versagen durch Bruch durch Zugspannungen im Liner auftritt, kann die Grammatur der Wellenstruktur verringert werden, sodass eine weitere Gewichtsersparnis möglich ist.

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    11.3 Optimierung der papierabgeleiteten Keramikstrukturen

    Vermeidung von Delaminationen in Si3N4-Strukturen

    Wie in Kapitel 10.1 beschrieben traten bei der Riffelung von Si3N4-Papieren mit hohen Grammaturen wiederholt Delaminationen auf. Da bis zu einer Grammatur von 500 g/m² keine Delaminationen zu beobachten waren, wurde die Wellpap-penstruktur verändert, um sowohl den Papiereigenschaften als auch den techni-schen Anforderungen an die keramischen Wellpappenbauteile gerecht zu werden.

    Im Folgenden wurden daher Wellpappenstrukturen hergestellt, welche aus Si3N4-haltigen Linern mit einer Grammatur von 900 g/m² und einer Welle aus Si3N4-Papieren mit einer Grammatur von 500 g/m² bestanden. Somit traten bei der Riffelung der Welle keine Delaminationen mehr auf, welche zu Fehlstellen in der resultierenden Keramik führten. Die dicken Liner sorgten dennoch für eine ausreichende Festigkeit der resultierenden keramischen Strukturen

    12 Übertragung der Papierherstellung und Papierformgebung auf Technikumsmaßstab

    12.1 Übertragung der Papierherstellung auf die Versuchspapiermaschine (Technikum)

    Vorgehen Wie in Kapitel 12.1 beschrieben, wurden an zwei Versuchstagen präkeramische Papiere auf der Versuchspapiermaschine hergestellt. Aufgrund der benötigten hohen Menge an keramischem Pulver wurde Al2O3 als Rohstoff gewählt, da die notwendige Menge an Si3N4 zu teuer ist.

    Papierrezeptur Als Ausgangsrezeptur für die Herstellung Al2O3-basierender präkeramischer Papiere wurde die im Labor entwickelte und optimierte Rezeptur gewählt.

    Es wurden Papiere mit den Grammaturen 696 g/m², 729 g/m², 830 g/m², 895 g/m² und 938 g/m² produziert. Für spätere Formgebungsversuche wurden die Papiere in Bögen der Größe 60 cm x 35 cm zerteilt. Die Papiere blieben bis zur späteren Verwendung unkalandriert.

    12.2 Charakterisierung der Papiere

    Vorgehen Die Papiere wurden wie in Kapitel 5.3 beschrieben papiertechnologisch charak-terisiert. Dabei wurden alle Kennwerte für die Papiere im unverdichteten und im verdichteten Zustand erhoben.

    Die physikalischen und mechanischen Eigenschaften wurden in Abhängigkeit der Grammatur ausgewertet.

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    Verdichtung Die Papiere wurden wie in Kapitel 5.2 beschrieben verdichtet.

    Die Papierdicke vor der Verdichtung lag zwischen 378µm und 502µm. Nach der Verdichtung konnten Papierdicken zwischen 346µm und 449µm gemessen werden. Die Papierdicke korreliert dabei mit der Grammatur der Papiere. Der Grad der Verdichtung lag zwischen 8,46% und 12,98% und zeigte sich unab-hängig von der Grammatur der Papiere.

    Durchreißwiderstand

    Der Durchreißwiderstand wurde nach DIN EN 21974 bestimmt. Es zeigt sich, dass der Durchreißwiderstand nicht mit der Grammatur korreliert. Vor allem haben die Faserorientierung und die Verdichtung der Proben einen Einfluss auf den ermittelten Durchreißwiderstand. Vor der Verdichtung der Papiere wurden parallel zur Faserausrichtung Werte zwischen 1560 mN und 1820 mN aufgenommen; diese stiegen nach der Verdichtung auf 1680 mN – 1940 mN. Die Werte der Proben senkrecht zur Faserausrichtung lagen mit 1380 mN – 1540 mN vor der Verdichtung und mit 1500 mN – 1740 mN nach der Verdichtung de Papiere unter den ermittelten Werten für die Proben parallel zur Faserausrichtung.

    Streifenstauchwiderstand

    Der Streifenstauchwiderstand wurde nach DIN 54518 ermittelt.

    Der Streifenstauchwiderstand gemessen in Maschinenlaufrichtung liegt immer über dem Wert des Streifenstauchwiderstands gemessen gegen die Maschinen-laufrichtung. Die Werte vor der Verdichtung liegen zwischen 1,78 kN/m und 2,04 kN/m (CD) und zwischen 2,20 kN/m und 2,40 kN/m (MD).

    Verdichten des Papiers führt zu einer Verfestigung des Papiergefüges. Somit ist der Wert des Streifenstauchwiderstands nach dem Kalandrieren höher als davor. Die Werte für den Streifenstauchwiderstand nach Verdichtung liegen abhängig von der Grammatur zwischen 1,78 kN/m und 2,20 kN/m (CD) und zwischen 2,12 kN/m und 2,60 kN/m (MD).

    Biegesteifigkeit Die Biegesteifigkeit wurde mittels des Resonanzlängenverfahrens (DIN EN ISO 52123, Teil 1) bestimmt.

    Wie erwartet nimmt die Biegesteifigkeit mit steigender Grammatur zu. In Maschi-nenlaufrichtung sind die Werte signifikant höher als gegen die Maschinenlauf-richtung. Vor der Verdichtung werden somit Werte von 4,22 Nmm bis 6,38 Nmm (MD) und 2,36 Nmm bis 3,80 Nmm (CD) erreicht. Verdichtet man das Papier so steigert sich die Biegesteifigkeit marginal. Nach der Verdichtung werden Werte von 4,29 Nmm bis 6,91 Nmm (MD) und 2,05 Nmm bis 4,09 Nmm (CD) erreicht.

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    PTS-Forschungsbericht www.ptspaper.de

    Bruchkraft Die Bruchkraft wurde nach DIN EN ISO 1924-2 bestimmt.

    Sie ist signifikant abhängig von der Faserausrichtung. Die Werte für die Bruch-kraft gemessen in Maschinenlaufrichtung sind daher deutlich höher als die Werte gemessen gegen die Maschinenlaufrichtung. Vor der Verdichtung der Papiere lagen die Werte zwischen 3803,4 kN/m und 4084,2 kN/m (MD) und 1986,2 kN/m und 2134,0 kN/m (CD).

    Das Verdichten der Papiere führt zu einer Erhöhung der Bruchkraft. Die Werte liegen zwischen 4045,2 kN/m und 4429,2 kN/m (MD) und 2097,4 kN/m und 2406,2 kN/m (CD).

    Rauhigkeit und Luftdurchlässigkeit

    Die Rauhigkeit wurde nach Bendtsen (DIN 53108) ermittelt, die Luftdurchlässig-keit wurde ebenfalls nach Bendtsen (DIN 53120) bestimmt.

    Die Messungen der Rauhigkeit zeigen deutlich, dass die Papiere vor der Ver-dichtung eine sehr unebene Oberfläche haben. Die Rauhigkeit steigt mit stei-gender Grammatur an. Die ermittelten Werte liegen hier zwischen 763 ml/min und 1106 ml/min. Nach der Verdichtung zeigen alle Papiere deutlich niedrigere Werte und somit eine glättere Oberfläche. Diese liegen nun zwischen 93 ml/min und 205 ml/min.

    Die Messungen der Luftdurchlässigkeit zeigen wie erwartet, dass die Papiere vor der Verdichtung durchlässiger für Gase waren als nach der Verdichtung. Vor der Verdichtung lagen die ermittelten Werte zwischen 0,26 µm/Pas und 0,38 µm/Pas. Nach der Verdichtung wurden Werte zwischen 0,1 µm/Pas und 0,2 µm/Pas ermittelt. Auch die Luftdurchlässigkeit zeigt sich abhängig von der Grammatur. Bei steigender Grammatur nimmt die Luftdurchlässigkeit ab.

    12.3 Herste