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April 2006 / Ausgabe 1 Hamburg: Das Magazin der Hansestadt Größer als Kino Zu Besuch in der Oper Drei Männer und ihr Baby Das Label Grand Hotel van Cleef Jetzt kommen wir! Die neuen Hamburger Talente DER KLANG DER STADT

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April 2006 / Ausgabe 1

Hamburg:Das Magazin der Hansestadt

Größer als KinoZu Besuch in der Oper

Drei Männer und ihr BabyDas Label Grand Hotel van Cleef

Jetzt kommen wir!Die neuen Hamburger Talente

DER KLANG DER STADT

Hamburg:Das Magazin der Hansestadt

3 HAMBURG – DAS MAGAZIN DER HANSESTADT

LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER,

wie hört sich Hamburg an? Hat diese Stadt einen eigenen Klang? Das haben wir uns gefragt, als wir anfingen, an diesem Heft zu arbeiten: der ersten Ausgabe von Hamburg – Das Magazin der Hansestadt. Wir haben Rocker und Rentnerinnen ge-troffen, fluchende HipHopper und eine arbeitswütige Dirigentin, die sich über Publi-kum in kurzen Hosen freut. Wir haben unsere Reporter in den Orchestergraben derStaatsoper geschickt, in eine Fabrik, in der die besten Konzertflügel der Welt gebautwerden und in einen ehemaligen Schlachthof, wo zwischen Computerspiel-Konsolenund Gitarren der Pop der Zukunft entsteht. Dabei haben wir viele Antworten auf un-sere Frage gefunden. Die Stadt klinge nach Wasser, sagte uns eine Blinde, die Ham-burg nur mit den Ohren wahrnimmt. Das Hamburger Klima mache einen bestimm-ten, rauen Sound möglich, erklärt der Rapper Denyo. Lesen Sie selbst: Der SoundHamburgs ist ein großer Zusammenklang von unverwechselbaren Geräuschen, Stim-men und Melodien. Die zweite Ausgabe unseres Magazins wird Ende Mai erscheinen. Wir freuen uns des-halb über Anregungen und Kritik.Was hat Ihnen gefallen? Was haben Sie vermisst?Schreiben Sie uns: [email protected].

Danke fürs Zuhören und viel Spaß beim Lesen. Die Redaktion

Nummernrevue S.04 Liebeserklärung S.06 Die HipHop-Band Beginner hat ihrer Stadt eine Hymne geschenktPuzzle aus 12 000 Teilen S.08Die Firma Steinway & Sons baut seit 125 Jahren edle KonzertflügelDer Sound der Stadt S.09 Wie Hamburg sich anhört, wenn man nichts siehtDer unbekannte Star S.10Die Songs von Bernd Begemann sind traurig und lustig wie das Leben selbst Hier spielt die Musik S.25

Die wichtigsten Hamburger Events im April und Mai48 Stunden Hamburg S.26Anleitung zu einem musikalischen WochenendeDie Internationalen S.29In den Clubs der Hansestadt tanzt die WeltHamburger Schule S.30 Helga Kniffka, 66, hat für den Bau der Elbphilharmonie gespendet

Revolution in Hamburg S.12Seit sieben Monaten leitet Simone Young die Staatsoper. Die Hamburger waren skeptisch, doch die neue Chefin begeistert alle. Wie macht sie das nur?Ein Besuch in der Werkstatt der großen Gefühle

Wer sind die denn? S.18Jeder kennt Freddy Quinn. Aber wer ist Tamara Gura? Oder OleSoul? Wir haben die Hamburger Stars von morgen schon heute getroffen Hotel Mama S.22Die Geschichte von drei Männern und ihrer Musik. Keine Plattenfirma wolltesie haben, doch statt aufzugeben, gründeten die drei ihre eigene Firma: GrandHotel van Cleef

Inhalt Heft 1: Musik

Unsere Titelheldinnen sind die Geigerinnen KatharinaWeiß, 20, und ihre Schwester Hellen, 17. Mehr überdie beiden und andere Hamburger Talente ab Seite 18.

TITE

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TITEL

GROSSE FREIHEIT

KALENDER

Das Hamburger Stadtgebiet umfasst 755qkm. Die Fläche ist siebenmal größer alsdas Stadtgebiet von Paris und zweiein-halb mal größer als das von London.

755

HAMBURG – DAS MAGAZIN DER HANSESTADT 4

Nummernrevue

Moin Moin: 1787 wurde Wilhelm Bentz ge-boren. Er war Wasserträger und hatte denSpitznamen Hans Hummel. Die Kinder rann-ten hinter ihm her und verspotteten ihn mit„Hummel Hummel“. Seine Antwort war einharsches „Mors Mors“. Das ist plattdeutsch für„Hintern“. So entstand der Hamburger Gruß.

Der Hamburger Flughafen liegt auf einer „Höhe“ von11 Metern über dem Meeresspiegel und so nah amStadtkern wie kaum ein zweiter Airport einer Großstadt:nur 8,5 Kilometer nordwestlich der City Hamburgs.

DIE BEATLESspielten vom 4. Oktober bisEnde November1960 währendihres ersten En-gagements in Hamburg imKaiserkeller inder GroßenFreiheit Nr. 36.

36430

130

In Hamburg sind rund 130Independent Labels ansässig.Die

unabhängigen Plattenfirmenhaben viele bekannte Künstlerwie 5 Sterne Deluxe,Beginner

oder Kettcar unter Vertrag.

Wer zum Musical „König derLöwen“ mit der Hafenfähre von

den Landungsbrücken anreist,macht das mit der Linie 73.

1944 beginnt Hans Albers in Hamburg die Dreharbeiten zu „GroßeFreiheit Nr. 7“. Er erhält die für damalige Verhältnisse unglaubliche Gagevon 460 000 Reichsmark. Das Team dreht zunächst in Berlin und Ham-burg, weil die beiden Städte jedoch bombardiert werden, gehen dieDreharbeiten in dem von den Nazis besetzten Prag weiter.

Im Jahre 1908wurde die Laeisz-halle feierlich ein-geweiht. Bis vor

zwei Jahren noch als „Musik-halle“ bekannt, bekam sie am12. Januar 2005 den Namendes Reeder-Ehepaares Sophieund Carl Laeisz, das den Bau miteiner großzügigen Schenkungursprünglich erst ermöglichte.

1873

In mehr als 430 Hamburger

Szenetreffs spielt die Musik

nach Sonnenuntergang.

Als Georg Friedrich Händel im Jahr 1703nach Hamburg kommt, ist er 18 Jahreund spielt zweite Violine im Orchester derOper. Nur zwei Jahre später wird seineerste Oper „Almira“ mit großem Erfolguraufgeführt.

460000

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Wo wohnten die Beatles, was verdiente Hans Albers?Und warum dreht man einen Fußballplatz? Zahlen, über die Hamburg spricht.

11Musicalstadt Hamburg: Schon zweiWochen nach Beginn des Vorverkaufsim Januar 2006 waren 200 000 Ticketsfür die Bühnenfassung von „DirtyDancing“ verkauft – europäischer Re-kord für eine Neuinszenierung.

200000

GROSSE FREIHEIT

1787

5 HAMBURG – DAS MAGAZIN DER HANSESTADT

in sonnengelbes, kantiges Eti-kett. So sieht die weltweit be-kannteste Marke für Klassik-CDs und -Schallplatten aus.

Egal ob Vinyl oder Silberscheibe, seit 1956– also seit fünfzig Jahren – kommt die Mu-sik der Deutschen Grammophon aus derAlten Rabenstraße in Hamburg. Die erstenTöne der Grammophon waren allerdingsrund hundert Kilometer südlich zu hören:in Hannover. Hier meldete Emil Berliner1887 ein Patent für eine schwarze Scheibean, aus der Musik erklang, wenn man sieauf einem wuchtigen Apparat mit großemTrichter abspielte. Eine Revolution: Plötz-lich sang Caruso nicht mehr nur auf derBühne, sondern im eigenen Wohnzimmer.1902 unterschrieb der italienische Tenorbei der Grammophon; die ersten Plattennahm er im Mailänder „Grand Hotel“ auf.Das Geschäft der Grammophon boomte:10 Millionen Schellackplatten wurden al-lein 1929 verkauft, und zwar nicht nur inMusikgeschäften. Die ersten Platten wur-den nämlich in Spielzeug- und Fahrrad-läden verkauft. Auch andere große Namenkamen von der Bühne auf den Plattentel-ler zu Hause: Dirigent Herbert von Kara-jan unterschrieb 1939 bei der Grammo-phon, 1978 schloss auch ein 15-jährigesMädchen einen Vertrag mit dem gelbenEtikett ab. Ihr Name: Anne-Sophie Mut-ter. Drei Jahre später wurde aus der Musikder Schallplatten-Ära ein knisterfreier Da-tenstrom, gebrannt auf CDs. Philips und

Sony stellten die Tonträger in Salzburg vor– der erste europäische Hersteller war diePolygram, der die Deutsche Grammophondamals als Tochter angehörte. Die Er-folgsgeschichte der Firma, die mittlerwei-le rund fünfzig Angestellte hat und achtMillionen Platten und CDs im Jahr ver-kauft, geht weiter. Kein Wunder, denn dieListe der Stars, die die Deutsche Grammo-phon in den letzten Jahren unter Vertragnahm, liest sich wie ein Who’s Who derKlassikkünstler des 21. Jahrhunderts: An-na Netrebko, „die Venus der MTV-Gene-ration“, Stargeigerin Hilary Hahn. Die Liste ist lang. Und Erfolg hat eine Farbe:Gelb. Christian Sobiella

Seit 50 Jahren in Hamburg: Die Deutsche Grammophon holt die besten Musiker der Welt von der Bühne auf den Plattenteller.

MARKENWARE

Die älteste Versicherung der Welt wurdean der Waterkant gegründet: die

„Hamburger Feuerkasse“, im Jahr 1676.

Laut Umweltbehörde stehen an Hamburgs Straßenrund 240 000 Bäume, in öffentlichen Anlagen undParks weitere 600 000. Die Zahl der „privaten“Bäume soll in die Millionen gehen.

1676

240000

Beim Umbau des alten Volksparkstadions zur AOL Arena wurde das Spielfeld um

90 Grad gedreht. Die Heimspielstätte desHSV fasst derzeit 55 000 Zuschauer.

400Hamburg hat den größten Parkfriedhof der Welt. Mit über 400 Hektar ist der Friedhof

Ohlsdorf doppelt so groß wie das gesamteFürstentum Monaco.

90°

E

an Eißfeldt, Denyo und DJ Mad sind die Beginner.Die drei Jungs aus Hamburg-Eimsbüttel gehören zuden kommerziell erfolgreichsten und zugleich musi-kalisch anspruchsvollsten HipHop-Gruppen in

Deutschland, denn sie haben es geschafft, intelligente Reime miteingängigen Melodien zu verknüpfen. City Blues ist 2004 aufdem Album Blast Action Heroes (Universal) erschienen. Schuld

an ihrer Liebeserklärung an Hamburg war das Klima. „Es gibthier diesen krassen Widerspruch zwischen den Menschen, die ex-trem offen sind, und dem beschissenen Wetter“, sagt RapperDenyo. „Acht Monate lang ist es dunkel und verregnet. Das woll-ten wir rüberbringen.“ Es ist gelungen. Auch im Süden kommtder Lokalpatriotismus der Beginner an: „Bei unseren Konzertenwird der Song selbst in bayerischen Dörfern gefeiert.“

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FOTO

: ACH

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ULTH

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„Das ist Hamburg, Mann, willkommen in meiner Heimatstadt.

Moin, ist doch klar, dass so ein raues kühles Klima prägt,

Sich über Jahrhunderte auf die Gemüter niederschlägt.

Heißt, nicht mit jedem reden und nicht jeder Sau traun.

Wir brauchen halt ne kleine Weile, bis wir auftaun.

Tja, man glaubt’s kaum, aber dann sind wir echt kuschelig.

Hamburg ist ein derber Beat und schön und schmuddelig.“

Hunderte Lieder besingen Hamburgs Schönheit. Eines hat es zur heimlichen Hymnegeschafft: „City Blues“ – ein Song der HipHop-Band Beginner.

Liebeserklärung

J

GROSSE FREIHEIT

Herr Bartos, Sie wohnen seit zehn Jahrenin Hamburg. Hat die Stadt für Sie einenspezifischen Klang?Jede Stadt, jeder Platz hat einen speziellenKlang. Ich wohne hier relativ nah an derElbe, ich höre immer das Tuten der Schif-fe. Das ist meine Hamburger Klangland-schaft.Woran arbeiten Sie gerade?Ich sitze vorm Computer und schreibe ei-nen Vortrag über Sounddesign. Ab MitteApril unterrichte ich an der Berliner Uni-versität der Künste in einem neu einge-richteten Studiengang zur akustischenKommunikation. Was werden Sie den Studenten beibringen?Genau hinzuhören. Unter anderem be-schäftigen wir uns mit den heutigen Mög-lichkeiten der Klanggestaltung. In Zu-kunft wird jede Firma einen unverwech-selbaren Sound als Marke haben: dasAudiologo. Einige Firmen haben solch ei-ne Klangmarke schon. Denken Sie nur andie Telekom. Bleibt Ihnen da überhaupt noch Zeit,selbst Musik zu machen? Ja, ich spiele viel live und habe hier inHamburg ein eigenes Label, das Audiovi-

sion heißt. Ich beschäftige mich momen-tan hauptsächlich damit, wie sich Bilderund Klänge zueinander verhalten. MeineMusik ist die akustische Umsetzung vonPiktogrammen – also kleinen Informati-onsgrafiken, wie dem Zeichen für „Flug-hafen“, das ja nur aus einem Bild besteht. Was reizt Sie am Zusammenspiel von Tonund Bild?Bei den Menschen ist das Sehen derPrimärsinn. Stellen Sie sich unser Bewus-stsein als Haus vor: Die Bilder tretendurch die Vordertür ein. Aber der Klangkommt durch Fenster und Ritzen. Es istsehr interessant, wie Töne die Wahrneh-mung der Welt beeinflussen, ohne dassman es merkt. Mit welchen Gefühlen beobachten Sie dieArbeit Ihrer ehemaligen Kollegen vonKraftwerk? Eigentlich mit gar keinen Gefühlen. Dasinteressiert mich nicht mehr. Ich bin sosehr in meine Arbeit als Musiker und Leh-rer eingespannt, dass Kraftwerk für michvöllig der Vergangenheit angehört.Werden Sie nicht immer wieder mit dieserVergangenheit konfrontiert?Das Schöne an Musik ist ja, dass sie allengehört, wenn sie einmal fertig komponiertund in den Äther entlassen wurde. Wennzum Beispiel Coldplay einen Titel, den ichgeschrieben habe, aufgreift und zehn Mil-lionen Mal verkauft, dann ist das natür-lich toll, aber nicht mein Verdienst. Es isteher so, als würde jemand ein altes Pass-bild von mir nehmen und damit einKunstwerk gestalten. Heiko Zwirner

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Ex-Kraftwerker Karl Bartos lehrt heute, wie man unverwechselbare Klänge gestaltet.

Karl Bartos, 53, war zwischen 1975 und 1991 alsMitglied der einflussreichen ElektronikbandKraftwerk an Popklassikern wie „Radioaktivität“und „Die Mensch-Maschine“ beteiligt. 2003 er-schien sein Soloalbum „Communication“ (HomeRecords/Sony BMG) .

GROSSE FREIHEIT

in Konzertflügel der FirmaSteinway & Sons besteht ausrund 12 000 Einzelteilen, diein Handarbeit zusammenge-

fügt werden. Martin Olbrich, 64, Ausbil-der in der Hamburger Manufaktur, er-klärt die Rezeptur der edlen Instrumente: „Man nehme für die Holzkomponentenausschließlich natürlich gewachsene Mas-sivhölzer, die ein optimales Schwingungs-verhalten des Instruments garantieren. DieHölzer etwa zwei Jahre lang unter Luftzu-fuhr trocknen lassen, anschließend sechsbis acht Wochen in eine spezielle Trocken-kammer geben. Für das Gehäuse, auchRim genannt, bis zu zwanzig dünne Holz-schichten zuschneiden, verleimen, unterSpannung zusammenfügen und in Flügel-form zurechtbiegen. Sechs Monate ruhen

lassen. Zur Stabilisierung des GehäusesQuerblock und diagonale Spreizen einset-zen. Den Resonanzboden mit dem Gehäu-se verleimen, putzen und lackieren – er istdie Seele des Instruments; um eine mög-lichst hohe Dynamik und Schall-Leit-fähigkeit zu erzielen, muss er leicht undelastisch sein, deshalb geschmeidiges Fich-tenholz verwenden. Resonanzboden zuden Seiten hin ausdünnen, um die Klang-fülle zu erhöhen. Glockenförmige Guss-platte einsetzen, an der die Saiten befestigtwerden – beim Spiel muss sie Zugkräftevon bis zu 20 Tonnen aushalten. Da sieSchwingungen schluckt, darauf achten,dass sie nicht mit dem Resonanzboden inBerührung kommt. Basssaiten aus rostfrei-em Edelstahl erst mit Kupferdraht umwi-ckeln, dann mit den Diskantsaiten – den

Saiten für die hohen Töne – kreuzweise auf-ziehen, strecken und auf Tonhöhe brin-gen. Die Einzelteile von Klaviatur und He-belwerk aufeinander abstimmen, dabei al-le Tasten auf das definierte Niederdruck-und Aufgewicht bringen; Dämpfer auf-setzen, Hämmer regulieren, Klappe an-schlagen. Stimmen, vorintonieren und ma-schinell einpauken. Bei diesem Klangtestdarauf achten, dass jede Taste etwa 10000-mal angeschlagen wird. Dann Gehäuseabkleben, mit Polyesterlack bespritzen,schleifen und polieren. Füße und Pedalauf-hängung anschrauben. Dämpfung über-prüfen, Mechanik nachregulieren. Noch-mals stimmen, Deckel drauf, fertig.“

Protokoll: Heiko Zwirner

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FOTO

S: F

REEL

ANCE

Wie baut man eigentlich einen Konzertflügel? Wir haben eine Hamburger Firma gefragt, die seit 125 Jahren die wohl besten Tasteninstrumente der Welt herstellt.

Puzzle aus 12000 Teilen

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Weitere Informationen unter www.steinway.de

Handarbeit bei Steinway & Sons: Erst werden die Querblöcke verleimt, dann die Saiten aufgezogen.

usgebrumme und Menschengemurmel, dazudas Geraschel von Tüten. Irgendeine Ein-kaufsstraße. „Nein, nein“, sagt Ivonne Lotze.„Das klingt eindeutig nach Hamburg. Hö-

ren Sie genauer hin – allein wie die Leute reden!“ Ausdem Gemurmel lassen sich Wörter und Sätze heraus-picken: „Moin“ und „dafür nich“, spitze Konsonantenund näselnde Vokale, gedämpfte, höfliche Stimmen.Ivonne Lotze hat Recht: eindeutig Hamburger Möncke-bergstraße.Die 34-Jährige muss immer genau hinhören; seit ihrerGeburt ist sie blind, sieht nichts außer ganz grellen Far-ben und auch die nur auf einem verschwindend kleinenTeil ihres Sehfeldes. „Als würde ich durch ein Objektivin ein verwaschenes Farbenmeer schauen“, erklärt sieund sagt: „Meine Orientierungshilfe sind die Klänge.“Mit ihren Ohren erkundet Ivonne Lotze Hamburg, seitsie vor acht Jahren von Heiligenstadt in Thüringen hier-herzog. Um in einer Bücherei zu arbeiten, die Hörbücherund Bücher in Punktschrift an Blinde verleiht. „Hamburghat eine besonders schöne Geräuschkulisse, man musssich nur richtig einfühlen“, sagt sie. „Das ist wie mit ei-nem Haus: Wenn ich davorstehe, kann ich mir kein Bilddavon machen. Aber wenn ich drinnen bin, gibt es diesevielen Gerüche und Geräusche; die verraten mir alles. InHamburg kann ich viel mehr an meiner Umgebung teil-haben als etwa in meinem Heimatstädtchen: Hier gibt esso viele Klänge.“Hamburgs Melodie? „Wasser. Alle Varianten von Was-ser.“ Die Alster mit ihrem leichten Geplätscher, mit ihremEntengeschnatter, den Rufen der Ruderer und dem Flat-

tern der Segel auf den Segelbooten, dem Keuchen der Jog-ger und dem Rollen von Kinderwagen. Die kleinen Ka-näle mit ihrer Ruhe. Und die Elbe. „Am Hafen ist Ham-burg einzigartig, nirgendwo anders auf der Welt klingt esso wie hier. Sie müssen mal Ihre Augen schließen und ein-fach zuhören.“Den Schritten der Passanten. Die einen knirschen, die an-deren klappern, manche schlappen oder schlurfen, jederin seinem Rhythmus. Klippklapp, klippklapp, als würdeein Schlagzeuger zu Beginn des neuen Songs mit seinenStöcken den Takt vorgeben, und eins und zwei und eins,zwei, drei ... tütüt!, setzt ein Schiffshorn mit einer fröhli-chen Fanfare ein. Die Anleger quietschen und knarzen,tief wie eine Posaune dröhnt die Antwort eines anderenSchiffes herüber. Am Himmel röhrt das Wasserflugzeugund im Rücken rumpelt die U-Bahn heran. In der Fernehämmert und bollert es auf der Baustelle der Hafencity.„Hafenrundfahrt“, singt eine Stimme in norddeutschemTonfall, „große Hafenrundfahrt“. Unten klatschen Wel-len gegen die Schiffe, oben kreischen die Möwen. Im Hintergrund kommt ein ganz sachtes Klingklongkling-klong hinzu, von links und von rechts, wie ein Grund-schulchor mit Triangeln. Eine Windböe eilt herbei, dasKlingklong wird lauter und lauter, als würden die Kindermit voller Wucht auf ihre Instrumente dreschen, immerlauter... Die Augen müssen sich öffnen. Müssen schauen, was dageschieht. Nichts. Bloß ein paar Fahnen, die im Windflattern, und vereinzelte Spaziergänger mit Kapuzen überden Ohren. Es ist, als ginge nach der dritten Zugabe derLieblingsband das Licht an. Inka SchmelingFO

TO: P

LAIN

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Augen zu und durch: Wie Hamburg sich anhört,

wenn man nichts sieht.

Der Sound der Stadt

B

GROSSE FREIHEIT

ut, dass ich nur ein C-Promi-nenter bin“, sagt Bernd Bege-mann, „sonst müsste ichwomöglich noch bei der ,Du

bist Deutschland’-Kampagne mitma-chen.“ Eigentlich sollte der Mann mit derGitarre im ganzen Land bekannt sein,denn seit Jahren ist er nahezu ohne Un-terbrechung auf Tournee, er spielt nichtnur in Berlin oder München, sondernauch in Worpswede, Raversbeuren undNeubrandenburg – und natürlich immerwieder in seiner Heimatstadt Hamburg.Hier kennt man seine Lieder, seinen Witz,seine überwältigende Bühnenpräsenz, hierfragt man sich auch: Wann wird dieserMann endlich richtig berühmt? Vielleicht nie. Songs wie Solange die Ra-senmäher singen, Bis du den Richtigentriffst – nimm mich oder Schluss mit demQuatsch (jetzt wird Geld verdient) sindnicht für die Top Ten gemacht – und dafürwären sie vielleicht auch viel zu schade.Bernd Begemann ist ein Poet, der dieSchönheit im Alltäglichen sucht. Wer ihnbeim Konzert erlebt, hört Songs und Ge-schichten, die genauso traurig oder lustigsind wie das Leben selbst. Vom Fernsehenmit der kleinen Schwester der Freundin istda die Rede. Vom Gefühl, lebendig begra-ben zu sein. Von Menschen, die viel zuglücklich sind, um es lange zu bleiben.Von Situationen eben, die jeder kennt unddie niemand außer Begemann so schön zubesingen weiß. Und all das muss raus, dakann er nicht anders. Drei Stunden dau-ern die Auftritte, manchmal länger.Aufgewachsen als Adoptivkind im west-fälischen Kurort Bad Salzuflen, begannBegemann schon als Teenager, Musik zumachen. Anfang der achtziger Jahre zoger nach Hamburg und wäre mit seinerBand „Die Antwort“ beinahe erfolgreichgeworden, doch die Zeit war noch nicht

reif für feinfühlige Popmusik mit deut-schen Texten; die Band ging auseinander.Später lud Begemann, inzwischen die„Mutter Beimer des deutschen Schlagers“(SZ), als „Bernd im Bademantel“ für denNDR Musiker in seine Küche ein – Jetztbist du in Talkshows heißt sein Album ausdieser Zeit. Wenn man auf der Bühne steht, gibt es dreiGrundregeln, sagt Begemann: „Erstens: Al-le kochen nur mit Wasser. Zweitens: Dumusst vor dem Mikrofon nichts tun, wasdu nicht tun kannst. Und drittens: Du hastdas Recht, dort zu stehen!“ Vielleicht istdas sein Antrieb, eine Mischung aus Aus-dauer und Empfindsamkeit.

In Hamburg lebt Begemann heute mitFrau und Kind. Manchmal sieht man ihnin Clubs wie der Weltbühne auf der Ree-perbahn oder beim Spazierengehen vomDammtor durch den Park nach St. Pauli.Dann hört er seiner Stadt zu, um neue Ge-schichten und neue Melodien zu finden.Doch auch wenn er „unten am Fluss, un-ten am Hafen, wo die großen Schiffeschlafen“ (so der Refrain seines Songs Un-ten am Hafen) ein Zuhause gefunden hat,ist seine Suche nicht zu Ende. Die nächsteBühne wartet immer irgendwo auf BerndBegemann. Und wenn er sie betritt, wirder drei Stunden lang singen und erzählen.Mindestens. Barbara Streidl

Der unbekannte Star

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„Bis du den Richtigen triffst – nimm mich“ heißt einer der vielen schönen Songs von Bernd Begemann.

In Hamburg ist Bernd Begemann weltberühmt. Südlich der Elbe kennt ihn kaum einer.Das ist schade, denn seine Songs sind so lustig und so traurig wie das Leben selbst.

G

Seit 1987 hat Bernd Begemann 13 Alben veröf-fentlicht, zuletzt Unsere Liebe ist ein Aufstandund die Live-DVD Die Welt wird uns hören. Im

Rahmen seiner aktuellen Tournee treten er undseine Band am 29. April im Hamburger Club Uebel & Gefährlich in der Feldstraße 66 auf. FO

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CHIM

MUL

THAU

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TITEL

Revolution in HamburgSeit sieben Monaten leitet Simone Young die Staatsoper.

Die Hamburger waren skeptisch, doch die neue Chefin begeistert alle – die Künstler, die Kritiker, das Publikum. Wie macht sie das nur? Ein Besuch in der Werkstatt der großen Gefühle. Text: Tobias Haberl

Bariton Franz Grundheber als Simon Boccanegra in Verdis gleichnamiger Oper.

TITEL

ie Zeichen standenschlecht für dieNeue aus Australi-en. Ihre Vorgänger

– der Intendant der Hambur-gischen Staatsoper LouwrensLangevoort und sein General-musikdirektor Ingo Metzma-cher – hatten acht gute Jahreund eine grandiose letzte Sai-son hingelegt. Sie hatten dasRepertoire erweitert, Barock-opern vor dem Vergessen be-wahrt, das Hamburger Pub-likum an die Klassiker des 20. Jahrhunderts herangeführtund die Auszeichnung „Opern-haus des Jahres 2005“ gewon-nen. Sie hatten ihr Publikumbegeistert. Wäre die Staatsoperein Fußballclub, dann wäre inden Zeitungen vermutlich dieRede von einem „genialen Trai-nerduo“ gewesen. Wie sollte eine Frau von gerade mal 42Jahren dieses Niveau halten?Oder sogar nach oben schrau-ben können? Vor allem, da dieNeue einen Job machen sollte,der vorher auf zwei Paar Schul-tern verteilt gewesen war: In-tendantin und Generalmusik-direktorin, also politische undkünstlerische Führungsperson.Die Hamburger waren skep-tisch – und sie sollten sich täu-schen.Denn seit der Australierin Si-mone Young vor gut einem hal-ben Jahr die Leitung der Ham-burgischen Staatsoper übertra-gen wurde, überschlagen sichdie Kritiken. Sämtliche Kon-zert- und Opernpremieren ge-rieten ihr zum Erfolg. Paul Hin-demiths Künstleroper Mathisder Maler – brausender Ap-plaus im Zuschauerraum. Si-mon Boccanegra von GiuseppeVerdi – Ovationen. Zuletzt AMidsummer Night’s Dreamvon Benjamin Britten. Was pas-siert da an der Staatsoper inHamburg? Wo und wann hatdiese Erfolgsgeschichte ihren

Anfang genommen? Und werist dafür verantwortlich? NurSimone Young? Es ist Zeit füreinen Blick hinter die Kulissen.Auf nach Hamburg also, zudem Haus, in dem vor Jahr-zehnten Plácido Domingo undLuciano Pavarotti am Anfangihrer Weltkarrieren auf der

Bühne standen, wo im Jahr1678 das erste OpernhausDeutschlands eröffnet wurde. Nach oben also, in den achtenStock, und rein ins Vorzimmer.„Aber nicht länger als eine hal-be Stunde“ – die Stimme derSekretärin lässt keine Zweifelaufkommen: Ihre Chefin hatsehr viel zu tun. Ein Dirigent istkrank geworden und sie musseinspringen. Am Abend alsoProben, danach schnell insFunkhaus, zwei Stunden Talk-show bei NDR 90,3. Derzeitwill einfach jeder etwas von ihr. Und sie bringt alles untereinen Hut: Aufführungen, Pro-ben für die Oper, die künstleri-sche Leitung des Brahms-Festi-vals „Ostertöne“, Interviewsund daneben ihre Leidenschaf-

ten: Schwimmen und Stepp-tanz.Dann bittet Simone Young her-ein. Ihr Büro: groß, Blick aufdie Alster, ein Flügel, eine Cor-busier-Liege. Dann sie selbst:die erste Chefin eines Opern-hauses weltweit, die auch nochselbst dirigiert, die erste Frau

am Pult der Opern in Wien, LosAngeles und Paris, die vielleichtberühmteste Dirigentin derWelt; schwarzer Hosenanzug,langes Haar, in der Hand einePlastikflasche Cola light, die sie leert, während sie in fließen-dem Deutsch (sie spricht sechsSprachen) von ihren Plänen er-zählt. „Obwohl wir nicht soviel Geld zur Verfügung haben,ist die Hamburger Oper eineechte Konkurrenz für die gro-ßen Häuser in Berlin, Münchenund Wien“, sagt sie, „und da-her müssen wir unser Reper-toire weiter ausbauen.“ Und tat-sächlich klingt sie da ein biss-chen wie eine Fußballtrainerin,die mit ihrem Team Großesvorhat. Fünf zusätzliche Or-chestermusiker hat man ihr be-

willigt, die hat sie sich schon er-kämpft, aber es fehle noch sovieles: mehr junges Publikum,sie arbeitet daran; es fehlt Geld,sie arbeitet daran; es fehlt DerRing des Nibelungen von Ri-chard Wagner im Repertoire,sie arbeitet daran; es fehlenfranzösische Opern, sie arbei-tet daran; die Auslastung von82 Prozent soll gesteigert wer-den, sie arbeitet daran. Geradebrütet sie über dem Spielplan2009/10 – die beiden letztenNeuinszenierungen der laufen-den Spielzeit stehen längst fest:im Mai Mozarts Idomeneound Donizettis Regimentstoch-ter im Juni. Oper ist wie Mara-thonlaufen, man muss langeStrecken im Blick haben, mussüber morgen und übermorgenhinausdenken. „Entscheidendist die Balance“, sagt Young,„innerhalb einer Spielzeit, aberauch innerhalb mehrerer Jah-re.“ Das Wichtigste sei jedoch,den Leuten immer wieder mit-zuteilen, wie anders, wie aufre-gend das Liveerlebnis einerOpernstimme im Gegensatz zueiner CD- oder DVD-Aufnah-me ist.Die Sopranistin Hellen Kwon,42, aus Seoul ist so eine Opern-stimme. Seit zwanzig Jahren istsie schon Ensemblemitglied inHamburg. „Dass Simone Youngspontan einspringt, wenn malein Dirigent ausfällt, das schät-ze ich sehr“, sagt die Sängerinund aus ihrer Stimme klingtRespekt für das Arbeitspensumder neuen Chefin. Seitdem Si-mone Young mit dem Ham-burger Orchester arbeitet, ha-be es sich hörbar verändert:„Samtweich“ sei der Klang ausdem Orchestergraben jetzt, aufeinmal lässt sich „jedes Motivwunderbar heraushören“. Unddas Publikum goutiert diesenneuen, wärmeren Klang. Über-haupt das Publikum. „Die Leu-te wissen genau, was gut ist

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Gute Noten für Hellen Kwon: Seit 20 Jahren ist die Sopranistin im Ensemble.

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Hängende Götter, liegende Stars: In der Werkstatt der Staatsoper entsteht der rote Teppich, zeitgleich proben Sänger für den „Sommernachtstraum“von Benjamin Britten.

TITEL

und was nicht.“ Auch der Bari-ton Jan Buchwald, 32, gerät ins Schwärmen: „Mit Simone Young ist eine Muse in Ham-burg eingekehrt.“600 Opernpremieren werdenjedes Jahr in Deutschland aufdie Bühne gebracht, fünf davon an der Hamburgischen Staats-

oper, dazu kommen zwei Bal-lette. Wie viel für eine einzigePremiere geschuftet wird, wieviele Menschen, aber auch wieviel Planung und Logistik nötigsind, das ist eine eigene Ge-schichte. Und sie handelt vomAbstieg in den Maschinenraumeines riesigen Schiffes, in des-

sen Bauch, für die Passagiereunsichtbar, hunderte Men-schen arbeiten. Christof Siemesvon der Zeit hat diese Ge-schichte vor ein paar Monatenaufgeschrieben. „Nicht zählen.Fühlen! Fühlen!!“ war der Textüberschrieben, in dem der Au-tor davon berichtet, wie er die

Produktion von Händels GiulioCesare in Egitto begleitet. Al-lein im Bühnenbild stecken5000 Stunden Arbeit. Am En-de schreibt er: „Oper ist dieaufwändigste, langwierigste,schwerfälligste, teuerste Kunst-form der Welt.“ Auf jeden Fallnichts für „Pfennigfuchser, Ef-

Frau Young, wie erklären Sie jeman-

dem, der noch nie in der Oper war, die

Faszination mehrstündiger Verdi- und

Wagner-Werke?

Indem ich ihm von dem Gefühl erzähle,das sich einstellt, wenn man zum erstenMal eine richtig gute Opernstimme ausder Nähe hört. Das ist wahnsinnig aufre-gend, der ganze Körper ist tief erregt, einunbeschreibliches Gefühl. Natürlich istvieles, was auf einer Opernbühne passiert,unlogisch oder sogar absurd: Da stirbt je-mand und singt voller Inbrunst eine 20-minütige Arie dazu. Es gibt Menschen,die können so eine Handlung nicht nach-vollziehen. Aber das Wunder ist, dassOper trotz dieser Brüche so tief bewe-gend sein und Trost spenden kann. Operist eine unglaublich lebendige Theater-form. Aber auch eine, die allein in Hamburg

jedes Jahr mit 42 Millionen Euro sub-

ventioniert wird.

Ohne Zuschüsse könnte keine Operüberleben. Eine Oper, die sich selbst fi-nanzieren will, müsste ein reines Unter-haltungs- oder Musicalprogramm auf dieBühne bringen. Damit wären 300 Jahredeutsche Operngeschichte unwieder-bringlich verloren. Eine Stadt muss sichalso entscheiden: Will sie Kultur erhalten,muss die Oper subventioniert werden.Ich hoffe, den Tag nicht miterleben zumüssen, an dem in Deutschland die ers-ten Opernhäuser schließen müssen.

Die meisten Opernbesucher sind älter

als 50. Wie begeistern Sie junge Men-

schen für die Oper?

Indem ich ein paar Neuerungen einge-führt habe: Viele Menschen scheuen dieOper, weil sie Angst vor Abendkleid undSmoking haben. Deswegen gibt es bei uns

viermal pro Jahr einen Casual Day, andem die Leute in kurzen Hosen und T-Shirt kommen können. Übrigens ist dieKleiderordnung auch an normalen Tagennicht mehr so streng wie früher. Bei Pre-mieren sehe ich Leute in Jeans und Turn-schuhen und die sind mir allemal lieberals solche, die gar nicht kommen. Außer-dem steht einmal im Monat ein so ge-nanntes After-Work-Konzert auf unsererExperimentierbühne, der „Opera stabi-le“, auf dem Programm. Dort kann manbei einem Drink oder Kaffee unseren

Musikern und Sängern lauschen und sichnach dem Büro ein wenig entspannen. Gibt es ein Angebot für Kinder?

Ja, bei den Konzerten in der Laeiszhallehaben wir eine Familienkarte eingeführt.Daneben steht die Kinderoperreihe„Opera piccola“ auf dem Programm, beider Kinder Oper für Kinder machen,natürlich unter Anleitung von Profis. Wie ist das Hamburger Publikum?

Hamburg ist seit Generationen eine sehrschauspielbewusste Stadt. Die Hambur-ger sind nicht nur neugierig, sondernauch kompetent und verlangen musika-lisch, schauspielerisch und dramatur-gisch höchstes Niveau. Hier kommt mannicht damit durch, eine hübsche Dekora-tion hinzustellen und loszuträllern.Hamburg ist auch eine Musicalstadt.Ist

Der König der Löwen Konkurrenz für

die Oper?

Ich kenne den König der Löwen, ein sehrgutes Musical, brillant inszeniert. DerUnterschied zu uns: Es handelt sich dabeinicht um Kunst, sondern um Unterhal-tung. Ziel eines Musicals ist es, jedenAbend das Gleiche zu bieten. Wir von derOper wollen jeden Abend etwas andereszeigen. In der Oper muss man sich kon-zentrieren und eine Eigenleistung erbrin-gen. Es gibt aber noch einen anderen ent-scheidenden Unterschied: Im Musicalsingen die Leute mit Mikrofon, in derOper arbeiten wir mit reinen Stimmen.Das ist ein ganz anderes Erlebnis.

HAMBURG – DAS MAGAZIN DER HANSESTADT 16

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Oper in kurzen HosenStar-Dirigentin Simone Young über den langen Tod auf der Bühne,

Angst vorm Abendkleid und Konkurrenz im Löwenkostüm.

Momentan will jeder was von ihr: Simone Young.

fizienzfanatiker und Rendite-apostel.“Allein an der HamburgischenStaatsoper arbeiten mehr als1000 Menschen: 660 feste Mit-arbeiter, 140 Orchestermusi-ker, 250 gastierende Künstlerund freie Mitarbeiter. Der Etatbeträgt 56 Millionen Euro, 14Millionen spielt das Haus selbstein, 42 Millionen sind öffent-liche Zuschüsse, rund 400 000Euro stammen von privatenSponsoren. Eine halbe Autostunde von derOper entfernt jammert die Stim-me Xavier Naidoos aus einemtragbaren Radio. Das Radiosteht in einer 40 Meter langenund rund zwölf Meter hohenHalle, von deren Decke Neon-röhren kaltes Licht hinabwer-fen. Wie in einem Flugzeug-hangar sieht es hier aus undmittendrin – zwischen demKnistern eines Schweißgerätes,einer fauchenden Schleifma-schine und vor Plakaten, vondenen griechische Götter aufden Hallenboden hinabblicken– steht Heinrich Tröger. Er istChef der Werkstätten derHamburgischen Staatsoper.Seine Aufgabe – auch wenn eskitschig klingt: Er lässt Träumewahr werden. Was immer dieBühnenbildner für Opern- undBallettaufführungen entwerfen– er lässt es hier bauen, mit Hil-fe von 46 Frauen und Män-nern: Schlossern, Malern, De-korateuren, Theaterplastikern.Alles hier ist groß, laut, bildge-waltig. Eine Karl-Marx-Büstezum Aufklappen, so groß, dassein 30-köpfiger Chor Platz da-rin findet, hat Trögers Teamhier schon gebaut. An denWänden hängen Skizzenbilderfür das Bühnenbild von SimonBoccanegra. „Die Schwierig-keit bei dieser Produktion war,dass Regisseur und Bühnen-bildner unbedingt einen riesi-gen Meteoriten haben wollten,

der im Laufe des Abends ausder Decke bricht, allmählichimmer weiter nach unten sinktund am Ende in den Boden ein-schlägt.“ Ein Symbol für dasdrohende und am Ende nichtmehr abzuwendende Schicksal,aber vor allem „eine hoch kom-plizierte Angelegenheit“, er-zählt Heinrich Tröger, „die wir

am Ende aber Gott sei Dankhinbekommen haben“. Robustmüssen die Bühnenbilder sein,erklärt Tröger, denn manchmalbleiben erfolgreiche Inszenie-rungen zwanzig oder sogar

dreißig Jahre lang im Reper-toire.Früher zogen alle Bühnenbil-der, auf Sattelschleppern festge-zurrt, von Barmbek in die Ham-burger Innenstadt, um hier aufder Bühne aufgestellt und mon-tiert zu werden. Seitdem für 37Millionen Euro ein neues Be-triebsgebäude an die Oper an-

gebaut und die Bühne verlän-gert wurde, können kompletteBühnenbilder einfach nach hin-ten geschoben werden. Mitar-beiter, die früher auf verschie-dene Gebäude verteilt waren,

treffen sich jetzt im Aufzug.Und dank der neuen Probe-räume müssen die Musiker mitihren Instrumenten nun auchnicht mehr durch die ganzeStadt fahren und wiederzurück.Vor einigen Wochen rief dieGewerkschaft Ver.di ihre Mit-arbeiter zum Streik auf. An derHamburger Oper verteilten dieBühnentechniker vor der SimonBoccanegra-Aufführung Flug-blätter gegen die 40-Stunden-Woche. Drinnen ackerten Ver-waltungsangestellte am Büh-nenbild, sogar der Personalchefpackte mit an. Pünktlich um19.30 Uhr war man fertig, manhatte es geschafft, die Vorstel-lung konnte wie geplant statt-finden. Zigtausend Euro warengerettet, 1600 Opernbesucherwaren erleichtert – und der Beifall toste Sängern und Or-chester entgegen, nachdem derVorhang gefallen war. So istOper. Und so: Am nächsten Mor-gen, bei der Probe zu Salomevon Richard Strauss, fehlte dasBühnenbild ebenfalls. Also sa-ßen die Sänger in Jeans undJogginghosen auf Stühlen, wäh-rend ihnen Simone Young vomBarhocker aus Anweisungenzurief. Im Zuschauerraum ver-sank Josef Hussek, Operndi-rektor und stellvertretender In-tendant, in seinem Stuhl – ersaß einfach nur da und lausch-te. Für einen Moment schien ersich von der Welt der Bürosund Meetings verabschiedet zuhaben. Das geht nirgendwosonst so gut wie in der Oper,wo es kein Scham- und keinPathosverbot gibt. Oper ist nienur Hobby, sondern immerLeidenschaft, eine ÜberdosisLeben, manchmal gefährlich,immer überwältigend. „Operist wie Traubenzucker“, sagtHussek, „sie schießt ohne Um-wege direkt ins Blut.“

17 HAMBURG – DAS MAGAZIN DER HANSESTADT

Hauptsachen im Regal: Holzköpfe in der Hutmacherei.

Hat die Sänger hinter sich: Simone Young nach der „I Pagliacci“-Aufführung.

Jeder kennt Freddy Quinn. Aber wer ist Tamara Gura? Oder OleSoul? Wir haben die Hamburger Stars von morgen schon heute getroffen.

Text: Marc Winkelmann Foto: Gianni Occhipinti

„Das quietscht so“ – dieser Satz hätte das Ende der Karriere von Katharina Weiß sein können. Die damals Sechsjährige hatte ihre Eltern angebet-telt, Geige lernen zu dürfen. Die Eltern waren dagegen. Katharina kämpfte um das Instrument – und bekam es. Und auch ihre jüngere SchwesterHellen erhielt von den Eltern eine Violine. Seitdem haben sich die Geschwister ganz nach vorn gespielt. Vom Kinderzimmer in die großen Säle. Bei-de reisen für Konzerte ins Ausland – oder treten mit den Hamburger Symphonikern auf. Katharina Weiß, heute 20 Jahre alt, wurde von der StadtHamburg mit dem Sonderpreis des Ersten Bürgermeisters für Herausragende Leistungen ausgezeichnet, Hellen, 17, gewann mehrfach den Bun-deswettbewerb „Jugend musiziert“. Beide müssen noch immer um ihre Instrumente kämpfen. Denn die Geigen beider Frauen – Violinen aus dem19. Jahrhundert – stammen aus dem Instrumentenfonds der Deutschen Stiftung Musikleben und sind Leihgaben. Die Geschwister müssen in Ham-burg regelmäßig vor einer Jury spielen. Fallen sie durch, geht das Leihinstrument an einen anderen Musiker. „Daran darf ich gar nicht denken“, sagtKatharina Weiß. „Diese Violine ist die beste Förderung für mich als Musikerin, die ich mir vorstellen kann.“

KÄMPFEN FÜR MUSIK: KATHARINA UND HELLEN WEISS

Wer sind die denn?TITEL

Diese Stimme – ist das Xavier Naidoo? Nein. Es ist OleSoul. Und dieses Gesicht – ja, das kommt Ih-nen sicher auch bekannt vor. Wahrscheinlich von Stefan Raabs Bundesvision Song Contest, dennhier trat Ole Feddersen, 31, für seine Heimatstadt Hamburg auf. Eigentlich ist Feddersen, der sichOleSoul nennt, Tischler. Doch in Wahrheit ist der Hamburger ein Multitalent: Rhythm and Blues, sou-liger Pop, Rock – all diese Musikrichtungen sind auf dem Album zu hören, das er gerade aufnimmt.Demnächst kommt es in die Läden. Was seine Musik mit seiner Stadt zu tun hat? „Beide haben Soul“,sagt er. Wundervollen Soul.

19 HAMBURG - DAS MAGAZIN DER HANSESTADT

30 Briefumschläge. 30 Demo-Aufnahmen. 30 Absagen. Keine Plattenfirma wollte die Musik von Geka Winkler haben. „Das passt nicht zu unserem Image“, hieß es in den Begründungsbriefen. Und:„Das ist nicht poppig genug.“ Also landete ihr Album „Stations“ dort, wo es nicht hingehörte: zuHause im Regal. Dass sich für die Veröffentlichung kürzlich dann doch, so Geka, „zwei Menschenmit Ohren an ihren Köpfen und in ihren Bäuchen“ fanden, nämlich die beiden Macher der kleinenPlattenfirma Le Pop Musik, ist ein Glücksfall. Für die in Hamburg lebende Sängerin. Und für die Fans,die sie seitdem hat. So wohlig, wie sie ihre Hörer mit diesen hauchzarten Chansons einlullt, hat mandas von einer deutschen Sängerin noch nicht gehört. Französischkenntnisse sind übrigens nicht erforderlich: Geka singt auf Englisch.

BOXENGEFLÜSTER: GEKA

ELBE-BEAT: OLESOUL

HAMBURG - DAS MAGAZIN DER HANSESTADT 20

Zwei Alben in fünf Jahren – die Bilanz von Ka-jak klingt bescheiden. Der Grund: Nach demgefeierten Debütalbum der Hamburger Gitar-renband löste sich die Gruppe auf. Übrig bliebnur Sänger Matthias Rothaug. Der 33-Jährigemachte allein weiter und aus der Misere wur-de ein musikalischer Segen. „Ich hatte mehrFreiheiten und konnte meine Grenzen auslo-ten“, sagt der Mann aus St. Pauli. Neue Soundsentstanden am Computer, neue Textzeilen inseinem Kopf. Als eine Art Einmannorchesterhat der Multiinstrumentalist seine Platte „TiefDrinnen – Weit Draußen“ eingespielt – und dieKritik jubelt: Eine Melodienmaschine sei derSänger, der ein Album voller Ohrwürmer ge-schrieben habe. Ein Neubeginn mit makellosenMelodien, schroffen Gitarren und unaufdring-lich erzählten Geschichten.

Manchmal schaltet Tamara Gura MTV an. Und dann wünscht sie sich, ein Fernsehstar zu sein – aber nurfür einen Tag. Länger würde sie den Job nicht übernehmen wollen. „Fernsehen ist nicht so spannend wiedas, was ich mache“, sagt die Amerikanerin. Ja, ihr würde so vieles fehlen: vor allem der „fantastischeKlang des Orchesters, wenn ich auf der Bühne stehe“, sagt die die 28-jährige Mezzosopranistin. TamaraGura kommt an: Sie sei eine „Energiefontäne“, schreibt ein Kritiker, sie stecke „voll funkelndem Tempera-ment“, urteilt ein anderer. Nach ihrer Gesangsausbildung in den USA und der Schweiz zog sie nach Ham-burg und ist nun Schülerin am Internationalen Opernstudio der Staatsoper, wo ihre Stimme und Bühnen-präsenz weiter geformt werden. Gut, dass sie nicht zum Fernsehen gegangen ist.

AUF KURS: KAJAK

OPER STATT MTV: TAMARA GURA

STIMMIG: HEART, SOUL & VOICESJohannes Beetz, 22, Timo Melzer, 23, und Karl Grunewald, 24, haben sich mit ihren Stimmen bereits ziem-lichen Ärger eingehandelt. Alle drei studieren zurzeit an der Stage School, einer Musicalschule am Ham-burger Hafen. Jeden Monat findet hier eine Talentshow statt – das A-cappella-Trio gewinnt regelmäßig.Das fanden die Mitschüler der Sänger gar nicht lustig. Wenn die drei antreten, habe der Rest keine Chancemehr, hieß es. Als Heart, Soul & Voices interpretieren sie seit drei Jahren Pop- und Musicalhits wie „Let Me Entertain You“ von Robbie Williams. Im Sommer sind sie mit ihrer Ausbildung fertig, alle dreihaben bereits Verträge in Aussicht. Timo Melzer und Karl Grunewald werden an Bord von Kreuzfahrtschif-fen in Musicalensembles auftreten – und singend um die Welt reisen. Johannes Beetz wird wahrschein-lich eine Rolle in „Phantom der Oper“ bekommen. Das Trio? „Bleibt auf jeden Fall zusammen“, sagt Beetz.In einem halben Jahr sind die beiden ja wieder in Hamburg.“

TITEL

21 HAMBURG – DAS MAGAZIN

Wenn Maskoe von seiner Musik redet, klingt das nicht immer jugendfrei. „Ich habe mehr Mut als alle anderen Lutscher. Ich bin da, um mir die Kro-ne zu holen“, sagt der 22-jährige Rapper. „Kanakenrap“ nennt er seinen Sprechgesang. Sie ahnen es – mit seiner Wortwahl hat sich der Sohn türki-scher Einwanderer nicht nur Freunde gemacht. Er polarisiert und bekam bereits etliche Drohungen. Unbestritten aber ist sein Talent. Vor vier Jah-ren gewann Maskoe den Respect Contest, einen bundesweiten Wettbewerb, bei dem er sich mit seinen flüssigen Reimen gegen 200 Konkurrentendurchsetzte. Sein erstes Album will er jetzt über seine Homepage vertreiben. Die Lieder gleichen einer schlingernden Kamerafahrt durch die Stadt-teile im tiefen Süden Hamburgs, die Maskoe ein „soziales Glasscherbengebiet“ nennt. „Ich bin nicht stolz darauf, wie das hier ist. Aber ich bin stolzdarauf, dass ich der Öffentlichkeit das Leben in meinem Umfeld zeigen kann.“ Und als ob man es noch nicht geahnt hätte, fügt er hinzu: „Ich kannmeine Klappe einfach nicht halten.“

HIPHOP-HURRA: MASKOE

„Mach immer, was dein Herz dir sagt“, heißt die wichtigste Zeile in einem Song von Marcus Wiebusch (links) und seiner Band Kettcar. Genau das haben Thees Uhlmann (Mitte), Reimer Bustorff und er getan, als sie ihre eigene Plattenfirma gründeten.

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u musst ganz nah rangehen.“ Tatsächlich: Wenn mansich weit nach vorn beugt, die Stirn an die Scheibelehnt und schräg zur Seite rüberschaut, kann mandrei Flutlichtmasten des Millerntor-Stadions sehen.

Für die meisten Leute ist so etwas nicht wichtig. Für Reimer Bus-torff, Thees Uhlmann und Marcus Wiebusch schon. Sie sindFans. Fans vom FC St. Pauli und von der Musik, die sie mit ihren eigenen Bands Kettcar und Tomte spielen – und die vor vier Jah-ren niemand in der deutschen Musikbranche hören wollte.„Die großen Labels sind so unflexibel wie die Abwehr von Her-tha BSC“, sagt Marcus Wiebusch, und als er sich von seinemSchreibtischstuhl erhebt, bekommt man kurz Angst, so riesig ister. Während der Hüne Kaffee für alle aufsetzt, erzählt ervon der frustrierenden Suche nach einem Label.Niemand, der einen Plattenvertrag vergibt,konnte etwas anfangen mit dem rauen Gitar-renrock und den deutschen Texten, die vonstörrischen Bankautomaten und dem Fla-schenmeer auf dem Balkon handeln. Thees,der mit seiner Band Tomte ebenfalls Klinkengeputzt, Probeaufnahmen vorgespielt undTalentsucher zu Konzerten eingeladen hat,erinnert sich: „Ich weiß noch, wie die erstenfünf Reihen im ausverkauften Club jedes Liedmitgeschrien haben – ohne dass die Band bis da-hin einen Tonträger veröffentlicht hätte. Wenn dirdann jemand von einer Plattenfirma erzählt, dass er vondeiner Livepräsenz nicht überzeugt sei, dann“ – Thees lässt seineruntergerauchte Zigarette in den Hals einer leeren Bierflasche fal-len – „erledigt sich die Zusammenarbeit von selbst.“ Er grinstund zeigt dabei eine Lücke mitten zwischen den oberen Schnei-dezähnen, die so groß ist, dass ein Strohhalm dazwischenpasst –und zwar einer von den dickeren. Also fingen er, Marcus Wie-busch und Reimer Bustorff an, Geld zusammenzukratzen, Excel-Tabellen anzulegen und sich nach einem Büro umzusehen. „Wirhaben den Partner, der zu uns passt, selbst erschaffen“, erzähltWiebusch. „Ein bisschen wie in Frankensteins Braut.“

Die Geschichte der drei Musikunternehmer begann im Herbst2002: In einem lauten, engen Büro im Schanzenviertel sitzen diejungen Männer an Schreibtischen vom Sperrmüll und planen dieerste Veröffentlichung ihres nach dem nur mäßig erfolgreichenWesterndarsteller Lee van Cleef benannten Labels: das Kettcar-Album Du Und Wieviel Von Deinen Freunden. Draußen fahrenAutos durch den Regen, drinnen läuft Reimer Bustorff nervös aufund ab. „Wann erscheint denn der Artikel in der HamburgerMorgenpost über uns?“, fragt er. „Ich muss unbedingt die kom-plette Auflage in Niendorf aufkaufen. Meine Mutter weiß nichtsvon dem Label. Die denkt doch, ich studiere ...“ Die Mutter vonMarcus Wiebusch dagegen weiß Bescheid über die Firmengrün-

dung: Sie leiht den dreien für den Anfang Geld. Denndie Banken zögern, Geschäftskredite zu vergeben,

wenn man seinen privaten Dispo schon ständigbis zum Anschlag ausreizt. Auch Thees Uhl-

manns Mutter ist nicht begeistert, als sie er-fährt, dass ihr Sohn gerade keine Kranken-versicherung hat und seine Zahnschmerzenmit Aspirin betäubt. Manchmal ist den drei-en in ihrem Durcheinander aus Computern,Telefonen, Bierflaschen und einem Hund

namens Goo nicht ganz klar, auf was für ei-nen Ritt sie sich eingelassen haben. Klar ist nur,

sie genießen ihn. Und sie gehen grundsätzlich erstnach dem fünften Klingeln ans Telefon – „um Ge-

schäftigkeit vorzugaukeln“. Seit Januar 2006 befindet sich das Büro von Grand Hotel vanCleef im Karostar Musikhaus St. Pauli. Dieses Büroprojekt liegtgenau zwischen dem alternativen Karo- und dem Schanzenvier-tel auf dem Gelände einer ehemaligen Rinderschlachthalle. Esentstand 2002, als bekannt geworden war, dass der Plattenmul-ti Universal nach Berlin übersiedeln würde; für die HamburgerMusikbranche ein Schock. Je eine Million Euro spendierten einEU-Förderprogramm und die Hamburger Behörde für Wirtschaftund Arbeit, um jungen Musikfirmen durch günstige Mietpreiseeine Starthilfe zu geben. Die Erwartungen, mit denen man sich

Hotel Mama

23 HAMBURG – DAS MAGAZIN DER HANSESTADT

Dies ist die Geschichte von drei Männern und ihrer Musik. Keine Plattenfirma wollte sie. Doch statt aufzugeben, gründeten

die drei ihre eigene Firma: Grand Hotel van Cleef. Na, und jetzt raten Sie mal, wer den ganzen Spaß bezahlt hat.

Text: Christoph Koch Foto: Samuel Zuder

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damals bei Mutter Wiebusch das (inzwischen zurückgezahlte)Darlehen borgte, sind längst übertroffen: 30 000 Mal verkauftesich gleich die erste CD des Labels, das zweite Kettcar-Albumging sogar 65 000 Mal über die Ladentheke. Die jüngste Ver-öffentlichung Buchstaben Über Der Stadt, das zweiteTomte-Album für Grand Hotel, kam sogar aufPlatz vier der offiziellen Albumcharts. Bis unter die Decke strecken sich im Lagerraumdes Labels die Regale. Randvoll mit CDs nichtnur von Tomte und Kettcar, sondern auch von amerikanischen Bands und natürlichHamburger Nachwuchshoffnungen wie OlliSchulz & Der Hund Marie, Marr oder HomeOf The Lame. Dazwischen stapeln sich Kartonsmit der Aufschrift „Hansen Band“. Diese Grup-pe entstand eigens für den Film Keine Lieder überLiebe mit Heike Makatsch und Jürgen Vogel, der imFilm einen Rocksänger spielt. Als es darum ging, Musik fürden Film auszuwählen, gefielen Jürgen Vogel Tomte und Kettcaram besten. Musiker aus beiden Bands komponierten also Songs,wurden zur Hansen Band und gingen auf Tour – begleitet von derFilmkamera. „Jürgen ist im Proberaum immer so rumgehüpft“,schildert Thees Uhlmann die ersten gemeinsamen Proben. „Bisich ihm gesagt habe: Wenn du hier weiter so rumspringst, treteich dir von hinten in die Knie. Wir sind hier keine MTV-Band.“Das Grand Hotel hat Erfolg. Das erklärt vielleicht, dass die Mu-sik von Kettcar und Tomte positiver geworden ist. Statt von Knei-penschlägereien wird von der Liebe gesungen, statt in der Not-

aufnahme oder auf der Bordsteinkante spielen die Lieder jetzt vorder Ausfahrt Zum Haus Deiner Eltern. Und das Grand Hotel istin manchen Momenten so professionell, wie eine junge Firma nur

sein kann – in anderen Momenten so seriös wie ein jungerHund: „Eine der Grundregeln ist, dass man sich in Ex-

tremsituationen, die so vier- bis fünfmal am Tag vor-kommen, auch mit schlimmen Schimpfwörtern ti-

tulieren darf“, beschreibt Marcus Wiebusch dasBetriebsklima. Und auf die Frage, wie Mei-nungsverschiedenheiten gelöst werden, ant-wortet er: „Schreien, schmollen, schreien, ei-nen dummen Witz machen. Vielleicht noch mallaut schreien. Anschließend an der Playstation

,Mario Kart’ um die Wette fahren – fertig.“Noch mal den Kopf verdrehen, die Stirn an der

kalten Scheibe, da sieht man in der Abenddämme-rung wieder die Scheinwerfer des Fußballstadions von

St. Pauli kalt glühen. Zeit zu gehen. Thees Uhlmann zieht sichseinen Parka an: „Manchmal, wenn ich mit meiner Mutter tele-foniere, fragt sie mich: Habt ihr eigentlich immer noch diesesWiebusch-Ding am Laufen? Damit meint sie das Grand Hotel.Sie kann es anscheinend nicht glauben, dass wir eine richtige Fir-ma sind.“ Jetzt müsste Jubel vom Stadion herüberwehen – dannwäre es der perfekte Augenblick. Doch es bleibt still. Nur die U-Bahn rattert unter dem Büro vorbei.

Tomte treten am 8. und 9. April in der Großen Freiheit 36 auf. Olli Schulz& Davey van Bohlen spielen am 7. April im Uebel & Gefährlich.

HAMBURG – DAS MAGAZIN DER HANSESTADT 24

Die Band ist echt, der Sänger nicht: Schauspieler Jügen Vogel spielt im Film „Keine Lieder über Liebe“ den Frontmann der Hansen Band.

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DasLabel ist so pro-

fessionell, wie eineFirma nur sein kann,manchmal aber so seriös wie ein jun-

ger Hund.

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KALENDER

7.4. Olli Schulz & Davey von Bohlen – Grand Ho-tel van Cleef-Abend. Songwriter Olli Schulz („halbMensch und halb Bett“) tritt mit Maritime-SängerDavey von Bohlen auf. Uebel & Gefährlich, 20 Uhr8.4. Mariha – Folkpop von einer zarten Frau mitGitarre. Die 24-jährige Hamburgerin tourte bereitsmit A-ha durch Deutschland. Knust, 21 Uhr 8.4. + 9.4. Tomte – Die Gitarrensensation desJahres bei ihrem Heimspiel auf dem Kiez. GroßeFreiheit 36, 19.30 bzw. 21 Uhr (siehe Beitrag S. 21)11.4. Edita Gruberova – Galakonzert. Die in Bratis-lava geborene Sopranistin gehört zur Elite derOpernwelt, ist Ehrenmitglied der Wiener Staats-oper und wird gefeiert als „Königin der Koloratur“.Bei ihrem Gastspiel in Hamburg singt sie Werkevon Mozart, Schubert, Dvorák und Strauss. Laeisz-halle – Musikhalle Hamburg, 20 Uhr12.4.–17.4. Ostertöne – Brahms-Festival. Er ist inHamburg geboren und daher sind die Hanseatenbesonders stolz auf ihn: ihren Komponisten Jo-hannes Brahms. Ihm und der Moderne (Musik ausdem 20. und 21. Jahrhundert) ist nun das erste, völ-lig neue Hamburger Ostertöne-Festival in der Lae-iszhalle unter der künstlerischen Leitung von Si-mone Young gewidmet. Die Wiener Symphonikereröffnen – schließlich war Wien Brahms’ zweiteHeimatstadt. Das Nash Ensemble of London in-

terpretieren das Klarinettenquintett op. 115 undWerke der britischen Moderne, das Abschlus-skonzert geben die Hamburger Symphoniker amOstermontag. Außerdem stehen auf dem Pro-gramm: das Tokyo String Quartet, und die Philhar-moniker Hamburg („Ein deutsches Requiem“ amKarfreitag, am Pult: Simone Young) sowie Lieder-abende, Chorkonzerte und Matineen. Laeiszhalle.Infos unter www.ostertoene.de13.4. + 14.4. Maceo Parker – Funk. Seit Jahrenkommt der Meister des Funk mit seinem Altsaxo-fon in die rustikale Konzert-Location in Altona.Immer wieder gut. Fabrik, 21 Uhr19.4. Die Sterne – Sie gehören zu den Mitbegrün-dern der Hamburger Schule und klingen so frischwie lange nicht. Uebel & Gefährlich, 20 Uhr21.4. Bluesculture mit Abi Wallenstein – Ham-burg plus Blues gleich Abi Wallenstein. Hier imTrio mit Steve Baker und Martin Röttger. Land-haus Walter, 21 Uhr

24.4. The Bad Plus – Jazztrio mit Vorliebe für un-konventionelle Interpretationen von Hits wie„Smells Like Teen Spirit“. Stage Club, 20 Uhr 26.4. Erasure – Synthiepop von Andy Bell undVince Clarke. Deutsches Schauspielhaus, 20 Uhr27.4. D’Sound – Das Trio aus Norwegen spielteingängige Rhythmen zwischen Abba und AcidJazz. Mandarin Kasino, 20 Uhr29.4. Bernd Begemann & Band – Traurige Songs,gnadenloser Hüftschwung, tolles Entertainment.Uebel & Gefährlich, 20 Uhr (Siehe Beitrag Seite 10)29.4. + 30.4. Lotto King Karl & Die Barmbek Dreamboys – Liebling aller HSV-Fans, weil derSänger, Radiomoderator und Stadionsprecher mitso viel Inbrunst „Hamburg, meine Perle” singt.Color Line Arena, 19 Uhr2.5. Ivo Pogorelich – Klavierkonzert. Pogorelichprovoziert und inszeniert. Der Pianist aus Kroatienspielt Werke von Schumann und Liszt. Laeiszhalle– Musikhalle Hamburg, 20 Uhr

25 HAMBURG– DAS MAGAZIN DER HANSESTADT

Hier spielt die MusikHamburg, was geht? Eine Auswahl der wichtigsten Termine im April und Mai.

MUSIK/KONZERTE

Brahms und die Folgen: Beim Ostertöne-Festival spielt das Nash Ensemble Werke der britischen Moderne.

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KALENDER

HAMBURG – DAS MAGAZIN AUS DER HANSESTADT 26

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48 Stunden HamburgNur zwei Tage Zeit? Das wird aber knapp. An diesen Orten sollten Sie gewesen sein.

Ankommen. In Hamburgund im Abend. Die Bank

am Fenster im Kurhaus (Beim GrünenJäger 1) ist der perfekte Platz dafür. Diekleine Bar mit den beruhigend blauenWänden liegt zwischen Schanze undKiez. Sobald die Witterung es zulässt,verteilt sich das Publikum auf Gehwegund Kantstein davor.

Beim Imbiss Kleine Pau-se (Wohlwillstr. 37) die

Grundlage für den Rest des Abendsschaffen. Beantworten Sie die Frage„Auffe Pommes was drauf?“ souveränmit „Schranke“. Ganze Sätze gehen zurNot auch. Wenn Sie es etwas schickermöchten: Das Mess (Turnerstr. 9), einSouterrainlokal im Karolinenviertel,serviert originelle Crossover-Küche.

Es sind 453 Stufen, aberder Aufstieg lohnt sich. Al-

lein schon, um hinter dem Zifferblatt vonSt. Michaelis (Englische Planke 1) dieGlockenschläge zu spüren. Täglich um 10und um 21 Uhr spielt der Trompeter JosefThöne in alle Himmelsrichtungen Chorälevom Turm des „Michels“.

Hinter der grauen Schaledes Bunkers verbergen

sich Discos, Galerien und Tanzstudios.Und ein neuer Liveclub namens Uebel& Gefährlich (Feldstr. 66) – ein Name,den die Macher „schön doof“ finden.Demnächst spielen Blumfeld, Die Ster-ne, The Streets und Tocotronic.

Na gut, hier ist es etwas

eng. Man könnte aber

auch sagen: familiär und im besten Sinne

uncool. Ein Abend in Rosis Bar (Ham-

burger Berg 7) ist so, als hätte auf einer

Wohnzimmerparty plötzlich jemand an-

gefangen zu tanzen und die, die eigent-

lich gerade gehen wollten, damit ange-

steckt. Je nach DJ läuft Rockabilly, Hip-

Hop, Elektro oder Udo Jürgens.

Suchen Sie nicht erst lange,gehen Sie gleich im Café

Paris (Rathausstr. 4) zum Brunch. DieDecke mit den prächtigen Jugendstil-kacheln erzählt vom Kaufmannsstolz ver-gangener Tage; in der Vitrine am Tresenstehen Apfeltarte und verschiedene Käse.Vermutlich das schönste Café der Stadt.

Stöbern! Nach Klassik, Jazzund Oper am besten bei

Hanse CD (Große Bleichen 36). Nach al-lem anderen und dem, was es sonst nir-gends gibt, bei Michelle Records (Gertru-denkirchhof 10) – legendär auch wegender „Schaufensterkonzerte“.

Hunger? Schön ist’s im An-no 1905 (Holstenplatz 17),

das noch heute so aussieht wie vor 101Jahren. Wagen Sie sich getrost mal anLabskaus, der ist hier richtig lecker. Alter-native: Teufels Küche (Ottenser Haupt-str. 47), wo man den Köchen in die Töpfegucken kann.

Ein wirklich schöner Ortfür Konzerte ist die Fa-

brik (Barnerstr. 36.) Früher wurdenhier Holzbearbeitungsmaschinen zu-sammengeschraubt, heute treten Rock-und Jazzmusiker auf, oft auch Legen-den wie Eric Burdon oder Ted Nugent.

Nach dem Shopping sinddie „Teatime classics“ in

der Laeiszhalle (Johannes-Brahms-Platz)jetzt genau das Richtige! Einfach imBrahms-Foyer auf ein neobarockes Stühl-chen fallen lassen, Tee trinken und ab 16Uhr Nachwuchstalenten bei der Kam-mermusik lauschen.

18.00

20.00

21.00

00.00

09.30

11.00

13.00

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15.30

Frühling an der Außenalster. Im Café sitzen und Segelboote kucken. So entspannt ist Hamburg.

FREITAG

5.5. Santana – Latin Pop. Im März war Carlos San-tana noch in Südamerika, im April und Mai kommter nach Europa. Color Line Arena, 20 Uhr7.5. Elbklänge – Kurz bevor der Hafengeburtstagmit der Auslaufparade der Schiffe zu Ende geht,tönt Mendelssohn Bartholdys „Meeresstille undGlückliche Fahrt“ durch das Kirchenschiff des„Michels“. Sonderkonzert der Hamburger Philhar-moniker unter Simone Youngs Leitung. Auch aufdem Programm: Händels „Wassermusik“ und Kon-zertarien von Mozart. St.-Michaelis-Kirche, 14 Uhr 9.5. Jessye Norman – Primadonna assoluta. Siehat legendäre Auftritte wie den zur 200-Jahr-Feierder Französischen Revolution auf den Champs-Ély-sées absolviert. Die 60-jährige amerikanische So-pranistin, eine perfektionistische Künstlerin, istauf großer Welttournee. Bei ihrem Liederabend„Between Love and Loss“ singt sie Werke vonSchubert, Strauss, Cole Porter und Bernstein. Laeiszhalle – Musikhalle Hamburg, 19.30 Uhr10.5. Skin – Ihre Wahnsinnsstimme kennt jeder:Skin, geboren auf Jamaika, war die Sängerin derRockband Skunk Anansie und ist mittlerweile allein unterwegs. Große Freiheit 36, 21 Uhr18.5. Johnny Liebling – Die Hamburger Band jazzt und swingt mit der achtköpfigen Formation„Der Fall Böse“. Mandarin Kasino, 20 Uhr 20.5. Blumfeld – Hamburger Gitarrenpop, einHeimspiel also für Jochen Distelmeyer und seineBand. Uebel & Gefährlich, 21 Uhr24.5. Revolverheld – Lässige Rockmusik vonJungs aus Hamburg und Bremen. Große Freiheit36, 21 Uhr

28.5. Mark Knopfler und Emmylou Harris –Knopfler war der Gitarrist der Dire Straits. Gemein-sam mit Countrylegende Harris singt er jetzt imDuett. Color Line Arena, 20 Uhr28.5. Michael Bublé – Der kanadische Entertainerinterpretiert Songklassiker wie „I’ve Got You Un-der My Skin“ und „Crazy Little Thing Called Love“in der Tradition von Frank Sinatra und Dean Mar-tin. Freilichtbühne im Stadtpark, 19 Uhr

3.4. Lexikon des frühen 21. Jahrhunderts – Die-ehemaligen Tagesschau-Sprecher Jo Brauner,Dagmar Berghoff und Wilhelm Wieben lesen Erklärungen der wichtigsten Begriffe der letztenJahre – von „Arschgeweih“ bis „zeitnah“.Schmidt Theater, 21 Uhr 6.4. Die Entdeckung der Currywurst – Schauspielnach der Novelle von Uwe Timm. Eine Liebes-geschichte der Nachkriegszeit, die von LenaBrückner handelt, einer Imbissbesitzerin auf dem Hamburger Großneumarkt. Im Foyer bereitet Tim Mälzer am Premierenabend Currywürste zu.Premiere im Ernst Deutsch Theater13.4. Nachtasyl von Maxim Gorki – Klassiker überMenschen am Abgrund der Gesellschaft. Premie-re im Deutschen Schauspielhaus19.–26.4. Vattenfall Lesetage – Literaturfestivalmit Daniel Kehlmann, Moritz von Uslar, Gilad Atz-mon, Paul Nizon, Michel Friedman u.v.m. Gelesenwird an ungewöhnlichen Orten: auf der Skater-Bahn, im Planetarium oder im türkischen Bad. Pro-gramm unter: www. vattenfall.de/lesetage

27 HAMBURG – DAS MAGAZIN AUS DER HANSESTADT

In Gehweite der Fabriksteht das Blaue Haus

(Große Brunnenstr. 55), wo Sie riesigeCocktails erwarten. Hier lohnt sich so-gar der Gang zu den eigenwillig gestal-teten Klos. Vor allem für Frauen: Dervenezianische Spiegel erlaubt den Blicknach nebenan zu den Männern.

Die Fähre 62 fährt für1,50 Euro flussabwärts,

wo das Ufer allmählich grüner wird. ImMuseumshafen Övelgönne (Fähranle-ger Neumühlen) liegen alte Hochsee-kutter, Schlepper und Barkassen – undein Dampfer, in dem man fabelhafteBratkartoffeln bekommt und bei Hoch-wasser den zu tief geparkten Autosbeim Wegschwimmen zusehen kann.

Seit Jahren schwebt überdem Hafenklang (Cars-

ten-Rehder-Str. 51–53) die Abrissbirne,doch gerade das Provisorische machtden Charme dieses Clubs aus. Abendsspielen hier Bands, sonntags wird zuCrêpes und Milchkaffee elektronischeMusik aufgelegt.

Hamburg zu verlassen,ohne auf Hafenrund-

fahrt zu gehen, wäre ein schweres Ver-säumnis. Nehmen Sie aber unbedingteine der unscheinbaren alten Barkassen,denn die modernen schwimmendenRiesenbügeleisen passen nicht unter denBrücken der Speicherstadt durch. Aufder Fahrt kommen Sie am KaispeicherA vorbei, auf dessen Dach sich vielleichtschon bei Ihrem nächsten Besuch einewellenförmige Glaskonstruktion erhe-ben wird: die Elbphilharmonie.

SONNTAG

22.30

11.30

14.30

16.30

Generation Rock: Revolverheld spielen unbeschwerte Hymnen.

Schlafen an der Elbe: Designhotel oder Pen-sion? Vier Sterne? Oder reicht auch einer?Am einfachsten finden und buchen SieÜbernachtungen sowie Tickets für allewichtigen Hamburger Kultur-Events unter: www.hamburg-tourismus.de .

BÜHNENPREMIEREN/LESUNGEN

SONNTAG

22.4. Die schmutzigen Hände von Jean-Paul Sartre – Drama um Entscheidungsfreiheit undVerantwortung in der Zeit der deutschen Besat-zung. Premiere im Thalia Theater4.5.–27.5. SchmidtCom – Das erste „Hambur-ger Comedy Festival“. Mit dabei: Ingo Apelt, Char-lotte Roche und Heinz Strunk, Django Asül, Dr. Eckart von Hirschhausen und andere. SchmidtTheater und im Schmidts Tivoli. www.schmidts.de7.5. Idomeneo – Neuproduktion des Mozart-Wer-kes unter der Leitung der englischen Dirigentinund Mozart-Spezialistin Julia Jones. Premiere inder Hamburgischen Staatsoper. Weitere Vor-führungen am 10., 16., 20., 25. und 30. Mai 21.5. Abseits-Melodie – Liederabend rund umdas Thema Fußball. Uraufführung im DeutschenSchauspielhaus23.5.–8.6. Hamburger Autorentheatertage – Einsder führenden Festivals der zeitgenössischen Dramatik mit Gastspielen des Wiener Burgtheaters(Elfriede Jelineks „Babel“), der Münchner Kam-merspiele und anderer Bühnen. Eines der High-lights ist Lars von Triers „Dogville“ in der Inszenie-rung des Staatstheaters Stuttgart. Den Abschluss

der Veranstaltung bildet die „Lange Nacht der Au-toren“: Hubert Spiegel, Juror und Leiter des Lite-raturressorts der FAZ, wählt vier Stücke aus, dienach zweiwöchiger Probenphase als einmaligeWerkstattinszenierungen auf die Bühne kommen.Thalia Theater und Thalia in der Gaußstraße.Details zum Programm: www.thalia-theater.de27.5. Abalon, one nite in Bangkok – Kammer-spiel von Fritz Kater. Zwei Brüder, nachts in Bang-kok: Der Ältere kommt zu Besuch, der Jüngerewill sich umbringen. Premiere im Thalia in derGaußstraße

Bis 17.4. Hamburger Dom – Riesenrad fahren,Zuckerwatte schlecken, Geisterbahn fahren,Schmalzgebäck naschen: Auf dem Heiligengeist-feld trifft sich, wer große Jahrmärkte liebt.21.4.–23.4. Pok ta Pok – Historisches Ballspiel-Spektakel: „Pok ta Pok“ gilt als ein Fußball-Vor-läufer und stammt aus dem mexikanischen Hoch-land. Mit der Hüfte müssen die Spieler einen Kaut-schukball durch ein Steintor befördern. Auf demRathausmarkt, www.fifawm2006.hamburg.de

23.4. Conergy Marathon – Die vielleicht schönsteArt, die Hansestadt zu Fuß kennen zu lernen: der21. Hamburg-Marathon.29.4. Lange Nacht der Museen – 46 HamburgerMuseen vom Abwasser- und Sielmuseum bis zumZoologischen und Botanischen Museum habenbis 2 Uhr geöffnet. Über 600 Programmpunktesind geplant, elf Busrouten verbinden die Aus-stellungsorte. Das Ticket kostet 12 Euro.www.langenachtdermuseen.hamburg.de5.5.–7.5. Hafengeburtstag – Das größte Hafenfestder Welt mit Schiffsparaden und Feuerwerk.www.hafengeburtstag-hamburg.de13.5.–21.5. Tennis Masters Series – Traditions-turnier am Rothenbaum: Weltklasse-Tennis aufdem größten Center Court Deutschlands.19.5. Japanisches Kirschblütenfest – Schon seit1968 feiert Hamburg das Erblühen seiner inzwi-schen über 5000 japanischen Kirschbäume, diejapanische Gemeinde spendiert das Feuerwerk.25.5.–28.5. Tischfußball Weltmeisterschaft –Bei der Tischfußball-WM in der großen Auktions-halle am Fischmarkt muss das Runde ins Eckige.

Mamma Mia – „Dancing Queen” und „Super Trou-per” – die Abba-Kulthits rauf und runter, dazu gibtes eine Geschichte rund um die Träume dreierFreundinnen in den wilden 70ern. Dirty Dancing – 1963: Es ist Sommer und allenennen sie Baby. Frances fährt mit ihrer Familie inein Ferienhotel in den Bergen. Und verliebt sichverbotenerweise in den Tänzer Johnny. Der Kino-klassiker seit März neu als Musical. König der Löwen – Mit der Barkasse nach Afrika:Wer die Geschichte des kleinen Löwenjungen Sim-ba sehen und hören möchte, nimmt den Schiff-Shuttle zum Musicalzelt am anderen Ufer der Elbe.www.stage-entertainment.de

KALENDER

HAMBURG – DAS MAGAZIN DER HANSESTADT 28

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MUSICALS

FESTE & SPORTEVENTS

DIRTY DANCING

Heinz Strunk macht Quatsch bei SchmidtCom. Hier geht’s rund: Hamburger Dom. Jetzt auch als Musical: „Dirty Dancing“.

GEWINNSPIEL: KOMMEN SIE NACH HAMBURGHat Ihnen unser Magazin Lust auf Hamburg gemacht? Dann besu-chen Sie uns! Mit etwas Glück können Sie zwei Übernachtungen mitFrühstück in einem Doppelzimmer im Grand Elysee Hotel Ham-burg gewinnen, dazu eine Hamburg CARD und zwei Tickets für dasMusical „Mamma Mia“.

Die Preisfrage: Welches Mozart-Werk hat im Mai an der Hamburgischen Staatsoper Premiere?

Schicken Sie die Lösung per Mail an: [email protected] oder per Postkarte an die Hamburg Marketing GmbH, Kennwort „Hamburg-Magazin“, Steinstr. 7, 20095 HamburgWir freuen uns auch über Kritik und Anregungen. Was hat Ihnen an unserem Magazin gefallen? Was haben Sie vermisst? Schreiben Sie uns! Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Bis 7.5. Sexarbeit. Prostitution – Lebensweltenund Mythen – Allein in Deutschland arbeiten et-wa 200000 Menschen im Sexgewerbe, ihr Jah-resumsatz wird auf 14 Milliarden Euro geschätzt.Die Ausstellung beschäftigt sich ohne erhobe-nen Zeigefinger mit der Kulturgeschichte der In-dustrie und zeigt Exponate aus den Jahren 1850bis 2005. Im Mittelpunkt stehen Themenkom-plexe wie Arbeitsmigration, Drogenprostitutionund Menschenhandel. Museum der ArbeitBis 14.5. Edward Munch – „... aus dem mo-dernen Seelenleben“ heißt die Ausstellung mitden Werken des Norwegers (1863–1944). DieHamburger Kunsthalle besitzt eine der bedeu-tendsten Munch-Sammlungen außerhalb Nor-wegens. Kunsthalle Bis 25.5. Rodin in Deutschland – Werke desfranzösischen Bildhauers Auguste Rodin(1840–1917) sind im Bucerius Kunstforum zusehen: Bronzen und Marmorarbeiten, Gipsplas-tiken, Skizzen und Studien – z.T. Leihgaben desPariser Musée Rodin. Bucerius Kunstforum

Bis 28.5. Chaplin in pictures – Mensch, My-thos, Filmemacher – Ein Hut, ein Stock, ein Ko-miker. In den Deichtorhallen hängen 250 Foto-grafien aus dem Leben des englischen Schau-spielers und Regisseurs Charlie Chaplin(1889–1977), die erstmals in Deutschland zusehen sind. DeichtorhallenBis 5.6. Entfesselt – Expressionismus inHamburg um 1920 – Im Mittelpunkt der etwa350 Objekte umfassenden Ausstellung stehendie selbst geschneiderten Ganzkörpermaskenund Kostüme des Hamburger Tänzerpaars LaviniaSchulz und Walter Holdt. Museum für Kunst undGewerbe Bis 5.6. SNAFU. Medien, Mythen, Mind Con-trol – Das Medium Video kann der Befreiung,aber auch der Kontrolle dienen. Die Galerie derGegenwart und Hamburger Kunsthalle zeigenArbeiten, die diesen Widerspruch aufgreifen. 30.4.–26.11. Faszination Fußball – Ausstellungzur WM 2006 – Warum begeistern sich Milliar-den Menschen für Fußball? Diese Frage stehtim Mittelpunkt einer interkulturellen Schau imMuseum für Völkerkunde

29 HAMBURG – DAS MAGAZIN DER HANSESTADT

HERAUSGEBERHamburg Marketing GmbHV.i.S.d.P.: Dr. Hariolf WenzlerSteinstraße 7 20095 [email protected]

VERLAGMagazin Verlagsgesellschaft Süddeutsche Zeitung mbHGeschäftführer: Rudolf Spindler

BÜRO HAMBURGAlter Wandrahm 1520047 Hamburg

Tel. 040 / 32 50 89 3Fax 040 / 32 02 99 [email protected]

REDAKTIONYork Pijahn / Heiko Zwirner(Leitung), Andrea Walter(Ka-lender), Isolde Durchholz(Schlussredaktion),

ART DIRECTIONThomas Kartsolis

AUTORENTobias Haberl, Ruth Hoff-

mann, Christoph Koch, IlkaSchmeling, Christian Sobiella,Barbara Streidl, Marc Winkel-mann, Ina Zimmermann

FOTOGRAFEN Achim Multhaupt, Gianni Occhi-pinti, Samuel Zuder, StefanMalzkorn

ANZEIGENMagazin VerlagsgesellschaftSüddeutsche Zeitung mbHAndrea HedeckerRindermarkt 5,

80331 MünchenTel. 089 / 21 83 93 24Fax 089 / 21 83 85 29

OBJEKTLEITUNGStefanie Greca

DRUCKBraun S.A., Rue Gutenberg, F-68801 Vieux-Thann, Frankreich

REPROCompumedia GmbH

FRANKREICHFranzösisch schwappt es bei „Je dansedonc je suis“ aus den Boxen, wenn DJ

Luc Le Truc den Bogen von Frenchhouse über Six-ties-Swing und Nouvelle Chanson zu französi-schem Rock spannt. Der nächste Termin: Sa 29.4., 23 Uhr, Nachtasyl (im Thalia Theater, Alstertor), 4 Euro, www.je-danse.de

GROSSBRITANNIENEin Union-Jack-Button am Parka istPflichtaccessoire im Revolver-Club. An

wechselnden Orten und unter Anleitung des DJ-Duos Benny und Marco feiern Britpop-Anhängerseit fünf Jahren ihre musikalischen Helden.Nächste Termine: 8.4., 23 Uhr, Molotow (Spiel-budenplatz 5), 4 Euro; 29.4., 23 Uhr, Mandarin Kasino (Reeperbahn 1), 5 Euro; Geburtstags-Spe-cial: So, 16.4., 20.30 Uhr, Mandarin Kasino,www.revolver-club.de

JAMAIKAEinmal im Monat werden in der PalmDancehall die Bässe aufgedreht. Das Love

Tank Soundsystem importiert die neuesten Reg-gae- und Dancehall-Singles direkt aus der Ka-ribik; das Gespann produziert aber auch eigeneRiddims. Nächster Termin: Sa 15.4., 23 Uhr, Knust(Neuer Kamp 30), 8 Euro, www.lovetank.de

KUBAAusgedehnte Lateinamerika-Reisen nutztdas DJ-Kollektiv Sonido Bestial regel-

mäßig zum Shopping. Kofferweise importierendie DJs Salsa-, Rumba- und Mambo-Scheiben,die bei ihren Clubnächten zum Einsatz kommen.Das Publikum bedankt sich mit ausgiebigemPaartanz. Nächster Termin: Sa 22.4., 22 Uhr, Ro-te Flora (Schulterblatt 71), ca. 5 Euro

RUSSLANDBerlin hat die Russendisko, Hamburg das„Datscha-Projekt“. Seit 2001 gibt das

Team um die St. Petersburgerin Tatjana Lidokho-ver Nachhilfe in osteuropäischer Lebensfreudeund Trinkfestigkeit. Nächster Termin: So 30.4., 21Uhr, Fundbureau (Stresemannstr. 114), 10 Euro,www.datscha-projekt.de

Die InternationalenAndere Länder, andere Klänge – inHamburger Clubs tanzt die Welt.

AUSSTELLUNGEN

EDWARD MUNCH

Der Verlag übernimmt für unverlangt eingesandte Unterlagen keine Haftung. Das Papier des Hamburg-Magazins wird aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff hergestellt. Bei

Nichterscheinen durch höhere Gewalt oder Streik kein Entschädigungsanspruch. Eine Verwertung der urheberrechtlich geschützten Zeitschrift und aller in ihr enthaltenen

Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit

sich aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt. Die Veröffentlichung der Veranstaltungstermine erfolgt ohne Gewähr.

Bordsteinschwalben: Die Ausstellung „Sexarbeit“ widmet sich der Geschichte der Prostitution.

Hamburg: Das Magazin der Hansestadt

IMPRESSUM

Guten Tag, Frau Kniffka. Sie haben für die Elbphilharmonie

gespendet...

Im November, Dezember und im Januar. Jeweils 50 Euro.Warum denn dreimal?

Ich bin Rentnerin – und keine reiche. Ich kann monatlich nichtmehr als 50 Euro geben. Mal sehen, ob ich diesen Monat wieder50 zusammenbekomme. Ich versuche es.Warum spenden Sie für die Elbphilharmonie?

Wie die meisten Städte ist Hamburg finanziell nicht so gut aus-gestattet. Als es die Debatte gab, ob man mit einer Stiftung dieElbphilharmonie bezahlen kann, hielt ich das für eine gute Idee.Ich mag den Gedanken, dass Bürger selber was auf die Beine stel-len. Manche sagen: Die Philharmonie ist doch nur was für dieEliten. Das halte ich für falsch.Warum?

Freude an Musik zu haben, ist keine Frage der Bildung oder desGeldes. Warum sollen nur „die da oben“ ihren Beitrag leisten?Ich tue eben meins dazu. Es gibt natürlich Menschen, die sagen:Man könnte das Geld ja auch für soziale Projekte verwenden.Ein nachvollziehbares Argument, oder?

Auf den ersten Blick – andererseits ist die Alternative „Sozialesoder Kultur“ fatal, denn wir brauchen doch beides. Ich magKlassik sehr gern. Ich bin mit der Musik von Mozart, Beethoven,Brahms aufgewachsen – nach dem Krieg, da lief ja viel Klassikim Radio. Später dann habe ich die Arbeit von Ingo Metzmacher(ehemaliger Generalmusikdirektor in Hamburg, Anm. d. Red.)in Oper und Konzert bewundert. Ich mag seitdem auch die Klas-sik des 20. Jahrhunderts sehr. Bei uns zu Hause lief so was natür-lich nicht. Da hat meine Mutter Klavier gespielt und mein Bru-der und ich Geige. Gesungen haben wir auch, aber wir warenkeine verhinderten Musikstudenten. Ich bin nicht einmal be-sonders musikalisch. Ich ziehe einfach Kraft aus der Musik. Was heißt das?

Wenn es mir mal nicht gut ging, heute würde man sagen: wennich Depri hatte – da hat mir das Geigenspiel sehr geholfen. Dengleichen Effekt hat es, wenn ich heute in die Oper oder ein Kon-zert gehe: Das baut die Seele auf und ich habe wieder Freude amLeben. Ich habe ein Abo für einen Platz in den hinteren Reihen.Man muss ja nicht vorn auf den teuren Plätzen sitzen, auch inder 25. Reihe kann man gut hören und genießen. Und übrigens:Elegante Kleidung ist auch nicht wichtig dafür.

Welche Musik möchten Sie in der Elbphilharmonie hören?

Ach ... ich mag gute Musik. Die Unterscheidung zwischen U undE in der Musik habe ich immer als etwas Künstliches empfun-den. Ich kann mir vorstellen, dass man in der Philharmonie auchSwing spielen könnte. Aber gut muss die Musik sein. Sie haben wahrscheinlich schon Zeichnungen der Philhar-

monie gesehen. Wie gefällt Ihnen das Gebäude?

Ich finde es schön. Das Dach hat so eine schwebende Leichtig-keit. Wie ein Segel über dem Kaispeicher aus norddeutschemBackstein. Das passt doch gut zu Hamburg, nicht wahr?Wie wird es sein, wenn Sie das erste Mal zu einem Konzert in

die Elbphilharmonie gehen?

Ich werde glücklich sein. Vielleicht werde ich zu mir sagen: Die-se fünf Steine an der Ecke – die hast du beigetragen.

HAMBURG – DAS MAGAZIN DER HANSESTADT 30

Spenderin vorne, Speicher hinten: Helga Kniffka hilft, dass auf dem ehe-maligen Kakaospeicher die Elbphilharmonie gebaut werden kann.

„Ich tue meins dazu“Am Hafen entsteht ein neues Wahrzeichen: die Elbphilharmonie.

Mehr als 57 Millionen Euro haben die Hamburger für den Bau gesammelt.150 Euro stammen von der Rentnerin Helga Kniffka, 66.

Interview: York Pijahn Foto: Samuel Zuder

HAMBURGER SCHULE