Erhalt terrestrischer Biodiversität im Anthropozän – Schutz durch Nutzung?

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 Das Schwäbisch-Hällische Landschwein galt in den 1980ern als ausgestorben. Durch die Steigerung der Nachfrage nach seinem Fleisch konnte die Rasse erhalten werden. Die Übernutzung der Teufelskralle als Medizinalpflanze (auch für den westlichen Markt) hat ihren Bestand stark reduziert. Unternutzung: Teile der Biodiversität bestehen nur, weil Menschen diese entwi ckelt haben und nutzen – ohne deren Nutzung gäbe es sie nicht bspw. alte Nutztierrassen (wie das Schwäbisch-Hällische Landschwein) und Kulturpflanzens orten Schutz: ausreichende Nutzung is t V oraussetzung, um den Fortbestand der Vielfalt zu gewährleisten Übernutzung:  Übern utzun g schade t dem langfri stig en Erhalt des Bes tande s bestimmter Arten und kann zu deren Aussterben führen Gründe: hoh e Nachf rage o der luk rativ e Nutzu ng bspw. nach Medizinalpflanzen wie der Teufelskralle Schutz: die Nutzun g/Ent nahme wird beschrä nkt bzw. regu liert Literatur Kueffer, C.; Kaiser-Bunbury, C. (2014): Reconciling conflicting perspectiv es for biodiversity conservation in the Anthropocene. Font Ecol Environ 12(2): 131-137. Jürgens, G.; Kaiser, M.; Levin, M. (2013): Der Stadtwald Göttingen: Ein Modell mit Zukunft – Klimaschutz, Biodiversität und Erholung im Fokus. Abschlussbericht der Sonderinventur im Göttinger Stadtwald. Greenpeace e.V. (Hrsg.), Hamburg, 1-44. Dittrich, M.; Eißing, S. (2007): Use it or Lose it: Jagdtourismus und Wildtierzucht für Naturschutz und Entwicklung – Anregungen aus Benin. In: Nachhaltigkeit hat viele Gesichter. Deutsche Gesellschaft für Techni sche Zusammenarbeit GmbH, Eschborn. Rockström, J. et al. (2009): A safe operating space for humanity . Nature (461), 472-475.  Anthro po zän – n eue Sc hu tzk on zept e fü r Biodiversität? Biodiversität: Meilensteine der Schutzbemühungen Ist in Anbetracht des ti efgreifenden und umfas senden menschlichen Einflusses Biodiversitä tsschutz durch st renge Unterschutzstell ung noch ausreichend? Welche An forderungen an den Schutz der Biodivers ität stellen sich im A nthropozän? „ Schutz durch Nutz ung“ als Konze pt für das Anthropozän? Schutz durch Nutzung „ klassisch“ – Nutztiere und Nutzpflanzen Platzhalter für Foto Das Konzept „ Schutz durch Nutzung“ thematisiert sowohl Unter- als auch Übernutzung    B    i    l    d   :    F    l   o   m    i   n   a    t   o   r  ,    2    0    0    5   a    B    i    l    d   :    F    l   o   m    i   n   a    t   o   r  ,    2    0    0    5    b    B    i    l    d   :    H  .    Z   e    l    l  ,    2    0    0    9    B    i    l    d   :    H  .    Z   e    l    l  ,    2    0    1    0    B    i    l    d   :    L   o   r    d    M   o   u   n    t    b   a    t    t   e   n  ,    2    0    0    9    B    i    l    d   :    T  .    F   a   w   a   z  ,    2    0    1    1   a Durch den limitierten, nachhaltigen Jagdtourismus, der trotz der geringen Anzahl an Jägern die größte Einnahmequelle des Biosphärenreservates Pendjari (Benin) darstellt, wird ein Großteil der Finanzierung des Parks gesichert. Das Fleisch der Tiere und ein Teil des Erlöses aus den (sehr teuren) Abschusslizenzen kommt der Bevölkerung zu. Frage der Dauerhaftigkeit des Schutzes: Nach der Absetzung des Parkdirektors durch den Umweltminister (2011) kommt es zu illegaler Wilderei (Elfenbein) und Beweidung.    B    i    l    d   :    T  .    F   a   w   a   z  ,    2    0    1    1    b   n    l   w    k   n  .   n    i   e    d   e   r   s   a   c    h   s   e   n  .    d   e    2    0    1    4 Die Bewirtschaftung des Göttinger Stadtwaldes folgt dem Prinzip der Ernte weniger Bäume mit maximaler Wertschöpfung anstatt maximaler Holzmenge. Die Wirtschaftlichkeit wird durch den Verkauf von sehr hochwertigem Starkholz gesichert. Hierbei werden natürliche Prozesse weitgehend zugelassen, ca. 160 ha Wald wurden der Nutzung ganz entnommen und stellen wichtige Habitate für den Schutz der biologischen Vielfalt dar.    G    ö    t    t    i   n   g   e   r    T   a   g   e    b    l   a    t    t    1  .    1    2  .    2    0    1    3    B    i    l    d   :    E    l   c    h    h   a   u   s  ,    2    0    1    1  ? Extrapolations for a range of indicators suggest th at based on current trends, pressures on biodiversity will continue to increase at least until 2020, and that the status of biodiversity will continue to decline(GBO-4, Executive Summary: 10) Raum für weitere Ideen und Anforderungen: (eigene Darstellung) (Rockström et al. 2009: 472)    B    i    l    d   :    B   o    t   a   u   r   u   s    2    0    0    9 Bildmaterial JennyKS (2012): http://commons.wikimedia .org/wiki/File:F ence_line_gradient_-_cam el_control.JPG ?uselang=de Flominator (2005a): http://comm ons.wikimedia.o rg/wiki/File:Sh-la ndschweine.jpg Flominator (2005b): http://comm ons.wikimedia.o rg/wiki/File:Sh-la ndschwein.jpg H. Zell (2009): http://comm ons.wikimedia. org/wiki/File:P hyteuma_hemisp haericum_03.JPG ?uselang=de H. Zell (2010): http://comm ons.wikimedia.org/wiki/File:Harpagophytum_procum bens_002.JPG?us elang=de T. Fawaz (2011a): http://comm ons.wikimedia. org/wiki/File:P arc_national_de_la_Pen djari.JPG?uselang =de T. Fawaz (2011b): http://comm ons.wikimedia.o rg/wiki/File:%C 3%89l%C3%A9 phants.JPG?us elang=de Lord Mountbatten (2009): http://comm ons.wikimedia. org/wiki/File:Wild ebeest_%28Namibia %29.jpg?uselang=de Elchhaus (2011): http://commons.wikimedia.org/wiki/File:TotholzSW.JPG Botaurus (2009): http://comm ons.wikimedia. org/wiki/File:Lau bwald-am-T eufelssee-bei-Thelk ow-19-09-2008-071.jpg Erhalt terrestrischer Biodiversität im Anthropozän – Schutz durch Nutzung ? Barbara Bernard, Diana Kaiser, Katrin Reuter   ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung Frankfurt am Main, De utsc hland Bild: JennyKS 2012

Transcript of Erhalt terrestrischer Biodiversität im Anthropozän – Schutz durch Nutzung?

 

 

Das Schwäbisch-Hällische Landschwein galt in den 1980ern als ausgestorben. Durch

die Steigerung der Nachfrage nach seinem Fleisch konnte die Rasse erhalten werden.

Die Übernutzung der Teufelskralle als Medizinalpflanze (auch für den westlichen Markt)

hat ihren Bestand stark reduziert.

Unternutzung:

• Teile der Biodiversität bestehen nur, weil Menschen diese entwickelt

haben und nutzen – ohne deren Nutzung gäbe es sie nicht

bspw. alte Nutztierrassen (wie das Schwäbisch-Hällische

Landschwein) und Kulturpflanzensorten

• Schutz: ausreichende Nutzung ist Voraussetzung, um den Fortbestand

der Vielfalt zu gewährleisten

Übernutzung:  

• Übernutzung schadet dem langfristigen Erhalt des Bestandes

bestimmter Arten und kann zu deren Aussterben führen

• Gründe: hohe Nachfrage oder lukrative Nutzung

bspw. nach Medizinalpflanzen wie der Teufelskralle

• Schutz: die Nutzung/Entnahme wird beschränkt bzw. reguliert

LiteraturKueffer, C.; Kaiser-Bunbury, C. (2014): Reconciling conflicting perspectives forbiodiversity conservation in the Anthropocene. Font Ecol Environ 12(2): 131-137.

Jürgens, G.; Kaiser, M.; Levin, M. (2013): Der Stadtwald Göttingen: Ein Modell mitZukunft – Klimaschutz, Biodiversität und Erholung im Fokus. Abschlussbericht derSonderinventur im Göttinger Stadtwald. Greenpeace e.V. (Hrsg.), Hamburg, 1-44.

Dittrich, M.; Eißing, S. (2007): Use it or Lose it: Jagdtourismus und Wildtierzucht fürNaturschutz und Entwicklung – Anregungen aus Benin. In: Nachhaltigkeit hat vieleGesichter. Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH, Eschborn.

Rockström, J. et al. (2009): A safe operating space for humanity. Nature (461), 472-475.

 Anthropozän – neue Schutzkonzepte fü r

Biodiversität?Biodiversität: Meilensteine der Schutzbemühungen

• Ist in Anbetracht des tiefgreifenden und umfassenden menschlichen Einflusses Biodiversitätsschutz durch strenge Unterschutzstellung

noch ausreichend?

• Welche Anforderungen an den Schutz der Biodiversität stellen sich im Anthropozän?

„ Schutz durch Nutzung“ als Konzept für das Anthropozän?

Schutz durch Nutzung „ klassisch“ – Nutztiere und Nutzpflanzen

Platzhalter für Foto

Das Konzept „ Schutz durch Nutzung“ thematisiert sowohl Unter- als auch Übernutzung

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Durch den limitierten, nachhaltigen Jagdtourismus, der trotz der geringen Anzahl anJägern die größte Einnahmequelle des Biosphärenreservates Pendjari (Benin) darstellt,wird ein Großteil der Finanzierung des Parks gesichert. Das Fleisch der Tiere und einTeil des Erlöses aus den (sehr teuren) Abschusslizenzen kommt der Bevölkerung zu.Frage der Dauerhaftigkeit des Schutzes: Nach der Absetzung des Parkdirektors durchden Umweltminister (2011) kommt es zu illegaler Wilderei (Elfenbein) und Beweidung.

   B   i   l   d  :

   T .

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Die Bewirtschaftung des Göttinger Stadtwaldes folgt dem Prinzip der Ernte wenigerBäume mit maximaler Wertschöpfung anstatt maximaler Holzmenge. DieWirtschaftlichkeit wird durch den Verkauf von sehr hochwertigem Starkholz gesichert.Hierbei werden natürliche Prozesse weitgehend zugelassen, ca. 160 ha Wald wurdender Nutzung ganz entnommen und stellen wichtige Habitate für den Schutz derbiologischen Vielfalt dar.

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„Extrapolations for a range of indicators suggest that based on current trends, pressures on biodiversity will continue to increase at

least until 2020, and that the status of biodiversity will continue to decline“ (GBO-4, Executive Summary: 10)

Raum für weitere Ideen und Anforderungen:

(eigene Darstellung) (Rockström et al. 2009: 472)

   B   i   l   d  :

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BildmaterialJennyKS (2012): http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fence_line_gradient_-_camel_control.JPG?uselang=deFlominator (2005a): http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sh-landschweine.jpgFlominator (2005b): http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sh-landschwein.jpgH. Zell (2009): http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Phyteuma_hemisphaericum_03.JPG?uselang=deH. Zell (2010): http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Harpagophytum_procumbens_002.JPG?uselang=deT. Fawaz (2011a): http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Parc_national_de_la_Pendjari.JPG?uselang=deT. Fawaz (2011b): http://commons.wikimedia.org/wiki/File:%C3%89l%C3%A9phants.JPG?uselang=deLord Mountbatten (2009): http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wildebeest_%28Namibia%29.jpg?uselang=deElchhaus (2011): http://commons.wikimedia.org/wiki/File:TotholzSW.JPGBotaurus (2009): http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Laubwald-am-Teufelssee-bei-Thelkow-19-09-2008-071.jpg

Erhalt terrestr ischer Biodiversität im Anthropozän –Schutz durch Nutzung?

Barbara Bernard, Diana Kaiser, Katrin Reuter  

ISOE – Institut für sozial-ökologische ForschungFrankfurt am Main, DeutschlandBild: JennyKS 2012