Erhöhte Transparenz in der Fertigung - etz.de · Als Tochterorganisation der Worthington...

3
33 12/2013 www.etz.de Erhöhte Transparenz in der Fertigung Worthington Cylinders GmbH im niederösterreichischen Kienberg setzt seit über 80 Jahren weltweit Standards bei der Produktion von nahtlosen Stahlflaschen. Für die Umstellung der bislang manuell geführten Plantafel auf ein integriertes Feinplanungssystem entschied man sich für die MES-Lösung „cronetwork“. Text: Eckhard Winter A ls Tochterorganisation der Worthington Industries Group beschäftigt Worthington Cylinders am Standort Kienberg mehr als 330 Mitarbeiter und ist einer der be- liebtesten Arbeitgeber in der Region. 600 000 nahtlose Rohr- und Blockflaschen für Industriegas, Medizin und Lebensmittelindustrie, CNG, Feuerlöschsysteme, Atemluft, Rettungsausrüstung, etc. werden in einer Fließfertigung produziert. Das Unternehmen liefert eine breite Palette von Flaschen in 70 Länder weltweit. Sicherheit, Qualität und Produktivität sind das Mantra des erfolgreichen Metallverarbeiters. Auf allen Ebenen wer- den kontinuierlich Maßnahmen getroffen, um sichere Pro- dukte in hoher Qualität zu liefern und schnell sowie flexibel zu reagieren. Ausgangssituation Im IT-Bereich galt es, eine letzte große Schwachstelle im gesamten Informationsfluss zu beseitigen, denn die Planung erfolgte noch immer manuell mit einer Kombination aus Microsoft Access und Papier. „Unsere Planungsqualität war durch das hohe Know-how und die lange Firmenzugehörig- keit der Planer zwar trotzdem in Ordnung, aber das Pla- nungsverfahren war sehr aufwendig. Rückmeldungen wur- den einmal täglich auf das Planungspapier eingetragen, was Worthington Cylinders ist weltweit führender Hersteller von nahtlosen Stahlflaschen

Transcript of Erhöhte Transparenz in der Fertigung - etz.de · Als Tochterorganisation der Worthington...

Page 1: Erhöhte Transparenz in der Fertigung - etz.de · Als Tochterorganisation der Worthington Industries Group beschäftigt Worthington Cylinders am Standort

3312/2013 www.etz.de

Erhöhte Transparenz in der FertigungWorthington Cylinders GmbH im niederösterreichischen Kienberg setzt seit über

80 Jahren weltweit Standards bei der Produktion von nahtlosen Stahlflaschen.

Für die Umstellung der bislang manuell geführten Plantafel auf ein integriertes

Feinplanungssystem entschied man sich für die MES-Lösung „cronetwork“.

Text: Eckhard Winter

Als Tochterorganisation der Worthington Industries Group beschäftigt Worthington Cylinders am Standort

Kienberg mehr als 330 Mitarbeiter und ist einer der be-liebtesten Arbeitgeber in der Region. 600 000 nahtlose Rohr- und Block�aschen für Industriegas, Medizin und Lebensmittelindustrie, CNG, Feuerlöschsysteme, Atemluft, Rettungsausrüstung, etc. werden in einer Fließfertigung produziert. Das Unternehmen liefert eine breite Palette von Flaschen in 70 Länder weltweit.

Sicherheit, Qualität und Produktivität sind das Mantra des erfolgreichen Metallverarbeiters. Auf allen Ebenen wer-den kontinuierlich Maßnahmen getro�en, um sichere Pro-

dukte in hoher Qualität zu liefern und schnell sowie �exibel zu reagieren.

Ausgangssituation

Im IT-Bereich galt es, eine letzte große Schwachstelle im gesamten Informations�uss zu beseitigen, denn die Planung erfolgte noch immer manuell mit einer Kombination aus Microsoft Access und Papier. „Unsere Planungsqualität war durch das hohe Know-how und die lange Firmenzugehörig-keit der Planer zwar trotzdem in Ordnung, aber das Pla-nungsverfahren war sehr aufwendig. Rückmeldungen wur-den einmal täglich auf das Planungspapier eingetragen, was

Worthington Cylinders ist weltweit führender Hersteller von nahtlosen Stahlflaschen

Page 2: Erhöhte Transparenz in der Fertigung - etz.de · Als Tochterorganisation der Worthington Industries Group beschäftigt Worthington Cylinders am Standort

FERTIGUNGS- & MASCHINENAUTOMATION

34 www.etz.de 12/2013

hohen Aufwand bedeutete und nicht die gewünschte Daten-aktualität brachte“, erläutert !omas König, Leiter des MES-Projekts bei Worthington, die Problematik (Bild ). Eine integrierte Feinplanung sollte bestehende Medienbrü-che weitgehend au�ösen und den Aufwand für Datenab-gleich und Datenp�ege reduzieren. Eine wichtige Anforde-rung an die Lösung war die Flexibilität in den Schnittstellen für die Integration in die ERP-Lösung SIS und die intern entwickelte Anwendung für die Betriebsdatenerfassung (BDE).

Herausforderung für die Feinplanung

Die hoch automatisierte, verkettete Produktion mit Produk-tionsstufen von den formgebenden Prozessen über die Ver-gütung, kaltbearbeitete Produktionsschritte und Lackierung bis hin zur Qualitätskontrolle stellt eine Herausforderung in der Planung dar. 2 500 Flaschen pro Tag werden im 3- und 4-Schichtbetrieb auftragsbezogen gefertigt. Um Rüstzeiten zu minimieren und möglichst e&zient zu produzieren, fast man passende Aufträge in einer Losfertigung zusammen und pu�ert diese in den Flaschenspeichern zwischen.

Die Planung erfolgt stark automatisiert. Es sind Strate-gien für eine Reihung bzw. Vorreihung der Aufträge hin-terlegt. Nach fünf relevanten Rüstkriterien wird am Eng-pass hierarchisch automatisch eingeplant (erst alle gleichen Durchmesser zusammen, innerhalb dessen Optimierung nach Bodenform, innerhalb derer Optimierung nach Wand-stärke usw.). Der Planer greift manuell nur mehr für das Feintuning bei den Engpassanlagen ein. Die nachfolgen-den Prozesse in der verketteten Fließfertigung werden dann auto matisch geplant.

Es wird in einer Linie gefertigt, daher muss das System dafür sorgen, dass sich die Reihenfolge der Arbeitsgänge auf einer Maschine nicht verändert. Dies wird durch eine aus-geklügelte Planungsstrategie realisiert.

Implementierung der MES-Lösung

„Die Feinplanung ist für uns die Basis, um in Richtung einer papierlosen Fertigung zu gehen. Sie ermöglicht es uns, eine Reihe von Folgeprojekten zu initiieren“, betont T.  König den Stellenwert des Projekts für Worthington. Dementspre-chend sensibel war auch die Entscheidung für ein Feinpla-nungssystem. Nach einem detaillierten Evaluierungsprozess 'el die Wahl im Sommer 2011 auf den Linzer MES-Anbieter Industrie Informatik [1] und die Lösung „cronetwork“. „Uns haben nicht nur die Produktfeatures und die beeindrucken-de internationale Referenzliste überzeugt, sondern auch das profunde Know-how und der persönliche Einsatz der Indus-trie Informatik bis in die Geschäftsleitungsebene. In der Implementierungsphase wurde die Flexibilität der ‚cronet-work‘-Schnittstellen voll ausgereizt und die Zusammenar-beit der einzelnen Teams war vorbildlich“, zieht Projektver-antwortlicher T. König ein positives Resümee.

Mitte 2012 konnte die Feinplanung der MES-Lösung mit Plantafel in Echtbetrieb gehen und stellt heute das zentrale Werkzeug einer transparenten und optimierten Produk-tionssteuerung dar, mit dem die Prozesse und Ressourcen der Produktion ganzheitlich im Gri� sind.

„Ein wesentlicher Vorteil ist die Hinterlegung der zusätz-lichen Planungsfaktoren, wie Rüstmatrizen, Stillstandstage, Schichtmodelle und Pausenzeiten, die damit automatisch in der Feinplanung berücksichtigt werden. Urlaube oder ge-plante Stillstände wie Reparaturen können in der MES-Lösung einfach ergänzt werden und müssen nicht mehr manuell berücksichtigt werden“, berichtet Martin Emsen-huber, Projekt- und Six Sigma-Mitarbeiter bei Worthington. Die vereinheitlichte Plankalendergrundlage, in die auch die auftragsbezogenen Daten wie Zykluszeiten ein�ießen, ist ein großes Bene't. Jetzt steckt das Wissen, über das bisher nur der Planer verfügte – und auch das nur auf Monatssicht – in der Software, ein weiterer großer Vorteil. „Unser Planungs-horizont hat sich dadurch erweitert und die Daten stehen allgemein zur Verfügung.“

Ganz wichtig ist die Transparenz für alle an der Produk-tion Beteiligten und die Visualisierung der Planung: Umrüs-tungen wie ein großer Durchmesserwechsel werden farblich über die Klassi'zierungen dargestellt. Damit braucht der Werkzeugmeister nicht mehr nachfragen und der Schicht-meister und der Produktionsleiter können Einsicht nehmen.

Mit Simulationen Optionen ausreizen

„Wir orientieren uns bevorzugt an dem maximal Möglichen, als an einem Durchschnittswert“, verrät T. König einen der Erfolgsfaktoren von Worthington. „Wir haben zwar unsere Planungsprämissen, aber heute können wir durchspielen, welche Auswirkungen etwas hätte, wenn es um 10 % besser liefe“, ergänzt M. Emsenhuber. Die MES-Lösung ermög-licht Simulationen und Planszenarien in Bezug auf die Optimierung von Durchlaufzeiten und die Einhaltung von Lieferterminen. Wesentliche Ein�ussfaktoren dabei sind Ressourcen- und Materialverfügbarkeiten, Umrüstvorgänge, Sonderarbeiten, Splitten von Aufträgen oder die Berücksich-tigung von Fertigungspu�ern.

Der gesamte Ablauf wird generell harmonischer. Der In-formationsgewinn greift beispielsweise unmittelbar bei der

01 Thomas König ist Leiter des MES-Projekts bei Worthington

Cylinders GmbH

Page 3: Erhöhte Transparenz in der Fertigung - etz.de · Als Tochterorganisation der Worthington Industries Group beschäftigt Worthington Cylinders am Standort

3512/2013 www.etz.de

Materialdisposition, wo man sich de'nitiv Wegzeiten und Zettelwirtschaft erspart. Es nimmt viel Druck von den zu-ständigen Mitarbeitern, die anstatt nur zu reagieren wie bis-her, jetzt für sich disponieren und Material vorausschauend „just in time“ bereitstellen können (Bild ).

Auch Sonderarbeiten, die bei einzelnen Aufträgen anfal-len und für die situativ Leiharbeiter eingestellt werden müs-sen, können jetzt besser und vorausschauender geplant wer-den. „Wir ersparen uns dadurch teure Überstunden oder Wochenendeinsätze“, führt T. König ein Beispiel aus einer langen Reihe von konkreten Verbesserungen seit der Um-stellung an. Ein weiteres Beispiel für den E&zienzgewinn dank der präzisen und transparenten Planung ist die recht-zeitige Disposition der Lkw bzw. der Abnehmer für gewisse Flaschentypen.

Usability als Highlight in der täglichen Praxis

Die Bedienerfreundlichkeit von „cronetwork“ kommt in der täglichen Planung voll zum Tragen. „An der Feinplanung gefällt uns besonders die Rückschau, die dem Planer die einfache Möglichkeit gibt, auch nach Monaten abgeschlos-sene Aufträge im Infoleitstand anzuschauen, um zu sehen wann der Auftrag de'nitiv gelaufen ist. Die Auftragssuche ist jetzt generell sehr schnell und einfach und die Möglich-keit von Klassi'zierungen und Filtern, Ansichten und frei kon'gurierbaren Balken mit variabel de'nierbarem Infor-mationsumfang ist sehr praxisnah gelöst. Die Kombination aus Listenform und Balkendarstellung hat uns vor cronet-work gefehlt und war ein ausschlaggebender Punkt für das Projekt generell. Ergänzt um den Snapshot aus der BDE, der uns eine Momentaufnahme aus der Produktion liefert, haben wir jetzt alle Komponenten für die Steuerung und Planung im Überblick“, so T. König. Zudem werden Berich-te und Auswertungen laufend auf „cronetwork“-Produk-tionsinfo umgestellt. So können Führungskräfte und Meis-

ter jederzeit das aktuelle Planungsbild über den Infoleitstand abrufen. Dies führt zu einer klaren und verständlichen In-formationsweitergabe und ermöglicht eine weitgehende Transparenz in der Produktion.

Basis für Entwicklung interner Folgeprojekte

„Mit der Feinplanung von ‚cronetwork‘ haben wir eine gro-ße Lücke in unserem digitalen Informations�uss geschlos-sen“, bringt T. König die Umstellung von einer manuellen Planung auf die integrierte Feinplanung und Leitstand des Partners Industrie Informatik auf den Punkt. „cronetwork“ war auch der Impuls für das Aufbrechen lange gelebter Ge-wohnheiten und hat einen Change-Prozess eingeleitet. Es ist ein wichtiger Baustein für unsere Vision einer papierlosen Fertigung. (hz)

Literatur

[1] Industrie Informatik GmbH, Linz/Österreich:

www.industrieinformatik.com

Autor

Dipl.-Ing. (FH) Eckhard Winter ist Geschäfts-

führer der Industrie Informatik GmbH

in Linz/Österreich.

[email protected]

02 Von der Reaktion zur

aktiven Entscheidungskom-

petenz: Die zuständigen

Mitarbeiter disponieren jetzt

selbst und können Material

vorausschauend „just in

time“ bereitstellen