HMI für Individualisten - etz.de · HMI-Konzept vor, das aus zusammen-gehörigen Hard- und...

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Fertigungs- & Maschinenautomation Heft 5/2012 : Was zeichnet Beijer Electro- nics als HMI-Lieferant aus? M. Klein: Neben der breiten, histo- risch gewachsenen Produktpalette ist es vor allem die globale Ausrichtung und unser umfangreiches Applika- tions- und Entwicklungs-Know-how. So haben wir einfache Geräte, die vorwiegend im Asiatischen Raum zum Einsatz kommen, genauso im Portfo- lio, wie spezielle Panels für mobile Anwendungen, Industrie-PC „Made in Germany“ und für Standard-Lösun- gen die bekannten Exter-Terminals. Dadurch haben wir für fast jede Ap- plikation das entsprechende Display mit Größen von 4 Zoll bis 21 Zoll im Programm. D. Hartmann: Was viele nicht wis- sen ist, dass sich Beijer Electronics durch seine langjährige Brandlabel- Strategie auszeichnet. So finden sich viele tausend HMI-Geräte unter den Markennamen ABB, Mitsubishi und weiteren Anbietern im Feld wieder. : Ist es immer noch so, dass Sie die leistungsstarken Panel in erster Linie in Europa und die einfacheren Panels in Asien verkaufen? M. Klein: Ja, die internationalen Märkte haben tatsächlich unterschied- liche Anforderungen. Dementspre- chend verkauften wir die H-Serie in erster Linie in Asien, die Exter- sowie die IPC-Panels in Europa und die ro- busten, in den USA entwickelten Q- Term-Geräte in Amerika. Doch unsere Angebotspalette wird mittlerweile weltweit nachgefragt. Die Internatio- nalisierung haben wir vor gut einem Jahr mit den neuen Panels der iX- Serie TxA eingeläutet. Diese Entwick- lung setzen wir fort, wenn in Kürze die nächsten beiden Performance- Klassen, die TxB- und die TxC-Geräte, auf den Markt kommen und iX als durchgängiges Engineeringtool ge- nutzt wird. D. Hartmann: Die Panels unter- scheiden sich lediglich in der Größe und im Funktionsumfang. Mit der komplett durchgestylten iX-Familie, die dann Geräte von 4 Zoll bis 21 Zoll umfasst, erfüllen wir nahezu alle HMI- Wünsche die am Markt vorkommen. : Ist iX nun ein Panel oder eine Visualisierungssoftware? Hartmann: Wir stellen iX als unser HMI-Konzept vor, das aus zusammen- gehörigen Hard- und Softwarekompo- nenten besteht. Dazu gehören sowohl die verschiedenen Panels und Embed- ded-PC als auch die Software für Vi- sualisierung und Projektierung. : Was waren die Gründe, für die Entwicklung von iX, so wie es jetzt ist? M. Klein: Wir wollten mit der auf .NET-basierenden Software eine zu- kunftsfähige Plattform für alle Visua- lisierungslösungen von Beijer Electro- nics schaffen. Mit Microsoft Frame- work setzen wir auf eine offene und flexible Basis, die alle Anforderungen einer modernen Mensch-Maschine- Schnittstelle erfüllt. Mittlerweile wur- den die bestehenden Engineeringtools von Beijer Electronics integriert, so- dass unsere Kunden nur noch eine flexible Plattform für ihre HMI-An- wendungen benötigen. : Mit welchen Funktionen un- terscheidet sich iX von anderen Syste- men? M. Klein: Das sind in erster Linie die Flexibilität und die einfache Be- dienung. Durch die Vielzahl an ferti- gen Controls, die der Anwender aus den Bibliotheken heraussuchen und platzieren kann, lässt sich eine lauffä- hige Oberfläche schnell erstellen. Was neben den umfangreich vorhandenen HMI-Funktionen noch fehlt, ist via Scripting analog zu Visual Studio programmierbar. So kann man bei- spielsweise eigene .NET-Controls, die in einer Vielzahl im Internet zu finden sind, mit einbinden. Auch die von uns bereits konfigurierten Bedienelemente lassen sich, wenn es der Anwender möchte, individuell anpassen – das ist wirkliche Offenheit. : Wie lässt sich Benutzungs- freundlichkeit aufrechterhalten trotz wachsender Funktionalität? M. Klein: Darauf haben wir bei der Entwicklung viel Wert gelegt. So las- 2 HMI für Individualisten Seit den Anfängen der Mensch-Maschine-Schnittstellen vor mehr als 30 Jahren beschäftigt sich die Beijer Electronics Group mit dem Thema HMI. In den letzten Jahren kaufte das schwedische Unternehmen Firmen in Taiwan, Deutschland und den USA, um die Produktpalette auszubauen und sich neue Märkte zu erschließen. Um den Bediener mit allen erforder- lichen Mitteln auszustatten, um industrielle Prozesse und Informationsaufgaben mit Alltagsroutine abwickeln zu können, wurde vor über einem Jahr eine neue Visualisierungsplattform auf den Markt gebracht. Darüber, wie sich diese in Kombi- nation mit den verschiedenen Panelserien entwickelt, sprach die etz-Redaktion mit Michael Klein und Dirk Hartmann. Frank Nolte Bild 1. Michael Klein ist als Produktmanager bei Beijer Electronics in Malmö/Schweden für EMEA zuständig

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Fertigungs- & Maschinenautomation

Heft 5/2012 •

: Was zeichnet Beijer Electro-nics als HMI-Lieferant aus?

M. Klein: Neben der breiten, histo-risch gewachsenen Produktpalette ist es vor allem die globale Ausrichtung und unser umfangreiches Applika-tions- und Entwicklungs-Know-how. So haben wir einfache Geräte, die vorwiegend im Asiatischen Raum zum Einsatz kommen, genauso im Portfo-lio, wie spezielle Panels für mobile

Anwendungen, Industrie-PC „Made in Germany“ und für Standard-Lösun-gen die bekannten Exter-Terminals. Dadurch haben wir für fast jede Ap-plikation das entsprechende Display mit Größen von 4 Zoll bis 21 Zoll im Programm.

D. Hartmann: Was viele nicht wis-sen ist, dass sich Beijer Electronics durch seine langjährige Brandlabel-Strategie auszeichnet. So finden sich viele tausend HMI-Geräte unter den Markennamen ABB, Mitsubishi und weiteren Anbietern im Feld wieder.

: Ist es immer noch so, dass Sie die leistungsstarken Panel in erster Linie in Europa und die einfacheren Panels in Asien verkaufen?

M. Klein: Ja, die internationalen Märkte haben tatsächlich unterschied-liche Anforderungen. Dementspre-chend verkauften wir die H-Serie in erster Linie in Asien, die Exter- sowie die IPC-Panels in Europa und die ro-busten, in den USA entwickelten Q-Term-Geräte in Amerika. Doch unsere Angebotspalette wird mittlerweile weltweit nachgefragt. Die Internatio-nalisierung haben wir vor gut einem Jahr mit den neuen Panels der iX-Serie TxA eingeläutet. Diese Entwick-lung setzen wir fort, wenn in Kürze die nächsten beiden Performance-Klassen, die TxB- und die TxC-Geräte, auf den Markt kommen und iX als durchgängiges Engineeringtool ge-nutzt wird.

D. Hartmann: Die Panels unter-scheiden sich lediglich in der Größe und im Funktionsumfang. Mit der komplett durchgestylten iX-Familie, die dann Geräte von 4 Zoll bis 21 Zoll umfasst, erfüllen wir nahezu alle HMI-Wünsche die am Markt vorkommen.

: Ist iX nun ein Panel oder eine Visualisierungssoftware?

Hartmann: Wir stellen iX als unser HMI-Konzept vor, das aus zusammen-gehörigen Hard- und Softwarekompo-nenten besteht. Dazu gehören sowohl die verschiedenen Panels und Embed-ded-PC als auch die Software für Vi-sualisierung und Projektierung.

: Was waren die Gründe, für die Entwicklung von iX, so wie es jetzt ist?

M. Klein: Wir wollten mit der auf .NET-basierenden Software eine zu-kunftsfähige Plattform für alle Visua-lisierungslösungen von Beijer Electro-nics schaffen. Mit Microsoft Frame-work setzen wir auf eine offene und flexible Basis, die alle Anforderungen einer modernen Mensch-Maschine-Schnittstelle erfüllt. Mittlerweile wur-den die bestehenden Engineeringtools von Beijer Electronics integriert, so-dass unsere Kunden nur noch eine flexible Plattform für ihre HMI-An-wendungen benötigen.

: Mit welchen Funktionen un-terscheidet sich iX von anderen Syste-men?

M. Klein: Das sind in erster Linie die Flexibilität und die einfache Be-dienung. Durch die Vielzahl an ferti-gen Controls, die der Anwender aus den Bibliotheken heraussuchen und platzieren kann, lässt sich eine lauffä-hige Oberfläche schnell erstellen. Was neben den umfangreich vorhandenen HMI-Funktionen noch fehlt, ist via Scripting analog zu Visual Studio programmierbar. So kann man bei-spielsweise eigene .NET-Controls, die in einer Vielzahl im Internet zu finden sind, mit einbinden. Auch die von uns bereits konfigurierten Bedienelemente lassen sich, wenn es der Anwender möchte, individuell anpassen – das ist wirkliche Offenheit.

: Wie lässt sich Benutzungs-freundlichkeit aufrechterhalten trotz wachsender Funktionalität?

M. Klein: Darauf haben wir bei der Entwicklung viel Wert gelegt. So las-

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HMI für IndividualistenSeit den Anfängen der Mensch-Maschine-Schnittstellen vor mehr als 30 Jahren beschäftigt sich die Beijer Electronics Group mit dem Thema HMI. In den letzten Jahren kaufte das schwedische Unternehmen Firmen in Taiwan, Deutschland und den USA, um die Produktpalette auszubauen und sich neue Märkte zu erschließen. Um den Bediener mit allen erforder-lichen Mitteln auszustatten, um industrielle Prozesse und Informationsaufgaben mit Alltagsroutine abwickeln zu können, wurde vor über einem Jahr eine neue Visualisierungsplatt form auf den Markt gebracht. Darüber, wie sich diese in Kombi-nation mit den verschiedenen Panelserien entwickelt, sprach die etz-Redaktion mit Michael Klein und Dirk Hartmann.

Frank Nolte

Bild 1. Michael Klein ist als Produktmanager bei Beijer Electronics in Malmö/Schweden für EMEA zuständig

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sen sich beispielsweise die Bedienelemente mit wenigen Klicks farblich sowie geometrisch verändern und mit Funk-tionen ausstatten. Nachdem diese Controls abgespeichert wurden, kann man sie, wie die vorkonfigurierten Kompo-nenten, einfach in seine Applikation ziehen und verknüp-fen.

D. Hartmann: Zudem sorgen unsere Navigationstools für Übersichtlichkeit. So erlaubt es der Screen-Explorer - wie bei der Windows7-Funktion - aus einer Oberflächenüber-sicht schnell in eine bestimmte Oberfläche hineinzuzoo-men. In der neuen Generation haben wir, obwohl es kein Multi-Touch-Panel ist, die vom iPhone-bekannte Roller-

Panel-Funktion implementiert, die individuell konfigurier-bar ist. Das funktioniert sogar bei einem 4-Zoll-Gerät.

: Inwieweit bedienen Sie die Trendthemen Wide-Screen und Multitouch?

M. Klein: Wir sehen die Zukunft eindeutig im Wide-Screen-Format. Deswegen sind auch fünf von unseren sechs neuen iX-Panels Wide-Screen-Geräte. In Bezug auf Multi-Touch haben wir einige Ansätze in der Entwicklung, treiben diese jedoch nicht stark voran, weil unsere Kunden in industriellen Anwendungen noch nicht die großen Vor-teile sehen. Beispielsweise lässt sich das Zoomen auch mithilfe einer Gestensteuerung auf einem normalen Touch realisieren. Zudem ist die Glasoberfläche, die bei Multi-touch zum Einsatz kommen muss, in einigen Anwendungen unerwünscht. Wir sind jedoch bereits mit vielen Unterneh-men in der Diskussion, um herauszufinden, welche Anfor-derungen sie mit Multitouch erfüllen möchten.

: Welche Touch-Technologie verwenden Sie und warum?

Bild 2. Mit der neuen Version iX 2.0 erhält der Bediener komfortable Touchfunktionen wie Roller Panel oder Action-Menüs

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M. Klein: Wir setzen auf Folien-Resitiv-Touch. Diese Technologie hat sich über lange Jahre bewährt und eignet sich quasi für alle Indoor-An-wendungen. Beispielsweise ist sie so-wohl mit Handschuhen als auch mit Stiften bedienbar. Die Protected-ca-

pacitive-Touch-Displays von typi-schen Multi-Touch-Geräten funktio-nieren hingegen nicht mit einfachen Arbeitshandschuhen. Für Applikatio-nen mit Temperaturen von -10°C bis 70°C sind einzelne Geräte auch mit Glas-resistiv-Touch erhältlich. Diese Flexibilität und Varianz bei der Touch-Technologie ermöglicht unsere Plattform ohne mechanische Ände-rungen.

: Wie stellen Sie sich dem Trend nach Customization bei Stan-dardprodukten?

M. Klein: Die Personalisierung oder auch kundenspezifische Anpassung von Applikationen entwickeln unsere Kunden eigentlich selbst. Dies ist durch die bereits erwähnte Flexibilität des iX-Developers schnell machbar. Hinzu kommt, dass alle Controls mit C#-Scripting modifiziert und damit einzigartig weiterentwickelt werden können. Damit bringt jeder Anwender seine HMI-Lösung auf eine Ebene, die wir ohne Spezialwissen gar nicht er-reichen könnten. Und er hebt sich mit eigenen Funktionalitäten vom seinem Wettbewerb ab.

Natürlich passen wir unsere Panels auch technisch an die jeweiligen An-forderungen an, wenn es gewünscht wird. Beispielsweise haben wir für ei-nen Anwender eine spezielle Copy-Funktion eingebaut. Auf diese Weise wird zum Beispiel die Sprachumschal-tung automatisiert.

: Gibt es inzwischen ein durch-gängiges Engineeringtool für alle Pa-nel-Serien (iX, Exter, WOP-IT, H)?

M. Klein: Die verschiedenen Soft-waretools sind durch die Firmenüber-nahmen zwischen 2005 und 2010 in das Produktportfolio gekommen. Na-türlich war es immer unser Ziel, unse-ren Kunden nur noch ein Projektie-rungstool für alle Bedienpanel anzu-bieten. Der Beginn wurde bereits 2010 gemacht, als mit dem ersten Release von iX Applikationen des Information- Designers importiert werden konnten. Dieser Prozess ist mit dem Start von iX 2.0 abgeschlossen. Nun sind ca. 90% aller Projektinformationen ohne großen Aufwand importierbar.

D. Hartmann: Wir haben festge-stellt, dass Kunden, die eine frühere Version unserer HMI-Panel einsetzen,

bei einem Umstieg auf iX nahezu das komplette Design überarbeiten. Der Grund liegt auf der Hand: Viele Funk-tionen, wie Action Menüs oder Roller-Panel, die iX jetzt bietet und die die Benutzungsfreundlichkeit erheblich verbessern, waren vor ein paar Jahren noch gar nicht vorhanden. Und bei dieser Umstellung auf die neue Bedie-

nung bieten wir natürlich volle Unter-stützung.

: Was können Ihre Kunden von Beijer Electronics in der Zukunft noch erwarten?

M. Klein: Natürlich ist es schwierig, in unserer schnelllebigen Zeit, die technische Entwicklungen für die Zu-kunft vorherzusagen. Doch wir sind sicherlich immer ein bisschen getrie-ben von Innovationen, die im Kon-sumgüterbereich bereits akzeptiert wurden. Das beste Beispiel ist Multi-touch mit allen Ausprägungen hin-sichtlich Bedienung und Design. Da kommen bestimmt noch spannende Ideen auf uns zu. Mittelfristig abzuse-hen ist auch, dass ARM Multi-Core-Derivate unsere Produktpalette ebenso beeinflussen werden, genauso wie Windows 8. Als zukunftsorientiertes Unternehmen schaut Beijer Electro-nics aber auch über den HMI-Teller-rand hinaus und befasst sich mit an-grenzenden Gebieten. Dazu gehört zum Beispiel die Antriebs- und Steu-erungstechnik, die bei unserer Auto-mation-Gruppe seit langem zum Port-folio gehört.

D. Hartmann: Hinzu kommt, dass wir mit Westermo ein weiteres Unter-nehmen in der Beijer Electronics Gruppe haben, dass einer der Markt-führer in der industriellen Datentech-nik ist. Und mit diesen drei Kernkom-petenzen unter einem Dach ist von uns zukünftig noch einiges zu erwar-ten. n

Bild 4. Die HMI-Panel der iX-Reihe setzen auf Widescreen in drei unterschiedlichen Leistungsklassen von 4 Zoll bis 21 Zoll

Bild 3. Dirk Hartmann ist Produkt Marketing Manager EMEA bei der Beijer Electronics GmbH in Unterensingen