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Fragebeantwortung unter www.falkfoundation.de Falk Gastro-Kolleg 1 Ernährung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Zusammenfassung Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) nehmen weltweit zu, die Ursachen hierfür sind unklar. Neben genetischen Faktoren spielen auch exogene Faktoren, wie z. B. die Ernährung, eine Rolle. Zur Therapie der Erkrankung steht als diätetische Maßnahme die enterale Ernährung zur Verfügung, die allerdings heute fast nur noch in der Pädiatrie Anwendung findet, um in der Entwicklungsphase möglichst auf Cortison und Immun- suppressiva verzichten zu können. Eiweiß-Kalorien-Mangelernährung sowie Vitamin- und Spurenelementdefizite sind häufige Begleiterscheinungen der CED. Sie verschlechtern die Krankheitssymptome, den Krankheitsverlauf und können zu Folgeerkrankungen führen. Eine Überwachung des Ernährungszustands, spezifischer Nährstoffparameter und der Knochendichte ist unbedingt erforderlich und sollte zur Routinebetreuung dieser Patienten gehören. Mit ernährungsmedizinischen Maßnahmen lassen sich der Ernährungszustand, der Krankheitsverlauf und die Therapie der Grunderkrankung verbessern und Komplikationen vermeiden. Schlüsselwörter Mangelernährung | Morbus Crohn | Colitis ulcerosa | Mikronährstoffe | Osteoporose Prof. Dr. Thomas Peters Innere Medizin/Endokrinologie mit Ernährungszentrum St. Claraspital Kleinriehenstr. Basel Schweiz Falk Gastro-Kolleg Darm Prof. Dr. T. Peters

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Ernährung bei chronisch entzünd lichen DarmerkrankungenZusammenfassung

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) nehmen weltweit zu, die Ursachen hierfür sind unklar. Neben genetischen Faktoren spielen auch exogene Faktoren, wie z. B. die Ernährung, eine Rolle. Zur Therapie der Erkrankung steht als diätetische Maßnahme die enterale Ernährung zur Verfügung, die allerdings heute fast nur noch in der Pädiatrie Anwendung findet, um in der Entwicklungsphase möglichst auf Cortison und Immun­suppressiva verzichten zu können. Eiweiß­Kalorien­Mangelernährung sowie Vitamin­ und Spurenelementdefizite sind häufige Begleiterscheinungen der CED. Sie verschlechtern die Krankheitssymptome, den Krankheitsverlauf und können zu Folgeerkrankungen führen. Eine Überwachung des Ernährungszustands, spezifischer Nährstoffparameter und der Knochendichte ist unbedingt erforderlich und sollte zur Routinebetreuung dieser Patienten gehören. Mit ernährungsmedizinischen Maßnahmen lassen sich der Ernährungszustand, der Krankheitsverlauf und die Therapie der Grunderkrankung verbessern und Komplikationen vermeiden.

Schlüsselwörter

Mangelernährung | Morbus Crohn | Colitis ulcerosa | Mikronährstoffe | Osteoporose

Prof. Dr. Thomas PetersInnere Medizin/Endokrinologiemit ErnährungszentrumSt. ClaraspitalKleinriehenstr. BaselSchweiz

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Ernährung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

Ernährung – ein Faktor bei der Entstehung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen?

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) – Morbus Crohn und Colitis ulce­rosa – treten weltweit immer häufiger auf. Neben genetischen Faktoren scheint eine Vielzahl von exogenen Einflüssen die Entstehung der Erkrankung zu beeinflussen. So ist die Erkrankungshäufigkeit in urbaner Umgebung höher als auf dem Land, es gibt in der nördlichen Hemisphäre ein Nord­Süd­Gefälle. Außerdem scheinen körperliche Aktivität, Rauchen, Stress, Schlaf, Medikamente, hygienische Bedingungen, eine Ap­pendektomie, die Vitamin­D­Versorgung, die Ernährung und nicht zuletzt auch die Darmflora das Risiko für eine Erkrankung zu beeinflussen. Hinsichtlich der Ernährung scheint ein Vitamin­D­Mangel die Entstehung des Morbus Crohn zu begünstigen, die vermehrte Zufuhr von löslichen Fasern, vor allem in Form von Obst und Gemüse, scheint vor dem Morbus Crohn zu schützen. Widersprüchlich sind die Resultate bezüglich der Risikoerhöhung durch gesättigte Fettsäuren, ein hoher Anteil an mehrfach ungesättig­ten Omega­6­ versus ungesättigten Omega­3­Fettsäuren scheint das Risiko sowohl für Morbus Crohn als auch für Colitis ulcerosa zu erhöhen. Kohlenhydratzufuhr, raffinierte Zucker und Proteinzufuhr zeigen keine sichere Assoziation zum Erkrankungsrisiko.

Mangelernährung bei CED

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa verursachen häufig Störungen der Nahrungszufuhr, Verdauung und Resorption und können den Ernährungszustand verschlechtern (Tab. 1).

Mögliche Ursachen für einen schlechten Ernährungszustand/Mangelzustand bei CED

– Verminderte Nahrungszufuhr – Anorexie – Angst vor dem Essen– Übelkeit, Erbrechen, Abdominalschmerzen, Durchfall– Restriktive Diäten– Medikamentennebenwirkung– Appetitmangel, Geschmacksveränderungen– Orale Aphthen– Eiweißverlust aus der entzündlich veränderten, ulzerierten Mukosa– Gesteigerter Bedarf für die Heilung– Chirurgische Resektionen– Erhöhter Vitamin­ und Mineralstoffbedarf– Bakterielle Überwucherung– Malabsorption– Blutverlust

Erfassung des Ernährungszustands

Einzelne Laborparameter erweisen sich als ungeeignet, den Ernährungszustand von CED­Patienten sicher zu beurteilen. So können z. B. das Albumin oder das Ferritin im Entzündungsschub verfälscht sein.

Hingegen geben das Körpergewicht bzw. der Body­Mass­Index (BMI) vor allem im Verlauf einen ersten Hinweis, allerdings kann es auch bei noch normalem Körperge­wicht bereits zu einem erheblichen Muskelverlust kommen. Deshalb wird zusätzlich empfohlen, das sogenannte Subjective Global Assessment (SGA) durchzuführen, ein einfacher klinischer Score, der 3 Kategorien des Ernährungszustands definiert (Tab. 2).

P Schlechter Ernährungszustand und Mangelerscheinungen sind bei CED häufig.

Tab. 1

P Zur Erfassung des Ernährungs­zustands dienen Anamnese, Gewicht und Laborparameter.

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Bestimmung des Ernährungszustands mit SGA

Gut ernährt Moderat mangelernährt

Schwer mangelernährt

Unbeabsichtigter Gewichts­ verlust (letzte 6 Monate)

< 5% 5–10% > 10%

Nahrungszufuhr Bedarfsdeckend 70–80% des Bedarfs < 70% des Bedarfs

Gastrointestinale Symptome (Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Durchfall)

Keine Intermittierend Täglich

Leistungsfähigkeit Normal Vermindert Bettlägerig

Krankheitsstadium Remission Latent Akut

Ein Makronährstoffmangel (Eiweiß­ und Kalorienmangel) ist bei Kindern deutlich häu­figer als bei Erwachsenen, kommt aber auch bei diesen bei hoher Aktivität der Erkran­kung oder Komplikationen (Stenosen, Fistel) oder ausgedehnten Darmresektionen vor. Dabei kann die reine Gewichts­ und BMI­Messung irreführend sein, da in den letzten Jahren die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas bei CED­Patienten, vor allem bei Kindern, deutlich zugenommen hat. Während eine Eiweiß­Kalorien­Mangelernährung bei ambulanten CED­Patienten bei 14% mit Morbus Crohn bzw. 5,7% mit Colitis ulce­rosa nachweisbar ist, weisen hospitalisierte Patienten in bis zu 85% der Fälle eine Pro­tein­Energie­Mangelernährung auf.

Die Mangelernährung bei Patienten mit Morbus Crohn entwickelt sich in der Regel langsam und ist von der Krankheitsdauer abhängig, während sie sich bei Patienten mit Colitis ulcerosa rasch und damit deutlich von der Krankheitsaktivität abhängig entwickelt.Untersucht man die Zufuhr der Makronährstoffe, so fällt besonders auf, dass bei bei­den Formen der CED deutlich zu wenig (weniger als 50% der empfohlenen Menge) Früchte, Gemüse und Milchprodukte zugeführt werden. Beim Morbus Crohn liegt auch die Fleischzufuhr 30% unter den Empfehlungen. Ein schlechter Ernährungszustand stellt einen signifikanten Risikofaktor auch für post­operative Komplikationen dar.

Auch Mikronährstoffmängel und deren Folgen sind beim Morbus Crohn, der den Ver­dauungstrakt von der Mundhöhle bis zum Analkanal befallen kann, häufiger, vielfälti­ger und gravierender als bei der Colitis ulcerosa, die nur den Dickdarm befällt (Tab. 3).

Prävalenz (%) laborchemisch erfassbarer Nährstoffmängel und Ernährungsparameter im Serum bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa bzw. bei CED mit Aktivität oder in Remission

Parameter Morbus Crohn Colitis ulcerosa Aktiv Remission

Hypalbuminämie 19 14 31 7

Anämie 25 (w), 31 (m) 32 42 16

Eisenmangel 40 38 44 36

Vitamin­B12­Mangel 24 7 16 20

Folsäuremangel 0 0 0 0

Vitamin­D­Mangel 70 79 73 73

Betacarotin 29 12 33 16

Vitamin B6 46 26 48 32

Zink 21 5 4 1

Tab. 2

P Mangelzustände sind beim Morbus Crohn häufiger als bei der Colitis ulcerosa.

Tab. 3

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Dabei scheint der Mangel an den Vitaminen B12, D, B6 (Morbus Crohn und Colitis ulce­rosa) und Vitamin A (nur Morbus Crohn) auch durch eine verminderte Zufuhr entspre­chender Nahrungsmittel verursacht, während ein Zinkmangel trotz ausreichender oraler Zufuhr eintritt.

Die Entstehung von Mikronährstoffdefiziten richtet sich nach Lokalisation und Aus­dehnung des entzündlichen Befalls (Abb. 1).

Topografie der Nährstoffresorption im Darm (Aus: Pfreundschuh, Schölmerich, Pathophysiologie Pathobiochemie, 2. Auflage 2004 © Elsevier GmbH, Urban & Fischer, München).

So tritt ein Vitamin­B12­Mangel vor allem beim Morbus Crohn mit Befall des terminalen Ileums bzw. nach Ileozökalpolresektion auf und ein Kalzium­ oder Eisenmangel bei Erkrankungen oder Resektionen des proximalen Dünndarms.

Spezifische Ernährungsprobleme

Laktoseintoleranz: Während in der Allgemeinbevölkerung die Prävalenz einer primä­ren, also genetisch bedingten Laktoseintoleranz etwa 20% beträgt, was auch der Häu­figkeit bei der Colitis ulcerosa entspricht, findet sich beim Morbus Crohn zusätzlich auch noch häufig eine sekundäre Laktoseintoleranz infolge von Dünndarmentzündung oder ­resektion.

Fettmalabsorption: Lipide und fettlösliche Vitamine werden nach Emulgierung mit Gallensäuren im Jenunum, Gallensäuren im (terminalen) Ileum sowohl aktiv als auch passiv resorbiert. Fällt diese Resorption infolge von Entzündung oder nach Resektion aus, kommt es zu chologenen Diarrhöen, dem Verlust von Gallensäuren mit der Ge­fahr der Gallensteinentstehung und zum Mangel an fettlöslichen Vitaminen; beson­ders der Vitamin­D­Mangel ist von Bedeutung.

Therapie als Ursache von Mangelernährung

Darmresektionen können je nach Lokalisation und Ausdehnung zur Malabsorption führen.

P Eisen­, Vitamin­B12­ und Vitamin­D­Mangel sind die häufigsten Mikronährstoffmängel.

Abb. 1

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Dickdarmresektionen führen meist nur zu Flüssigkeitsverlust, der zwar bei Ileostoma­patienten oft sehr belastend ist, da er die Stomaversorgung erschwert, die Verluste lassen sich aber peroral ausgleichen.Mit einem Kurzdarmsyndrom muss man bei einer Restlänge des Dünndarms unter 1,5 m rechnen, allerdings kann die benötigte Restlänge bei einem Morbus Crohn mit ent­zündlich verändertem Restdarm auch deutlich länger sein. Außerdem hängt die erfor­derliche Mindestlänge ohne dauerhaftes Kurzdarmsyndrom von der Art der Resektion ab: So beträgt sie 30 cm bei jejunoileokolischer Anastomose, 65 cm bei jejunoko lischer Anastomose und 100 cm bei Endenterostomie.Beim Kurzdarmsyndrom besteht eine anhaltende Eiweiß­Kalorien­Mangelernährung sowie ein Mikronährstoffmangel, der in der Regel teilweise oder ganz parenteral aus­geglichen werden muss.

Einige Medikamente, die zur Behandlung der CED eingesetzt werden, wie der Folsäure­antagonist Methotrexat oder Sulfasalazin, welches die Folsäureresorption hemmt, können zu einem Folsäuremangel führen.Cortison, immer noch das Standardmedikament im akuten Schub, erzeugt eine „Vita­min­D­Resistenz“, reduziert somit die Kalziumzufuhr und fördert zusätzlich die Osteo­porose.Quantalan, ein Austauscherharz, eingesetzt zur Behandlung der chologenen Diarrhö bei Funktionsverlust des terminalen Ileums, bindet auch Lipide und fettlösliche Vita­mine wie die Vitamine A, D, E und K. Vor allem der Vitamin­D­Mangel ist kritisch, denkt man an die Gefahr der Osteoporose und die möglicherweise günstige Wirkung des Vitamin D auf den Krankheitsverlauf des Morbus Crohn.

Folgen der Fehl- und Mangelernährung

Mängel können den Krankheitsverlauf sehr ungünstig beeinflussen oder zu Folge­erkrankungen führen. Dabei sind Patienten mit Morbus Crohn häufiger betroffen als Patienten mit Colitis ulcerosa.

Protein-(Eiweiß) Mangel, die schwerste Form der Mangelernährung, führt unbehandelt zu fortschreitendem Funktionsverlust der Organe, Invalidisierung und zu einer deut­lichen Erhöhung der Komplikationsrate bei Hospitalisation vor allem durch Wundhei­lungsstörungen, die Entstehung von Dekubiti und nosokomialen Infektionen (Pneu­monie, Katheterinfekte).

Subjektiv oft sehr belastend sind für Patienten der Eisenmangel und die Anämie, deren häufigste Ursache der Eisenmangel ist. Im akuten Schub kann das Ferritin, der Standardmarker, als Akutphasenprotein falsch erhöht sein und eine ausreichende Eisenversorgung vortäuschen. Es wird oft empfohlen in diesem Fall einen unteren Grenzwert von 100 µg/l für eine ausreichende Eisenversorgung anzunehmen. Die per­orale Substitution ist der intravenösen Substitution ebenbürtig, vor allem, wenn sie mit Vitamin C kombiniert wird, wird aber schlechter toleriert.

Zinkmangel kann die Geschmacksempfindung massiv beeinträchtigen und damit die orale Ernährung stören. Zink ist aber auch essenziell für eine gute Wundheilung und wird als Kofaktor für chronische Fisteln angesehen.

Osteoporose

Die Osteoporose ist eine der häufigsten Komplikationen der CED. Man findet eine Osteopenie in 51–77% und eine Osteoporose in 17–28% der Patienten. Dabei ist insbe­sondere die hohe Frakturrate von bis zu 20% bemerkenswert, die wahrscheinlich auch durch extraskelettale Faktoren wie die reduzierte Muskelmasse bedingt ist.

Zur Vermeidung von Osteoporose und osteoporotischen Frakturen sind deshalb die regelmäßige Messung der Knochendichte, eine ausreichende Kalziumzufuhr, unter Um­ständen mit Supplementen, die Kontrolle des Vitamin­D­Spiegels mit entsprechendem hoch dosiertem Ausgleich und die frühzeitige prophylaktische, medikamentöse Osteo­

P Osteoporose ist eine multifaktorielle Komplikation bei CED.

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porosetherapie bei längerer Glukokortikoidtherapie und nicht zuletzt Maßnahmen zur Verbesserung der Muskelfunktion sehr wichtig.Sicher tragen in Zukunft auch wirksamere und steroidsparende Therapieformen dazu bei, das Osteoporoserisiko zu mindern.

Nephrolithiasis

Nierensteine, vor allem Kalziumoxalatsteine, sind bei CED­Patienten und vor allem bei Patienten mit Morbus Crohn deutlich häufiger als in der Normalbevölkerung. Haupt­faktor ist die Hyperoxalurie, die durch die Fettsäuremalabsorption verursacht wird. Hinzu kommen ein reduziertes Urinvolumen und eine reduzierte Magnesium­ und Zitratausscheidung.

Vorbeugend ist vor allem auf eine ausreichende Trinkmenge und eine kalziumreiche Ernährung zu achten.

Ernährungsmedizinische Empfehlungen bei CED ohne Komplikationen

Somit ergeben sich für CED­Patienten wichtige diagnostische und ernährungsmedizi­nische Maßnahmen (Tab. 4 und 5).

Ernährungsmedizinische Diagnostik bei CED

Ernährungsanamnese, SGA

BMI, Oberarmumfang

DEXA­Messung

Periodische Kontrolle von Vitaminen und Spurenelementen abhängig von der Art, dem Ausmaß und der Aktivität der Erkrankung: Ferritin, Vitamin B12, Folsäure, Vitamin D, Zink

Für die Behandlung der CED gibt es mit Ausnahmen vom akuten Schub oder bei Kom­plikationen wie Stenosen oder Kurzdarmsyndrom keine spezifische Diät. Die Ernäh­rungsempfehlungen entsprechen denjenigen einer ausgewogenen Ernährung unter Berücksichtigung der Intoleranzen.

Empfehlungen zur Ernährung bei CED

Kalorienbedarf 35–40 kcal/kg KG/Tag

Proteinbedarf 1,2–1,5 g/kg KG/Tag

Häufige kleine Mahlzeiten 4–7/Tag mit Spätabendsnack

Kalziumzufuhr 1,5 g/Tag

Faserreiche Kost

Falls nötig, Ergänzungsnahrung

Korrektur spezifischer Vitamin­ oder Spurenelementdefizite

Für den regelmäßigen Einsatz eines Multivitaminpräparats gibt es keine sichere Evi­denz, jedoch ist dieses sicher indiziert, wenn eine Energie­(Kalorien) Mangelernährung ausgeglichen wird oder wenn häufig oder mehrere Mikronährstoffmängel auftreten.

Können die gewünschten Nährstoffmengen nicht über die normale Ernährung gedeckt werden, ist als Nächstes eine enterale Ernährung entweder als orale Ergänzungsnah­

P Eine ausreichende Flüssigkeits­ und Kalziumzufuhr schützt Patienten mit Morbus Crohn vor Nierensteinen.

Tab. 4

Tab. 5

P Die enterale Ernährungstherapie kann therapeutisch im akuten Schub und zur Behandlung einer Energie­ Protein­Malnutrition eingesetzt werden.

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rung oder als Sondenernährung über Magen­ oder Duodenalsonde zu evaluieren. Mit dieser komplikationsarmen, relativ kostengünstigen auch ambulant durchzuführenden Ernährungsform kann einerseits der Nährstoffbedarf in vielen Fällen dann doch gedeckt und andererseits eine parenterale Ernährung mit all ihren Komplikationen vermieden werden. Zudem gibt es deutliche Hinweise, dass die enteral verabreichten Nährstoffe im Gegensatz zur parenteralen Ernährung trophisch auf die Mukosa wirken, die Bakterien­translokation verhindern und die mukosale Heilung bei Morbus Crohn verbessern.

Die total parenterale Ernährung ist Ausnahmesituationen vorbehalten:1) wenn die enterale Ernährung nicht ausreicht oder nicht toleriert wird und2) wenn die enterale Ernährung kontraindiziert ist: bei Ileus, toxischem Megakolon,

enterokutanen Fisteln mit hohem Output.

Spezifische Vitamintherapie

Zwei Vitamine verdienen besondere Beachtung, da sie nicht nur Defiziterkrankungen auslösen können, wie Vitamin D eine Osteoporose, sondern auch spezifisch als Thera­peutika bei CED wirken können.

Vitamin D

Mehrere Beobachtungen deuten darauf hin, dass Vitamin D bei der Entstehung und der spezifischen Therapie der CED eine besondere Rolle spielen könnte:1) Das Nord­Süd­Gefälle der Erkrankungshäufigkeit geht mit der Zunahme der Sonnen­

lichtexposition einher.2) Ein Vitamin­D­Rezeptorpolymorphismus beeinflusst das Risiko für Morbus Crohn und

Colitis ulcerosa.3) Eine erste Studie zeigt, dass höhere Vitamin­D­Spiegel oder auch die hoch dosierte

Vitamin­D­Supplementation bei an Morbus Crohn Erkrankten die Entzündungsakti­vität reduziert bzw. die Rückfallgefahr vermindert.

Vitamin B1

Eine Pilotstudie untersuchte die Wirkung von Thiamin (Vitamin B1) auf das bei CED­Patienten häufig anzutreffende chronische Fatigue­Syndrom. Trotz anfänglich normaler Thiaminspiegel konnte eine zusätzliche gewichtsabhängige Gabe von 600–1500 mg/Tag über 20 Tage die Beschwerden teilweise oder vollständig beseitigen.

Spezifische ernährungsmedizinische Maßnahmen bei Komplikationen der Darmerkrankungen

Akuter Schub

Neben der immunsuppressiven Therapie mit Steroiden kommt vor allem bei Kindern alternativ die enterale Ernährung mit semi­elementarer oder elementarer Nährlösung, meist über eine Magensonde, in Betracht. Die Remissionsrate entspricht derjenigen von Steroiden, jedoch ist die Remissionserhaltung ein weitgehend ungelöstes Prob­lem. Der Mechanismus ist unklar.

Stenosen

Bei passierbaren Stenosen kann die Reduktion unlöslicher Nahrungsfasern indiziert sein, um die orale oder enterale Ernährung noch aufrechtzuerhalten, bei hochgradigen Stenosen ergibt sich die Indikation zur (vorübergehenden) parenteralen Ernährung.

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Stomapatienten

Das häufigste Problem der Patienten mit Ileostoma ist das Volumen und die flüssige Konsistenz des ausgeschiedenen Darminhalts. Aus ernährungsmedizinischer Sicht können eine Reduktion der Nahrungsfasern und die Flüssigkeitssubstitution mit iso­tonen Getränken hilfreich sein.

Kurzdarm

Hier fehlt nicht nur die Flüssigkeitsresorption, sondern auch die Resorption der Makro­ und Mikronährstoffe. Auch hier ist faserarme Kost günstiger. Um die Fettaufnahme zu verbessern, können mittelkettige Fettsäuren zusätzlich oder anstelle der normalen Fette eingesetzt werden.

Interessenkonflikt:Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Zu empfehlende Literatur

1 Ananthakrishnan AN. Epidemiology and risk factors for IBD. Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2015;12(4):205–17.

2 Eiden K. Nutritional considerations in inflammatory bowel disease. Pract Gastroenterol. 2003;5(1):33–54.

3 Vagianos K, Bector S, McConnell J, Bernstein CN. Nutrition assessment of patients with inflammatory bowel disease. JPEN. 2007;31(4):311–9.

4 Masri OA, Chalhoub JM, Sharara AI. Role of vitamins in gastrointestinal diseases. World J Gastroenterol. 2015;21(17):5191–5209.

5 Hwang C, Ross V, Mahadevan U. Micronutrient deficiencies in inflammatory bowel disease: from A to zinc. Inflamm Bowel Dis. 2012;18(10):1961–81.

6 Vavricka SR, Rogler G. Intestinal absorption and vitamin levels: is a new focus needed? Dig Dis. 2012;30 Suppl 3:73–80.

7 Katz S, Weinerman S. Osteoporosis and gastrointestinal disease. Gastroenterol Hepatol (N Y). 2010;6(8):506–17.

8 Massironi S, Rossi RE, Cavalcoli FA, Della Valle S, Fraquelli M, Conte D. Nutritional deficiencies in inflammatory bowel disease: therapeutic approaches. Clin Nutr. 2013;32(6):904–10.

9 Lee J, Allen R, Ashley S, Becker S, Cummins P, Gbadamosi A, et al. British Dietetic Association evidence­based guidelines for the dietary management of Crohn’s disease in adults. J Hum Nutr Diet. 2014;27(3):207–18.

 Literatur

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Fragen zur Ernährung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED)

Frage 1:Welche Aussage ist falsch? Zur Mangelernährung bei CED trägt bei: ein(e)

� verminderte Nahrungsaufnahme � enteraler Eiweißverlust � Geschmacksstörung � gesteigerte Glukoseoxidation � verminderte Fettresorption

Frage 2:Welche Aussage ist falsch? Zur Diagnostik der Eiweiß-Kalorien-Mangelernährung bei CED gehören

� Oberarmumfang � das Subjective Global Assessment (SGA) � Gewicht � BMI � Bauchumfang

Frage 3:Wie hoch liegt der Energiebedarf bei CED?

� Bei 20–25 kcal/kg KG/Tag � Bei 25–30 kcal/kg KG/Tag � Bei 30–40 kcal/kg KG/Tag � Bei 40–45 kcal/kg KG/Tag � Bei > 45 kcal/kg KG/Tag

Frage 4:Wie hoch liegt der tägliche Eiweißbedarf bei CED?

� Bei 0,6–0,8 g/kg KG � Bei 0,8–1,0 g/kg KG � Bei 1,0–1,2 g/kg KG � Bei 1,2–1,4 g/kg KG � Bei > 1,4 g/kg KG

Frage 5:Welche der folgenden Maßnahmen kann bei Steatorrhö aufgrund eines Kurzdarmsyndroms sinnvoll sein?

� Die Erhöhung der Zufuhr an Fetten � Der Einsatz von mittel­ und kurzkettigen Fettsäuren � Die zusätzliche Gabe von Ursodesoxycholsäure � Die Reduktion der Fettzufuhr � Die Gabe von Cholestyramin

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Frage :Welche Aussage ist falsch? Ein typischer Mikronährstoffmangel bei CED ist

� der Vitamin­C­Mangel � der Vitamin­B12­Mangel � der Vitamin­D­Mangel � der Zinkmangel � der Eisenmangel

Frage :Welche Antwort ist richtig? Die Ernährung bei CED sollte nicht parenteral erfolgen bei

� Abneigung gegen Essen � Ileus � Nahrungsintoleranz � Kurzdarmsyndrom � Fistel mit hohem Output

Frage :Welcher der folgenden Faktoren spielt bei der mit CED assoziierten Osteoporose keine Rolle?

� Allgemeine Mangelernährung und Malabsorption � Erhöhter Östrogenspiegel � Kalziummangel � Erhöhte Entzündungsparameter � Vitamin­D­Mangel

Frage :Welche Aussage zum Eisenmangel bei CED ist falsch?

� Eisenmangel beeinträchtig die Lebensqualität der Patienten erheblich � Das Ferritin kann im entzündlichen Schub eine ausreichende Eisenversorgung

vortäuschen � Die perorale Eisensubstitution wird häufig schlecht vertragen � Der Eisenmangel lässt sich nur parenteral behandeln � Die gleichzeitige Gabe von Vitamin C verbessert die Eisenaufnahme

Frage 1:Folgende Behandlungen können zu Mangelerscheinungen führen – welche Aussage ist falsch?

� Sulfasalazi ntherapie → Folsäuremangel � Methotrexattherapie → Folsäuremangel � Cortisontherapie → Kalziummangel � Ileozökalresektion → Vitamin­B12­Mangel � Kolonresektion → Vitamin­C­Mangel