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SWR2 Feature am Sonntag Die Welt braucht dich Eine Geschichte im Freestyle

Von Rilo Chmielorz Sendung: Sonntag, 9. April 2017, 14.05 Uhr Redaktion: Walter Filz Regie: Rilo Chmielorz Produktion: SWR/DLF 2017

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session aus Jamal´s Studio –

sz eymen it is all about RAP-music.wav

o-ton/jamal 11.wav

wir sind ja hier quasi auf zwei Etagen unterwegs. Einmal durch den Flur zur Rechten Schlafzimmer und dann geht es die Treppe runter, Vorsicht! Runter in den Keller. Da sind wir auch schon im ersten Studio von der Aufteilung her. Wobei ich hier immer sage, das hier ist das Problemstudio. Ich mache halt ein bisschen Produktion, aber hauptsächlich dient mir das eigentlich so zum Aufnehmen erstmal. Die Qualität ist da zwar nicht super, aber ich kann mir den schon mal anhören und dafür nutze ich das eigentlich.

nur beat studio.wav

Sz eymen studioerfahrung 2.wav

ich wollte noch sagen, dass ich im Vergleich zur live-Erfahrung sehr wenig Studioerfahrung habe........ so ne...

atmo justus pegel.wav

Jamal: Justus, guck mal der Pegel – wie das jetzt aufgenommen ist...

Justus: hier nicht;

Jamal: ja, die Striche nicht, aber abgesehen davon? Das sind „pees“ und so was..

Justus: musst du noch mal gucken....

atmo eymen aufnahme.wav (Jamal spricht/erster Teil a capella eymen )

o-ton/justus 1.wav (auftrennen)

Das ist eben das, was so toll an dieser Wohnung ist, dass ich direkt morgens aufstehen kann und in meinem Studio bin und dass wir auch nachts laut sein können oder nicht eingeschränkt sind. 32 Kanal Mischpult und dann, ja, einiges an Effekten, ein analoges Mischpult, analoge Effekte, die dann, ja, einem die Möglichkeit geben, Dub-Mixe zu machen und live auf der Konsole zu mischen.

atmo eymen aufnahme.wav (instrumental)

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nur beat studio.wav

Sz eymen zeigt studio.wav

und hier wird produziert. Das ist sozusagen die „LION´S DEN“, die Löwengrube.

o-ton/justus 1.wav (aufgetrennt)

Lion´s Den kommt so ein bisschen von dem Konzept, die Höhle des Löwen aus der Bibel sogar, weil es dort diese Geschichte gibt, in der es darum geht, dass man quasi an seinem Glauben festhält und an seiner Mission und sich von niemandem und nichts abbringen lässt.

atmo lions den eymen.wav

atmo eymen aufnahme.wav (erster Teil)

Musik a capella beim Aufnehmen: „vom Sauls vom Paulus... heilig wie ein Freitagsgebet“

Musik: sprich nur ein Wort 48.wav Jamal (wird verwoben mit o-Tönen)

0´20 - ja sprich nur ein Wort

so wird meine Seele gesund

ich rede mich wund

komm mir fast so vor,

als sei mich zu verstehen ne Kunst;

wehre mich drum, kehre ich gelegentlich wund zurück in den Nebel,

sehe mich schon - schwebe herum,

o-ton/eymen seq 5.wav

o-ton/jamal seq 5.wav

Die zerfledderte Bibel ist aktuell das Buch, was ich lese.

Ich freue mich, wenn der Jamal seinen Kopf in die Bibel reinsteckt

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Ja, so bin ich halt auf jeden Fall auf der Suche und lese auch viele Bücher, die sich jetzt mit dem Thema Religion, Spiritualität auseinandersetzen...

ich lese aber mal aus Interesse irgendwie Sure 93 im Koran,

Ich hatte eine gewisse Idee auch, die westliche Kultur zu begreifen - und für mich waren halt dann zwei Bücher ganz essentiell zu lesen. Das war einmal die Bibel,.... aber auch den Koran zu verstehen...

Ich würde auch vielleicht den Begriff Sufismus gar nicht - weil ich auch damit selber noch in einem Prozess bin,...... ich würde das nicht in dem Sinn labeln, zu sagen, das ist jetzt meine Gemeinde, weil das ist es auch nicht. Ich gehe da ab und zu mal hin...

Sprecherin 1: in die Sufi-Moschee

Das sind Sachen, die sind so groß und so weit und ich bin sehr weit davon weg, mir selber oder anderen Leuten zu erklären, warum ich das mache und was richtig und was falsch ist, so, weil ich glaube, davon laufen schon genug Menschen draußen rum. Auf gefährliches Halbwissen möchte ich mich einfach auch nicht einlassen, weil ich glaube, das ist Zeitverschwendung.

Wir sind ja nicht gläubig oder religiös, sondern wir sind spirituell.

Musik: waehrend die welt seq 1.wav > wird unterlegt und kommt kontextualisiert immer wieder in den Vordergrund

Sprecherin 1: Ansage

Die Welt braucht dich

eine Geschichte im Freestyle

Feature von Rilo Chmielorz

o-ton/eymen seq 1.wav

o-ton/jamal seq 1.wav

wer bin ich und - was bin ich, bin ich jetzt Deutscher, bin ich jetzt Tunesier?

Was ist das für eine Frage, ob einer schwarz oder weiß ist? Was bin ich Christ, bin ich Moslem, was für ein Moslem bin ich, bin ich überhaupt Moslem? nee!

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Was soll ich denn sagen? Wo soll ich denn hingehen? Soll ich jetzt einen Fuß in Libanon setzen und dann meinen anderen Fuß nach Guinea. Für mich spielt es keine Rolle. So ein bisschen was von mir nach Russland schicken und einen Teil wieder auseinanderbauen und in Deutschland lassen? Ich bin Eymen, ich bin Hip-Hop. Wenn mich einer fragt, woran glaube ich? Dann sage ich, ich glaube an Hip-Hop. So.

während die Welt schlief

hatten die Menschen ihren Beat, keinen Bock auf Politik!

keine Zeit; arbeiten am PC; schuften in der Fabrik;

nackte Frauen auf RTL;

schlechter Rap auf MTV;

es herrscht Krieg;

Bomben bestimmen, was geschieht;

keiner hat die Arbeit,

denn es gibt keine Fabrik;

MEHR

überall Militär,

das Krankenhaus überfüllt,

die Schulen stehen leer;

manche wollen immer MEHR,

die halbe Welt verzehrt

hast du dich schon mal gefragt,

wovon wir uns hier ernährn?

wo kommt das alles her?

im Rücken den Aufseher

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mit seinem Gewehr;

das Fragen fällt schwer -

das Hinterfragen noch mehr..

in einer Welt voller Lügen

die Wahrheit noch fern

zählt nur Warenverkehr;

willkommen in der Welt moderner Sklavenhändler;

während die Welt schlief,

mordeten sie in Afrika;

ertränkten Menschen im Mittelmeer wie die Mafia;

während die Welt schlief,

spielten Kinder nicht im Garten,

sie warfen Granaten um zu kämpfen wie Soldaten;

während die Welt schlief,

starben Milliarden den Hungertod

und wenige wurden Milliardäre in der Hungersnot;

während die Welt schlief,

lief einiges schief;

dein Handeln hat Konsequenzen;

was ist dein Motiv?

binuu laerm die welt braucht dich.wav

o-ton/jamal seq 2.wav

o-ton/eymen seq 2. wav:

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Vor dem Konzert habe ich dann halt draußen Eymen kennengelernt. Ich habe direkt gemerkt, so, dass er eine ganz gute Stimmung verbreitet. (Italiener Musik)

Dann meinte ich einfach zu ihm, hey, ich habe ein paar Gigs, wenn du Bock hast, ich nehm’ dich mit,

Es kann auch sein, dass wir einfach nächtelang, zwei Nächte lang zusammen durchgemacht haben, um einfach unser Level zu halten und die Kunst, die wir zusammen fabrizieren, eben halt dann auch auf den Punkt zu bringen

Es ist halt schwer, sag’ ich mal, Menschen zu finden, die auch mit diesem Rhythmus, den wir mittlerweile fahren, halt überhaupt mithalten können. Wenn ich in den letzten drei Jahren gucke, was wir für ein militärisches Arbeitstempo hatten. Wir waren einfach auch schon ziemlich krass unterwegs.

Man muss sich das ja mal vorstellen. Wir fahren manchmal unter widrigsten Bedingungen: das billigste Ticket, zehn Stunden nach Stuttgart und dann halt da irgendwo auf einer Matratze zu pennen und am nächsten Tag wieder durchs halbe Land weiterzufahren. Wenn man zusammen auf der Flucht ist, von Afghanistan nach Deutschland, dann kennt man den Menschen besser vielleicht wie seine eigene Familie. Ich meine, wir waren nicht auf der Flucht, aber wir waren - waren wir doch.

atmo binuu internationale solidarität.wav (unterlegt und hart abgeschnitten)

Sprecherin 1: Das sind Jamal Kamano und Eymen Nahali.

Als MC Konta und MC Intifada touren die beiden durch die Republik.

MUSIK: AllEIN_Mix 48.wav > Jamal (schönes Intro)

manchmal fühle ich mich allein,

dann weiss ich, ich bin mit dem ALL ein;

wenn du mich hörst, sind wir schon zwei;

erzähle es deinen und ich meinen Leuten;

kommt, wir machen uns frei;

erst dann kehren wir heim;

manchmal fühle ich mich allein,

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dann weiss ich, ich bin mit dem ALL ein;

o-ton/jamal 2.wav

Eines Nachts hatte ich so einen Traum gehabt: jemand kommt, eben diese Szene, wo Eymen (umschneiden) mir so gegenübersteht und diese Person hat halt ein Jahani-T-Shirt an und auf einmal guckte ich und sah ihn, da war mir klar, okay, der hat dieses Jahani-T-Shirt, okay, das ist der aus dem Traum. In dem Traum war das so, dass es eine Person war, von der ich Hilfe brauchte.

atmo db dortmund.wav (atmo Zug)

o-ton/jamal 3.wav

Wir sind ja beide in Bonn aufgewachsen. Wir haben dann auch direkt angefangen, zusammenzuarbeiten halt und es hat sich dann immer mehr intensiviert. Da ist auch Arbeiten ein schwerer Begriff, weil man stellt sich unter Arbeit halt auch immer vor, okay, wir machen jetzt was, um sozusagen einen bestimmten Lohn zu erhalten, wie man das halt kennt, aber wir arbeiten halt letztendlich an einer gemeinsamen Vision.

atmo db dortmund.wav

o-ton/jamal 3a.wav

Ja, wir sind jetzt auf dem Weg nach Dortmund von Berlin. Eymen wartet schon da auf uns. Heute Abend spielen wir ein gemeinsames Konzert unter dem U.

atmo ansage dortmund.wav (vorm U)

Musik: el otro soy yo live U.wav > live-mitschnitt

ich musste nie weit gehen

um das Leid zu sehen

brauchte nur meine Zeit zu verstehn;

wir bluten alle rot

sie schmecken gleich unsere Tränen

ganz gleich, wo wir leben

ob Thailand, ob Jemen;

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...

der andere bist du

el otro soy yo - el otro soy yo

Sprecherin 1: Deutschland, Tunesien, Libanon, Guinea, UDSSR –

Bonn, Berlin, Dortmund – krass!

o-ton/eymen 2.wav

Natürlich sehe ich aus wie der Vorzeige-Nordafrikaner, den es gibt. Wenn man dann mal so in den Spiegel guckt, dann guckt einem etwas anderes an als die mütterliche Familie sozusagen: Ich bin dunkel, ich habe einen Vollbart. Man erkennt schon meine Wurzeln deutlich, so, aber man vergisst, dass meine Mutter Deutsche ist, dass ich komplett hier deutsch aufgewachsen bin, mit Semmelknödel und Kohlrouladen und hast du nicht gesehen und Krippenspiel an Weihnachten, wo ich den Josef gemimt habe.

o-ton/ jamal 4.wav

Die Geschichte bei uns ist so gewesen, dass meine Eltern sich beide entschieden haben, in Russland zu studieren. Meine Mutter hat halt Medizin studiert und mein Vater Agrarwirtschaftswissenschaften. Das war in Krasnodar. Dann sind die beiden sich über den Weg gelaufen und haben sich kennengelernt und dann nach einiger Zeit war ich halt sozusagen da.

o-ton/eymen 3.wav

Mein Vater ist schon auch eine Erscheinung. Der ist auch ein sehr imposanter und Eindruck hinterlassener Mensch auf jeden Fall. Vor allem auf mich als Kind hat das natürlich sehr stark gewirkt. Meine Eltern sind schon sehr früh geschieden gewesen, ein Jahr nach meiner Geburt, also 1989. Ich habe meinen Vater eigentlich nie so häufig gesehen, aber er war schon sehr präsent. Und irgendwann, so mit 12/13 habe ich mich dann dafür entschieden, zu meinem Vater zu ziehen, ganz zum Leid meiner Mutter. Das hat sie sehr getroffen.

o-ton/jamal 5a.wav

Mein Papa ist halt aus Guinea, aus West-Afrika nach Russland gekommen und meine Mutter aus dem Libanon. Dann war das Studium beendet irgendwann und wir mussten dann das Land verlassen; und es war halt so, dass in Guinea gerade ein Putsch stattgefunden hatte und die Regierung gewechselt hatte und mein Vater

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gefährdet war mit einem Stempel aus der UDSSR, ob man da jetzt studiert hatte oder was auch immer.

MUSIK > ADERLASS instrumental.wav (knistert)

o-ton/eymen 4.wav

Mit 12/13 bin ich nach Bonn gezogen, zu meinem Vater. Er hat damals in einem Vorort von Bonn gewohnt, in Augustin - nochmal eine komplett kulturell andere Welt. Das heißt, ich habe damals den Islam als Religion angenommen, habe auch nochmal eine ganz andere Form von Erziehung erleben müssen.

MUSIK > ADERLASS instrumental.wav (knistert)

In dem Bezirk und in der Welt, in der wir aufgewachsen sind, haben wir alle auf jeden Fall nochmal unsere Wurzeln irgendwo anders. Bei mir steht ein Stamm in Tunesien auf jeden Fall, aber ich bin mit Somalis aufgewachsen, mit Albanern, viel mit Russen, Kasachen, Marokkanern, Kurden, ja, so eigentlich durch das ganze Gemisch.

MUSIK ADERLASS instrumental.wav (knistert)

Zwischen meinem 13. und meinem 17. Lebensjahr habe ich gesehen, wie Menschen abgestochen worden sind. Das ist einfach eine ganz normale - eine Form von Normalität, dass, wenn Leute sich gestritten haben, dass man dann auch, wenn was zum Zustechen da gewesen ist, zugestochen wurde.

Musik: Aderlass krasse Zeiten.wav >

ja, die Zeiten waren krass,

die Farben waren blass,

ich erhielt trotzdem Liebe

und niemals meinen Vater hass;

nimm ein Stift, öffne mich, ein Blatt Papier -

und es fließt wie beim Aderlass

ja die Zeiten waren krass … (Wiederholung)

MUSIK ADERLASS instrumental.wav (knistert)

o-ton/jamal 6.wav

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Und im Libanon war zu der Zeit Bürgerkrieg. Meine Mutter und ich sind dann halt nach Libanon geflogen. Mein Vater hat sich dann über die DDR nach Westdeutschland durchgeschlagen und in Westdeutschland dann die entsprechenden Papiere beantragt. Und so sind wir dann aus dem Libanon in so einer mehr oder weniger Nacht- und Nebelaktion. Durch den Krieg war der Flughafen im Libanon zerstört. Der einzige nächste Flughafen war in Syrien, in Damaskus. So war das halt damals, dass immer Syrien der Garant - der Ort des Friedens gewesen ist. In Libanon war Krieg und dort haben sozusagen die Mächte verschiedener Rebellen, Clans etc., Milizen finanziert und die einen waren auf der Seite des Westens und mit Israel, die anderen waren mehr mit Syrien, die anderen mehr mit Iran, die anderen mehr mit Russland und Christen, Muslime und alles durcheinander hat sich halt gegenseitig abgeschossen, aus dem Fenster, in die andere Wohnung rein. Jeder gegen jeden und alle hatten Waffen.

o-ton/eymen 5c.wav

Ja, hätte auch ich sein können. Das ist das, was ich immer wieder dann so denke. Das hätte genauso auch ich sein können. Es ist ein soziales Schlachtfeld auf jeden Fall.

Musik: Aderlass krasse zeiten 2.wav

ich schreib auch weiter,

wenn der Bleistift bricht,

bis mein Leid erlischt,

bis die Stimme in meinem Kopf nicht mehr weiter spricht.

zum Abgrund war es nie ein weiter Schritt;

ich brauch kein Taschentuch,

ich schreib auf´s Blatt;

verletzt ein Leben lang,

wenn ich´s nicht mehr lesen kann,

dann schreib ich´s ab;

verletzt von klein auf -

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der Spiegel sagt mir, so sieht Leid aus;

alles ist ein Kreislauf

ich scheiß´drauf

Sprecherin 1: Zuhause... ist da......... „wo der Regen spricht“

o-ton/eymen 5a.wav

Ich bin sehr liberal bei meiner Mutter erzogen worden - ja, auf jeden Fall das komplette Kontrastprogramm erleben dürfen, so in der Zeit, wo ich bei meinem Vater gewesen bin. Es gab eigentlich wenig Platz für Eigensinnigkeit und wenig Platz für Freiheit. Das ist schon in vielerlei Hinsicht halt sehr stark eskaliert und auch so weit auf jeden Fall, dass eigentlich ein gemeinsames Zusammenleben auch nicht mehr möglich gewesen ist. Ich weiß nicht, ob das ein kultureller Aspekt gewesen ist, das würde ich heute ablehnen auf jeden Fall. Damals habe ich immer gedacht, ja, das sind die zwei verschiedenen Welten und so was, aber das ist, denke ich, eher auf einer sehr menschlichen Ebene, wo da Differenzen oder auch Defizite geherrscht haben. Ich meine, ich bin jetzt 28, ich habe eine arabische Familie in Tunesien, die ich regelmäßig besucht hab.

Musik: wo der Regen spricht instrumental. wav (wird unterlegt)

o-ton/jamal 7.wav

Dann sind wir meinem Vater gefolgt, waren dann erst mal in Berlin und von da dann nach Bonn als nächstes. Dann haben meine Eltern sich halt von Arbeit zu Arbeit durchgeschlagen, bis heute.....

o-ton/eymen 6.wav

Ja, das hat natürlich dann dazu geführt, dass ich mehrfach aus dem - wie sagt man, aus dem häuslichen Umfeld dann rausgeholt worden bin. Also im Fachjargon sagt der Sozialpädagoge „Inobhutnahme“, so. Die kompletten Facetten der sozialen Anlaufstellen habe ich eigentlich mal so durchgemacht: Heimeinrichtungen oder auch Pflegefamilien, die in Obhut nehmen.

o-ton/jamal 13.wav

Meine erste Sprache war Russisch. Dann bin ich mit meiner Mutter nach Libanon und habe angefangen Arabisch zu sprechen. Dann bin ich in Deutschland angekommen und mein Vater spricht ja gar kein Arabisch. Dann haben meine Eltern mich umtrainiert und angefangen, mit mir auch Französisch zu sprechen, weil das

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halt die gemeinschaftliche Sprache ist. Beide Länder wurden ja mal von Frankreich kolonisiert und deswegen haben die halt die französische Sprache bis heute in den Schulen. Und dann auf dem Sandkasten quasi Deutsch gelernt. Als Kind ging das natürlich super schnell. Man kriegt das gar nicht mit und purzelt da so in die Sprache rein und dann ist sie da.

Musik: wo der Regen spricht 1 44.wav

so viele Tage, die ich alleine überwintert habe;

blind in Rage - schwarz -weiss sind hier Farbe;

ein Kind der Straße - viele Jahre; Schule abgeschlossen, eine harte;

keine Frage; Instinkt - Überleben, in der Lage -

der Schmerz tief, aber es lief doch gut,

die Straße nahm mich in Obhut,

sie wurde mein Stiefvater;

aus dem Dreck - meine Mutter wurde RAP;

sie erzog mich mit allen ihren Liebhabern;

wenn ich nie klar kam, waren es die Worte der MCs, die da waren;

ohne Schirm, wo nur der Regen spricht,

sieht man oft zu spät im Nebellicht -

ich will reden, doch es knebelt mich,

auf der Suche nach ZUHAUSE,

auf der Suche nach dem Gegengift;

ohne Schirm, wo nur der Regen spricht,

sieht man oft zu spät im Nebellicht -

ich will reden, doch es knebelt mich,

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auf der Suche nach ZUHAUSE,

auf der Suche nach dem Gegengift;

o-ton/eymen 6b.wav

Schläge lernt man irgendwann mit der Zeit einzustecken. Du gewöhnt dich dran, wenn es knallt. Du weißt auch irgendwann, na das kommt und dann kassierst du das. Der Körper gewöhnt sich dran. Irgendwann macht man die Augen zu und lässt das irgendwie über sich ergehen, so, aber der Psychodruck, so. Psychische Gewalt ist nicht zu unterschätzen. Das war auch das Schlimme meiner Meinung nach halt, die psychische Belastung.

tigerauge instrumental.wav (wird unterlegt)

o-ton/jamal 9.wav

es war halt klar, dass ich halt aufs Gymnasium kommen sollte. Für die erste Zeit, war es auch ganz gut, dass ich auf der Schule gelandet bin. Letztendlich hatte ich dann aber auch doch relativ viele Konflikte in dieser Schule bekommen. Die Abiturzulassung wurde mir verwehrt.

Musik: tigerauge 1 du boxt.wav

du boxt dich durch, ja so kennt man dich,

doch wenn dein Körper ein Tempel ist,

warum verbrennst du dich?

bist du unerkenntlich bist.

Nach jeder Dunkelheit kommt am Ende Licht.

Also - du bist ein Unikat, wunderschön herausragend -

scheiss auf ihre Aussagen;

o-ton/jamal 9a.wav

zeitweise - war ich wirklich der einzige, nicht Ausländer, aber zumindest dunkelfarbige Ausländer oder einfach Afrikaner letztendlich und dadurch stach ich natürlich doch schon sehr ins Auge, wo halt einfach Lehrer rassistische Witze gemacht haben.

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tigerauge 3 glaube kriegers.wav

„die Leute sagten aus,

aus dir wird nie was,

doch du hast den Glauben eines Kriegers

und die Augen eines Tigers....” (harter Schnitt)

Sprecherin 1: Eymen lebt jetzt in Dortmund.

o-ton/eymen 8.wav

Letzten Montag habe ich ein Treffen gehabt in der Uni mit einem Professor. Wir machen verschiedene Projekte momentan mit Flüchtlingen, Evaluationsprojekte, publizieren dazu und ich bin hier morgens raus, wollte den Zug am Bahnhof nehmen, wollte mir noch einen Kaffee kaufen. Ich stehe in Dortmund in der Bahnhofshalle, viertel nach zehn, und - ich wusste dann, was passiert. In dem Moment sehe ich sechs Polizeibeamte, wie die auf mich zukommen.....

o-ton/jamal 10.wav

Was halt immer schon so war, dass man immer schnell in Kontrollen oder ins Visier der Polizei geriet. In Bayern und Baden Württemberg, da war das sehr verstärkt. Also es war wirklich so, okay, wir fahren zu einem Konzert nach Bayern, dann stellten wir uns schon darauf ein, dass wir wahrscheinlich kontrolliert werden auf der Fahrt. Dann fuhren wir los und fuhren dann irgendwo auf dem Rasthof was Tanken und dann passiert es auch schon.

aufgetrennt – o-ton/eymen 8a.wav

Ausweiskontrolle. Reguläre Ausweiskontrolle. Wir sind hier am Bahnhof, Gefahrengebiet.

aufgetrennt – o-ton/jamal 10.wav

Es gibt ja auch nicht so viele schwarze Menschen letztendlich da unten wie jetzt wo anders und - ja, die reagieren irgendwie ganz komisch.

o-ton/eymen 8a.wav

Das ist nicht das erste Mal, das ist auch nicht 10. Mal, das ist auch nicht das 15. Mal, dass ich das in meinem Leben erlebt habe. Man muss dann mal überlegen, was das mit einem macht, weil die Leute eine Vorstellung von einem Menschen haben, der so

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aussieht, wie ich - ja. Passiert ist, dass ich meinen Ausweis abgegeben habe, dass ich von fünf Polizeibeamten - der sechste hat dann meine Daten vor der Tür abgefragt, um viertel nach zehn am Bahnhof morgens mitten in der City umringt gewesen bin in meiner schwarzen College-Jacke, mit meinem Bart, ja.

o-ton/eymen seq 3.wav

o-ton/jamal seq 3.wav

Dann kam- Wumm, wumm. Einer links. Die Tür blockiert. Bamm. Direkt neben uns geparkt.

An mir sind locker 50 Leute vorbeigelaufen. Alle haben mich angeguckt. Alle haben mir das Gefühl gegeben, dass sie einen Eindruck haben so nach dem Motto, da haben sie jetzt mal wieder einen Kanaken erwischt, so.

Polizei rausgesprungen. Richtig immer mit Tara und so halt.

So. Dann kommt dieses Arschloch von Polizeibeamter wieder zurück und natürlich liegt gegen mich nichts vor. So. Ich bin nicht vorbestraft, aber trotzdem musste ich meine Schuhe ausziehen, musste ich meine Jacke ausziehen, durfte ich meine Beine breit machen, durfte ich mir an einer Säule meine Hände hochlegen und wurde abgetastet und durchsucht.

Raus! Ausweise bitte, pipapo, biwawawa. Durchsucherei. Tatatata, tatatata.

Früher habe ich da noch richtig Welle gemacht und habe dann angefangen zu diskutieren, macht natürlich keinen Sinn. Vor allem, am Bahnhof haben sie ja die Berechtigung aufgrund des Gefahrengebiets, dass sie auch ohne Tatverdacht Menschen durchsuchen dürfen.

Wir kamen dann zu spät zum Konzert etc. etc. Pipapo. Pipapo.

Durchsuchen natürlich eher so Menschen wie mich - Vorzeige-Nordafrikaner. Mein Bart geht jetzt nicht bis zum Bauchnabel, aber jetzt kommt ein bärtig, arabisch aussehender Mensch mit einer Camouflage-Jacke und die Leute haben Angst. Unterm Strich – pass’ ich ins Täterprofil. Und auf die Frage dann, wo ich jetzt hingehe, die ich eigentlich auch rechtlich nicht beantworten muss - die Genugtuung hatte ich dann doch, ihm zu sagen, „ja, an die Uni“. Hat er gesagt, „ach. Was studieren Sie denn?“ Habe ich gesagt, „ja, Soziale Arbeit.“ Und da hat er gesagt, „ja, da sind Sie am Bahnhof ja genau richtig.“ Dann habe ich gesagt, „ja, da sagen Sie was“ und bin wieder gegangen und denk’ mir, fick’ dich, so. Das sind nur kleine Mosaike von einem dicken Bild von Rassismus, dem man hier ausgesetzt ist und das wird einfach so runtergespielt.

Als Moslem in Deutschland zu leben, hat man grundsätzlich erst mal die Arschkarte gezogen, so. Aber da draußen ist auf jeden Fall mehr wie der IS und Salafismus.

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MUSIK: fünf Finger Jamal Giselle kurz.wav

fünf Finger - eine Hand - eine Einheit

eine Faust in die Luft für die Freiheitt

gebt mir ein Zeichen, wenn ihr dabei seid

keiner kriegt uns klein,

nein, du bist nicht allein

wir sind viele an der Zahl

viele, die so denken,

wir lassen uns nicht lenken,

niemand kann uns beschränken

die Kunst kann Ketten sprengen

Menschen verändern

Scheiß auf die Grenzen zwischen all den Ländern

die Sonne ist für alle da

fünf Finger - eine Hand - eine Einheit

eine Faust in die Luft für die Freiheitt

gebt mir ein Zeichen, wenn ihr dabei seid

keiner kriegt uns klein,

nein, du bist nicht allein

o-ton/eymen seq 4.wav

o-ton/jamal seq 4.wav

Ich habe mich in Dortmund und Münster fürs Studium beworben und Dortmund hat mich angenommen und bin mittlerweile im 4. Semester, was auch bald rum ist. Es

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geht mir sehr gut von der Hand, das Studium und deswegen ist auf jeden Fall der Bachelor nicht das Ende, so, und ich werde auf jeden Fall den Master machen und liebäugle auch mit einer Promotion, aber erst mal die Unterhose anziehen, dann die Hose, sonst - sieht sonst komisch aus.

Ich bin eigentlich Versicherungskaufmann. Ich wollte so ein schönes bürgerliches, friedliches Leben führen, so mit Anfangs 20 und so, wo ich gedacht habe, ich will jetzt eine Familie gründen und weg vom Scherbenhaufen, der hinter einem liegt.

Dann habe ich halt hier links und rechts einfach geguckt, wie könnte ich halt meinen Lebensunterhalt finanzieren und hatte dann halt so einen Nebenjob bei einem Getränkehändler. Der Chef, den ich damals hatte, das war so der beste Chef der Welt. Irgendwann wurde halt so eine Zweigfiliale frei und da hat er mir halt angeboten, die zu übernehmen.

Fünf, sechs Jahre war ich mit Schlips und Krawatte unterwegs, war Schadensachbearbeiter, war auch selbständig, habe einen kleinen Kundenbestand betreut und so was, ja, und dann nach einer Krise musste ich mich nochmal irgendwie neu sortieren.

Mich hat das irgendwie gereizt, mein eigener Chef sozusagen zu sein. Ich meine, das war mir auch schon vom Anfang an klar, dass ich das nicht mein ganzes Leben lang machen wollte. Ich wollte letztendlich noch studieren. Suchte halt dann ein Praktikum, um mein Fachabitur zu vollenden. Okay, dann ab nach Berlin und dann ziehe ich erst mal dieses Praktikum durch und, ja, so bin ich eigentlich hier gelandet.....

MUSIK >> FUNKSPRUCH gekürzt.wav (eymen)

die Welt ist mehr als dein Garten,

Grenzen und Staaten;

Bürokraten sagen: warten - Boot ist voll!

Aber wir sind Piraten!

Zeit zum Entern, was verändern;

Frieden in den Ländern, bevor wir alle kentern;

Atlantis - eine neue Welt, das Vermächtnis;

Menschen auf der Straße wie 68,

denn nur was echt ist,

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bleibt im Gedächtnis;

denn viele wissen,

wie es in der Schlange hinten ist;

können das Leid fühlen,...

meine Waffe ist das Mic und der Tintenstift;

bis auch der letzte Geblendete den Sinn begriff;

instrumental ….. (Jamal auf französisch)

o-ton/eymen 9.wav

MUSIK > FUNKSPRUCH gekürzt.wav

Ich wohne in der Nordstadt. Wir haben eine Straße, die sehr bekannt ist für Rumänen und Bulgaren – da hat man sehr viele Sinti und Roma, die sind auf der Straße und die stehen da sehr eng aneinander, auch mit Kindern und Kinderwagen,.... ist ein bisschen wie in Tunesien. Frauen in so bunten, herbe-kitschigen Röcken und Goldohrringen. Männer in Anzügen wie in den 40er Jahren, so. Das ist eigentlich ein total schönes Bild. Aber: Ich gehe da durch- und was mache ich? Ich habe mich dabei ertappt, automatisch, und ich habe mich so geschämt. Ich habe in meine Jackentasche gegriffen, habe geguckt, wo mein Portemonnaie ist. Und dann habe ich mich gefragt, hey, fuck’ you Eymen,... warum hast du das gemacht? Warum denkst du das?.... und dann habe ich mich gefragt, was weißt du eigentlich über Rumänien und Bulgarien?

MUSIK > instrumental

Jedes Kind, jedes bulgarische Kind, rumänische Kind, somalische Kind, tunesische Kind, scheißegal, möchte lachen, singen und tanzen...... Und jede Mutter möchte, dass es ihrem Kind gut geht, egal, wo wir herkommen, aber wir kriegen ja suggeriert, dass es halt so eine Art von Menschen gibt und so eine Art von Menschen gibt. Die eine ist auf jeden Fall besser gestellt wie die anderen. Also wir Araber sind auf jeden Fall besser wie die Rumänen und Bulgaren. Das sind ja Zigeuner. So. Oder die Türken sind besser wie die Syrer, weil die sind ja schon etabliert hier. Das ist ja die erste Generation Kanaken, so. Also das ist so ein Schwachsinn, so ein Schwachsinn, und das geht unterbewusst in uns rein und wir checken es gar nicht, so, und da muss man wirklich sehr wachsam und vorsichtig sein und nicht mit seinen Augen und mit seinem Kopf gucken, sondern mit seinem Herz und fühlen. Fühlen. Wir können den menschlichen Umgang miteinander nur fühlen, egal wo wir herkommen.

MUSIK:

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FUNKSPRUCH gekürzt.wav // harter Schnitt //

instrumental ……(gesprochen) ich beobachtete, wie eine Schnecke auf der Schneide einer Rasierklinge entlang kroch - das ist mein Traum, das ist mein Albtraum

atmo nordstadt lang.wav (man hört viele Sprachen, auch arabisch)

Eymen erklärt 103.wav (auf der Straße)

Das Interessante an der Einrichtung ist auf jeden Fall, dass es diesen partizipativen Charakter hat. Das bedeutet – es ist einfach ne offene Tür und jeder kann rein und raus gehen. Eine Begegnungsstätte zwischen dem Dortmunder Ruhrgebiet-Proletariat so - und eben halt Leuten, die aus einem künstlerischen Kontext kommen. Und abends gibt es halt die Möglichkeit am Wochenende dann Kulturveranstaltungen zu machen. Ich habe dann zusammen mit Jamal das erste Konzert, was ich hier in Dortmund organisiert, habe ich da stattfinden lassen; steht auch so für das, was wir auch musikalisch machen.

Sprecherin 1: Dortmund, Nordstadt. Borsig 103, Machbarschaft e.V.,

ein ehemaliges Ladenlokal.

unser Publikum schmelztiegel.wav (auf der Straße)

Das ist halt auch so ein bisschen Schmelztiegel, der hier stattfindet - egal welches Alter, welche Kultur. In der 103 von Borsig 11 hat jeder so sein Plätzchen.

Pflaster macht sinn.wav (auf der Straße)

ich mag das immer sehr gerne am Puls auch zu arbeiten. Da, wo die Menschen sind. Da, wo es auch ein bisschen weh tut. Wo was passiert. Wenn man da ein kleines Pflaster anbietet, dann ist das schon mal ne janz jute Sache - sach isch jetzt mal so (kölscht ein bisschen); dat kann ein Kaffee sein, dat kann ein einfaches Gespräch sein.

ankommen im Laden.wav (Szenen im Laden – dortmunder Dialekt)

Hallo zusammen! Rilo: hallo, guten Tag! - das ist die Rilo. Die Rilo ist vom Radio. - Hammer! - ja, das ist die 103! - Frau: auf dem Weg zum Zoo, hattest das gesehen in die Bahn, da ist auch so ein Zeltlager gewesen. Ist dat auch wat für Flüchtlinge gewesen? - E: weiss ich gar nicht. - Frau: hattest das gesehen? - E: nee

basteln wer bist du 2.wav

21

E: sag mal, kannst du basteln? Mann: ok - E: oder schweißen? Mann: schweißen kann ich auch...... E: mit Kindern schweißen - Figürchen oder so was? Mann: so ein bisschen rumdrahten. Mann: bring mal ein Schweißgerät, dann bauen wir mal Figürchen...... E: einfach mal probieren M: ja.

Frau: Wer bist du eigentlich? ich habe dich noch nie hier gesehen.

Mann: das ist der Neue, der kommt jetzt öfter.

Eymen: ja, genau - ich bin der Neue..

Mann: der arbeitet hier

E: ich bin der Eymen

Frau: Eymen - Hi, Bine.

ich gehöre nicht dazu.wav

andere Frau: ich gehöre nicht dazu. Ich bin Nachbarschaft.

E: jetzt bist du hier - mitgegangen, mitgefangen! Wenn de hier drinne bist, gehörst du dazu.

Mann: watte ma – ich mach ma die Tür zu (lachen)

Musik > Du bist kurz.wav (INTRO > instrumental)

kuss julia.wav

(schmatz - Eymen stöhnt)

Sprecherin 1: Julia, Eymens Freundin, betritt die Borsig 103.

julia bei rtl.wav

22

E: wo hast du sie gesehen?

Frau: ja, im Fernsehen habe ich sie gesehen, bei RTL. Ich weiss nicht genau, was das war - aber so ein Hartz IV-Dingens

Julia: ein Hartz IV-Einsatz - (lachen)

Frau: ja, die ist im Hartz IV-Programm -- mitten im Leben

Julia: ich nehme nur die schönen Rollen

Musik > Du bist kurz.wav

du bist das Alpha und das Omega

du strahlst, du machst alles um dich sonniger,

ain´t no sunshine, when she´s gone

doch versteh auch, wenn du gehen musst

in meinem Planetarium bleibst du die Venus

ich seh dich, spür dich, versteh dich -

ich bau dir tausend solcher songs

und nicht einen goldenen Käfig

du bist ein Abendrot, du bist ein Atemlos,

du bist die Ruhe von dem was mir auf der Straße droht

durch dich kann ich wieder Wunder sehen

du bist einer dieser Sonnen

mit dir kann ich auf- und untergehen

23

du bist ein Meisterwerk

du bist mein Heidelberg

atmo nordstadt lang.wav (man hört viele Sparchen, auch arabisch)

o-ton/eymen 10.wav

Hier vorne links ist der Nordmarkt. Das ist so die offene Drogenszene in der Nordstadt. Die ganzen Fixer und so was. Man sieht es hier auch: die öffentlichen Toiletten mit dem Blaulicht, dass die ihre Ader nicht finden können. Wenn man da rübergeht und sich auf die Parkbank setzt, kannst du gucken, wie sie sich den Druck setzen. Abends siehst du sie halt, wenn sie dann durch sind oder anfangen zu zappeln. Wenn sie einen Affen kriegen, dann - weil nichts an Stoff da ist... Die Kulisse ist halt krass...

musik: junks auf parkinson.wav (wird mit o-Ton verwoben)

während die Juppies von der Party kommen,

seh´ich die Junks zittern wie auf Parkinson

welcome to Babylon;

wo Bier billiger als Wasser ist

denkt man schnell, man schafft es nicht

und sieht mit verblasster Sicht

bei verpasster Frist

wie einem die Last zerbricht

mir ist das Leid nicht fremd

auf dem Abstellgleis, auf dem man keine Weichen kennt;

Einzelkippen für 30 Cent

so lange bis die Scheiße brennt;

viele hören die Stimme aus dem OFF nicht,

wenn der Kopf voll Stoff ist,

24

… doch es gibt noch Licht;

ich sehe genug Felder

nur die ARGE fickt die Menschen hier schlimmer als ein Zuhälter;

wir sind Randgruppen

die im Arsch sind wie Handpuppen

komm aus deiner Seifenblase raus –

hier kannst du uns angucken (harter Schnitt)

(harter Schnitt > Boxen)

sz boxen.wav (steht frei und wird unterlegt ff 3´23)

tag tag tag …. tag … tag... aufwärts, aufwärts - Führhand, Schlaghand --- aufwärts, aufwärts - kurz zurück, Führhand gerade - linke Seite rein!

Eymen: links, rechts, links, rechts.. nochmal - links, rechts zurück, links, rechts und bom; noch mal

--- tak, tak tak, chak -

Trainer: Dauerfeuer - ich zeig mal, wie das geht. Tak, tak, tak,tak, tak … das ist Dauerfeuer! - So, fertig machen!

tak tak tak tak

Trainer: Kopf höher! mehr, mehr, mehr

Eymen: jala --- weiter weiter (stöhnen)

Trainer: Kniebeuge - alle - zak, zak - komm

muhammad ali.wav (historischer o-ton) steht frei –

o-ton/eymen 11.wav

25

Also Ali hat gerappt, Muhammad Ali willst du auf der Schnauze liegen, ich hau’ dich k.o. in Runde sieben. Das sind Sachen, die er gemacht hat vor seinem Kämpfen.

Wenn ich rappe, ist es auf jeden Fall auch wie Boxen. Beim Boxen hat man den Jap und den Punch. So. Der Jab ist die Führhand, mit der man vorbereitet, tack, tack, tack, tack - ein bisschen spielt und der Punch ist die rechte, in der Regel die stärkere, mit der man durchzieht und den Gegner dann k.o. haut. Wenn man jetzt beim Battle-Rap ist, dann ist es ja genauso.

Ich fühle mich auch immer, wenn ich am Mikrofon bin, als ob ich jemanden verprügele, so....

boxen.wav > harter Schnitt

aikido nitsch ho nim. wav

aikido angreifen atmen.wav

aikido jamal greift 4mal an.wav

–atmo ff unterlegen – steht immer wieder frei

o-ton/jamal 12.wav

Ich habe ja schon als kleines Kind relativ früh- angefangen mit Judo, weil mein Papa sich wahrscheinlich auch gesagt hat, okay, junger Schwarzer hier in der Gesellschaft, der muss sich selbst verteidigen können.

Und irgendwann bin ich dann halt auf Aikido gestoßen. Jetzt mache ich das, glaube ich 2 Jahre, und ich nehme da einfach sehr viel mit. Aikido ist halt ein ganz anderer Ansatz als die meisten Kampfsportarten. Es geht halt wirklich darum – ähm - es ist halt auch eine Art, sage ich mal, das Leben zu sehen und Konflikte generell zu lösen.

harter Schnitt

niah.wav (1´02 eventuell verlängern )

Niah: so küssen sich die Eskimos – Jamal: ja, das stimmt, weil die ganz dick eingepackt sind.

Sprecherin 1: Niah, Jamal Töchterchen, milchkaffee-farbener Teint und die Löckchen vom Papa. Niah geht seit ein paar Monaten in die Kita.

26

– chérie, chérie....(Jamal spricht französich mit Niah)....

Jamal: mmm – passt denn die Feli im Kindergarten gut auf dich auf? – Niah: Ja. – Jamal: und wer passt noch auf dich auf? – Niah: der Michel. – Jamal: und wer noch? – Niah: der Luis. Jamal: der Luis passt auch auf dich auf? – Niah: ja. – Jamal: das ist ja super!

Jamal: bon appétit!

atmo gitarrenmusik.wav (auf der Straße)

niah.wav

Niah: da kann man nur reinsagen...

o-ton/jamal 14.wav (auf der straße aufgenommen)

letztendlich ist es auch schon cool, jetzt wieder diesen Modus mit Kindergarten zu haben, dass jetzt einfach auch die Zeit wieder da ist, mir neue Projekte zu suchen. Wir hatten halt den Auftritt im Haus der Geschichte in Bonn auf so einem Afrika-Poetry-Tag und nach dem Auftritt kam Lis zu uns ja, begeistert und meinte halt, wollt’ ihr das nicht machen - ja, machen wir. So fing das dann mit den Workshops an. Jetzt widme ich mich dem doch relativ intensiv. Ja, ich bin fast Vollzeit quasi mit Workshops unter der Woche beschäftigt. Bin manchmal in der Schule und manchmal im Jugendzentrum und dann, wie jetzt am Wochenende, mit Eymen unterwegs.

atmo strasse jamal kurz.wav

harter Schnitt

gitarrenmusik Jugendherberge.wav

(Chorprobe mit christlichen Gesängen)

Sprecherin 1: Waldjugendherberge Sargenroth im Hunsrück:

Chorprobe im Speiseraum.

Und im Keller: RAP-Workshop.

15 Jungs – die meisten sind jugendliche Flüchtlinge.

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wj 1 gesang sprachen.wav (steht frei, wird dann unterlegt)

Lis: aber ist doch Farsi, oder? Was sprichst du? Dari?

Flüchtling: Bisschen Farsi und Paschtu

o-ton/lis 1: (auftrennen)

Ich bin mehr so für die Emotionalität zuständig, weil ich glaube, dass ich die ganz gut begeistern kann und ich komme auch sehr nah an die Jungs ran.

Sprecherin 1: Lis Braun –

ehrenamtliche Mitveranstalterin des Workshops.

Ich bin seit diesem Jahr aus dem aktiven Schuldienst ausgestiegen, weil ich die Nase voll hatte, hatte zum Schluss den Integrationskurs.

o-ton/siggi 1: (auftrennen)

Ich bin 74 Jahre alt, Rentnerin, und jetzt arbeite ich in der Flüchtlingspolitik.

Sprecherin 1: Sigrid Braun – ebenfalls ehrenamtliche Mitveranstalterin.

Wir vertragen uns sehr gut und ergänzen uns vor allen Dingen gut. Ich bin sehr gut strukturiert, organisiere und vor allen Dingen kümmere ich mich um die Finanzen, was ja sehr wichtig ist bei solchen Projekten.

wj 2.wav (Stühle rücken)

Eymen: schön, dass wir alle wieder da sind. Ein paar kennen wir ja schon. Salam Alaikum! Wann haben wir uns das letzte mal gesehen –

Cenkis: drei Monate

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Eymen: d.h. ihr sprecht jetzt alle fließend Deutsch, ja?

gibt es Leute, die Deutsch nicht verstehen? welche Sprache?

Gemurmel: Eritrea …

Eymen: aus Eritrea?

F: ja

Eymen: ok.

Cenkis: die meisten sprechen deutsch. Lis spricht auch deutsch..

alle: die sprechen auch deutsch

Eymen: was habt ihr so gemacht die letzten drei Monate?

Cenkis: Musik gemacht, Schule und so..

Eymen: was heisst Schule? Wer von euch geht zur Schule momentan?

Cenkis (schreit): ICH

Lis: Ja, Cenkis, nur du…

Cenkis: ICH

Eymen: wer von euch geht momentan zur Schule? nur mal Hände hoch..

alle im Chor: SCHULE SCHULE SCHULE..

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Eymen: was macht der Rest? – Sprachkurs – welchen Sprachkurs?

Flüchtling: B1

Eymen: und dann?

Flüchtling: meine Prüfung ist am 4. November. Dann melde ich mich in einem anderen Kurs B2 an. Und dann vielleicht kann ich studieren und eine Ausbildung machen.

Eymen: Schulabschluss hast du schon?

Flüchtling: ja, habe ich schon zwei Abschlüsse – 2 Abitur – eine in Syrien und zweite in Algerien

Eymen: und beide sind hier anerkannt?

Flüchtling: nur das syrische

Eymen: eins hast du in der Tasche --- ok. wer bist du?

Feridoun: ich heisse Feridoun

Eymen: aber du verstehst mich auch?

F: ja,

Cenkis: er ist mein Kumpel

Eymen: aus Afghanistan?

F: ja, ich komme aus Afghanistan

Eymen:

30

Abdul Amin und Bilal und Bernd --- ok. seid ihr ready?

wj 5 namensvorstellung.wav (gerappt unplugged)

wj 3 arbeitsplan.wav

Eymen: wir haben ein bisschen volles Programm. Wir wollen viel machen die 2 Tage. Deswegen: Konzentration! auf jeden Fall, dass wir das alles durchkriegen - wir werden heute einen neuen Song schreiben und wir werden gucken, dass wir den Song heute komplett recorden. D.h. wir werden das, was wir letztes mal an 2 Tagen gemacht haben, machen wir in einem Tag. D.h. ihr müsst auf jeden Fall Power geben. Und Morgen fahren wir nach Simmern, und dann werden wir zu diesem Song, den wir heute aufnehmen, ein komplettes Musikvideo drehen.

wj 8 beat aussuchen.wav > BEAT läuft im Hintergrund

wj 15 korrektur jamal.wav

Jamal: z.B. weil es sonst keinen gab, weil dann reimt sich das. Du hast die gleiche Aussage, nur eine andere Zeit - so ist schon fertig - bis hierher. "Ich bin weit weg von meinem Land, aber den Tränen nah, den Tränen nah bedeutet Einsamkeit, weil ich niemanden hab, den Tränen nah bedeutet, das ich sie mag. Ich muss meinen Weg gehen, weil es sonst keinen gab."

BEAT läuft im Hintergrund

wj 16 cenkis auch kurdisch.wav

Cenkis: ich bin hier allein - ich bin hier allein - komm, lass mich nicht allein - so soll es nicht sein - zusammen sind wir frei - ich will leben in Liebe - ja, weisst du, wir waren mit meiner Familie daheim - es war schöne Zeit, aber jetzt nicht mehr - und dann mache ich auf kurdisch - ja, ja

wj 4 rap auf arabisch deutsch englisch mit lis.wav

….. mooh …mooh… ich habe einen Traum, den Traum vom Glück - und Tanz, ganz ohne Angst - Traum ohne Krieg, ohne Hass - Traum ohne Bomben und ohne Knast, ohne Knast, ohne Knast …

Don´t make it so hard - …. ich habe was zu sagen, aber keine Zeit - ich würde dir nur erzählen über die Vergangenheit - …(verhaspelt sich)

Lis:

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aber egal, egal - super! ist total schön! ihr seid toll! ehrlich schön (freut sich so) total schön! wirklich!

sz cenkis und Bruder auf kurdisch und arabisch am Mikro.wav

gestern war sehr gut! - komm wir machen ein bisschen HipHop auf algerisch und kurdisch.. komm fang mal an - aha aha aha …. (arabisch ….)freestyle)

C: ja, mein Bruder ist Ahmed und ich bin Cenkis Kurbani. Er ist aus Algerien ich aus Kurbani. Wir sind Männer und machen HipHop zusammen. HipHop - wir lieben HipHop - und mein Bruder weisst du - jetzt was auf kurdisch (kurdisch … freestyle) - sag mal Bruder, wie geht es dir?

(das Ende wird unterlegt ff Frauenanteil)

o-ton eymen und jan frauenanteil.wav

Jan: ... es fehlt der Frauenanteil – mir ist aufgefallen, dass unter den 15 Leuten – wir haben nicht ein Mädchen darunter – wie kommt das?

Eymen: ist häufiger so – RAP ist natürlich eine eher maskuline Veranstaltung – immer noch, leider.

atmo recording jugendherberge.wav

Jamal: ich finde es gut, dass ihr als Gruppe ein Thema gefunden habt. Weisst du, nicht einer hat so geschrieben und der andere so – es ist so eine Linie, ein Thema

Jan: weiter!

Jamal: die Endklips

Jan: endings

F: singt auf arabisch....RAP (unterlegt)

o-ton/jan 1.wav (Frühstücks-Atmo)

32

Ich nehme die Leute auf – also ich nehme die vocals auf; heute drehen wir noch ein Video dazu – ich bin der Bastler - ich bastele alles zusammen.

Sprecherin 1: Jan Hoffmann ist ein Kumpel aus Berlin;

er hat ganz einfach die offenen Türen eines Jugendherbergsschranks

provisorisch mit einer Steppdecke ausgekleidet:

und fertig ist das Aufnahmestudio.

jamal: als du es eben vorgerappt hast, hast du eine Sache sehr gut gemacht - das fand´ich cool: du fängst erstmal ruhiger an und dann kommt der BEAT –BAMM! – mit mehr Energie. Wenn du das machen könntest, ich glaube, dass wäre sehr cool.

o-ton eymen 13.wav

Aufnahmen waren gut – hat natürlich länger gedauert, wie gedacht – bis 23h. Wann habt ihr angefangen? (Rilo: 3 – halb 4 ) - das ist schon ein Stückchen, auf jeden Fall. Aber es sind alle im Kasten und die Jungs haben auf jeden Fall abgeliefert. Ich finde halt auch, dass es in sich sehr stimmig ist.

Ferne, Flucht, - Wunschvorstellungen über ein neues Leben hier – aber auch über die Heimat – viel Blick nach hinten sozusagen. (beim Frühstück)

Harter Schnitt

freestyle jamal simmern.wav

man sagt mir,

ich soll freestylen,

doch ich frag mich wieso?

wir machen hier das Radiointerview mit der Rilo

und es geht los -

wir sind nicht eingesperrt wie gestern

Studio in irgendwelchen Jugendherbergszimmern

33

kommen von Sargenroth nach Wimmern - Simmern,

da wo die Leute manchmal wimmern.

Harter Schnitt > ins Kino > projektorgeräusch.wav

> Soundcollage/HEIMAT Mix.wav

Sprecherin 1: Simmern im Hunsrück.

Kennt man aus Edgar Reitz mehrteiligem Film-Epos „Heimat“.

Seitdem ist Simmern so was wie das Epi-Zentrum einer deutschen Heimat.

Im ProWinz-Kino in Simmern laufen die vier Teile - Heimat 1, 2, 3 und 4 immer. HEIMAT Mix.wav

o-ton/lis 2.wav: Der Hunsrücker als solcher, sag’ ich mal, ist schwergängig, ja. Ich bin nicht aus Simmern, ich bin selber zugereist aus dem Saarland. Wenn man viel Geduld hat, kommt man dann hier und da auch ran, denke ich. Vielleicht hängt es mit dem Klima zusammen.

HEIMAT Mix.wav

Es ist schön landschaftlich und alles, aber es ist auch nicht so ganz einfach, ne.

HEIMAT Mix.wav

o-ton/siggi 3.wav: Also durch die Arbeit mit Flüchtlingen habe ich auch immer wieder im Hinterkopf: Ich bin ja selber einer gewesen. Ich bin 1942 geboren. 1944, im Winter, von Königsberg mit meinen Eltern - haben wir uns auf den Weg gemacht und landeten dann erst mal in Österreich

HEIMAT Mix.wav

und sind dort mit Nichts aufgenommen worden. Die Reise ging dann irgendwann weiter bis an die Mosel.

HEIMAT Mix.wav

34

Dort habe ich also auch eine ganz schlimme Zeit erlebt, weil wir waren evangelisch und nicht katholisch und wurden immer als Rucksack-Deutsche bezeichnet, bekamen eine Wohnung zugewiesen und wurden ziemlich von dem Hauswirt auch drangsaliert.

HEIMAT Mix.wav

Also, das waren schreckliche Erlebnisse und ich war froh, als wir in die nächste Stadt gereist sind, nämlich nach Mainz und dort habe ich dann die meiste Zeit meiner Jugend und Schulzeit verbracht.

HEIMAT Mix.wav

o-ton/Lis 3.wav

was die Flüchtlinge angeht - die haben ihre Heimat verloren. Da hatte ich jetzt vor kurzem noch mit einem ein Gespräch, der sagte, „ich weiß nicht mehr, wo meine Heimat ist.“ Und ich sagte zu ihm, „ich denke, Heimat ist dort, wo dein Herz ist“ und dann sagt er, „das ist im Moment in Kastellaun“.

HEIMAT Mix.wav

projektorgeräusch.wav

harter Schnitt

Musik: skills arabisch.wav (steht kurz frei > verwoben mit den o-Tönen > bis: jamal 15.wav)

o-ton/eymen 14.wav (auftrennen)

Es ist schwierig an die Jugendlichen ranzukommen. Aber einerseits natürlich durch Hip Hop, so, wie wir sozialisiert worden sind mit Rap -Musik, andererseits aber eben auch als, ich sag’ jetzt mal, migrantisch heranwachsende Jugendliche zwischen verschiedenen Kulturen, haben wir eben einfach einen Kanal und Zugang zu denen, den der studierte Lehramt-Matthias nicht hat, so.

o ton/jamal 15.wav (auftrennen)

Wir sehen uns jetzt vielleicht nur zwei Tage und machen ein bisschen Hip-Hop zusammen;

o-ton/eymen 14a.wav (auftrennen)

Aber nicht, weil ich meine Hose in der Kniekehle hängen habe oder weil Jamal Dreadlocks hat oder weil meine Haut dunkler ist und er schwarz ist, sondern weil wir auch schon was durch haben..

35

o ton/jamal 15.wav (auftrennen)

das ist ganz cool und wir rappen und reimen und so, aber im Prinzip geht es ja dabei um viel mehr: macht was aus dem Leben - findet einen Weg durchs Leben sozusagen.

Sprecherin 1: Sonntagmorgen im Jugend-Cafe in Simmern.

Atmo billardspielen im Jugendcafe.wav

sz Eymen Ansage musikvideo.wav

d,h, jeder muss dann einzeln auch vor die Kamera, seinen Text sagen - wie gesagt 17h - sollten wir hier fertig sein. 10 Minuten meditieren, ruhig sitzen, damit ihr euch konzentriert, dass ihr gleich gut arbeiten könnt. Weil heute wird gearbeitet - Arbeit, Arbeit, Arbeit - Ihr habt hier auch ein bisschen Zeit, ihr könnt nachher ein bisschen chillen, Billard spielen und so was. Aber wenn wir euch brauchen - ZACK! Kommando X, raus direkt Kamera - ppppppp - und wieder rein. Da wird ein Video gedreht - das kommt auf YOUTUBE! macht es gut, macht es besser, macht es perfekt!

Beim DREH auf der Straße

sz drehortsuche bergnummer.wav

Jan: dann gehen wir jetzt doch zu der Treppe da oben! Die Bergnummer!

wir müssen hoch!

Jamal: wo?

Jan: jetzt kommt dieser Bergtext, deshalb müssen wir auf die Treppe oder irgendwas..

Jamal: geht ihr die Treppen hoch, oder was? Gibt es nicht irgendwas mit Ausblick? Guck mal da vorne - Jan!

Jan: wo?

Jamal:

36

na, hier!

BEAT läuft

o-ton/jamal 16.wav

Das Highlight ist halt, wer hat das fetteste Video, wie geht es - bei welchem Künstler im Videoblog ab...

o-ton/jan 2a.wav

generell Videos machen finde ich super. Aber ich finde es schön, Videos zu machen, um eine gewisse Menschlichkeit zu zeigen......

sz filmen und kommentieren.wav

Jamal: kein Problem! Noch mal, noch mal...du musst dir vorstellen, wir sind hier beim Video; wenn du verkackst, weitermachen - wir sind nicht im Studio - wir können ein anderes Bild reinschneiden. Weisst du, was ich meine?

(beat läuft) ….

Jugendlicher singt: "ich gebe nicht auf und lauf und lauf …. hier oben hat die Freiheit keine Grenzen..”

Jan: die eine Stelle - kein Problem

Jamal: mit oder ohne Musik

Jan: du brauchst nicht die ganze Zeit zu Rappen - du kannst auch einfach gucken - das ist dann Filmmaterial für mich.

Jamal: so ist es geil - aber schau nicht nach unten..

(Kirchenglocke schlägt) -

Jamal: wir werden jetzt die Szenen, die du gut gerappt hast, die benutzen wir und da, wo du kleine Patzer hattest, da schneiden wir - der hat dich ja auch beim Gehen gefilmt …. da kann man dann so, wenn einer steht - da ist dann Platz für so ne Sachen (zurück im Jugend Cafe)

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Jugendlicher: ja

Jamal: deswegen würde ich mir jetzt keinen Kopf machen … (Schritte innen//Tür zu)

Musik: skills ohne knast.wav (wird unterlegt ff)

ich hab einen Traum

der Traum von Freiheit

der Traum vom Glück

und Tanz - ganz ohne Angst

Traum ohne Krieg - ohne Hass - ohne Bomben - ohne Knast - ohne Knast

Sprecherin 1: Einen Monat später hat Jan das Musik-Video fertig gebastelt.

o-ton/jamal 17.wav (auftrennen)

Was Integration für mich bedeutet? Uiuiui.

o-ton/Jan 3.wav

Integration kommt ja eigentlich von dem lateinischen Wort integrare und es bedeutet „erneuern, ergänzen, geistig auffrischen“.

Aber wer versteht das denn heute noch so? Das weiss doch keiner mehr.

Musik: skills afghanistan.wav

ich komme aus Afghanistan

bin in Deutschland in Sicherheit

der Weg lang und weit

kann ich bleiben oder muss ich zurück?

Ich stelle diese Fragen, aber habe kein Glück.

38

was aus meinem Land wird,

krieg ich keine Antwort

will gut leben an diesem Standort,

will hier bleiben - was ist die Entscheidung,

o-ton/jamal 17.wav

Integration ist für mich irrrelevant. Wie oft hat man denn den Nazi im Döner-Laden gesehen – wer mag denn keine Pizza? reden wir mal Tacheles – da sieht man, dieses Konstrukt ist halt ein Hirngespinst.

Musik: konTa - die Welt braucht dich.wav (Intro)

o-ton/eymen 15c.wav

Idealismus und idealistische Werte - wir wollen die Welt verbessern, wir gehen auf die Welt-Verbesserer-Tour, ja, die Welt braucht dich, gemeinsam sind wir stark-

........ wir machen ja nicht umsonst so eine Musik.

Musik: konTa - die Welt braucht dich.wav

Wir sind alle miteinander verbunden, egal wo wir herkommen. Das ist auch HipHop. Das ist die Grundaussage vom HipHop. Wir sind alle eins, ein Kreis.

Musik: konta - die Welt braucht dich.wav (verwoben mit Absage bis zum Schluss)

die Welt braucht dich …

ja, die Welt braucht dich,

deine Hand, dein Herz, dein Verstand,

wenn du strahlst, ist es unglaublich,

diese Welt braucht dich,

bitte, lauf nicht weg -

39

dieser Kampf hat ohne dich keinen Zweck;

die Welt braucht dich

dein Talent ist durch nichts zu ersetzen,

diese Welt braucht dich,

denn wenn du aufgibst, geht ein Licht verloren;

bitte bleib stark und trau dich,

jeder für sich, ist ein kleines Stück in diesem Riesenmosaik,

und wenn einer fehlt, fehlt ein Teil des Puzzles;

und das Bild zerbricht, Mann;

man hält uns gern für dumm um uns zu manipulieren,

damit wir nix kapieren;

die Bildung verarmt, während wir Milliarden investieren,

in Waffen und in Firmen; der Staat ist sehr lahm;

jahrelang wird diskutiert

2010 und Harz IV sind doch nur Mittel um die Zahlen zu korrigieren;

Wir haben die Wahl

zwischen zwei Parteien, die uns beide viel versprechen,

aber keine hält Versprechen, nein.

Kurse brechen, nein, Massenentlassung,

Manager trinken Wein, fliegen auf Vater Staatskosten durch die Welt;

versklaven die Massen

ich frag mich, wer von denen hat wirklich noch ein Gewissen?

ja, die Welt braucht dich,

40

deine Hand, dein Herz, dein Verstand,

wenn du strahlst, ist es unglaublich,

diese Welt braucht dich,

bitte, lauf nicht weg -

dieser Kampf hat ohne dich keinen Zweck;

Musik: konTa - die Welt braucht dich.wav (bis zum Ende der Absage)

Sprecherin 1/ Absage: „Die Welt braucht dich“

eine Geschichte im Freestyle

Feature von Rilo Chmielorz

es sprach: Meriam Abbas

es wirkten mit: Jamal Kamano

Eymen Nahali

Jan Hoffman

Justus John

Lis Braun

Siegrid Braun

und die Jungs vom RAP-Workshop in Simmern

Ton und Technik: Johanna Fegert

41

und

Angela Raymond

Klanggestaltung und Regie:

Rilo Chmielorz

Redaktion: Walter Filz

eine Produktion des Südwestrundfunks mit dem Deutschlandfunk 2017

o-ton/eymen 16.wav

Ich kann den Rassisten in unserer Gesellschaft nur sagen, leckt mich am Arsch, so. Also, ihr verpasst was – auf jeden Fall!