Ethik in der Anwendung: Die ethische Fallbesprechung · 2019. 8. 5. · Marckmann G, Mayer F....

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Ethik in der Anwendung: Die ethische Fallbesprechung Georg Marckmann Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin „Ethik in der Klinik“ – Fachtag Medizinethik Evangelische Akademie Tutzing München, 19. Juli 2016

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Ethik in der Anwendung: Die

ethische Fallbesprechung

Georg Marckmann

Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin

„Ethik in der Klinik“ – Fachtag Medizinethik

Evangelische Akademie Tutzing

München, 19. Juli 2016

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Lernziele

Sie sollten am Ende dieser Unterrichtseinheit

• mit wesentlichen Aspekten der Organisation ethischer

Fallbesprechungen vertraut sein

• das Modell der prinzipienorientierten Falldiskussion

zur inhaltlichen Strukturierung ethischer

Fallbesprechungen kennen

• anhand eines Fallbeispiels einen ersten Eindruck von

der Anwendung des Modells der prinzipienorientierten

Falldiskussion gewonnen

# 2 29.07.2016 Georg Marckmann, LMU

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Patientengeschichte

• 39jähr. Patient mit gel. Schmerzen im Brustbereich

• Gefühlsstörungen in Armen und Beinen

Komplette Querschnittslähmung

• CT: Tumor im Brustbereich, Lungengrenzen überschritten, in

Rückenmarkskanal eingewachsen

• Operation Lähmungen , aber keine vollst. Tumorentfernung

• Histologie: kleinzelliges Bronchial-Karzinom

Kombinierte Radiochemotherapie

Tumorausdehnung , Lähmungen , WS stabilisiert

• CT-Kontrolle nach Therapieabschluss:

Metastasen in Nebenniere, Bauchspeicheldrüse und Leber

• Patient gibt Hoffnung nicht auf, wünscht Fortsetzung einer

„aggressiven“ Chemotherapie

Soll man dem Wunsch des Patienten nachkommen?

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Ethische Fallbesprechung

Definition (Steinkamp & Gordijn 32010, 256)

• „Ethische Fallbesprechung auf Station ist der systematische Versuch, im Rahmen eines strukturierten, von einem Moderator geleiteten Gesprächs mit einem multidisziplinären Team innerhalb eines begrenzten Zeitraumes zu der ethisch am besten begründbaren Entscheidung zu gelangen.“

Zielsetzung

• Primär: Ethisch möglichst gut begründete Entscheidung

• Sekundär: Konsens im Behandlungsteam

Herausforderung: Wie gelangt man zu der ethisch am

besten begründbaren Entscheidung?

# 4 29.07.2016 Georg Marckmann, LMU

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Entscheidungsdimensionen

Verfahren („prozedural“, „formal“)

Vorgehen bei ethischer Entscheidungsfindung

• Zeitlicher Ablauf, Transparenz

• Beteiligte Personen: Patient/in, Angehörige/Eltern,

Team, externe Sachverständige (Medizin, Ethik)

Notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für

ethisch akzeptable Entscheidung!

Inhalt („material“)

inhaltliche ethische Entscheidungskriterien

Ziel: Begründung einer Entscheidung

(medizin)ethische Prinzipien

29.07.2016 Georg Marckmann, LMU # 5

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Nutzen (ethischer)

Teambesprechungen

Vielen ethischen Problemen liegen Kommunikationsprobleme zugrunde

Fallbesprechung = Kommunikationsplattform

Notwendig: Beteiligung des Teams an der Entscheidung

• Interdisziplinarität der Betreuung

• Begrenztheit der Wahrnehmung: Patient wird von Pflegenden u. Ärzten

unterschiedlich „rekonstruiert“ Bild des Patienten

• Entscheidungen erfordern Bewertungen (z.B. von Erfolgsaussicht

Lebensqualität): Einseitige Bewertungen vermeiden!

• Entscheidungen müssen von allen umgesetzt werden!

Nutzen für die Patientenversorgung

• Umfassendere Einschätzung der Situation des Patienten bessere

Entscheidungsgrundlage

• „Validere“ Bewertungen besserer Berücksichtigung Wohl + Wille

• Frühzeitige „Deeskalation“ von Problemen im Team

• Höhere Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter

• Bessere Kooperation Patientensicherheit, Versorgungsqualität

29.07.2016 Georg Marckmann, LMU # 6

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Ethische Fallbesprechung:

Verfahren

Fallanfrage

• alle Mitarbeiterinnen & Mitarbeiter, Angehörige, Patienten

Teilnehmer

• Vertreter aller medizinischen Disziplinen & Berufsgruppen, die an der

Versorgung des Patienten beteiligt sind

• Patient/Angehörige bei Bedarf, dann zwei Gesprächsrunden

Vorbereitung

• Zeit und Ort festlegen

• Befunde? Weitere Diagnostik oder Konsile erforderlich?

• Aktuelle Information über (aktuellen, erklärten, mutmaßlichen)

Patientenwillen verfügbar? Ggf. vorab mit Patient/Angehörigen

sprechen

Moderation

• 2 bis max. 3 in der Moderation ethischer Fallbesprechungen geschulte

Mitglieder des KEK: Moderator, Protokollant

• Hauptaufgabe: strukturierte Aufarbeitung des Falles sicherstellen

# 7 29.07.2016 Georg Marckmann, LMU

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Fallbesprechung:

Inhaltliche Struktur

Leitfrage: „Was sollen wir tun?“

Zu welcher Handlung sind wir einer konkreten Situation

moralisch verpflichtet?

Methodisches Vorgehen

(1) Welche Handlungsoptionen bestehen überhaupt? Was sind die

(erwarteten) Ergebnisse jeder dieser Handlungsoptionen?

Analyse der Handlungsoptionen

(2) Mit welcher Handlungsoption erfüllen wir unsere ethischen

Verpflichtungen am besten?

Bewertung der Handlungsoptionen

Bewertungsmaßstäbe: 4 medizinethischen Prinzipien

bestimmen den Gehalt der ethischen Argumente und liefern die

ethische Begründung der Entscheidung

prinzipienorientierte Falldiskussion

# 8 29.07.2016 Georg Marckmann, LMU

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Bewertungsmaßstäbe: Medizinethische Prinzipien

Prinzip des Wohltuns / Nutzens

• Wohlergehen des Patienten fördern: Lebenszeit & -qualität

Prinzip des Nichtschadens

• Dem Patienten keinen (möglichst geringen) Schaden zufügen

Respekt der Autonomie

• Selbstbestimmung des Patienten respektieren und fördern

• „informed consent“ (Aufklärung + Einwilligung)

Gerechtigkeit

• Bedürfnisse Dritter, Verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen

3 Bewertungsperspektiven auf Optionen:

(1) Wohlergehen des Patienten (= Nutzen-Schadens-Abwägung)

(2) Wille des Patienten

(3) Verpflichtungen gegenüber Dritten

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Prinzipienorientierte

Falldiskussion

1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles

• Information über Patient (Diagnose etc.)

• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken

2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem

Patienten

• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)

• Autonomie des Patienten

3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten

(Gerechtigkeit)

• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft

4. Synthese: Konflikt? Begründete Abwägung

5. Kritische Reflexion des Falles

• Stärkster Einwand?

• Vermeidung möglich?

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tion

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29.07.2016 Georg Marckmann, LMU # 10

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Prinzipienorientierte

Falldiskussion

1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles

• Information über Patient (Diagnose etc.)

• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken

2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem

Patienten

• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)

• Autonomie des Patienten

3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten

(Gerechtigkeit)

• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft

4. Synthese: Konflikt? Begründete Abwägung

5. Kritische Reflexion des Falles

• Stärkster Einwand?

• Vermeidung möglich?

29.07.2016 Georg Marckmann, LMU # 11

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Behandlungsstrategien

Leitfragen: Welche Behandlungsstrategien stehen zur Verfügung?

Wie ist jeweils der weitere Verlauf für den Patienten?

1. Kurative Zielsetzung: Hochdosierte Mehrfachchemotherapie

• Ansprechrate ca. 20-30%

• Kaum Heilungschancen, Lebensverlängerung evtl. möglich

• Erhebliche Nebenwirkungen, tötl. Leberversagen möglich

2. Palliative Zielsetzung 1: Monochemotherapie

• Ansprechrate ca. 15%

• Heilung praktisch ausgeschlossen, evtl. Verlangsamung des

Tumorwachstums

• Nebenwirkungen geringer

3. Palliative Zielsetzung 2: (Rein) Symptomatische Therapie

• Schmerztherapie, Symptomlinderung, Begleitung ….

• Tumorerkrankung bleibt unbeeinflusst, früherer Tod wahrscheinlich

• Bessere Lebensqualität

# 12 29.07.2016 Georg Marckmann, LMU

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Prinzipienorientierte

Falldiskussion

1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles

• Information über Patient (Diagnose etc.)

• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken

2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem

Patienten

• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)

• Autonomie des Patienten

3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten

(Gerechtigkeit)

• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft

4. Synthese: Konflikt? Begründete Abwägung

5. Kritische Reflexion des Falles

• Stärkster Einwand?

• Vermeidung möglich?

29.07.2016 Georg Marckmann, LMU # 13

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Fallbeispiel: Wohlergehen des Patienten?

Leitfrage: Welche der verfügbaren Behandlungsoptionen ist für das

Wohlergehen des Patienten am besten?

Option 1 – Mehrfachchemotherapie

• Kaum Heilungschancen, Lebensverlängerung möglich

• Erheblich reduzierte LQ durch NW; hohes Letalitätsrisiko

Mehr Schaden als Nutzen?

Option 2 – Monochemotherapie

• Geringe Erfolgsaussicht

• Keine Heilung, evtl. Lebensverlängerung

• Eingeschränkte LQ durch NW

Rechtfertigt der Nutzen den Schaden?

Option 3 – (Rein) symptomatische Behandlung

• Bessere Lebensqualität

• Evtl. früherer Tod

Mehr Nutzen als Schaden?

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Fallbeispiel: Wohlergehen

des Patienten?

Auswahl der Therapie hängt von Interpretation des

Patientenwohls ab:

Evaluative Vorstellungen des guten Lebens:

1. „Kämpfen bis zuletzt“

Option 1: Mehrfachchemotherapie

2. „Lebensqualität erhalten“

Option 3: Symptomatische Therapie

Interpretationsspielraum im Einzelfall

Offenheit für unterschiedliche Lebenseinstellungen

(„Vorstellungen des guten Lebens“)

Individuelle Entscheidung des Patienten

Respekt der Selbstbestimmung am Lebensende!

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Prinzipienorientierte

Falldiskussion

1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles

• Information über Patient (Diagnose etc.)

• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken

2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem

Patienten

• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)

• Autonomie des Patienten

3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten

(Gerechtigkeit)

• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft

4. Synthese: Konflikt? Begründete Abwägung

5. Kritische Reflexion des Falles

• Stärkster Einwand?

• Vermeidung möglich?

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Respekt der Autonomie

Leitfrage: Welche der verfügbaren Handlungsoptionen

bevorzugt der Patient selbst?

Patient hat Hoffnung auf Heilung nicht aufgeben,

wünscht eine „aggressive“ Chemotherapie

Option 1: Mehrfachchemotherapie

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Prinzipienorientierte

Falldiskussion

1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles

• Information über Patient (Diagnose etc.)

• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken

2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem

Patienten

• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)

• Autonomie des Patienten

3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten

(Gerechtigkeit)

• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft

4. Synthese: Konflikt? Begründete Abwägung

5. Kritische Reflexion des Falles

• Stärkster Einwand?

• Vermeidung möglich?

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Gerechtigkeit/Bedürfnisse Dritter

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Leitfrage: Welche Bedürfnisse anderer von der Entscheidung

betroffener Personen sind zu berücksichtigen?

(1) Angehörige

• 2 Kinder (17 & 19 Jahre), Ehefrau psychisch erkrankt

??

(2) Ressourcenverbrauch (spielte damals keine Rolle!)

• Option 1 und 2: Hoher Ressourcenverbrauch bei geringer

Erfolgsaussicht

• Option 3: Geringerer Ressourcenverbrauch, höherer Nutzen

durch bessere Lebensqualität

Option 3 = gerechtere Ressourcenverteilung?

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Prinzipienorientierte

Falldiskussion

1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles

• Information über Patient (Diagnose etc.)

• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken

2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem

Patienten

• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)

• Autonomie des Patienten

3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten

(Gerechtigkeit)

• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft

4. Synthese: Konflikt? Begründete Abwägung

5. Kritische Reflexion des Falles

• Stärkster Einwand?

• Vermeidung möglich?

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Ethische Konflikte?

Leitfrage: Konvergieren oder divergieren die ethischen Verpflichtungen, die aus den einzelnen Prinzipien resultieren?

Hängt von Interpretation des Patientenwohls ab

Annahme: Wohl = „LQ erhalten“ Option 3

Wohltun

Option 3

Autonomie

Option 1

Gerechtigkeit

Option 3

Ethischer Konflikt zwischen Selbstbestimmung und

Wohlergehen des Patienten Begründete Abwägung

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Begründete Abwägung im

Konfliktfall

Patientenwunsch authentisch:

„Kämpfertyp“;

realistische Einschätzung

Patientenautonomie

höher gewichten

Option 1:

Mehrfachchemotherapie

Patientenwunsch beruht auf

unrealistischer Einschätzung der

Heilungschancen

Patientenwohl

höher gewichten

Option 3:

Symptomatische Therapie

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Prinzipienorientierte

Falldiskussion

1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles

• Information über Patient (Diagnose etc.)

• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken

2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem

Patienten

• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)

• Autonomie des Patienten

3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten

(Gerechtigkeit)

• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft

4. Synthese: Konflikt? Begründete Abwägung

5. Kritische Reflexion des Falles

• Stärkster Einwand?

• Vermeidung möglich?

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Kritische Reflexion

Leitfrage 1: Welches ist der stärkste Einwand gegen die

gewählte Option?

• Übergehen des geäußerten Willens eines

einwilligungsfähigen Patienten

Leitfrage 2: Hätte der ethische Entscheidungskonflikt

vermieden werden können?

• Einfühlsame Aufklärung ist entscheidend, damit der

Patient eine realistische Einschätzung seiner

Situation entwickeln kann

• In diesem Fall trotz aller Bemühungen nicht möglich

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Zum Schluss...

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Literatur:

Marckmann G. Im Einzelfall ethisch gut

begründet entscheiden: Das Modell der

prinzipienorientierten Falldiskussion. In:

Marckmann G (Hg.) Praxisbuch Ethik in der

Medizin. Berlin: Medizinisch

Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft

2015, S. 15-22.

Marckmann G, Mayer F. Ethische

Fallbesprechungen in der Onkologie:

Grundlagen einer prinzipienorientierten

Falldiskussion. Der Onkologe

2009;15(10):980-988.

# 25 29.07.2016 Georg Marckmann, LMU