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April 2018 90. Jahrgang CITAH 90 (4) 405-572 (2018) ISSN 0009-286 X www.CIT-journal.com 4 | 2018 Themenheft: Partikeltechnologie Gastherausgeber: Ulrich Teipel Michael Türk Herausgeber: DECHEMA GDCh VDI·GVC D 2048

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April 201890. Jahrgang

CITAH 90 (4)405-572 (2018)ISSN 0009-286 X

www.CIT-journal.com

4 | 2018Themenheft:Partikeltechnologie

Gastherausgeber:Ulrich TeipelMichael Türk

Herausgeber:DECHEMAGDChVDI·GVC

D 2048

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Exakte Partikelgroßen- und Formanalyse in einemMessgerat: Kombination statischer Lichtstreuungund dynamischer BildanalyseFrederik Schleife*, Dietmar Klank und Christian Oetzel

DOI: 10.1002/cite.201870413

Bei der Bestimmung der Partikelgroßenverteilung wird haufig Laserbeugung eingesetzt. Neben den vielen Vorteilen dieser

Methode, wie kurze Messdauer und breiter Messbereich, gibt es jedoch auch Schwachen. So zeigen sich besonders bei sehr

breiten Verteilungen signifikante, statistische Ungenauigkeiten. Mit dem Bettersizer S3 Plus konnte erstmals gleichzeitig

die Partikelgroßenverteilung von Nanometer-, Mikrometer- und Millimeterteilchen exakt bestimmt und Einzelteilchenin-

formationen uber das Uberkorn und Agglomerationsphanomene gewonnen werden. Die Vorteile der Kombination von

statischer Lichtstreuung mit dynamischer Bildanalyse werden anhand eines Beispiels demonstriert.

Schlagworter: Dynamische Bildanalyse, Partikelform, Partikelgroßenverteilung, Statische Lichtstreuung

Exact Particle Size and Shape Analysis in One Instrument: Combination of Static LightScattering and Dynamic Image Analysis

Laser diffraction is often used for determination of the particle size distribution. However, besides many advantages of this

method, such as short measurement time and wide measurement range, there are also shortcomings. Significant statistical

inaccuracies are particularly evident in very broad distributions. For the first time, the particle size distribution of nanome-

ter, micrometer and millimeter particles could be exactly determined with the Bettersizer S3 Plus and individual particle

information on the oversize grain and agglomeration phenomena could be obtained. The advantages of combining static

light scattering with dynamic image analysis are demonstrated.

Keywords: Dynamic image analysis, Particle size distribution, Particle shape, Static light scattering

1 Einleitung und Aufgabenstellung

Die Laserbeugung bzw. statische Lichtstreuung ist eine sehrwichtige und in vielen Branchen verbreitete Methode zurBestimmung der Partikelgroßenverteilung. Die Anwendun-gen reichen von der Charakterisierung pharmazeutischerWirkstoffe uber kosmetische Produkte, Farben, Tinten biszu Polymeren, Metallen, Baustoffen und keramischen Mate-rialien. Die Grunde fur diesen Erfolg sind vielfaltig: kurzeMessdauer, hohe Reproduzierbarkeit, breiter Messbereichund gute Automatisierbarkeit sind einige wesentliche Vor-zuge dieses Verfahrens. Daruber hinaus besteht, bedingtdurch die Messmethode selbst, eine hohe Flexibilitat bezug-lich der Aufgabeverfahren der Probe. Stoffe, die in Flussig-keiten nur schwer zu verteilen sind, da sie sich zum Beispielauflosen oder sich schlecht verteilen lassen, konnen mithilfevon Druckluft in Trockendispergiereinheiten gefordert undgemessen werden. Auch fur Aerosole oder Probenkleinst-mengen (wenige Milligramm) gibt es je nach Messgerat spe-zifische Losungen.

Die breite Akzeptanz der Laserbeugung darf jedoch nichtdaruber hinwegtauschen, dass die Methode, genau wie alleanderen auf dem Markt erhaltlichen Partikelgroßenmess-verfahren, auch Schwachen besitzt. Zunachst darf nicht ver-gessen werden, dass die statische Lichtstreuung ein opti-sches Fitverfahren ist. Das durch die Wechselwirkung desLaserlichtes mit den zu charakterisierenden Teilchen detek-tierte Streuspektrum wird auf Basis einer Theorie (Mie oderFraunhofer) angepasst und daraus die Partikelgroßenvertei-lung berechnet. Hierbei wird von kugelformigen, isoliertenPartikeln ausgegangen. Weichen die Partikel in ihrer Formvon der idealen Kugel ab oder liegen als Agglomerate vor,so wird dies in der Auswertung nicht berucksichtigt bzw.liefert die Methode keinerlei Aussage daruber.

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–Frederik Schleife, Dietmar Klank, Christian [email protected] GmbH & Co. KG, Rudolf-Diesel-Straße 12, 85235Odelzhausen, Deutschland.

Essay 419ChemieIngenieurTechnik

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Ferner zeigen sich insbesondere bei sehr breiten Vertei-lungen signifikante, statistische Ungenauigkeiten. Oft wer-den zum Beispiel im Grobbereich Anteile gar nicht odersehr ungenau gefunden, da die anzahlmaßig wesentlichhaufiger vorkommenden mittelgroßen und kleinen Partikelstatistisch dominieren. Auch stellt die Tatsache, dass grobePartikel (insbesondere großer 100 mm) ausschließlich inVorwartsrichtung streuen, geratetechnisch eine großeHerausforderung dar, insbesondere dann, wenn gleichzeitigsehr kleine Teilchen exakt gemessen werden sollen.

Um diese Problematik im oberen Partikelgroßenmess-bereich zu losen, bietet sich die Kombination der statischenLichtstreuung mit dynamischer Bildanalyse an. Die Bild-analyse liefert eine exakte Großenbestimmung mittlererund grober Teilchen und erfasst daruber hinaus detaillierteInformationen uber die Einzelteilchen des Partikelkollek-tives. So konnen Uberkorner und Agglomerate direkt mitder dynamischen Bildanalyse erfasst, visualisiert und aus-gewertet werden. Durch die aufgenommenen Bilder lassensich also nebenbei auch wesentliche Informationen uber dieTeilchenform gewinnen. Eine messtechnische Umsetzungdieser Methodenkombination ist jedoch eine Herausforde-rung, denn es bedarf einer prazisen optischen Bank, einesultraschnellen und hochauflosenden Kamerasystems sowieeiner sehr leistungsfahigen Software, um alle Informationendirekt online zu verarbeiten.

Der Bettersizer S3 Plus (Abb. 1) bietet genau die obenbeschriebenen Moglichkeiten. Erstmals ist es mit diesemMessgerat gelungen, exakt die Partikelgroßenverteilung vonNanometer-, Mikrometer- und Millimeterteilchen zubestimmen, Einzelteilcheninformationen uber das soge-nannte Uberkorn und Agglomerationsphanomene zugewinnen und zusatzlich wertvolle Informationen uber diePartikelform zu erhalten.

2 Innovative Geratetechnik:Der Bettersizer S3 Plus im Portrait

In Abb. 2 ist die optische Einheit des Bettersizer S3 Plusgezeigt. Auf der Basisplattform befindet sich mittig dieNassmesszelle, direkt rechts und links der Zelle ist jeweilseine Fourierlinse platziert. Die Anordnung von zweiFourierlinsen wird hierbei als Doppellinsentechnik bezeich-net. Rechts der Messzelle befindet sich, in einem Winkel an-geordnet, die Laserlichtquelle (grune Laserdiode, Wellen-

lange = 532 nm), senkrecht auf die Messzelle gerichtet dasCCD-Kamerasystem (zwei Kameras, 0.5X und 10X) sowiedie Ruckstreudetektoren.

Links der Messzelle ist das Detektorsystem zur Erfassungvon Vorwarts- und Seitwarts-Streuung installiert. Diesesbesondere Setup ermoglicht1) die exakte Messung sehr kleiner Teichen (ab 10 nm)

durch die Doppellinsentechnik (statische Lichtstreuung,s. Abschn. 2.1),

2) gleichzeitig hochste Messprazision bei sehr groben Teil-chen (bis 3,5 mm) mithilfe der 0.5X-CCD-Kamera (sta-tische Lichtstreuung kombiniert mit dynamischer Bild-analyse, Details s. Abschn. 2.2) und

3) Partikelformbestimmung, Uberkornanalyse und Agglo-merat-Check mit der 0.5X- und 10X-CCD-Kamera(dynamische Bildanalyse, s. Abschn. 2.3).

2.1 Statische Lichtstreuung mit der innovativenDoppellinsentechnik

Abb. 3 zeigt das Funktionsschema des Bettersizer S3 Plus.Das Besondere an dieser lasertechnischen Anordnung istdie DLOIS-Technik (dual lenses & oblique incidence opticalsystem).

Der Laser mit einer Wellenlange von 532 nm ist dabeischrag zur Messkuvette angeordnet, um einen sehr breitenStreuwinkelbereich der seitlichen Frontdetektoren zu reali-sieren. Die Fourierlinse 2 erzeugt einen exakten Parallel-Laserstrahl, der auf die Probe trifft. Linse 1 fokussiertgemaß dem bekannten Fourieraufbau [1] das gestreuteLicht in die Detektorebene, dadurch mussen die streuendenTeilchen in der Kuvette nicht zwangsweise in einer Ebeneliegen. Damit wird ein entscheidender Nachteil des her-kommlichen inversen Fourier-Aufbaus durch eine innovati-ve Messanordnung kompensiert [1]. Linse 2 sorgt ihrerseitsfur eine Fokussierung und damit Erfassung der Ruckstreu-strahlung ebenfalls uber einen im Vergleich mit anderen aufdem Markt befindlichen Systemen sehr großen Winkelbe-reich (0,02 – 165�) mit hervorragender Detektorauflosung.Insbesondere fur die exakte Detektion sehr kleiner Teilchen(ca. kleiner 500 nm) ist eine gute Streulichtauflosung imRuckstreubereich (> 90�) entscheidend (s. Abb. 4).

Durch die extrem breite Winkelabdeckung ergibt sichdaruber hinaus der Vorteil, dass auf einen zweiten, kurz-

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Abbildung 1. Bettersizer S3 Plus.

Abbildung 2. Aufbau des Bettersizer S3 Plus.

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welligeren Laser verzichtet werden kann und dementspre-chend keine Streuspektren gemischter Wellenlangen gemes-sen werden, deren Auswertung mit den ublich verwendetenModellen (Fraunhofer und Mie) streng genommen nichtzulassig ist.

2.2 Statische Lichtstreuung kombiniertmit dynamischer Bildanalyse

In der Einleitung wurde bereits die Problematik der ge-nauen Detektion grober Partikel mit reiner statischerLichtstreuung insbesondere in breit verteilten Partikelkol-lektiven beschrieben. Durch eine kombinierte Anwendungmit der geeigneten Kameratechnik lasst sich diese Schwa-che beheben – es werden die jeweiligen Vorzuge beiderTechniken miteinander kombiniert und die Schwachenkompensiert.

Beim Bettersizer S3 Plus wird fur die kombinierte Mes-sung die integrierte CCD-Kamera mit 0.5X-Vergroßerungverwendet (s. Abb. 3). Teilchen konnen hiermit ab etwa30 mm in Echtzeit fotografiert und statistisch ausgewertetwerden. Wahrend einer Messung bewegen sich die zu mes-senden Partikel zunachst durch die Messzelle zur Aufnahmedes Lichtstreuspektrums (DLOIS) und anschließend durchdie Kamerakuvette – die Datenerfassung der statischenLichtstreuung und der dynamischen Bildanalyse erfolgt also

synchron (s. Abb. 3). Das Live-CCD-Kamerabild bezie-hungsweise die Kamerabilder beider CCD-Kameras, 0.5Xund 10X, konnen daruber hinaus wahrend der Messungonline zugeschaltet werden, so dass der Anwender die Dis-pergierung und die Teilchenformen direkt beurteilen kann.Auf diese Weise lasst sich bewerten, ob es sich um kugel-oder andersformige Partikel handelt, ob Agglomerate vor-liegen oder ob gegebenenfalls Luftblasen in der Dispersionvorhanden sind (s. Abb. 5).

Die Zusammenfuhrung der Ergebnisse aus statischerLichtstreuung und dynamischer Bildanalyse zu einer Ver-teilungsfunktion erfolgt uber eine intelligente, software-integrierte Routine durch Gewichtung auf Basis der Kon-zentrationsbestimmung beider Methoden.

Zusammengefasst ermoglicht diese kombinierte Verwen-dung von DLOIS-Technik und dynamischer Bildanalyseeine prazise Messung von breit verteilten Partikelsystemenvon 0,01 – 3500 mm sowie eine visuelle Beurteilung derdurchgefuhrten Analyse. In Abschn. 3 wird dieser entschei-dende Vorteil in der Messgenauigkeit anhand eines Anwen-dungsbeispiels verdeutlicht.

2.3 Dynamische Bildanalyse zurPartikelformanalyse

Die beiden Hochgeschwindigkeits-CCD-Kameras des Better-sizer S3 Plus konnen entweder einzeln oder in Kombinationfur eine umfassende Partikelgroßen- und Partikelformana-lyse (letztere auf der dynamischen Bildanalyse basierend)genutzt werden. Der geeignete Großenbereich ist:a) 30 – 3500 mm fur die 0.5X-Kamera undb) 4 – 100 mm fur die 10X-Kamera.

Beide Kameras besitzen eine Aufnahmegeschwindigkeitvon ca. 10 000 Teilchen/Minute. Bei sehr breiten Partikel-großenverteilungen bietet sich die kombinierte Verwendungbeider Kameras an.

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Abbildung 3. SchematischeDarstellung der DLOIS-Technik im Bettersizer S3Plus kombiniert mit derCCD-Kameratechnik (0.5Xund 10X).

Abbildung 4. Streuung von Laserlicht (l = 633 nm) anunterschiedlich großen Teilchen (Polardiagramme).

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Bei der Analyse wird in Echtzeit jedes Einzelteilchenerfasst, als Bild gespeichert, nummeriert und statistisch aus-gewertet. Neben verschiedenen Aquivalentdurchmessern(z. B. Flache, Umfang, maximaler (L) und minimaler (D)Feret-Durchmesser etc.) werden spezielle Großenparameterwie Aspektverhaltnis (Lange L/Breite D), Zirkularitat(Rundheit) und der Umfang (Perimeter) berechnet.

Außer der optimierten Bestimmung der Partikelgroßen-verteilung ermoglicht der Bettersizer S3 Plus daruber hinausdie Nutzung der Option, wesentliche Formparater zurzusatzlichen Charakterisierung beziehungsweise Klassifizie-rung von Teilchen zu verwenden. Insbesondere bei starkformanisotropen Partikeln wie Fasern oder Plattchen istdies ein klarer Vorteil gegenuber der klassischen, reinenLaserbeugung, die bei der Auswertung von ku-gelformigen Teilchen ausgeht. Daruber hinauslassen sich der Agglomerationsgrad der Partikel-systeme beurteilen und Sonderaufgaben wieUberkornanalyse realisieren. Die Bestimmungverschiedener Aquivalentdurchmesser eroffnetzudem die Moglichkeit, mit anderen Verfahrenzur Korngroßenbestimmung wie Siebung gutvergleichen zu konnen und gegebenenfalls derenMessergebnisse zu verifizieren.

3 Anwendungsbeispiel: Vorzugeder kombinierten Messung mittelsstatischer Lichtstreuung undBildanalyse

Um die Vorzuge der kombinierten Methodenvon statischer Lichtstreuung mit der dynami-schen Bildanalyse gegenuber der reinen stati-schen Lichtstreuung bei bestimmten Proben auf-

zuzeigen, wurden fur diesen Versuch zwei unterschiedlichgrobe Quarzsande in definierten Mischungen hergestelltund gemessen. Der grobere Quarzsand wurde mithilfe eines63-mm-Siebes gesiebt und nur der Grobanteil fur das Exper-iment verwendet (Quarz grob). Mikroskopische Aufnahmenbeider Pulver zeigt Abb. 6. Die Partikelgroßenverteilung derbeiden Basiskomponenten (Quarz fein und Quarz grob) istin Abb. 7 zu sehen. Die Verwendung der reinen statischenLichtstreuung bzw. der kombinierten Messung ergaben beidiesen Messungen identische Verteilungen.

Ein paralleles Screening der Probe ,,Quarz grob‘‘ mit demCCD-Kamerasystem bestatigte die in Abb. 7 dargestelltePartikelgroßenverteilung. Tab. 1 fuhrt die Basisdaten undAbbildungen der 20 grobsten Partikel in der Probe auf.

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Abbildung 5. Bettersizer-Software mit Live-CCD-Kamerabild wahrend einerMessung.

Abbildung 6. Mikroskopische Aufnahmen der Pulver ,,Quarz fein‘‘ und ,,Quarzgrob‘‘.

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Dabei stimmt der Durchmesser-Wert (CE-Flachenaquiva-lentdurchmesser) relativ gut mit der in Abb. 7 zu sehendenPartikelgroßenobergrenze uberein, insbesondere dann,wenn man berucksichtigt, dass auch die Quarzpartikel deut-lich von der idealen Kugelform abweichen (ideal rundeKugel = Zirkularitat 1).

Tab. 2 zeigt die Ubersicht zu den im Rahmen des Experi-mentes untersucht Proben sowie die wichtigsten Partikel-großenangaben. Einen direkten Vergleich der Ergebnissevon reiner statischer Lichtstreuung mit der kombiniertenMessung von statischer Lichtstreuung und dynamischerBildanalyse zeigt Abb. 9 exemplarisch fur die Mischung mit

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Tabelle 1. Basisdaten der grobsten 20 Einzelteilchen von ,,Quarz grob‘‘, gemessen mit dem Bettersizer S3 Plus.

Nr. Flache [mm2] CE-Aquivalent-durchmesser [mm]

Feret max L [mm] Feret min D [mm] Zirkularitat Umfang [mm] Bild

1 117 675 387 398,6 379,2 0,923 1362

2 109 800 373,9 456,5 318,4 0,925 1314

3 106 200 367,7 450 315 0,886 1348

4 98 325 353,8 374,8 353,2 0,924 1244

5 97 875 353 409,5 338,3 0,88 1303

6 96 525 350,5 412,4 315,6 0,924 1232

7 93 600 345,2 413,6 328,5 0,885 1267

8 91 800 341,8 375 345 0,883 1258

9 91 800 341,8 420 300 0,878 1265

10 91 800 341,8 375 345 0,883 1258

11 90 675 339,7 353,7 339,2 0,915 1206

12 84 825 328,6 350 328,8 0,953 1121

13 83 925 326,8 360 285 0,938 1132

14 83 700 326,4 350 328,8 0,916 1157

15 82 350 323,8 496,1 250,1 0,778 1351

16 82 125 323,3 499,4 299,1 0,687 1529

17 81 225 321,5 338,7 325,3 0,933 1120

18 80 775 320,6 356 314,4 0,868 1200

19 80 100 319,3 345 315 0,899 1154

20 78 750 316,6 525 225 0,74 1391

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8 Gew.-% grobem Quarz. Bis zu diesem Grobanteil kann diestatische Lichtstreuung in diesem Experiment keinerleiPartikel oberhalb von 60 – 70 mm nachweisen. Mithilfe derKameratechnik wird der Peak des groben Quarzanteilsdagegen problemlos detektiert (Kurve Kombi-Experimentin Abb. 9).

Die tatsachliche Leistungsfahigkeit der kameraunterstutz-ten Lichtstreumessung wird bei Betrachtung von Abb. 10deutlich. Dargestellt ist hier im Durchmesserbereich50 – 500 mm der Grobanteil der Mischungen mit 2, 6, 8, 15und 20 Gew.-% Quarz grob. Bemerkenswert ist vor allem,dass bereits 2 Gew.-% Anteil grober Quarz uberhaupt de-tektiert werden kann, da nicht nur der Gewichtsanteil dergroben Quarzkorner deutlich geringer gegenuber demkleinen Quarzanteil ist, sondern vor allem die Anzahlfeiner Partikel die Anzahl der groben Partikel um einVielfaches ubersteigt (Abb. 8). Obwohl im Beispiel bei

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Abbildung 7. Partikelgro-ßenverteilung der Pulver,,Quarz fein‘‘ und ,,Quarzgrob‘‘, gemessen mit demBettersizer S3 Plus.

Abbildung 8. Mengenverhaltnis der Proben ,,2 % groberQuarz‘‘ und ,,10 % grober Quarz‘‘.

Tabelle 2. Ubersicht der wichtigsten Partikelgroßenangaben der untersuchten Proben.

Probe D10 [mm] D50 [mm] D90 [mm] D99 [mm]

Quarz fein 1,787 4,485 10,38 20,04

2 % grober Quarz 1,787 4,486 10,66 22,96

4 % grober Quarz 1,771 4,485 10,72 23,82

6 % grober Quarz 1,761 4,494 10,82 25,73

8 % grober Quarz 1,761 4,524 10,97 102,2

10 % grober Quarz 1,759 4,567 11,27 117,1

15 % grober Quarz 1,758 4,658 12,5 135,5

20 % grober Quarz 1,763 4,775 14,88 158,9

Quarz grob 73,03 111,2 163,3 209,9

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2 Gew% ungefahr 300 000 mal mehr feine als grobe Parti-kel vorliegen, kann sogar die Relation der Grobanteilezum Feinanteil sehr gut abgebildet werden.

4 Zusammenfassung und Fazit

Der Bettersizer S3 Plus ist durch seine besondere messtech-nische Ausstattung mit einer innovativen Kombination vonstatischer Lichtstreuung (DLOIS) und dynamischer Bild-

analyse (0.5X- und 10X-CCD-Kameras) in der Lage, gleich-zeitig die exakte Partikelgroßenverteilung einer Probe imBereich 0,01 – 3500 mm und eine Partikelformanalyse derTeilchen ab etwa 3 – 4mm durchzufuhren. Durch die kom-binierte Anwendung beider Analysemethoden ist gegenuberder reinen statischen Lichtstreuung eine deutlich genauereErfassung der Partikelgroßenverteilung bei breit verteiltenPartikelgroßen moglich. Insbesondere im Grobbereich einerVerteilung macht sich dies bei der Detektion der entspre-chenden Partikel bemerkbar.

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Abbildung 9. Partikel-großenverteilung der Pul-ver ,,Quarz fein‘‘ und ,,8 %grober Quarz‘‘, gemesseneinmal rein mit statischerLichtstreuung, zum ande-ren unterstutzt durch dieCCD-Kamera (Kombi-Expe-riment).

Abbildung 10. Grobanteil(im Großenspektrum dar-gestellt zwischen 50 und500mm) der jeweiligen Mi-schungen mit 2, 6, 8, 15 und20 % Quarz grob.

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Im gezeigten Anwendungsbeispiel konnte dies mithilfeverschiedener Mischungen zweier auf der Großenskalarecht weit auseinanderliegender Quarzpulver (D50(feinerQuarz) = 4,49 mm, D50(grober Quarz) = 111,2 mm) nachge-wiesen werden. Mithilfe reiner statischer Lichtstreuung wareine Detektion der groben Teilchen bis zu einem Masse-anteil von etwa 8 % nicht moglich, wohingegen durch dieUnterstutzung der CCD-Kamera bereits Anteile von 2 %gefunden wurden. Diese Blindheit der statischen Licht-streuung bei derartigen Proben ist dabei kein gerate-, son-dern methodenspezifisches Problem. Mit statischen Licht-streugeraten anderer Hersteller (z. B. CILAS 1090-L)konnten ebenfalls Anteile bis ca. 10 Gew.-% nicht gefundenund damit die Schwache des Messverfahrens bestatigt wer-den. Eine absolut perfekte Ubereinstimmung der Massen-anteile – real eingewogen und mit der Kombimethode ge-messen – ist naturlich in der Praxis aufgrund verschiedenerEinflussfaktoren kaum moglich. Aus den durchgefuhrtenUntersuchungen kann jedoch belegt werden, dass auchkleinste Anzahlverteilungen an Uberkorn detektiert werdenkonnen und sich zusatzlich die Mengenverhaltnisse solchenUberkorns in den verschiedenen Proben gut abschatzen las-sen (s. Abb. 10).

Abschließend sei erwahnt, dass neben der exaktenBestimmung der Großenverteilung und der Ermittlung ver-schiedener Formparameter eine permanente Visualisierungder Probe durch zwei Kameras mit unterschiedlicher Ver-

großerung weitere, fur die Praxis relevante Vorzuge besitzt.Dazu gehoren:1) Visuelle Kontrolle, ob die berechnete Partikelgroßenver-

teilung durch das makroskopische Fitverfahren der sta-tischen Lichtstreuungsmethode realistisch ist. Es seinoch einmal angemerkt, dass es sich bei Verwendungder Laserbeugung zur Bestimmung der Großenvertei-lung um ein indirektes Fitverfahren handelt: Der eigent-liche Messparameter wird aus einem gemessenen Streu-spektrum uber Anpassung dieser Kurve berechnet.Solche Rechenverfahren besitzen oftmals mehrereLosungen und eine visuelle Uberprufung des dargestell-ten Ergebnisses stellt einen großen Vorteil fur dieBewertung der Ergebnisse dar.

2) Eine Uberprufung des Dispergierzustandes der gemesse-nen Teilchen ab einer Große von ca. 3 – 4 mm.

3) Eine Prufung, ob zum Beispiel durch Verwendung derhauseigenen Wasserversorgung oder bei Anwendungeines Additivs zur besseren Dispergierung der zu un-tersuchenden Teilchen unter Umstanden Luftblasen dasMessergebnis negativ beeinflussen.

Literatur

[1] ISO 13320:2009, Particle size analysis – Laser diffraction method,International Organization for Standardization, Genf 2009.

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