Experton Group Marktsicht;Shareconomy – zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Verstand

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Shareconomy, Share Economy, kollaborativer Verbrauch („Collaborative Consumption“), Peer-to-Peer-Marktplätze, „die gemeinsame Wirtschaft“ sind unterschiedliche Begriffe und gestalterische Ausprägungen eines Trends: Die Transformation der wirtschaftlichen Denkmuster vom Haben zum Teilen. Also die Wandlung von einer Eigentumsgesellschaft mit monetären Wertausgleichssystemen in eine Besitzgesellschaft mit monetären (oder nicht-monetären) Wertausgleichssystemen. Und gerade in dieser Tendenz liegt eine enorme Gefahr für unser Wirtschafts- und Wertesystem. Auch wenn der Nutzen für den Einzelnen (kurzfristig) positiv erscheint, übersteigt die Summe der Risiken die Leistungsfähigkeit der Gemeinschaft. Dabei passt doch dieser Trend (scheinbar so gut) in den allgemeinen Zeitgeist, und ist der Grundstein für neue Geschäftsmodelle und den nächsten Wachstumsschub.

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Marktsicht

Shareconomy – zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren

Verstand

Axel Oppermann 0561 506975-24

Axel.oppermann@experto

n-group.com

Shareconomy, Share Economy, kollaborativer

Verbrauch („Collaborative Consumption“), Peer-to-Peer-

Marktplätze, „die gemeinsame Wirtschaft“ sind

unterschiedliche Begriffe und gestalterische

Ausprägungen eines Trends: Die Transformation der

wirtschaftlichen Denkmuster vom Haben zum Teilen.

Also die Wandlung von einer Eigentumsgesellschaft mit

monetären Wertausgleichssystemen in eine

Besitzgesellschaft mit monetären (oder nicht-monetären)

Wertausgleichssystemen. Und gerade in dieser Tendenz

liegt eine enorme Gefahr für unser Wirtschafts- und

Wertesystem. Auch wenn der Nutzen für den Einzelnen

(kurzfristig) positiv erscheint, übersteigt die Summe der

Risiken die Leistungsfähigkeit der Gemeinschaft. Dabei

passt doch dieser Trend (scheinbar so gut) in den

allgemeinen Zeitgeist, und ist der Grundstein für neue

Geschäftsmodelle und den nächsten Wachstumsschub.

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„Shareconomy“ schalmeit es gegenwärtig

überall durch das Bildungsradio, ist

Bestandteil der medialen Diskussion und

bildet so auch das Leitthema einer IT-Messe,

der CeBIT im kommenden Jahr. Dabei wird

der Begriff unterschiedlich ausgelegt und

gedehnt. Während es die Messebetreiber der

CeBIT eher etwas enger verstehen, und einige

Anbieter, die in diesem Themenfeld aktiv sind,

eine Definition wählen, die ihrem primären

Ziel – dem Absatz – dient, handelt es sich bei

diesem Thema um ein extrem

mehrdimensionales Konstrukt, welches

nachhaltige Auswirkungen auf die Wirtschaft

und Gesellschaft hat.

Natürlich bieten einige Ansätze, wie

der in den USA erfolgreich durch

Amazon eingeführte Buchverleih für

Schüler und Studenten, einen

Mehrwert. Studenten leihen hier für

ein Semester ein teures Fachbuch,

nutzen die Inhalte und geben es

nach bestandener Prüfung zurück.

Selbstredend ist es spaßig, mit

Freunden neue Städte zu entdecken

und kurzfristig private Unterkünfte

über Peer-to-Peer-Marktplätze zu

mieten.

Und auch der Gedanke, sich in

chronisch verstopften Städten nicht

um Parkplätze kümmern zu müssen

und ein Auto nach dem jeweils

aktuellen Bedarf auszusuchen, zu

„sharen“ und sorglos zurückzugeben,

ist charmant.

Setzen sich Angebote, Geschäftsmodelle und

Services durch, die auf kollaborativem

Verbrauch, Pay-per-use oder sonstigen

Nutzungsmodellen beruhen, führt dies dazu,

dass sich kurzfristig immer mehr Menschen

immer mehr Waren und Dienstleistungen

„leisten“ können. Wird national in

gesellschaftlichen Klassen gedacht, so können

sich hierdurch bestimmte Schichten

(beispielsweise die unterschiedlichen

Abstufungen der Mittelschicht) angleichen.

Wird auf Ebene einer Markt- und/oder

Gesellschaftsentwicklung gedacht, so

ermöglicht die Share Economy (auf den ersten

Blick) die Verbreitung von Wohlstand (und

Freiheit). Nehmen wir als Beispiel ein kleines

afrikanisches Land: Das Los von Millionen

Menschen in diesem Land ist es (war es), dass

sie Jahrhunderte hindurch von einigen

Privilegierten unterdrückt, ausgebeutet und

erniedriget wurden. Hierdurch kam es für eine

breite Masse an Menschen – für ganze

Regionen – zu Armut. In Folge waren diese

Regionen für viele privatwirtschaftliche

Unternehmen kein lukrativer Markt. Klassisch

produzierte und vermarktete Produkte können

in diesen Märkten nicht zu relevanten

Preispunkten platziert werden. Durch Share

Economy werden diese Regionen zu

Absatzmärkten. So hilft Share Economy die

gesellschaftliche und wirtschaftliche

Entwicklung in bisher benachteiligten

Regionen (scheinbar) positiv zu beeinflussen.

Kurzfristig stimmt dies auch. Mittel- bis

langfristig entstehen jedoch für Individuen,

Gesellschaft und Staat Abhängigkeiten

gegenüber wenigen Wirtschaftsunternehmen,

wie wir sie bereits heute bei der Lieferung von

Rohstoffen (auf Rohstoffmärkten) deutlich

wahrnehmen können.

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Die Umwälzung von einer

Eigentumsgesellschaft in eine

Besitzgesellschaft

Greifen wir den Gedanken und den

Erzählstrang über die Auswirkungen einer

Shareconomy auf nationaler Ebene nochmals

auf: Der Begriff soll ein verändertes

gesellschaftliches Verständnisses vom Haben

zum Teilen – respektive der gemeinsamen

Nutzung – ausdrücken. Gemeint ist jedoch

keine Kultur des Kostenlosen. In anderen

Worten: In einer "Sharing Economy" ist nicht

alles kostenlos. So sind einige Peer-to-Peer-

Marktplätze transaktionsbasiert, andere rufen

zu finanziellen Gegenleistungen auf. Und

Dritte sind „free of charge“. Darüber hinaus

können die Ausläufer der Share Economy auch

zu Lasten von Qualität (Journalismus, oder

Wikipedia vs. Encyclopaedia Britannica) und

Verfügbarkeit führen.

Wird unterstellt,

dass die Nachfrage nach Services

und Produkten, die über

kollaborativen Verbrauch, Pay-per-

use oder sonstige Nutzungsmodelle

abgerechnet werden, weiterhin

steigt,

die Umsätze und Erträge pro Kunde

(und insgesamt) gemessen an neuen

und relevanten Key Performance

Indikatoren (KPIs) steigen

und der Staat für den Bürger (und

den Staat selbst) annehmbare

Rahmenparameter schafft,

werden immer mehr Unternehmen

entsprechende Modelle entwickeln (müssen).

Dies führt wiederum zu steigender Nachfrage.

Im Umkehrschluss führt es jedoch auch dazu,

dass Berufsbilder verschwinden, Unternehmen

die die Transformation nicht bewältigen,

untergehen und in vielen Bereichen

monopolistische oder oligopolistische

Strukturen entstehen oder diese Strukturen

gefördert werden.

Es ist davon auszugehen, dass es in einer

Gesellschaft, deren überwiegender Anteil an

wirtschaftlichen Transaktionen (und deren

Denkmuster) auf kollaborativem Verbrauch,

Pay-per-use oder sonstigen Nutzungsmodellen

beruhen, zu einer Verarmung breiter Schichten

kommen wird. Insbesondere dann, wenn

exogene Faktoren den Austauschprozess

stören. Dies ist auch darauf zurückzuführen,

dass Menschen sich in ihrem Handeln von

bestimmten Zielen leiten lassen und

versuchen, ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Dieses Verhaltensmuster führt zu

übermäßigem Konsum, welcher zu einem

Verlust des „Besitzes“ bei einer

Verschlechterung der wirtschaftlichen

Rahmenparameter führt Der Verlust von

Besitz (ohne Kompensation) bei geringen

Eigentums-Quoten führt zu Armut. In anderen

Worten: Durch die Wahrnehmung von

unmittelbaren Interessen im Rahmen von

Shareconomy-Welten vermögen die Menschen

regelmäßig nicht, die Ergebnisse ihres Handels

(auch im gesellschaftlichen und

wirtschaftlichen Kontext) vorauszusehen. Dies

führt in einem fragilen System der

Shareconomy, wo in der finalen Ausprägung

wenige Anbieter vielen Nachfragern

entgegenstehen, zur Enteignung der Massen.

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Unternehmen müssen sich auf Share Economy

einstellen – die IT ist Schlüssel und Treiber

Neben der noch immer zunehmenden

Bedeutung der Regionalisierung der

Weltwirtschaft als Herausforderung einer

Gesamtunternehmensstrategie, sind die

Vorboten einer Shareconomy eine zentrale

Herausforderung für Entscheider in

Unternehmen nahezu aller Branchen und

Größenklassen. Für viele Unternehmen

bedeutet dies eine Entwicklung vom

Produktionsbetrieb zum Serviceanbieter –

respektive zu einem hybriden Anbieter. Auch

wenn heute nahezu keine Produkte ohne

Services verkauft werden können - und auch in

der Industrie & Co. umfassende

Servicekompetenzen vorhanden sind - bedarf

es dessen ungeachtet einer Weiterentwicklung

der Dienstleistungsperspektive. Die Frage, die

hier gestellt werden muss, ist die nach der

Geschwindigkeit und Integrationstiefe von

Share-Economy-Leistungen. Hierzu gilt es, die

ökonomische Bedeutung – auch für

unterschiedliche Regionen – im Allgemeinen

und für das eigene Unternehmen zu bewerten.

So müssen Marktpotenziale- und –dynamik

sowie Integrationstiefe in den klassischen

Leistungsprozessen ermittelt werden.

Um etwaige Service-Innovationen inkl. der

notwendigen Differenzierungskriterien am

Markt erfolgreich zu platzieren, bedarf es einer

IT-Infrastruktur, die die Service-Innovationen

auch ermöglicht. Exemplarisch sei hier das

Zusammenspiel von Daten, deren

Verfügbarkeit (=Cloud) und Mobility erwähnt.

Hierbei gilt es auch, eine Beschleunigung von

eiligen Technologieentwicklungen zu

ermöglichen, Beschaffungsmaßnahmen für IT

neu aufzustellen, eine Bestimmung der

benötigten Qualifikationen zu erstellen und

diese in eine Personalentwicklung zu

überführen. Das Projektmanagement muss

genauso überprüft werden, wie ein integriertes

Roadmapping erfolgen muss. Diese Roadmaps

orientierten sich am aktuellen und zukünftigen

Produkt- und Leistungsportfolio des eigenen

Unternehmens, an den Roadmaps von IT-

Lieferanten und Dienstleistern sowie an der

Leistungsfähigkeit der IT-Abteilung.

Zur Zielerreichung muss frühzeitig eine

intensive Zusammenarbeit mit Anbietern von

Hardware, Software, Services und

Telekommunikationsleistungen erarbeitet

werden. Hierzu zählen auch Kenntnisse über

Kostenmodelle dieser Unternehmen. Nur auf

einer solchen Basis können Profit- und Risk-

Sharing-Kooperationen eingegangen werden.

Die IT muss in solchen Szenarien auch

Kompetenzen im Bereich Big Data / Analytics

bereitstellen. Geschäftsmodelle, die auf dem

Shareconomy-Gedanken beruhen, benötigen

tiefgehende Analysen. So müssen

Informationen über den Bestand an

langlebigen Gebrauchsgütern, die

Konsumausgaben (privater Haushalte) für

langlebige Gebrauchsgüter mit Annahmen

über durchschnittliche güterspezifische

Nutzungsdauern vorhanden, bewertet und

gedeutet werden können. Hinzu werden

weitere (tagesaktuelle) Informationen über

Preisbereitschaften, wirtschaftliche

Entwicklung etc. benötigt.

Shareconomy hat fundamentale Folgen für

Individuen, Wirtschaftsunternehmen und

Gesellschaft

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Es klingt heutzutage schon mehr als banal,

wenn hervorgehoben wird, dass wir in einer

Zeit des schnellen und fundamentalen Wandels

leben. Nicht erst seit der massenkonformen

Etablierung des Internets, des Zerbrechens

(eigentlich) etablierter Wirtschaftsparadigmen

und scheinbar unbeherrschbarer Dynamik,

stehen herkömmliche Gesellschafts-,

Produktions- und Managementsysteme vor

einer Zerreißprobe. Interessant an dieser Stelle

ist, wie sich der Wandel in unterschiedlichen

Bereichen und Systemelementen vollzieht –

und wahrgenommen wird. Während die

Einführung von Social-Business-Strategien in

Unternehmen bisweilen mit Argwohn und

Ablehnung durch die Mitarbeiter begleitet

werden, äußern sich die gleichen Mitarbeiter

positiv über Modelle und Geschäftskonzepte

wie Carsharing (kommerziell), Rent-a-Bike,

Nachbarschaftsauto (privat), die sie im

privaten Umfeld konsumieren.

Im Business-to-Business-Umfeld sind

leistungs- und nutzungsabhängige

Geschäftsmodelle, die einen Wandel vom

Eigentum zum Besitz forcieren, in einigen

Bereichen bereits seit Jahren etabliert. Sei es

die Metallpresse in der Autoproduktion (Pay-

per-Part) oder der Kopierer im Büro. Diese

Entwicklung hat, im Gegensatz zur

(internationalen) Arbeitsteilung und

Spezialisierung im Entwicklungs- und

Produktionsprozess (kurzum in der

Produktionstiefe), nicht zu größeren

Nachteilen geführt.

Wird dieses Modell „flächendeckend“ über

Konsumenten ausgerollt - und von diesen

aufgegriffen - kommt es mittel- bis langfristig

zu Schieflagen. Zwar führen solche Modelle

kurzfristig zu einem (Wirtschafts-) Wachstum,

da mehr Menschen mehr konsumieren können

und dabei auch noch durchschnittlich höhere

Preise (pro Vergleichseinheit) bezahlen. Jedoch

führt der kollaborative Konsum für viele

Wirtschaftssubjekte zur Abhängigkeit und zur

sozialen Diskriminierung.

Mit anderen Worten: Werden sich die Modelle

der Shared Economy – die Ansätze des

kollaborativen Verbrauchs – in unserer

Gesellschaft auf breiter Front durchsetzen, so

entstehen neben Chancen auch extreme

Risiken. Wenn sich eine Eigentumsgesellschaft

mit monetären Wertausgleichssystemen in eine

Besitzgesellschaft mit monetären

Wertausgleichssystemen wandelt, gibt es auf

Seiten der Anbieter und Nachfrager einige

Gewinner und Verlierer.

Langfristig kann eine solche Entwicklung in

zentralisierte Besitzgesellschaften führen.

Was bleibt

Egal, in welcher Absicht etwas passiert und ob

überhaupt irgendetwas mit Absicht passieren

wird:

1. Shareconomy ist ein Trend, mit dem

sich IT, Organisation und

Unternehmensleitung beschäftigen

müssen.

2. Hierbei sind die

unternehmensinternen Prozesse zu

nennen (Stichwort: Social Business

für Collaboration und

Communication und die

Überarbeitung von Kunden- und

Mitarbeiterdialogen unter dem

neuen Paradigma vom Besitzen zum

Teilen).

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3. Es sind aber auch die Produkt- und

Leistungsprozesse zu beachten.

Shareconomy fördert neue Services

und Geschäftsmodelle. IT ermöglicht

diese.

4. Voraussetzung ist das

Zusammenspiel von Daten, deren

Verfügbarkeit (=Cloud) und Mobility.

5. Die Politik und die Gesellschaft sind

gefragt, liberale Rahmenparameter

zu definieren.

6. Share Economy ist ein Trend,

welcher unser Denken und Handeln

beeinflusst. Jedoch wird er

mittelfristig in Deutschland nicht

dominieren. Zu extrem berühren

Eigentumsfragen sehr

unterschiedliche Dimensionen wie

juristische, historische, ökonomische,

politische und nicht zuletzt

soziologische sowie psychologische

Größen. Insbesondere in

Deutschland, wo die Soziale

Marktwirtschaft, mit der Bedeutung

des Eigentums als zentraler

Leuchtturm gilt, wird sich die Share

Economy zwar etablieren, allerdings

nicht dominieren.

7. In vielen anderen

Wirtschaftsräumen wird die Share

Economy eine führende Rolle

einnehmen. Um in diesen Märkten

erfolgreich zu sein, müssen

entsprechende Innovationen forciert

werden.

geschilderten Rahmenparametern – einen

enormen Druck und betreiben einen großen

Aufwand, sich aus der Schusslinie zu ziehen.

Dennoch – oder gerade deshalb – sollten

Ansätze zu internen Positionierung und

Steigerung der eigenen Reputation getrieben

werden.