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Spessart-Gymnasium Alzenau Kollegstufenjahrgang 2005/2007 FACHARBEIT aus dem Fach Mathematik Thema: Wachstumsmodelle und Differentialgleichungen Verfasser der Facharbeit: Sascha Roth Leistungskursbezeichnung: Mathematik Kursleiter: StR Klemm D. Abgabetermin: 26. Januar 2007 Abgegeben am 24. Januar 2007 Mündliche Prüfung abgelegt am ............................ Erzielte Punkte der schriftlichen Arbeit: Erzielte Punkte der mündlichen Prüfung: Gesamtpunktzahl (3-fach schriftlich + mündlich = 4-fache Wertung): Doppelte Wertung (= 4-fache Wertung geteilt durch 2, gerundet): Aus der einfachen Wertung (= 4-fache Wertung geteilt durch 4, gerundet): ergibt sich für die Gesamtleistung die Note ........, in Worten: ................................ Unterschrift des Kursleiters: ..........................................

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Spessart-Gymnasium Alzenau

Kollegstufenjahrgang 2005/2007

FACHARBEIT aus dem Fach Mathematik

Thema:

Wachstumsmodelle und Differentialgleichungen

Verfasser der Facharbeit: Sascha Roth Leistungskursbezeichnung: Mathematik Kursleiter: StR Klemm D. Abgabetermin: 26. Januar 2007 Abgegeben am 24. Januar 2007 Mündliche Prüfung abgelegt am ............................ Erzielte Punkte der schriftlichen Arbeit:

Erzielte Punkte der mündlichen Prüfung:

Gesamtpunktzahl (3-fach schriftlich + mündlich = 4-fache Wertung):

Doppelte Wertung (= 4-fache Wertung geteilt durch 2, gerundet):

Aus der einfachen Wertung (= 4-fache Wertung geteilt durch 4, gerundet):

ergibt sich für die Gesamtleistung die Note ........, in Worten: ................................ Unterschrift des Kursleiters: ..........................................

Inhaltsverzeichnis

1. Differentialgleichungen als Werkzeug der

Naturwissenschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2. Einfache Wachstumsmodelle. . . . . . . . . . . . . . 5 2. 1 Mathematische Betrachtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2. 2 Beispiel 1: Amöbenpopulation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

3. Räuberbeute-Modell nach Volterra-Lotka. . 8 3. 1 Biologische Beschreibung des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

3. 2 Mathematische Betrachtung des Modells von Lotka und Volterra. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

3. 3 Beispiel 2: Räuber-Beute-Simulation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

4. Mathematische Modelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

5. Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

6. Quellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

7. Anlagen-CD. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

8. Erklärung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

2

1. Differentialgleichungen als Werkzeug der NaturwissenschaftenFolgende Aufgabe dürfte jedem Schüler bekannt sein: „Lösen Sie eine Gleichung nach der Unbekannten auf.“ Gerade während der Schulzeit trifft man ständig auf solche Aufgaben. Man soll Nullstellen, Extrempunkte oder Wendepunkte von Polynomen, gebrochen-rationalen Funktionen oder Ähnlichem berechnen. Die Aufgabe liegt also darin, eine (oder mehrere) Unbekannte (meist wird diese mit x bezeichnet) einer Funktion, die gege-ben ist, zu bestimmen. Im Gegensatz dazu besteht die Aufgabe bei den Differentialgleichungen darin, dass die Funktion f(x) aus einer Gleichung errechnet werden soll, in der eine oder mehrere ihrer Ableitungen (f'(x), f''(x), usw.) vorkommen können.

Ein einfaches Beispiel1 hierfür ist die Gleichung f'(x) = f(x). Es ist also die Funktion gesucht, deren Ableitung (d.h. deren Steigung) in jedem Punkt gleich dem eigentlichen Funktionswert ist. Es ist bekannt, dass dieses Kri-terium nur die Exponentialfunktion erfüllt, jedoch mit beliebigem Vorfaktor. Alle Funktionen der Form f(x) = cex besitzen also die gewünschte Eigen-schaft (erfüllen die Gleichung), wobei c jede beliebige reelle Zahl sein darf. Gut zu erkennen ist hier, dass eine Differentialgleichung nicht eindeutig lösbar sein muss, da es durch die verschiedenen Möglichkeiten für c un-endlich viele Lösungen gibt. (Eine weitere Betrachtung dieser sehr einfachen Diffe-

rentialgleichung enthält das Kapitel „Einfache Wachstumsmodelle“)

Gibt man zusätzlich zu der Differentialgleichung noch einen speziellen Punkt vor, soll z.B. f(0) = 1 sein, so erhält man statt den unendlich vielen Lösungen f(x) = cex nur noch eine: f(x) = ex. Ein solches Problem (eine Dif-ferentialgleichung und ein vorgegebener Punkt) bezeichnet man als "An-fangswertproblem".

3

1 vgl http://mathematik.de/mde/information/landkarte/gebiete/differentialgleichungen/differentialgleichungen.html aufgerufen am 06.01.2007, 15:09 Uhr

Natürlich ist dies nur ein sehr einfaches Beispiel einer Differentialglei-chung. Andere Möglichkeiten wären auch Gleichungen der Form 5f'''(x)f'(x) - 2[f(x)''/f'(x)] = 17f(x)2, oder ähnliche Gleichungen mit beliebig vielen und beliebig hohen Ableitungen.Dass man zu solchen Überlegungen und Gleichungen gelangte, ist kein Zufall oder mathematische Spielerei. Differentialgleichungen beschreiben viele Situationen der Wirklichkeit, gerade in der Physik. Aber nicht nur in physikalischen und technischen Systemen spielen sie eine große Rolle, sie finden auch Verwendung in den Wirtschaftswissenschaften oder wer-den in der Biologie zum Modellieren von Wachstumsmodellen zur Hilfe genommen.In der nachfolgenden Arbeit soll auf diesen Teilaspekt der Differentialglei-chungen eingegangen werden. Betrachtet werden Differentialgleichungen in einfachen Wachstumsmodellen und im Räuber-Beute-System nach Vol-terra-Lotka.

4

2 http://mathematik.de/mde/information/landkarte/gebiete/differentialgleichungen/differentialgleichungen.html

2. Einfache Wachstumsmodelle2. 1 Mathematische BetrachtungMan betrachte eine Population - eine räumlich und zeitlich abgrenzbare Einheit gleichartiger Organismen (Mikroorganismen, Tiere, Pflanzen, Men-schen), die miteinander in einem regelmäßigen genetischen Austausch stehen.3 Die Größe der Population, d. h. die Anzahl der Individuen, wird mit x bezeichnet. Lotka hat 1925 auch andere Vorschläge gemacht, z. B. könnte x auch die Dichte, oder die gespeicherte Energie der Population ausdrücken. Bei einfachen Modellen genügt jedoch die Betrachtung der Individuenzahl.

Die Änderung der Populationsgröße x wird durch die Wachstumsrate beschrieben. Es gibt zwei Möglichkeiten ! zu deuten:

Im diskreten Modell wird x als Funktion

aufgefasst; d. h. x(t) ist die Populationsgröße zum Zeitpunkt t = 0, 1, 2, 3, ...

Der Zuwachs zwischen den Zeitpunkten t und t+1 wird durch die Diffe-renzenfunktion

beschrieben. Die Wachstumsrate zum Zeitpunkt t ist der Differenzen-quotient geteilt durch den Bestand x(t),

Im kontinuierlichen Modell fasst man x als Funktion auf und ersetzt den Differenzenquotienten durch die Ableitung

5

3 http://ifgivor.uni-muenster.de/vorlesungen/Num_Modellierung/Populat_Modelle/population_einf.html, aufgeru-fen am 28.12.2006

x : N! R+ = [0,"[ (oder x : N! N)

!x : N! R mit !x(t) = x(t + 1)" x(t)

!

!(t)!x(t)

x : R+ ! R+

! =!x

x: N! R̄ = ["#,#]

x! = limu"0

x(t + u)! x(t)u

;

die Wachstumsrate ist dann durch die Funktion ,

gegeben. Kontinuierliche Modelle sind zwar Idealisierungen, die aber fast immer zu rechtfertigen und mathematisch leichter zu handhaben sind.4

(Was mathematische Modelle sind und wollen, wird im letzten Kapitel dieser Arbeit erör-tert.)

2. 2 Beispiel 1: Amöbenpopulation

Anhand eines Beispiels soll die Herleitung des diskreten Wachstumsmo-dells noch einmal anschaulich dargestellt werden.

Die Vermehrung von Amöben in einem Aquarium wird von Biologen unter-sucht. Zu Beginn dieses Experimentes befinden sich 50 Amöben im Aqua-rium. Nach jeweils zwei Tagen wird die Anzahl der vorhanden Tierchen neu bestimmt.

Anzahl der Tage

0 2 4 6 8 10 12 14

Anzahl der Amöben

50 65 84 109 141 183 283 309

Tabelle 1: Beobachtungsergebnis nach 14 Tagen

Bezeichnungen:n(t): momentane Anzahl der Tierchen nach t Tagen, z. B. ist n(12) = 283

∆n: Zuwachs der Tierchen in der Zeitspanne ∆t

In den ersten beiden Tagen nach Beginn des Experiments kommen 15 neue Tierchen hinzu (∆n = n(2) - n(0) = 15)In der gleichen Zeitspanne ∆t zwischen dem 6. und 8. Tag beträgt der Zu-wachs schon ∆n = 32 Amöben.

6

4 vgl. http://www.staff.uni-mainz.de/pommeren/Artikel/Oekosim.pdf, Seite 5; aufgerufen am 27.12.2006

! : R+ ! R̄

! =x!

x,

Die Zuwachsrate (Neuzuwachs ∆n pro Zeitspanne ∆t) nimmt hier ständig zu, es liegt eine stark beschleunigte Wachstumsentwicklung vor.

Dieser Wachstumsprozess ist soweit mathematisch aufbereitet, dass die Formulierung der gesuchten Differenzialgleichung leichter fällt. Durch Auswertung von Tabelle 1 folgt eine neue Tabelle für die Zuwachsrate der Amöbenentwicklung:

Zeitspanne 0. - 2. Tag 6. - 8. Tag 12. -14. Tag

Amöbenzahl am Anfang der Zeitspanne

50 109 283

Zuwachsrate (Amöben pro Tag)

7,5 16 35,5

Tabelle 2: Amöbenentwicklung

Auswertungsbeispiel: . Das Verhältnis ergibt für jeden der drei Tabellenspalten den gleichen Wert k = 0,15 (ge-rundet). Es lässt sich also erkennen, dass die Zuwachsrate proportional zur Amöbenzahl wächst:

Umschreibung dieser Proportionalität als Gleichung (1): k ist hierbei aus der Tabelle ermittelte Konstante.

Betrachtet man nun den Fall, wenn ∆t sehr klein wird, schreibt man dt statt ∆t und entsprechend dn statt ∆n. Somit wird Gleichung (1) zu:

Dies wiederum ist eine Differenzialgleichung 1. Ordnung, wobei die Ablei-tung der Funktion n = n(t) in der Leibniz-Schreibweise erscheint. Formulie-

rung in der Schreibweise nach Newton: n‘ = k · n(t).5

Die Lösungsfunktion n(t) beschreibt den Wachstumsverlauf der vorliegen-den Amöbenpopulation. Es handelt sich hierbei um die e-Funktion

n(t) = c · ert, mit dem Anfangswert c = 50 und Wachstumsrate (gerundet)

r = 0,15.

7

5 vgl. gesamtes Beispiel 1: Müller, Rost, Wolf: Das große Mathematik Buch, Bad Schwartau(Neue Auflage), 2005

!n

!t

!n

!t

n(8)! n(6)2

= 16 k =!n

!t: n(t)

n(t) :!n

!t! n(t).

!n

!t= k · n(t).

dn

dt= k · n(t).

3. Räuberbeute-Modell nach Volterra-Lotka3.1 Biologische Beschreibung des Modells

Um vom einfachen Beispiel der Amöben zu komplexeren Modellen zu kommen, braucht es für ein besseres Verständnis eine kurze Erklärung der biologischen Gegebenheiten.Abbildung 1 zeigt historische Aufzeichnungen der Hudson-Bay-Company über den Eingang der Felle von Luchsen und Schneeschuhhasen. Man kann starke und regelmäßige Schwankungen mit einer Periode von knapp zehn Jahren beobachten. „Je mehr Beutetiere vorhanden sind, desto mehr Räuber finden Nahrung. Die Population der Räuber nimmt verschoben zur Population der Beutetie-re zu. Durch die Vernichtung der Beutetiere sinkt auf Grund der fehlenden Nahrung die Anzahl der Räuber. Zwischen Räuber und Beutetier entwi-ckelt sich ein biologisches Gleichgewicht, das die Populationsdichten der betreffenden Arten in Grenzen hält.“ 6

Abbildung 17: Aufzeichnung der Hudson-Bay-Company über den Eingang von Fellen von

Luchsen (rot) und Schneeschuhhasen (grün)

8

6 http://de.wikipedia.org/wiki/Räuber-Beute-System, aufgerufen am 02. Januar 2007

7 http://ifgivor.uni-muenster.de/vorlesungen/Num_Modellierung/Populat_Modelle/population_einf.html

Einflussfaktoren auf die Populationsgröße sind:

• Zahl der Feinde, denen Organismen als Nahrung dienen

• Menge der zur Verfügung stehenden Nahrung

• Zahl der Versteckmöglichkeiten, die eine ungestörte Aufzucht der Jun-gen ermöglichen

• Toleranz gegenüber den eigenen Artgenossen

• Eingriffe durch den Menschen (Jagd, Fischerei, Holzwirtschaft, Pestizi-de, Straßenbau, ...)“ 8

Unter der Annahme, dass die Größe des Fangs dem Bestand der jeweili-gen Tierart proportional ist, drängt sich unweigerlich die Vermutung auf, dass die Bestände von Luchsen und Hasen einer geheimnisvollen ma-thematischen Gesetzmäßigkeit folgen, die sich nicht aus dem Rhythmus der Jahreszeiten erklärt.Diese Gesetzmäßigkeiten wurden 1925 und 1926 unabhängig voneinan-der von dem östereichisch-amerikanischen Mathematiker Alfred James Lotka und dem italienischen Mathematiker und Physiker Vito Volterra for-muliert. Die Lotka-Volterra-Regeln bzw. Gesetze umfassen drei Gesetze zur quantitativen (lat. quantum: wie viel oder wie groß) Beschreibung der Populationsdynamik in der Räuber-Beute-Beziehung. Diese Gesetze lauten wie folgt:

„1. Gesetz der periodischen Zyklen: Die Individuenzahl von Beute und Räuber schwankt (bei ansonsten konstanten Bedingungen) periodisch, dabei sind die Maximaphasen verschoben.

2. Gesetz der konstanten Population: Langfristig bleiben die Durch-schnittsgrößen von Räuber- und Beute-Population konstant.

3. Gesetz des schnelleren Wachstums der Beutepopulation:Werden Beute- und Räuberdichte verringert, (z. B. durch Pestizide,) so erholt sich die Beutepopulation schneller.“9

9

8 http://ifgivor.uni-muenster.de/vorlesungen/Num_Modellierung/Populat_Modelle/population_einf.html

9 vgl. Aufzeichnung des Leistungskurs Biologie Kobler Schuljahr 2005/2007 am 22.06.2006

3. 2 Mathematische Betrachtung des Modells von Lotka und Volterra

Im vorhergehenden Kapitel werden die Beziehungen, die Lotka und Volter-ra herausfanden, aus biologischer Sicht aufarbeitet. Nachfolgend soll das Differentialgleichungssystem mathematisch betrachtet werden.

Die zwei Gleichungen lauten:

(1)

(2)

Durch einfache mathematische Umstellung von (2) erhält man eine über-sichtlichere Darstellungsweise:

(1)

(2)

Kurze Erläuterung der Terme:

x(t) entspricht der Größe der Beutepopulation; dementsprechend ist y(t) die Größe der Räuberpopulation.x‘(t) und y‘(t) sind die zeitlichen Änderungen der Räuber- und Beutepopu-lationen. Die Konstanten der Gleichung (1) sind a1 Zuwachsrate der Beute

und b1 Wahrscheinlichkeit für Beutefang. In Gleichung (2) beschreiben -a2

die Sterberate der Räuberpop und b2 die Reproduktionsrate der Räuber-population. (1) Das Produkt a1 x(t) stellt dann die Vermehrung der Beutepopulation

x(t) dar, die durch das Produkt b1 x(t) y(t), nämlich dem „Gefressenwer-den“ der Beutepopulation, verkleinert wird.(2) Bei dem Produkt -a2 y(t) handelt es sich um das Sterben der Räuber-population, was durch das negative Vorzeichen bei a2 anschaulich be-schrieben wird, die aber durch die Vermehrung der Räuberpopulation

b2 x(t) y(t) gedämpft wird. So verdeutlicht das Produkt x(t) y(t) bildlich ge-sprochen die „Begegnungshäufigkeit“ zwischen Räuber und Beute.

10

y!(t) = b2 · x(t) · y(t)! a2 · y(t)

x!(t) = a1 · x(t)! b1 · x(t) · y(t)

x!(t) = a1 · x(t)! b1 · x(t) · y(t)

y!(t) = !a2 · y(t) + b2 · x(t) · y(t)

Lösung der Differentialgleichungen von Volterra-Lotka

Um diese gekoppelten Differentialgleichungen zu lösen, gibt es es prinzi-piell zwei Möglichkeiten: Eine analytische oder numerische Lösung. Kurz zu analytischen Lösungen: Sie sind meist sehr kompliziert und es gibt Dif-ferentialgleichungen, die nicht analytisch gelöst werden können.10

Numerische Lösungen sind einfacher (aber auch ungenauer): Es wird ver-sucht mit Hilfe von „Konstruktionen und Analyse von Algorithmen für konti-nuierliche mathematische Probleme“11 eine Lösung zu finden, d.h. in un-serem konkreten Fall durch ein Nährungsverfahren nach Runge-Kutta. Nachfolgend soll überblicksartig erläutert werden, wie dieses Verfahren funktioniert, und zum Schluss auf die Lotka-Volterra-Gleichungen ange-wandt werden.

Dazu beginnt man am Besten mit dem einfachsten, aber auch am wenigs-ten genauen Verfahren, das von Euler-Cauchy stammt. Gegeben ist der

aktuelle Wert Z(to) zum Zeitpunkt to , d.h. anschaulich: ein Anfangspunkt

Punkt A(to;Z(to)). Zusätzlich geht man von einer Differentialgleichung

Z'(t) = f(t ; Z(t)) für die momentane Änderungsrate Z'(t) aus bzw. - an-

schaulich gesprochen - für die Steigung m(t) = Z'(t) zu einem beliebigen

Zeitpunkt t.12

Aus den obigen Angaben (Punkt A und Steigung m(to) im Punkt A) lässt sich mit Hilfe eines „Steigungsdreiecks“ eine lineare Funktion P und da-

durch ein Prognosen-Punkt P(to + ∆t) = Z(t0) + ∆t · Z‘(t0) für den leider

unbekannten tatsächlichen Wert Z(to + ∆t) abschätzen. (siehe dazu auch Abbildung 2)

11

10 vgl. http://www.gypsymoth.ento.vt.edu/~sharov/PopEcol/lec10/lotka.html; aufgerufen am 17.01.2007

11 http://de.wikipedia.org/wiki/Numerische_Mathematik; aufgerufen am 17.01.2007

12 vgl. http://www.learn-line.nrw.de/angebote/modell/euler.htm#top; aufgerufen am 17.01.2007

!P

!t= P !(t0) =

P (t0 + !t)! P (t0)!t

= m(t0)

! P (t0 + !t) = P (t0) + m(t0) · !t

Abbildung 2: Veranschaulichung des Euler-Cauchy-Verfahren13

Die Euler-Cauchy-Abschätzung kann verbessert werden, indem man an-statt des gesamten Zeitintervalls ∆t das halbierte verwendet. Häufig findet das sog. Runge-Kutta-Verfahren 4. Ordnung gebrauch, bei dem mit vier Zwischenschritten eine verbesserte Schätzung ermöglicht werden soll. In dieser Arbeit wird das Verfahren mit nur zwei Zwischenschritten (2. Ord-nung) durchgeführt, da diese Abschätzung für das folgende Beispiel 2 schon ausreichend genau ist.

Durch die oben erwähnte Halbierung von ∆t ergibt sich daraus für den

Punkt P folgende Gleichung: k = Z(t0) + 0,5·∆t·Z‘(t0) . k entspricht hier

dem Funktionswert in der Mitte des Intervalls ∆t. Im „zweiten Durchgang“ schätzt man mit Hilfe von k den Funktionswert am Ende des

Zeitintervalls ∆t: P(to + ∆t) = Z(t0) + ∆t · Z‘(k). (siehe auch Abbildung 3)

12

13 vgl. http://ifgivor.uni-muenster.de/vorlesungen/Num_Modellierung/Populat_Modelle/Euler.gif und http://www.learn-line.nrw.de/angebote/modell/modgif/euler1.gif; aufgerufen am 18.01.2007

Abbildung 3: Veranschaulichung des Runge-Kutta-Verfahrens14

Übertragen auf die Gleichungen von Volterra-Lotka bedeutet das: Man schätzt zuerst die Beute- und Räuber-„Steigung“ (x‘ und y‘) in der Mit-te des Zeitintervalls:

(3)

(4)

Der zweite Schritt ist dann die Beute- und Räuber-„Steigung“ (x‘‘ und y‘‘) am Ende des Zeitintervalls:

(5

(6)

13

14 vgl. http://ifgivor.uni-muenster.de/vorlesungen/Num_Modellierung/Populat_Modelle/RungeKutta.gif und http://www.gypsymoth.ento.vt.edu/~sharov/PopEcol/lec10/grunge.gif; aufgerufen am 19.01.2007

y!(t) = y(t) +!t

2· (b2 · x(t) · y(t)! a2 · y(t))

x!(t) = x(t) +!t

2· (a1 · x(t)! b1 · x(t) · y(t))

x!!(t) = x(t) + !t · (a1 · x!(t)! b1 · x!(t) · y!(t))

y!!(t) = y(t) + !t · (b2 · x!(t) · y!(t)! a2 · y!(t))

Graphische Darstellung der Lotka-Volterra-Gleichungen

Mit Hilfe eines Tabellen-Kalkulationsprogramms (siehe Anlagen-CD:

lotka_volterra.xls) lassen sich die Funktionsgraphen der Beute- und Räu-berpopulation zeichnen. Die Nährungswerte werden durch das oben be-schriebene Runge-Kutta-Verfahren 2. Ordnung berechnet.

3. 3 Beispiel 2: Räuber-Beute-SimulationEs soll eine kleine Räuber-Beute-Simulation mit 200 Beutetieren und 10 Räubern (z. B. Hasen und Füchse) modelliert werden. Die Größen der je-weiligen Parameter sind Schätzungen auf Basis von natürlichen Beobach-tungen.

Tabelle 2: Parameter15 der Simulation

Zur Darstellung dieser Simulation gibt es verschiedene Möglichkeiten. Hier werden zwei vorgestellt:1. Wie in den historischen Aufzeichnungen von Abbildung 1, kann man die Individuenzahl abhängig von der Zeit t darstellen. (siehe Abbildung 4)

2. Oder es werden Räuber und Beute abhängig von einander dargestellt, d. h. die Beuteanzahl auf der x-Achse und die Räuberanzahl auf der y-Achse. (siehe Abbildung 5)

14

15 vgl. http://www.ecotronics.ch/download/excsimul.zip; aufgerufen am 18.01.2007 oder siehe Anlagen-CD

Zuwachsrate der Beute

a1 0,08

Wahrscheinlich-keit für Beutefang

b1 0,002

Vermehrung der Räuberpop.

b2 0,0004

Sterben der Räu-berpop.

a2 0,2

Abbildung 4: Räuber-Beute-Simulation bezogen auf die Zeit.

Abbildung 5: Räuber-Beute-Simulation als Vergleich Räuber und Beute.

Anmerkung: Abbildung 4, 5 wurden mit Hilfe der Exel-Datei lotka_volterra.xls erstellt. Siehe Anlagen-CD.

15

Räuber-Beute-Simulation

0

200

400

600

800

1000

1200

1 74 147 220 293 366

Periode t = 365 Tage

Anz

ahl d

er B

eute

0

50

100

150

200

250

300

Anz

ahl d

er R

äube

r

Räuber-Beute-Simulation

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

110

120

130

140

150

160

0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400

Anzahl der Beute

Anz

ahl d

er R

äube

r

4. Mathematische Modelle -Was sie sind und was sie wollen

Die Frage, was diese ganze “Rechnerei” denn nun über die Wirklichkeit aussagt, ist im bisherigen Verlauf der Arbeit unterdrückt worden, sie stellt sich aber dennoch. Groß ist die Gefahr Modell und Wirklichkeit durchei-nander zu bringen, kritische Distanz zum Modell ist angebracht.

Am wenigsten gefährlich ist die Anwendung im Bereich der Technik: Appa-rate werden so konstruiert, dass sie dem Modell möglichst genau entspre-chen. Ganz anders ist es bei biologischen, wirtschafts- oder sozialwissen-schaftlichen Betrachtungen. Zugrundeliegende Größen können hier schon ungenau und umstritten sein, Wirkungen und Beziehungen äußerst kom-pliziert.

Grundsätzlich sieht das Verfahren mathematischer Modellierung wie folgt aus:

Abbildung 6: Mathematische Modellierung16

Für mathematische Modelle gibt es verschiedenste Ansätze: determiniti-sche, stochastische, spieltheoretische, ..., nur keine perfekten. Der Ansatz, der in der vorliegenden Arbeit verfolgt wird, dynamische Systeme/Differen-tialgleichungen, ist streng deterministisch: Der Zustand des Modells zu ei-nem Zeitpunkt bestimmt alle zukünftigen Zustände eindeutig, ist reprodu-

16

16 http://www.staff.uni-mainz.de/pommeren/Artikel/Oekosim.pdf, Seite 20

zierbar und es “folgt unter den gleichen Voraussetzungen immer die glei-che Anweisung”.17

Aber das ist nicht die einzige grobe Vereinfachung. Wenn man sich das vorgestellte Räuber-Beute-Modell kritisch ansieht, wurde einiges zur Ver-einfachung angenommen:

• “Die Anzahl (oder Dichte) der Population ist durch eine Größe be-schreibbar - Altersstruktur, Geschlechts- oder sonstige Unterschiede und räumliche Verteilung werden vernachlässigt.

• Äußere Einflüsse werden nur in geringem Umfang berücksichtigt.

• Wechselwirkungen erleiden keine Zeitverzögerung und sind völlig gleichmäßig über die Population verteilt.”18

• In der Simulation wird nicht berücksichtigt, dass zum Fortbestand einer Art (auch nur theoretisch) mind. 2 Individuen noch vorhanden sein müs-sen und dass die Individuenzahl nur für positive Werte Sinn macht

Daher scheint es fast fragwürdig, ob es sich noch um ein sinnvolles Modell handelt. Letztendlich kann die Rechtfertigung für ein bestimmtes Modell aber immer nur der Erfolg sein, d. h., dass die Aussagen mit der Wirklich-keit übereinstimmen.

“Schwarz-Weiß-Denken ist hier völlig unangebracht; es muss eine Balan-ce zwischen kritischer Distanz und vorsichtiger Akzeptanz hergestellt werden.”19

17

17 http://de.wikipedia.org/wiki/Determinismus_%28Algorithmus%29, aufgerufen am 28.12.2006

18 http://www.staff.uni-mainz.de/pommeren/Artikel/Oekosim.pdf, Seite 22-23

19 http://www.staff.uni-mainz.de/pommeren/Artikel/Oekosim.pdf, Seite 24

5. Literaturverzeichnis

Aus Gründen der Verstänlichkeit können in der Fachliteratur (auch Inter-netseiten) verwendete Parameter in dieser Arbeit vereinheitlicht worden sein. Deshalb ist es möglich, dass auch in direkt zitierten Textstellen Pa-ramter ersetzt wurden, was allerdings nicht den Inhalt verändern.

Walz, Guido: Lexikon der Mathematik, Heidelberg, 2001

Müller, Thomas/ Rost, Hans-Peter/ Wolf, Diethart: Das große Mathematik Buch, Bad Schwartau(Neue Auflage), 2005

Meschkowski, Herbert: Meyers Handbuch über die Mathematik, Mann-heim, 1972

Papula, Lothar: Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. Band 2, Braunschweig/Wiesbaden(10. Auflage), 2001

Wygodski, M. Ja.: Höhere Mathematik griffbereit, Braunschweig, 1973

Boyce, W. E. / DiPrima R. C.: Gewöhnliche Differentialgleichungen,Einführung - Aufgaben - Lösungen, Heidelberg, 1995

Bachmann, Heinz: Einführung in die Analysis, Theorie - Aufgaben -Ergebnisse, Inegrieren - Differenzieren II, Zürich(1.Auflage),1975

Barth / Mühlbauer / Nikol / Wörle: Mathematische Formeln und Definitio-nen, München(8.Auflage), 2004

Aufzeichnung des Leistungskurs Biologie Kobler Schuljahr 2005/2007 am 22.06.2006

18

6. Quellenverzeichnis1. Computersimulation dynamischer Systeme dargestellt am Beispiel der

Räuber-Beute-Systeme und anderer Wachstumsmodelle aus der Öko-logie: K. Pommerening, März 1987; aufgerufen am 28.12.2006

2. Walter, Thomas: Mathematische Vorkurs: Vorlesungsnotizen; Kapitel 5: Einfache Differentialgleichungen: TU Darmstadt, 27.11.2006; aufgerufen am 28.12.2006

3. Gewöhnliche Differentialgleichungen: http://de.wikipedia.org/wiki/Gew%C3%B6hnliche_Differentialgleichung; aufgerufen am 12.09.2006 um 14:06 Uhr

4. Differentialgleichungen: http://mathematik.de/mde/information/landkarte/gebiete/differentialgleichungen/differentialgleichungen.html; aufgerufen am 06.01.2007

5. Populationsmodelle: http://ifgivor.uni-muenster.de/vorlesungen/Num_Modellierung/Populat_Modelle/population_einf.html; aufgerufen am 28.12.2006

6. Räuber-Beute-System: http://de.wikipedia.org/wiki/Räuber-Beute-System; aufgerufen am 02. Januar 2007

7. Lotka-Volterra Model: http://www.gypsymoth.ento.vt.edu/~sharov/PopEcol/lec10/lotka.html; aufgerufen am 17.01.2007

8. Numerische Mathematik: http://de.wikipedia.org/wiki/Numerische_Mathematik; aufgerufen am 17.01.2007

19

9. Das Euler-Cauchy-Verfahren für kontinuierliche Systeme: http://www.learn-line.nrw.de/angebote/modell/euler.htm#top; aufgerufen am 17.01.2007

10.Rothen, Silvia: Wo Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagen - Mit Excel ein Räuber-Beute-System simulieren; http://www.ecotronics.ch/ecotron/excLotka.htm und

11.http://www.ecotronics.ch/download/excsimul.zip; aufgerufen am 19.01.2007

12.Determinismus (Algorithmus): http://de.wikipedia.org/wiki/Determinismus_%28Algorithmus%29; aufgerufen am 28.12.2006

13.Grün, Günther: Mathematik in der Biologie, Seite 14; http://www.theobio.uni-bonn.de/studies/files/mathbiogrun.pdf; aufgerufen am 17.01.2007

14.Volterra-Regeln: http://de.wikipedia.org/wiki/Volterra-Regeln; aufgerufen am 18.01.2007

7. Anlagen-CDDie beiliegende CD-ROM enthält alle aufgeführten Quellenangaben in gleicher nummerierter Reihenfolge. Internet-Seiten sind zur besseren An-sicht in das Portable Document Format (.pdf) konvertiert worden.Zusätzlich findet sich auf der CD eine Exel-Datei lotka_volterra.xls, die zur Simulation verwendet wurde. Die Facharbeit ist ebenfalls als PDF auf der CD enthalten.

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8. Erklärung zur FacharbeitHiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst und keine anderen als die ange-gebenen Hilfsmittel verwendet habe. Insbesondere versichere ich, dass ich alle wörtlichen und sinngemäßen Übernahmen aus anderen Werken als solche kenntlich gemacht habe.

............................ den ....................... ................................................... Ort Datum Unterschrift des Schülers

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