FaktenzumRauchen - dkfz.de · Die schweren, oftmals tödlich endenden gesundheitlichen...

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Hintergrund Zigaretten und andere Formen von Tabak machen abhängig: Über die Hälfte der regelmäßigen Raucher ist abhängig 13 . Die Ursache für die Abhängigkeit von Rauchern ist das in der Tabakpflanze enthaltene Nikotin: Es ist der entscheidende Grund dafür, dass ein Mensch weiterraucht. Abhängigkeit wird in der aktuellen internationalen Klassifi- kation von Krankheiten (ICD-10) folgendermaßen beschrie- ben: Es besteht ein starker Wunsch oder sogar Zwang, die Substanz zu konsumieren, wobei die Kontrollfähigkeit im Umgang mit der Substanz vermindert ist. Der Körper ent- wickelt gegenüber der Substanz eine Toleranz, sodass eine immer höhere Dosis zugeführt werden muss, um den gewünschten Effekt zu erreichen. Wird die Substanz nicht zugeführt, kommt es zu Entzugssymptomen. Die Substanz wird konsumiert, obwohl der Konsument über deren schädigende Wirkung Bescheid weiß. Soziale und berufliche Aktivitäten werden zugunsten des Substanzgebrauchs ver- nachlässigt. Dabei müssen im Verlauf des letzten Jahres drei von sechs dieser Kriterien erfüllt gewesen sein, um eine Abhängigkeit zu diagnostizieren 19 . 1. Pharmakologische Wirkung von Nikotin Eine Zigarette enthält bis zu 13 mg Nikotin 7 , wovon beim Rauchen rund ein bis zwei Milligramm pro Zigarette auf- genommen werden 6,9 . Beim Rauchen von 20 Zigaretten pro Tag nimmt ein Raucher insgesamt rund 20 bis 40 mg Nikotin auf 6 . Das Nikotin ist die pharmakologisch wirksame Substanz im Tabak, die im Körper vielfältige Wirkungen hat. Nikotin wird beim Rauchen über die Lunge ins Blut aufgenommen und erreicht innerhalb weniger Sekunden das Gehirn – schneller als bei einer Injektion über die Vene. Zudem wird das inhalierte Nikotin nicht durch Stoffwechselprozesse abgebaut, bevor es das Gehirn erreicht. Bei der Verwendung von Schnupf- und Kautabak sowie von Nikotinersatzprodukten wie Nikotinkaugummi oder Nikotinnasalspray wird das Nikotin über die Mund- oder Nasenschleimhaut aufgenommen und gelangt auf diesem Weg deutlich langsamer ins Blut, erreicht aber letztlich vergleichbar hohe Werte wie beim Rauchen 4 . Nikotin wird in der Leber mit einer Halbwertszeit von bis zu zwei Stunden abgebaut 6,12 . Nikotin bindet im Körper an Nikotinrezeptoren (nikotinerge Acetylcholinrezeptoren) im Gehirn, auf Ganglien des autonomen Nervensystems (das sind Nervenknoten in dem Teil des Nervensystems, das unbewusste Prozesse wie beispielsweise den Herzschlag oder die Verdauung reguliert), im Nebennieren- mark, das die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin produ- ziert, sowie auf motorischen Endplatten (das sind die Verbin- dungsstellen zwischen Nerv und Muskel). Die Wirkung des Nikotins hängt dabei zum Einen von der Dosis ab, zum Anderen aber auch von der individuellen Konstitution des Rauchers. So erhöhen geringe Mengen von Nikotin – wie sie beim Rauchen aufgenommen werden – den Blutdruck und die Herzschlag- frequenz 2 , hohe Dosen hingegen senken den Blutdruck ab und verlangsamen den Herzschlag 2 . Sehr große Mengen Nikotin sind giftig: Rund 50 mg Nikotin (das entspricht rund vier bis fünf Zigaretten) sind – abhängig von der vorhandenen Nikotin- toleranz – beim Verschlucken tödlich 17 , bei Kindern kann bereits eine einzige verschluckte Zigarette zum Tod führen. Das beim Rauchen aufgenommene Nikotin beeinflusst zahlreiche Prozesse im Körper 12,18 (Abb.1): • Es aktiviert das sympathische Nervensystem 2 , das den Körper in Alarmbereitschaft versetzt, indem es durch vermehrte Ausschüttung des Neurotransmitters Noradrenalin unter anderem den Blutdruck und die Herzschlagfrequenz steigert - somit erhöht Rauchen den Blutdruck und die Herzfrequenz. • Es beeinflusst die Nahrungsaufnahme auf zwei Wegen: zum Einen durch eine Zügelung des Appetits und zum Anderen durch eine Steigerung des Ruheenergieverbrauchs. • Es aktiviert die Darmtätigkeit, was zu Durchfällen führen kann. • Es fördert die Sekretion des Hormons Adiuretin, was die Urinproduktion reduziert. • Es fördert die Blutgerinnung und stimuliert die Atmung. • Durch die Erregung von Schmerzrezeptoren erhöht es die Schmerzempfindlichkeit von Rauchern. • Es kann durch Erregung des Brechzentrums Übelkeit und Erbrechen auslösen. Im Gehirn fördert Nikotin die Freisetzung mehrerer Neurotrans- mitter, die verschiedene psychische Effekte auslösen 3 (Abb. 2). Diese Wirkungen des Nikotins auf die psychische Verfassung sind ein entscheidender Grund dafür, dass ein Mensch über- haupt raucht und dass ein Rauchstopp so schwer fällt. Fakten zum Rauchen Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg Nikotin Pharmakologische Wirkung und Entstehung der Abhängigkeit Abbildung 1: Pharmakologische Wirkung von Nikotin. Quellen: Haustein K-O, 2001 12 , Reichl F-X, 1997 18 . Bearbeitung: Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, Stabsstelle Krebspräven- tion, 2008. Dopamin Noradrenalin Acetylcholin Glutamat Serotonin β-Endorphin GABA Wohlgefühl, Belohnung, Unterdrückung des Appetits Wachheit, Unterdrückung des Appetits Wachheit, Förderung der geistigen Leistungsfähigkeit Lernen, Verbesserung des Erinnerungsvermögens Stimmungsregulation, Unterdrückung des Appetits Minderung von Angst und Stress Angst- und spannungslösend Nikotin erhöhte Freisetzung von Neurotransmittern Wirkung von Nikotin im Gehirn ©Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, Stabsstelle Krebsprävention, 2008 Nikotin Abhängigkeit Wachheit oder Entspannung Durchfall erhöhte Herzfrequenz, erhöhtes Schlagvolumen In Abhängigkeit von der Ausgangslage: kortikale Stimulation oder Beeinflussung des limbischen Systems Steigerung der Dopaminübertragung in bestimmten Hirnbereichen Aktivierung des Parasympathikus Aktivierung des Sympathikus Steigerung der Adrenalinausschüttung Fettabbau, Glykogenabbau Verengung der Blutgefäße Freisetzung von Adiuretin Erregung des Brechzentrums Erregung von Druck-, Schmerz- und Temperaturrezeptoren Förderung der Blutgerinnung Gewichtsverlust Blutdruckanstieg erhöhte Herzfrequenz Hemmung der Urinproduktion erhöhte Herzfrequenz Erbrechen erhöhte Schmerzempfindlichkeit erhöhte Thromboseneigung erhöhte Atemfrequenz Wohl- gefühl zwanghaftes Verlangen nach Wiederholung Pharmakologische Wirkung von Nikotin hes Krebsforschungszentrum Heidelberg, Stabsstelle Krebsprävention, 2008 Abbildung 2: Wirkung von Nikotin im Gehirn. Quelle: Benowitz NL, 2008 3 , Bearbeitung: Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, Stabsstelle Krebsprävention, 2008.

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HintergrundZigaretten und andere Formen von Tabak machen abhängig:Über die Hälfte der regelmäßigen Raucher ist abhängig13. DieUrsache für die Abhängigkeit von Rauchern ist das in derTabakpflanze enthaltene Nikotin: Es ist der entscheidendeGrund dafür, dass ein Mensch weiterraucht.Abhängigkeit wird in der aktuellen internationalen Klassifi-kation von Krankheiten (ICD-10) folgendermaßen beschrie-ben: Es besteht ein starker Wunsch oder sogar Zwang, dieSubstanz zu konsumieren, wobei die Kontrollfähigkeit imUmgang mit der Substanz vermindert ist. Der Körper ent-wickelt gegenüber der Substanz eine Toleranz, sodass eineimmer höhere Dosis zugeführt werden muss, um dengewünschten Effekt zu erreichen. Wird die Substanz nichtzugeführt, kommt es zu Entzugssymptomen. Die Substanzwird konsumiert, obwohl der Konsument über derenschädigende Wirkung Bescheid weiß. Soziale und beruflicheAktivitäten werden zugunsten des Substanzgebrauchs ver-nachlässigt. Dabei müssen im Verlauf des letzten Jahres dreivon sechs dieser Kriterien erfüllt gewesen sein, um eineAbhängigkeit zu diagnostizieren19.

1. Pharmakologische Wirkung von NikotinEine Zigarette enthält bis zu 13 mg Nikotin7, wovon beimRauchen rund ein bis zwei Milligramm pro Zigarette auf-genommen werden6,9. Beim Rauchen von 20 Zigaretten pro Tagnimmt ein Raucher insgesamt rund 20 bis 40 mg Nikotin auf6.Das Nikotin ist die pharmakologisch wirksame Substanz im Tabak,die im Körper vielfältige Wirkungen hat.Nikotin wird beim Rauchen über die Lunge ins Blut aufgenommenund erreicht innerhalb weniger Sekunden das Gehirn – schnellerals bei einer Injektion über die Vene. Zudem wird das inhalierteNikotin nicht durch Stoffwechselprozesse abgebaut, bevor es dasGehirn erreicht. Bei der Verwendung von Schnupf- und Kautabaksowie von Nikotinersatzprodukten wie Nikotinkaugummi oderNikotinnasalspray wird das Nikotin über die Mund- oderNasenschleimhaut aufgenommen und gelangt auf diesem Wegdeutlich langsamer ins Blut, erreicht aber letztlich vergleichbarhohe Werte wie beim Rauchen4. Nikotin wird in der Leber miteiner Halbwertszeit von bis zu zwei Stunden abgebaut6,12.

Nikotin bindet im Körper an Nikotinrezeptoren (nikotinergeAcetylcholinrezeptoren) im Gehirn, auf Ganglien des autonomenNervensystems (das sind Nervenknoten in dem Teil desNervensystems, das unbewusste Prozesse wie beispielsweiseden Herzschlag oder die Verdauung reguliert), im Nebennieren-mark, das die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin produ-ziert, sowie auf motorischen Endplatten (das sind die Verbin-dungsstellen zwischen Nerv und Muskel). Die Wirkung desNikotins hängt dabei zum Einen von der Dosis ab, zum Anderenaber auch von der individuellen Konstitution des Rauchers. Soerhöhen geringe Mengen von Nikotin – wie sie beim Rauchenaufgenommen werden – den Blutdruck und die Herzschlag-frequenz2, hohe Dosen hingegen senken den Blutdruck ab undverlangsamen den Herzschlag2. Sehr große Mengen Nikotin sindgiftig: Rund 50 mg Nikotin (das entspricht rund vier bis fünfZigaretten) sind – abhängig von der vorhandenen Nikotin-toleranz – beim Verschlucken tödlich17, bei Kindern kann bereitseine einzige verschluckte Zigarette zum Tod führen.Das beim Rauchen aufgenommene Nikotin beeinflusstzahlreiche Prozesse im Körper12,18 (Abb.1):• Es aktiviert das sympathische Nervensystem2, das den Körper

in Alarmbereitschaft versetzt, indem es durch vermehrteAusschüttung des Neurotransmitters Noradrenalin unteranderem den Blutdruck und die Herzschlagfrequenz steigert -somit erhöht Rauchen den Blutdruck und die Herzfrequenz.

• Es beeinflusst die Nahrungsaufnahme auf zwei Wegen: zumEinen durch eine Zügelung des Appetits und zum Anderendurch eine Steigerung des Ruheenergieverbrauchs.

• Es aktiviert die Darmtätigkeit, was zu Durchfällen führen kann.• Es fördert die Sekretion des Hormons Adiuretin, was die

Urinproduktion reduziert.• Es fördert die Blutgerinnung und stimuliert die Atmung.• Durch die Erregung von Schmerzrezeptoren erhöht es die

Schmerzempfindlichkeit von Rauchern.• Es kann durch Erregung des Brechzentrums Übelkeit und

Erbrechen auslösen.• Im Gehirn fördert Nikotin die Freisetzung mehrerer Neurotrans-

mitter, die verschiedene psychische Effekte auslösen3 (Abb. 2).Diese Wirkungen des Nikotins auf die psychische Verfassungsind ein entscheidender Grund dafür, dass ein Mensch über-haupt raucht und dass ein Rauchstopp so schwer fällt.

Fakten zum RauchenDeutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg

NikotinPharmakologische Wirkung und Entstehung der Abhängigkeit

Abbildung 1: Pharmakologische Wirkung von Nikotin. Quellen:Haustein K-O, 200112, Reichl F-X, 199718. Bearbeitung: DeutschesKrebsforschungszentrum Heidelberg, Stabsstelle Krebspräven-tion, 2008.

Dopamin

Noradrenalin

Acetylcholin

Glutamat

Serotonin

β-Endorphin

GABA

Wohlgefühl, Belohnung,Unterdrückung des Appetits

Wachheit, Unterdrückung des Appetits

Wachheit,Förderung der geistigen Leistungsfähigkeit

Lernen,Verbesserung des Erinnerungsvermögens

Stimmungsregulation,Unterdrückung des Appetits

Minderung von Angst und Stress

Angst- und spannungslösend

Nikotin erhöhte Freisetzungvon Neurotransmittern

Wirkung von Nikotin im Gehirn

© Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, Stabsstelle Krebsprävention, 2008

Nikotin

Abhängigkeit

Wachheit oderEntspannung

Durchfall

erhöhte Herzfrequenz,erhöhtes Schlagvolumen

In Abhängigkeit von der Ausgangslage: kortikaleStimulation oder Beeinflussung des limbischen Systems

Steigerung der Dopaminübertragungin bestimmten Hirnbereichen

Aktivierung des Parasympathikus

Aktivierung des Sympathikus

Steigerung derAdrenalinausschüttung

Fettabbau,Glykogenabbau

Verengung der Blutgefäße

Freisetzung von Adiuretin

Erregung des Brechzentrums

Erregung von Druck-, Schmerz- undTemperaturrezeptoren

Förderung der Blutgerinnung

GewichtsverlustBlutdruckanstiegerhöhte Herzfrequenz

Hemmung der Urinproduktion

erhöhte Herzfrequenz

Erbrechen

erhöhteSchmerzempfindlichkeit

erhöhte Thromboseneigung

erhöhte Atemfrequenz

Wohl-gefühl

zwanghaftesVerlangennach Wiederholung

Pharmakologische Wirkung von Nikotin

hes Krebsforschungszentrum Heidelberg, Stabsstelle Krebsprävention, 2008

Abbildung 2: Wirkung von Nikotin im Gehirn. Quelle: BenowitzNL, 20083, Bearbeitung: Deutsches KrebsforschungszentrumHeidelberg, Stabsstelle Krebsprävention, 2008.

Die schweren, oftmals tödlich endenden gesundheitlichenSchäden, die Rauchen verursachen kann, wie Krebs, Herzinfarkt,Schlaganfall, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD)entstehen nicht durch Nikotin (bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielt es lediglich eine untergeordneteRolle), sondern durch die Vielzahl der giftigen und krebs-erzeugenden Substanzen im Tabakrauch.

Nikotin beeinflusst zahlreiche Prozesse in Körper undGehirn. Die Wirkungen des Nikotins im Gehirn sind ein ent-scheidender Grund dafür, dass ein Mensch überhauptraucht, dass er abhängig werden kann und dass ein Rauch-stopp so schwer fällt.

2. Entstehung der Abhängigkeit

Die Nikotinabhängigkeit entsteht durch das Zusammenspielmehrerer Faktoren und beinhaltet eine physische (körperliche)und eine psychische Komponente. Entscheidend für diephysische Abhängigkeit ist die Wirkung des Nikotins im Gehirn:Es bindet an Nikotinrezeptoren unter anderem auf Dopamin-neuronen im ventralen tegmentalen Areal (VTA; dies ist einHirnbereich, in dem positive Gefühle entstehen) und stimuliertdadurch im Nucleus accumbens (NA), dem Belohnungszentrumdes Gehirns, die Freisetzung von Dopamin11,16. Dieser Vorgangwird zusätzlich unterstützt durch die durch Nikotin bedingteFreisetzung von zwei weiteren Neurotransmittern, GABA(Gamma-Aminobuttersäure) und Glutamat, in diesen Hirn-regionen1,15 (Abb. 3). Der dadurch erhöhte Dopaminspiegel imBelohnungszentrum weckt ein zwingendes Verlangen nachNikotin12 – der erste Schritt in die Abhängigkeit (physischeAbhängigkeit). Das Fatale daran: Der Körper gewöhnt sich andas Nikotin und bildet immer mehr Nikotinrezeptoren, diegesättigt werden wollen. Die Folge: immer größere Mengen anNikotin sind notwendig, um eine Wirkung zu erzielen oder umdie Entzugssymptome zu unterdrücken11.Gleichzeitig zu der durch Nikotin verursachten Dopaminaus-schüttung im Belohnungszentrum stimulieren andere Dopamin-bahnen einen Bereich im präfrontalen Cortex, der an Lern-vorgängen beteiligt ist (Abb. 3). Das Fatale daran: Rauchen wirdmit bestimmten Situationen (beispielsweise der Tasse Kaffee amMorgen, der Zigarette nach dem Essen oder mit Freunden)sowie Handlungen im Zusammenhang mit dem Rauchen (bei-spielsweise das Entnehmen der Zigarette) und Empfindungenbeim Rauchen (beispielsweise Geruch, Geschmack, Gefühl desRauchs im Hals) in Verbindung gebracht5, sodass eine Kondi-tionierung entsteht. Dieser Prozess macht den Ausstieg soschwer, weil allein bestimmte Situationen schon das Verlangennach einer Zigarette hervorrufen können5,11 (psychische Ab-hängigkeit). Daher ist es für die Suchtprävention von außer-ordentlicher Bedeutung, den öffentlichen Raum rauchfrei zumachen: Eine rauchfreie Umgebung hilft dabei, Abstand zu der-artigen Situationen zu schaffen und schließlich die Abhängigkeitzu überwinden.

Nikotin macht körperlich und psychisch abhängig.

3. Entzug

Bekommt ein Raucher längere Zeit kein Nikotin, verlangen dieNikotinrezeptoren nach Sättigung. Dies führt zu Entzugssympto-men wie Reizbarkeit, innerer Unruhe, Angst, schlechterStimmung, Konzentrationsprobleme, verstärktem Hunger undAppetit, Verstopfung und Verlangen nach Tabak3. Diese pharma-kologisch ausgelösten Symptome sind in der ersten Woche nachder letzten Nikotinaufnahme am stärksten ausgeprägt und gehenin den folgenden Wochen und Monaten allmählich zurück14.Diese Symptome können durch die Gabe von Nikotin (überNikotinkaugummi, -pflaster, -tabletten und Nikotin-Nasal-Spray)und gegebenenfalls durch nicht nikotinhaltige Medikamentegelindert werden8.Die psychische Abhängigkeit jedoch, das Verlangen nach einerZigarette, das durch bestimmte Handlungen oder Situationenausgelöst wird, kann noch jahrelang bestehen bleiben und mussdurch eine Änderung von Verhaltensweisen abtrainiert werden16.Voraussetzung für einen Ausstieg aus der Abhängigkeit ist dieBereitschaft des Rauchers, den Tabakkonsum zu beenden. EineTabakentwöhnungstherapie, die im optimalen Fall eine medika-mentöse Behandlung mit einer psychotherapeutischen Maß-nahme kombiniert, erhöht die Erfolgschancen eines Rauchstoppsbeträchtlich8,10.

Die psychische und physische Abhängigkeit machen denAusstieg aus dem Rauchen sehr schwer und führen oftmalszu wiederholten Rückfällen.

NikotinPharmakologische Wirkung und Entstehung der Abhängigkeit

Impressum

© 2008 Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg

Autoren: Dr. Katrin Schaller, Prof. Dr. Anil Batra, Dipl. Psych. Peter Lindinger,Dr. Urmila Nair

Verantwortlich für den Inhalt:Dr. Martina Pötschke-LangerDeutsches Krebsforschungszentrum

Stabsstelle Krebsprävention und WHO-Kollaborationszentrum für TabakkontrolleIm Neuenheimer Feld 28069120 HeidelbergFax: 06221 423020E-mail: [email protected]

Zitierweise:Deutsches Krebsforschungszentrum (Hrsg.):Nikotin. Pharmakologische Wirkung und Entstehung der AbhängigkeitHeidelberg, 2008

Diese Publikation sowie Literaturbelege sind abrufbar im Internet unter: www.tabakkontrolle.de

VTAVTA

NANA

Prä-Prä-frontalerfrontalerCortexCortex Nikotin

Dopamin

GABA

Glutamat

NA = Nucleus accumbens

VTA = ventrales tegmentales Areal© Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, Stabsstelle Krebsprävention, 2008

Wirkung von Nikotin im Gehirn - Entstehung der Abhängigkeit

Abbildung 3: Wirkung von Nikotin im Gehirn – Entstehung derAbhängigkeit.Nikotin bindet an Nikotinrezeptoren im VTA. Dadurch wirdDopamin im NA freigesetzt; dies ist ein entscheidender Schrittbei der Entstehung der Abhängigkeit. Neuronen aus anderenHirnbereichen regulieren mit Hilfe von GABA und Glutamat dieDopaminfreisetzung im NA. Quellen: Laviolette SR et al., 200415,Le Foll B et al., 200716. Bearbeitung: Deutsches Krebsforschungs-zentrum, Stabsstelle Krebsprävention, 2008.