Fall 9 :

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Fall 9: E hat unter dem 15. Dezember 2005 ein Testament mit folgendem Inhalt errichtet: „Ich habe mich mit meiner Frau beraten. Sie soll Erbe sein. Nach ihrem Tod soll das Vermögen mein einziger Verwandter, Cousin C, erhalten.“ F schreibt einen Tag später: „Wie mein Mann das will, so machen wir’s. Wenn ich sterbe, soll mein Mann und nach seinem Tod C alles haben.“ Im Mai 2006 trennen sich die Ehegatten, weil F erfahren hat, daß E jahrelang ein Verhältnis mit seiner Sekretärin hatte. Nach dem Auszug aus der gemeinsamen Ehewohnung schreibt F im Juni 2006 an E, er könne die Scheidung beantragen, die Sache mit seinem Cousin solle er getrost vergessen. E’s Anwalt reicht Anfang April 2007 den Scheidungsantrag ein. Noch vor dessen Zustellung an F stirbt E am 28. April 2007 überraschend. F lernt später den charmanten M kennen, den sie am 2. Januar 2009 heiratet.

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Page 1: Fall 9 :

Fall 9:

E hat unter dem 15. Dezember 2005 ein Testament mit folgendem Inhalt errichtet: „Ich habe mich mit meiner Frau beraten. Sie soll Erbe sein. Nach ihrem Tod soll das Vermögen mein einziger Verwandter, Cousin C, erhalten.“ F schreibt einen Tag später: „Wie mein Mann das will, so machen wir’s. Wenn ich sterbe, soll mein Mann und nach seinem Tod C alles haben.“ Im Mai 2006 trennen sich die Ehegatten, weil F erfahren hat, daß E jahrelang ein Verhältnis mit seiner Sekretärin hatte. Nach dem Auszug aus der gemeinsamen Ehewohnung schreibt F im Juni 2006 an E, er könne die Scheidung beantragen, die Sache mit seinem Cousin solle er getrost vergessen. E’s Anwalt reicht Anfang April 2007 den Scheidungsantrag ein. Noch vor dessen Zustellung an F stirbt E am 28. April 2007 überraschend. F lernt später den charmanten M kennen, den sie am 2. Januar 2009 heiratet.

Muss oder kann F etwas tun, um M wirksam zum Alleinerben einzusetzen?

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15./16. Dez. 05Testamente

Mai 06Trennung

Juni 06Schreiben der F

April 2007Scheidungsantrag

28. April 07E‘s Tod

2. Jan. 09F‘s Wiederheirat

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1. Widerruf?

F müsste gar nichts mehr unternehmen, wenn sie ihre Verfügung zugunsten von C schon wirksam widerrufen hat; dies könnte durch das Schreiben vom Juni 2006 geschehen sein, das sich als Widerrufstestament oder als Erklärung unter Lebenden verstehen lässt;

schon zu Lebzeiten von E war ein Widerruf aber nur durch notarielle Erklärung nach §§ 2271 Abs. 1 Satz 2, 2296 Abs. 2 möglich, wenn E und F ein gemeinsames Testament errichtet haben und die Verfügung zugunsten von C wechselbezüglich ist; die Gemeinschaftlichkeit ergibt sich aus dem Errichtungszusammenhang: es sind zwar getrennte Urkunden; diese lassen jedoch einen gemeinsamen Entschluß deutlich werden; der Wechselbezug für die Verfügung zugunsten von C folgt aus der Vermutung nach § 2270 Abs. 2

2. Anfechtung

F könnte ihre Verfügung zugunsten von C angefochten haben; eine Eigenanfechtung ist beim gemeinschaftlichen Testament ausnahmsweise nach dem Vorbild der Bestimmungen über den Erbvertrag (§§ 2281ff.) möglich; F hatte mit der Entdeckung des Verhältnisses zwischen E und seiner Sekretärin einen Anfechtungsgrund nach § 2078 Abs. 2 und die Anfechtung gemäß § 2283 auch binnen Jahresfrist erklärt; ihr Schreiben vom Juni 2006 erfüllt aber nicht Voraussetzungen einer Anfechtungserklärung nach § 2282 Abs. 3

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3. Neues Testament?

F könnte einfach neues Testament errichten, das nach § 2258 Abs. 1 das alte Testament aufhebt; entgegen steht jedoch § 2271 Abs. 2 Satz 1, wenn das gemeinschaftliche Testament gültig geblieben ist

Zweifel an seiner Wirksamkeit weckt die geplante Eheauflösung, die nach § 2268 Abs. 1 iVm § 2077 Abs. 1 Satz 3 zur Ungültigkeit der Verfügungen geführt haben könnte: E hat bereits einen Scheidungsantrag gestellt, dessen Zustellung nicht erforderlich ist, um das Testament seiner Wirksamkeit zu berauben; liegen aber auch Voraussetzungen der Scheidung vor? ein Scheitern der Ehe (§ 1565 Abs. 1) wird auch bei Zustimmung des Ehegatten erst nach einjähriger Trennung vermutet, § 1566 Abs. 1

4. Neue Anfechtung?wegen des Verhältnisses zwischen E und seiner Sekretärin ist jetzt keine Anfechtung mehr möglich, weil die Jahresfrist verstrichen ist; mit der Wiederheirat der F ist aber gemäß § 2079 ein neuer Anfechtungsgrund der F eingetreten, weil sie so nach § 2303 Abs. 2 einen neuen Pflichtteilsberechtigten gewonnen hat

mit der Anfechtung der F fällt gemäß § 2270 Abs. 1 auch E‘s Verfügung weg: F ist aber seine gesetzliche Alleinerbin gemäß § 1931 Abs. 2