Familienunternehmenund Informationsmanagement Von Prof. Dr. Susanne Meyer.

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Familienunternehmen und Informationsmanagement Von Prof. Dr. Susanne Meyer

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Familienunternehmen und Informationsmanagement

Von Prof. Dr. Susanne Meyer

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Ausgangsfall

Vorstandsmitglied

Vorstandsmitglied

ProkuristProdukt-manager

Verkäufer Käufer

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Arglist und Vertragsbestand

§ 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung

Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung … bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

§ 444 Haftungsausschluss

Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen … hat.

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Was ist Arglist?

Juristischer Begriff der Arglist:

Absichtliches (wissentliches und willentliches) Hervorrufen oder Aufrechterhalten eines Irrtums

Wikipedia – Eintrag:

Im allgemeinen Sprachgebrauch meint Arglist eine absichtliche, boshafte Hinterlist. Sie wird oft als hinterhältige Handlung zum Nachteil Anderer verstanden. In jedem Falle erscheinen derartige Handlungen stets aus niederen Beweggründen motiviert und daher auch moralisch verwerflich.

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Wann hat ein Unternehmen Kenntnis?

Drei Lösungswege

und Folgen für die Unternehmenspraxis

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Wissenszurechnung mit Organtheorie

Vorstandsmitglied

Vorstandsmitglied

ProkuristProdukt-manager

Organtheorie: Das Handelnund Wissen von Organmitgliedern wird automatisch der juristischen Person zugerechnet

Unabhängig vom Han-deln beim konkreten Rechtsgeschäft

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Schwächen der Organtheorie

„ewiges Wissen“

Auch ausgeschiedene und sogar verstorbene Organmitglieder werden zugerechnet,

keine zeitliche Begrenzung

BGH, VIII Senat: Überprüfung denkbar (aber noch nicht erfolgt)

Keine Lösung für Personen, die nicht Organmitglied sind

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Wissensvertreter

§ 166 Willensmängel; Wissenszurechnung

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

Erweiterte Auslegung : Wissensvertreter

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Wissensvertreter

Vorstandsmitglied

Vorstandsmitglied

ProkuristProdukt-manager

Wissensvertreter: Eigenständig für die Gesellschaft tätigdamit betraut, Informationen für den Geschäftsherrn entgegenzunehmen

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„Weisungstheorie“

§ 166 Willensmängel; Wissenszurechnung

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. …

Erweiterte Auslegung : Weisungstheorie, gespaltene Arglist

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Weisungstheorie, „gespaltene Arglist“

Vorstandsmitglied

Vorstandsmitglied

ProkuristProdukt-manager

Weisungstheorie: Kennt ein Vertreter einen wesentlichen Umstand und den bevorstehendenVertragsschluss, wird sein Nichteingreifenals Wissen zugerechnet

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Grenzen

Vertretungsmacht bzw. konkrete Betrauung mit Informationsentgegennahme erforderlich

Beweislastfragen!

Interessenausgleich: Organisationsmängel würden zu Lasten des Vertragspartners gehen

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Wertende Gesichtspunkte des BGH

Seit etwa 1996: - Abkehr von dogmatischer Einordnung, „Wertende Gesichtspunkte“

Leitbild: - Vertrauensschutz für Vertragspartner- Gleichstellungshypothese

Inhalt: - Wo der Verband die Verantwortung für das Beschaffen und Weitergeben von Wissen

hat, wird es zugerechnet unabhängig von konkreter Kenntnis

- Schlagwort: „Aktenmäßig festzuhaltendes Wissen“

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Wertende Gesichtspunkte

Vorstandsmitglied

Vorstandsmitglied

Produkt-manager

Wertungskriterium: Aktenmäßig festzuhaltendesWissenOrganisationspflicht-verletzung alsZurechnungsgrund

Prokurist

Ausge-schiedene Vorstände

Praktikant

Ausge-schiedene Mitarbeiter

Telefon-zentrale

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Konsequenzen der wertenden Betrachtung

Haftungsbegrenzend Stellt auf Art des Wissens ab Dadurch kann auch Zurechnung des Wissens von Organen oder

Wissensvertretern begrenzt werden, wenn nicht aktenmäßig festzuhalten (Bsp: privat erlangtes Wissen)

Keine Zurechnung bei Einhaltung der Wissensorganisationspflicht!

Haftungserweiternd Unabhängig von der Person des Wissensträgers Sogar dann, wenn niemand diese Information erlangt hat

Gleichstellungsargument? Arglist im Verband unabhängig von einer persönlichen

Verantwortlichkeit oder absichtlichem Handeln

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Folgen für die Unternehmensorganisation

Organisationspflicht:

Interne Kommunikation institutionalisieren- Anweisung zu Erlangung, Weitergabe und Speicherung von Informationen- Auch zwischen verschiedenen Filialen oder Niederlassungen

Beweisbarer Beleg von Informationsmanagementstrukturen - Arbeitsanweisung verfassen und verteilen

Vertragsschluss

Verkäufer-Due-Diligence erwägen

Im Vertrag: - Gewährleistungsrecht durch Garantien ersetzen (dann gilt § 444 evtl. nicht)- Weiche Garantien vereinbaren (… nach bestem Wissen…)- Dokumente als bekannt vereinbaren- Wissensträger abschließend aufzählen