Öffentliche Vorsorge im grenzüberschreitenden Artenschutz · Weltweite Verbreitung des Wolfes...

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Dungler, H. 2006. Oeffentliche Vorsorge im grenzüberschreitenden Artenschutz - Rahmenbedingungen für ein mögliches Auftreten des Wolfes (Canis lupus) in Österreich. Report: 1-35. Im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, 2006. Keywords: 8AT/Canis lupus/cooperation/distribution/immigration/legislation/Malme/management/ recolonization/recovery/research/status/wolf Abstract: Wolves, Bears and Lynx have been extinguished in Austria. Bears and lynx came back successfully. Wolves recovered in several countries of central Europe. A return to Austria is probably. The project is done for the public awareness of a possible recovery of wolves to Austria. Basic conditions for wolves management and international cooperation of species protection is necessary. Possible habitats and migration routes lead to the formulation of problems for science, law and insurance. Demands for a wolf management are shown by the example of some Austrian neighbour countries.

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Dungler, H. 2006. Oeffentliche Vorsorge im grenzüberschreitenden Artenschutz - Rahmenbedingungen für ein mögliches Auftreten des Wolfes (Canis lupus) in Österreich. Report: 1-35. Im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, 2006.

Keywords: 8AT/Canis lupus/cooperation/distribution/immigration/legislation/Malme/management/ recolonization/recovery/research/status/wolf

Abstract: Wolves, Bears and Lynx have been extinguished in Austria. Bears and lynx came back successfully. Wolves recovered in several countries of central Europe. A return to Austria is probably. The project is done for the public awareness of a possible recovery of wolves to Austria. Basic conditions for wolves management and international cooperation of species protection is necessary. Possible habitats and migration routes lead to the formulation of problems for science, law and insurance. Demands for a wolf management are shown by the example of some Austrian neighbour countries.

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Öffentliche Vorsorge im grenzüberschreitenden Artenschutz

Rahmenbedingungen für ein mögliches Auftreten des Wolfes

(Canis lupus) in Österreich

Mag. Dr. Heinz Dungler

Im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft,

Umwelt und Wasserwirtschaft, 2006

Wolf (Canis lupus) (Foto: Dungler)

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Inhalt

1. Einleitung und Zielsetzung................................................................................ 3 1.1. „Steckbrief“ Wolfsbiologie ........................................................................ 5

2. Verbreitung des Wolfes in Österreich............................................................... 6 2.1. Die Alpen ................................................................................................... 7 2.2. Mühlviertel, Waldviertel, Donau – March - Thaya Raum......................... 7 2.3. Österreichs Nationalparks als möglicher Lebensraum für Wölfe.............. 8

3. Mögliche Zuwanderung aus den Nachbarländern ............................................ 9 3.1. Aus dem Balkan in die Alpen .................................................................. 12 3.2. Aus den Karpaten nach Österreich........................................................... 12 3.3. Über Italien, Frankreich und die Schweiz nach Westösterreich .............. 13

4. Rechtliche Aspekte und Versicherung ............................................................ 14 4.1. Voraussetzungen im internationalen Artenschutz.................................... 14 4.2. Versicherung von Wolfsschäden.............................................................. 16

5. Wissenschaftliche Aufgaben ........................................................................... 16 5.1. Grenzüberschreitender wissenschaftlicher Erfahrungsaustausch ............ 16 5.2. Lebensraumeignung und Konfliktanalyse................................................ 17

6. Anforderungen an ein Wolfsmanagement ...................................................... 18 6.1. „Rasterfahndung“ ..................................................................................... 19 6.2. Wolf, Sport und Tourismus...................................................................... 20 6.3. Wolf und Landwirtschaft ......................................................................... 22 6.4. Wolf und Jagd .......................................................................................... 22 6.5. Öffentlichkeitsarbeit................................................................................. 23 6.6. Organisationsstruktur und „Expertenworkshop“ ..................................... 24

7. Beispiele aus dem Wolfsmanagement ausgewählter Staaten ......................... 25 7.1. Schweiz .................................................................................................... 25 7.2. Slowenien ................................................................................................. 29 7.3. Slowakei ................................................................................................... 29 7.4. Erfahrungen aus Nordamerika ................................................................. 30

6. Zusammenfassung ........................................................................................... 34 7. Summary ......................................................................................................... 34 8. Literatur ........................................................................................................... 35

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1. Einleitung und Zielsetzung

„In der Geschichte der Beziehung zwischen Mensch und Wolf hat sich eine neue

Epoche angebahnt. Seit nicht allzu langer Zeit werden wir uns dessen bewusst,

was wir durch die Ausrottung so vieler wilder Wesen verloren haben. Wie ein

indianischer Älterer es formuliert: If the beasts are gone we will die of

loneliness of spirit (Kirschmann in Askani 2004).”

Die faszinierende Wildnis im kulturell reich bestückten Österreich stellt das

moderne Naturschutzmanagement vor große Aufgaben. Kein Land

Mitteleuropas hat pro Fläche und Einwohner eine derart hohe Artenvielfalt und

damit auch eine derart hohe Verantwortung. Dass Österreich dieser

Verantwortung gerecht wird, zeigen erste Erfolge bei ehemals ausgestorbenen

großen Carnivoren. So sind Braunbär (Ursus arctos) und Luchs (Lynx lynx)

erfolgreich in Österreichs Wildnis zurückgekehrt. In jüngster Zeit zeigt auch der

Wolf (Canis lupus) verstärkt Rückkehrtendenzen. Es wird sich zeigen ob auch er

in seiner alten Heimat erfolgreich ist. Die innovativ dynamischen Wege im

modernen österreichischen Artenschutz bieten jedenfalls geeignete

Rahmenbedingungen.

Heute leben Wölfe in weiten Teilen Nordamerikas, im gesamten mittleren und

nördlichen Asien sowie in mehreren isolierten Gebieten Europas (Promberger,

Roche 2002).

In Österreich zeugen zahlreiche Flur- und Hausnamen von den einstigen

Vorkommen. Die letzte bekannte Population befand sich im steirischen

Wechselgebiet. Sie erlosch 1882 (Zedrosser, 1995) durch massive Verfolgung.

Seit damals ist der Wolf ein seltenes Wechselwild in Österreichs Wäldern

geblieben. Eine feste Population in Form von sich reproduzierenden Rudeln

konnte sich bisher (2006) nicht wieder etablieren.

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In vielen Nachbarländern Österreichs befinden sich feste Wolfspopulationen, die

sich teilweise wieder ausbreiten. Da Wölfe überaus mobile und

anpassungsfähige Tiere sind und in Österreich geeignete Lebensräume zur

Verfügung stehen, ist damit zu rechnen, dass vermehrt Wölfe auftreten und sich

sogar feste Populationen bilden könnten.

Österreich hat im gegebenen Fall nicht nur für sich selbst Verantwortung zu

tragen. Unser Land ist auch für die Zusammenführung der derzeit noch

getrennten mittel- und südeuropäischen Wolfspopulationen von herausragender

Bedeutung. Nur kurze Distanzen trennen die einzelnen Populationen

voneinander. Ein Aufeinandertreffen würde genetischen Austausch und damit

die Fitness der einzelnen Populationen unterstützen. Damit ist die internationale

Bedeutung Österreichs für den Wolfsschutz nochmals unterstrichen. Ob eine

Wiederbesiedelung Erfolg zeigt, wird nach dem WWF (1999) wesentlich von

der Einstellung der Bevölkerung abhängen.

Ziel des Österreichischen Wolfsprojekts ist es, sich für ein mögliches Auftreten

von Wölfen best möglich vorzubereiten. Öffentliche Vorsorge soll dafür

geeignete Rahmenbedingungen schaffen. Grenzüberschreitende

Zusammenarbeit wird dafür notwendig sein.

Weltweite Verbreitung des Wolfes (Kora 2005)

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1.1. „Steckbrief“ Wolfsbiologie

Der Wolf und seine Biologie sind, soweit erforscht, gut dokumentiert. Daher

werden in dieser Arbeit nur einige für Österreich wichtigen Details in Kurzform

(„Steckbrief“) skizziert.

Art: Wissenschaftlicher Name Canis lupus; es gibt mehr als ein Dutzend

Unterarten, die sich durch Größe und Farbe unterscheiden.

Merkmale: In Europa einheitlich graubraun. In Nordamerika zu etwa 50%

schwarz. Canis lupus arctos, im hohen Norden Kanadas zuhause, ist völlig

weiß. Gewicht: Durchschnittsgewicht schwankt zwischen 20 kg (Arabien) und

45 kg (Alaska).

Verbreitung: Früher fast auf der gesamten Nordhalbkugel verbreitet, heute in

vielen Gebieten ausgerottet. Neben der nördlichen Hälfte Nordamerikas heute

noch im gesamten mittleren und nördlichen Asien und in mehreren isolierten

Gebieten in Europa. Über die Situation der Wölfe in Österreich und Europa wird

im Weiteren genauer berichtet.

Mobilität: Streifzüge mit 20 km und mehr pro Nacht. Im lockeren Trab mit

ungefähr 10 km/h, bei der Verfolgung von Beutetieren kurzzeitig über 50 km/h

schnell. Haben die Wölfe ihre Beutetiere nach wenigen hundert Metern nicht

eingeholt, geben sie schnell auf.

Rudel: Familienverbände aus meist fünf bis zehn Tieren (in Europa aus zwei bis

sechs), in der Regel Elterntiere mit ihren Welpen und den Welpen des

Vorjahres. Besteht die Hauptnahrung aus großen Beutetieren wie Elch oder

Bison, kann ein Rudel auch bis zu zwanzig Wölfe groß sein.

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Dichte: In Ländern mit gesunden Wolfsbeständen schwankt die Wolfsdichte je

nach Nahrungsangebot zwischen drei und vierzig Wölfen auf einer Fläche von

1000 qkm. Zum Vergleich: In den bayrischen Voralpen gibt es auf derselben

Fläche im Durchschnitt 20000 Rehe.

Lebenserwartung: Zoowölfe werden oft über zehn Jahre alt. In freier Wildbahn

aber sterben die meisten Wölfe bereits in den ersten zwei Lebensjahren. Nur

etwa 5% der frei lebenden Wölfe werden älter als sechs Jahre.

Fortpflanzung: Die Paarung findet je nach den klimatischen Bedingungen

zwischen Februar und April statt. In einem Rudel werden jedes Jahr in der

Regel vier bis sechs Welpen geboren. Nach einer Tragezeit von 62 bis 64 Tagen

kommen sie meist in einer Höhle zur Welt.

2. Verbreitung des Wolfes in Österreich

Der Wolf ist ein traditionelles Element der Wildtierfauna Österreichs. Durch

intensive Verfolgung erlosch das letzte Vorkommen 1882 im steirischen

Wechselgebiet. Seit damals ist der Wolf in Österreich als seltenes Wechselwild

mit größeren und kleineren Pausen „ständig“ (Spitzenberger 2001) vorhanden.

Eine feste, sich reproduzierende Population konnte seit 1882 nicht mehr

nachgewiesen werden. Die Gründe dafür sind vielfältig, denn aus

wissenschaftlicher Sicht ist sowohl Lebensraum als auch Nahrung für eine feste

Population von Wölfen gegeben.

In Österreich sind die Verbreitungsgebiete der Karpatenpopulation, der

Balkanpopulation und der apenninisch-südwestalpinen Population so nahe

beisammen wie nirgends sonst. Der erneute Zusammenschluss der Populationen

ist aus heutiger Sicht ein wesentlicher Beitrag im internationalen Artenschutz.

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Auf diese Tatsache weist auch Wolfgang Scherzinger im Nationalpark

Bayrischer Wald hin indem er sagt: „Tatsächlich breiten sich diese Carnivoren

stetig in Mitteleuropa aus. Österreich liegt am Schnittpunkt der Wolfsrouten aus

Italien (Abruzzenwölfe sind bereits in Spanien und der Schweiz angekommen),

aus der Schweiz und aus dem Böhmerwald. Im Bayerischen/Böhmerwald sind

bisher nur einzelne Männchen (Pioniere) bestätigt.“ (Scherzinger, mündlich

2006).

2.1. Die Alpen

Bis 1973 kommen regelmäßig Einwanderer in die Steiermark und wandern von

dort gelegentlich nach Kärnten und Osttirol. Auch das jüngste, dokumentierte

Vorkommen tritt im steirischen - kärntnerischen Grenzgebiet auf.

Nach mehreren Sichtungen eines Wolfes seit April 2005 gelingt am 13. Juni

2005 (Der Anblick 8, 2005) ein Foto eines Exemplars. Eigene Nachforschungen

(25.-27.8.2005) bringen weitere Hinweise. So erzählt die Sennerin der St.

Martiner Hütte im Gespräch von mehreren Wolfssichtungen durch Jäger in

ihrem Almgebiet. Frau Rabensteiner, die Inhaberin der Stoanahütte, berichtet

von einer persönlichen Sichtung des Wolfes am 15.7.2005 um 11:00. Das

Exemplar wird von ihr etwa 50-80m oberhalb der Hütte bei einer Mutterkuh mit

drei Tage altem Kalb längere Zeit beobachtet. Weiters soll er im August auf der

Rohrerhütte 2 Schafe gerissen haben. Ein zweites aktuelles Wolfsvorkommen

wird im niederösterreichisch - steirischen Grenzgebiet vermutet.

2.2. Mühlviertel, Waldviertel, Donau – March - Thaya Raum

Im Mühl- und Waldviertel tritt der Wolf immer wieder als seltenes Wechselwild

auf. Auf Österreichischer Seite des Dreiländerecks Böhmerwald / Bayrischer

Wald werden im Zeitraum 1990 - 2004 10 Beobachtungen registriert. Ein

männliches Exemplar wird am 30.1.1996 in Niederkappel, Bezirk Rohrbach

geschossen. Bedauerlicher Weise liegen von diesem Exemplar keine

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wildbiologischen Untersuchungsdaten vor, sodass man z.B. auch seine Herkunft

nicht bestimmen kann.

2.3. Österreichs Nationalparks als möglicher Lebensraum für Wölfe

Österreich sieht sich im Schulterschluss mit dem IUCN-Weltnaturschutz-

Programm, das alle wichtigen Ökosysteme der Erde gesichert wissen will –

durch exemplarischen Schutz (Lebensministerium 2006). Mit der Philosophie

der Nationalparks Austria ist gewährleistet, dass es in Österreich wieder

mögliche Lebensräume für Wölfe geben wird. Die Nationalparks verstehen sich

als Refugien und Rückzugsgebiete von denen ein starker Akzent für die Zukunft

österreichischer Wölfe ausgehen wird. Zusätzlich sind die Nationalparks

Thayatal, Donau Auen und Neusiedlersee Seewinkel mögliche Wanderkorridore

zwischen Österreich und seinen östlichen Nachbarstaaten.

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Die Österreichischen Nationalparks im Überblick (1 Hohe Tauern; 2 Kalkalpen; 3 Neusiedler See – Seewinkel; 4

Donau Auen; 5 Thayatal; 6 Gesäuse).

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3. Mögliche Zuwanderung aus den Nachbarländern

Österreich ist von Ländern mit festen Wolfspopulationen umgeben. Eine

Zuwanderung ist aus unterschiedlichsten Richtungen möglich. Verbesserte

Maßnahmen im europäischen Arten- und Lebensraumschutz und ein modernes

Wildtiermanagement, sowie steigendes Wissen und Akzeptanz der Menschen

sind Gründe für eine mögliche Ausbreitung vitaler Wolfspopulationen.

Individuenzahl, Tendenz von Populationswachstum oder -rückgang sowie die

Abundanz von Wölfen sind Kenngrößen für erfolgreiche Schutzmaßnahmen.

Die Verbreitungskarten zeigen die Wichtigkeit Österreichs für die

zentraleuropäische Gesamtpopulation. Mögliche Einwandergebiete sind von den

Wanderbewegungen in diesen Populationen abhängig.

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Land Anzahl Wölfe Tendenz Verbreitungsgebiet

Norwegen 5 - 10 zunehmend Schweden 40 - 50 zunehmend 50'000 km2

Finnland 120 stabil Deutschland > 5 stabil Frankreich 50 zunehmend 1'000 km2

Schweiz 1 ? - Österreich - - Italien 400 - 500 zunehmend 25'000 km2

Spanien 2'000 zunehmend 100'000 km2

Portugal 300 - 400 stabil 18'000 km2

Estland ? stabil Lettland ? stabil Litauen 400 stabil Polen 600 - 700 abnehmend Tschechien 5 - 10 zunehmend Slowakei 400 zunehmend Moldavien ? ? Rumänien 2'500 stabil Ungarn < 50 stabil Slowenien 30 - 50 zunehmend Kroatien 50 - 100 stabil Bosnien-Herzegovina < 400 ?

Serbien ? ? Albanien 250 - 1'000 abnehmend Mazedonien 500 - < 1'000 zunehmend Bulgarien 800 - 1'000 abnehmend Griechenland 150 - 300 abnehmend Türkei ? stabil Moldavien ? ? Ukraine ? ? Weissrussland ? stabil

Russland 30'000 - 100'000 ?

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Verbreitung der Wölfe in Europa: Infodienst Wildbiologie Schweiz

http://www.wild.unizh.ch/wolf/d/wp_ew_d3.htm (nach Luigi Boitani 1999)

Einschätzung möglicher Einwanderrouten und geeigneter Lebensräume des Wolfes, WWF 1999.

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3.1. Aus dem Balkan in die Alpen

Die in die Steiermark, nach Kärnten und Osttirol einwandernden Wölfe kommen

vorwiegend aus der Balkanpopulation (Spitzenberger 2001). Nach Euronatur

(2005) wandern Wölfe wieder von Kroatien nach Slowenien. Bisher

durchstreifen sie jedoch fast nur den Süden Sloweniens, obwohl sie im Norden

in den Julischen Alpen einen idealen Lebensraum vorfinden würden. Nach

Einschätzung italienischer Wolfspezialisten bietet der gesamte Südostalpenraum

hervorragende Lebensbedingungen für Wölfe. Von dort aus wäre auch die

Besiedelung der nördlichen Alpen möglich.

3.2. Aus den Karpaten nach Österreich

Grenzüberschreitende Studien im Dreiländereck des Böhmerwaldes ergeben,

dass Mühl- und Waldviertel mögliche Einwandergebiete für Wölfe sind. Im

Dreiländereck befindet sich auf deutscher Seite der Nationalpark Bayrischer

Wald und auf Tschechischer der Sumava Nationalpark. Die Wölfe dieses

Gebietes stehen nach Bufka et al. (2005) mit der noch vitalen Population der

Westslowakei in Verbindung. Derzeit ist eine Zunahme von

Wolfsbeobachtungen im Böhmerwald zu erkennen, die möglicherweise mit der

Zunahme in der Karpatenpopulation zusammenhängt.

Österreich Dreiländereck gesamt

Zeitraum gesamt geschossen gesamt geschossen

1940-1975 6 4 7 4

1976-1989 1 1 41 16

1990-2004 10 1 124 7

gesamt 17 6 172 27

Anzahl von Wolfsbeobachtungen im Dreiländereck Bayern, Tschechien, Österreich (Böhmerwald/Bayrischer

Wald) (nach Bufka et al. 2005) 12

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Da Wölfe gute Schwimmer sind und nach Okarma (1997) sogar im Winter nach

Beute schwimmen, wenn diese im Wasser Schutz sucht, sind Flüsse wie Donau,

March und Thaya nicht als Hindernisse anzusehen. Die Waldgebiete an der

Grenze zu Tschechien und der Slowakei sind mögliche Einwanderkorridore.

Schutzgebieten wie dem Nationalpark Donau Auen, dem Nationalpark Thayatal

oder den March - Thaya Auen kommen besondere Bedeutung zu.

3.3. Über Italien, Frankreich und die Schweiz nach Westösterreich

Die apenninisch - südwestalpine Population ist vital und in Ausdehnung

begriffen. Gründe dafür sind nach KORA (2005) die Ausdehnung der Wälder,

der Anstieg der Beutetierpopulationen, Landflucht und die Unterschutzstellung

wertvoller Naturgebiete. Neue Gebiete im Piemont und in den Alpen werden

von Wölfen besiedelt. 1995 taucht der Wolf im Gebiet des Großen St. Bernhard

Passes (Schweiz / Italien) und im Gebiet um Sestriere (Frankreich) auf. 1992

kann man die ersten Wölfe im Nationalpark Mercantour nachweisen. Bald

darauf erscheinen Wölfe auch in der Nähe von Grönoble. In der Haute-

Maurienne (Frejus) ist die Anwesenheit des Wolfes seit 1997 bestätigt. Bald

darauf taucht er wieder im Gebiet von Grönoble auf. 1998 wird er in der

Gemeinde von Val d´Isere beobachtet. Inzwischen hat sich im Nationalparc

Mercantour eine feste Population gebildet und auch in der Schweiz mehren sich

die Nachweise. Genetische Proben von mehreren Exemplaren weisen deren

italienische Herkunft nach. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit fester,

reproduzierender Wolfspopulationen beträgt nach KORA (2005) bisher 22,8

km/Jahr.

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Apenninisch - südwestalpine Population (KORA 2005)

4. Rechtliche Aspekte und Versicherung

4.1. Voraussetzungen im internationalen Artenschutz

In der Konvention von Bern (Übereinkommen 19.11.1979) über die Erhaltung

der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen

Lebensräume ist der Wolf im Anhang II (streng geschützte Tierarten) gelistet.

Das ständige Komitee des Berner Artenschutzabkommens hat 1989 eine

Empfehlung zum Schutz des Wolfes in Europa zusammen mit einem von der

Wolfs Spezialist Group der IUCN verfassten Manifest und Richtlinien über den

Schutz des Wolfes herausgegeben. Bei einem Seminar im Oktober 1998 im

Nizke Tatry Nationalpark in der Slowakei wurde ein Aktionsplan für den Schutz

des Wolfes in Europa verabschiedet. 1993 gründete die Europäische Gruppe der

IUCN Wolf Specialist Group das European Wolf Network.

In der „Convention on International Trade in Endangered Species of the Wild

Fauna and Flora (CITES 3.3.1973)” ist der Wolf für Europa in Anhang 2

(potentiell gefährdete Arten) gelistet.

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In der EU FFH Richtlinie (Anhang IV) ist der Wolf als streng zu schützende

Tierart von gemeinschaftlichem Interesse gelistet. Teile der spanischen und

griechischen Population gelten als streng geschützte, prioritäre Art nach Anhang

II.

Österreich hat die Verpflichtung die von ihm anerkannten internationalen

Vorgaben im Artenschutz national umzusetzen. Durch die föderalistische

Struktur Österreichs unterliegen Legislative und vor allem Exekutive für

Naturschutz und Jagd den Bundesländern. Daraus resultiert, dass der Wolf in

den einzelnen Bundesländern zwar ähnlichen Schutz genießt, jedoch

bundeslandspezifische Unterschiede zu berücksichtigen sind. In Wien untersteht

der Wolf dem Naturschutzgesetz und ist darin als streng geschützte Art gelistet.

In den weiteren Bundesländern untersteht er den jeweiligen Jagdgesetzen. In

allen Jagdgesetzen gilt er als ganzjährig geschontes Wild. Die

Ausnahmeregelungen zur Aufhebung der ganzjährigen Schonung sind von

Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Auszüge aus den jeweiligen

Landesgesetzen siehe Anhang.

Österreichs ist mit seiner besonderen geografischen Lage für die genetische

Fitness der europäischen Wolfsbestände von besonderer Bedeutung. Dies

erfordert große Verantwortung im international vernetzten Artenschutz. Im

Gegensatz zu Ländern mit bestehenden Populationen muss Österreich vor allem

Vorsorge tragen, dass die Möglichkeit zur Bildung einer sich reproduzierenden

Population geschaffen wird. Dazu ist eine Mindestpopulationsgröße zu

definieren. Bevor diese nicht erreicht ist, muss höchster Schutz gewährleistet

sein. Das erfordert die unbedingte Einhaltung des höchstmöglichen Schutzstatus.

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4.2. Versicherung von Wolfsschäden

Nach Auskunft der Zentralstelle Österreichischer Landesjagdverbände

(9.12.2005) sind Wolf-Schäden in ganz Österreich derzeit nicht versichert.

Ausgenommen ist Salzburg. Hier ist ein Fonds der Salzburger Landesregierung

für solche Schäden vorhanden. Anders ist das beim Bären und beim Luchs, wo

die Jagdverbände in den meisten Bundesländern ein Versicherungsmodell oder

ein Fonds-Modell haben.

Es ist daher anzustreben in ganz Österreich ein Versicherungs- bzw. Fondmodell

für Wolfsschäden einzuführen.

5. Wissenschaftliche Aufgaben

5.1. Grenzüberschreitender wissenschaftlicher Erfahrungsaustausch

Wissenschaftliche Daten aus den umliegenden Nachbarstaaten sind die

Vorbereitung für ein fundiertes Wolfsmanagement in Österreich. Sie geben

Aufschluss über Ökologie und Wanderbewegungen der Wölfe. Die

grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist besonders wichtig, da Wölfe, mehr als

z.B. Bär und Luchs, ständig wandern und rasch, sehr weite Strecken

zurücklegen.

Aus derzeitiger Sicht sollen folgende Fragestellungen bearbeitet werden:

• Wo gibt es Wölfe, die sich eventuell auf Österreich ausbreiten könnten?

• Welche ökologischen Strukturen nutzen die Wölfe im Nachbarland?

• Welche Wanderbewegungen zeigen die Wölfe?

• Welche Formen des Wolfsmanagement haben sich in den Nachbarländern

bewährt?

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Für Österreich selbst ergeben sich zahlreiche Themenbereiche wie etwa die

Fragestellungen die im Folgenden zitiert werden. Bei all diesen Themen kann

man Österreich nicht als isolierten Bereich sehen. Vielmehr ist es notwendig,

internationale Erfahrungen auf Österreich zu übertragen:

• Wie viele Wölfe leben in Österreich?

• Wo leben Wölfe in Österreich?

• Welches Verhalten zeigen Wölfe in Österreich?

• Welche Schäden verursachen Wölfe in Österreich?

• Welche Form von Schutz und Management ist für Österreich denkbar?

• Welcher Wissensstand über Wölfe kann von der Österreichischen

Bevölkerung vorausgesetzt werden?

• Wo liegen Informationsdefizite?

• Mit welchen Methoden können Informationsdefizite ausgeglichen werden?

5.2. Lebensraumeignung und Konfliktanalyse

Die Kenntnis möglicher für Wölfe geeigneter Lebensräume und

Nahrungsressourcen ist ebenso notwendig wie die Kenntnis möglicher Konflikte

mit menschlichen Interessen. Sie sind Grundlage für ein, im gegebenen Fall,

notwendiges Wolfsmanagement. Da in Österreich keine feste Population von

Wölfen besteht, werden Lebensraumeignung und Konfliktanalyse von

internationalen Erfahrungswerten abhängig sein. Aufbauend auf diese

Erfahrungswerte können in Österreich vorhandene Lebensräume,

Nahrungsressourcen und mögliche Konflikte untersucht werden. Erste Schritte

zu einer Untersuchung möglicher Konfliktfelder sind bereits getan (vgl.

Habenicht 2005)

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Einschätzung von potentiellen negativen Auswirkungen durch Wölfe in Österreich. Jagdliche Veränderungen beinhalten die Vertreibung von Wild von der Fütterung, Verlust von Wildtieren (zB.: im Wintergatter) oder eine Veränderung der Waldschadenproblematik. Schaden in der Nutztierhaltung kann durch Attacken auf Weidetiere entstehen. Andere Konfliktbereiche können sich für den Fremdenverkehr, die lokale Bevölkerung, durch Konflikte mit Naturschutzorganisationen oder durch Vorurteile ergeben (Habenicht 2005).

Sollten Wölfe auftreten muss eine wissenschaftlich fundierte Beobachtung ihrer

Lebensgewohnheiten und Ökologie gewährleistet sein.

6. Anforderungen an ein Wolfsmanagement

Bei einem möglichen Auftreten von Wölfen muss es klare Regeln für den

Umgang mit diesen Tieren geben. Sowohl rechtliche als auch strukturelle

Maßnahmen werden dafür notwendig sein, damit potentiell negative

Auswirkungen minimiert werden können.

In Österreich liegen die Hauptaufgaben in der Findung von Methoden und

Finanzierung der Schadensabgeltung und der Zustimmung zu etwaigen

Modellen der Schadensabgeltung bei den betroffenen Berufsgruppen wie vor

allem den Schafzüchtern. Der WWF Österreich empfiehlt darüber hinaus

innerstaatliche Information und Aufklärung über das Leben der Wölfe sowie

grenzüberschreitende Zusammenarbeit für die Entwicklung gemeinsamer

Schutzkonzepte und den Erfahrungsaustausch mit Experten.

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Für eine umsichtige Vorbereitung auf eine mögliche Rückkehr der Wölfe nach

Österreich ergeben sich aus derzeitiger Sicht eine Reihe von Aufgaben die im

Folgenden dargestellt werden sollen.

Um für ein mögliches Auftreten von Wölfen im Vorfeld gerüstet zu sein,

müssen Konfliktbereiche zwischen Wolf und anderen Lebensraumnutzern wie

Land- und Forstwirtschaft, Jagd, Tourismus etc. bekannt sein.

Die vielleicht dringendste Frage im Konfliktmanagement zwischen Wolf und

Mensch ist die Frage nach der Gefährlichkeit des Wolfes für den Menschen.

Diese Frage kann nach Kora (2005) aus heutiger Sicht verneint werden. Im

Gegensatz zu tödlichen Verletzungen durch Hunde sind im 20. Jahrhundert aus

Amerika und Europa keine tödlichen Angriffe von Wölfen bekannt. Davor

zeichnet die Europäische Geschichtsschreibung ein eher durch Mythen und

Märchen bestimmtes Bild vom Wolf. Der Wolf ist und war ein ausgesprochen

guter Jäger, der sich mit dem Menschen immer wieder konkurriert hat. Der

Mythos des Bösen haftet ihm genauso an wie der Respekt vor seinen Jagd

Leistungen und der Fähigkeit in ungezähmter Wildnis zu überleben. Das

moderne Bild vom Wolf ist vor allem von wissenschaftlichen Erkenntnissen

geprägt.

6.1. „Rasterfahndung“

Einer der wichtigsten Faktoren in einem erfolgreichen Wolfsmanagement ist ein

rasches Wissen über das Auftreten der Tiere. Dafür braucht es ein Netzwerk

erfahrener Personen, die ihre Beobachtungen an eine zentrale Stelle

weitergeben, die ihrerseits weitere Schritte vorbereiten kann. Für das Netzwerk

erfahrener Personen eignen sich ausgewählte Mitarbeiter von Forst- und

Nationalparkverwaltungen, Jäger sowie besonders geschulte Personen die sich

viel in Naturgebieten aufhalten. Dabei ist z.B. an die staatlich geprüften Berg-

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und Schiführer zu denken, die während ihrer Ausbildung auch ökologisch und

wildbiologisch geschult werden.

6.2. Wolf, Sport und Tourismus

Die Frage ob und wie sich ein mögliches Auftreten von Wölfen aus sport- und

naturtouristischer Sicht auswirkt, ist sehr differenziert zu betrachten. Aus meiner

Erfahrung im Umgang mit Sportstudenten sind Sportler, allen voran

Outdoorsportler, dem Thema Wolf sehr aufgeschlossen. Der Wolf ist für viele

von ihnen ein Inbegriff einer gefährdeten Art, die Anspruch auf Lebensraum hat.

Viele Sportler wären bereit, auf die Bedürfnisse des Wolfes Rücksicht zu

nehmen. Angst ist, wenn überhaupt, nur dann vorhanden, wenn das Wissen über

Wölfe gering ist. Aus naturtouristischer Sicht ist das Vorkommen des Wolfes als

möglicher Vorteil anzusehen. Wölfe sind für viele Menschen Symbol

unberührter Wildnis und faszinierender Naturlandschaften. Im Norden der

Vereinigten Staaten, inmitten der großen Seen Minnesotas ist dem Thema Wolf

das „International Wolf Center“ gewidmet. Dieses Besucherzentrum bereitet für

eine breite Öffentlichkeit das Leben der Wölfe auf höchstem Niveau der

Naturvermittlung auf. Ausstellungsräume, ein Kino, ein Freigehege, ein Shop

und ein reichhaltiges Exkursionsprogramm gehören zur Ausstattung und

Bespielung des Zentrums. Das Wolfszentrum wird jährlich von 40000-50000

Besuchern genutzt, im Sommer werden 20 Angestellte (14 Vollzeit, 6 Teilzeit)

beschäftigt. Laut einer Studie beträgt der wirtschaftliche Einfluss des Zentrums

auf die Gemeinde Ely rund 3,1 Mio. Dollar pro Jahr.

Obwohl Wölfe für Menschen als weitgehend ungefährlich gelten, ist darüber

nachzudenken, ob für den Tourismus durch das Auftreten von Wölfen keine

Zusatzgefahr entsteht.

Zur Beziehung von Wolf Sport und Tourismus gelang mir im Jahr 1999 eine

aufschlussreiche Beobachtung, die das Miteinander dieser Beziehung darstellt.

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In der Nacht vom 5.1.1999 konnte ich von einem Bergrücken ca. 2 km hinter den

letzten Hütten eines touristisch erschlossenen Tales in den slowakischen

Karpaten das Heulen mehrerer Wölfe vernehmen. In dem Tal beherbergen 4

große Hotels und ein Hütten-Feriendorf Feriengäste. Das Tal selbst ist ca. 25

km lang, zieht sich von 654mNN bis auf eine Höhe von 2043mNN und ist nach

ca. 5 km, unmittelbar hinter den Hütten des Feriendorfes, weitgehend

unbesiedelt. Bis zum Feriendorf ist das Befahren mit Autos möglich. Das

touristische Angebot besteht aus einem kleinen Schigebiet sowie gut begehbaren

Winterwanderwegen und markierten Langlauf-Schitourenrouten, die sich durch

das ganze Tal erstrecken. Da gerade Weihnachtsferien waren, herrschte im Tal

reges Tourismusaufkommen. Das Hotel, in dem der Autor wohnte, war

annähernd voll belegt. Am Morgen des 6.1.1999, nachdem nachts davor das

Heulen von Wölfen vernommen wurde, konnte der Riss eines weiblichen

Hirschkalbes entdeckt werden. Das Kalb wurde durch ein Rudel von 3 – 4

Wölfen gerissen. Das Besondere an diesem Riss war, dass dieser nicht in

einsamer Wildnis, sondern auf einem tagsüber stark frequentierten

Winterwanderweg in ca. 100 Metern Entfernung des Hütten- Feriendorfes

erfolgte (Dungler 2004).

Wolfsriss in sportlich und touristisch genutztem Gebiet in den slowakischen Karpaten (Bild: Dungler)

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6.3. Wolf und Landwirtschaft

Die weltweit größten Probleme im Zusammenleben von Mensch und Wolf

entstehen dort, wo der Wolf Schäden an Haustieren anrichten kann. In Europa

sind das vor allem Viehherden, im Besonderen Schafherden.

Mit dem Aussterben der Wölfe sind weitgehend auch die traditionellen

Schutzsysteme verschwunden, die auf lange Erfahrung zurückblicken können.

Die Schafhaltung in Österreich ist, ähnlich wie in der Schweiz, größtenteils

nicht mehr an die Anwesenheit großer Raubtiere angepasst. Die

Herausforderung bei einem möglichen Auftreten von Wölfen wird es sein, alte

Schutzmethoden anzupassen oder neue zu entwickeln, so dass sie in unsere

sozio-ökonomische Realität passen. Ohne Zweifel wird es notwendig sein, in der

Schafhaltung teilweise gravierende Anpassungen vorzunehmen. Diese Aufgabe

wird jedoch nur durch eine Zusammenarbeit mit den Schafzüchtern und Hirten

möglich sein (Kora 2005).

Obwohl Wölfe für Menschen als weitgehend ungefährlich gelten, ist darüber

nachzudenken, ob den in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Personen durch

das Auftreten von Wölfen keine Zusatzgefahr entsteht.

6.4. Wolf und Jagd

Wölfe gehen diverseste Interaktionen mit Wildtieren ein. Bei den Auswirkungen

auf jagdbare Arten sind mehrere Faktoren zu nennen. In den Nachbarländern

Österreichs besteht die Hauptnahrung der Wölfe aus Rothirsch und

Wildschwein. Da der Wolf Nahrungsopportunist ist, kann er auch kleinere

Wildarten als Nahrung verbuchen. Hohe Beutetierpopulationen wie z. B. die

vom Rothirsch (Cervus elaohus) können zu einer Verbesserung möglicher

Wolfspopulationen führen. Darüber hinaus mindert ein guter Wildbestand

Übergriffe auf Haustiere. Wölfe haben eine besondere Notwendigkeit, kranke

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und schwache Tiere zu erkennen und zu jagen. Das Risiko gesunde und starke

Tiere zu reißen ist meist zu groß, kleinere Beute als Rothirsch und Wildschwein

meist uneffektiv. Zahlreiche Untersuchungen bei Rothirschen (vgl. Okarma

1995) belegen, dass es durch das Auftreten von Wölfen nach einem gewissen

Zeitraum zu einer Stärkung und damit zu einer Stabilisierung der

Beutetierpopulation kommen kann. Dabei können mehrere Konfliktbereiche

entstehen. Zum einen können Wölfe die Beutetierpopulation um einzelne Tiere

schädigen. Zum anderen kann es zu einer Umverteilung bei der

Lebensraumnutzung und damit zu einer Umverteilung der

Beutetierkonzentration kommen. In diesem Beziehungsfeld wird in verstärktem

Maß Erfahrung, Wissen und ständige Weiterbildung der Jagdausübenden

gefordert sein. Es wird durch das Auftreten von Wölfen von den Jägern und

Jagdinhabern höhere Verantwortung gefordert, die unter Umständen durch eine

interessantere Jagdausübung belohnt wird.

Obwohl Wölfe für Menschen als weitgehend ungefährlich gelten, ist darüber

nachzudenken, ob den in der Jagd tätigen Personen durch das Auftreten von

Wölfen keine Zusatzgefahr entsteht.

6.5. Öffentlichkeitsarbeit

In der Literatur werden vielerorts Defizite des Wissens über Wölfe zitiert. Auch

eigene Erfahrungen haben gezeigt, dass das Wissen über die Lebensweise und

Ökologie der Wölfe teilweise sehr gering ist. Diese Tatsache trifft nicht nur für

so genannte „Laien“ zu, sondern wurde von mir auch bei Vertretern von

Interessensgruppen wie Jägern, Land- und Forstwirten, Vertretern von

Naturschutz und Tourismus wie z.B. Mitarbeitern von Nationalparks, Berg- und

Schiführern, Naturführern etc. beobachtet.

Öffentliche Entscheidungsträger, Medien und die breite Öffentlichkeit sollen im

gegebenen Fall rasch und präzise über das Leben der Wölfe in Österreich und

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der im Projekt berücksichtigten Nachbarstaaten informiert werden können. Nach

bewährten Vorbildern aus den Karpaten (z.B. Promberger, Roche 2002) und

dem Nordamerikanischen Raum (z.B. International Wolf Center 2005; Mech

1991) soll dies auf mehreren Ebenen geschehen.

Zum einen muss gewährleistet sein dass öffentlichen Entscheidungsträgern eine

ständige Möglichkeit der Information zur Verfügung steht. Zum anderen soll

durch Medien und Bildungsarbeit der Bevölkerung eine Möglichkeit geschaffen

werden, sich über das Leben der Wölfe zu informieren. Im gegebenen Fall des

Auftretens von Wölfen soll eine spezielle Informationsmöglichkeit für

Interessensgruppen wie Jäger, Land- und Forstwirte, Vertreter von Naturschutz

und Tourismus wie z.B. Mitarbeiter von Nationalparks, Berg- und Schiführer,

Naturführer etc. vorbereitet werden. Mögliche Themen sind z. B. das Erkennen

von Wolfsschäden und Verfahren der Schadensabwicklung; Möglichkeiten der

Schadensprävention; Grundkenntnisse der Wolfsökologie; Kenntnisse aus dem

Wolfsmanagement etc. Maßnahmen dazu sind:

• Vorträge und Schulungen für Interessensgruppen

• Eine Infohotline

• Eine Homepage mit spezieller Berücksichtigung Österreichs

• Eine Informationsbroschüre/Folder mit spezieller Berücksichtigung

Österreichs

6.6. Organisationsstruktur und „Expertenworkshop“

Im Falle eines Auftretens von Wölfen braucht Österreich ein Team von

Ansprechpersonen und Experten. Dieses Team sollte eine kleine Gruppe von

„Wolfsexperten“ sein, die im gegebenen Fall ein Netzwerk von Vertretern

möglicher Interessensgruppen koordinieren. Als Interessensgruppen sind

Ministerien, Landesregierungen, Wissenschaft, Land- und Forstwirtschaft, Jagd

und Tourismus anzusehen. Die Vertreter der Interessensgruppen sollten im

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gegebenen Fall für Entscheidungsfindungen mit einbezogen werden. Als erster

Schritt für eine Organisationsstruktur könnte ein Expertenworkshop zum Thema

vorbereitet werden. Wolfsexperten aus den umliegenden Nachbarländern sowie,

wenn möglich, ein Vertreter aus dem angloamerikanischen Raum werden

eingeladen. Sie sollen anhand von Vorträgen und Arbeitsgruppen mit

österreichischem Fachpublikum Erfahrungen im Wolfsmanagement diskutieren.

Ziel des Workshops ist es internationale Erfahrungen speziell für Österreich zu

adaptieren.

7. Beispiele aus dem Wolfsmanagement ausgewählter Staaten

7.1. Schweiz

Der schweizerische Alpenraum hat ähnliche geografische und

sozioökonomische Voraussetzungen und eine ähnliche Situation in der

Problematik der Rückkehr großer Raubtiere. Da sich der Wolf dort bereits

wieder regelmäßig aufhält, sind Erfahrungen aus dem schweizerischen

Alpenraum von großer Bedeutung für Österreich. Im Folgenden wird aus dem

schweizerischen Wolfsmanagement (BUWAL 2005) zitiert.

Einleitung

Die Wolfspopulationen in Italien und Frankreich breiten sich aus. Einzelne

Wölfe sind schon in die Schweiz eingewandert und haben großes Aufsehen

erregt. In Zukunft ist damit zu rechnen, dass vermehrt Wölfe in der Schweiz

anzutreffen sind. Die Schweiz will und muss die Rückkehr des Wolfes

vorbereiten. Sie soll wissenschaftlich begleitet werden, damit der Mensch -

betroffen sind vor allem Schafhalter - und der Wolf wieder erfolgreich

zusammenleben können. Die entsprechende Politik der Schweiz basiert auf den

drei Pfeilern:

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Unterstützung der Kleinviehhalter bei Schutzmassnahmen,

Entschädigung im Schadensfall und

Abschussbewilligungen im Fall von untolerierbaren Schäden.

Um dies zu erreichen, hat das BUWAL zusammen mit den betroffenen

Kantonen das Wolf-Projekt Schweiz lanciert. Die Pilotphase wurde anfangs

1999 im Wallis gestartet. Im Rahmen dieses Projektes werden Schafhalter

beraten und Maßnahmen gegen Schadensfälle getestet.

Ziele des Projektes

Das Hauptziel des Wolf-Projektes Schweiz ist die Entwicklung und Bewertung

von Schutzmassnahmen für die Herden. Es beinhaltet:

• Bewertung verschiedener Methoden der Schadenverhütung bei der

Kleinviehhaltung

• Analyse des Bestandes und der Verteilung der Kleinvieh-Herden

• Untersuchungen zum Einfluss des Wolfes auf Haustiere

• Zusammenschluss interessierter Viehhalter bei der Einführung von

Schutzmassnahmen

• Information der durch den Wolf betroffenen Verbände und der Öffentlichkeit

• Beobachtung und Überwachung der Wolf-Population (Erfassung der

Hinweise über die Anwesenheit von Wölfen, genetische Analysen,

Feldarbeit).

Schutzhunde und Esel

Bei verschiedenen in- und ausländischen Schutzhunderassen wird getestet ob sie

sich eignen, Angriffe von Wölfen abzuwehren. Auch ihr Verhalten gegenüber

den Menschen wird geprüft. Diese Studien finden gleichzeitig in zwei

Pilotgebieten statt. Wenn die Resultate positiv ausfallen, sollen zum Beispiel die

Schutzhunde in allen betroffenen Gebieten gezüchtet werden. Weiters werden

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verschiedene physikalisch-chemische Abwehrmittel entwickelt und getestet.

Auch der Einsatz von Eseln zum Schutz der Herden soll erprobt werden.

In den Pilotgebieten werden die Kleinvieh-Herden und die Schadensfälle durch

Raubtiere erfasst. Um die Beziehung Wolf - Nutztiere besser zu verstehen, wird

untersucht, wo und unter welchen Bedingungen Schafe oder andere Tiere

gerissen wurden.

Öffentlichkeitsarbeit und Monitoring

Die Wolf-Spezialistinnen und -Spezialisten arbeiten auch direkt mit den

Kleinvieh-Züchtern zusammen, um Schutzmassnahmen zu erproben. Für

Personen, die von Wolfsschäden direkt betroffen sind, wurde eine Informations-

und Kontaktstelle eingerichtet. Weitere Informationen bieten das Bulletin

„Kora-Info“ oder die Medien.

Im Kanton Wallis ist ein Monitoring bereits angelaufen. Das heißt: Alle

Hinweise über die Anwesenheit von Wölfen werden systematisch erfasst. Um

die Herkunft der anwesenden Wölfe bestimmen zu können, werden die

gesammelten Indizien (Kot, Haare usw.) mittels Genanalyse untersucht.

Ist die Anwesenheit eines Wolfes in einer Region einmal bestätigt, werden Foto-

Fallen zur Identifikation und zur Unterscheidung von einzelnen Individuen

aufgestellt. Foto-Fallen sind automatische Kameras, die durch Lichtschranken

ausgelöst werden. Ein solches Bild hat den Wolf im Val Ferret bestätigt. Wenn

immer möglich werden Tiere eingefangen und mit Telemetrie-Sendern

versehen, um mehr über die Lebensweise des Wolfes im Alpenraum in

Erfahrung zu bringen. Anhand dieser Daten kann ein Modell erarbeitet werden,

wo der Wolf in den Alpen leben könnte.

Nicht zuletzt wird, vor allem mit Frankreich und Italien, eine enge

Zusammenarbeit über die Grenze gesucht mit Personen und Organisationen die

sich mit dem Wolf befassen. (Infodienst Wildbiologie 2002)

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BUWAL Programm KORA: Koordinierte Forschungsprojekte zum Schutz und

Management der Raubtiere in der Schweiz

In der Schweiz sind mehrere Raubtierarten bundesrechtlich geschützt. Obwohl

heute weite Teile der Bevölkerung den Großraubtieren wohlwollend gegenüber

stehen, verursacht ihre Rückkehr beträchtliche sozio-kulturelle Konflikte, da die

Großraubtiere die Interessen spezifischer Gruppen (Jäger, Naturschützer,

Kleinviehalter) tangieren können.

Das generelle Ziel des Programms KORA ist die Integration der Raubtiere in die

Entwicklung ruraler Gebiete und die Koexistenz von Großraubtieren mit den

Menschen. So werden einerseits Grundlagen für den Schutz der Großraubtiere

und die Verminderung von Schäden an Nutztieren beschafft. Andererseits

werden umsetzbare Managementkonzepte erarbeitet und Öffentlichkeitsarbeit

durchgeführt.

Modul Management: Managementplan für Großraubtiere

Der nationale und/oder internationale Schutz von Bär, Wolf und Luchs ist

aufgrund des Konfliktpotentials mit der Kleinviehhaltung und der Jagd

problematisch. Nach Art. 10, Abs. 5 der Verordnung über die Jagd und den

Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JSV) ist das BUWAL verpflichtet,

Konzepte zum Umgang mit diesen Tierarten zu erarbeiten. Die Konzepte

enthalten Grundsätze über den Schutz, den Abschuss oder Fang, die Verhütung

und Ermittlung von Schäden sowie die Entschädigung von

Verhütungsmaßnahmen.

Ziel dieses Moduls ist das Erarbeiten und Bereitstellen von Grundlagen für

Managementpläne zur Erhaltung lebensfähiger Populationen der Großraubtiere,

ohne dass unzumutbare Schäden für die Menschen entstehen.

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Modul Wolf

Durch die Expansion der Wolfspopulationen in Italien tauchen in den letzten

Jahren zunehmend Wölfe in der Schweiz auf. Dadurch entstehen immer wieder

Schäden an Kleinvieh.

Das Modul Wolf befasst sich mit dem Monitoring des Wolfes im Wallis, Tessin

und Graubünden sowie mit der Erfassung der Schäden. Es werden

Präventionsmaßnahmen zur Schadenverhütung entwickelt und eingeführt.

Weiter wird ein Managementplan erarbeitet und die lokale Bevölkerung

informiert.

7.2. Slowenien

In Slowenien leben derzeit ca. 10 Wölfe. Die Anzahl ist möglicherweise

steigend. Eine Einwanderung nach Österreich ist nicht auszuschließen. Derzeit

existiert kein Managementplan für Wölfe in Slowenien. Wölfe wandern vor

allem aus Kroatien nach Slowenien ein. In Kroatien leben ca. 50 – 100 Wölfe

(letzte Schätzungen sogar 150 – 220, Huber unveröffentlicht 2005). Die

Kroatischen Wölfe sind in Ausbreitung begriffen. Für sie existiert ein

Managementplan.

7.3. Slowakei

Nach Auskunft der Technischen Universität in Zvolen (Kropil mündl.

1.12.2005) wird derzeit an einem Managementplan für Wölfe gearbeitet. Dieser

ist jedoch noch nicht genehmigt.

Ein Modell der Schadensabgeltung betreibt der Nationalpark Niedere Tatra.

Wölfe sind in diesem Gebiet von 1.11. eines Jahres bis zum 15.1. des

Folgejahres nicht geschont. In dieser Zeit kann eine definierte Anzahl von

Wölfen bejagt werden. Die Anzahl wird in Absprache mit dem Nationalpark und

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den slowakischen Behörden festgesetzt. Während dieser Zeit treten die

normalerweise üblichen Schadensabgeltungen durch den Staat außer Kraft.

Während der Schonzeit werden etwaige Schäden durch staatliche Zahlungen

beglichen. Etwaige Schadensabgeltungen beziehen sich vor allem auf

domestizierte Nutztiere, wie Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen, die während der

Monate des Weidegangs im Freien gehalten werden. Damit der Staat etwaige

Schäden tatsächlich bezahlt, muss vom Besitzer eine Mindestvorsorge zum

Schutz seiner Tiere getroffen werden. Diese Mindestvorsorge besteht aus einer

elektrischen, Wölfe abhaltenden Umzäunung und Herdenschutzhunden.

7.4. Erfahrungen aus Nordamerika

Erfahrungen aus dem Norden Amerikas sind für ein erfolgreiches

Wolfsmanagement von großem Interesse. Zum einen gibt es in weiten Teilen

Nordamerikas noch gesunde Populationen, zum anderen wurden in den

vergangenen Jahren Gebiete von Wölfen wieder besiedelt. Dazu zählt z.B. der

Yellowstone Nationalpark. Wölfe sind hier also heimisch und als Element der

Wildtierfauna quasi selbstverständlich. Viele der Fragestellungen im

Zusammenleben von Mensch und Wolf sind ähnlich wie in Europa. Begleitend

dazu gibt es eine rege Szene namhafter Forscher und somit auch fundierte

wissenschaftliche Ergebnisse.

Der nordamerikanische Raum (USA, Kanada, Alaska) ist also, wie auch Europa,

traditioneller Lebensraum für Wölfe. Wo es Konflikte mit wirtschaftlichen

Interessen gab, wurden sie auch in Nordamerika ausgerottet.

Derzeit ist ein weitläufiges Umdenken zu spüren. So hat eine Umfrage der Yale

Universität bei Einwohnern Minnesotas ergeben, dass die meisten Bürger, die in

den Verbreitungsgebieten der Wölfe leben, „ihre“ Wölfe nicht missen wollen.

Die Studie macht deutlich, dass der Wolf ein natürlicher Bestandteil der

Wildnisgebiete Minnesotas ist und dies auch bleiben soll. Zwar äußern sich die

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Bauern etwas vorsichtiger, aber auch sie stehen den Wölfen überwiegend positiv

gegenüber.

Dem Interesse der Amerikaner am Wolf wird auch in der Gesetzgebung zum

Schutz gefährdeter Arten Rechnung getragen.

Im Vollzug dieser Gesetze hat die Regierung Arbeitsteams gebildet, die

Zielmarken für die Erholung der verschiedenen Unterarten (z.B. Rocky

Mountains Wolf, Timberwolf…) setzen. Diese Arbeitsteams geben Richtlinien

für die im Artenschutz oder in der Raumplanung tätigen Beamten ab.

Diese Art des Vollzugs hat u. a. dazu geführt, dass Wölfe in alten

Lebensräumen, wo sie bereits ausgerottet waren, wieder zurückkehren. Ein

besonders gutes Beispiel ist die Rückkehr der Wölfe in den Yellowstone

Nationalpark. Nach der Ausrottung 1930 wurden im Jahr 1995 drei Rudel (14

Tiere) in den benachbarten, kanadischen Rocky Mountains gefangen und im

Park freigesetzt. Die Population hat sich bis zum heutigen Tag gut entwickelt.

Opposition für dieses Projekt kam von den ortsansässigen Ranchern, die

befürchteten, dass sie Verluste in den Viehbeständen hinnehmen müssten, wenn

Wölfe auch außerhalb des Parks herumstreifen würden. Dafür sieht der

Erholungsplan eine Regulierungsmöglichkeit der Wolfsbestände außerhalb des

Parks vor.Darüber hinaus hat eine bundesweite Organisation, die Defenders of

Wildlife, einen Entschädigungsfond für den Fall eingerichtet, dass Farmer

Viehverluste erleiden.

Ein sehr interessantes Beispiel erfolgreichen Wolfsmanagements ist Minnesota.

In Minnesota leben auf 63000 qkm ca. 2500 Wölfe. In bestimmten Teilen dieses

Gebietes leben aber auch 230000 bis 360000 Rinder, 16000 bis 58000 Schafe

und 680000 Truthähne auf insgesamt etwa 7200 Farmen. Im Durchschnitt

betrugen die jährlich von Farmern geltend gemachten Verluste durch Wölfe

etwa 70 Stück Rinder, 90 Schafe und 320 Truthähne auf insgesamt 21

betroffenen Farmen. Kommt ein Farmer oder Rancher zu dem Schluss, sein

Viehbestand sei durch Wölfe dezimiert worden, so kann er sich mit

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Regierungsbeamten in Verbindung setzen, die innerhalb von 24 Stunden

reagieren müssen. Sollten sie konkrete Beweise eines Verlusts durch Wölfe

finden, zahlt das Landwirtschaftsministerium Minnesota dem betroffenen Eigner

eine Entschädigung und das US Ministerium schickt einen Wolfsjäger, der

versucht das betreffende Tier zu erlegen.

Für die Öffentlichkeitsarbeit gibt es in Minnesota eine herausragende

Informationseinrichtung, das International Wolf Centre (IWC). Dies ist sowohl,

wie bereits zitiert, ein naturtouristisch - wirtschaftliches Angebot für die Region

als auch ein Bildungszentrum aller ersten Ranges. Die vielseitige Information

zum Thema Wolf legt auf Internationalität großen Wert und ist didaktisch

hochwertig aufbereitet. Neben der Ausstellung und einem Wolfsfreigehege

bietet die Organisation ganzjährig Exkursionen im Wolfsgebiet an.

Viele dieser Daten und Erfahrungen beruhen auf zahlreichen

Forschungsprojekten, die insgesamt über 30 Jahre lang laufen. Leiter vieler

dieser Projekte ist der Wolfsbiologe und Autor L. David Mech auf dessen

Veröffentlichungen auch dieses Kapitel basiert. Siehe dazu Mech (1992) und

Mech, Boitani (2003).

In Kanada gibt es ca. 50000 Wolfe (Mech, Boitani 2003). Prinzipiell ist der

Wolf überall jagbar. In einigen Provinzen gibt es Regelungen für zeitliche

Beschränkungen bzw. Abschussquoten. In den Nationalparks dürfen Wölfe nicht

gejagt werden. Konkurrenz entsteht den Wölfen durch neue Artenschutzprojekte

wie dem der Mountain Cariboos in Bannff und Jasper. Die Cariboos überleben

in sehr geringen Stückzahlen. Übergriffe durch Wölfe können großen Schaden

anrichten. Ein beinahe „Konkurrenzkampf“ um zu schützende Arten ist zu

bemerken (eigene Beobachtungen 2006). Neue Projekte mit modernem Design

geben Aufschluss über Lebensweise und mögliche Managementmaßnahmen im

Beziehungsfeld Wolf und Jagd. So beschäftigt sich Nathan Webb (University of

Alberta) in einem äußerst aufwendigen Projekt mit GPS Daten und ihren

Aussagen zur Lebensweise von Wölfen. Die Anwendung von GPS Sendern

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liefert eine große Anzahl von Daten pro Zeit. Bei einem Studienaufenthalt im

Sommer 2006 konnten wir in nur drei Tagen Feldarbeit eine Vielzahl von Rissen

identifizieren und drei davon im Gelände aufsuchen. Bisher war der Bestand

von Wölfen in Kanada ca. konstant. Die Regierung ist bemüht diesen Zustand

beizubehalten. Wie erfolgreich sie dabei ist werden die nächsten Jahre und

Jahrzehnte zeigen.

Die Einstellung der Kanadier zum Wolf ist sehr positiv. In Jasper ist sogar der

Fall eingetreten, dass ein Rudel das Gebiet der Stadt und mehrere Campgrounds

zu seinem ca. 400 qkm großen Areal zählt und diese Teilgebiete auch immer

wieder besucht. Von Seiten des Nationalparks versucht man eine Gewöhnung

der Tiere an Menschen so gering wie möglich zu halten. An eine Bejagung wird

jedoch nicht im Geringsten gedacht, solange wie bisher, keine Gefahr droht.

Genaue Beobachtung und Kenntnis der Lebensgewohnheiten des Rudels sind

wichtige Voraussetzungen für das erfolgreiche Management einer interessanten

Symbiose (Geoff Skinner, Heidi Fengerl mündl. 2006).

Alaskas Wolfspopulation kann als weitgehend gesund angesehen werden.

Alaska hat die Jagd von Wölfen vom Flugzeug aus verboten, erlaubt aber die

klassische Jagd und das Fallenstellen. Eine zeitliche Beschränkung der

Jagdsaison soll dafür sorgen, dass die Population nicht abnimmt. Immer wieder

sorgen jedoch diverse Unregelmäßigkeiten dafür, dass die Wichtigkeit eines

wachsamen und aktiven Artenschutzes auch hier von großer Bedeutung ist.

Wissenschaftliche Erfahrung ist Voraussetzung für ein erfolgreiches Wolfsmanagement. Heinz Dungler bei Arbeiten im Wolfsprojekt von L. Dave Mech in Minnesota.

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6. Zusammenfassung

Wolf, Bär und Luchs galten in Österreich als ausgestorben. Bär und Luchs sind

bereits wieder heimisch geworden. Der Wolf kehrt in viele Länder

Mitteleuropas zurück. Auch eine Rückkehr nach Österreich ist wahrscheinlich.

Aufgabe des Projektes ist es, für ein mögliches Auftreten des Wolfes Vorsorge

zu treffen. Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Management sind dafür

ebenso notwendig wie grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Artenschutz.

Ausgehend von möglichen Lebensräumen und Einwanderungsrouten werden

Aufgaben für die Wissenschaft sowie rechtliche Aspekte und die Notwendigkeit

einer Versicherung skizziert. Anforderungen an ein Wolfsmanagement werden

von Beispielen aus Österreichischen Nachbarstaaten hinterlegt.

7. Summary

Wolves, Bears and Lynx have been extinguished in Austria. Bears and lynx

came back successfully. Wolves recovered in several countries of central

Europe. A return to Austria is probably. The project is done for the public

awareness of a possible recovery of wolves to Austria. Basic conditions for

wolves management and international cooperation of species protection is

necessary. Possible habitats and migration routes lead to the formulation of

problems for science, law and insurance. Demands for a wolf management are

shown by the example of some Austrian neighbour countries.

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8. Literatur Der Anblick (8/2005): Wolfssichtung in der Steiermark, 67.

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