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Führung im Wandel Führungskräfteberatung in einer Zeit vielfältiger Veränderungsdynamiken

© Susanne Halbig 2009

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In Anlehnung an meine Abschlussarbeit des Supervisionskurses

Dozentin: Regina Kipp Stuttgarter Institut für systemische Therapie, Beratung und

Supervision

Thema: Führung im Wandel

Führungskräfteberatung in einer Zeit vielfältiger Veränderungsdynamiken

Susanne Halbig 2009 © Susanne Halbig

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Führung im Wandel Führungskräfteberatung in einer Zeit vielfältiger Veränderungsdynamiken

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Titel: Führung im Wandel Inhalt Vorwort – Problemstellung

Ein Wort zur Themenwahl 1. Veränderte Rahmenbedingungen

1.1. Rahmenbedingung Nr. 1: Innovationssprünge in der Informatik und Telekommunikation

1.2. Rahmenbedingung Nr.2: Interkulturelle Zusammenarbeit in einer globale Ökonomie 1.3. Rahmenbedingung Nr.3: Fachkräftemangel 1.4. Rahmenbedingung Nr.4: Verknappung der Ressource Zeit 1.5. Rahmenbedingung Nr.5: Verknappung der Ressource Geld

2. Resultierende Probleme und Herausforderungen

2.1. Dramatische Steigerung der Komplexität 2.2. Verunsicherung über Führungsmodelle 2.3. Beharrungskräfte bei Mensch und Organisation in einer sich stets wandelnden Welt 2.4. Verkennung emotionaler Aspekte in Veränderungsprozessen 2.5. Zunahme der Bedeutung der Projektwirtschaft 2.6. Zunahme von Individualisierung bei den Mitarbeitern

3. Auswirkungen veränderter Rahmenbedingungen auf die Führungskultur

3.1. Altes und neues Führungsverständnis 3.2.Führungsaufgaben 3.3 Laterale Führung: Führung ohne disziplinarische Macht 3.4 Anforderungen an Führung im 21.Jahrhundert

3.4.1 Motivation statt Motivierung 3.4.2 Wissen über das Funktionieren von Gruppen und Teams 3.4.3 Kommunikative Kompetenzen

4 Schlüsselkompetenzen zur erfolgreichen Führungsarbeit

4.3 Die Fähigkeit zur Selbstführung 4.4 Die Notwendigkeit der Entwicklung von Führungsidentität

5 Der Nutzen von supervisorischer Beratung für Führungskräfte 6 Quellenangaben

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„It is not the strongest of the species that survive, nor the most intelligent.

It is the one most adaptable to change.“ Charles Darwin

Laut Darwin sichern sich stets die anpassungsfähigsten Arten das Überleben. Übertragen auf den Zustand der Unternehmen und Organisationen in unserer Zeit komplexen und schnellen Wandels bedeutet dies, dass permanente Anpassungs-, Veränderungs- und Problemlösungsleistungen notwendig geworden sind. Permanente Anpassungs-, Veränderungs- und Problemlösungsprozesse halten Unternehmen und Organisationen in ständiger Bewegung und mit den Unternehmen und Organisationen auch die betroffenen Menschen. Daraus resultieren veränderte Ansprüche an das Thema Führung und die Menschen, die Führung ausüben, die Führungskräfte.

Führung im Wandel

Vorwort - Problemstellung Die Anforderungen an Führungskräfte haben sich in den letzen Jahren stark verändert. Führungskräfte müssen heute mit ständigen Veränderungen und hoher Komplexität umgehen können. Diese Abschlussarbeit möchte

- die heutigen Probleme von Führungskräften in Unternehmen und Organisationen verdeutlichen

- klären, was Führungskräfte vor Allem brauchen, um ihrer Führungsrolle in einer sich ständig wandelnden Arbeitsumgebung gerecht zu werden

- Den Grundprämissen systemischer Führung die da sind: Kontextabhängigkeit (Menschen, was immer sie sind, im Gesamtzusammenhang zu sehen), Selbstorganisation (ein System stellt sich selbst her und erhält sich selbst) und Homöostase (Systeme versuchen Homöostase und Balance zu erreichen), Rechnung tragen

- und darlegen, wie Führungskräfte mit Hilfe von Supervision unterstützt werden können

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Ein Wort zur Themenwahl Das Thema: <Führung im Wandel> habe ich aus Interesse für unternehmensnahe Themen gewählt. Dabei definiere ich Unternehmen als ein System, das durch Zusammenarbeit die Probleme löst, die ein Mensch alleine nicht lösen könnte. Diesen Gedanken finde ich wunderbar. Menschen kooperieren, um etwas für andere Menschen herzustellen, zu leisten, zu tun. Dieser Gedanke schlägt die Brücke zu meiner Arbeit im sozialen Bereich, aus dem ich komme. Das Interesse für unternehmensnahe Themen resultiert aus meiner Geschichte. Ich bin die Tochter eines Unternehmers. Und dieses kleine Unternehmen hat unser Familienleben stark bestimmt, denn es hat unser Überleben gesichert, uns ernährt und uns vielfältig in unserer Heimatstadt verflochten – sei es mit den Mitarbeiterinnen meines Vaters, anderen Unternehmern oder KundInnen. Im Grunde wurde unsere Familie um das Unternehmen herum gebaut. Und im Grunde wiederhole ich mit meinem Unternehmen „Die MUTFabrik“ ein Stück weit das, was ich in meiner Herkunftfamilie erlebt habe, die Lust am Unternehmertum. Während der Bearbeitung des Themas ist mir aufgefallen, dass ich hinsichtlich dem Thema Führung unter Anderem viel bei der Leitung einer Familienturngruppe - auf der Basis eines eigens entwickelten Konzepts – gelernt habe, nämlich:

- Räume und Frei-Räume für unterschiedliche Bedürfnisse schaffen. - Selbstwirksamkeit ermöglichen. - Den Raum so gestalten, dass alle TN das tun können, wofür sie hier sind, dass die TN

sich das holen können, was sie momentan für ihre Entwicklung brauchen. - Das Anbieten von Möglichkeiten der Mitgestaltung, - Gesehen zu werden, - Allparteilichkeit und - Zeit für Gespräche am Rande

All dies bewirkte ein hohes Maß an Zielerfüllung, Engagement und Vertrauen auf Teilnehmerseite. Das Thema Führung macht, im Hinblick auf meine angestrebte Tätigkeit bei der Beratung von Führungskräften und auch im Hinblick auf das Thema Selbstführung, Sinn. Dies ist ebenfalls ein Grund für die Themenwahl. Diese Abschlussarbeit gibt mir Gelegenheit, durch das Lesen und Fassen eigener Gedanken, in das Thema hinein zu spüren und mich in den Themenkomplex gedanklich, zumindest ansatzweise, hinein zu wühlen.

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Die derzeitigen, zum Teil äußerst dynamischen und globalen Veränderungen haben spürbar großen Einfluss auf die Unternehmen. Und somit zwangsläufig auch auf die Führungskräfte und die Führungsarbeit. Klaus Doppler und Christoph Lauterburg drücken das Problem der Führungskräfte folgendermaßen aus: „Massen von Führungskräften leiden heute an ihrem Schicksal, weil sie den Übergang vom Fachmann zum Manager nie als Berufswechsel erkannt und nachvollzogen haben. Ebenso viele werden morgen leiden – und Leid über andere bringen -, weil sie die Notwendigkeit der nächsten beruflichen Neuorientierung nicht erkennen und nachvollziehen: den Übergang vom klassischen Manager zum >Change Agent<.“ Die Welt, die Berufsbilder, die beruflichen und persönlichen Anforderungen an Menschen und an ihre Gestaltungsfähigkeit sind einem permanenten Wandel unterworfen. Die Rahmenbedingungen von Unternehmen und Organisationen, in denen Führung stattfindet, haben sich grundlegend gewandelt.

1. Veränderte Rahmenbedingungen Die Rahmenbedingungen, in denen Handlungen, Märkte, das Leben stattfinden beeinflussen uns, beeinflussen Unternehmen und Führungskräfte massiv. Ich hoffe, hier die wichtigsten genannt zu haben.

1.1 Rahmenbedingung Nr. 1: Innovationssprünge in der Informatik und Telekommunikation

©Stephanie Hofschlaeger/pixelio.de

- Immer kostengünstigere Informationsträger auf immer kleinerem Raum mit

immer größeren Speichermöglichkeiten - Immer mehr wird immer schneller und kostengünstiger produziert - Immer schnellerer Zyklen immer radikalerer Veränderungen - Gewohnte Arbeitsplätze werden durch die neuen Kommunikationsmedien

ersetzt - Die Möglichkeit, jede gewünschte Menge Daten in Echtzeit an jeden Ort

dieser Erde zu transportieren

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- Die Möglichkeit, an verschiedenen Orten gleichzeitig anwesend und wirksam zu sein

- Kommunikation ohne hierarchische Zwischenebenen und lokale Begrenzungen ermöglichen neue Formen der Zusammenarbeit in Projekten und Teams

- Video-Konferenzen, E-Mail-Dispute, Chatrooms - Die Entstehung einer völlig neuen Führungssituation für das Management

1.2 Rahmenbedingung Nr.2: Interkulturelle Zusammenarbeit in einer globalen Ökonomie

©Michael Leps/pixelio.de

- Globalisierung als angemessene Antwort auf die Chancen und Risiken unserer Zeit

- Erleichterung von Kommunikation und Kooperation durch die neuen Kommunikationsmittel und Kommunikationswege

- Staatsgrenzen sind keine Wirtschaftsgrenzen - Vernetzung wirtschaftlicher Arbeitsprozesse durch globales Agieren, durch

Fusionen und Kooperationen und durch das Fallen von Grenzen zwischen früheren Funktionsbereichen wie Entwicklung, Konstruktion, Produktion, Vertrieb, Logistik und Administration

- Die Erfordernisse interkultureller Kompetenzen - Diversity – Erhöhung von Vielfalt, von Kreativität durch mehr

Unterschiedlichkeit

1.3 Rahmenbedingung Nr.3: Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel hat meiner Beobachtung nach zu tun mit dem demographischen Wandel, unserem Bildungssystem, dem „Nicht-Ausschöpfen weiblicher Intelligenzpotenziale“ und damit, dass Deutschland sich zu einem Produzenten äußerst hochwertiger und innovativer High-Tech-Produkte entwickelt hat.

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Weil immer weniger StudentInnen Ingenieure werden wollen, bleiben viele Projekte schon heute aus Mangel an MitarbeiterInnen auf der Strecke. Nicht nur das Nützen von billigeren Arbeitsplätzen sondern auch der Fachkräftemangel ist ein Grund weshalb Unternehmen Teile ihrer Produktion ins Ausland, zum Beispiel nach Indien, verlegen. Im Jahr 2006 hat der Fachkräftemangel die deutschen Unternehmen nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) insgesamt 3,5 Milliarden Euro gekostet (Quelle: ZEIT online). Für das Jahr 2007 wird die Zahl sogar mit 20 Milliarden Euro angegeben (Handelsblatt, Montag 20.08.2007). „Die Zahl der mit Verzögerungen oder definitiv nicht besetzbaren Stellen ist sechsstellig“ (Studie des IW). Folgen des Fachkräftemangels sind: - Der Versuch, ausländische Ingenieure für eine hochqualifizierte Arbeit in

Deutschland zu begeistern - der Ruf nach weiblichen Fachkräften und größere Chancen für Frauen beim

Kampf um Top-Positionen - Kampf um Talente – die Suche nach den Besten - MitarbeiterInnen wählen ihre Arbeitsplätze - Unternehmen schaffen Arbeitsplätze für „High Potentials“, Arbeitsplätze, die

talentierte Menschen anziehen und halten - Unternehmen überdenken ihre Personalpolitik da im Jahr 2007, 30.000

Ingenieure arbeitslos waren - Die Qualität des Studiums an deutschen Hochschulen steht in der Kritik, es sei

zu praxisfern - Einstellung von Ingenieuren, die vor vier Jahren nicht einmal zu einem

Bewerbungsgespräch eingeladen worden wären - Technik-Projekte in Kindergärten - Die Stärkung der Schulfächer Mathematik, Physik und Chemie Auch wenn der wirtschaftliche Aufschwung heute, 2009, wegen der Finanzkrise an Fahrt verloren hat, Fachkräfte werden nach wie vor gesucht.

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1.4 Rahmenbedingung Nr.4: Verknappung der Ressource Zeit

©Gerd Altmann/pixelio.de

- Beschleunigung aller Geschäftsabläufe durch technologische Veränderungen - Live-Anteilnahme an Allem, was weltweit passiert durch die Massenmedien - Mobilität - Rasanter Wechsel von Konsumentenwünschen und Kundenbedürfnissen - Veränderungen von Lebensformen und Lebensgewohnheiten - Zusammenbrechen von Märkten und Berufen

- Hochgradige Instabilität des wirtschaftlichen, politischen und sozialen

Umfelds mit neuen Chancen und Risiken - Rasche Produktinnovation, immer kürzere Produktzyklen, Innovationsdruck in

den Betrieben, entsprechende betriebliche Umstellungen

1.5 Rahmenbedingung Nr.5: Verknappung der Ressource Geld

©Gerd Altmann/pixelio.de

Zivilisationskrankheiten, Drogenkonsum und die Folgekosten des organisierten Verbrechens

- Leben auf Pump vieler Konsumenten

- Das „zur Neige gehen“ natürlicher Ressourcen

- Kriege, Natur- und technische Katastrophen sowie die Folgen der Erwärmung der Erdatmosphäre kosten Unsummen

- Folgekosten gesellschaftlicher Fehlentwicklungen wie Überalterung, progressive Schädigung des menschlichen Immunabwehrsystems, Zunahme physischer und psychischer

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- „Verbranntes Geld“ durch die im amerikanischen Bankensystem ausgelöste Finanzkrise

- Notwendige Umverteilung des auf der Welt vorhandenen Reichtums - Ruinöser Verdrängungswettbewerb mit der Notwendigkeit von

Restrukturierungen in Unternehmen - Kontinuierlich sinkende Zahl von Arbeitsplätzen - Absinken unseres Lebensstandards

2. Resultierende Probleme und Herausforderungen Die derzeitigen Rahmenbedingungen wirken auf die Gesellschaften, Märkte und Menschen und lösen hinsichtlich Führungsfragen meiner Meinung nach Folgendes aus:

2.1 Dramatische Steigerung der Komplexität

- Wie beschrieben: Alles ist mit Allem vernetzt und es ist für einzelne Führungskräfte im Prinzip unmöglich, einen Überblick über das komplexe „Organisationsgewebe“ zu behalten

- Wie Hannes Wader schon 1972 gesungen hat: “ …..und was gestern noch galt, gilt schon heut oder morgen nicht mehr….“

- Das Führungsgeschäft hat sich stark verändert: Manager und Führungskräfte stehen zum Teil völlig unerwartet vor ganz neuen Aufgaben, die zum Teil völlig neue Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern

2.2 Verunsicherung über Führungsmodelle

Das Schwinden des alten, streng hierarchischen Führungsmodells löst Unsicherheiten über „Führungstechniken“ bei vielen Führungskräften aus.

- In den allermeisten Firmen und Institutionen ist die gelebte Kultur streng

hierarchisch. Das Wort „Hierarchie“ bedeutet seinem Wortsinn nach heilige Herrschaft oder Herrschaft der Heiligen (Doppler)

- Führungskräfte und Mitarbeiter, die ihr Verhalten an neuen Modellen ausrichten möchten scheitern an den Rahmenbedingungen

o „Das ist so, als wollte man in einem Land den Rechtsverkehr einführen, in dem alle Verkehrsschilder noch konsequent für den Linksverkehr

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gestaltet sind – und in dem zudem die Verkehrspolizisten noch nach dem alten System kontrollieren und ihre Strafzettel verteilen“. ( Klaus Doppler: Der Change Manager)

- Es besteht eine Handlungsunsicherheit auf Grund von fehlender persönlicher Auseinandersetzung sowie Erfahrungen mit neuen Führungspraktiken

o „Ich erinnere mich noch gut daran, als ich zum erstemal ein Auto mit ABS fahren sollte. Sicherheitshalber habe ich auf einem großen Platz vorher ausprobiert, dass eine Notbremsung mit voller Kraft tatsächlich nicht zur gewohnten Blockade führte und damit zwangsweise in einer gefährlichen Rutschpartie endete, sondern zu einem automatischen Stotterbremsen. Und ich kann mich noch ebenso gut an meine Erleichterung erinnern, dass dies nicht nur funktionierte, sondern das das Auto tatsächlich sogar unter erschwerten Bedingungen von Schneematsch und Eis effizienter, schneller und mit bedeutend kürzerem Bremsweg zum Stehen kam, als ich das je mit der gewohnten Art zu bremsen, geschafft hätte.( Klaus Doppler: Der Change Manager)

Dieses Beispiel zeigt wie wichtig es für uns Menschen ist die Chance zu haben, ein neues System zu verstehen und Möglichkeiten zum Experimentieren zu haben.

2.3 Beharrungskräfte bei Mensch und Organisation in einer sich stets wandelnden Welt

©Gert Altmann,/pixelio.de

Über die Natur von Veränderungen und Entwicklungen schreiben Doppler und Lauterburg:

1. Es ist immer alles in Bewegung. Alles ist immer im Fluss und stetem Wandel unterworfen.

2. Veränderungen sind Auswirkungen von Kraftfeldern.

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Die Kräfte und Energien, die in Persönlichkeiten und in Unternehmen wirken, gilt es wahrzunehmen und zu erkennen.

3. Veränderungen in einem sozialen Gefüge sind das Resultat divergierender Interessen und Bedürfnisse. Die Kräfte der Emotionen sind die eigentlichen Veränderungs- und Entwicklungskräfte. Nur wer diese Tatsache akzeptiert und die treibenden Kräfte erkennt und ernst nimmt, kann auch damit umgehen.

4. Notwendige Veränderungen finden immer statt – die Frage ist lediglich, auf welchem Wege. Die Energien und Kräfte, die durch notwendige Veränderungen entstehen, lassen sich nicht verhindern. Sie werden sich stets einen Weg suchen.

5. Sinnvolle Einflussnahme bedeutet, notwendige Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen, konsequent zu fördern und sozial verträglich zu gestalten.“ Dies ist die Arbeit des Managers der neuen Generation, das Managers, der mit den erforderlichen Veränderungen und Entwicklungen „mit-gehen“ muss und zwar „innerlich“ – also auf die eigene Persönlichkeit bezogen – sowie „äußerlich“. Das heißt: er muss das was um ihn herum geschieht im Blick und im Ohr haben, die Hand am Puls des Geschehens haben.

Beharrungskräfte äußern sich in Widerstand. Sie entstehen, weil Menschen Angst haben Sie sind somit ein Mittel, um sich selbst zu schützen und somit verbunden mit der Frage, wie viel Veränderung der Mensch verkraften kann. Die Veränderung eines streng hierarchisch geführten Unternehmens in ein Unternehmen mit flachen Hierarchien macht Führungskräften Angst wegen eines möglicherweise drohenden Bedeutungsverlustes. Klaus Doppler: „Alte Platzhirsche versuchen so lange es geht ihre einmal eroberte Revierzuständigkeit durch Abschottung, kleinkariertes Denken und imperiales Handeln zu erhalten und anzuwenden.“ Manche Führungskräfte vergessen, dass es sich bei den MitarbeiterInnen um Menschen handelt. Sie denken, Gefühle haben im Arbeitskontext nichts verloren. Das Ausklammern emotionaler Aspekte und seine Folgen werden im nächsten Abschnitt und im Abschnitt 2.3.2 „Wissen über das Funktionieren von Gruppen und Teams“, besprochen.

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2.4 Verkennung des Einflusses emotionaler Aspekte in Veränderungsprozessen

1art1 Die Spitze des Eisbergs,amazon.de

Im beruflichen Kontext haben Gefühle nichts zu suchen – so die landläufige Meinung. Wer dies sagt vergisst, dass jede Sachbotschaft auch eine Beziehungsbotschaft enthält. Wer also meint, nur auf einer sachlichen Ebene führen zu können, negiert quasi eine Tatsache. Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Es ist wie bei einem Eisberg. Die Sachebene stellt sozusagen die Spitze des Eisbergs dar. Der größte Teil des Eisbergs, die Beziehungsebene mit all ihren hochkomplexen emotionalen Aspekten, liegt verborgen unter der Oberfläche. Gerd Geyer und Ingrid Kohlhofer schreiben in ihrem Artikel über Emotionen in M&A Projekten: „…Eine Integration ist immer und unvermeidbar ein emotionaler Prozess… Integrierte Emotionalität wird zum Motor der Veränderung, Tabuisierung und Ignoranz führen zu offenem oder verdecktem Widerstand…“ MitarbeiterInnen brauchen Sicherheit und Vertrauen in Veränderungssituationen. Deshalb muss die Führung nachvollziehbare Daten, Gründe und Fakten kommunizieren. Sie muss Informationen offen, authentisch und interaktiv kommunizieren, denn wo Informationen fehlen, werden diese erfunden. Und Fehlinformationen bzw. Fantasien, die aus Mangel an Information und Transparenz entstehen, sind nur schwer wieder zu korrigieren. Organisationen sind letztendlich auch Gruppen. Deren Zusammenspiel und Handlungsfähigkeit können wachsen - und zwar immer dann,

- wenn es eine gemeinsame Vision, gemeinsame Ziele gibt - wenn Rollen und Arbeitsaufträge klar sind - wenn die Führung Orientierung gibt

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- wenn das soziale Miteinander geregelt ist, zum Beispiel auf Gerechtigkeit wert gelegt wird und eine Kultur der Wertschätzung gelebt wird

- wenn Unternehmensvision und Unternehmenskultur stimmig sind

Je ungeklärter die Beziehungen untereinander sind, umso handlungsunfähiger ist die Gruppe beziehungsweise Organisation. Fragen die sich stellen sind:

- Was läuft hier ab? - Was sind die eigentlichen Themen, die nicht angesprochen werden? - Wie wirkt sich dies auf das aktuelle Geschehen aus?

Und Fragen Einzelner könnten sein: - Wer spielt hier welche Rolle? - Welche Bedeutung werde ich in dieser Gruppe haben? - Was will und kann ich mir hier erlauben?

2.5 Zunahme der Bedeutung der Projektwirtschaft

©Stephanie Hofschlaeger/pixelio.de

Die Deutsche Bank Research hat ein bemerkenswertes Szenario für das Jahr 2020 entwickelt. Demnach soll die Projektwirtschaft fünfzehn Prozent der Wertschöpfung in Deutschland liefern. Im Jahr 2007 waren es gerade mal 2 Prozent. Unter „Projektwirtschaft“ versteht man laut GPM-Vorstand Reinhard Wagner, „zumeist temporäre, außerordentlich kooperative und oft globale Wertschöpfungsprozesse“. Rechtlich selbständige Unternehmen finden zu einer internationalen Gemeinschaft auf Zeit, zu einem gemeinsamen Kooperationsprojekt wie zum Beispiel einem Automobilprojekt, zusammen. So wird es in Zukunft möglicherweise nicht mehr „Made in Germany“ sondern „Created in Germany“ heißen. Denn: die Ressourcen dieser Welt sind endlich, nicht aber die Ideen – Ideen sind unendlich. Dies ist eine für mich faszinierende Tatsache und für Unternehmen eine große Chance.

Für das derzeitige Projektmanagement bedeutet die Zunahme einer globalen Projektwirtschaft eine Veränderung der Rahmenbedingungen. Die

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Anpassungsleistung wird in einer erhöhten Bedeutung von internationalen Projektmanagement-Standards liegen. Derzeit arbeiten zum Beispiel 40 Experten aus 25 Ländern an einer international gültigen PM-Norm mit Prozessmodell mit dem Namen: ISO 21500 „Guide to Projekt Management“. 2.6 Zunahme von Individualisierung bei den Mitarbeitern

Je dynamischer und komplexer und somit auch komplizierter die Welt wird, umso mehr Informationen gibt es, Informationen, die sich zum Teil auch widersprechen. Umso mehr sind Menschen darauf angewiesen, für sich selbst zu wissen was richtig ist, eine eigene Wertekultur, eine eigene Persönlichkeitskultur zu entwickeln. Ich nenne dies auch Lebensunternehmertum oder mit Peter Senge, Personal Mastery (persönliche Meisterschaft). Die Aufwertung des Individuellen betont Unterschiede. Für Führungskräfte bedeutet dies, dass Sie in der Lage sein müssen, mit mehr Unterschiedlichkeiten umzugehen. Sie müssen einerseits die Individualität der Mitarbeiter wahrnehmen und andererseits die Individuen zusammenführen können. Die MitarbeiterInnen passend machen, Kontrolle und Bewertung sind somit keine adäquaten Führungsinstrumente mehr.

3. Auswirkungen veränderter Rahmenbedingungen auf die Führungskultur

Kultur ist im weitesten Sinne alles, was der Mensch selbst gestaltend hervorbringt. Kulturleistungen sind alle formenden Umgestaltungen eines gegebenen Materials, wie in der Technik, der Bildenden Kunst, aber auch geistige Gebilde wie etwa im Rcht, in der Moral, der Religion, der Wirtschaft und der Wissenschaft.(Quelle: wikipedia) 3.1 Altes und neues Führungsverständnis

Nach dem alten Führungsverständnis bedeutet Führung: „Andere Führen“. „Die Oben“ führen „die Unten“. Denn „die Oben“ haben schließlich das Wissen und den Überblick. Sie sind die Zugpferde und Motivatoren, die Helden und Heroen, die Alles und Alle im Griff haben.

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Schließlich können solche Führer mit Recht verlangen, dass die Geführten ihnen folgen und loyal sind. Sie führen mit der Methode „An- und Zurechtweisung“. Allerdings: Andere zu führen bedeutet, die Selbstverantwortlichkeit der „zu Führenden“ einzuschränken. Manager die sich, wie es Klaus Doppler beschreibt als Antreiber, Macher, als Lokomotive verstehen, benötigen, systemisch gesehen, auf der anderen Seite passive Gegenstücke, Waggons die sich von der Lokomotive ziehen lassen.

Heute sollte Führung, ginge es nach Klaus Doppler, eine begründungspflichtige Servicefunktion sein, weil Führung in die Selbststeuerung der Menschen eingreift. Begründungspflichtig bedeutet: Es ist vorbei mit dem „Einfordern von Funktionieren und Gehorsam“. Gabriele Müller und Kay Hoffmann schreiben: „ Jede Organisation verändert sich permanent, wie dies auch jeder Organismus tut, denn eine lebendige Entwicklung führt zu notwendigen Schritten der Ablösung und des Neuanfangs. Geordnet werden diese Abläufe durch Führung von oben. Die Menschen fügen sich jedoch heute nicht mehr ohne weiteres in eine, durch einen autoritären Führungsstil verursachte Fremdbestimmung; sie sind über die Rolle von Erfüllungsgehilfen der von oben verordneten Aufgabenanweisungen hinausgewachsen. Die Führung hat sich also den Menschen anzupassen und nicht umgekehrt.“ Und Reinhard K. Sprenger sagt: „Führung muss komplett neu gedacht werden. Was wir brauchen ist nicht mehr oder weniger Führung, wir brauchen eine starke Führung die den Wandel, den Zweifel, das Widersprüchliche begrüßt, die das Individuelle nicht als Bedrohung erlebt, die selbstverantwortliche Menschen schätzt und die Unsicherheit als Chance begreift.“

Für Sprenger ist die Re-Etablierung von Führung als Führung ein zentrales Thema: Die Führungskraft ermächtigt fordert und fördert seine/ ihre Leute, wo immer es geht. Er/ Sie bedenkt bei allen Entscheidungen auch die Nebenwirkungen auf die Entwicklungsmöglichkeiten seiner/ ihrer MitarbeiterInnen.

3.2 Führungsaufgaben Weitere Führungsaufgaben sind: - Eine Unternehmenskultur der Vereinbarung zwischen mündigen Menschen

leben - Vertrauen schaffen: Reinhard K. Sprenger sagt: „Das Unternehmen, das seine

Mitarbeiter wirklich schätzt, braucht keine Instrumente und Methoden, die die Mitarbeiter letztlich nur Überwachen, Gleichmachen und somit Erniedrigen.“

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Er sagt weiterhin: „Nur ein Unternehmen, das Vertrauen ermöglicht und das die menschliche Individualität würdigt, wird die Zukunft für sich entscheiden“

- Wahlmöglichkeiten schaffen - Veränderungen wahrnehmen, mit Veränderungen mitgehen - Eine Kultur der Selbstwirksamkeit, eine Ermöglichungs-Kultur, Feedback-

Kultur, Selbstverpflichtungs-Kultur, eine Kultur, in der Energien im Fluss sind, eine Kultur des Vertrauens schaffen

- Dafür „Spielfelder“ schaffen - Vereinbarungen mit den Mitarbeitern treffen, die seitens der Führungskraft

auch einzuklagen sind - Gestaltungsmöglichkeiten schaffen - Freiräume der MitarbeiterInnen schützen - Dialogisch Arbeiten – hierarchiefrei arbeiten (siehe 3.2, lateral führen) - Chefs im Kontakt mit den Mitarbeitern - Zulassen von Funktionslust, Neugieraktivität und Selbstforderung - Fähigkeitspotenziale nützen: Mitarbeitern die Aktualisierung und Entfaltung

ihrer Talente ermöglichen - Mitverantwortung des Mitarbeiters: es geht nicht um Bequemlichkeit sondern

um Lebendigkeit, um persönliches Wachstum. Es geht um Selbstverantwortung, darum, sich für die eigene Entwicklung verantwortlich zu fühlen und nicht darauf zu warten, vom Unternehmen und deren Führungskräfte, entwickelt zu werden.

- Möglichkeiten für die MitarbeiterInnen schaffen, ein Werk zu vollbringen, Sinn zu erleben. Das Zusammengehören von Planen und Ausführen, die Möglichkeit zum Gestalten, Interaktion mit KollegInnen, Sinn und Nutzen der Arbeit erkennbar machen. Fragen: Was an ihrem Arbeitsplatz behindert ihre Begeisterung? Wie müsste ihre Arbeit sein, um sie vollständig, rund zu machen?

- Gute, gerechte Führungskräfte lassen die Erfolge dort wo sie hingehören und das sind häufig die MitarbeiterInnen. Sich nicht mit fremden Federn schmücken sondern Erfolge nach Oben und Außen entsprechend präsentieren oder von den MitarbeiterInnen selbst präsentieren lassen, ist Führungsaufgabe.

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3.3 „Laterale“ Führung: Führung ohne disziplinarische Macht

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Neue Anforderungen an Führungskräfte ergeben sich bei Führungsaufgaben in flachen Hierarchien, zum Beispiel bei der Führung in Projekten. Die Führungsposition als Projektleiter wird zeitlich begrenzt verliehen und bezieht sich auf ein bestimmtes Projekt. Hierarchische Beziehungen sind somit nicht dauerhaft und eindeutig geregelt. So ist es möglich dass eine Führungskraft in Projekt X als Führungskraft, in Projekt Y als einfaches Mitglied der Projektgruppe auftreten muss. Weitere Fragen zum Führungsstil stellen sich, wenn Externe, zum Beispiel in Projekten, mitarbeiten. Externe sind häufig nur für einen begrenzten Zeitraum und für eine bestimmte Aufgabe tätig. Hinzu kommen Experten, die mit ihrem Expertenwissen den anderen Projektmitgliedern häufig überlegen sind. Dies bedeutet, dass ProjektleiterInnen Diskontinuitäten, Inkohärenzen und Abstimmungsschwierigkeiten durch das Zusammenwirken unterschiedlichster Menschen und Schnittstellen ausgesetzt sind. Von der Führungskraft wird erwartet, dass sie mit diesen Widersprüchen und mit dieser Komplexität umgehen kann. Führen ohne disziplinarische Macht bedeutet also Führen durch: Akzeptanz schaffen, Einbeziehen, Wertschätzen von Unterschieden, gemeinsame Zielvereinbarungen, verbindliche Vereinbarungen, Führen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Interessenlagen und individueller Befindlich- und Empfindlichkeiten, Führen über Integrität, Glaubwürdigkeit und über das Schaffen von Vertrauen. Siehe auch unter Abschnitt 3.3.3 Wissen über das Funktionieren von Gruppen und Teams.

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3.4 Anforderungen an Führung im 21.Jahrhundert

3.4.1 Motivation statt Motivierung Die Motivierung gehört zum alten, die Ermöglichung und das „nicht-zerstören“ von Motivation, zum neuen Führungsverständnis. Als Motivierung bezeichnet Sprenger das absichtsvolle Handeln eines Vorgesetzten oder das in Funktion bringen von Anreizsystemen, das nichts anderes als Fremdsteuerung ist. In Unternehmen (und nicht nur dort) geht es darum, jemanden mit Motiven auszustatten, die dieser vorher nicht hatte, die Mitarbeiter zu maximalen Arbeitsleistungen anzureizen. Es geht um das Erzeugen, Erhalten und Steigern der Verhaltensbereitschaft durch den Vorgesetzten. Motivierung ist somit Manipulation oder Erpressung oder Verführung. Und – das System der Motivierung ist methodisiertes Misstrauen. Das Wort Motivation leitet sich her vom lateinischen „in motivum ire“ was bedeutet, in das einsteigen, was (den Menschen) bewegt. Motivation wird verstanden als der Zustand aktivierter Verhaltensbereitschaft. Motivation ist intrinsisch. Intrinsisch motivierte Menschen sind zu hohen Leistungen fähig. Motivation bezeichnet die Eigensteuerung des Individuums und ist von daher diesem ganz zu Eigen.

3.4.2 Wissen über das Funktionieren von Gruppen und Teams

Das Konzept „laterale Führung“ meint, wie das Wort „lateral“ schon sagt, Führung von der Seite. Laterale Führung wird notwendig bei der Führung von Projektgruppen und Projektteams. Wer Veränderung gestalten will braucht als grundlegendes Handwerkszeug gruppendynamisches Wissen:

- Das Wissen um die Normalität von Durchhängern, Krisen und Turbulenzen.

- Die Fähigkeit, Gruppenprozesse zu analysieren. - Wissen über Gestaltungs- und Steuerungsmechanismen von Gruppen.

Eine Führungskraft die um diese Prozesse weiß und diese anerkennt, wird den oben genannten Umständen in der Prozessentwicklung Rechnung tragen.

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Siehe auch unter 2.4, in dem es um die emotionalen Aspekte in Veränderungsprozessen und somit auch um gruppendynamische Prozesse geht.

3.4.3 Kommunikative Kompetenzen

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Wir leben in Systemen, in denen Personen, Gruppen, Prozesse und Organisationen immer häufiger und zum Teil auch überraschend miteinander vernetzt werden. Deshalb müssen Menschen immer stärker in der Lage sein, schnell mit Anderen in Kontakt zu treten und arbeitsfähig zu werden. Dazu benötigen Menschen die Fähigkeit zur inneren Kommunikation also zur Selbstreflexion genauso wie die Fähigkeit nach Außen, mit einem Gegenüber zu kommunizieren.

Der Wortstamm des Wortes Kommunikation „communis“, bedeutet gemeinsam. Kommunikation drückt sich aus in Verhalten. Kommunikation ist ein Prozess. Kommunikation kann dann als gelungen bezeichnet werden, wenn die Beteiligten sich eine gemeinsame Grundlage, ein gemeinsames Verständnis, eine Meinung, Anschauung oder Überzeugung geschaffen haben heißt: wenn sie sich wirklich verständigt haben. Dabei müssen sie nicht inhaltlich übereinstimmen. Auch das amerikanische: „We agree to differ“, bildet eine gemeinsame Grundlage. Dabei ist es dennoch möglich, in Erfahrung zu bringen, was der jeweils Andere im Sinne hat, fühlt und meint.

Als wesentlicher Akt gehört zur Kommunikation nicht nur das Reden/ Senden, sondern auch das Zuhören/ Empfangen/ Übersetzen. Die Qualität der Kommunikation entscheidet über die Qualität der Zusammenarbeit.

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Dialogische Kommunikation ermöglicht es Menschen, miteinander zu denken, gemeinsam zu neuen Erkenntnissen zu kommen, verbunden mit dem ernsthaften Versuch, sich gegenseitig zu verstehen. Dialogische Kommunikation ermöglicht Feedback. Feedbacks ermöglichen MitarbeiterInnen und Führungskräften wichtige Einsichten in ihr eigenes Verhalten beziehungsweise das der Gruppe, der Abteilung, des Teams. Das Erlernen und Ausüben von Dialog- und Feedback kann nur auf dem Hintergrund einer sich gegenseitig schätzenden und würdigenden Haltung geschehen. Bei all den Anforderungen an die Führungsarbeit konnte ich insbesondere zwei Schlüsselfähigkeiten identifizieren.

4 Schlüsselkompetenzen zur erfolgreichen Führungsarbeit

4.1. Fähigkeit zur Selbstführung

Ich behaupte: Jede Führung beginnt mit der Fähigkeit zur Selbstführung. Wenn selbstmotivierte und selbstverantwortlich denkende und handelnde MitarbeiterInnen das Ziel von Führungskräften sind, dann gilt dies für die Führungskraft als Vorbild in ganz erheblichem Ausmaß. Peter Senge nennt die Fähigkeit zu selbstverantwortlichem Denken und Handeln und somit auch die Fähigkeit zu Selbstführung und Selbstschulung „Personal Mastery“. Peter Senge beschreibt Personal Mastery in seinem Buch „Die fünfte Disziplin“ unter anderem folgendermaßen: „Personal Mastery ist die Disziplin der Selbstführung und Persönlichkeitsentwicklung. Sie ist immer verbunden mit einem Streben nach Selbstführung und Selbstschulung. Menschen mit Personal Mastery gehen an ihr Leben heran wie an ein schöpferisches Werk. Sie erweitern permanent ihre Fähigkeiten um genau die Ergebnisse zu erzielen, die sie in ihrem Leben wahrhaft anstreben. Die Fähigkeit zur Selbstführung ist eine Voraussetzung zur Mitarbeiterführung. Angesichts wachsender Probleme in der Welt und in unserer Gesellschaft wird es zunehmend wichtiger, selbständig eine Sichtweise, ein Konzept oder eine Lebensform zu finden und zu entwickeln die geeignet ist, den anstehenden Problemen auf angemessene Weise und - vor allem - wirkungsvoll zu begegnen.“

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Zum Thema „Selbstorganisation und Selbstverantwortung schreiben Gabriele Müller und Kay Hoffmann: „Unter den Bedingungen der Selbstorganisation, die die verordnete Ordnung von Oben ablöst, kann ein Zustand entstehen, in dem sich jeder selbstverantwortlich und gleichzeitig intuitiv auf ein übergeordnetes Ganzes hin ausrichtet und sich ökologisch darauf abstimmt. Im Spiel und Tanz geschieht genau diese Abstimmung, die nicht rational und kontrolliert vor sich geht. Berührung und Austausch statt Abgrenzung und Isolation sind wichtige Faktoren für das Zustandekommen dieses Wunders oder Zufalls – der letztlich wieder System hat.“ Die Fähigkeit zur Selbstführung setzt eine Entwicklung der eigenen Führungsidentität voraus, denn wer sich selbst zu führen weiß, hat sich intensiv mit sich selbst auseinander- und zusammengesetzt.

4.2 Die Notwendigkeit der Entwicklung von Führungsidentität

Definition des Begriffs „Führungsidentität“ : Die Identität einer Führungskraft ist nach Schreyögg und Lührmann kein stabiles Gebilde. Vielmehr wird, wenn von Führungsidentität gesprochen wird davon ausgegangen, dass ein Individuum heute in verschiedenen Kontexten verschiedene Teil-Identitäten ausbildet. Dementsprechend ist zwischen der positionsbezogenen Identität in der Rolle als Führungskraft und anderen personalen Identitäten zu unterscheiden.

Zitat: Georg Schreyögg/ Thomas Lührmann „Traditionellerweise waren Rollen und die mit ihnen verbundenen Identitäten durch die organisatorische Hierarchie klar definiert und abgegrenzt. Sie waren sowohl für Geführte als auch für Führungskräfte eine Quelle ihres Selbstverständnisses. In modernen Organisationen jedoch sind die organisatorischen Erwartungen und Rollenzuweisungen weniger klar und eindeutig, die Identitäten von Vorgesetzten und Geführten müssen daher stärker selbst definiert und im wechselseitigen Interaktionsprozess ausgehandelt werden“. (Quelle: http://www.zfo.de/Artikel/06010002.htm)

Drei Fragen muss sich die Führungskraft laut Schreyögg/Lührmann stellen:

1. Wie gehe ich mit so viel Unterschiedlichkeit bezüglich Erwartungen um? Wie viel an Unterschiedlichkeit kann ich aushalten? Was macht diesbezüglich mein Selbstverständnis aus?

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2. Wie viele Widersprüche bzgl. Rollenerwartungen kann ich aushalten? Wie viel an unterschiedlichen Rollen bin ich bereit und in der Lage zu erfüllen, ohne meinen inneren Zusammenhang, meine innere Einheitlichkeit zu verlieren?

3. Was ist meine biografische Leitlinie, was sind meine gelernten Muster im Umgang mit Veränderungen? Und wie kann ich diese Veränderungen plausibel machen?

Führungskräfte stehen heute vor völlig anderen Problemen, werden mit widersprüchlichen Erwartungen und neuen Rollen konfrontiert. Sie haben eine Balancierungsaufgabe wofür sie Fähigkeit brauchen, mit diesen unterschiedlichen Erwartungen und widersprüchlichen Rollen auf einer biografischen Leitlinie umzugehen. Damit dies gelingt ist es von Vorteil, die biografische Leitlinie und die sich daraus ergebenden Handlungen und Spielräume in der Supervision zu reflektieren. Heißt: Die eigenen „Erfolgsspuren“ erkennen, übersetzen, ausbauen und für andere Gebiete nützen. Dies macht Sinn, ist doch die Reflexion der eigenen Biografie mit den damit verbundenen inneren Landkarten und erworbenen Mustern im Alleingang kaum möglich, sondern am Besten mit Unterstützung professioneller Supervision zu leisten. Für Führungskräfte bedeutet dies, dass sie sich ihr Führungsverständnis zu wesentlichen Teilen selbst erarbeiten müssen. Vorbei ist es mit der Komfortzone, die starre Hierarchien häufig mit sich bringen. Eine supervisorische Begleitung kann für diesen Prozess äußerst hilfreich sein. Die Komplexität, die Anforderungen etc. die sich im Außen vorfinden, benötigen eine entsprechende Komplexität im Inneren der Führungspersönlichkeit, damit diese in der Lage ist, damit umzugehen.

Ausgangspunkt jeder Identitätsentwicklung beim Menschen sind die inneren Landkarten, die im Zuge der (früh)kindlichen Entwicklung „geschrieben, angelegt oder gebaut“ wurden. Ein großer Teil der menschlichen Identitätsentwicklung bezüglich dem späteren Umgang mit und auch dem Ausüben von Führung basiert dementsprechend auf den Erfahrungen mit den ersten Interaktionspartnern, vor Allem mit den Eltern, aber auch mit anderen einflussreichen Personen aus der Verwandtschaft, Schule, Sportverein, etc.

Ruth Seliger schreibt: „Identität bedeutet, eine klare Grenze zwischen dem Innen und dem Außen eines Systems zu ziehen: Wer und was gehört dazu, was

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unterscheidet uns von den anderen? Dieses Thema gewinnt durch Globalisierung und Dezentralisierung von zunehmend unüberschaubar werdenden Organisationen zunehmend an Bedeutung, weil Systemgrenzen verschwimmen und Identität für die Mitglieder von Organisationen kaum mehr besteht, Menschen sich nicht mehr zugehörig und identifiziert mit ihrer Organisation fühlen.“

Und Gabriele Müller und Kay Hoffmann schreiben: „Indem man die unbewussten Strategien, von denen man bislang getrieben wurde, untersucht und sich dafür entscheidet, sie bewusst zu gestalten beziehungsweise umzugestalten, handelt man strategisch. Man kann vom Unbewussten dort, wo es nützliche Strategien entwickelt hat, lernen und unbewusste Strategien verbessern, wenn sie sich als veraltet, beschränkend oder einfach umständlich und reizlos erwiesen haben.. Indem die Strategie hinter der Strategie entdeckt wird, indem man ein Gefühl für Metastrategien entwickelt, erweitert man die persönliche Flexibilität und Souveränität. (Gabriele Müller, Kay Hoffmann: Systemisches Coaching).“

Entwicklung von Identität bedeutet auch immer Entwicklung von Individualität. Führungskräfte, die souverän mit individuellen Mitarbeitern umgehen sollen und wollen, sind gefordert, sich mit ihrer eigenen Identität und Individualität auseinanderzusetzen.

5 Der Nutzen von supervisorischer Beratung für Führungskräfte

Beschäftig man sich mit all den komplexen Aspekten von Führung dann wird deutlich, dass für das erfolgreiche Wahrnehmen von Führungsaufgaben insbesondere die Fähigkeit und der Willen zur Reflexion eigenen Führungsverhaltens notwendig geworden ist. Die supervisorische Beratung von Führungskräften fokussiert die Rolle der Führungskraft als Schnittstelle zwischen Organisation und Persönlichkeit, ist „Rollenberatung“. Wie beschrieben, wirken sich die globalen Veränderungen auf die Führungsrollen und somit auch die Führungskräfte aus.

Veränderungen bringen häufig neue Herausforderungen mit sich. Dabei ist es noch die einfachste Aufgabe, neues Fachwissen zu erlangen. Schwieriger ist es wenn es darum geht, neue Kompetenzen im zwischenmenschlichen Bereich – zum Beispiel im Bereich Kommunikation – zu erlangen.

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Supervision kann auf der strukturellen Ebene Führungskräften Entlastung in Problemsituationen bringen, zum Beispiel immer dann, wenn schwierige und konfliktproduzierende Strukturen deutlich werden. Die Entlastung erfährt die Führungskraft durch eine „Entschuldung“. Die Führungskraft erkennt zum Beispiel an Hand einer Organigramm-Arbeit auf Papier oder mit Klötzen und durch fragendes Erkunden, dass bestimmte Organisations-Strukturen bestimmte Probleme produzieren. Ein weiteres Beispiel ist die Reflexion über die zunehmende Komplexität der Arbeit. Komplexität erfordert die gleichzeitige Beachtung vieler Merkmale. Man kann fast nie nur eine Sache denken oder machen. Die Beeinflussung nur einer Variablen hat vielerlei Fern-, Neben- und Rückwirkungen. Deshalb sind Ziele und Zwischenziele und auch die Überprüfung und gegebenenfalls Neuausrichtung dieser Ziele wichtig. Hierfür gibt Supervision neben dem fachlichen, auch einen zeitlichen und organisatorischen Rahmen.

Auf der Ebene der Beziehungen bietet Supervision, in allen Bereichen die mit Kommunikation zu tun haben, Unterstützung. Supervision ermöglicht die Kommunikation über Kommunikation und thematisiert auch den Umgang mit Emotionen, zum Beispiel mit Widerstand. Supervision bietet die Reflexion der eigenen Kommunikation und damit die Reflexion von Verhalten und die Reflexion über deren Aus- und Rückwirkungen. Diese werden mit Hilfe von zirkulären Fragen für die Führungskraft erfahrbar gemacht. Supervision ermöglicht der Führungskraft die Analyse von Konflikten und eine Reflexion über den Umgang mit MitarbeiterInnen in Konflikten zum Beispiel mit Hilfe der paradoxen Frag, was er/ sie tun könnte, um den Konflikt zu verschärfen. So kann eine Führungskraft zunehmend zu einem dialogischen „zusammen-arbeiten“ kommen, wenn sie eine Kultur von Vertrauen und Sicherheit, von fließenden Kommunikationsenergien im Unternehmen fördern möchte. Dabei ist das „dialogische Führen“ nicht als Methode, sondern als Prozess und innere Haltung zu sehen. Methoden sind tendenziell mit Vorsicht zu genießen, da Methoden gern genutzte Werkzeuge sind, um etwas zwischen sich und die MitarbeiterInnen zu stellen. Auf der Ebene der persönlichen Themen können Antworten zu der Frage, „was hat das alles mit mir zu tun?“, gefunden werden. Fragen, an denen die Führungskraft arbeiten kann sind zum Beispiel: “ Was ist mein Selbstverständnis als Führungskraft, meine Führungsidentität?“ „Woher kommt dieses Selbstverständnis?“ „Was habe ich über Führung gelernt?“ „Was sind meine Erfolgsstrategien?“ oder „Worin bin ich, war ich bisher erfolgreich?“ und auch: „Worüber stolpere ich immer wieder?“

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Supervision lässt das Wissen über sich selbst und somit „Selbst-Verständnis“, „Selbst-Bewusstsein“ und „Selbst-Vertrauen“ wachsen. Es erweitert durch Erkenntnisse und innere Erlebnisse die Problemlösungskompetenzen und Handlungsmöglichkeiten von Führungskräften und führt so zu persönlichem Wachstum.

Hinsichtlich meiner Beratungsarbeit für Führungskräfte nehme ich mit:

Jeder Mensch, jede Führungskraft hat dies wohl schon erlebt: Veränderungen bringen Verstörungen und Instabilitäten mit sich und erhöhen damit Unsicherheiten.

Supervision bedient unter Anderem das Bedürfnis der Führungskräfte, wieder in Balance und damit zu Sicherheiten zu kommen. Dies gilt auch dann, wenn Arbeitsplätze durch wie auch immer geartete Change-Prozesse wegfallen oder mit völlig neuen Erwartungen belegt werden. Systemische Supervision ist für mich das geeignete Mittel, um Sicherheit und Balance mit und für Führungskräfte zu erreichen, nämlich durch die Reflexion der Führungsarbeit und die Bereitstellung der Möglichkeit ein eigenes Führung-Drehbuch zu schreiben.

Bezogen auf den permanenten Wandel und die damit einhergehende Dynamik und Komplexität dem die Unternehmen und Führungskräfte unterworfen sind, ist es meiner Meinung nach für Führungskräfte besonders wichtig die äußere Komplexität mit einer inneren Komplexität und die äußere Dynamik mit innerer Stabilität beantworten zu können. Innere Komplexität wird in der supervisorischen Arbeit erschaffen durch die Reflexion der Arbeitsweise im Hinblick auf die eigenen Lebenslinien, durch die Veränderung von Blickwinkeln, durch zirkuläre Fragen durch die Ermöglichung von Nach- und Umdenken, durch die Erweiterungen von Möglichkeiten. Innere Stabilität wird erschaffen durch die Beschäftigung mit dem Thema „Führungsidentität“. Beide sorgen dafür, dass Führungskräfte sich in den Fluss der Veränderungen begeben können.

Dies möchte ich Führungskräften durch meine Art der Beratungsarbeit ermöglichen, deren Grundgedanken und Grundhaltungen ich hier beschrieben habe.

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6 Quellenangaben

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Den Unternehmenswandel gestalten, campus 2005 - Geyer, Gerd und Kohlhofer Ingrid: Emotionen in M&A Projekten, Zeitschrift

OrganisationsEntwicklung, Emotionen im Wandel, Heft 3 2008 - Königswieser Roswita, Hillebrand Martin: Einführung in die systemische

Organisationsberatung, Carl-Auer-Systeme Verlag 2007 - Müller Gabriele, Hoffmann Kay: Systemisches Coaching, Carl-Auer-Systeme Verlag

2002 - Schlippe, Arist von; Schweizer, Jochen: Lehrbuch der systemischen Therapie und

Beratung, Vandenhoeck und Ruprecht 2002 - Schreyögg, Georg/ Lührmann, Thomas, http://www.zfo.de/Artikel/06010002.htm,

Führungsidentität: Zu neueren Entwicklungen in Führungskonstellationen und der Identitätsforschung, Zeitschrift Führung und Organisation Nr.01 vom 01.01.2006 Seite 11

- Steeger, Oliver: „Die Projektwirtschaft wird 15 Prozent der deutschen Wertschöpfung liefern“, Zeitschrift Projektmanagement 4/2008

- Senge, Peter M.: Die fünfte Disziplin, Klett-Cotta - Senge, Peter M.; Kleiner, Art Smith, Bryan; Roberts, Charlotte; Ross, Richard; Das

Fieldbook zu fünften Disziplin - Seliger, Ruth: Einführung in Großgruppen-Methoden, Carl-Auer 2008 - Simon, Fritz B. / Ulrich Clement / Helm Stierlin: Die Sprache der Familientherapie,

Klett-Cotta 2004 - Sprenger, Reinhard K.: Mythos Motivation, campus 2007 - Sprenger, Reinhard K.: Aufstand des Individuums, campus 2000 - Sprenger, Reinhard K.: Vertrauen führt - www.handelsblatt.com/politik - www.pixelio.de - www.zeit.de/online/2007/43/fachkraeftemangel-ingenieure