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Ihr Experten-Team: Antje Wenninger und Horst Arnold Antje Wenninger ist Geschäftsführerin der inter- kulturellen Personalberatung cultureworks. Als zertifizierte interkulturelle Trainerin und Coach arbeitet Sie zurzeit erfolgreich in Südostasien, China, Südkorea und Deutschland. Dieser Bei- trag enstand in Zusammenarbeit mit Horst Ar- nold, Protokollchef der Bundespräsidenten von 1974 bis 2001. A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z Suchwortverzeichnis Tipps & Trends Cross-Culture-Knigge C 90/1 www.stil.de Ausgabe 2/2011 33 Fit fürs „Global Business“: Interkultu- relle Kompetenz im Geschäftsalltag Beschaffung in Indien, Verkauf in China, Beratung aus den USA, Kommunikation mit dem Tochterkonzern in Russland: Die Globalisierung betrifft wahrscheinlich auch Ihren Arbeitstag. Immer häufiger müssen Sie internationale Telefongespräche annehmen, E-Mails und Briefe auf Englisch formulieren und Verhandlungen, Konferenzen oder Geschäftsessen orga- nisieren, an denen internationale Geschäftspartner, Kollegen oder Kunden teil- nehmen. Dieser Beitrag schildert acht typische Herausforderungen aus dem wahren Leben und sensibilisiert Sie für Details und Fettnäpfchen. Die Themen: Was tun Sie, wenn es kulturelle Missverständnisse gibt? . . . . . 2 Machen Sie den Test: Sind Sie fit für interkulturelle Herausforderungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Alle Antworten auf einen Blick: Sind Sie fit für interkulturelle Herausforderungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Haben Sie alles gewusst? Interkulturelle Kompetenz als lebenslanger Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 DARUM GEHT ES:

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Trends

Ihr Experten-Team:Antje Wenninger und Horst Arnold

Antje Wenninger ist Geschäftsführerin der inter-kulturellen Personalberatung cultureworks. Als zertifizierte interkulturelle Trainerin und Coach arbeitet Sie zurzeit erfolgreich in Südostasien, China, Südkorea und Deutschland. Dieser Bei-trag enstand in Zusammenarbeit mit Horst Ar-nold, Protokollchef der Bundespräsidenten von 1974 bis 2001.

Fit fürs „Global Business“: Interkultu-relle Kompetenz im Geschäftsalltag

Beschaffung in Indien, Verkauf in China, Beratung aus den USA, Kommunikation mit dem Tochterkonzern in Russland: Die

Globalisierung betrifft wahrscheinlich auch Ihren Arbeitstag. Immer häufiger müssen Sie internationale Telefongespräche annehmen, E-Mails und Briefe auf Englisch formulieren und Verhandlungen, Konferenzen oder Geschäftsessen orga-nisieren, an denen internationale Geschäftspartner, Kollegen oder Kunden teil-nehmen. Dieser Beitrag schildert acht typische Herausforderungen aus dem wahren Leben und sensibilisiert Sie für Details und Fettnäpfchen.

Die Themen: Was tun Sie, wenn es kulturelle Missverständnisse gibt? . . . . . 2

Machen Sie den Test: Sind Sie fit für interkulturelleHerausforderungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Alle Antworten auf einen Blick: Sind Sie fit für interkulturelleHerausforderungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Haben Sie alles gewusst? Interkulturelle Kompetenz alslebenslanger Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

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C 90/2 Cross-Culture-Knigge

Was tun Sie, wenn es kulturelle Missverständnisse gibt?

Stellen Sie sich vor: Ihr Chef, einige Ihrer Kollegen undSie tagen gerade mit einer Delegation aus Asien. Es istgleich Mittagszeit und Sie freuen sich schon auf einenkurzen Spaziergang an der frischen Luft. Kaum ist die Be-sprechung beendet, „verschwinden“ Ihre Kollegen inWindeseile in die Mittagspause, und Ihr Chef eilt nochschnell in die nächste Telefonkonferenz. Übrig bleiben dieasiatische Delegation – und Sie. Die hochrangigen Gästewarten irritiert und machen keine Anstalten, den Bespre-chungsraum zu verlassen.

So ähnlich hat sich eine wahre Begebenheit zugetragen. Ineiner solchen Situation wird von Ihnen als Meeting-Ver-antwortlicher nicht nur Selbstbewusstsein, sondern auchKreativität und interkulturelle Kompetenz gefordert. Plötz-lich liegt es in Ihrer Hand, das Gesicht Ihres Chefs zu wah-ren und womöglich den gesamten Geschäftsabschluss zuermöglichen.

So handeln Sie kompetent und rettendie Situation

Wie wäre es, wenn Sie den Herren ein Lächeln schenkenund sie freundlich bitten, noch einmal für einen kurzenMoment im Besprechungsraum Platz zu nehmen. Sie er-klären, dass die Taxen zur gemeinsamen Fahrt ins Restau-rant in wenigen Minuten da sein werden. Drei Anrufe spä-ter haben Sie die Gefahr gebannt. Der Chef ist informiertund zurück im Besprechungsraum, die Taxen sind bestellt,und der Tisch im Restaurant ist reserviert.

Zum Glück wussten Sie im Gegensatz zu allen anderenBeteiligten: Das gemeinsame Essen ist für die meistenAsiaten der wichtigste Teil der Geschäftsverhandlung. Ander Gästebewirtung und der Gastfreundschaft zu sparen,

Eine wahreBegebenheit

GemeinsameMahlzeiten werden

erwartet

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Cross-Culture-Knigge C 90/3

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würde nicht nur die Gäste irritieren, sondern auch die Ge-schäftsbeziehung gefährden.

Sie sind der Schlüssel zum Erfolg

Andere Länder, andere Sitten: Selbstverständlich wissenSie, dass Sie heutzutage bei Ihren internationalen Aufga-ben kulturelle Besonderheiten berücksichtigen müssen.Ihr Gespür für kulturelle Unterschiede und Erwartungenkann über Erfolg und Niederlage mit entscheiden, wienicht nur das Beispiel auf Seite C 90/2 dieses Beitrags be-weist. Doch welche weiteren kulturspezifischen Aspektemüssen Sie im Geschäftsalltag berücksichtigen?

Machen Sie den Test: Sind Sie fit für interkulturelle Herausforderungen?Im folgenden Quiz können Sie Ihre Stärken auf dem inter-nationalen Parkett testen und Ihr Wissen erweitern. Bei ei-nigen Fragen sind mehrere Antworten richtig. Ausführli-che Erläuterungen finden Sie ab Seite C 90/7 in diesemBeitrag.

1. Situation: Wie schreiben Sie einen österreichischen Finanzdirektor an?

Sie organisieren ein bevorstehendes Firmenjubiläum undIhr Chef bittet Sie, auch den Finanzdirektor eines öster-reichischen Unternehmens einzuladen, zu dem erste Ge-schäftskontakte bestehen. Der Finanzdirektor heißt JosephPützer. Wie schreiben Sie ihn in der Einladung an?

a) Sie wissen, dass Titel in Österreich nicht so wichtig sind, und schreiben „Sehr geehrter Herr Pützer“.

b) Sie entscheiden sich für die Anrede „Sehr geehrter Herr Finanzdirektor“.

c) Sie schreiben „Sehr geehrter Herr Dr. Pützer“.

Seite C 90/2

Seite C 90/7

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C 90/4 Cross-Culture-Knigge

2. Situation: Sollen Sie das Gespräch annehmen?

Sie haben Ihrer Sekretärin ausdrücklich gesagt, dass Sie„für niemanden“ zu sprechen sind. Dennoch ruft sie anund möchte einen chinesischen Kunden zu Ihnen durch-stellen, der hartnäckig ist und unbedingt den Chef spre-chen möchte. Sollen Sie das Gespräch annehmen?

a) Sie erteilen Ihrer Sekretärin eine Rüge. Hat sie nicht verstanden, dass Sie für niemanden zu sprechen sind?

b) Sie bitten die Sekretärin, den chinesischen Kunden auf den nächsten Tag zu vertrösten.

c) Sie danken Ihrer Sekretärin und nehmen das Gespräch an.

d) Sie weisen Ihre Sekretärin an, den Kunden darum zu bitten, sein Anliegen per E-Mail zu formulieren, damit es keine sprachlichen Missverständnisse gibt.

3. Situation: Was müssen Sie bei der Organisa-tion einer internationalen Konferenz beachten?

Sie sind beauftragt, eine eintägige internationale Konfe-renz zu terminieren und zu organisieren, an der die Ge-schäftsleiter und die Führungskräfte aller Tochterkonzer-ne weltweit teilnehmen sollen. Welche Aussagen treffenzu? Mehrere Antworten sind möglich.

a) Bei der Terminfindung berücksichtigen Sie die Vorlie-ben des obersten Chefs. Außerdem stellen Sie sicher, dass der Termin möglichst bei niemandem mit Ferien- oder Feiertagen kollidiert.

b) Ein Freitag ist besonders geeignet, damit die Führungs-kräfte am Wochenende Zeit zum Sightseeing haben.

c) Die Führungskräfte freuen sich besonders, wenn für sie ein kleines und persönlich geführtes Hotel reserviert wird.

d) Ein großes Hotel einer bekannten Hotelkette ist eine gute Wahl.

Abwimmelnvon Kunden

Terminfindungmit ausländischen

Gästen

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4. Situation: Welches Rahmenprogramm gefällt Ihren brasilianischen Geschäftspartnern?

Ihr Unternehmen erwartet eine Delegation brasilianischerGeschäftspartner eines Unternehmerverbundes aus SaoPaulo. Die Delegations-Mitglieder werden insgesamt dreiTage bleiben. Ihr Chef beauftragt Sie mit der Vorbereitungdes Rahmenprogramms. Worauf sollten Sie achten?

a) Sie sorgen für einen pünktlichen Feierabend, damit die Delegation genug Freizeit hat, um alleine Geschenke einkaufen zu gehen.

b) Sie haben gehört, dass brasilianische Geschäftsleute es mit der Pünktlichkeit nicht so genau nehmen. Sie sor-gen für großzügige Pausen, um Unpünktlichkeit entge-genzuwirken.

c) Sie planen ein Abendprogramm mit deutschem Kultur-programm und authentischem brasilianischen Essen. Sie stellen sicher, dass die Delegation aus dem Hotel abgeholt wird.

d) Sie warten erst einmal ab, um das Programm zusam-men mit den brasilianischen Geschäftsleuten zu klären und auf spontane Wünsche eingehen zu können.

5. Situation: Worüber reden Sie mit britischen Gentlemen?

Sie empfangen zwei britische Geschäftspartner im Be-sprechungsraum und warten noch auf weitere Kolleginnenund Kollegen. Worüber sprechen Sie in der Zwischenzeitam besten? Mehrere Antworten sind möglich.

a) Sie holen Ihre Familienbilder aus der Handtasche und erkundigen sich freundlich, ob die Herren auch Kinder haben.

b) Sie fangen an, über das Wetter zu sprechen.

c) Sie lenken das Gespräch auf das Thema Fußball und berichten von einem aktuellen Zeitungsartikel über die

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Fußballweltmeisterschaft, den Sie heute früh gelesen haben.

d) Sie testen den berühmten britischen Humor und erzäh-len einen verschmitzten Witz über die Queen.

6. Situation: Was dürfen Muslime essenund trinken?Ihr Chef beauftragt Sie, ein Bankettessen für eine interna-tionale Marketingveranstaltung zu organisieren, bei derunter anderem muslimische Geschäftspartner aus Malay-sia anwesend sein werden. Sie sprechen die Menükartemit der Bankettleitung durch. Worauf müssen Sie achten?Mehrere Antworten sind möglich.

a) Da strenge Muslime keinen Alkohol trinken, darf auf der Veranstaltung kein Alkohol ausgeschenkt werden.

b) Bei der Zubereitung der Speisen darf keine Gelatine verwendet werden. Auch Schweinefleisch ist tabu.

c) Ihre muslimischen Gäste freuen sich besonders, wenn das Hauptgericht aus einem blutigen Rindersteak besteht.

d) Nur geschächtetes Fleisch ist erlaubt.

7. Situation: Womit müssen Sie bei indischen Geschäftspartnern rechnen?Eine Assistentin begleitet ihren Chef zum ersten Mal aufeine Dienstreise nach Singapur. Dort treffen die beidenauf zwei neue Geschäftspartner indischer Herkunft, umüber die Gründung eines gemeinsamen Tochterunterneh-mens (Joint Venture) zu sprechen. Sie treffen zum erstenMal zusammen. Worauf sollte die Assistentin vorbereitetsein? Mehrere Antworten sind möglich.

a) Die indischen Geschäftspartner ignorieren die Frau und beachten sie während des gesamten Gesprächs nicht.

b) Der Chef und die Assistentin werden herzlich umarmt und anschließend zur Begrüßung in ein Teehaus einge-laden.

Essvorschriftenberücksichtigen

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c) Der Chef wird mit Handschlag begrüßt, die Assistentin wird nicht begrüßt.

d) Der Chef und die Assistentin werden nicht mit Hand-schlag, sondern mit einer tiefen Verbeugung begrüßt.

8. Situation: Wie verabschieden Sie russische Gäste?

Russische Geschäftsleute, die sich für eine Zusammenar-beit mit Ihrem Unternehmen interessieren, sind zu Be-such. Die ersten Verhandlungen sind nach zwei Tagen be-endet. Nach einem gemeinsamen Mittagessen werden dieGeschäftsleute abreisen. Worauf sollten Sie Wert legen?

a) Sie wollen den russischen Geschäftsleuten eine Freude bereiten und besorgen Blumen und Konfekt zum Ab-schied.

b) In Russland trinkt man gerne Wodka. Sie kaufen guten deutschen Obstler als Abschiedsgeschenk.

c) Sie weisen den Praktikanten der Abteilung an, dass er die Geschäftsleute mit dem Firmenwagen zum Flugha-fen bringt.

d) Sie bestellen ein Taxi und begleiten die Geschäftsleute höchstpersönlich zum Flughafen, wo Sie sie verab-schieden.

Alle Antworten auf einen Blick:Sind Sie fit für interkulturelle Herausforderungen?

Antwort auf Frage 1:Österreichische Titel

Korrekt ist die Antwort b): „Sehr geehrter Herr Finanzdi-rektor“. Die Anschrift lautet:

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Herrn FinanzdirektorJoseph PützerMustermann GmbHMusterstraße 1312345 Musterstadt

Für viele Deutsche mag die österreichische Titelmanieund eine Anrede wie „Herr Finanzdirektor“, „Herr Magis-ter“ oder „Frau Oberstudienrätin“ merkwürdig klingen.Als interkulturell kompetenter Ansprechpartner wissenSie es besser. Statt zu werten, akzeptieren Sie die landes-typischen Gepflogenheiten.

Wo Titel kulturell sehr wichtig sind und wo nicht

Jedes Land hat seine eigenen Statussymbole – und in Öster-reich sind es die Titel. „Unser Titelwahn ist schon eine ös-terreichische Besonderheit, in anderen Ländern wäre dasgar nicht denkbar“, sagt selbst Heinz Kasparovsky, Mitar-beiter im Wissenschaftsministerium und Autor des Buches„Titel in Österreich – Der Leitfaden für die Praxis“.

Allerdings spielen Titel, akademische Grade und höflicheAnreden nicht nur in Österreich, sondern zum Beispielauch in der Schweiz, in Großbritannien, in Süd- und Ost-europa und in asiatischen Ländern eine relativ große Rolle.

Legerer sehen es unsere skandinavischen Nachbarn, dieAustralier und die Amerikaner. Sie werden in diesen Kul-turen oft feststellen, dass von der Anrede mit Nachnamenwie beispielsweise Mrs Scott schnell zur Anrede mit Vor-namen „Dear Susan“ gewechselt wird und dass Titel inder Anrede weggelassen werden.

Antwort auf Frage 2:Chinesischer Kunde am Telefon

Die beste Lösung ist Antwort c): Sie nehmen das Gesprächan, selbst wenn Sie es kurz halten müssen. Den Kundennoch einmal zu vertrösten oder ihn gar um eine E-Mail zubitten, ist keine gute Lösung.

ÖsterreichischeTitelmanie

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Schließlich wissen Sie,

dass der Kunde in Deutschland wie ein „König“ und inOstasien wie ein „Gott“ behandelt werden möchte,

dass die Zeitverschiebung von bis zu sieben Stunden –China ist der deutschen Zeit voraus – die Kommunika-tion erschwert und zu langen Verzögerungen führenkann,

dass der Kunde schnelle Reaktionszeiten gewöhnt istund diese auch von Ihnen erwartet

und dass eine erneute Vertröstung dazu führen kann,dass der chinesische Kunde sich nach einer Geschäfts-alternative umsieht.

Erinnern Sie Ihren chinesischen Kundenan den Telefontermin – per E-Mail

Haben Sie einen Telefontermin ausgemacht? Erinnern SieIhren chinesischen Ansprechpartner dezent daran, indemSie den Termin am Vortag oder einige Tage vorher nocheinmal per E-Mail bestätigen und weitere Details zu denBesprechungspunkten nennen. Die Erinnerung erhöht dieWichtigkeit des Termins.

Mit solch einer informativen Erinnerungs-E-Mail, die dieBesprechungsdetails und die aktuelle Agenda enthält, lie-gen Sie übrigens nicht nur in China, sondern weltweitrichtig.

praxis-tipp: Unterschiede in der Telefon-Kultur

Fühlen Sie sich nicht zurückgesetzt, falls Ihr chinesischerGeschäftspartner am Telefon nur wenige Minuten Zeitfür Sie hat.

Handyanrufe werden in China häufig sogar in Meetings,Gesprächen oder in der Mittagspause angenommen. Sehrkurze Telefonate sind im chinesischen Geschäftsalltagkeine Unhöflichkeit, sondern gang und gäbe.

SchnelleReaktionszeiten

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Zeitverschiebungen auf einen Blick

Wollen Sie rasch prüfen, wie spät es gerade bei Ihren Kollegen und Geschäftspartnern in New York, Tokio oder Seattle ist? Einen schnellen Überblick über die Zeitzonen weltweit erhalten Sie zum Beispiel im Internet auf der Seite www.zeitzonen.de.

Antwort auf Frage 3:Berücksichtigen Sie die Feiertage weltweit

Korrekt sind die Antworten a) und d).

Es ist erschreckend, wie wenig Rücksicht vie-le weltweit agierende Unternehmen auf inter-nationale Feiertage nehmen. Viele Mitarbei-ter, die für ihre Firma ins Ausland gehen,können ein Lied davon singen: Während diedeutschen Feiertage „heilig“ sind, werden die

Feiertage der Mitarbeiter im Ausland großzügig als Reise-oder Arbeitstage verplant.

Negativ-Beispiele:

Abreise am St. Patrick’s Day (Irland, USA), harte Ver-handlungen in der Ramadan-Zeit (muslimische Kulturen)oder Projektbesprechungen an Lunar New Year („Silves-ter“ in Ostasien).

Von ausländischen Geschäftspartnern und deutschen Füh-rungskräften im Ausland wird ein solches Vorgehen als ig-norant und arrogant empfunden. Machen Sie es besser.Prüfen Sie zum Beispiel auf www.feiertage-weltweit.com,wie es um die Feiertage im Ausland bestellt ist.

Warum ein Freitag kein guter internationalerTagungstag ist

Gleiches Recht für alle: Geben Sie auch ausländischenGeschäftspartnern und Mitarbeitern Ihres Unternehmensdie Chance, an einem Werktag an- und abzureisen.

Ein Mittwoch oder ein Donnerstag ist für gestresste Ge-schäftsleute meistens besser geeignet als ein Freitag, daam Wochenende zumindest noch ein bisschen Zeit für dieFamilie, die eigene Erholung und die Überwindung desJetlags bleibt.

Sehen Sie selbst in der folgenden Tabelle:

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5 Punkte, die Sie bei der Hotelauswahlberücksichtigen sollten

Ausnahmen bestätigen die Regel, doch in den meistenFällen werden Sie den Ansprüchen Ihrer ausländischenGäste am besten gerecht, wenn Sie ein größeres Haus ei-ner international agierenden Hotelkette buchen. DieseHäuser verfügen über internationale Erfahrung, internati-onal geschultes Personal und sind auf die Bedürfnisseausländischer Gäste eingestellt. Klären Sie die folgendenPunkte mit dem favorisierten Hotel:

1. Öffnungszeiten der Rezeption

Ein Geschäftsmann aus Seoul staunte nicht schlecht, als eraufgrund von Flugverspätungen sein Hotel in Deutsch-land erst nach 24 Uhr erreichte – und vor verriegelter Türstand. Im Idealfall ist die Rezeption rund um die Uhr be-

Wochentag

Dienstag Anreise

Mittwoch Konferenz

Donnerstag Anreise Abreise, ggf. Ankunft zu Hause

Freitag Konferenz Ankunft bei Flügen „gegen die Zeit“ (Richtung Asien) häufig erst Freitag-mittag

Samstag Abreise Zeit für Familie, Er-holung und Überwin-dung des Jetlags

Sonntag Ankunft bei Flügen „gegen die Zeit“ (Richtung Asien) häufig erst Sonntag-mittag, keine Zeit für Erholung

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setzt. Falls nicht, informieren Sie Ihre ausländischen Gäs-te am besten vorab.

2. Frühstücksbuffet

Kontinentales und amerikanisches Frühstück (mit Rührei,Bohnen und Speck) sind meistens Standard. AsiatischeGäste werden es zu schätzen wissen, wenn sie sich am Buf-fet auch an einer warmen Suppe und Reis bedienen können.

3. Zimmerausstattung

Asiatische und amerikanische Gäste sind gleichermaßendankbar, wenn sie auf dem Zimmer einen Wasserkochersowie Teebeutel und Instant-Kaffee finden. Viele asiati-sche Geschäftsleute vermissen außerdem das heimischeEssen sehr und nehmen zum Beispiel Instant-Suppenterri-nen mit, die sie mit heißem Wasser aufgießen.

Klären Sie auch, ob das Hotel Adapter (für elektronischeGeräte wie Laptop, Rasierapparat, Handy-Ladegerät etc.)verleiht, falls ein Gast daran nicht denken sollte. Fallsnicht: Erinnern Sie Ihre Gäste im Einladungsschreiben da-ran. Internetzugang sollte Standard und am besten imÜbernachtungspreis inbegriffen sein.

4. Umgebung

Ideal ist es, wenn sich das Hotel in der Nähe Ihres Unter-nehmens oder des Tagungsortes befindet und Einkaufs-möglichkeiten vorhanden sind. Sollte Ihr Gast sich einenAbend allein unterhalten und verpflegen müssen, ist er fürOptionen in der Nähe dankbar.

Bedenken Sie: Wer übermüdet aus dem Flugzeug steigt, istvielleicht nicht zu Experimenten aufgelegt. Ketten wie bei-spielsweise „Starbucks Coffee“ oder „Maredo Steakhouse“agieren international und bieten auch in der Fremde vertrau-ten Geschmack und gleichbleibende Qualität. Größere Ein-kaufszentren und Galerien in der Nähe ermöglichen es denGästen, zwischendurch Souvenirs einzukaufen. Dies istvielen asiatischen Gästen besonders wichtig.

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5. Übernahme der Hotelkosten

Klären Sie mit der Hotelrezeption vorab, wie die Zimmerabgerechnet werden sollen. Falls teilnehmende Geschäfts-partner die Übernachtung selbst zahlen sollen, kündigenSie die Konditionen und Preise ebenfalls im Einladungs-schreiben an, um dezent, aber unmissverständlich daraufhinzuweisen, dass der Besucher Selbstzahler ist. SchlagenSie zwei bis drei Hotels unterschiedlicher Preiskategorienmit Preisangabe vor: „… our suggestions for accommoda-tion are Hotel ‚ABC‘**** (139 € – breakfast included) orHotel ‚XYZ‘*** (89 € – breakfast included) …“

Antwort auf Frage 4:Deutsche Kultur – brasilianisches Essen

Korrekt ist Antwort c). Mit einem solchen Rahmenpro-gramm sorgen Sie einerseits für kulturelle Abwechslungund andererseits für vertraute Gaumenfreuden. Die meistenDeutschen wollen im Ausland unbedingt die einheimischeKüche kosten, allerdings sollten sie nicht unbedingt vonsich selbst auf andere schließen. Wenn Sie beispielsweiseein brasilianisches Restaurant wählen, so lautet die Bot-schaft an Ihre Gäste, sich „wie zu Hause“ zu fühlen. DieseGeste werden Ihre Besucher zu schätzen wissen. Sollte keinbrasilianisches Restaurant in der Nähe sein, ist ein Gasthofmit einer internationalen Speisekarte eine Alternative.

Die brasilianische Delegation sich selbst zu überlassen,wäre unpassend. Möglich wäre das bei nordeuropäischenGeschäftspartnern, die erfahrungsgemäß großen Wert aufeine freie Feierabendgestaltung legen. In den meisten Fäl-len wirken Sie kompetenter, wenn Sie Ihren Besucherneine persönliche Begleitung anbieten, die beim Stadtbum-

tipp: Deutsche Ladenschlusszeiten können Bewohnerausländischer Metropolen überraschen und vor Proble-me stellen. Ein kurzer Hinweis darauf in der Terminbe-stätigung ist sinnvoll.

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mel, beim Souvenireinkauf und/oder bei der Stadtbesich-tigung dabei ist.

Überzeugen Sie mit perfekter Organisation

Ein Spontanprogramm scheidet bei der Gästebetreuungaus. Sie könnten den Eindruck erwecken, dass Sie nichtauf Ihre Gäste vorbereitet sind, und für Verwirrung sowieunnötigen Zeitverlust sorgen. Überzeugen Sie „typischdeutsch“ – mit guter Planung und perfekter Organisation.

In der kurzen Zeit des Besuches ist es außerdem wichtig,dass sich alle Beteiligten kennenlernen und Beziehungenzueinander aufbauen können. Das Ziel: Die brasilianischeDelegation verlässt Deutschland mit einem positiven Ein-druck vom Land und von den Menschen, insbesonderevon den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Ihres Unter-nehmens.

Deutsche Pünktlichkeit

Die Deutschen sind für ihre Pünktlichkeit berühmt – auchin Brasilien. Sie können also davon ausgehen, dass IhreGäste sich in Deutschland um Pünktlichkeit bemühenwerden. Ein schriftliches Programm samt Zeitplan aufEnglisch ist obligatorisch. Mit einem Betreuer, der dieDelegation von der Ankunft am Flughafen bis zum Ab-flug begleitet und morgens im Hotel abholt, kann dasZeitmanagement eingehalten werden.

praxis-tipp: So gelingt die kompetente Gästebetreuung

Können Sie weder intern noch extern jemanden mit derGästebetreuung beauftragen? Teilen Sie sich am bestenauf: Am Montagabend kümmern sich Kollege 1 und 2um die Gäste, am Dienstagabend Kollege 3 und 4. Sohaben Ihre Kollegen die Gelegenheit, die brasiliani-schen Geschäftspartner besser kennenzulernen und eineBeziehung zu ihnen aufzubauen.

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Antwort auf Frage 5:Keine Witze über die Queen

Die Antworten b) und c) sind korrekt: In England wirdgern und viel über das Wetter geredet. Sie müssen alsonicht befürchten, mit diesem Thema als einfallslos zu gel-ten. Geeignet wäre auch das Thema Sport, zum BeispielFußball. Selbstverständlich sollten Themen wie das omi-nöse Wembley-Tor von 1966 oder die Probleme mit engli-schen Hooligans außen vor bleiben. Sprechen Sie lieberüber die UEFA Fußball-Championsleague oder über dieOlympischen Sommerspiele 2012, die in London stattfin-den werden. Ihr Gegenüber wird stolz darauf sein, dassLondon die erste Stadt ist, die dieses Großereignis zumdritten Mal ausrichten darf. Bereits 1908 und 1948 warLondon Gastgeber der Olympischen Sommerspiele.

Wie in Deutschland, sind auch in England Kunst und Kul-tur dankbare Themen, sofern Sie sich auf diesen Gebietenauskennen. Vorsicht bei Fragen nach dem Familienstand:Während es zum Beispiel in Asien und in Südeuropa sehrverbreitet ist, sich nach der Familie zu erkundigen, ist diesin Mittel- und Nordeuropa weniger üblich.

Britisches Understatement

Briten sind berühmt für ihr Understatement. Small-Talk-Themen, die offensichtlich der Profilierung dienen undden finanziellen Hintergrund der Anwesenden anspre-chen, sind verpönt. Weder wird über das neue Auto noch

praxis-tipp: Planen Sie Pufferzeiten ein

In der brasilianischen Kultur ist es häufig üblich, sichan einem ersten Ort zu treffen, um dann gemeinsam zureigentlichen Verabredung aufzubrechen. Dieses Vorge-hen kostet Zeit, die Sie einkalkulieren sollten. Beauftra-gen Sie einen freundlichen Gästebetreuer, für das Wohlder Gäste zu sorgen und gleichzeitig den Terminplan imAuge zu behalten.

OlympischeSommerspiele 2012

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über die privaten Wohnverhältnisse gesprochen. Anders inRussland und vielen asiatischen Ländern: Hier wird Be-sitz unmittelbar mit wirtschaftlichem Erfolg assoziiertund gern gezeigt. Man demonstriert seinen Wohlstand, re-det über Statussymbole und hat Anerkennung und Bewun-derung dafür übrig. Gespräche über den brandneuen pres-tigeträchtigen Dienstwagen oder den letzten Urlaub aufder Luxusyacht werden zum Beispiel nicht als Prahlereigewertet.

Keine Witze über das Königshaus

Sie wissen, dass Briten durchaus für einen guten Witz zu ha-ben sind. Allerdings schätzen sie das britische Königshaussehr, sodass ein Scherz über die Queen kein geeigneter Eis-brecher wäre. Scherzen Sie besser über ein anderes Thema.

So sind Sie gut informiert

Auch ausländische Gäste schätzen Fürsorge, sodass eineFrage nach der Anreise, der Zufriedenheit (zum Beispielmit dem Hotel) und dem Wohlbefinden höflich ist. Musik,Kunst und Kulinarisches sind ebenfalls willkommene Ge-sprächsthemen. Allerdings sollten Sie dabei nicht aufsGlatteis geraten. Halten Sie – wenn möglich – internatio-nale Zeitungen/Magazine bereit. So sind Sie informiert,was die Menschen im Heimatland Ihrer Gäste zurzeit be-wegt, und können Ihr Interesse bekunden.

praxis-tipp: Geschäftliches und Privates sind nicht immer zwei Paar Schuhe

In Deutschland ist es häufig möglich, sehr schnell zurSache zu kommen. Stellen Sie sich jedoch darauf ein,dass Ihr ausländischer Geschäftspartner einen freundli-chen allgemeinen Plausch erwartet, bevor zum geschäft-lichen Thema übergegangen wird. Wenn Sie beim SmallTalk sparen, stoßen Sie Ihre Gesprächspartner mögli-cherweise vor den Kopf. Rechnen Sie außerdem damit,dass Sie persönliche Fragen gestellt bekommen. t

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Antwort auf Frage 6:Religiös bedingte Ernährungsvorschriften

Korrekt ist Antwort b) sowie bei strenggläubigen Musli-men Antwort d). Die meisten Ernährungsvorschriften ha-ben einen religiösen Ursprung, die Auslegung dieser Vor-schriften kann variieren und individuell verschieden sein.Nicht jeder Muslim hält sich an ein religiöses Alkoholver-bot, nicht jeder Christ isst freitags Fisch, und auch nichtjeder Hindu ist Vegetarier. Selbstverständlich können SieIhre Gäste um Auskunft bitten, wie strikt sie die religiösenVorschriften befolgen. Allerdings müssen Sie wissen, wodie Fettnäpfe stehen könnten, um sie zu umschiffen.

Fettnapf-Parcours: Verpflegung muslimischer Gäste

Der Islam verbietet den Verzehr von Schweinefleisch, Blutund nicht rituell geschlachtetem Fleisch generell. Das Tiermuss geschächtet werden, damit sein Fleisch als rein unddamit als essbar gilt. Zwar ist Schächten in Deutschland ge-setzlich verboten, es ist jedoch erlaubt, Fleisch geschächte-ter Tiere aus dem Ausland einzuführen. Vereinbaren Sie mitdem Restaurant rechtzeitig, diese Sorte Fleisch zu besorgen.

Gelatine

Bedenken Sie: Gelatine, in der europäischen Küche häu-fig zur Zubereitung von Süßspeisen eingesetzt, wird in derRegel aus Schweineknochen hergestellt. Sie ist damit so-wohl für Juden als auch für Muslime tabu!

Alkohol

Des Weiteren ist für den strenggläubigen Muslim Alkoholtabu, und auch das Rauchen ist zwar nicht verboten, es gilt

In asiatischen, afrikanischen, südamerikanischen undauch südeuropäischen Ländern sind private Themen vielselbstverständlicher in den Geschäftsalltag integriert alsin Deutschland.

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aber als verpönt. Das bedeutet nicht, dass die anderenGäste auf ein Gläschen Wein zum Essen verzichten müs-sen. Bieten Sie ruhig Wein zum Essen an, ohne Ihre mus-limischen Gäste zum Alkoholkonsum zu nötigen.

Ramadan

Eine Besonderheit der islamischen Religion ist die Fas-ten-Zeit des Ramadan. Der Termin des Fastenmonats rich-tet sich nach dem Mondkalender, er findet also jedes Jahrzu einem anderen Zeitpunkt statt.

Im Jahr 2011 beginnt er am 1. August und endet am 30.August mit dem Fastenbrech-Fest. Während des Ramadanist es den Gläubigen verboten, tagsüber – das heißt zwi-schen Sonnenauf- und -untergang – zu essen, zu trinkenund zu rauchen. Nehmen Sie Rücksicht auf diese besonde-re Zeit, wenn Sie mit Geschäftspartnern aus islamischenLändern Geschäfte machen. Konferenzen, ein geplantesGeschäftsessen oder lange Besprechungen sollten Siewenn möglich auf die Zeit nach dem Ramadan verschie-ben. Bedenken Sie: Sogar der Genuss eines einfachen Gla-ses Wasser ist für den Muslim tagsüber verboten. BeziehenSie den muslimischen Geschäftspartner in Ihre Überlegun-gen mit ein, um Ihre Sensibilität für dieses Thema zu zei-gen und gemeinsam eine tragbare Lösung zu finden.

Weitere hilfreiche Informationen über den Ramadan unddie Weltreligionen finden Sie im Internet unter:www.religion-online.info.

praxis-tipp: Füllen Sie das Weinglas mit Traubensaft-Schorle

Eine nette Geste ist es, als Alternative zum Wein eineleichte Traubensaftschorle anzubieten, die ebenfalls insWeinglas gefüllt wird. So können alle Gäste das Wein-glas zum Zuprosten erheben, und niemand fühlt sich zu-rückgesetzt. Ihre muslimischen Geschäftspartner wer-den es Ihnen danken.

Kein Verzicht,aber Rücksicht

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Antwort auf Frage 7:Indische Höflichkeit und die Rolle der Frau

Antwort c) und auch Antwort a) sind wahrscheinlich.Zwar hängt es davon ab, wie erfahren die indischen Ge-schäftsmänner im Umgang mit westlichen Geschäftsleu-

Schnell-Check „Religiöse Essvorschriften“: Was Sie bei der internationalen

Gästebewirtung berücksichtigen solltenverboten/kritisch

muslimische Küche Schwein, Blut, Alkohol;nicht geschächtetes Fleisch, außerdem: Tabak

koschere Küche Schwein, Hase, Meeresfrüch-te, Fische ohne Schuppen und Flossen, nicht geschächtetes Fleisch, Kombination von „fleischigen“ und „milchigen“ Nahrungsmitteln

hinduistische/buddhistischeKüche

Rind, Kalb – vegetarische Kü-che wird häufig bevorzugt

kulturelle Nahrungsmittel –Unverträglichkeiten

Milchprodukte/Alkohol (vie-le Afrikaner und Asiaten ver-tragen keine Milchprodukte; vielen Asiaten fehlt das En-zym für den Alkoholabbau)

praxis-tipp: Andere Länder – andere Tischsitten

Achtung auch bei der Tischreservierung: Rechnen Siedamit, dass mit den Fingern essen (Afrika/Indien) oderSchlürfen und Schmatzen (Asien) zu den guten Tisch-manieren Ihrer Gäste gehören können! Am besten be-stellen Sie im Restaurant ein Separee oder im Hotel ei-nen Bankettraum, in dem Ihr Chef und seine Gästeungestört speisen können.

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ten, insbesondere mit Geschäftsfrauen, sind. Stellen Siesich als Frau jedoch darauf ein, dass man Ihnen wenigerBeachtung schenkt, als Sie es im Umgang mit Europäerngewöhnt sind.

Es ist wahrscheinlich, dass die Inder auf den Chef fokus-siert sind und ihn respektvoll begrüßen. Die Assistentinwird erst dann beachtet, wenn der Chef sie vorstellt. DerFrau kann es passieren, dass sie nur kurz angeschaut wird,bevor sich die indischen Geschäftspartner wieder demHöhergestellten zuwenden.

Warum Frauen die Hand reichen müssen

Als Frau müssen Sie die Hand zur Begrüßung anbieten,damit die indischen Geschäftspartner sehen, dass Sie ei-nen Handschlag zur Begrüßung zulassen. Erst nach die-sem Signal wird man Sie berühren. Traditionell ist es inIndien und auch in der muslimischen Kultur nicht üblich,eine Frau zu berühren, bevor sie nicht signalisiert hat, dassdieser Körperkontakt erwünscht ist.

Gentleman: Mangelware?

Im Umgang mit vielen asiatischen und indischen Ge-schäftspartnern werden Sie erleben, dass die Regel „La-dies first“ nicht grundsätzlich üblich ist. Es kann Ihnenpassieren, dass Sie als Frau ignoriert werden. Fühlen Siesich bitte nicht diskriminiert. In vielen Kulturen zählt le-diglich der hierarchisch Höhergestellte – also der Chef.Ihm gilt es, höchste Aufmerksamkeit zu erweisen.

Grundsätzlich gilt es als unhöflich und unter Umständensogar als unschicklich, einer Frau gegenüber zu viel Inter-esse zu zeigen. Indische Geschäftspartner, die welterfah-ren sind, können hier eine Ausnahme darstellen.

Der Handschlag:Standardbegrüßung im weltweiten Geschäftsleben

Der Handschlag hat sich als Begrüßungsform im globalenBusiness durchgesetzt. Rechnen Sie damit, dass asiatische

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Geschäftspartner sich sehr konzentrieren müssen, um die-se Begrüßungsform zu koordinieren, und dass der Hand-schlag wachsweich ist. Was heißt das? Einen guten Ein-druck machen Sie, wenn Sie nicht zu fest zudrücken undAugenkontakt während der Begrüßung meiden. Körper-und Augenkontakt gleichzeitig könnte als zu vertraulichempfunden werden.

Antwort auf Frage 8: Abschiedsgeschenkfür die russischen Geschäftsleute

Korrekt ist Antwort d). Achten Sie unbedingt darauf, dassdie russischen Geschäftsleute vom Flughafen abgeholtund/oder zum Flughafen begleitet werden. Der Praktikantkommt für diese Aufgabe nicht in Frage, denn die Gestewürde als Respektlosigkeit ausgelegt werden und könntesich nachteilig auf die Geschäftsbeziehungen auswirken.Die Person, die die Besucher am Flughafen empfängt undverabschiedet, sollte den gleichen Rang haben wie dieGäste.

Ein angemessenes Gastgeschenk

Russische Geschäftsleute werden in der Regel kleine Sou-venirgeschenke mitbringen. Sie sollten ebenfalls kleineGeschenke bereithalten. Mit Blumen und Konfekt be-schenken Sie die russische Frau richtig – jedoch nicht denrussischen Geschäftsmann. Außerdem sind Blumen aufFlugreisen unpraktisch. Wodka oder andere Alkoholikawerden im Geschäftsalltag weniger verschenkt. Was wirddann geschenkt?

„Made in Germany“

Bedenken Sie, dass das Gütesiegel „Made in Germany“nach wie vor weltweites Ansehen genießt und für Qualitätspricht. Mit einem Souvenir aus Deutschland, noch besseraus Ihrer Region, bleiben Sie positiv in Erinnerung. Ge-brauchsgegenstände, die Ihr Geschäftspartner im Berufs-alltag nutzen kann, sind ideal.

Der asiatische Handschlag

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Haben Sie alles gewusst? Interkulturelle Kompetenz als lebenslanger Prozess

Ziel dieses Beitrags ist es, Sie für interkulturelle Heraus-forderungen zu sensibilisieren. Wie verstörend anders dieSitten und Gebräuche in anderen Kulturkreisen sein kön-nen, merken Sie spätestens dann, wenn Sie mitten im Ge-schehen sind und unter Zeitdruck interkulturell tragfähigeLösungen herbeiführen müssen. Die Praxis zeigt leiderimmer wieder, dass fremde Sicht- und Denkweisen imweltweiten Umgang miteinander viel zu wenig berück-sichtigt werden. Das wiederum führt zu Missverständnis-sen, hohen Kosten oder gar zum Scheitern von Projekten.

Entwickeln Sie eine gemeinsame Vertrauenskultur

Achten Sie auf Reaktionen, Mimik und Körpersprache,um zu erkennen, was bei Ihren Geschäftspartnern undKunden besonders positiv ankommt und was überhauptnicht geschätzt wird. Bieten Sie Alternativen, und fragenSie nach. So erweitern Sie Ihre interkulturelle Kompetenzund erhöhen nachhaltig Ihre Professionalität.

Berücksichtigen Sie außerdem, dass Menschen individu-ell verschieden sind. Statt voreingenommen zu sein, soll-ten Sie den ausländischen Gästen offen und wohlwollendgegenübertreten. Lernen Sie mit und von Ihren ausländi-schen Geschäftspartnern, sodass Sie – langfristig betrach-tet – eine gemeinsame Vertrauens- und Kommunikations-kultur entwickeln.

beispiel: Sie bereiten als Abschiedsgeschenk Kugelschrei-ber oder Füller vor. Ihr Chef kann mit diesem Geschenk au-genzwinkernd auf die guten Geschäftsbeziehungen zu spre-chen kommen: „Vielleicht möchten Sie damit unserennächsten Geschäftsvertrag unterzeichnen …“

Von- und mit-einander lernen

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