fNTI:RVIEW UDO RADEMACHER Lehrermüssen Elternkrltik ......2014/09/05  · ben wird..Weiches...

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~---~- (2 Stadtpost fNTI:RVIEW UDO RADEMACHER Lehrer müssen Elternkrltik aushalten Vordem neuen Leiter des Gymnasiums arn Moltkeplatz liegt eine große Herausforderung: Er muss Tradition bewahren und trotzdem moderne Lerninhalte zulassen. Einen besonderen Schwerpunkt legt er dabei auf den Bereich Medienerziehung. Der Führungswechsel im Gymnasi- um am Moltkeplatz ist ahgeschlos- sen. Udo Rademacher hat seine neuen Räumlichkeiten bezogen. Der erfahrene Pädagoge erzählt im Gespräch mit der RP von seinen Vi- sionen, der Herausforderung, ein Gymnasium zuleiten, und dem Vor- teil, neben der Lehrersicht auch die Elternsicht zu kennen. Wie haben Sie die erste Zeit als Schul- leiter erlebt? RADEMACHER Es war eine sehr be- wegte Zeit, mit sehr, sehr vielen Ge- sprächen. Es war natürlich auch eine Zeit der Orientierungssuche, was meine neue Rolle als Schulleiter angeht. leh musste Kollegen, Schü- ler und Eltern kennen lernen, und ich musste herausfinden, was ge- dacht wird und wo Wünschen Gren- zen gesetzt sind. Dabei kennen Sie die Schule. Schließ- lich haben Sie ja schon als Musikleh- rer am Moltke-Gymnasium unter- richtet. RADEMACHER Das stimmt. Aber da- durch entsteht auch eine spezielle Situation. Auf der einen Seite kennt man sich unter Kollegen, auf der.an- deren Seite komme ich jetzt als SdJUlleite~· ~ürücic-:- Das .verlangt schon nach einer anderen Form des Umgangs, an die sich beide Seiten erst einmal herantasten müssen. So gesehen bietet Ihre jetzige Position auch die Chance. etiuas zü bewegen. fiber sind s/erandenmgen an einer . Schule wie dem Moltke-Gymnasium mit seiner jahrhundertealten Tradi- tion iiberhaupt denkbart RADEMACHER Tradition spielt an ei- ner solchen Schule natürlich eine Welche modernen Anforderungen meinen Sie konkret? RADEMACHER Da fällt mir sofort als Beispiel der Bereich der Mediener- ziehung ein, die enorm an' Bedeu- tunggewonnen hat. Fast alle Schüler sind im Netz unterwegs und veröf- fentlichen dort ihre Erlebnisse. Mei- nungen oder Fotos. Wie viel Scha- den sie mit Texten anrichten kön- nen. die-negativüber Mitschüler be- richten, ist vielen gar nicht bewusst. Auch nicht. wie schwer oder gar Un- möglich es ist, einmal getätigte Aus- sagen, die online sind, wieder zu- rückzunehmen. Da besteht ein gro- ßer Handlungsbedarf: D© Medium Internet wird auch.uon Eltern genutzt. Nicht immer zum vorreit einer Schule.: . RADEII'IACHER Es kommt auf die Sichtweise an. Engagierte EItern, auch-wenn sie Kritik äußern, sind ein großes Porenziel für eine Schule. Und auch mit Kritik muss ein Kolle- gium umgehen können. Es .kommt natürlich auf die Form an, in der sie vorgerragen wird. Bei einem norrna- ·len Umgangston sollte es deshalb "keine Probleme geben., Werden. al- lerdings Persönlichkeitsrechte ver- ·letzt, dann muss ich als Schulleiter natürlich einschreiten: Generell Ist die Mitarbeit der Eltern aber er- wünscht, damit sich unsere Schule entwickeln kann . Wie klappt diese Mitarbeit im Alltag? RADEMACHER Bis jetzt sehr gut. Aber ich bin ja auch noch nicht lange da- bei (lacht). Ich habe aber einenent- scheidenden Vorteil. Als Vater von drei) ungs kenne ich auch dieEltem- .sicht, Deswegen überlege ich bei je- der Entscheidung. welche Auswir- kungen sie aus Sicht der Eltern ha- ben wird. .Weiches Schulprofil wünschen Sie sichfürdas Moltke-Gymnasiumi RADEMACHER Ich habe zwar.konkre- te Vorstellungen, die ich aber nicht der Schulgemeinschaft einfach vor- setzen möchte. Es ist mir wichtig, dass wir gemeinsam an einem Profil arbeiten und jeder seine Ideen ein- bringen kann. Auch die Ideen der Schüler sind dabei wichtig. Deswe- gen ist für nächstes Jahr das Projekt "Zukunftswerkstati" angedacht, um auch unsere 660 Schüler in diesen Vorgang mit einzubeziehen. Wichtig ist mir außerdem, dass wir als Gym- nasium G8 so umsetzen, dass die Kinder nicht ihre Kindheit verlieren. Udo Rademacher ist der Schullei- ter des Gymnasiums am Moltke- platz Der 51-Jährige ist verheiratet und lebt mit seiner Frau und den drei Söhnen (11 117120 Jahre) in Korschenbroich. Der gebürtige Düsseldorfer mach- te sein Referendariat an der Krefel- der Marienschule und unterrichte- te die Fächer latein und Musik. Nach 17Jahren als Gymnasiallehrer in Kaiserswerth. kam Rademacher 2009 ans Moltke-Gymnasium. An: schließend leitete er ein Jahr lang kommissarisch das Ricarda-Huch- Gymnasium. an dem er anschlie- ßend ein Jahr lang die Stellvertre- tersteIle einnahm. bevor er zum Schulleiter am Moltke-Gymnasium erna t wurde .. UdoRadema- eher. hier vor dem Eingangs- portal des Gym- nasiumsam Moltkeplatz. ist neuer Schulleiter an der Krefelder Traditions- schule. Im Inter- view spricht er auch über die Be- deutung der Tra- dition an seiner Schule: .;rradi- tion spielt an ei- nersolchen Schule natürlich eine große Rolle. Und das ist auch richtig so. Daran wird sich auch künftig nichts än- dern. RP·FOTO:T. L So ist es beispielsweise möglich, über Kooperationen Vereine oder Musikschulen noch stärker einzu- binden. In Hinblick auf die Zeit nach der Schule sind weitere Kooperatio- nen mit Unternehmen geplant .: Das klingt nicht so, als wären Sie der Annahme. dass das Gymnasium als Schulform etn Auslaufmodell sein wird. RADEMACtIER Nein. Ganz bestimmt nicht. Ich glaube. die Diskussion der Eltern um Gymnasium und Gesamt- schule ist vor allem ein Diskurs urn G8 oder G9. Politisch motiviert ist eine Entscheidung eher selten. Es wird immer einen Bedarfnach einer Schule wie dem Gymnasium geben. Was wünschen Sie sich für die Molt- ke-Schuler? RADEMACHER Ich wünsche mir, dass 1 sie sich dadurch auszeichnen, dass . sie Durchhaltevermögen zeigen, I Selbstvertrauen haben, ihre Stärken kennen und Respekt vor Personen und Dingen besitzen. Gerade Letz- teres lernt man, wenn inan in einem historischen Gebäude wie dem Moltke-Gymnasium zur Schule geht: das Bewusstsein um schöne Dinge, die es zu bewahren gilt. . DJ>.S GESPRÄCH FÜHRTE BÄRBEL KLEI- NELSEN. große RoUe. Und das ist auch richtig so. Daran wird sich auch künftig nichts ändern. Trotzdem braucht Schule immer auch Veränderung. Sie darf sich beispielsweise nicht vor Gibt es Punkte in ihrem Amt, die Sie modernen Anforderungen·· ver- alsbesonders herausfordernd emp- schließen. Undso muss man immer finden? ... überlegen, welches. Oyrnnasium RADEMACHER Es isr eine graISe He- braucht Krefeld. in drei oder fünf' ' rausforderung, Schule so zu gestal- . Jahren, um diesen Anforderungen ten, dass sie für Schüler' lind Lenrer'· .zu genügen. Als Schulleiter habe ich' , zu einem Lebensraum IViri:\,Schule die Möglichkeit.. Lernwirklichkeit, darfkein reiner Verwaltungsapparat ein gutes Stück weit selbst zu gesral- ~ sein, sondern muss Immer offen für ten, Dialoge bleiben. Nur im Miteinan- . der der verschiedenen Gruppen kann sich Schule weiterentwickeln. Und nur dann wird sie zu einem Ort. an dem sich sowohl Schüler als auch Lehrer gerne aufhalten. Eine He- rausforderung ist es auch, die Vorga- ben des Schulministeriums einzu- halten und gleichzeitig ein eigenes Schulprofil zu entwickeln. Das ist immer dann möglich, wenn man die durchaus vorhandenen Spielräume nutzt.

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    (2 StadtpostfNTI:RVIEW UDO RADEMACHER

    Lehrer müssen Elternkrltik aushaltenVordem neuen Leiter des Gymnasiums arn Moltkeplatz liegt eine große Herausforderung: Er muss Tradition bewahren undtrotzdem moderne Lerninhalte zulassen. Einen besonderen Schwerpunkt legt er dabei auf den Bereich Medienerziehung.Der Führungswechsel im Gymnasi-um am Moltkeplatz ist ahgeschlos-sen. Udo Rademacher hat seineneuen Räumlichkeiten bezogen.Der erfahrene Pädagoge erzählt imGespräch mit der RP von seinen Vi-sionen, der Herausforderung, einGymnasium zuleiten, und dem Vor-teil, neben der Lehrersicht auch dieElternsicht zu kennen.

    Wie haben Sie die erste Zeit als Schul-leiter erlebt?RADEMACHER Es war eine sehr be-wegte Zeit, mit sehr, sehr vielen Ge-sprächen. Es war natürlich aucheine Zeit der Orientierungssuche,was meine neue Rolle als Schulleiterangeht. leh musste Kollegen, Schü-ler und Eltern kennen lernen, undich musste herausfinden, was ge-dacht wird und wo Wünschen Gren-zen gesetzt sind.

    Dabei kennen Sie die Schule. Schließ-lich haben Sie ja schon als Musikleh-rer am Moltke-Gymnasium unter-richtet.RADEMACHER Das stimmt. Aber da-durch entsteht auch eine spezielleSituation. Auf der einen Seite kenntman sich unter Kollegen, auf der.an-deren Seite komme ich jetzt alsSdJUlleite~· ~ürücic-:- Das .verlangtschon nach einer anderen Form desUmgangs, an die sich beide Seitenerst einmal herantasten müssen.

    So gesehen bietet Ihre jetzige Positionauch die Chance. etiuas zü bewegen.fiber sind s/erandenmgen an einer .Schule wie dem Moltke-Gymnasiummit seiner jahrhundertealten Tradi-tion iiberhaupt denkbartRADEMACHER Tradition spielt an ei-ner solchen Schule natürlich eine

    Welche modernen Anforderungenmeinen Sie konkret?RADEMACHER Da fällt mir sofort alsBeispiel der Bereich der Mediener-ziehung ein, die enorm an' Bedeu-tunggewonnen hat. Fast alle Schülersind im Netz unterwegs und veröf-fentlichen dort ihre Erlebnisse. Mei-nungen oder Fotos. Wie viel Scha-den sie mit Texten anrichten kön-nen. die-negativüber Mitschüler be-richten, ist vielen gar nicht bewusst.Auch nicht. wie schwer oder gar Un-möglich es ist, einmal getätigte Aus-sagen, die online sind, wieder zu-rückzunehmen. Da besteht ein gro-ßer Handlungsbedarf:

    D© Medium Internet wird auch.uonEltern genutzt. Nicht immer zumvorreit einer Schule.: .

    RADEII'IACHER Es kommt auf dieSichtweise an. Engagierte EItern,auch-wenn sie Kritik äußern, sindein großes Porenziel für eine Schule.Und auch mit Kritik muss ein Kolle-gium umgehen können. Es .kommtnatürlich auf die Form an, in der sievorgerragen wird. Bei einem norrna-·len Umgangston sollte es deshalb"keine Probleme geben., Werden. al-lerdings Persönlichkeitsrechte ver-·letzt, dann muss ich als Schulleiternatürlich einschreiten: Generell Istdie Mitarbeit der Eltern aber er-wünscht, damit sich unsere Schuleentwickeln kann .

    Wie klappt diese Mitarbeit im Alltag?RADEMACHER Bis jetzt sehr gut. Aberich bin ja auch noch nicht lange da-bei (lacht). Ich habe aber einenent-scheidenden Vorteil. Als Vater vondrei) ungs kenne ich auch dieEltem-.sicht, Deswegen überlege ich bei je-der Entscheidung. welche Auswir-kungen sie aus Sicht der Eltern ha-ben wird.

    .Weiches Schulprofil wünschen Siesichfürdas Moltke-GymnasiumiRADEMACHER Ich habe zwar.konkre-te Vorstellungen, die ich aber nichtder Schulgemeinschaft einfach vor-setzen möchte. Es ist mir wichtig,dass wir gemeinsam an einem Profilarbeiten und jeder seine Ideen ein-

    bringen kann. Auch die Ideen derSchüler sind dabei wichtig. Deswe-gen ist für nächstes Jahr das Projekt"Zukunftswerkstati" angedacht, umauch unsere 660 Schüler in diesenVorgang mit einzubeziehen. Wichtigist mir außerdem, dass wir als Gym-nasium G8 so umsetzen, dass dieKinder nicht ihre Kindheit verlieren.

    Udo Rademacher ist der Schullei-ter des Gymnasiums am Moltke-platz Der 51-Jährige ist verheiratetund lebt mit seiner Frau und dendrei Söhnen (11 117120 Jahre) inKorschenbroich.Der gebürtige Düsseldorfer mach-te sein Referendariat an der Krefel-der Marienschule und unterrichte-te die Fächer latein und Musik.Nach 17Jahren als Gymnasiallehrerin Kaiserswerth. kam Rademacher2009 ans Moltke-Gymnasium. An:schließend leitete er ein Jahr langkommissarisch das Ricarda-Huch-Gymnasium. an dem er anschlie-ßend ein Jahr lang die Stellvertre-tersteIle einnahm. bevor er zumSchulleiter am Moltke-Gymnasiumerna t wurde ..

    UdoRadema-eher. hier vordem Eingangs-portal des Gym-nasiumsamMoltkeplatz. istneuer Schulleiteran der KrefelderTraditions-schule. Im Inter-view spricht erauch über die Be-deutung der Tra-dition an seinerSchule: .;rradi-tion spielt an ei-nersolchenSchule natürlicheine große Rolle.Und das ist auchrichtig so. Daranwird sich auchkünftig nichts än-dern.

    RP·FOTO:T. L

    So ist es beispielsweise möglich,über Kooperationen Vereine oderMusikschulen noch stärker einzu-binden. In Hinblick auf die Zeit nachder Schule sind weitere Kooperatio-nen mit Unternehmen geplant .:

    Das klingt nicht so, als wären Sie derAnnahme. dass das Gymnasium alsSchulform etn Auslaufmodell seinwird.RADEMACtIER Nein. Ganz bestimmtnicht. Ich glaube. die Diskussion derEltern um Gymnasium und Gesamt-schule ist vor allem ein Diskurs urnG8 oder G9. Politisch motiviert isteine Entscheidung eher selten. Eswird immer einen Bedarfnach einerSchule wie dem Gymnasium geben.

    Was wünschen Sie sich für die Molt-ke-Schuler?RADEMACHER Ich wünsche mir, dass 1sie sich dadurch auszeichnen, dass .sie Durchhaltevermögen zeigen, ISelbstvertrauen haben, ihre Stärkenkennen und Respekt vor Personenund Dingen besitzen. Gerade Letz-teres lernt man, wenn inan in einemhistorischen Gebäude wie demMoltke-Gymnasium zur Schulegeht: das Bewusstsein um schöneDinge, die es zu bewahren gilt. .

    DJ>.S GESPRÄCH FÜHRTE BÄRBEL KLEI-NELSEN.

    große RoUe. Und das ist auch richtigso. Daran wird sich auch künftignichts ändern. Trotzdem brauchtSchule immer auch Veränderung.Sie darf sich beispielsweise nicht vor

    Gibt es Punkte in ihrem Amt, die Sie modernen Anforderungen·· ver-alsbesonders herausfordernd emp- schließen. Undso muss man immerfinden? ... überlegen, welches. OyrnnasiumRADEMACHER Es isr eine graISe He- braucht Krefeld. in drei oder fünf' 'rausforderung, Schule so zu gestal- . Jahren, um diesen Anforderungenten, dass sie für Schüler' lind Lenrer'· .zu genügen. Als Schulleiter habe ich'

    , zu einem Lebensraum IViri:\,Schule die Möglichkeit.. Lernwirklichkeit,darfkein reiner Verwaltungsapparat ein gutes Stück weit selbst zu gesral- ~sein, sondern muss Immer offen für ten,Dialoge bleiben. Nur im Miteinan-

    . der der verschiedenen Gruppenkann sich Schule weiterentwickeln.Und nur dann wird sie zu einem Ort.an dem sich sowohl Schüler als auchLehrer gerne aufhalten. Eine He-rausforderung ist es auch, die Vorga-ben des Schulministeriums einzu-halten und gleichzeitig ein eigenesSchulprofil zu entwickeln. Das istimmer dann möglich, wenn man diedurchaus vorhandenen Spielräumenutzt.