Fragenkatalog Unternehmensrecht (Aicher)

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1 Fragenkatalog Prof. Aicher Unternehmensrecht 1. Was sind einzutragende Tatsachen iSd § 15 UGB? Generell sind eintragungspflichtige und eintragungsfähige Tatsachen zu unterscheiden. Eintragungspflichtige müssen ins Firmenbuch eingetragen werden, eintragungsfähige können, müssen aber nicht. Unter eintragungspflichtige Tatsachen fallen zB Eintragung einer OG/KG/AG/GmbH, FB-Nummer, Firma, Rechtsform, Prokuristen, Vereinbarungen nach § 38 Abs 4 UGB. Unter § 15 Abs 1 UGB fallen nur eintragungspflichtige Tatsachen (derjenige, der es hätte eintragen müssen, kann die noch nicht eingetragene Tatsache Dritten nicht entgegenhalten – negative Publizität, schweigendes Firmenbuch). Eintragungsfähige Tatsachen fallen nicht darunter, da diese auch ohne FB-Eintragung rechtswirksam sind (Sinn hinter „eintragungsfähig“!). 2. In Großbritannien gegründete GmbH ist in GB im Register eingetragen unter der Firma „Academy of Business Management“. Die GmbH möchte in Graz eine Zweigniederlassung gründen. Die FB-Eintragung wird abgelehnt, OGH gibt aber letztlich statt. Worum geht es hier? § 12 UGB bestimmt, dass ein Rechtsträger, dessen Hauptniederlassung oder Sitz im Ausland liegt, in das FB einzutragen ist, wenn er im Inland eine Zweigniederlassung hat (Eintragungspflicht!). ? Zwingender Rechtsformzusatz? ? Gründungs- vs Sitztheorie? 3. Was ist ein Unternehmer kraft Eintragung? § 3 UGB ist angesprochen. Ein Unternehmer kraft Eintragung ist entweder ein Unternehmer, der schon bei Eintragung kein Unternehmer war, oder ein Unternehmer, der bei Eintragung zwar ein Unternehmer war, aber in der Zwischenzeit seinen Betrieb eingestellt hat und die FB-Eintragung nicht gelöscht hat. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer unter seiner Firma handelt. Man spricht von einer unwiderleglichen Vermutung eines Unternehmers. Es geht um den Verkehrsschutz (zum Unterschied § 15 UGB, bei dem es um Vertrauensschutz geht). 4. Welche Publizitätsprinzipien gibt es für das FB? § 15 Abs 1 UGB: negative Publizität – schweigendes Firmenbuch (eintragungspflichtige Tatsachen, die der Unternehmer nicht eingetragen hat, kann er Dritten nicht entgegenhalten; außer bei Bekanntheit) § 15 Abs 2 UGB: positive Publizität – redende Firmenbucht (bekanntgemachte Tatsachen können Dritten entgegengehalten werden; 15 Tage Schonfrist, sofern der Dritte beweist, dass er die Tatsache nicht kannte oder kennen musste – ständige Geschäftsbeziehungen!) § 15 Abs 3 UGB: positive Publizität bei ursprünglichen Tatsachen (Unternehmer muss sich eingetragenen ursprünglich unrichtige Tatsachen oder aus Verschulden für ihn erkennbare unrichtige Tatsachen sich entgegenhalten lassen; außer Unternehmer beweist, dass der Dritte nicht im Vertrauen auf die Eintragung gehandelt hat, deren Unrichtigkeit kannte oder grob fahrlässig nicht kannte) 5. Kann ein Unternehmer nach § 1 UGB Konsument sein? Vorbereitungsgeschäfte?! § 343 Abs 3 UGB 6. Wie steht § 3 UGB im Verhältnis zu § 15 UGB? § 3 UGB dient dem Verkehrsschutz. Die Unternehmervermutung ist unwiderleglich. Der „Unternehmer“, der in Wahrheit keiner mehr ist, muss sich so behandeln lassen, als ob

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Fragen und Antworten zu Unternehmensrecht

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Fragenkatalog Prof. Aicher Unternehmensrecht 1. Was sind einzutragende Tatsachen iSd § 15 UGB?

Generell sind eintragungspflichtige und eintragungsfähige Tatsachen zu unterscheiden. Eintragungspflichtige müssen ins Firmenbuch eingetragen werden, eintragungsfähige können, müssen aber nicht. Unter eintragungspflichtige Tatsachen fallen zB Eintragung einer OG/KG/AG/GmbH, FB-Nummer, Firma, Rechtsform, Prokuristen, Vereinbarungen nach § 38 Abs 4 UGB. Unter § 15 Abs 1 UGB fallen nur eintragungspflichtige Tatsachen (derjenige, der es hätte eintragen müssen, kann die noch nicht eingetragene Tatsache Dritten nicht entgegenhalten – negative Publizität, schweigendes Firmenbuch). Eintragungsfähige Tatsachen fallen nicht darunter, da diese auch ohne FB-Eintragung rechtswirksam sind (Sinn hinter „eintragungsfähig“!).

2. In Großbritannien gegründete GmbH ist in GB im Register eingetragen unter der Firma „Academy of Business Management“. Die GmbH möchte in Graz eine Zweigniederlassung gründen. Die FB-Eintragung wird abgelehnt, OGH gibt aber letztlich statt. Worum geht es hier? § 12 UGB bestimmt, dass ein Rechtsträger, dessen Hauptniederlassung oder Sitz im Ausland liegt, in das FB einzutragen ist, wenn er im Inland eine Zweigniederlassung hat (Eintragungspflicht!). ? Zwingender Rechtsformzusatz? ? Gründungs- vs Sitztheorie?

3. Was ist ein Unternehmer kraft Eintragung? § 3 UGB ist angesprochen. Ein Unternehmer kraft Eintragung ist entweder ein Unternehmer, der schon bei Eintragung kein Unternehmer war, oder ein Unternehmer, der bei Eintragung zwar ein Unternehmer war, aber in der Zwischenzeit seinen Betrieb eingestellt hat und die FB-Eintragung nicht gelöscht hat. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer unter seiner Firma handelt. Man spricht von einer unwiderleglichen Vermutung eines Unternehmers. Es geht um den Verkehrsschutz (zum Unterschied § 15 UGB, bei dem es um Vertrauensschutz geht).

4. Welche Publizitätsprinzipien gibt es für das FB? § 15 Abs 1 UGB: negative Publizität – schweigendes Firmenbuch (eintragungspflichtige Tatsachen, die der Unternehmer nicht eingetragen hat, kann er Dritten nicht entgegenhalten; außer bei Bekanntheit) § 15 Abs 2 UGB: positive Publizität – redende Firmenbucht (bekanntgemachte Tatsachen können Dritten entgegengehalten werden; 15 Tage Schonfrist, sofern der Dritte beweist, dass er die Tatsache nicht kannte oder kennen musste – ständige Geschäftsbeziehungen!) § 15 Abs 3 UGB: positive Publizität bei ursprünglichen Tatsachen (Unternehmer muss sich eingetragenen ursprünglich unrichtige Tatsachen oder aus Verschulden für ihn erkennbare unrichtige Tatsachen sich entgegenhalten lassen; außer Unternehmer beweist, dass der Dritte nicht im Vertrauen auf die Eintragung gehandelt hat, deren Unrichtigkeit kannte oder grob fahrlässig nicht kannte)

5. Kann ein Unternehmer nach § 1 UGB Konsument sein? Vorbereitungsgeschäfte?! § 343 Abs 3 UGB

6. Wie steht § 3 UGB im Verhältnis zu § 15 UGB? § 3 UGB dient dem Verkehrsschutz. Die Unternehmervermutung ist unwiderleglich. Der „Unternehmer“, der in Wahrheit keiner mehr ist, muss sich so behandeln lassen, als ob

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er nach wie vor einer wäre. Worauf man hier achten muss, ist, dass der „Unternehmer“ unter seiner Firma handelt! Tut er dies nicht, kann er in den Anwendungsbereich des § 15 UGB fallen. Dieser dient dem Vertrauensschutz (auf die Vollständigkeit des FB). Der ist in dem Sinn widerleglich, als dass derjenige, der wusste, dass das FB nicht vollständig ist, sich nicht auf dieses berufen kann.

7. Wie steht § 38 UGB im Verhältnis zu § 1409 ABGB? § 38 UGB ist dispositiv, § 1409 ABGB dagegen zwingend (wird § 38 UGB ausgeschlossen, greift § 1409 ABGB). TB-Merkmale: Unternehmen, Unternehmensfortführung, Erwerb unter Lebenden, Unternehmensbezogene Rechtsverhältnisse -> gesetzliche Vertragsübernahme ex tunc, Nachhaftung des Veräußerers für Altverbindlichkeiten (§ 39, für 5 Jahre ab Unternehmensübergang, Ansprüche verjähren längstens innerhalb 3 Jahre), Widerspruchsrecht des Dritten (§ 38 Abs 2; binnen 3 Monate ab Mitteilung gegenüber Erwerber oder Veräußerer zurücktreten), bei Nichtmitteilung der Übernahme – Rechtsstellung Dritter im Schwebezustand (§ 38 Abs 3 Dritter kann sowohl an Erwerber als auch Veräußerer schuldbefreiend leisten), Erwerberhaftung bei Ausschluss der Vertragsübernahme (§ 38 Abs 4, Erwerber haftet für Altverbindlichkeiten trotz Nichtübernahme der Verträge, dispositiv – muss bei Ausschluss ins FB eingetragen werden, auf verkehrsübliche Weise bekannt gemacht werden oder der Gläubiger wird direkt verständigt). Weiters ist die Haftung nach § 38 UGB unbeschränkt. § 1409 ABGB regelt den zwingenden Schuldbeitritt des Erwerbers. Die Haftung ist aber beschränkt auf Schulden, die er kannte oder kennen musste, und auf den Wert des übernommenen Vermögens (pro-viribus-Haftung).

8. Was ist die gemischte Gesamtvertretung? Ein Prokurist darf nur gemeinsam mit einem organschaftlichen Stellvertreter oder einem vertretungsbefugten Gesellschafter vertreten. In diesem Fall wird die Vertretungsbefugnis des Prokuristen auf das Niveau des organschaftlichen Vertreters angehoben. Die Prokura ist eine ins FB einzutragende, jederzeit widerrufliche, ihrem Umfang nach gesetzlich festgelegte, unübertragbare und unbeschränkbare Formalvollmacht, die nur ein in das FB eingetragener Unternehmer erteilen kann.

9. Was ist eine Änderungstatsache im Zusammenhang mit der Publizität des Firmenbuchs? Änderungstatsachen sind eintragungspflichtige Tatsachen, die sich mittlerweile geändert haben. zB Prokura des X: ist gültig zustande gekommen und eingetragen worden; mittlerweile besteht sie nicht mehr; Tatsache = Bestehen einer Prokura, Änderungstatsache = Nichtbestehen der Prokura. Wenn die Änderungstatsache nicht ins Firmenbuch eingetragen wird, besteht nach § 15 Abs 1 UGB der Rechtsschein, dass das nicht passiert ist und daher das Bestehen der Prokura weiter gilt. Der in seinem Vertrauen geschützte Dritte darf sich denken, da das Nichtbestehen der Prokura eintragungspflichtig ist, wäre das schon im FB eingetragen, dh wäre das Nichtbestehen eingetreten, würde sich ein dementsprechender Hinweis im FB finden. Die Nichteintragung der Änderungstatsache bewirkt folglich das Fortbestehen der Vortatsache.

10. Was passiert, wenn Mängel nicht binnen angemessener Frist gerügt werden? Wie sieht das beim Streckengeschäft aus? § 377 UGB sieht die Obliegenheit vor, bei beiderseitigen unternehmensbezogenen Geschäften festgestellte Mängel der Ware binnen angemessener Frist zu rügen (nach Ablieferung bzw Untersuchung der Ware). Die angemessene Frist ist idR 14 Tage (dispositiv!). Die Rügeobliegenheit betrifft Sachmängel; sowohl Qualitäts- als auch Quantitätsmängel müssen gerügt werden. Wird die Rügeobliegenheit verletzt, verliert der Käufer die den nicht gerügten Mangel betreffenden Vertragsansprüche (§ 377 Abs 2 UGB): Gewährleistung, Schadenersatz wegen des Mangels, Irrtum über die Mangelfreiheit der Sache, laesio enormis. Trotz Unterlassung der Rüge stehen dem

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Käufer Schadenersatzansprüche aufgrund von Mangelfolgeschäden und aus Delikt zu. Streckengeschäft: Soll die Ware mit Wissen des Verkäufers vom Käufer als Zwischenhändler originalverpackt an Endabnehmer weitergeleitet werden, oder soll der Verkäufer die Waren auf Weisung des Käufers unmittelbar an den Endabnehmer senden, muss der Käufer selbst keine Untersuchungen vornehmen, Bemängelungen des Endabnehmers aber unverzüglich an den Verkäufer weiterleiten.

11. Wie wird ein aliud im Bereich der unternehmensbezogenen Geschäfte behandelt? Ein aliud ist eine Anderslieferung. Das spielt für die Mängelrüge eine Rolle (§ 378 UGB): Bei einer nicht genehmigungsfähigen Anderslieferung und bei einer nichtgenehmigungsfähigen Mengenabweichung muss die Mängelrüge nicht erhoben werden. Genehmigungsunfähigkeit liegt dann vor, wenn die gelieferte Ware mit der bestellten nichts mehr gemein hat bzw wenn das Behalten dem Käufer auf keinen Fall zugemutet werden kann (krasse Abweichung, mit der Genehmigung des Käufers darf der Verkäufer nicht rechnen). Sollte das nicht der Fall sein, findet § 377 UGB hingegen Anwendung.

12. Ein Unternehmer erteilt eine Handlungsvollmacht nur für Einkäufe. Der Bevollmächtigte überschreitet diese. Was passiert? Eine Handlungsvollmacht ist im Gegensatz zur Prokura beschränkbar. Grds gilt die in § 54 UGB getroffene Regelung, es sei denn, sonstige Beschränkungen kannte oder musste der Dritte kennen. § 1019 ABGB: Wird das in Frage kommende Geschäft nachträglich genehmigt oder sein Vorteil ausgenutzt, kommt der Vertrag dennoch gültig zustande. Ist das nicht der Fall, kommt das Geschäft nicht zustande. Stattdessen trifft den Vertreter ohne Vollmacht eine Haftung gegenüber demjenigen, der in seinem Vertrauen darauf, dass ein gültiger Vertrag zustande gekommen sei, enttäuscht wurde (Vertrauensschaden begrenzt mit Erfüllungsinteresse).

13. Anwendbarkeit des UGB auf Vorbereitungsgeschäfte? Die Regelungen für unternehmensbezogene Geschäfte finden auf Vorbereitungsgeschäfte gemäß § 343 Abs 3 UGB keine Anwendung. Es liegt aber trotzdem schon die Unternehmereigenschaft vor. Diese Regelung betrifft nur natürliche Personen! Bereitet eine OG/KG ein Unternehmen vor, ist dieser § nicht auf sie anwendbar.

14. Welche Regelungen behandeln den Unternehmensübergang von Todes wegen? Hier ist § 40 UGB einschlägig (§§ 38f nicht, weil diese nur den Erwerb unter Lebenden regeln). Der Erbe tritt in das Unternehmen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit Einantwortung ein. Der Erbe haftet unbeschränkt für unternehmensbezogene Verbindlichkeiten (nur bei Unternehmensfortführung – wenn Unternehmen innerhalb 3 Monate nach Einantwortung eingestellt wird, dann nicht). Der Erbe kann aber auch die Haftung in sinngemäßer Anwendung des § 38 Abs 4 UGB ausschließen (durch Eintragung im FB, verkehrsübliche Bekanntmachung oder Mitteilung an Gläubiger).

15. Es gibt einen Dienstleistungsbetrieb für Arbeitsvermittlung. Beantragt wird die Eintragung der Firma karriere.at. Kann das als Firma verwendet werden? Die Firma ist der ins FB einzutragende Name eines Unternehmers, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt (§ 17 UGB). Nach § 18 Abs 1 UGB muss ein Firma Kennzeichnungsfähigkeit (als Name individualisierbar) und Unterscheidungskraft (geeignet um Assoziation mit einem ganz bestimmten Unternehmen unter vielen zu stiften) haben. Hier fehlt es an der Unterscheidungskraft der Firma (Gattungsbezeichnung nicht ausreichend unterscheidungskräftig). Weiters fehlt hier der nach § 19 UGB zwingende Rechtsformzusatz.

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16. Wenn zwischen 2 Unternehmern eine Kontokorrentbeziehung besteht, was sind die Bestandteile der Verrechungsabrede? Wie funktioniert die Tilgung? Kontokorrentverhältnisse werden zwischen Personen, die miteinander in laufender Geschäftsbeziehung stehen, begründet (Kontokorrentabrede = die aus der laufenden Geschäftsverbindung stammenden Ansprüche und Leistungen samt Zinsen werden in regelmäßigen Abständen verrechnet und aus dem sich ergebenden Saldo einer Partei wird eine von den einzelnen Posten unabhängige neue Forderung begründet). Es muss zumindest eine Vertragspartei Unternehmer sein (wenn nicht: uneigentliches Kontokorrent). Weiters gibt es die Möglichkeit die Verrechnungsperiode zu bestimmen (per Gesetz: 1 Jahr). Die Forderungen, die in das Kontokorrent gestellt werden, können nicht mehr selbständig geltend gemacht werden; sie können weder abgetreten noch ver- oder gepfändet werden. Zahlungen während der Rechnungsperiode haben keine schuldbefreiende Wirkung (verändern zunächst nur den Saldo). Unter dem kausalen Saldo versteht man jenen Saldo, der sich am Ende der Rechnungsperiode ergibt. Nach Abschluss der Verrechnungsperiode kommt es idR zur Feststellung des Saldos zur Anerkennung. Der anerkannte Saldo wird als abgeschwächter abstrakter Verpflichtungsgrund angesehen, der neben die im kausalen Saldo fortbestehende Einzelansprüche tritt (der andere hat die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung). Die Frage der Tilgung ist insb dann von Bedeutung, wenn kein Saldoanerkenntnis erfolgt und trotzdem die kausale Saldoabrede eingeklagt wird. In § 355 Abs 3 UGB ist ausdrücklich die Lehre von der zivilrechtlichen Tilgungsordnung (§§ 1415 f ABGB) normiert: Die Parteien können einvernehmlich entscheiden, welche Posten ausgeglichen werden sollen. Fehlt eine solche Vereinbarung, kann der Schuldner die Zahlung widmen. Widerspricht der Gläubiger oder wird nicht klar zum Ausdruck gebracht, welche getilgt werden sollen, gelangt die gesetzliche Tilgungsreihenfolge zur Anwendung (Zinsen – Kapital – bei mehreren Kapitalschulden: diejenige, die schon eingefordert oder zumindest fällig ist – Beschwerlichkeit für den Verpflichteten).

17. Inwieweit ist die eingetragene Firma im UGB vor Verwechselungen geschützt? § 37 UGB gewährt demjenigen, der in seinem Recht dadurch verletzt wird, dass ein anderer eine Firma unbefugt gebraucht, einen Unterlassungsanspruch. FB-Gericht hat Zulässigkeit der Firma zu prüfen. SchE nach §§ 1295 f ABGB

18. Wer ist als Unternehmer eintragungspflichtig ins FB? Die Unternehmer kraft Rechtsform (§ 2 – Unternehmer) sind eintragungspflichtig, da sie erst mit Eintragung entstehen. Weiter sind Einzelunternehmen und GesbRs als OG/KG ins FB einzutragen, wenn sie die Schwellenwerte des § 189 UGB überschreiten. Freiberuflich Tätige und Land-/Forstwirte sind nicht eintragungspflichtig, außer sie betreiben eine Kapitalgesellschaft.

19. Welche Voraussetzung gibt es für das unternehmerische Retentionsrecht? Das Zurückbehaltungsrecht ist in §§ 369 ff UGB geregelt. Danach hat ein Retentionsrecht ein Unternehmer aufgrund einer grds fälligen Geldforderung, die ihm gegen einen anderen Unternehmer aus einem beiderseitigen unternehmensbezogenen Geschäft zusteht, an beweglichen Sachen und Wertpapieren des Schuldners, welche mit Willen des Schuldners aufgrund von unternehmensbezogenen Geschäften in den Besitz des Gläubigers gelangt sind (Gläubiger muss noch Gewahrsame haben!). Ein Notzurückbehaltungsrecht besteht nach § 370 UGB auch bei noch nicht fälligen Forderungen, wenn über das Vermögen des Schuldners Konkurs eröffnet ist oder er die Zahlungen eingestellt hat, etc. Das Retentionsrecht ist ausgeschlossen, wenn das Retentionsgut aufgrund einer besonderen Verwendungsbestimmung oder -verpflichtung übergeben worden ist oder sich der Gläubiger ohne Einverständnis des Schuldners in Besitz dessen gebracht hat. Das unternehmerische Zurückbehaltungsrecht zeichnet sich gegenüber dem zivilrechtlichen va dadurch aus, dass es keine Konnexität voraussetzt (nur eine Forderung aus einem beiderseitigen unternehmensbezogenen Geschäft); ein

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pfandähnliches Befriedigungsrecht gewährt; bei Notretention keine Fälligkeit des Anspruches erfordert, dessentwegen zurückbehalten wird; die zurückbehaltene Sache nicht dem Schuldner gehören muss; nur bei Verwenungsbestimmung/-verpflichtung ausgeschlossen ist. Das Zurückbehaltungsrecht ist ein schuldrechtlicher Anspruch mit Elementen der Verdinglichung. Diese sind Gleichstellung mit dem Pfandrecht (zB im Konkurs) und Befriedigungsrecht (§ 371 UGB). Der Unterschied zur Pfandverwertung

20. Ein karitativer Verein, der von Spenden lebt, hat eine Geschäftsidee, dass man in bestimmten Werkstätten Produkte erzeugen kann. Kann man diese Werkstätte ins Firmenbuch eintragen? Ein Verein ist gemäß § 1 VerG ein freiwilliger, auf Dauer angelegter, aufgrund von Statuten organisierter Zusammenschluss mind zweier Personen zur Verfolgung eines bestimmten gemeinsamen ideellen Zwecks. Ein Verein darf nicht auf Gewinn gerichtet sein. Da die Gewinnerzielungsabsicht nicht Merkmal der Unternehmereigenschaft ist (nur Kostendeckung!), können auch Vereine iSd VerG Unternehmer sein. Die Unternehmereigenschaft eines Vereins ist anhand der Kriterien des § 1 UGB zu prüfen. Einem unternehmerisch tätigen Verein steht die Eintragung in das Firmenbuch nach § 8 Abs 1 UGB offen. Mit der Eintragung in das Firmenbuch sind auch für Vereine die Möglichkeiten des 1. Buches des UGB (zB Erteilung einer Prokura, Führung einer Firma) verbunden. Eine Eintragungspflicht besteht hingegen selbst bei Überschreiten der Schwellenwerte nicht, der Gesetzgeber begnügt sich insofern mit der ohnedies bestehenden Eintragung im Vereinsregister.

21. Wie funktioniert die Schadensberechnung im Unternehmensrecht? Beim Vermögensschaden wird zwischen positivem Schaden (Beeinträchtigung bestehender Vermögensgüter und Rechte) und entgangenem Gewinn (Beeinträchtigung künftiger Erwerbs- und Gewinnchancen, ohne dass bereits ein bestehendes Vermögensgut oder Recht verletzt wurde) unterscheiden. Nach allgemeinem Zivilrecht wird volle Genugtuung – beides – nur bei grobem Verschulden (Vorsatz oder grobe FL) gewährt. Demgegenüber ordnet § 349 UGB an, dass der aufgrund von Schadenersatzansprüchen aus auch einseitigen unternehmensbezogenen Geschäften zu ersetzende Schaden auch bei leichter Fahrlässigkeit den entgangenen Gewinn mitumfasst. (< dHGB – BGB kennt den gegliederten Schadensbegriff nicht).

22. Was besagt der Grundsatz der Firmenkontinuität? = Firmenbeständigkeit Die Fortführung der bisherigen Firma ist grds zulässig. Nach § 22 UGB darf bei Erwerb des Unternehmens unter Lebenden oder von Todes wegen die bisherige Firma bei ausdrücklicher Zustimmung des bisherigen Unternehmers oder dessen Erben fortgeführt werden. Bei Änderungen im Gesellschafterbestand ist es nach § 24 UGB im gleichen Sinn erlaubt, die bisherige Firme ungeachtet dieser Veränderung weiterzuführen, vorausgesetzt der ausdrücklichen Zustimmung des scheidenden Gesellschafters. Jedoch durchbricht der Grundsatz der Firmenwahrheit den Grundsatz der Firmenkontinuität: Auch bei einer abgeleiteten Firma muss zwingend der korrekte Rechtsformzusatz in die Firma aufgenommen werden.

23. Warum gilt § 15 UGB nicht im deliktischen Verkehr? Das hängt mit der Funktion des FB zusammen. Das FB wurde für den unternehmerischen Rechtsverkehr eingerichtet. § 15 UGB gilt daher nicht für den Deliktsverkehr. Er schützt nur den rechtsgeschäftlichen Rechtsverkehr. Nur dort besteht das Bedürfnis nach Information vor dem Kontrahieren, daher soll das FB dort Vertrauenslagen schaffen.

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24. Was ist ein Scheinunternehmer kraft Auftretens? Ein Scheinunternehmer kraft Auftretens tritt auf wie ein Unternehmer, ohne einer zu sein. Daher muss er sich vom gutgläubigen Geschäftspartner wie ein Unternehmer behandeln lassen. Grundlage dafür ist die Rechtsscheinhaftung (Rechtsschein muss auf Verhalten beruhen, das dem Auftretenden zurechenbar ist und kausal für das Vertrauen des Dritten sein). Der gutgläubige darf sich aussuchen, ob er ihn als Unternehmer behandeln möchte oder nicht. Wobei hier nicht von einer Rosinentheorie auszugehen ist, sondern der Dritte kann sich zwischen den beiden Alternativen entscheiden.

25. Was ist das unternehmerische Bestätigungsschreiben? Unternehmerische Bestätigungsschreiben sind im Geschäftsverkehr übliche Mitteilungen über den Inhalt bereits mündlich geschlossener Verträge (schriftlich festhalten, was mündlich vereinbart wurde). Sofern darin nichts anderes steht, spricht man von einem deklarativen Bestätigungsschreiben. Ein konstitutives Bestätigungsschreiben stellt hingegen ein annahmebedürftiges Angebot dar, da noch offene Fragen geregelt werden und dieser einer Annahme bedürfen. Probleme gibt es, wenn das Bestätigungsschreiben nicht das wiedergibt, was mündlich vereinbart wurde. Wer auf ein solches abweichendes Bestätigungsschreiben nur mit Schweigen reagiert, ist nach hA nur daran gebunden, wenn die Abweichungen die Interessen des Empfängers nicht spürbar beeinträchtigen und daher der Schreiber eine Zustimmung vernünftigerweise erwarten kann.

26. Wie wird der Schadenersatz wegen Nichterfüllung im Unternehmensrecht berechnet? § 373 UGB regelt den Schadenersatz wegen Nichterfüllung. Sie betreffen die Schadensberechnung bei Nichterfüllung der Leistungspflicht durch den Verkäufer (kann zu Deckungskauf des Käufers führen) oder durch den Käufer (Deckungsverkauf des Verkäufers). Abstrakte Schadensberechnung ohne konkretes Deckungsgeschäft: Nichterfüllungsschaden ergibt sich – sofern die Waren Börsen-/Marktwert hat – aus der Differenz zwischen vereinbartem Preis und ihrem Börsen-/Marktwert zur Zeit und am Ort der geschuldeten Leistung (fiktiver Deckungs(ver-)kauf). Konkrete Schadensberechnung bei konkretem Deckungsgeschäft: Der Deckungskauf muss, um schuldnerfeindliche Spekulationen zu verhindern, sofort nach Ablauf der bedungenen Leistungszeit oder Leistungsfrist durchgeführt werden, entweder durch öffentliche Versteigerung oder durch einen dazu befugten Unternehmer zum laufenden Preis. Hat die Ware keinen Börsen- oder Marktwert, hat der Käufer nur die Möglichkeit konkreter Schadensberechnung -> zivilrechtlichen Regeln maßgeblich (nur allgemeine Schadensminderungspflicht - Gläubiger muss sich um ein günstiges Deckungsgeschäft bemühen).

27. Was ist ein Franchisevertrag? Dieser ist nicht im Gesetz geregelt. Der Franchisegeber verpflichtet sich dem Franchisenehmer gegenüber Nutzungsrechte an Schutzrechten einzuräumen sowie sein Know-How zur Verfügung zu stellen. Der Franchisenehmer verpflichtet sich dazu im eigenen Namen und auf eigene Rechnung die vertraglich bezeichneten Produkte nach der vorgegebenen Vorstellung des Franchisegebers zu vertreiben und dem Franchisegeber ein Entgelt zu bezahlen. Er trägt daher auch das finanzielle Risiko und übernimmt das Marketingkonzept des Franchisegebers, was diesem weitreichende Überwachungs- und Weisungsrechte einräumt.

28. Welche Folgen hat der Annahme- oder Gläubigerverzug des Käufers im UGB? Der Verkäufer kann bei Annahmeverzug die Ware auf Gefahr und Kosten des Käufers in einem öffentlichen Lagerhaus oder sonst in sicherer Weise hinterlegen, gemäß § 373 Abs 1 UGB – keine schuldbefreiende Wirkung. Statt zu hinterlegen, darf der Verkäufer die vom Käufer nicht abgenommene Ware auch auf dessen Rechnung veräußern, um auf diese Weise zu seinem Geld zu kommen (Abs 2, Mehrerlös ist herauszugeben bzw

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muss Käufer nachzahlen, schuldbefreiende Wirkung!). Der Selbsthilfeverkauf muss dem Käufer vorher angedroht werden; außer die Ware verdirbt oder sonstige Gefahr im Verzug. Der Regelfall des Selbsthilfeverkaufs ist öffentliche Versteigerung; auch erlaubt ist freihändiger Verkauf zum mittleren Durchschnittspreis.

29. Welche Art der Unternehmensbewertung ist im Gesetz vorgesehen? Es gibt keine rechtlich vorgeschriebene Bewertungsmethode. Die Unternehmensbewertung wird iW vom Ertragswertungsverfahren bestimmt, wobei allerdings auch die Substanz des Unternehmens berücksichtigt wird (= Substanzwertverfahren). Mit Hilfe des Ertragswertverfahrens wird aufgrund der gegenwärtigen Unstände auf den wahrscheinlichen zukünftigen Gewinn geschlossen (zukünftige Erwerbschancen des Unternehmens).

30. Wofür ist im 1. Buch die Firmenbucheintragung notwendig? Für die Firma, für das Erteilen einer Prokura, Publizität des Firmenbuchs

31. Kann man die Handlungsvollmacht mit Wirksamkeit nach außen beschränken (Bsp.: ausdrücklich Generalhandlungsvollmacht, aber nur bis € 1000)? Die Handlungsvollmacht hat nach außen den gesetzlich umschriebenen Umfang (§ 54 UGB), sofern der Dritte nichts davon wusste/wissen musste. Im Innenverhältnis ist sie sehr wohl beschränkbar. Wird sie überschritten, liegt ein Handeln ohne Vollmacht vor (Vollmachtsgeber kann Geschäft nachträglich genehmigen oder sich den Vorteil zuwenden; tut er das nicht, ist das Geschäft nicht zustande gekommen und der falsus procurator haftet auf das Vertrauensinteresse begrenzt mit dem Erfüllungsinteresse).

32. Wann beginnt und endet die Unternehmereigenschaft? §1-Unternehmer: mit Aufnahme des Geschäftsbetriebes (auch wer erst Vorbereitungsgeschäfte schließt); sobald der Geschäftsbetrieb eingestellt ist §2-Unternehmer: erst mit Eintragung in das FB, davor nicht; geht mit dem Untergang der Rechtspersönlichkeit verloren – erlischt mit Löschung des Rechtsträgers im FB §3-Unternehmer: hat der Unternehmer den Geschäftsbetrieb eingestellt, sich aber nicht aus dem FB löschen lassen, gilt er als Unternehmer kraft Eintragung (unwiderlegliche Vermutung; Verkehrsschutz – egal, dass Dritter weiß, dass er kein Unternehmer mehr ist). Kein Einfluss auf das Ende der Unternehmereigenschaft haben der Eintritt der Geschäftsunfähigkeit, die Liquidation, solange das Unternehmen nicht eingestellt ist, und die Eröffnung des Konkurses.

33. Was sind die Voraussetzungen für die Erhebung der Mängelrüge? beiderseitig unternehmensbezogenes Geschäft,

34. Was sind Kaufsklauseln? Der Geschäftsverkehr kennt eine Fülle von üblichen Vertragsklauseln, die va den Warenkauf ergänzen. So finden sich zahlreiche Liefer- und Zahlungsklauseln, die oft nur aus einem einzigen Wort bestehen, wohl aber aufgrund Unternehmensbrauchs in bestimmter Weise verstanden zu werden pflegen (zB frei Haus, auf Abruf, auf Besicht). Zahlreiche geschäftsübliche Klauseln wurden für den internationalen Geschäftsverkehr von der Internationalen Handelskammer (ICC) veröffentlicht (Trade Terms). Inhaltlich vereinheitlicht wurden die Klauseln in den Incoterms.

35. Was ist ein Unternehmensbrauch? Unternehmensbräuche oder auch unternehmensrechtliche Verkehrssitten sind während einer gewissen Zeit tatsächlich geübte, von den beteiligten unternehmerischen Verkehrskreisen anerkannte Gepflogenheiten im Bereich des unternehmerischen Geschäftsverkehrs. Rechtsüberzeugung (opinio iuris) fehlt. Wohl liegt aber eine

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weitgehend übereinstimmende Auffassung der beteiligten Kreise darüber vor, dass die zur Diskussion stehenden Verhaltensweise als tätigkeitsspezifische Verkehrsitte anzusehen ist (opinio usus). Wer sich auf einen Unternehmensbrauch beruft, hat ihn nach allgemeinen Beweisregeln nachzuweisen (Ortsgebrauch genügt!). Unternehmensgebräuche gewinnen als Auslegungshilfe nur mittelbar rechtliche Bedeutung (§ 346 UGB). Sie sind nur bei beiderseitigen unternehmensbezogenen Geschäften zu beachten.

36. Was ist der Unterschied zwischen einem Handelsvertreter und einem Kommissionär? Der Kommissionär ist kein Stellvertreter, weil er im eigenen und nicht im fremden Namen handelt. Kommissionär ist, wer es übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen. Handelsvertreter ist, wer von einem Unternehmer mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften, ausgenommen über unbewegliche Sachen, in dessen Namen und für dessen Rechnung ständig betraut ist und diese Tätigkeit selbständig und gewerbsmäßig ausübt.

37. Was versteht man unter der Firmenausschließlichkeit? = Unterscheidungskraft: Die Firma muss sich ausreichen von anderen Firmen abheben, um nicht ihnen verwechselt zu werden. Rene Sach-, Branchen- oder Gattungsbezeichnungen tendieren zur Unterscheidungsschwäche. Verlangt wird überdies, dass sich jede neue von allen am selben Ort oder in der politischen Gemeinde bereits bestehenden und im FB eingetragenen Firmen deutlich unterscheiden muss (§ 29 Abs 1 UGB).

38. Was ist der Grundsatz der Firmeneinheit? Niemand darf zugleich zwei Firmen führen. Kein einheitliches Unternehmen mit zwei Firmen. Eigene Firmen für Haupt- und Zweigniederlassung ist möglich – Zugehörigkeit der Zweigniederlassung zum selben Unternehmen muss erkennbar sein. Eigene Firmen für organisatorisch selbständige Unternehmen des Einzelnunternehmers – auch für Personengesellschaften Nur eine Firma für eine Gesellschaften – bei Kapitalgesellschaften (strittig)

39. Was ist alles eine Rückgewähr von Einlagen? Einlagenrückgewähr sind alle Leistungen der Gesellschaft an die Gesellschafter, außer es handelt sich um die Verteilung des Bilanzgewinns, ein Geschäft, das dem Fremdvergleich standhält, oder eine im Gesetz vorgesehene Ausnahme (Kapitalherabsetzung; Rückzahlung von Nachschüssen).

40. Wofür haftet der OG-Gesellschafter? Mehrere Theorien: Erfüllungstheorie, Haftungstheorie (auf Geldinteresse beschränkt) -> Mittelweg: Interessentheorie (Interessensabwägung zw Gläubiger und Gesellschafter

41. Minderheitsrechte bei der GmbH bzw AG? GmbH: ⅓ des Stammkapitals: Minderheitsvertreter in den Aufsichtsrat wählen 1/10 des Stammkapitals oder € 700.000: Sonderprüfung des Jahresabschlusses; Ansprüche, die der Gesellschaft gegen Gesellschafter/Geschäftsführer/Aufsichtsräte zustehen, geltend machen, wenn negativer Gesellschafterbeschluss 1/10 des Stammkapitals: gerichtliche Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern aus wichtigem Grund; Einberufung der GV; Aufnahme von Tagesordnungspunkten Sperrminorität von ¼ des Stammkapitals, wenn Beschlüsse eine ¾-Mehrheit erfordern AG: 5% des Grundkapitals: Einberufung der HV; Aufnahme von Tagesordnungspunkten

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10%: gerichtliche Abberufung eines gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieds aus wichtigem Grund; Ansprüche der Gesellschaft gegen Aktionäre/Gründungsverantwortliche/Vorstand/Aufsichtsrat – Minderheitsvertreter zur Führung des Rechtsstreits

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Wertpapierrecht 42. Was sind Zurechenbarkeitseinwendungen des Wechselschuldners?

Gehören zu den Gültigkeitseinwendungen (betreffen die Wirksamkeit des Begebungsvertrags) Diese Einwendungen schließen eine Haftung aus dem Wechsel allgemein aus, weil es an der Zurechenbarkeit der Erklärung in der Urkunde als Rechtsscheingrundlage fehlt. Da es sich um ein allgemeines TB-Merkmal der Rechtsscheinhaftung handelt, kommt es auch nicht auf den allfälligen guten Glauben des Inhabers des Wechsels an. -> daher absolute Wirkung. Aus dem Wechsel können daher diejenigen nicht in Anspruch genommen werden, hinsichtlich derer es an der Zurechenbarkeit der Erklärung in der Urkunde fehlt. zB Einwand der Fälschung, Einwand der Verfälschung, Einwand der Geschäftsunfähigkeit, Einwand der fehlenden Vertretungsmacht, Einwand des fehlenden Erklärungsbewusstseins, Einwand des physischen Zwangs

43. Wann kann der Wechselschuldner ausnahmsweise Einwände aus der Rechtsbeziehung zum Vormann erheben? Grds besteht im Wechselrecht das Prinzip der materiellen Wechselstränge (für den Inhalt der wertpapierrechtlichen Verpflichtung ist grds der Inhalt der Urkunde maßgeblich > Umlauffähigkeit, Erwerberschutz). Aus Art 17 WechselG ergibt sich, dass man grds keine Einwendungen, die gegen den Vormann zugestanden sind, gegen den derzeitigen Inhaber geltend machen kann. Urkundliche Einwendungen (aus dem Wechsel ersichtliche) können jedem Inhaber des Wechsel entgegengehalten werden, da der Scheintatbestand der Einwendungsfreiheit fehlt. Bei den Gültigkeitseinwendungen ist zwischen den Zurechenbarkeit- und den sonstigen Gültigkeitseinwendungen zu unterscheiden. Nur Zurechenbarkeitseinwendungen haben keine präklusive Wirkung, somit können sie auch dem jetzigen Inhaber entgegengehalten werden. Persönliche Einwendungen, die gegen den Vormann zugestanden sind, können nur insoweit dem jetzigen Inhaber entgegengehalten werden, so weit er bewusst zum Nachteil des Schuldners beim Erwerb gehandelt hat.

44. Was sind die Besonderheiten des Orderpapiers? Das Orderpapier bezeichnet den Berechtigten nicht anonym, sondern lauten auf den Namen des Berechtigten oder dessen „Order“. Die Übertragung erfolgt nach sachenrechtlichen Grundsätzen (Vereinbarung und Übergabe). Der erste Berechtigte kann durch schriftliche Anordnung (= „Order“) auf dem Papier einen nächsten Berechtigten bezeichnen, dieser wieder einen anderen, etc. Die Übergabe der Urkunde erfolgt durch Übergabe der Urkunde und den Übertragungsvermerk (Indossament). Zur Legitimation ist daher außer der Vorlage noch eine lückenlose Kette von Übertragungsvermerken (Indossamentenkette) erforderlich. Der Kreis der Orderpapiere ist geschlossen (numerus clausus; sachenrechtlicher Typenzwang). Man unterscheidet geborene und gekorene Orderpapiere. Der Unterschied liegt darin, ob die Übertragung durch Indossament ohne weiteres möglich ist (Wechsel, Namensaktie) oder eine Orderklausel auf dem Papier erforderlich ist, um das Papier zum Orderpapier zu machen (unternehmerische Wertpapiere nach § 363 UGB). Sie erfüllen alle notwendigen Wertpapierfunktionen.

45. Was ist das Haftungs- oder Garantieindossament? Bei diesem ist keine Übertragung des Wechsels beabsichtigt, sondern das Indossament soll lediglich die zusätzliche Haftung als Indossant nach Art 15 WechselG begründen -> daher lediglich Garantiewirkung (keine Transportwirkung). Erleichtert die Verwertbarkeit des Wechsels, weil die Wechselforderung durch einen weiteren

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Wechselschuldner gesichert ist.

46. Was ist ein Blankoindossament? Dieses bezeichnet den neuen Begünstigenten nicht namentlich (nach Art 13 Abs 2 WechselG zulässig. Es ist ein vollgültiges Indossament mit allen Wirkungen. Für die weitere Übergabe bestehen mehrere Möglichkeiten: Nach Art 14 WechselG kann derjenige, der den Wechsel dadurch erhalten hat, das Indossament vervollständigen (= Vollindossament). Auch wenn er das nicht macht, kann er, da er auch durch ein Blankoindossament Eigentümer des Wechsels ist, ein weiteres Indossament setzen (egal ob Voll- oder ein weiteres Blankoindossament). Die entscheidende Wirkung des Blankoindossaments besteht darin, dass der Inhaber des Wechsels den Wechsel nun auch durch bloße Einigung und Übergabe übertragen kann (keine Abtretung, sondern vollgültiger Erwerb des Wechsel mit allen Wirkungen). Entscheidender Vorteil ist, dass die Unterschrift des Überträgers des Wechsels auf dem Wechsel überhaupt nicht aufscheint. Daher haftet er auch nicht wechselrechtlich für die Annahme und Zahlung.

47. Was ist der Numerus Clausus im Wertpapierrecht? Die Schaffung von Wertpapieren bzw Legitimationspapieren durch privatautonome Vereinbarung ist grds zulässig. Für bestimmte Wertpapierarten besteht allerdings ein numerus clausus: für Inhaber- und Orderpapiere (weil sie durch die Möglichkeit der Übertragung der Forderung nach sachenrechtlichen Grundsätzen und den damit verbundnen erweiterten Gutglaubens- und Verkehrsschutz dem sachenrechtlichen Typenzwang unterliegen). Für Orderpapiere ist die Beschränkung auf die gesetzlich vorgesehenen Formen unbestritten (geborene und gekorene). Für Inhaberpapiere ist der gesetzliche Typenzwang insoweit abgeschwächt, als neben den gesetzlich geregelten Inhaberpapieren (Inhaberscheck und –aktie) auch schuldrechtliche Forderungen als Inhaberpapiere ausgestaltet werden können (Schuldscheinen, die auf den Überbringer lauten).

48. Wie sind Sparbücher zu qualifizieren? Welche Möglichkeiten gibt es? Nach dem BWG dürfen Auszahlungen nur gegen Vorlage der Sparurkunde geleistet werden. Daraus ergibt sich, dass ein Sparbuch in jedem Fall als ein Wertpapier zu qualifizieren ist, da zur Erlangung der Leistung die Vorlage der Urkunde erforderlich ist. Auszahlungen aus Namenssparbüchern bedürfen der Identifizierung des Kunden und der Vorlage der Urkunde. Damit sind sie als Rektapapiere zu qualifizieren (nur Beweis- und Sperrfunktion). Die Übertragung kann nur durch Zession erfolgen. Verfügungen über Bezeichnungssparbücher (sonstige Bezeichnungen, die nicht auf einen Namen schließen lassen) mit Losungswort (bei Beträgen unter € 15.000 ist nach dem BWG zwingend die Angabe eines Losungswortes erforderlich!) sind nach Nennung des Losungsworts und Vorlage der Sparurkunde möglich. Damit tritt Liberationswirkung hinzu – daher qualifizierte Legitimationspapiere. Bei Bezeichnungssparbüchern, deren Guthaben € 15.000 übersteigt, dürfen – gemäß der Geldwäsche-RL – Auszahlungen nur an identifizierte Kunden gegen Vorlage der Sparurkunde erfolgen. Somit sind sie reine Rektapapier.

49. Was versteht man unter dem engen bzw weiten Wertpapierbegriff? Der enge Wertpapierbegriff macht die Art der Übertragung zum entscheidenden Kriterium für das Wertpapier. Nur solche rechtsverbriefenden Urkunden werden als Wertpapier angesehen, bei denen die Forderung mit der Übereignung des Papiers sachenrechtlich übertragen wird (-> es geht um die Erleichterung der Übertragung und die Umlauf- und Verkehrsfähigkeit der verbrieften Rechte). Daher zählen nur die Inhaber- und Orderpapiere zum engen Wertpapierbegriff. Dadurch würden die Rektapapiere herausfallen, bei denen die Forderung schuldrechtlich durch Zession übertragen wird. Der enge Wertpapierbegriff würde dazu führen, dass zB die Einheit der Papiere in § 363 UGB durchschnitten wäre, weil sie entweder Wertpapiere wären, wenn sie an Order lauten, oder nur wertpapierähnliche Urkunden.

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Der weite Begriff stellt auf die Verknüpfung der Geltendmachung des Rechts aus der Urkunde mit der Vorlage des Papiers ab (für auch zu einer Verbesserung der Umlauffähigkeit). Auch wenn die Forderung grds durch Zession übertragen wird, bewirkt die Bindung der Geltendmachung an die Vorlage des Papiers den Ausschluss zumindest einer für den Umlauf nachteiliger Regel der Zession: Nach § 1395 Satz 2 ABGB kann der Schuldner schuldbefreiend an den alten Gläubiger leisten, wenn ihm die Zession noch nicht bekannt gemacht worden ist. Das kann er allerdings nicht, wenn die Geltendmachung der Forderung an die Vorlage des Papiers gebunden ist und der neue Gläubiger das Papier in der hand hat.

50. Welche Theorien gibt es, wodurch ein konstitutives Wertpapier entsteht? Bei einem konstitutiven Wertpapier entsteht die Forderung erst mit der Ausstellung des Wertpapiers (zB Wechsel, Scheck). Aber wodurch entsteht die Verpflichtung aus dem Wertpapier? (bei deklaratorischen Papieren kann ab dem Zeitpunkt der Verbriefung das Recht nur mehr bei Vorlage der Urkunde geltend gemacht werden). Dazu gibt es mehrere Theorien: Kreationstheorie: Verbindlichkeit wird durch die Ausstellung als einseitiges, nicht empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft begründet – bereits mit der Herstellung der Urkunde ist der Aussteller verpflichtet, die darin verbriefte Leistung zu erbringen (auch gegenüber Dieb oder Finder) Redlichkeitstheorie: Recht entsteht grds durch Ausstellung, jedoch kann dieses nur ein gutgläubiger Erbwerber geltend machen (Dieb/Finder fallen hinaus, allerdings wird die Haftung auch dann begründet, wenn die Ausstellung dem Aussteller gar nicht zuzurechnen ist) Vertragstheorie: Recht aus dem Wertpapier wird durch einen Vertrag begründet (Begebungsvertrag). Die Begebung des Wertpapiers ist immer verpflichtungsbegründet, sie muss aber nicht immer verfügend sein (zB Akzept). Nach der Vertragstheorie ist daher die Ausstellung der Urkunde zwar ein notwendiger, allerdings nur ein vorbereitender Akt. Hinzutreten muss ein wirksamer Begebungsvertrag zwischen dem Verpflichteten und dem ersten Berechtigten. Schwäche: ob ein wirksamer Begebungsvertrag vorliegt, ist für einen späteren Erwerber nur schwer überprüfbar; mangels Wirksamkeit würde er nur ein „leeres“ Papier erwerben Rechtsscheintheorie: Aussteller des Papiers hat durch seine Unterschrift auf der Urkunde einen äußeren TB geschaffen, auf den gutgläubige Erwerber vertrauen dürfen. Dadurch wird der Rechtsschein des wirksamen Bestehens eines Begebungsvertrags, der tatsächlich fehlt oder unwirksam ist, geschaffen. Für diesen Rechtsschein muss er Aussteller dem gutgläubigen Erwerber gegenüber einstehen, wenn er ihn auf zurechenbare Weise veranlasst hat. Mängel des Begebungsvertrags können daher dem gutgläubigen Erwerber nicht entgegengesetzt werden, wenn der Unterfertigte den Rechtsschein zurechenbar veranlasst hat. (nicht zurechenbar wäre der Rechtsschein bei Fälschung, Verfälschung, Vertretung ohne Vertretungsmacht, mangelnder Geschäftsfähigkeit und physischem Zwang) Grundlage der Entstehung der wertpapierrechtlichen Forderung ist daher die Vertragstheorie ergänzt um die Haftung aus veranlasstem Rechtschein, wenn der Begebungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist.

51. Was sind unternehmerische Wertpapiere? Diese sind in § 363 UGB geregelt: unternehmerische Anweisung, unternehmerischer Verpflichtungsschein, Ladeschein, Lagerschein, Konnossement. Sie sind Rektapapiere, können aber auch zu gekorenen Orderpapieren werden (Orderklausel). Werden sie als Orderpapiere ausgestellt, können sie durch Indossament nach sachenrechtlichen Grundsätzen übertragen werden (Transportwirkung, Legitimationswirkung, keine Garantiewirkung – nur Haftung des Vormanns aus dem Grundgeschäft -> kausaler Reihenregress, grds Einwendungsausschluss – gleiche Reglung wie bei Wechsel). Die unternehmerische Anweisung ist eine Anweisung, die auf einen Unternehmer über die Leistung von Geld, Wertpapieren oder anderen vertretbaren Sachen ausgestellt ist, ohne dass darin die Leistung von einer Gegenleistung abhängig gemacht wird

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(Schriftform, Angewiesene muss Unternehmer sein, Aufnahme von Bedingungen ist möglich, zB Lieferschein)

52. Welche Einwendungen knüpfen an den Begebungsvertrag an? Die Gültigkeitseinwendungen – s.o.

53. Welche Rechtsnatur-/Wirkung hat ein Begebungsvertrag? Das kommt ganz darauf in, mit was für einem Inhalt dieser vereinbart wird. zB der Begebungsvertrag, der zwischen Aussteller und Begünstiger vereinbart wird, ist sowohl Verpflichtungs- als auch Verfügungsgeschäft, da es sowohl zu einer Verpflichtung (Zahlung der Geldsumme) als auch zur Übergabe der Urkunde kommen soll. Hingegen bei Akzept ist der Begebunsvertrag nur ein Verpflichtungsgeschäft, da die Urkunde nicht an den Bezogenen ausgehändigt werden soll.

54. Was ist eine Wechselverfälschung? Was passiert bei vereinbarungswidrigem Ausfüllen eines Blankowechsels? Die Wechselverfälschung ist in Art 69 WechselG geregelt. Grds gelten für den, der einen Wechsel unterschreibt, die Bedingungen, die auf dem Wechsel selbst gestanden sind, als er seine Unterschrift darunter gesetzt hat. Wer nach einer Änderung unterschreibt, für den gilt der geänderte Text. Maßgeblich ist das Erscheinungsbild des Wechsels im Zeitpunkt der Abgabe der entsprechenden Erklärung am Wechsel. Art 10 WechselG regelt den Fall der vereinbarungswidrigen Ausfüllung des Blankowechsels und schützt den gutgläubigen Erwerber des Wechsels. Die Nichteinhaltung der Ausfüllungsbefugnis kann dem Inhaber nicht entgegengesetzt werden. Dh, der Aussteller oder Akzeptant haftet dem gutgläubigen Erwerber nach dem ausgefüllten Inhalt. Außer: er hat den Wechsel bosgläubig erworben oder ihm ist beim Erwerb grobe FL zur Last zu legen (wenn Hinweise auf Fragwürdigkeit des Blankettnehmers erkennbar waren, dass sie auffallen hätten müssen). Eine Erklärung dafür liefert die Rechtsscheintheorie: Mit dem Unterschreiben des Blankowechsels geht der Unterschreibende das Risiko ein, dass er vereinbarungswidrig ausgefüllt wird. Er setzt dadurch einen SV, der es erlaubt, ihm die nachteiligen Folgen einer abredewidrigen Ausfüllung zuzurechnen. Denn er hat zurechenbar veranlasst, dass der Rechtsschein einer von ihm sanktionierten Wechselverbindlichkeit dem gutgläubigen Inhaber gegenüber entstanden ist.

55. Was für Wirkungen/Funktionen hat das Indossament? Legitimationswirkung (Art 16 Abs 1 WechselG): der Inhaber des Wechsels, der sein Recht durch eine geschlossene Indossamentenkette nachweisen kann, gilt als rechtmäßiger Inhaber (Legitimationswirkung zugunsten des Gläubigers; Liberationsfunktion – Schuldner muss nur die Indossamentenkette überprüfen) Transportfunktion (Art 14 Abs 1 WechselG): Indossament in Verbindung mit dem Begebungsvertrag überträgt alle Rechte aus dem Wechsel Garantiewirkung (Art 15 Abs 1 WechselG): Indossant übernimmt wie Aussteller die wechselrechtliche Haftung für Annahme und Zahlung als Rückgriffsschuldner -> Haftung kann durch Angstklausel ausgeschlossen werden, sowohl für Annahme als auch Zahlung!)

56. Was besagt das Prinzip der materiellen Wechselstrenge? Das besagt, gemäß Art 17 WechselG, dass Einwendungen, die gegenüber dem Vormann zugestanden haben, gegen den jetzigen Inhaber nicht mehr geltend gemacht werden können, außer die Einwendungen ergeben sich aus der Urkunde selbst. Das gilt aber nur insoweit, als der Inhaber nicht bewusst zum Nachteil des Schuldners beim Erwerb gehandelt hat (zB Arglisteinrede: Inhaber hat gerade deshalb den Wechsel erworben, um den Schuldner die Einrede aus dem Grundgeschäft abzuschneiden -> Bewusstsein, den Schuldner zu benachteiligen).

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57. Was ist der Unterschied zwischen Inhaber-, Oder- und Rektapapieren? Inhaberpapier: Inhaber ist Berechtigter (ohne Namensnennung); Übertragung nach sachenrechtlichen Regeln – Einigung + Übergabe; neben den gesetzlich geregelten Inhaberpapieren können auch schuldrechtliche Forderungen als Inhaberpapiere ausgestaltet werden Orderpapier: Berechtigter namentlich genannt; Übertragung nach sachenrechtlichen Regeln – Einigung + Übergabe; nur geborene oder gekorene Rektapapier: Berechtigter namentlich genannt; Übertragung nach schuldrechtlichen Regeln – Zession

58. Bei welchen Wechseln sind Zinsklauseln zulässig? Grds müssen alle Bestandteile der Wechselsumme – eben auch Zinsen bis zur Fälligkeit – bereits in die Wechselsumme aufgenommen werden. Zinsangaben auf dem Wechsel sind daher grds nur dann zulässig, wenn sie nicht in die Wechselsumme aufgenommen werden können (Art 5 Abs 1 WechselG). Das ist dann der Fall, wenn die Fälligkeit des Wechsels noch nicht feststeht. Deshalb sind Zinsklauseln nur bei Sicht- oder Nachsichtwechsel zulässig, da die Summe der angelaufenen Zinsen bei Ausstellung noch nicht feststehen. Der Zinssatz ist anzugeben, sonst die Zinsklausel ungültig. Sie laufen ab dem Ausstellungstag, sofern nichts anderes bestimmt ist.

59. Welche Typen von Einwendungen unterscheidet man beim Wechselschuldner? unmittelbaren E: Verhältnis Aussteller – Bezogener; in diesem Verhältnis schlägt die Abstraktheit des Wechsels iS eines Einwendungsausschlusses nicht durch -> Verkehrsschutz durch Rechtsscheinhaftung hier nicht notwendig, da unmittelbare Vertragspartner urkundliche E: ergeben sich aus der Urkunde selbst; nie präkludierbar (zB Formmangel, Verjährung GültigkeitsE: betreffen die Wirksamkeit des Begebungsvertrags; hier ist zu unterscheiden zwischen Zurechenbarkeitseinwendungen (aus dem Wechsel können diejenigen nicht in Anspruch genommen werden, hinsichtlich derer es an der Zurechenbarkeit der Erklärung in der Urkunde fehlt, zB Fälschung, Geschäftsunfähigkeit; absolute Wirkung) und sonstigen Gültigkeitseinwendungen (präklusive Wirkung – können gutgläubigem Erwerber nicht entgegengehalten werden, außer bei grober FL beim Erwerb; zB fehlender Begebungsvertrag, Nichtigkeit des Begebungsvertrags) persönlichen E: persönliche Rechtsbeziehung des Schuldner zu bestimmten Gläubiger (zB E aus dem Grundgeschäft, E aus besonderer Abrede); keine absolute Wirkung, außer bei bewusstem Handeln des Erwerbers zum Nachteil des Schuldners redlichkeitsbeständige E: können auch gutgläubigen Erwerbern entgegengehalten werden redlichkeitsunbeständige E: sind gegenüber einem gutgläubigen Erwerber abgeschnitten quasi-relative E: werden gegenüber Erwerber grds abgeschnitten, es sei denn, der Inhaber handelt beim Erwerb bewusst zum Nachteil des Schuldners

60. Welche Arten der Bösglaubigkeit unterscheidet das Wechselrecht? Art 10 (Schutz des Erwerbers gegen die Einwendung vereinbarungswidriger Ausfüllung des Blankowechsels): solange Erwerber nicht bösgläubig oder im grobe Fahrlässigkeit beim Erwerb vorzuwerfen ist Art 16 Abs 2 (Schutz des Erwerbers beim Erwerb vom Nichtberechtigten – der durch Besitz und Indossamentenkette formell Legitimierte brauch einen abhanden gekommenen Wechsel einem früheren Inhaber nicht herauszugeben): solange er nicht bösgläubig oder beim Erwerb grob fahrlässig gehandelt hat Art 17 (Schutz des Wechselerwerbs gegen Einwendungen aus dessen Beziehungen zu Vormännern des Erwerbers – keine Einwendungen des Schuldners aus seinen unmittelbarpersönlichen Beziehungen zum Aussteller oder einem früheren Inhaber): solange der Erwerber nicht bewusst zum Nachteil des Schuldners beim Erwerb gehandelt hat (Schädigungsabsicht – Eventualvorsatz reicht)

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Art 40 Abs 3 (Schutz des Schuldners gegen neuerliche Inanspruchnahme, wenn er bei Verfall dem formell Legitimierten zahlt – Befreiung durch Zahlung an den formell Legitimierten): solange der Schuldner nicht arglistig oder grob fahrlässig handelt

61. Warum nennt man die unternehmerischen Wertpapiere des Transportrechts auch Traditionspapiere? Die Wertpapiere des Fracht- und Lagerrechts dienen dazu, Verfügungen über eingelagerte oder sich auf dem Transport befindlicher Güter zu erleichtern. Sie ermöglichen insb eine Übertragung des Herausgabeanspruchs und auch die Übertragung des Eigentums selbst. -> Lagerschein, Ladeschein, Konnossement Sie verbriefen immer eine Verpflichtung aus einem bestimmten Vertragsverhältnis (Lager-/Fracht-/Seehandelsgeschäft). Die wertpapierrechtliche Verbriefung löst die Verpflichtung nicht von dem zugrunde liegenden Vertragstyp – typusbezogen! Zusätzlich zum schuldrechtlichen Herausgabeanspruch können auch gleichzeitig dingliche Rechte an der Sache übergehen: Ist das Gut übernommen worden, hat die Übergabe des Papiers an denjenigen, der durch das Papier zur Empfangnahme des Gutes legitimiert wird, dieselbe Wirkung wie die Übergabe des Gutes -> Traditionswirkung -> Traditionspapiere (Übergabe durch Zeichen: Papierübergabe ersetzt körperliche Übergabe als Modus der sachenrechtlichen Übertragung) zB Eigentums- oder Pfandrechtsübertragung

62. Wozu braucht man im Wertpapierrecht den Begebungsvertrag? Was ist der Inhalt dessen? Gemäß der Vertragstheorie ist für die Entstehung eines verbrieften Rechts ist zunächst die Errichtung einer Urkunde notwendig. Die Herstellung der Urkunde genügt aber eben nicht, um das verbriefte Forderungsrecht rechtlich entstehen zu lassen. Zur Begürndung der Rechte aus der Urkunde ist ein Vertrag erforderlich -> Begebungsvertrag. Durch den Begebungsvertrag wird weiters das entstandene Recht auf den Erwerber übertragen. Der Vertrag unterteilt sich in die Vereinbarung über die Rechtsentstehung (schuldrechtlicher Teil) und die Vereinbarung über die Rechtsübertragung (sachenrechtlicher Teil). Der Begebungsvertrag ist notwendig, damit das Wertpapier rechtmäßig begründet wird.

63. Welche Wechselbestandteile sind substituierbar? Nach Art 2 Abs 2-4 sind Verfallszeit, Zahlungsort und Ausstellungsort substiuierbar: Verfallszeit -> Sichtwechsel Zahlungsort -> Wohnsitz des Bezogenen Ausstellungsdatum -> Wohnsitz des Ausstellers

64. Was ist ein fälschungsgefährdeter Wechsel? Bei einem fälschungsgefährdeten Wechsel hat Unterfertigte ein erhöhtes Verfälschungsrisiko geschaffen, weil er zB trotz fehlender Buchstabenangabe den Wechsel unterschreibt. Der Wechsel kommt trotzdem gültig zustande, weil die Angabe der Wechselsumme in Buchstaben kein notwendiger Bestandteil ist. Weiter kann kein Blankowechsel vorliegen, weil keine Befugnis zu nachträglichen Vervollständigung besteht. Damit hat der Akzeptant durch die verkehrswidrige Ausfüllung des Wechsels ein erhöhtes Verfälschungsrisiko geschaffen. Somit ist die Lage eine vergleichbare zu Art 10 WechselG. Auf diesen Fall ist daher Art 10 WechselG analog anzuwenden.

65. Welche Voraussetzungen gibt es für den gutgläubigen Wechselerwerb? Der gutgläubige Wechselerwerb ist in Art 16 Abs 2 WechselG geregelt (Sonderproblem der Transportfunktion). Wenn der Wechsel einem früheren Inhaber irgendwie abhanden gekommen ist (zB Verlieren, Diebstahl), ist der neue Inhaber, der sein Recht durch einen ununterbrochenen Indossamentenkette nachweist, zur Herausgabe nur verpflichtet, wenn er ihn in bösem Glauben erworben hat oder ihm beim Erwerb grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Unerheblich ist damit, auf welche Weise der Vormann den Wechsel erlangt hat. In Betracht kommen alle Fälle, in denen er nicht Eigentum am

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Wechsel erworben hat. Fraglich ist dabei, ob Art 16 Abs 2 WechselG neben dem fehlenden Eigentum bzw der Verfügungsbefugnis auch andere Mängel heilt. Nach allgemeinem Zivilrecht heilt der gute Glaube lediglich das mangelnde Eigentum des Vormannes bzw die fehlende Verfügungsbefugnis eines Unternehmers, nicht aber das Nichtvorliegen objektiver Erfordernisse wie Wirksamkeit des Titels (Mängel des Begebungsvertrages) und Geschäftsfähigkeit. Fügt man Art 16 Abs 2 WechselG in das System des gutgläubigen Eigentumserwerbs des Zivilrechts, dann schützt auch Art 16 Abs 2 WechselG den gutgläubigen Erwerber nicht vor dem Fehlen anderer objektiver Voraussetzungen des Eigentumserwerbs.

66. Was ist ein Blankowechsel? Der Blankowechsel ist indirekt in Art 10 WechselG geregelt (setzt Blankowechsel voraus). Er wird mit Willen des Ausstellers unvollständig begeben, weil er erst später durch Ausfüllung in einen vollständigen Wechsel verwandelt werden soll. Der Erklärende erteilt dem Empfänger mit dem Begebungsvertrag die Ermächtigung, das Blankett mit Wirkung gegen ihn auszufüllen. Der Blankowechsel entfaltet aber bereits vor der vollständigen Ausfüllung wechselrechtliche Wirkung (bereits übertragbar). Mindesterfordernis ist eine Unterschrift auf dem Wechsel als Aussteller oder als Akzeptant. Art 10 WechselG regelt die vereinbarungswidrige Ausfüllung des Blankowechsels und schützt den gutgläubigen Erwerber. Der Aussteller oder Akzeptant haftet dem gutgläubigen Erwerber nach dem ausgefüllten Inhalt, es sei denn, der Erwerb war bösgläubig oder hat beim Erwerb grob fahrlässig gehandelt. Eine Erklärung liefert die Rechtsscheintheorie: Mit dem Unterschreiben des Blankowechsels geht der Unterschreibende das Risiko ein, dass er vereinbarungswidrig ausgefüllt wird. Er setzt dadurch einen SV, der er erlaubt, ihm die nachteiligen Folgen einer abredewidrigen Ausfüllung zuzurechen. Denn er hat zurechenbar veranlasst, dass der Rechtsschein einer von ihm sanktionierten Wechselverbindlichkeit dem gutgläubigen Inhaber gegenüber entstanden ist.

67. Was ist ein deklaratives Wertpapier? Die Forderung, die in einem deklarativen Wertpapier verbrieft wird, besteht schon vor der Verbriefung. Die Ausstellung des Papiers ist für die Entstehung des Rechts nicht notwendig. zB das Recht eines Aktionärs besteht schon vor Ausgabe der Aktie (verbrieft nur das bereits bestehende Mitgliedschaftsrecht), das Sparbuch verbrieft nur das Guthaben im Rahmen eines Spareinlagenvertrags

68. Im Bereich des Wertpapierrechts werden verschiedene Einteilungen der Wertpapiere vorgenommen. Eine Einteilung bezieht sich auf abstrakt und kausal – was bedeutet das? Bei dieser Einteilung geht es darum, ob das verbriefte Recht und das zugrunde liegende Kausalverhältnis voneinander unabhängig sind oder das verbriefte Recht mit dem Kausalverhältnis identisch ist. zB die Aktie verbrieft kein zweites Mitgliedschaftsrecht, sondern nur das idR schon bestehende Mitgliedschaftsrecht aus dem Gesellschaftsvertrag -> kausales Wertpapier; der Wechsel verbrieft eine Forderung, die neben die Kausalforderung tritt und sowohl in Bestand als auch Inhalt selbständig gegenüber dem Kausalgeschäft ist -> abstraktes Wertpapier Deklaratorische Papiere sind damit auch immer kausal, weil sie mit dem Grundverhältnis identisch sind. Konstitutive Papiere sind idR abstrakt, weil bei ihnen eine neue vom Grundverhältnis unabhängige Forderung entsteht. Abstrakte Papiere lassen eine eigene wertpapierrechtliche Forderung entstehen, die neben das Grundverhältnis tritt. Sie kann insb selbständig übertragen werden und ist in ihrem Bestand auch vom Grundverhältnis unabhängig.

69. Was sind Wandelschuldverschreibungen? Worunter werden diese eingeteilt? Eine Schuldverschreibung verbrieft den Anspruch auf Rückzahlung eines bestimmten

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Geldbetrags und ist regelmäßig verzinst. Der Anleger stellt dem Emittenten Kapital zur Verfügung und erhält dafür einen Rückzahlungsanspruch am Ende der Laufzeit sowie einen Anspruch auf Verzinsung. Schuldverschreibungen sind Inhaberpapiere. Die Wandelschuldverschreibung gibt dem Inhaber das Recht, zu einer bestimmten Zeit statt der Rückzahlung der Schuldsumme den Umtausch in Aktien zu einem vorher festgelegten Kurs zu verlangen. Mit der Wandelschuldverschreibung wird ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt. -> wenn umgetauscht wird – deklaratives Wertpapier -> wenn nicht – konstitutives Wertpapier

70. Jemand unterschreibt ein Stück Papier ungelesen, ungeöffnet und kommt dann drauf, dass er dadurch einen Wechsel unterschrieben hat. Nun verlangt jemand Zahlung und legt die Urkunde vor. Hat der Wechselschuldner nun Einwendungen, wenn er auch namentlich im Wechsel bezeichnet wurde? Es handelt sich hier um eine Erklärung ohne Erklärungsbewusstsein. Mangelndes Erklärungsbewusstsein ist grds kein Hindernis für das Zustandekommen, sofern man nicht fahrlässig handelt. Nach der Vertrauenstheorie (Rechtsschein +Zurechenbarkeit) darf der Begünstigte davon ausgehen, dass die Wechselunterschrift gültig ist. (-> Wäre dem Wechselschuldner FL nicht vorzuwerfen, gibt es die Zurechenbarkeitseinwendung des fehlenden Erklärungsbewusstseins – absolute Wirkung!) Man könnte eventuell den Begebungsvertrag wegen Nichtigkeit aufgrund von Erklärungsirrtums anfechten -> das zählt zu den sonstigen Gültigkeitseinwendungen, die aber präklusiv gegenüber dem gutgläubigen Erwerber sind.

71. Wie kann ein Wechselschuldner (hier: allgemein jemand, der eine Wechselskriptur gesetzt hat) die Gefahr der Rückgriffshaftung minimieren? Er kann ein Rektaindossament auf den Wechsel setzen: Wechsel nur mehr nach schuldrechtlichen Grundsätzen übertragbar (Zession); gemäß Art 15 Abs 2 WechselG. Somit ist die Haftung des Indossanten für Annahme und Zahlung auf den unmittelbaren Nachmann beschränkt. Weitere Indossamente sind trotz des Verbots wirksam, jedoch derjenige, der die Indossierung ausgeschlossen hat, haftet den späteren Erwerbern nicht mehr, sondern nur dem unmittelbaren Vormann. Auch der Aussteller kann eine sog Rektaklausel oder negative Orderklausel gemäß Art 11 Abs 2 WechselG in den Wechsel aufnehmen. Dh, dass der Wechsel zu einem Rektapapier wird und grds nur mehr durch Zession übertragbar ist (erschwerte Umlauffähigkeit!).

72. Im Frachtgeschäft gibt es als Wertpapier den Lagerschein. Viel regelmäßiger wird ein Frachtbrief ausgestellt und es gibt ein Frachtbriefdoppel. Welche rechtliche Qualität haben diese Regeln? Der Frachtbrief ist eine vom Absender ausgestellte Beweisurkunde über den Frachtvertrag, aber kein Wertpapier. Er ist nicht indossabel. Für den Abschluss und die Wirksamkeit des Frachtvertrages ist der Frachtbrief im Allgemeinen ohne Bedeutung. Das Frachtbriefdoppel ist ein Duplikat des Frachtbriefs, seine zweite Ausfertigung. Der Absender lässt sich darauf vom Frachtführer die Übernahme des Frachtgutes bestätigen und händigt es in der Folge dem Empfänger aus. Die Funktion des Frachtbriefdoppels liegt vor allem in seiner Sperrwirkung gegenüber nachträglichen Verfügungen des Absenders – „Sperrpapier“: Übergibt der Absender das Frachtbriefdoppel einem Dritten, so verliert der Absender das sonst bis zur Ablieferung des Frachtgutes beim Empfänger ihm zustehende Verfügungsrecht über das Frachtgut (darf darüber nicht mehr disponieren. - kein Wertpapier, weil fehlende Übertragungsmöglichkeiten?

73. Was ist das Rückindossament? Der Wechsel kann an einen früheren Zeichner des Wechsels indossiert werden, gemäß Art 11 Abs 3 WechselG (Aussteller, Bezogener, frühere Indossanten). Derjenige, der

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den Wechsel durch Rückindossament erhält, verliert damit allerdings die Rückgriffsansprüche gegen diejenigen, denen er selbst regresspflichtig ist. Bei Rückindossament an den Bezogenen ist zu unterscheiden: Wechsel ist bereits akzeptiert und fällig – erlischt; Wechsel akzeptiert und noch nicht fällig – weiter indossieren möglich; Wechsel nicht akzeptiert – ist nicht Schuldner des Wechsels geworden, kann Rückgriffshaftung gegen die übrigen Wechselverpflichteten geltend machen

74. Kann eine private Organisation Orderpapiere kreieren? Nein – numerus clausus der Wertpapiere! Bei Orderpapieren gibt es nur geborene oder gekorene Orderpapiere.

75. Was ist ein Pfandindossament? Verpfändung des Wechsels: nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften (Einigung und Übergabe des nicht indossierten Wechsels) oder durch das Pfandindossament (Art 19 WechselG). Pfandindossatar wird nicht Eigentümer der Wechselforderung. Er ist aber berechtigt, alle Forderungen aus dem Wechsel geltend zu machen – kann aber aufgrund des fehlenden Eigentums kein volles Indossament setzen – nur Prokuraindossament (überträgt den Wechsel lediglich zur Einziehung der Forderung im Namen des Indossanten).

76. Vergleich Wechsel – zivilrechtliche Anweisung? Beides sind dreipersonale Verhältnisse; beide müssen akzeptiert werden; bei beiden kann der Angewiesen nur die Einwendungen entgegengesetzt werden, die die Gültigkeit der Annahme betreffen, sie aus dem Inhalt der Anweisung ergeben oder sich aus seinen persönlichen Beziehungen zum Empfänger ergeben Wechsel: abstrakte unbedingte Geldforderung, übertragbar mit Indossament Anweisung: Zession

77. Was sind qualifizierte Legitimationspapiere? Diese haben Beweisfunktion, Liberationsfunktion und Sperrfunktion – Rektapapiere mit Liberationsfunktion; Übertragung durch Zession (alle persönlichen Einwendungen + Einwendungen des Vormannes – erwirbt die Forderung nur so, wie sie seinem Vormann zustand; kausaler Reihenregress) zB Bezeichnungssparbuch mit Losungswort

78. Was ist Inhalt des wechselrechtlichen Regressanspruchs? Art 48 WechselG: die volle Wechselsumme + gesetzliche Zinsen von 6% vom Verfallstag bis zum Zahlungstag + Kosten des Protests + Auslagen + Vergütung von max 1/3 der Wechselsumme (soweit nichts anderes vereinbart: 1/3)

79. Was sind Investmentzertifikate? Um Anlegern eine Streuung des mit Kapitalmarktpapieren verbundenen Risikos zu ermöglichen, gibt es die Möglichkeit, in einer Anlageform verschiedene Wertpapiere mit unterschiedlichem Risiko zu bündeln. Ermöglicht wird das durch die Bildung eines Sondervermögens an Wertpapieren, dem Investmenfonds, an dem die einzelnen Anleger beteiligt sind (steht im Miteigentum der Anteilsinhaber). Verwaltet wird das Sondervermögen von einer Kapitalgesellschaft. Zur Beteiligung an diesem Sondervermögen werden Investmentzertifikate bzw Anteilsscheine ausgegeben (entweder Inhaber- oder Orderpapier).

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Gesellschaftsrecht 80. Zwischen dem Aufsichtsrat und dem Vorstand einer AG bestehen

Informationsflüsse – welche bestehen kraft Gesetz? Hauptaufgabe des Aufsichtsrates einer AG ist es, die Geschäftsführung des Vorstandes auf ihre Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu überwachen. Um dieser Aufgabe nachkommen zu können, benötigt der Aufsichtsrat umfassende Informationen: Er kann daher vom Vorstand jederzeit einen Bericht über die Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen (§ 95 Abs 2 AktG) sowie Bücher und Schriften der Gesellschaft, die Gesellschaftskasse, die Bestände an Wertpapieren und Waren einsehen und prüfen (Abs 3). Jedes Vorstandsmitglied ist dem Aufsichtsrat gegenüber zur unbedingten Offenheit verpflichtet. Das Gesetz sieht dafür 3 Arten von Berichten vor (§ 81 AktG): Jahresbericht (grundsätzliche Fragen der künftigen Geschäftspolitik, künftige Entwicklung der Vermögens-/Finanzlage), Quartalsbericht (Gang der Geschäfte, Lage des Unternehmens iVgl zur Vorschaurechnung), Sonderbericht (unverzüglich bei wichtigem Anlass über Umstände, die für die Rentabilität/Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind).

81. Ein OG-Gesellschafter hat einen Gesellschaftsgläubiger befriedigt. Muss er den wirtschaftlichen Verlust selbst tragen oder gebührt im Ersatz? Grds ist das Privatvermögen der Gesellschafter und der Gesellschaft strickt zu trennen. Hat der Gesellschafter die Gesellschaftsschuld getilgt – weil er zB von einem Dritten für eine Gesellschaftsverbindlichkeit in Anspruch genommen worden ist (unmittelbare Haftung der Gesellschafter!) – kann der Gesellschafter zunächst Befriedigung bei der OG verlangen. Reicht das vorhandene Gesellschaftsvermögen nicht aus, kann sich der Gesellschafter an seinen Mitgesellschafter regressieren, wobei er den auf ihn entfallenden Verlustanteil zu tragen hat. Maßgeblich für die Berechnung des Verlustanteils ist die Verlustbeteiligung (§ 121 Abs 2 UGB – dispositiv).

82. Welche Änderungen ergeben sich für die OG, wenn sie sich im Liquidationsstadium befindet? Bei der Liquidation wird der Gesellschaftszweck geändert: Der Zweck wird von einem werbenden zu einem abwickelnden abgeändert (Identität der Gesellschaft bleibt unverändert). Sämtliche persönliche und vermögensrechtliche Beziehungen der Gesellschafter untereinander sowie alle rechtlichen Verhältnisse zu Dritten werden aufgelöst (Voraussetzung für Liquidation: Gesellschaft ist aufgelöst und es ist noch Vermögen vorhanden). Die Liquidatoren (geborene, gekorene, gerichtliche) haben gemäß § 149 UGB die Aufgabe, die laufenden Geschäfte zu beenden, Forderungen einzuziehen, Gesellschaftsvermögen zu versilbern, Gläubiger zu befriedigen und überlassene Gegenstände zurückzugeben. -> Ziel der bestmöglichen Verwertung des Gesellschaftsvermögens iS der Gesellschafter Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis geht auf die Liquidatoren über! Diese sind außerdem ins FB einzutragen (deklarative Wirkung).

83. Unter welchen Voraussetzungen kann die GmbH eigene Geschäftsanteile erwerben? Grds ist der Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die Gesellschaft verboten und wirkungslos (§ 81 GmbHG) um das Gesellschaftsvermögen zu erhalten, weil ua gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen wird (Gesellschaft bezahlt dem Gesellschafter den Preis für den Erwerb der Anteile). Zulässig ist der Erwerb nur im Exekutionsweg zur Hereinbringung eigener Forderungen der Gesellschaft. Weiters ist um Minderheitengesellschafter, die von ihrem Austrittsrecht bei Rechtsformwechsel Gebrauch machen, zu entschädigen, der Erwerb eigener Geschäftsanteile auch gestattet. Zuletzt ist auch noch der unentgeltliche Erwerb voll eingezahlter eigener Anteile und der Erwerb eigener Anteile im Weg der Gesamtrechtsnachfolge zulässig. In

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diesen Fällen sind die für den Erwerb eigener Aktien geltenden Vorschriften (§ 65a AktG) sinngemäß anzuwenden -> Anteile innerhalb eines Jahres wieder zu veräußern!

84. Unter welchen Voraussetzungen muss die GmbH einen Aufsichtsrat haben? Das ist geregelt in § 29 GmbHG. Ein verpflichtender Aufsichtsrat ist zu bestellen, wenn: Stammkapital über € 70.000 und mehr als 50 Gesellschafter durchschnittlicher über 300 AN GmbH leitet AG oder aufsichtratspflichtige GmbH und durchschnittlich gesamt mehr als 300 AN GmbH Komplementär einer KG und gemeinsam mehr als 300 AN

85. Was bedeutet das Verbot der Einlagenrückgewähr bei der GmbH? Die Gesellschaft können ihre Stammeinlagen während des Bestehens der GmbH nicht zurückfordern (§ 82 GmbHG). Sie haben nur Anspruch auf den Bilanzgewinn. Zweck dieser Bestimmung ist, das Stammkapital als dauernder Grundstock der Gesellschaft und als einziges dem Zugriff der Gläubiger freigegebenes Befriedigungsobjekt gegen Schmälerung durch Leistung an die Gesellschafter abzusichern (auch verdeckte Leistung, wie zB überhöhte Gehälter oder Pensionszusagen). Zu prüfen ist, ob das Geschäft von der Gesellschaft auch dann geschlossen worden wären, wenn der Gesellschafter ein außenstehender Dritter gegenübergestanden wäre (Dritt-/Fremdvergleich). Derartige Vereinbarungen sind ex tunc nichtig – Gesellschafter zum Rückersatz verpflichtet!

86. 2 ideelle Vereine – ein Vorstand stichelt gegen den anderen im Presseinterview. Klage auf welcher Rechtsgrundlage? Ein Verein ist ein freiwilliger, auf Dauer angelegter, auf Grund von Statuten organisierter Zusammenschluss mind zweier Personen zur Verfolgung eines bestimmten gemeinsamen ideellen Zwecks. Der eine Verein kann vom anderen SchE gemäß §§ 1295 ff ABGB verlangen (§ 23 VerG). Gemäß § 24 VerG kann sich der Verein bei dem Vorstand regressieren (auch SchE nach § 1295 ff ABGB), da er die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organwalters verletzt hat -> hat schuldhaft ein Verhalten gesetzt, das SchE-Pflichten des Vereins gegenüber Dritten ausgelöst hat.

87. Was ist das ÜbG? Übernahmegesetz; beachtlich für börsennotierte AG Erwirbt jemand ein entsprechend großes Aktienpaket (= kontrollierende Beteiligung) an einer in Österreich börsenotierten AG mit Sitz in Österreich (= Zielgesellschaft), hat er – aufgrund seiner Kontrollerlangung – allen anderen Aktionären dieser Zielgesellschaft anzubieten, ihre Aktien zu kaufen (Pflichtangebot). -> unmittelbare oder mittelbare kontrollierende Beteiligung: > 30% der auf die ständig stimmberechtigten Aktien entfallenden Stimmrechte auch bei passiver Kontrollerlangung (zweitgrößter Aktionär hält nach Veräußerung des Aktienpaktes des Großaktionärs plötzlich eine kontrollierende Beteiligung) Für den anzubietenden und zu bezahlenden Preis enthält das ÜbG eine doppelte Untergrenze (§ 26 ÜbG). Minderheitengesellschafter kann an der Kontrollprämie (Aktionär ist dann bereit, mehr für die Aktien zu zahlen, wenn er Kontrollposition erlangt) partizipieren.

88. Was ist eine GmbH & Co KG im engsten Sinn? Der einzige Komplementär ist eine GmbH. An dieser GmbH sind (auch) die Kommanditisten als Gesellschafter beteiligt. Sind sämtliche GmbH-Gesellschafter zugleich Kommanditisten = personengleiche GmbH & Co KG -> bei solchen Konstellationen wird in den Gesellschaftsverträgen häufig sichergestellt, dass die Kommanditisten der KG im selben Verhältnis auch Gesellschafter

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der Komplementär-GmbH sind – Beteiligungsgleichlauf

89. Gibt es bei der GmbH eine Vorgesellschaft? Wie sieht die Haftung aus? Die Vorgesellschaft der GmbH bezeichnet man als Gesellschaft sui generis (numerus clausus des Gesellschaftsrecht kein Problem – diese wird in § 2 GmbHG erwähnt). Ihr wird bereits rechtsfähig zugesprochen. Von ihr spricht man nach der Errichtung (Abschluss des Gesellschaftsvertrages in Notariatsform) und vor der Eintragung ins FB. Bereits in der Phase sind Geschäftsführer zu bestellen, die die GmbH zum FB anzumelden haben. Mind die Hälfte des zwingenden Stammkapitals ist einzuzahlen (€ 17.500). Wird in diesem Stadium im Namen der Firma gehandelt, haften die Handelnden persönlich als Gesamtschuldner primär auf Erfüllung (§ 2 Abs 1 GmbHG). Handelnder ist, wer als Geschäftsführer tätig wird. Die Haftung endet, sobald die GmbH in das GB eingetragen ist und die Position des Handelnden übernommen hat (Schuldübernahme bedarf nicht der Zustimmung der Gläubiger, wenn diese binnen 3 Monate nach FB-Eintragung dem Gläubiger mitgeteilt wird). Rechtsgeschäfte müssen im Gesellschaftsvertrag Deckung finden. -> Übergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge! Die Gründer trifft eine Differenz- oder Gründerhaftung gegenüber der GmbH: da bereits vor Entstehung Geschäfte getätigt werden dürfen (kein Vorbelastungsverbot!), soll zum Gläubigerschutz dafür gesorgt werden, dass zumindest der Entstehung der Gesellschaft zumindest das Stammkapital vorhanden ist (Differenz zwischen Gesellschaftsvermögen und Stammkapital soll ausgeglichen werden – Wiederherstellung des Stammkapitals).

90. Was regelt das EKEG? Eigenkapital ersetzende Gesellschafterleistungen Befindet sich eine Gesellschaft in der Krise, können die Gesellschafter ein Darlehen gewähren – mögliche Umgehung von Kapitalerhaltungsvorschriften und wirtschaftliches Risiko der Sanierung wird zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger reduziert. Eigenkapital (das bei Kapitalerhöhung erhöht werden würde) ist im Insolvenzrecht nicht rückforderbar, wohingegen die Gesellschafter Forderungen aus der Zuführung von Fremdkapital (zB erwähntes Gesellschafterdarlehen) in der Höhe der Quote im Insolvenzverfahren erhalten würden. Aus diesem Grund hat die Rspr Darlehen und vergleichbare Gesellschafterleistungen, die einer kreditunwürdigen Gesellschaft gewährt wird, wie eigenkapital behandelt (keine Rückforderung bei Insolvenz; dennoch vorgenommene Rückzahlung = Einlagenrückgewähr). Das EKEG ist anzuwenden auf Gesellschaften (Kapitalgesellschaften und Personengesellschaft, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist), denen in der Krise (zahlungsunfähig; überschuldet) von einem Gesellschafter ein Kredit gewährt wird. Wenn diese TB-Merkmale zutreffen, ist der Kredit als Eigenkapital zu werten und darf so lange nicht zurückgefordert werden, bis die Gesellschaft saniert ist. Dennoch geleistete Zahlung sind rückzuerstatten.

91. Welche Satzungsbestandteile gibt es? Echte bzw materielle Satzungsbestandteile: bilden die organisatorische Grundlage der Gesellschaft, sind auch für künftige Gesellschafter und Dritte von Bedeutung, zB Bestimmungen über Kompetenzen der Organe -> auszulegen nach §§ 6,7 ABGB – wie Gesetz Unechte bzw formelle Satzungsbestandteile: bloß formaler Zusammenhang mit Vertragsurkunde, können auch außerhalb des Gesellschaftsvertrages vereinbart werden, ohne Dritte zu binden, zB Option auf Übertragung eines Geschäftsanteils -> auszulegen nach § 914 ABGB – wie Vertrag Für die Änderung der Satzung bedarf es eines Beschlusses der Hauptversammlung (§ 145 AktG). Für allgemeine Satzungsänderungen bedarf es einer Kapitalmehrheit von ¾ des vertretenen Grundkapitals (dispositiv). Soll der Unternehmensgegenstand geändert

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werden, ist dafür eine Kapitalmehrheit von ¾ erforderlich (zwingende Untergrenze).

92. Was ist die actio pro socio? Wie sieht das bei der GmbH aus? Mit der actio pro socio können Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft von einem oder mehreren Gesellschaftern geltend gemacht werden (der Gesellschaft zustehende Sozialansprüche: aus dem Gesellschaftsverhältnis, die kein Drittverhältnis berühren). Die actio pro socio kommt nur in Ausnahmefällen zur Anwendung – ultima ratio – wenn ein Geschäftsführungs-/Vertretungsorgan untätig bleibt. Mit dieser wird in eigenem Namen auf Leistung an die Gesellschaft geklagt (zB nicht eingezahlte Einlagen; SchE-Ansprüche aufgrund von Verletzung des Wettbewerbsverbots). Sie soll verhindern, dass der Gesellschaftszweck durch ein Verhalten der Mitgesellschafter beeinträchtigt wird (ergibt sich aus Doppelnatur des Gesellschaftsvertrages + Treuepflichten). Die Befugnis zur Klagserhebung ist unabhängig von einer allfälligen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis. Auch ein Gesellschafterbeschluss ist nicht Voraussetzung für die Klagserhebung. Bei der GmbH ist die actio pro socio umstritten: es gibt nach § 48 GmbHG die Minderheitenklage (10% des Stammkapitals oder € 700.000), bei dieser der Minderheitengesellschafter Ansprüche der Gesellschaft gegen Gesellschafter, Geschäftsführer und Mitglieder des Aufsichtsrates gerichtlich einklagen kann. Zuvor ist aber ein negativer Gesellschafterbeschluss notwendig. Die actio pro socio ist in Österreich strittig, weil es eben § 48 GmbHG gibt. Deshalb ist sie wohl nur in Fällen krasser Kompetenzverletzung in Betracht zu ziehen (zB Geschäftsführer bereiten Maßnahmen vor, die eigentlich der Zustimmung der Generalversammlung bedürfen). Gibt es einen positiven Gesellschafterbeschluss, haben die Geschäftsführer bei Nichtleistung der Einlage durch einen Gesellschafter diesen mit eingeschriebenen Brief aufzufordern, den noch offenen Betrag einzuzahlen -> vorherige Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss dafür notwendig. Wird, trotz Aufforderung, nicht eingezahlt kann die Gesellschaft Leistungsklage gegen den säumigen Gesellschafter erheben und darüber hinaus mit dem Kaduzierungsverfahren den Ausschluss des säumigen Gesellschafters herbeiführen. Das Kaduzierungsverfahren läuft iW so ab: Nachfrist von mind 1 Monat unter Androhung des Ausschlusses von der Gesellschaft; nach fruchtlosem Ablauf haben die Geschäftsführer den säumigen Gesellschafter für ausgeschlossen zu erklären – der Ausgeschlossene verliert den Geschäftsanteil und die bisher geleisteten Einzahlungen ohne Vergütung, er haftet aber neben seinen Rechtsvorgängern und dem Anteilserwerber weiter für den rückständigen Betrag und auch für in Zukunft fällig werdenden Einzahlungen (§§ 66 – 69 GmbHG).

93. Welche Mehrheiten gibt es für Satzungsänderungen? Bei der GmbH - Gesellschafterbeschluss: Änderungen des Gesellschaftsvertrages – ¾ Mehrheit der abgegebenen Stimmen; Änderung des Unternehmensgegenstandes – einstimmiger Gesellschafterbeschluss (min.: ¾); strittig: ob Änderung unechter Satzungsbestandteile einfache oder qualifizierte Mehrheit erfordert AG – Beschluss der Hauptversammlung: Änderungen der Satzung – einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen; Änderung des Unternehmensgegenstandes – einfache Mehrheit der abgegebenen Stimme + ¾ Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals

94. Ein GmbH- Gesellschafter möchte sein Firmenauto auch privat nutzen. Ist das möglich? Nein, ist nicht möglich. Das wäre ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr, in dem Fall eine verdeckte Leistung (Leistung und Gegenleistung, aber die Gesellschaft erbringt dabei zu hohe Geld- oder Sachleistungen). Gesellschafter können Stammeinlagen während des Bestehens der Gesellschaft nicht zurückfordern – nur Anspruch auf Bilanzgewinn. Zweck: Stammkapital soll erhalten beleiben, da das die

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einzige Befriedigungsmöglichkeit der Gläubiger ist; soll gegen Schmälerung durch Leistung an die Gesellschafter abgesichert werden.

95. Warum unterscheidet man beim Vorstandsmitglied der AG zwischen Bestellung und Abschluss des Dienstvertrages? Der Vorstand führ die Geschäfte der AG (weisungsfrei) und vertritt diese nach außen. Dem Vorstand kommt das Geschäftsführungs- und Vertretungsmonopol zu. Es ist bei der Bestellung zwischen der Organstellung und dem ihr zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertragsverhältnis zu unterscheiden: Die gesellschaftsrechtliche Funktion des Vorstands ergibt sich aus der Bestellung; das schuldrechtliche Verhältnis zur Gesellschaft wird durch einen schuldrechtlichen Vertrag begründet. Der Vertrag mit dem Vorstandsmitglied ist (aufgrund der Weisungsfreiheit) zumeist ein freies Dienstvertrag (AngG!), der vom Aufsichtsrat als Vertreter des Dienstgebers (AG) zu unterfertigen ist (§ 97 AktG; betriebsverfassungsrechtliche Gegnerfreiheit). In diesem Vertrag sind zumeist Bestimmungen über die Beendigung der organschaftlichen Stellung des Vorstandsmitglieds enthalten (Koppelungsklauseln – grds zulässig; erfolgt die Abberufung aber ohne wichtigen Grund bzw ohne Verschulden des Vorstandsmitglieds, steht dem Vorstandsmitglied eine Kündigungsentschädigung zu). Die Bestellung zum Vorstandsmitglied erfolgt entweder durch den Aufsichtsrat oder durch das Gericht. Im Aufsichtsrat ist dafür ein Beschluss mit zweifacher Mehrheit notwendig: einfache Mehrheit aller Aufsichtsratsmitglieder sowie einfache Mehrheit der Kapitalvertreter (Aktionärsschutzklausel).

96. Was sind die Konsequenzen, wenn bei einer AG verbotener Weise Einlagen rückgewährt werden? Die AG hat strenge Kapitalerhaltungsvorschriften, deshalb auch das Verbot der Einlagenrückgewähr. Bei diesem dürfen keine Einlagen an zurückgewährt werden. An die Aktionäre dürfen auch keine verdeckten Gewinnausschüttungen erfolgen. Die Rückgewährung von Einlagen würde den Haftungsfonds schmälern, was wiederum die Gläubiger benachteiligt. Das Geschäft ist ex tunc nichtig und der Aktionär hat den Betrag an die AG zurückzuerstatten. Auch verdeckte Gewinnausschüttung (zB dem Aufsichtsratsvorsitzenden, der auch Aktionär ist, wird ein Firmenauto unentgeltlich zur Verfügung gestellt) fällt darunter. Dem Aufsichtsratsvorsitzenden muss das auf die Gewinnbeteiligung angerechnet werden oder es ist als Vergütung für seine Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzenden zu werten.

97. Was sind incoterms? = International Commercial Terms, Internationale Handelsklauseln: freiwillige Regelungen zur Auslegung handelsüblicher Vertragsformen im internationalen Warenverkehr. Sie werden von der Internationalen Handelskammer aufgestellt. Derzeit sind es 11 Klauseln. Incoterms sollen va die Art und Weise der Lieferung von Gütern regeln. Im Wesentlichen befassen sie sich mit Fragen der Gefahr- und der Transportkostentragung (auch See- oder Binnenschifffahrtransport). Die Regelungen werden nur rechtswirksam, wenn sie zwischen Käufer und Verkäufer gültig vereinbart werden.

98. Ein OG-Gesellschafter verkauft der OG seinen gebrauchten PKW. Die Gesellschaft zahlt aber nicht. Kann er sich an seine Mitgesellschafter wenden? Aufgrund der Treuepflicht hat sich der Gesellschafter zunächst an die Gesellschaft zu wenden. Erst wenn aus dem Gesellschaftsvermögen keine Befriedigung erlangt werden kann, kann der Anspruch direkt gegen die Mitgesellschafter anteilig durchgesetzt werden (§ 128 UGB). Der Gesellschafter braucht den Schutz der Solidarhaftung, die gegenüber Dritten herrscht, deshalb nicht, weil er die Haftungsverhältnisse innerhalb der OG kennt.

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99. Wofür steht der Corporate Governance Code? Corporate Governance umfasst Methoden und Instrumente zur Leitung und Überwachung von Unternehmen. In Österreich ist dieser Unternehmensgesamtleitfaden im Corporate Governance Kodex geregelt. Wichtig ist, dass es sich hierbei nicht um ein Gesetz bzw normative Rechtsquelle handelt, sondern wird durch Unterwerfungserklärung seitens de Gesellschaft verbindlich Mit dieser freiwilligen Selbstregulierungsmaßnahme soll das Vertrauen der Aktionäre durch mehr Transparenz, durch eine Qualitätsverbesserung im Zusammenwirken zwischen Aufsichtsrat, Vorstand und Aktionären und durch die Ausrichtung auf langfristige Wertschaffung gefördert werden Der Kodex richtet sich vorrangig, aber nicht nur, an österreichische börsennotierte AG. Im ÖCGK sind auch Regelungen enthalten, die sich bereits aus dem AktG ergeben. Der ÖCGK untergliedert sich in die Bereiche Legal Requirement, Complay oder Explain und Recommandtions. Die L-Kategorie (Legal Requirement) gibt zwingende Rechtsvorschriften wieder. Diese gesetzlichen Vorschriften sind auf börsennotierte Kapitalgesellschaften abgestimmt. Den Regeln der C-Kategorie sollte im Unternehmensalltag entsprochen werden. Kommt es zu Abweichungen im Verhalten, muss dies erklärt und begründet werden (Comply or Explain). Die Recommendations sind Regeln mit bloßen Empfehlungscharakter, deren Nichteinhaltung weder offen gelegt noch begründet werden muss.

100. Was sind die Wirkungen einer Verschmelzung? Verschmelzung ist die Vereinigung rechtlich selbständiger Unternehmen unter Ausschluss der Abwicklung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (Vereinigung von Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit; übertragende Gesellschaft wird unter Ausschluss der Abwicklung aufgelöst; Vermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft über; als Gegenleistung erhalten die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft Anteile an der übernehmenden Gesellschaft). Mit der Eintragung der Verschmelzung treten folgende Wirkungen ein: Das Vermögen der übertragenden Gesellschaft geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft über; die übertragende Gesellschaft erlischt; die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft werden Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft; Mängel aus dem Verschmelzungsvertrag werden geheilt (aufgrund der zu schwierigen Rückabwicklung).

101. Im dt Lehrbuch steht, man solle bei der AG unterscheiden, weil zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten AG so viele Sondervorschriften bestehen. Ist das im österreichischen Recht auch so? Im AktG findet sich eine Definition für die Börsennotierung (§ 3 AktG). Demnach ist eine AG börsennotiert, wenn Aktien der Gesellschaft zum Handel an einer anerkannten Börse zugelassen sind (auch EWR). zB § 65 Abs 1 Z8 AktG: Erwerb eigener Aktien nur erlaubt, aufgrund einer höchstens 30 Monate geltenden Ermächtigung der Hauptversammlung; § 65 Abs 1a Satz 2 AktG: Veröffentlichungspflicht bei Aktienrückerwerb; § 86 Abs 4 AktG: Zusammensetzung des Aufsichtsrates; § 88 Abs 1 AktG: geringere Höchstzahl für die Entsendung von Mitgliedern in den Aufsichtsrat als Sonderrecht von in der Satzung festgelegten Aktionären Des weiteren sind auch die Vorschriften des jeweils anwendbaren Börserechts und das ÜbG anzuwenden. Schließlich ist der ÖCGK zu beachten (keine normative Rechtsquelle; durch Unterwerfungserklärung der Gesellschaft verbindlich).

102. Wie wird eine Ein-Personen-GmbH errichtet? Eine Ein-Personen-Gesellschaft ist bei der GmbH und bei der AG möglich, nicht hingegen bei den Personengesellschaften. Bei einer Ein-Personen-Gründung tritt an die Stelle des Gesellschaftsvertrages „die Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft“ (Errichtungserklärung; § 3 Abs 2 GmbHG). Auf diese sind die Vorschriften über den Gesellschaftsvertrag sinngemäß anzuwenden. Der Gesellschaftsvertrag hat nach § 4 Abs 1 GmbHG folgenden Mindestinhalt: Firma, Sitz, Unternehmensgegenstand, Höhe des Stammkapitals, die von jedem Gesellschafter zu leistende Stammeinlage. Weiters

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bedarf er der Notariatsaktsform. Jeder Gesellschafter kann sich bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages vertreten lassen. Die Unterzeichnung durch Bevollmächtigte setzt eine besondere, auf dieses Geschäfts ausgestellte beglaubigte Vollmacht voraus, die dem Vertrag anzuschließen ist (§ 4 Abs 3 GmbHG).

103. Wie wird in einer GmbH Prokura erteilt? Dafür sind 2 Organe zuständig: es bedarf einer mit einfacher Mehrheit beschlossenen Beschlusses der Gesellschafter in der Generalversammlung (§ 35 Abs 1 GmbHG). Die Prokura selbst wird dann durch alle Geschäftsführer erteilt. Widerrufen kann sie jedoch von jedem einzelnen werden (§ 28 Abs 2 GmbHG). Bei der OG bedarf die Bestellung eines Prokuristen der Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter. Widerrufen kann die Prokura hingegen jeder zur Erteilung oder zur Mitwirkung bei der Erteilung berufener Gesellschafter. -> § 116 Abs 3 UGB. Bei der KG sind die Bestimmungen für die OG anzuwenden (§ 161 Abs 2 iVm § 116 Abs 3 UGB) – Kommanditisten nicht beteiligt.

104. Ein OG-Gesellschafter wird für eine Gesellschaftsverbindlichkeit in Anspruch genommen. Welche Einwendungen hat er? § 129 UGB sieht das Prinzip der Akzessorietät vor: Der Gesellschaft kann alle der Gesellschaft zustehenden Einwendungen geltend machen. Allerdings muss unterschieden werden, ob der OG-Gesellschafter Vertretungsbefugnis hat oder nicht – denn die Geltendmachung der Einwendungen setzt eine ausreichende Vertretungsbefugnis vor: Liegt diese vor, kann der Gesellschafter die Einwendungen für die Gesellschaft geltend machen und sich so gegen die Inanspruchnahme wehren. Fehlt es jedoch dem in Anspruch genommenen Gesellschafter an der Vertretungsbefugnis, kann er gemäß § 129 Abs 2 UGB das Leistungsverweigerungsrecht in Anspruch nehmen: Er kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange der Gesellschaft das Recht zusteht, gegen das ihrer Verbindlichkeit zugrunde liegenden Rechtsgeschäft eine Einwendung zu erheben. Die Haftungsklage wäre dann als derzeit unbegründet abzuweisen. Gleichermaßen kann sich der in Anspruch genommene Gesellschafter auch auf ein allfälliges Aufrechnungsrecht der Gesellschaft berufen. Der Gesellschafter kann auch alle persönlichen Einwendungen geltend machen (zB Stundung, Erlass ihm gegenüber; Aufrechnung mit privater Gegenforderung).

105. Was hat das Verbot des Erwerbs eigener Aktien für Konsequenzen? Der Erwerb eigener Aktien ist grds gemäß §§ 65 f AktG verboten. Denn das würde zu einem Abfluss von Vermögen und Liquidität führen. Eigene Aktien würden für die Gesellschaft einen unsicheren Vermögenswert darstellen, der bei negativer Entwicklung der Gesellschaft den Gläubigern keine adäquate Sicherheit bietet. Beides ist mit dem Schutz des Vermögens der Gesellschaft nicht vereinbar. Aus diesen Gründen ist der Erwerb eigener Aktien bei Gründung oder Kapitalerhöhung (originärer Erwerb) absolut verboten und der Erwerb der bereits zuvor begebenen Aktien an Dritte (derivativer Erwerb), der grds eine unzulässige Rückgewähr der Einlage an die Aktionäre iSd § 52 AktG darstellen, nur in bestimmten Konstellationen zulässig (zB unentgeltlicher Erwerb, Entschädigung von Minderheitsaktionären, Einziehung). Ein Verstoß gegen die Vorgaben führt zur Unwirksamkeit des Titelgeschäfts über den Erwerb der eigenen Aktien (zB Kaufvertrag). Die Übertragung der Aktien selbst – das Verfügungsgeschäft – bleibt wirksam. Mit dieser Regelung wird das Prinzip der kausalen Tradition durchbrochen (die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts ist abhängig vom Vorhandensein eines gültigen Erwerbstitels). Die Unwirksamkeit des Titelgeschäfts führ einerseits dazu, dass etwaige noch offene Leistungspflichten aus dem Titelgeschäft nicht durchgesetzt werden können, und berechtigt andererseits zur Rückabwicklung. Des Weiteren haften die Aktionäre gegenüber den Gläubigern für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, soweit sie entgegen aktienrechtlichen Vorschriften Zahlung von der Gesellschaft empfangen haben. Im Übrigen hat die Gesellschaft bei Erwerb eigener Aktien entgegen den gesetzlichen Bestimmungen diese Aktien binnen einem bzw 3 Jahre wieder zu

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veräußern, bei sonstigem Einzug.

106. Welche Gegenmaßnahmen können zur Auflösung einer Gesellschaft getroffen werden? GesbR: Trotz Vorliegen eines Auflösungsgrundes (zB Zweckerreichung, Zeitablauf) können die Gesellschafter die Fortführung der Gesellschaft beschließen oder stillschweigend die Geschäfte weiterführen OG: Liegt ein gesetzlicher Auflösungsgrund vor, können die Gesellschafter gemäß § 141 UGB einstimmig den Fortbestand der Gesellschaft beschließen (bei Tod eines Gesellschafters: Fortsetzungsklausel, Nachfolgeklausel, Eintrittsklausel). KG: grds wie OG! Nur Auflösungsgrund, wenn kein Komplementär mehr vorhanden. Bei fehlenden Kommanditisten - Umwandlung in OG. GmbH: Aufgelöste GmbH kann in analoger Anwendung des § 215 AktG aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses grds fortgesetzt werden. Beseitigung des Auflösungsgrundes ist erforderlich. Solange möglich, solange noch kein Gesellschaftsvermögen verteilt wurde. AG: Gem § 215 AktG können die Aktionäre einen Fortsetzungsbeschluss (einfache Mehrheit mit ¾ Kapitalmehrheit des anwesenden Grundkapitals) fassen, obwohl ein gesetzlicher Auflösungsgrund besteht. Nur bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft besteht die Fortsetzungsmöglichkeit nicht, es sei denn, das Insolvenzverfahren wurde nach Bestätigung eines Sanierungsplans oder mangels Teilnahme oder Vermögens oder mit Einverständnis der Gläubiger aufgehoben.

107. Was ist die Nachhaftung bei der GmbH? Wenn die Gesellschafterstellung durch Übertragung des Geschäftsanteils beendet wird, haftet der ausscheidende Gesellschafter vom Tag der Anmeldung des Erwerbers ins FB fünf Jahre für rückständige Einlagen solidarisch mit dem Erwerber (§ 78 Abs 2 GmbHG). Nachhaftung bei OG und KG: § 159 UGB sieht eine 5-jährige Frist für die Nachhaftung für Ansprüche gegen einen Gesellschafter aus Gesellschaftsverbindlichkeit vor. Forthaftung für ausscheidende Gesellschafter (KG: sowohl Komplementär als auch Kommanditist): geregelt in § 160 UGB – Haftung für die bis zu seinem Ausscheiden entstandenen Verbindlichkeiten, aber nur, soweit sie innerhalb von 5 Jahren (max 8 Jahre!) nach Ausscheiden fällig sind -> maßgeblich für welche Verbindlichkeiten gehaftet werden soll, ist Zeit des Ausscheidens (nicht die bloß deklarative FB-Eintragung) -> keine Haftung für Verbindlichkeiten, die zwischen Ausscheiden und Eintragung eingegangen werden! 5-Jahres Frist beginnt mit Eintragung ins FB. Kommanditist: bis zur Höhe der Haftsumme, sofern er sich nicht durch Aufbringung einer Einlage in Höhe der Haftsumme befreit hat (aufpassen bei Abfindungsguthaben: Einlagenrückzahlung!)

108. Welche Kapitalerhaltungsvorschriften gibt es? Verbot der Einlagenrückgewähr; Verbot des Erwerbs eigener Aktien; EKEG; bei der GmbH ist die Generalversammlung durch die Geschäftsführer einzuberufen, wenn die Hälfte des Stammkapitals verloren gegangen ist (§ 36 Abs 2 GmbHG); bei der AG ist die Hauptversammlung durch den Vorstand einzuberufen, wenn die Hälfte des Grundkapitals verloren gegangen ist (§ 83 AktG).

109. Wie sieht die Vorstandshaftung bei Ressortverteilung bei der AG aus? Es kann grds Ressortverteilung zwischen den Vorstandsmitgliedern vereinbart werden (zB in Satzung oder vom Aufsichtsrat). Bestimmte Aufgaben und Handlungen des Vorstandes sind nicht übertragbar und sind immer vom Gesamtvorstand zu verantworten. Zu diesen Mindestzuständigkeiten gehören zB die Pflicht bei Verlust des halben Stammkapitals eine GV einzuberufen oder bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Eine Ressortverteilung befreit die Vorstandsmitglieder aber nicht jedenfalls von ihrer Verantwortung: Sie habe die übrigen Vorstandsmitglieder

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(soweit zumutbar) zu überwachen und haften bei Missachtung dieser Kontrollpflicht.

110. Was ist die unbeschränkte Gesellschafterhaftung bei der KG? Bei der KG haftet nur der Komplementär unbeschränkt. Der Kommanditist haftet nicht unbeschränkt, sonder nur bis zur Höhe der ins FB eingetragenen Haftungssumme. Der Komplementär haftet wie ein OG-Gesellschafter persönlich, unmittelbar, unbeschränkt, unbeschränkbar, primär und solidarisch (OG muss Vertragspartnerin sein; fällige Forderung; Gesellschafter muss zum Zeitpunkt der Begründung der Schuld Gesellschafter der OG gewesen sein).

111. Wann haftet der Kommanditist persönlich? Der Kommanditist haftet persönlich, wenn seine Pflichteinlage nicht der Haftungssumme entspricht. Hat der eine die Haftungssumme überschreitende Pflichteinlage geleistet, haftet er nicht; ebenso wenn diese gleich hoch sind. Unterschreitet seine geleistete Pflichteinlage die Haftungssumme, haftet er persönlich für die Differenz. Findet eine Erhöhung der Haftsumme statt, können sich die Gläubiger auf diese nur berufen, wenn die Erhöhung in gehöriger Weise kundgemacht oder ihnen von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist. Wird die Haftsumme reduziert, kann diese Herabsetzung, solange sie nicht ins FB eingetragen ist, Gläubigern gegenüber nicht wirksam entgegengehalten werden. Jene Gläubiger, deren Forderungen zur Zeit der Eintragung begründet waren – zur Zeit der höheren Haftsumme – brauchen die Herabsetzung überhaupt nicht gegen sich gelten lassen.

112. Welcher Sorgfaltsmaßstab gilt für den Vorstand der AG? Nach §84 Aktiengesetz sind Vorstandsmitglieder verpflichtet, bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ anzuwenden. Der Gesetzgeber befindet sich in einem Dilemma: Konkrete Handlungsver- oder -gebote können der Tätigkeit von Vorständen in unterschiedlichen Unternehmen nicht gerecht werden. Denn auf den Vorstand eines Produktionsbetriebs können nicht die gleichen Regeln Anwendung finden, wie auf den Vorstand eines Kreditinstituts. Ein allgemein gültiger Katalog von Handlungsver- und -geboten würde daher für Sachverhalte und Verhaltensweisen gelten, die von diesem unbestrittenermaßen nicht erfasst sein sollten. Umgekehrt würden aber auch unzählige regelungsbedürftige Sachverhalte und Verhaltensweisen überhaupt nicht erfasst. Ein im Gesetz weit gefasster Haftungsmaßstab, wie jener des „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“, und dessen einzelfallbezogene Konkretisierung durch die Gerichte erscheinen grundsätzlich richtig. Dass dies Vorständen wenig Orientierung zur Entscheidungsfindung bietet, ist wohl ein unauflösbares Dilemma. Abhilfe können nur die österreichischen Höchstgerichte schaffen, indem sie mehr Rechtsprechung zu grundlegenden Prinzipien der Vorstandshaftung hervorbringen. Der Begriff des „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ bedarf in der Praxis einer Auslegung durch die Rechtsprechung bzw. einer Beurteilung nach der Übung des redlichen Verkehrs. Berücksichtigt werden dabei die konkreten Gegebenheiten eines Unternehmens wie beispielsweise dessen Größe, Art der Tätigkeit, die Marktlage sowie das wirtschaftliche Umfeld und die allgemeine Wirtschaftslage Rechtspolitisch ist sicherzustellen, dass Vorstände angesichts eines zu strengen Haftungsmaßstabs nicht vor riskanten unternehmerischen Entscheidungen zurückschrecken. Dies gilt besonders in Krisenzeiten, in denen die Markt- und Wirtschaftslage im Vorhinein schwer einschätzbar ist und sich das Entscheidungsrisiko erhöht. Innovation und gesamtwirtschaftliches Wachstum brauchen auch riskante unternehmerische Entscheidungen. Wird der Haftungsmaßstab für Entscheidungsträger zu strikt angelegt, kommt es zur Lähmung des Wirtschaftsmotors. Ein auch in Österreich diskutierter Lösungsansatz zur Verhinderung von Risiko vermeidendem Entscheidungsverhalten von Vorständen besteht in der „Business Judgment Rule“ (BJR). Die Grundidee dieses aus dem angloamerikanischen Rechtskreis stammenden Modells besteht darin, Entscheidungsträgern unter bestimmten Voraussetzungen einen haftungsfreien Ermessensspielraum („Safe Harbour“)

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zuzugestehen. Voraussetzungen der Haftungsbefreiung sind etwa Unbefangenheit, Handeln im guten Glauben und zum Wohle der Gesellschaft sowie das Vorliegen einer adäquaten Entscheidungsgrundlage. Die BJR ist zwar nicht geeignet, Vorständen eine Anleitung zum sorgfaltsgerechten Verhalten zur Hand zu geben. Sie versucht aber, zumindest jenen Bereich der Entscheidungstätigkeit abzugrenzen, innerhalb dessen Vorstände Ermessensspielraum haben, ohne Gefahr zu laufen, persönlich haftbar zu werden. Die BJR ist im deutschen Aktiengesetz bereits seit 2005 verankert und könnte auch für das österreichische Recht ein geeigneter und prüfenswerter Ansatz sein.

113. Wo wird das Trennungsprinzip der GmbH durchbrochen? Trennungsprinzip: Das Vermögen der GmbH ist von jenem ihrer Gesellschafter getrennt Haftungsprivileg § 62 Abs 1 GmbHG: für Verbindlichkeiten der GmbH haftet grds nur das Gesellschaftsvermögen, nicht jedoch das Privatvermögen der Gesellschafter Nur ausnahmsweise können die Gesellschafter einer GmbH zur Haftung herangezogen werden, indem durch die Gesellschaft auf die Gesellschafter gegriffen wird (Haftungsdurchgriff). Dafür sind folgende Fälle denkbar: Gesellschafter tritt als faktischer Gesellschafter auf (nimmt auf Leitung der Gesellschafter maßgebenden Einfluss, obwohl er nicht zum Geschäftsführer bestellt wurde) und schädigt dabei die Gläubiger. Bei einer qualifizierten, die Gläubiger gefährdenden Unterkapitalisierung der Gesellschaft Das Prinzip der Trennung von Vermögen der Gesellschaft und der Gesellschafter wird verletzt (Sphärenvermischung) – lassen sich nicht trennen, sodass zB nicht erkennbar ist, ob eine unrechtmäßige Verschiebung von Vermögen der GmbH zu einem Gesellschafter stattgefunden hat Nach § 25 URG haften die Gesellschafter, wenn sie den Geschäftsführern angewiesen haben, die Einleitung eines Reorganisationsverfahrens zu unterlassen oder die Insolvenzeröffnung nicht zu beantragen

114. Kann ein GmbH-Gesellschafter kündigen? geschlossener Mitgliederzahl dadurch charakterisiert; Grds ist das möglich, jedoch muss diese Möglichkeit im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sein. Die übrigen Gesellschafter können jedoch einen Fortsetzungsbeschluss fassen.

115. Tagesordnungspunkt bei Aufsichtsratssitzung einer GmbH? Aufsichtsrat wird grds durch den Aufsichtsratsvorsitzenden einberufen (mind ¼-jährlich). Grds persönlich; Gesellschaftsvertrag kann Vertretungsmöglichkeit vorsehen

116. Wie wird eine GmbH beendet? Zuerst muss die Gesellschaft aufgelöst werden – gesetzliche Auflösungsgründe (zB notariell beurkundeter Gesellschafterbeschluss, Konkurseröffnung) und im Gesellschaftsvertrag normierte (zB Kündigung durch einen Gesellschafter, Zweckerreichung, Tod eines Gesellschafters) -> Auflösung ist im FB einzutragen! Auf die Auflösung folgt die Liquidation durch Liquidatoren (gekorene, geborene, gerichtliche). Diese haben ua Forderungen einzuziehen, Verbindlichkeiten zu begleichen, laufende Geschäfte beenden, Gesellschaftsvermögen aufzuteilen. Haben diese ihre Aufgaben beendet, ist die Gesellschaft beendet und sie ist im FB zu löschen.

117. Unterliegen Kommanditisten dem Wettbewerbsverbot? Nach § 165 UGB unterliegt der Kommanditist dem gesetzlichen Wettbewerbsverbot nicht (beim Kommanditisten besteht weniger die Gefahr der Weitergabe von Informationen bzw der Verwendung von Wissen als bei den Komplementären, weil Kommanditisten grds von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen sind). Wenngleich er keinem gesetzlichen Wettbewerbsverbot unterliegt, kann ein solchen aber vertraglich vereinbart werden. Der Kommanditist hat – auch ohne ein vertragliches Wettbewerbsverbot – stets die ihm obliegende Treuepflicht zu beachten (zB verboten ist der aktive Eingriff in die Geschäftschancen der KG).

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Weiters wird in der Literatur vertreten, dass § 165 UGB insoweit teleologisch zu reduzieren und das Wettbewerbsverbot der §§ 112 f UGB ausnahmsweise auf den Kommanditisten anzuwenden, wenn diesem im Gesellschaftsvertrag Rechte eingeräumt sind, die andernfalls nur Komplementären zustünden (zB Einräumung einer vertraglichen Geschäftsführungsbefugnis).

118. Vergleich der Geschäftsführung und Vertretung einer GesbR mit einer OG? Bei der GsbR sind grds alle Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet (sowohl für gewöhnliche als auch außergewöhnliche Geschäfte; Mehrheitsprinzip mit Kapitalmehrheit; dispositiv). Bei außergewöhnlichen Geschäften kann die überstimmte Minderheit Sicherstellung für künftigen Schaden begehren; falls das abgelehnt wird, können die Gesellschafter austreten. Die Vertretungsbefugnis ist iZw gleich der Geschäftsführungsbefugnis (auch Mehrheit mit Kapitalmehrheit). Handeln Gesellschafter einer unternehmerisch tätigen GesbR, die im Geschäftsverkehr unter eigenem Namen auftritt, oder zur Vertretung der Gesellschaft bestellten Personen in deren Namen, werden alle Gesellschafter daraus berechtigt und verpflichtet (§ 178 UGB). Bei der OG sind ohne formalen Bestellungsakt alle zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Allerdings besteht die Möglichkeit, im Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung einem oder mehreren Gesellschaftern zu übertragen. -> die Mitwirkungspflicht an außergewöhnlichen Geschäften bleibt trotz fehlender Geschäftsführungsbefugnis unberührt – Beschluss sämtlicher Gesellschafter! Zur Vertretung der OG sind grds auch alle Gesellschafter berufen – sowohl für gewöhnliche als auch außergewöhnliche. Die Vertretungsmacht ist im Außenverhältnis aus Gründen des Verkehrsschutzes unbeschränkt und unbeschränkbar. Im Innenverhältnis können jedoch einzelne Gesellschafter von der Vertretung ausgeschlossen werden.

119. Was ist ein fehlerhafter Gesellschafterbeschluss? Ein Gesellschafterbeschluss kann aus formellen oder materiellen Gründen fehlerhaft sein. anfechtbarer Beschluss: grds wirksam, innerhalb von einem Monat durch Klage anfechtbar (zB Einberufungsmangel, Mitwirkung eines vom Stimmrecht ausgeschlossenen Gesellschafters an Beschlussfassung) absolut nichtiger Beschluss: rechtlich existent, ipso iure nicht verbindlich (zB Verstoß gegen Strafgesetz oder sittenwidrig, Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr) Scheinbeschluss: rechtlich nicht existent, weil mit gravierenden Mängeln belastet (zB Beschluss von Nichtgesellschaftern) schwebend unwirksamer Beschluss: fehlerfrei zustande gekommen, zur Rechtswirksamkeit fehlt aber noch ein weitere Wirksamkeitserfordernis (zB gesetzlich oder vertraglich vorgesehene Zustimmung) wirkungsloser Beschluss: gesellschaftsintern verbindlich, können aber die beabsichtigte Rechtsfolge nicht herbeiführen (zB Bestellung zum Geschäftsführer, wenn die Annahme durch den Geschäftsführer fehlt) Jeder Gesellschafter ist klageberechtigt, der in der GV erschienen ist und gegen den Beschluss Widerspruch zu Protokoll gegeben hat oder zur GV unberechtigterweise nicht zugelassen wurde.

120. Unter welchen Voraussetzungen kann der OG-Gesellschafter Aufwandersatz verlangen? Gemäß § 110 Abs 1 und 2 gebührt dem Gesellschafter für Aufwendungen, die er in Gesellschaftsangelegenheiten macht und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, ein Ersatz (inkl Zinsen). Notwendig für den Ersatz ist daher, dass es sich um Aufwendungen für die Gesellschaft handelt, diese ex ante auch erforderlich waren und der Gesellschafter befugterweise in Gesellschaftsangelegenheiten agierte. Der Aufwandersatz wird daher dem geschäftsführenden Gesellschafter zustehen, aber auch dem Gesellschafter, der davon ausgeschlossen ist, wenn er beauftragt wurde,

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Handlungen vorzunehmen, die zu den Aufwendungen geführt haben. auch bei Verlusten! Herausgabepflicht!

121. Welche Rechte hat ein Aufsichtsrat gegenüber dem Geschäftsführer bei der GmbH? Der Aufsichtsrat kann dem Geschäftsführer Weisungen erteilen. Genehmigungspflichtige Geschäfte (§ 30j Abs 5 GmbHG); Überwachung der Geschäftsführer (Abs 1) -> Rest wie AG

122. Vorgesellschaft bei der OG – Unterschied zu anderen? Vorgesellschaft wird als GesbR qualifiziert (§ 123 Abs 2 UGB)– nicht rechtsfähig! Vorgesellschaft der GmbH/AG: Gesellschaft sui generis – rechtsfähig

123. Welche Funktion hat der Kapitalanteil im Personengesellschaftsrecht? Der Kapitalanteil gibt lediglich den Wert der vereinbarten Einlage im Verhältnis zu allen anderen vereinbarten Einlagen wieder (≠ Gesellschaftsanteil: alle Rechte und Pflichten , die mit der Gesellschafterposition verbunden sind). Jahresgewinn wird nach Kapitalanteil verteilt (dispositiv) – zuvor aber noch jenen Anteil, dem ein Arbeit zu Verfügung stellender Gesellschafter zusteht, abziehen!

124. Wie kann man die gesetzliche Normalfolge verhindern, dass beim Tod eines Gesellschafters einer OG die Gesellschaft aufgelöst wird? Normalerweiser ist der Tod eines Gesellschafters bei der OG ein Auflösungsgrund. Im Gesellschaftsvertrag kann aber eine Fortsetzungsklausel vereinbart werden (Fortsetzung der Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern ohne Erben; in den Nachlass fällt der Abfindungsanspruch). Weiters kann eine Nachfolgeklausel vereinbart werden: Gesellschaft wird mit den verbleibenden Gesellschaftern und den Erben fortgesetzt – einfache: jeweiligen Erben treten an Stelle der verstorbenen Gesellschafters, bei mehreren wird Gesellschaftsanteil entsprechend der Erbquote aufgeteilt; - qualifizierte: Nachfolger wird im Gesellschaftsvertrag festgelegt Als letzte Möglichkeit gibt es die Eintrittsklausel: Erben oder sonstige Personen sind berechtigt, in die Gesellschaft einzutreten (neue Einlageleistungsverpflichtung).

125. Gibt es im GmbH-Recht Wettbewerbsverbote? § 24 GmbHG: für Gesellschafter – keine Geschäfte im Geschäftszweig der GmbH; keine Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter an Gesellschaften des gleichen Geschäftszweigs; nicht eine Funktion als Vorstand/Geschäftsführer/Aufsichtsrat in einer anderen Gesellschaft im Geschäftszweig der GmbH Einwilligung per Gesellschafterbeschluss oder im Gesellschaftsvertrag möglich!

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Immaterialgüterrecht 126. Was versteht man unter dem Begriff des Immaterialgüterrechts?

Das ist das Recht, das sich nicht auf eine Sache bezeiht, sondern auf ein immaterielles Gut (Geistesprodukt, technischer Gedanke, Unternehmenskennzeichen, ästhetische Gestaltung, Kunstwerk) und das seine ausschließliche Nutzung und Verwertung umfasst (so im Patent-, Gebrauchsmuster-, Marken-, Urheber- und Geschmacksmusterrecht). Immaterialgüterrecht deckt sich auch mit dem Begriff "geistiges Eigentum". Das Immaterialgüterrecht schützt bestimmte geistige (oder gewerbliche) Leistungen sowie Kennzeichen die gewerblich verwertbar sind, dadurch, dass es dem Schöpfer dieser Leistungen gegen jeden unbefugten Dritten absolut wirkende Verbotsrechte einräumt. Das UWG hingegen gehört zum gewerblichen Rechtsschutz (mit Ausnahme der §§ 9 und 11 – 13 UWG) und schützt den geschäftlichen Verkehr gegen unlautere Handlungen.

Patentrecht 127. Was ist das europäische Patent? Gibt es ein Gemeinschaftspatent?

Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind (§§ 1-3 PatG). Eine gesetzliche Definition von Erfindung gibt es nicht; Lehre und Rsp verstehen darunter eine Lehre zum technischen Handeln (weite Auslegung). § 1 Abs 3 PatG definiert in einem nicht abschließenden Negativkatalog jene Gegenstände, die nicht als Erfindung gesehen werden (zB Entdeckungen, mathematische Methoden). Gemäß § 2 Abs 1 PatG können auf Erfindungen, deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, kein Patent erteilt werden. Da das Ziel des Patentrechts ist, den technischen Fortschritt zu fördern, kann nur auf solche Erfindungen ein Patent erteilt werden, die der Allgemeinheit noch nicht bekannt sind. Gemäß § 3 PatG gilt eine Erfindung als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört (Stichtag: Prioritätstag). Zur Erlangung eines österreichischen Patens muss eine Patentanmeldung beim österreichischen Patentamt oder beim Europäischen Patentamt (in einem einzigen Verfahren kann für alle Vertragsstaaten Patentschutz erlangt werden) eingereicht werden. Die Anmeldungserfordernisse finden sich in § 89 Abs 1 PatG. Gemäß § 99 PatG unterliegt die Patentanmeldung zuerst einer Gesetzmäßigkeitsprüfung durch die Technische Abteilung des Patentamts (materiellen und formellen Voraussetzungen). Vom Tag der Bekanntmachung der Anmeldung im Patentblatt (idR 18 Monate nach Prioritätstag) hat der Anmelder Anspruch auf ein angemessenes Entgelt, das dem Wert der Nutzung der Erfindung entspricht. Innerhalb von 4 Monaten ab Bekanntmachung kann jeder gegen die Patenterteilung Widerspruch erheben. Wenn nach Veröffentlichung keine Einwendungen erhoben werden hat, wird das Patent durch Beschluss mit Eintragung im Patentregister erteilt. Ein europäisches Patent ist ein Patent, das gemäß dem EPÜ vom Europäischen Patentamt (Sitz: München) erteilt wird. Dabei handelt es sich um ein Patent, dass dieselbe Wirkung wie ein nationales Patent in jenen Staaten, die in der Anmeldung benannt wurden, entfaltet (Territorialitätsprinzip; auch für Mitglieder des EPÜ möglich, die keine MS der EU sind). Im Unterschied zum österreichischen Verfahren führt das europäische PA vor Prüfung der Patentschrift auf Neuheiten eine europäische Recherche durch (Bericht über über Schriftstücke, zB Artikel in Fachzeitschrift , die für die Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit des Anmeldegegenstand in Betracht gezogen werden können). Es gibt kein Gemeinschaftspatent (seit langem geplant, soll Gültigkeit für ganz Europa oder gesamte EU haben). Jedoch gibt es Gemeinschaftsgeschmacksmuster, für deren Eintragung das

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Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM; Sitz: Alicante) zuständig ist. Grds ist das Gemeinschaftsgeschmacksmuster einheitlich und daher dieselbe Wirkung in der EU.

128. Wie werden Dienstnehmererfindungen geregelt? Das PatG enthält in den §§ 6 – 19 besondere Regelungen für Erfindungen von AN (nicht vertraglich beschränkbar!). Eine Diensterfindung liegt vor, wenn sie in das Arbeitsgebiet des Unternehmens fällt, in dem der DN tätig ist und wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Arbeitsverhältnis und der Erfindung besteht (Tätigkeit, die zur Erfindung geführt hat, gehört zu dienstlichen Obliegenheiten; Anregung zu Erfindung durch Tätigkeit im Unternehmen; Benützung der Hilfsmittel des Unternehmens hat Erfindung wesentlich erleichtert). -> kein AN: Vorstand (fehlende persönliche Abhängigkeit) Aufgriffsrecht des AG besteht nur, wenn eine schriftliche Vereinbarung vorliegt. Unverzügliche Mitteilungspflicht des AN – ansonsten Haftung des AN für entstandenen Schaden. Binnen 4 Monaten muss AG dem AN mitteilen, ob er von seinem Recht Gebrauch macht (Geheimhaltungspflicht!). Für die Überlassung einer Diensterfindung gebührt dem Erfinder eine besondere Vergütung (außer: für Erfindertätigkeit eingestellt). Bei Bemessung der Vergütung ist insb auf wirtschaftliche Bedeutung für das Unternehmen und Anteil des Unternehmens an dem Zustandekommen zu achten. DG kann sich nachträglich davon befreien, indem er auf sein Recht an der Erfindung verzichtet.

129. Was ist das Erschöpfungsprinzip im Patentrecht? Erschöpfungsgrundsatz im Immaterialgüterrecht ziemlich vereinheitlicht Durch die Erschöpfung erlöschen die Ausschließlichkeitsrechte, die dem Patentinhaber zustehen. Erschöpfung tritt dann ein, wenn die Erfindung vom Patentinhaber oder mit seiner Zustimmung im EWR in Verkehr gebracht wird. Die Ausschlussrechte sind dann nicht erschöpft, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Erfinder sich dem weiteren Vertrieb der Erfindung widersetzt, insb wenn der Zustand derer nach ihrem Inverkehrbringen verschlechtert.

130. Wodurch unterscheidet sich ein Patent von einem Gebrauchsmuster? Beide sind ein technisches Schutzrecht. Als Gebrauchsmuster können auch Erfindungen geschützt werden, die zwar nicht die für ein Patent erforderliche Erfindungshöhe aufweisen, aber auf einem erfinderischen Schritt beruhen (trotzdem Neuheit Schutzvoraussetzung). Das Gebrauchsmuster ist ein reines Registerrecht. Es werden bei der Beantragung lediglich die formalen Antragskriterien geprüft, die Prüfung der Neuheit erfolgt nicht (Verfahren einfacher & kostengünstiger). Die max Schutzdauer beträgt lediglich 10 Jahre.

131. Neuheitsbegriff im Patentrecht? Die Neuheit eines Gegenstandes wird anhand eines Einzelvergleichs der Erfindung mit jeder Entgegenhaltung bestimmt. Neuheitsschädlich ist nur jener Stand der Technik, der zeigt, dass die Erfindung schon zu ihm gehört. Es geht nicht darum, ob die Kombination der technischen Elemente für den Fachmann nahe liegend ist, sonder nur darum, ob die Kombination in ihrer konkreten Ausprägung in einer einzigen Erkenntnisquelle enthalten ist.

132. Nutzungsrechte am Patent? Der Patentinhaber kann Dritten die Benutzung der Erfindung gestatten – Lizenzvertrag – Dauerschuldverhältnis. Lizenzgeber verzichtet auf Ausübung seines Verbotsrechts; Lizenznehmer ist zur Zahlung eines Lizenzentgelts verpflichtet -> Eintragung ins Patentregister!

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Markenrecht 133. Welchen Schutz genießt die bekannte Marke? In welcher Weise geht dieser

über den der allgemeinen Marke hinaus? Der Schutzbereich des Markenrechts ist auf die Waren und Dienstleistungen des eingetragenen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses beschränkt. Daher wird das Markenrecht grds nicht verletzt, wenn eine Marke zur Kennzeichnung anderer Waren und Dienstleistungen verwendet wird. Für bekannte Marken ist dieser rechtliche Schutz jedoch nicht ausreichend, da sie über die Branchengrenzen hinweg Wirkung entfalten (wirtschaftlicher Wert!). Siehe § 10 Abs 2 MSchG Bei der Beurteilung, wann eine bekannte Marke vorliegt, sind sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien in einem beweglichen System zu berücksichtigen (Bekanntheitsgrad bei bedeutendem Teil des Publikums – ab ca 50%). Weiters genügt es bereits, dass der Grad der Ähnlichkeit zwischen den beiden bewirkt, dass die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen und die Marke gedanklich miteinander verknüpfen (Verwechslungsgefahr muss nicht gegeben sein). § 10 Abs 2 MSchG unterscheidet 4 verschiedene Fallgruppen der möglichen Eingriffshandlungen: Ausnutzung der Wertschätzung - Rufausbeutung; Beeinträchtigung der Wertschätzung – Rufschädigung; Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft – Verwässerung; Ausnutzung der Unterscheidungskraft – Aufmerksamkeitsausbeutung.

134. Was sind absolute bzw relative Eintragungshindernisse im Markenrecht? Jeder Markenanmeldung ist auch ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, dh es wird geprüft, ob absolute oder relative Eintragungshindernisse gemäß Art 4 MschG bestehen. Absolute Eintragungshindernisse verhindern in jedem Fall die Eintragung als Marke. Relative Eintragungshindernisse können durch den Nachweis der Erlangung von Verkehrsgeltung „geheilt“ werden (demoskopisches Gutachten). absolute: Zeichen mit amtlichen Charakter; fehlende Markenfähigkeit (zB Zeichen, die sich nicht graphisch darstellen lassen); ordnungs-/sittenwidrige Zeichen; irreführende Zeichen; geographische Zeichen bei Wein und Spirituosen relative: fehlende Unterscheidungskraft; beschreibende Zeichen; Gattungsbezeichnungen Zur Beurteilung der Verkehrsgeltung sind Bekanntheitsgrad, Kennzeichnungsgrad und Zuordnungsgrad zu eruieren.

135. Was ist die internationale Marke im Vergleich zur Gemeinschaftsmarke? Die internationale Marke ist bei einer Zentralstelle in Genf anzumelden. Vereinheitlicht ist bei dieser lediglich das Anmeldesystem, nicht jedoch das Markenrecht an sich: Der Inhalt und Schutzbereich der internationalen Marke bestimmt sich nach dem nationalem Recht der jeweiligen Mitgliedsstaaten der Madrider Union. Man erwirbt lediglich ein Bündel an nationalen Marken – die internationale Marke ist in den beteiligten Ländern ebenso geschützt wie als wäre sie dort unmittelbar hinterlegt worden. Der Antrag scheitert nicht insgesamt, wenn nur in einem einzigen einzutragenden Land bereits eine ähnliche ältere Marke eingetragen ist. Wenn in einem MS der EU ein Eintragungshindernis besteht, wird die Anmeldung vom HABM zurückgewiesen und der Schutz als Ganzes versagt. Die Gemeinschaftsmarke ist in der gesamten EU gültig. Es ist nicht möglich, die geographische Ausdehnung des Schutzes auf bestimmte MS zu beschränken. Sie ist vom nationalen Recht unabhängig – Rechtsgrundlage: Gemeinschaftsmarken-VO. Sie stellt ein einheitliches Eigentumsrecht dar. Übertragungen können nur für die gesamte Gemeinschaft und nicht für einzelne Länder erfolgen (Beschränkung von Lizenzvergaben möglich). Die Eintragungshindernisse der Gemeinschaftsmarke entsprechen iW denen des MSchG. Die Wirkungen erstrecken sich auf das gesamte Gemeinschaftsgebiet; auch Gebrauchszwang!. Zuständig für Klagen sind die vom MS benannten Gemeinschaftsmarkengerichte (in Ö: HG – OLG – OGH).

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136. Welche Voraussetzungen gibt es für die Registrierung einer Marke? Der Erwerb des Markenrechts erfordert die Eintragung der Marke in das Markenregister. Über die Zulassung der Anmeldung entscheidet die RA des österreichischen PA. Regelungen über die Registrierung der Marke enthalten §§ 16 ff MSchG. Zunächst ist die Markenanmeldung beim PA in Form des Anmeldeformulars einzubringen (Name des Markenanmelders + Wohnsitz; ggf Vertreter; Unterschrift; Wiedergabe der Marke; Waren/Dienstleistungsverzeichnis) und diverse Gebühren sind zu entrichten. Formelle Überprüfung (Gesetzmäßigkeitsprüfung + Ähnlichkeitsprüfung) – bei positiver Prüfung ist Marke einzutragen.

137. Was sind die Besonderheiten der Gemeinschaftsmarke? Sie gilt mit einer Anmeldung für die gesamte EU. Ihre Rechtsgrundlage ist die GMV. Die Anmeldung ist beim HABM in Alicante einzubringen. Markeneintragung scheitert, wenn in einem MS eine ältere kollidierende Marke eingetragen ist und der Inhaber erhebt rechtzeitig Einspruch.

138. Was versteht man unter dem markenrechtlichen Erschöpfungsprinzip? Der Erschöpfungsgrundsatz ist in § 10b MSchG geregelt. Erschöpfung tritt dann ein, wenn die gegenständlichen Waren unter der fraglichen Marke vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im EWR in Verkehr gebracht wurden. Die Ausschlussrechte sind dann nicht erschöpft, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt, insb dann wenn der Zustand der Waren nach Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert wurde (Erhaltung der Herkunfts- und Qualitätsfunktion). Diese Frage hat va Bedeutung für die Zulässigkeit von Parallelimporten. Hersteller bringen häufig ihre Waren in verschiedenen Ländern unter verschiedenen Markbedingungen in Verkehr. Parallelimporteure nutzen dieses unterschiedliche Preisniveau aus und können diese Ware in den Hochpreisländern billiger anbieten als die offiziellen Vertriebspartner der Hersteller oder der Hersteller selbst. Parallelimporte sind nur aufgrund des Erschöpfungsgrundsatzes überhaupt möglich. Diese sind daher innerhalb des EWR grds zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 10b Abs 1 MSchG erfüllt sind. zB durch Umpacken Veränderungen an der Ware? Nur zulässig, wenn das nach nationalem Recht unbedingt notwendig ist + Verständigung des Markeninhabers.

139. Was ist das Territorialitätsprinzip bei einer Marke? Jedes Land erlässt seine eigenen Vorschriften zum Schutz geistiger Leistungen, woraus ein sehr unterschiedlich ausgestaltetes, verschieden hohes Schutzniveau folgt, dessen Vereinheitlichung durch Abschluss internationaler Abkommen erreicht werden soll -> Gemeinschaftsmarke; internationale Marke

140. Worauf beruht bei einer registrierten Marke die Unterlassungsklage? §§ 51 ff MSchG; einstweilige Verfügung § 56 MSchG

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Urheberrecht 141. Was ist der Bildnisschutz?

„verwandtes Schutzrecht“ – Leistungsschutzrecht – Schutzdauer: 50 Jahre rein persönlichkeitsrechtliche Bestimmung: § 78 UrhG – Recht am eigenen Bild – Schutz der abgebildeten Person - unter Verletzung ihrer berechtigten Interessen durch die Medien an den Pranger gestellt werden. Schutz der Privatsphäre: Spannungsverhältnis zum Recht bzw Interesse der Öffentlichkeit an Berichterstattung: Bildnisse von Personen dürfen weder öffentlich ausgestellt noch verbreitet bzw der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (nach dem Tod: der nahen Angehörigen). „Bildnis einer Person“: Jede Abbildung, aus der die Person kenntlich wird. Eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild liegt vor, wenn iZm der Veröffentlichung eines Bildes ehrenrührige Tatsachen erwähnt werden (unabhängig vom Wahrheitsgehalt). Gilt nicht, wenn man sich durch Medienauftritte ins Schlaglicht der Medien begibt (Pressefreiheit geht vor). Kein Bildnisschutz, wenn jemand gar nicht im Bild zu sehen ist, obwohl dies berichtet wird (Uwe Scheuch!).

142. Welche Systeme finden sich in Europa in Bezug auf das Urheberrecht? Definition eines Werkes – Werkkategorien mit Auffangtatbestand General-/Spezialprinzip

143. Werknutzungsrecht vs Werknutzungsbewilligung? Auch wenn das Urheberrecht unter Lebenden nicht übertragbar ist, kann der Urheber gemäß § 24 UrhG natürlichen wie juristischen Personen das Recht zur Benutzung des Werks für alle oder bestimmte Verwertungsarten (§ 14-18a UrhG) einräumen. Die Nutzungsrechtseinräumung kann nicht-ausschließlich (Werknutzungsbewilligung - Nichtangriffsverpflichtung) oder exklusiv (Werknutzungsrecht – Enthaltungspflicht – Urheber hat keine Rechte mehr!) erfolgen. „Lizenzvertrag“ – „Urheberrechtsvertrag“

144. Nutzungsrechte im Urhebergesetz? §§ 14-18 UrhG: Der Urheber eines Werks ist berechtigt, sein Werk auf die im Gesetz taxativ angeführten Arten zu verwerten (Werknutzungsbewilligung oder Werknutzunfsrecht): Vervielfältigungsrecht, Verbreitungsrecht, Bearbeitungs- und Übersetzungsrecht, Recht der ersten Inhaltsangabe, Vermiet- und Verleihrecht, etc.

145. Was schützt das Urheberrecht (welche Arten von Werken und wieso gibt es diese Einteilung)? Schutzgegenstand des Urheberrechts sind eigentümliche (aus der Persönlichkeit seines Schöpfers – Stempel der Einmaligkeit und der Zugehörigkeit zu seinem Schöpfer) geistige Schöpfungen in den Gebieten der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst. Diese eigentümlichen geistigen Schöpfungen werden als Werke bezeichnet. Ob eine Schöpfung ein urheberrechtlich schutzfähiges Werk darstellt, ist eine durch das Gericht zu lösende Rechtsfrage. § 1 Abs 1 UrhG enthält einen taxativen Katalog von Werkkategorien, die in den §§ 2-4 UrhG konkretisiert werden. Trotz dieser abschließenden Festlegung sind die einzelnen Werkarten nicht als verbindlich-starres System, sondern als anpassungfähiger Rahmen zu verstehen. Die Einteilung gibt es, weil es verschieden Schutzfristen und einige Sondervorschriften gibt. Ein Urheber eines Werkes ist gemäß § 10 UrhG diejenige natürliche Person, die es geschaffen hat oder jene Person, auf die nach dem Tod des Schöpfers das Urheberrecht übergegangen ist. Das österreichische Urheberrecht folgt damit dem Schöpferprinzip und knüpft die Urheberschaft an natürliche Personen, denn nur diese können eigentümliche geistige Schöpfungen erbringen. Solcherart ist das Urheberrecht nicht

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nur als Vermögensrecht, sondern auch als Persönlichkeitsrecht ausgestaltet.

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Wettbewerbsrecht 146. Wann liegt verbotene Irreführung vor?

§ 2 UWG: Beeinflussung der Marktgegenseite durch relevante Täuschung -> unzulässige Werbemethode Das Verbot irreführender Geschäftspraktiken untersagt die Anwendung von Geschäftspraktiken, welche unwahre Angaben enthalten oder sonst zur Täuschung geeignet sind, um den Verbraucher in relevanter Weise zu beeinflussen. Werden Geschäftspraktika iSd § 2 UWG qualifiziert, sind diese grds unlauter und daher rechtswidrig. -> mit dem Wahrheitsgrundsatz unvereinbar § 2 UWG enthält die TB-Gruppen Unrichtige Angaben, Sonstige Geschäftspraktiken mit Täuschungseignung und das Vorenthalten wesentlicher Information. Ergänzt wird das durch eine „Schwarze Liste“ von Geschäftspraktiken, die jedenfalls als irreführen gelten (Anhang ans UWG). Vom Schutzzweck erfasst sind Mitbewerber, Verbraucher und die Allgemeinheit. -> auch wahre Angaben können den Durchschnittsverbraucher täuschen! zB Allein-/Spitzenstellung, Blickfang, Selbstverständliches extra herausgehoben, damit ein Vorteil suggeriert wird, Lockvogelwerbung

147. Was ist der Schutz eines Unternehmenskennzeichens, wo ist der geregelt? § 9 UWG: Missbrauch von Kennzeichen eines Unternehmens Danach ist es verboten, im geschäftlichen Verkehr Kennzeichen (zB Firma, registrierte Marke) zu gebrauchen, die geeignet sind, Verwechslungen mit schutzfähigen Kennzeichen, die ein anderes Unternehmen in befugter Weise verwendet, hervorzurufen. Damit ein Kennzeichen wettbewerbsrechtliche geschützt ist, muss es sich um ein schutzfähiges Zeichen iSd § 9 UWG handeln sowie unterscheidungskräftig sein und/oder Verkehrsgeltung besitzen. Die Regelung schützt nicht nur den vollen Firmenwortlaut, sondern auch Firmenbestandteile (Firmenkurzbezeichnungen, Firmenschlagworte). Der Firmenbestandteil muss aber für sich allein oder in Verbindung mit Zusätzen geeignet sein auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen oder sich von anderen Unternehmen zu unterscheiden. bei Verstoß: Unterlassungsanspruch, Urteilsveröffentlichung – schützt auch nicht-eingetragene Firmen Verhältnis zu § 37 UGB (unbefugter Gebrauch einer Firma – Unterlassungsklage): § 9 UWG konkurriert mit § 37 UGB, der aber nur Unterlassungsansprüche gegen das Führen einer Firma gewährt, welches firmenrechtliche Vorschriften verletzt (zB Angaben, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse irrezuführen), nicht aber firmenrechtliche Vorschriften des AGBG und des UWG. bei Verstoß: Unterlassungsanspruch, Anspruch auf Löschung, SchE Verhältnis zu § 43 ABGB (Namenschutz): können nebeneinander angewendet werden. § 9 UWG schützt den Namen im geschäftlichen Verkehr; § 43 ABGB schützt den Namen in seinem ganzen Seinsbereich – erfasst jedwede Beeinträchtigung des Namensgebrauchs, steht aber nur dem Namensträger selbst zu – Unterlassung, Beseitigung, uU SchE

148. Was ist die Black List im UWG? Die Black List ist eine Liste der Geschäftspraktiken, die absolut als irreführend und damit wettbewerbswidrig sind. Sie sind im Anhang des UWG zu finden. zB unrichtige Behauptung eines Unternehmers, zu den Unterzeichnern eines Verhaltenskodex zu gehören; Behauptung, dass ein Produkt von öffentlicher oder privater Stelle bestätigt/gebilligt/genehmigt worden sei, obwohl das nicht der Fall ist; Lockvogelangebote; unrichtige Behauptung, Produkte könnten Gewinnchancen bei Glücksspielen erhöhen; unrichtige Behauptung, ein Produkt könne Krankheiten, Funktionsstörungen oder Missbildungen heilen

149. Wie sieht das Fallprüfungsschema im UWG aus? - Fällt die Geschäftspraktik unter einen Sondertatbestand der §§ 7, 9 oder 9a

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- Bestimmungen des Anhangs zu prüfen (black list – Geschäftspraktik per se irreführend oder aggressiv - „kleinere Generalklauseln“ – § 1 Abs 3 UWG: ist Geschäftspraktik aggressiv (§ 1a UWG) oder irreführend (§ 2 UWG) - große Generalklausel des § 1 Abs 1 UWG Fallgruppen des § 1 Abs 1 UWG: Kundenfang, Behinderung, Ausbeutung und Rechtsbruch

150. Verbraucherleitbild im UWG? Das Verbraucherleitbild ist ein wandelbarer, gesetzlich nicht determinierter Maßstab. Das Verbraucherleitbild ist ein Instrument des Rechtsanwendung, das aufgrund des großteils harmonisierten Verbraucherschutzrechts va durch die Rsp des EuGH beeinflusst wird. In Ö galt lange Zeit das Leitbild des flüchtigen Verbrauchers: Der Durchschnittsverbraucher (durchschnittliche Intelligenz und Sachkunde) widmet sich einer Werbeaussage nur flüchtig und mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit. Er pflege eine Werbeaussage weder genau, vollständig und kritisch zu würdigen, noch grammatikalische und philologische Überlegungen anzustellen. -> EuGH bereits in der Cassis de Dijon-E verworfen (Judikatur zur Warenverkehrsfreiheit) In einer RL wird der Verbraucherbegriff erläutert – Leitbild des informierten und verständigen Verbrauchers: Der Durchschnittsverbraucher ist als ein Verbraucher anzusehen, der unter Berücksichtigung sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren in der Auslegung des Gerichtshofs angemessen gut unterrichtet, angemessen aufmerksam und kritisch ist. Der Werbende darf vom Werbeadressaten einen durchschnittlichen Informationsstand erwarten. Der Durchschnittsverbraucher widmet sich Geschäftspraktiken mit durchschnittlicher bzw angemessener Aufmerksamkeit. Auf dieser Ebene ist zu fragen, wie und ob der Verbraucher bestimmte Ankündigungen und Praktiken wahrnimmt, verarbeitet und seiner Entscheidung zugrunde legt. Der anzunehmende Grad an Aufmerksamkeit ist jedoch situationsbezogen und insb von der Bedeutung der beworbenen Ware oder Dienstleistung für den Verbraucher abhängig. In diesem Sinn schließen sich flüchtig und informiert nicht aus. Bei der Verständigkeit des Verbrauches geht es darum, wie sehr der Verbraucher in der Lage ist, eine Geschäftspraktik sachgerecht und kritisch zu würdigen.

151. Was ist die Generalklausel im UWG? Die Generalklausel des § 1 UWG ist die grundlegende wettbewerbsrechtliche Ordnungsvorschrift. Diese Bestimmung verbietet unlautere Geschäftspraktiken und sonstige unlautere Handlungen. Die Generalklausel sieht unterschiedliche Erheblichkeitsschwellen im B2B- und im B2C-Bereich vor: Um die Erheblichkeitsschwelle im B2B Bereich nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG zu überschreiten, muss eine unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere Handlung dazu geeignet sein, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass die Beeinflussung der Marktverhältnisse eine gewisse Mindestidentität erreichen muss (in Fallgruppe Rechtsbruch von Bedeutung!). Im B2C-Bereich sind nicht die Auswirkungen auf die Markverhältnisse, sondern der Grad der Beeinflussung des Durchschnittsverbrauchers maßgeblich. Um die Erheblichkeitsschwelle nach § 1 Abs 1 Z 2 UWG zu überschreiten, muss die unlautere Geschäftspraxis geeignet sein, das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Dies ist dann der Fall, wenn die Fähigkeiten des Durchschnittsverbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar beeinträchtigt wird und er so zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst wird, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Fallgruppen der Generalklausel: Kundenfang (Wertreklame, gefühlsbetonte Werbung), Behinderung (zB Preiskampf, Boykott, Bezugsbehinderung), Ausbeutung (zB Nachahmung) und Rechtsbruch

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ad Rechtsbruch: Niemand darf sich durch Verletzung einer generellen Norm bzw eines individuellen Rechtsakts einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Es geht um die Durchsetzung gleicher rechtlicher Rahmenbedingungen für das Handeln im Wettbewerb. Die Fallgruppe fällt somit grds in den B2B-Bereich.

152. Was ist das Zugabenverbot im UWG? Das Zugabenverbot bezweckt einerseits den Schutz der Käufer vor unsachlicher und irreführender Wertreklame und die Vermeidung eines gegenseitigen Übersteigerns von Mitbewerbern in Nebenleistungen. Andererseits soll der Mitbewerber vor unsachlicher Nachfrageverlagerung geschützt werden. Eine Zugabe ist ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Hauptware ohne besondere Berechnung angekündigt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hauptleistung zu fördern. Damit die Regelung des §9a UWG anwendbar ist, muss die Zugabe bestimmte Merkmale aufweisen: Werbe-/Lockmittel, Akzessorietät, Unentgeltlichkeit, Beeinflussung der Kaufentscheidung, Nachfrageverlagerung

153. Rechtsschutz im UWG? § 14 UWG: Unterlassungsanspruch (Abwehr zukünftiger wettbewerbsrechtlicher Beeinträchtigungen – nicht: vergangene!!; echte – zielt auf Wiederholungsgefahr ab; unechte - vorbeugende) – Aktivlegitimation: jeder, der durch den Wettbewerbsverstoß umittelbar konkret betroffen ist (Mitbewerber, Verbände und individuell betroffene Verbaucher – ergibt sich aus der unmittelbar verletzten Norm, wer betroffen sein kann). § 15 UWG: Beseitigungsanspruch (Beseitigung eines der RO widerstreitenden Zustand) § 7 Abs 1 UWG: Widerrufsanspruch (bei Herabsetzung eines Unternehmens § 25 Abs 3 UWG: obsiegende Partei einer Unterlassungsklage kann auf Antrag die Befugnis zu gesprochen werden, den Urteilsspruch zu veröffentlichen § 16 UGW: SchE auch bei leichter FL der entgangene Gewinn

154. Was ist vergleichende Werbung? Gemäß § 2a UWG darf vergleichende Werbung nicht gegen die §§ 1,1a,2,2a,7 oder 9 Abs 1-3 UWG verstoßen. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der vergleichenden Werbung werden in einem Katalog von 8 Negativbedingungen definiert. Danach ist vergleichende Werbung zulässig, wenn sie nicht irreführend ist; sie Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung vergleicht; sie objektiv eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften dieser Waren und Dienstleistungen, zu denen auch der Preis gehört, vergleicht; durch sie weder die Marken, die Handelsnamen oder andere Unterscheidungszeichen noch die Waren, die die Dienstleistungen, die Tätigkeiten oder die Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft; sie sich bei Waren mit Ursprungsbezeichnungen in jedem Fall auf Waren mit der gleichen Bezeichnung bezieht; sie den Ruf einer Marke, eines Handelsnamens oder anderer Unterscheidungszeichen eines Mitbewerbers oder der Ursprungsbezeichnungen von Konkurrenzerzeugnissen nicht in unlauterer Weise ausnutzt; sie nicht eine Ware oder eine Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer Ware oder Dienstleistung mit geschützter Marke oder geschütztem Handelsnamen darstellt; sie keine Verwechslungsgefahr bei den Gewerbetreibenden, zwischen dem Webenden und einem Mitbewerber oder zwischen den Warenzeichen, etc begründet.