FRONTLINES-BERICHT FEBRUAR 2014...Jeder achte Befragte gab bei der weltweiten Umfrage des IGB 2013...

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IGB FRONTLINES-BERICHT FEBRUAR 2014 In einem regelrechten Krieg um Lebens- und Arbeitsbedingungen stehen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an vorderster Front. Einkommensungleichheit: Zeit für einen angemessenen und existenzsichernden Lohn. Internationaler Gewerkschaftsbund Unser Geld, unsere Löhne reichen nicht zum Überleben. Wir müssen unsere Kinder zu den Großeltern schicken, damit sie dort leben. Die ausländischen Firmen sollten die Arbeiterinnen respektieren und einen Lohn zahlen, der zum Leben ausreicht; wir helfen ihnen, Gewinne zu erzielen. Atook, indonesische Arbeiterin

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IGB FRONTLINES-BERICHT FEBRUAR 2014In einem regelrechten Krieg um Lebens- und Arbeitsbedingungen stehen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an vorderster Front. Einkommensungleichheit: Zeit für einen angemessenen und existenzsichernden Lohn.

Internationaler Gewerkschaftsbund

“Unser Geld, unsere Löhne reichen nicht zum Überleben. Wir müssen unsere Kinder zu den Großeltern schicken, damit sie dort leben. Die ausländischen Firmen sollten die Arbeiterinnen respektieren und einen Lohn zahlen, der zum Leben ausreicht; wir helfen ihnen, Gewinne zu erzielen.

”Atook, indonesische Arbeiterin

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3 IGB | FRONTLINES-BERICHT | FEBRUAR 2014

Inhalt1 Einführung ............................................................................................................... 4

2 Ein für den lebensunterhalt notwendiger Mindestlohn ............ 6

3 Die auswirkung von Mindestlöhnen auf Ungleichheit ................ 8

3.1 Der Mindestlohn und seine mögliche auswirkung auf die Beschäftigung ............................................................................................... 9

3.2 Die allgemeine auswirkung von Mindestlöhnen auf lohnstruktur, Produktivität und Inflation ................................................ 10

4 Festsetzung von Mindestlöhnen in Gesetz und Praxis ............. 11

4.1 Internationale arbeitsrechtliche Vorschriften über Mindestlöhne ............................................................................................ 11

4.2 Für die Festsetzung von Mindestlöhnen zuständige Institutionen in der Praxis ............................................................................ 11

5 ländererfahrungen .......................................................................................... 14

5.1 Deutschland ................................................................................................. 14

5.2 Indonesien ..................................................................................................... 18

5.3 Uruguay ........................................................................................................... 21

5.4 USa ..................................................................................................................... 23

5.5 Sambia ............................................................................................................. 27

6 Schlussfolgerungen und Empfehlungen ............................................ 30

7 Quellen ........................................................................................................................ 33

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1. Einführung In fast allen Ländern nimmt die Ungleichheit zu, und die Löhne als Anteil am Wohlstand sind auf einem historisch niedrigen Niveau. Die Arbeitslosigkeit ist auf einem Höchststand. Über 50 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten in gefährde-ten oder prekären Beschäftigungsverhältnissen, und 40 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind gezwungen, im informellen Sektor zu arbeiten, wo es weder Mindestlöhne noch irgendwelche Rechte gibt. Der Zugang zu Gesundheit, einem staatlichen Bildungsangebot, zu Verkehr und allgemein qualitativ hochwertigen öffentlichen Diensten bleibt Menschen, die dafür nicht bezahlen können, im-mer mehr verwehrt. Steuerflucht ist bei großen multinationalen Konzernen weit verbreitet.Die durch die Gier des Finanzsektors verursachte weltweite Fi-nanzkrise hat zwar bereits im Jahr 2008 begonnen, die Nachwir-kungen sorgen jedoch immer noch für instabile Volkswirtschaften und zerstören Arbeitsplätze für erwerbstätige Familien.Ungleichheit ist sowohl ein weltweites ökonomisches Risiko als auch Ursache für die zunehmende Hoffnungslosigkeit, die sich bei vielen Erwerbstätigen weltweit breit macht. Nach Erkenntnissen des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) leben heute die meisten Haushalte in den Entwicklungsländern (über 75 Prozent der Bevölkerungen in diesen Ländern) in Gesell-schaften, in denen die Einkommen noch ungleicher verteilt sind als in den 1990er Jahren.Ein existenzsichernder Mindestlohn ist ein wichtiger Teil der Her-ausforderung, wenn diese Ungleichheit verringert werden soll.Vor fast hundert Jahren, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, erkannten Politiker in aller Welt, dass ein den Lebensunterhalt si-chernder Mindestlohn wichtige Voraussetzung ist für soziale Ge-rechtigkeit und dauerhaften Frieden.In der Präambel der Verfassung der Internationalen Arbeitsorgani-sation (IAO) von 1919 heißt es:„Nun bestehen aber Arbeitsbedingungen, die für eine große Anzahl von Menschen mit so viel Ungerechtigkeit, Elend und Entbehrungen ver-bunden sind, dass eine Unzufriedenheit entsteht, die den Weltfrieden und die Welteintracht gefährdet. Eine Verbesserung dieser Bedingungen ist dringend erforderlich, zum Beispiel durch (…) Gewährleistung eines

zur Bestreitung des Lebensunterhaltes angemessenen Lohnes.“Die Gewerkschaften sind sich einig an drei Fronten, für die es sich zu organisieren gilt:

für einen Mindestlohn, von denen Arbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmer überall in der Welt in Würde leben können;

zur Anhebung von Löhnen, wo ein Mindestlohn existiert und dieser zu niedrig ist, um die Anforderung als existenzsicherndes Einkommen zu bestehen,

sicherzustellen, dass auch tatsächlich alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen gesetzlich verankerten, für den Le-bensunterhalt notwendigen Mindestlohn erhalten.

Neueste Studien deuten darauf hin, dass rund 90 Prozent aller IAO-Mitgliedstaaten irgendeine Form von Mindestlohn haben, wobei allerdings innerhalb dieser Länder nicht jeder Beschäftigte von einem solchen Mindestlohn profitiert.Für den IGB hat das Thema Kampf um einen allgemeinen Zugang zu gerechter Entlohnung eine zentrale Bedeutung.Mit einer wachsenden Ungleichheit innerhalb und zwischen den Nationen ist belegt, dass in der überwältigenden Mehrheit der Länder der Mindestlohn ausreichend ist, damit sich Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer und ihre Familien so grundlegende Dinge wie nahrhaftes Essen, Wohnung, Bekleidung, Gesundheits-versorgung, Bildung und Verkehr leisten können und eine Min-destabsicherung für Notfälle haben.Jeder achte Befragte gab bei der weltweiten Umfrage des IGB 2013 an, finanzielle Schwierigkeiten zu haben und für Lebenshaltungs-kosten wie für Wohnung, Nahrung und Elektrizität nicht mehr aufkommen zu können. Mehr als die Hälfte der Befragten (59 Prozent) sind nicht mehr in der Lage, Geld zu sparen.Dort, wo Länder irgendeine Form von Mindestlohn oder eine Lohnuntergrenze haben, wurde dies auf verschiedene Weisen ein-geführt. Dazu gehören zum Beispiel ein nationaler oder regionaler Mindestlohn, den Regierungen oder ein unabhängiges Gremium eingeführt haben, branchenspezifische Mindestlöhne, die je nach Branche unterschiedlich sind, oder für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer bestimmten Branche, einer Gegend oder einem Land geltende Kollektivvereinbarungen.

IGB FROntlInES BERIChtFEBRUaR 2014

Foto: The All-Nite images

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Die Festlegung eines für den Lebensunterhalt notwendigen Min-destlohns muss sich daran orientieren, was erforderlich ist, um Ar-beitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der Armut zu führen und ihnen ein Leben in Würde ermöglicht. Die Verfassung der IAO fordert einen „zur Bestreitung des Lebensunterhaltes angemesse-nen Lohn”. Dieser muss es ermöglichen, für die Kosten für lebens-notwendige Waren und Dienstleistungen aufzukommen, und er muss regelmäßig an die Preissteigerungen angepasst werden.Die dramatische Zunahme von prekärer Beschäftigung und die verzweifelte Lage des informellen Sektors machen deutlich, dass die Einführung eines für den Lebensunterhalt notwendigen Min-destlohns und die Umsetzung einer solchen Bestimmung wichtiger ist denn je. In zahlreichen Ländern setzen sich Gewerkschaften dafür ein, dass die teilweise unterfinanzierten oder bisweilen kor-rupten Aufsichtbehörden und Arbeitsgerichte diese Bestimmun-gen in die Praxis umsetzen. Diese Aufgabe wird noch schwieriger, wo verschiedene Mindestlohngrenzen für verschiedene Regionen, Berufsgruppen oder Branchen gelten.Unternehmen, konservative Regierungen sowie neoliberale Öko-nomen argumentieren, allerdings ohne stichhaltige Belege, dass eine Anhebung des Mindestlohns Arbeitsplätze vernichte. Tragi-scherweise lassen sich zu viele Regierungen von dieser Sichtweise beeinflussen, mit dem Ergebnis, dass die Ungleichheit jetzt sowohl das Leben erwerbstätiger Familien als auch die wirtschaftliche Sta-bilität gefährdet.Untersuchungen von Mindestlohngegnern enthalten schwere Mängel. Im Endeffekt wird jeder Cent, der gering verdienenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gezahlt wird, durch lo-kale Unternehmen in Schlüsselsektoren wie dem Einzelhandel, der Wohnungswirtschaft, der Nahrungsmittel- und Energiebran-che wieder in die Wirtschaft zurückfließen. Ein Lohnzuwachs für Arme ist gleichbedeutend mit einem Energieschub für die Wirt-schaft, der zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zu mehr Wohl-stand für alle beiträgt. Die weltweite Senkung der Löhne von Beschäftigten gemessen am Bruttoinlandsprodukt hat zu einer massiven Zunahme der Un-gleichheit geführt und muss gestoppt werden. Überdies steht dies im Widerspruch zu den rasant ansteigenden Gewinnen für größe-re Unternehmen, dem Streben nach Shareholder-Value um jeden Preis und dem massiv gestiegenen Reichtum des 1 Prozents der Menschheit, das den größten Teil seines Einkommens aus Investi-tionen in Aktien, Rohstoffen und Immobilien bezieht.Ebenfalls in krassem Widerspruch zum Reichtum der Unterneh-men steht die Tatsache, dass jeder sechste Mensch weltweit als Migrant in einem städtischen Elendsviertel lebt. Wenn sich die Interessen der Wirtschaft wie immer durchsetzen, wird es bis zum Jahr 2030 jeder Dritte sein. Die Umkehr der Einkommensungleichheit erfordert Reformen in zahlreichen Bereichen. Diese umfassen z. B. makroönonomische Strategien, Steuer- und Wohlstandsgerechtigkeit, die Regulierung der Finanzmärkte und Arbeitsmarktpolitik. Dieser Kampf findet an vielen miteinander verknüpften Fronten statt, und ein für den Lebensunterhalt ausreichender Mindestlohn spielt dabei in jedem Land eine wichtige Rolle.Je näher die Feier zum hundertjährigen Bestehen der IAO rückt, desto dringender ist es, dass das Versprechen eines „zur Bestreitung des Lebensunterhaltes angemessenen Lohns“ aus der IAO-Verfas-sung von vor 95 Jahren in allen Ländern eingehalten wird.

Arbeitende Menschen möchten Jobs, menschenwürdige Löhne und sozialen Schutz. Die internationale IGB-Umfrage 2013 hat ergeben, dass 89 Prozent der Menschen für starke Arbeitsgesetze sind, mit denen u. a. ein menschenwürdiger Mindestlohn einge-führt und geschützt wird.In der vorhergehenden Ausgabe des Frontlines-Berichts lag der Schwerpunkt auf Kollektivverhandlungen. Es ist belegt, dass ein umfassendes Kollektivverhandlungssystem wirtschaftlich wün-schenswert ist, und die jüngsten Angriffe auf dieses Grundrecht durch nichts zu rechtfertigen ist. Nationale Kollektivverhandlungs-systeme stellen ein wichtiges Instrument zur Verringerung des Lohngefälles dar. Die katastrophalen wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Zerschlagung von Kollektivverhandlungen sind jetzt offenbar geworden und müssen entschieden angegangen werden. Die vorliegende Ausgabe des Frontlines-Berichts befasst sich mit dem Thema Löhne und Instrumente der Wohlstandsverteilung zur Bekämpfung von Ungleichheit. Sie konzentriert sich auf das Ver-hältnis zwischen einem existenzsichernden Mindestlohn und Ein-kommensungleichheit. Die nächste Ausgabe der Frontlines-Serie hat den Schwerpunkt Sozialer Schutz und leistet einen Beitrag zu den Untersuchungen, die unseren Kampf für Lohngerechtigkeit und die Notwendigkeit eines grundlegenden Sockels des sozialen Schutzes unterstützen sollen.

Sharan Burrow, IGB-Generalsekretärin

Die weltweite wirtschaftliche lageDie jüngsten Erwartungen der Weltbank legen nahe, dass das weltweite Wachstum 2013 von 2,4% auf 3,2% im Jahr 2014 ansteigen wird, wobei die Bank sagt, dass Länder mit hohen Einkommen „nun endlich aus der globalen Finanzkrise her-auszukommen scheinen“. Allerdings sind die Prognosen der in-ternationalen Finanzinstitutionen seit 2010 nacheinander nach unten korrigiert worden, als in zahlreichen Ländern Sparpoli-tik-Maßnahmen eingeführt wurden.Die geschäftsführende Direktorin des Internationalen Wäh-rungsfonds Christine Lagarde sagte kürzlich: “Wir beobachten ein zunehmendes Risiko einer Deflation, das sich für den Auf-schwung als katastrophal erweisen könnte.” Es wird deutlich, dass sich die Weltwirtschaft nicht auf dem Weg des exportgestützten Wachstums erholen kann, den so vie-le Länder beschreiten. Die Binnennachfrage muss gestärkt wer-den, insbesondere bei den Erwerbshaushalten. Im Ausblick auf die Welt-Agenda 2014 sowie im Risikobericht nennt das Welt-wirtschaftsforum Einkommensungleichheiten und strukturelle Arbeitslosigkeit als die schwerwiegendsten Probleme, mit denen die Weltwirtschaft in diesem Jahr konfrontiert ist. So sagt der Global Agenda Council für Beschäftigung des Welt-wirtschaftsforums:“Was als tiefe, aber vorübergehende Krise begonnen hat, wird nun zu einer lang anhaltenden Herausforderung mit ernsthaften Aus-wirkungen auf das soziale Gefüge. Ohne einschneidende politische Veränderungen ist auch für 2014 keine Erholung in Sicht.”Die Einführung eines für den Lebensunterhalt notwendigen Mindestlohns muss ein wichtiger Teil dieser Veränderungen sein.

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2. Ein für den lebensunterhalt notwendiger Mindestlohn Dass die Einkommensungleichheit zu starke Ausmaße angenommen hat und den sozialen Zusammenhalt und die poli-tische Stabilität gefährdet, wird allgemein anerkannt. Ein wichtiges Ziel für die Ge-werkschaftsbewegung ist die Einführung eines existenzsichernden Mindestlohns, der ein menschenwürdiges Leben in allen Ländern ermöglicht. Ein existenzsichernder Mindestlohn, der es Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mern ermöglicht, für alle lebensnotwen-digen Güter für ihre Familien aufzukom-men, hätte eine spürbare Auswirkung auf Armut trotz Erwerbstätigkeit und wird dazu beitragen, die Kluft zwischen den Empfängern der niedrigsten Löhne und den Empfängern von mittleren Einkom-men zu verringern. Die Einführung eines für den Lebens-unterhalt notwendigen Mindestlohns ist insbesondere wichtig für Menschen in prekärer Beschäftigung und für diejeni-gen, die nicht von Kollektivvereinbarun-gen profitieren. Mindestlöhne können dazu beitragen, informelle Arbeiterinnen und Arbeiter, die ja in zu vielen Ländern den Großteil der Erwerbsbevölkerung stellen, in ein reguläres Beschäftigungs-verhältnis zu führen. Außerdem können sie zu weniger Geschlechterungleichheit führen, da die meisten gering verdienen-den Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer normalerweise Frauen sind. Einem jüngsten Bericht der IAO zufol-ge liegt der Unterschied zwischen dem Monatslohn einer kambodschanischen Fabrikarbeiterin und dem ihrer männli-chen Kollegen bei US$ 25. Frauenarbeit ist „billig”.Mindestlöhne können verschiedene For-men annehmen. Einige Länder haben für bestimmte Branchen, Berufe oder sogar geografische Regionen Mindestlöhne eingeführt. In einigen Ländern bietet die Ausdehnung der durch Kollektivverhand-lungen festgelegten Lohnhöhen einen Mindestsatz. Ein nationaler Mindestlohn hat den Vorteil, dass er der Bevölkerung einfach kommuniziert werden kann, was

seine Einhaltung und Durchsetzung ein-facher macht. Dort, wo Gewerkschaften und einige Re-gierungen gemeinsam versuchen, Armut zu bekämpfen und einer zunehmenden Ungleichheit entgegenwirken, ist belegt, dass sich Mindestlöhne bewähren.Positive Erfahrungen mit Mindestlöhnen in einigen Schlüsselländern haben gezeigt, welchen Wert ein existenzsichernder Mindestlohn hat. 1999 hat das Vereinigte Königreich eine politische Wende vollzo-gen und landesweit einen Mindestlohn eingeführt, was sich daraufhin in einem Zuwachs des Realwerts ohne irgendwel-che negativen Folgen für die Beschäfti-gung und mit einer positiven Auswirkung auf Armut niedergeschlagen hat. Einigen Beobachtern zufolge war dies für gefähr-dete Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer im Vereinigten Königreich die wich-tigste Reform in den letzten 15 Jahren. Irland folgte diesem Beispiel und führte im Jahr 2000 einen nationalen Mindest-lohn ein. In Deutschland haben sich die Parteien der Regierungskoalition kürzlich auf die Einführung eines Mindestlohns bis zum Jahr 2015 geeinigt.Schwellenländer wie Brasilien, Südafri-ka, China, Indonesien und Indien haben ebenfalls in den vergangenen zehn Jahren entsprechende Maßnahmen beim Thema Mindestlohn unternommen . 1

Nach einer langen Zeit der Stagnation bzw. des Absinkens des realen Wertes ha-ben Ende der 2000er Jahre einige Indus-trieländer ihre Mindestlöhne angehoben. Abbildung 1 zeigt langfristige Tenden-

zen beim realen Mindeststundenlohn (in Kaufkraftparitäten) für eine Gruppe von Industrieländern. In den meisten Ländern blieben die re-alen Mindestlöhne nach der Ölkrise in den 1970er Jahren gleich, da viele ihre Lohnindizierungsmechanismen abge-schafft haben. Mit über einem Viertel Wertverlust ist in den Vereinigten Staaten zwischen 1980 und 2006 der reale Wert des Mindestlohns dramatisch gesunken. Gegen Ende des letzten Wirtschaftsauf-schwungs (zwischen 2002 und 2007) haben einige Länder begonnen, den Realwert des Mindestlohns anzuheben, und die IAO hat einen Realzuwachs um 5,7% in Ländern, für die Daten verfügbar sind, zwischen 2001 und 2007 bestätigt. 2 Dies erfolgte zeitgleich mit sich verdichtenden Belegen für eine weiter auseinander klaffende Ein-kommensschere. Bedauerlicherweise hat die weltweite Rezession dieses Wiederaufleben des Mindestlohns wieder im Keim erstickt.

abbildung 1: langfristige Entwicklung des realen Mindeststundenlohns in US$-Kaufkraftparität (1970=100)

Quelle: OECD (2013) Mindestlohn-Datenbank.

Ein aktueller Bericht der IaO zeigt eine

monatliche lohndifferenz von 25 US$ zwischen kambodschanischen Fabrikarbeiterinnen

und ihren männlichen Kollegen auf.

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Abbildung 2 zeigt den Angriff auf die langfristige Entwicklung des Mindest-lohns im Verhältnis zum Durchschnitts-lohn für dieselbe Ländergruppe plus Tür-kei und Rumänien.Außer bei Frankreich und Luxemburg ist es deutlich, dass Mindestlöhne in den 1970er und 1980er Jahren nicht entspre-chend den Durchschnittslöhnen gestie-gen sind. Das Nachlassen dieser Tendenz während der 1990er Jahre ist bedingt durch die Stagnation der Durchschnitts-löhne, die wie der Realwert der Mindest-löhne auch nicht angestiegen sind. Abbildung 3 zeigt Veränderungen beim realen Mindestlohn für eine größere Aus-wahl von Ländern zwischen 2008 und 2012. Mit Ausnahme von Spanien und Griechenland konnten die meisten Län-der seit 2008 den Wert ihres Mindest-lohns zumindest beibehalten. Beim Ausbruch der weltweiten Wirt-schaftskrise räumten verschiedene interna-tionale Institutionen ein, dass Mindestlöh-ne eine wichtige Rolle beim Abfedern der negativen Auswirkungen spielten. In ihrer Erklärung über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung verpflichtete sich die IAO im Jahr 2008 zur:„… Entwicklung und Stärkung von Maß-nahmen des sozialen Schutzes – Soziale Sicherheit und Arbeitnehmerschutz –, die nachhaltig und den innerstaatlichen Um-ständen angepasst sind, z. B.: die Auswei-tung der Sozialen Sicherheit auf alle, ein-schließlich Maßnahmen zur Bereitstellung eines Grundeinkommens für alle, die eines solchen Schutzes bedürfen.” 3

Den Schwerpunkt bei Mindestlöhnen bestätigte die IAO noch einmal in ihrem Globalen Beschäftigungspakt von 2009, in dem es heißt: „Die Regierungen sollten Optionen wie

Mindestlöhne in Erwägung ziehen, die Armut und Ungleichheit verringern, die Nachfrage stärken und einen Beitrag zu wirtschaftlicher Stabilität leisten können.” 4

Auch die Europäische Kommission hat in neueren Dokumenten einige hilfreiche Kommentare über Mindestlöhne und Ar-mut abgegeben, wie z. B.: „Bereits vor der Krise war ein Arbeitsplatz nicht immer eine Garantie gegen Armut, und

die Armutsrate trotz Beschäftigung liegt in der EU nach wie vor über 8%. Menschen mit befristeten Arbeitsverträgen und Personen, die in Alleinerziehenden-Haushalten oder Haushalten mit geringer Erwerbsintensität leben, haben ein hohes Risiko, trotz Beschäf-tigung zu verarmen, vor allem in Ländern mit unausgewogener Einkommensverteilung und niedrigen Mindestentgelten. Die Festle-gung von Mindestentgelten in angemessener Höhe kann einen Anstieg der Armutsrate

abbildung 2: langfristige Entwicklung des Mindestlohns im Verhältnis zum Durchschnittslohn (1970=100)

Hinweis: Daten für die reale Entwicklung des Mindestlohns sind für diesen Zeitraum für die Türkei und Rumänien nicht verfügbar. Quelle: OECD (2013) Mindestlohn-Datenbank.

abbildung 3: Prozentuale Veränderung des realen Mindeststundenlohns gemessen in PPP US$ (2008-2012)

Quelle: OECD (2013) Mindestlohn-Datenbank.

In den USa ist der Realwert des

Mindestlohns zwischen 1980 und 2006 drastisch

gefallen. Der Rückgang betrug mehr als ein

Viertel.

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trotz Beschäftigung verhindern helfen und ist ein wichtiger Faktor, um menschenwür-dige Beschäftigungsqualität zu gewährleis-ten.” 5 Dennoch war u. a. die Europäische Kommission eine treibende Kraft hinter dem dramatischen Rückgang der Min-destlöhne in Griechenland. In Ländern wie Portugal, Bulgarien, Rumänien und Spanien unterstützte sie drakonische Ar-beitsmarktreformen und starke Lohnzu-rückhaltung. Der IWF hat zu diesem Thema ebenfalls gemischte Signale ausgesendet. In sei-nem ‘Factsheet’ zu den arbeitsmarktpo-lischen Empfehlungen werden die Leser zunächst daran erinnert, dass „(…) die Artikel der IWF-Satzung die Institution zur Förderung und zum Erhalt eines hohen Beschäftigungsniveaus und Realeinkommens verpflichten.” Wie wichtig der Erhalt von Realeinkom-men ist, gerät allerdings schnell in den Hintergrund, wenn der IWF konkrete Strategien empfiehlt. So heißt es:„Langfristig beeinflussen eine breiter ange-legte Strategie und Institutionen das Funkti-onieren von Arbeitsmärkten und das Ausmaß der Schaffung von Arbeitsplätzen. Häufig sind Veränderungen dieser Politik und dieser Institutionen notwendig, um Wachstum zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen. Solche Veränderungen können politisch umstritten und schwierig umzusetzen sein. So kann es zum Beispiel notwendig sein, Arbeitskosten zu senken.” 6

Die IAO und die Weltbank haben eine Reihe von Strategien zur Bekämpfung der Krise 2008 und 2010 in 77 Ländern untersucht. Dabei wurde deutlich, dass 33 Länder (43%) seit der Rezession den No-minalwert ihres Mindestlohns angehoben haben. In 16 Ländern (21%) ist in diesem Zeitraum ein realer Zuwachs beim Min-destlohn gelungen.

3. Die auswirkung von Mindestlöhnen auf Ungleichheit In der wissenschaftlichen Literatur ist man sich weitgehend darüber einig, dass ein existenzsichernder Mindestlohn bei der Beseitigung von Lohnungleichheit eine Rolle spielen kann. 7 Abbildung 4 ist ein einfaches Streudiagramm. Es stellt das Verhältnis dar zwischen der Höhe des Mindestlohns und dem Ausmaß der Lohnstreuung zwischen den oberen 10% der Lohnempfänger und den unteren 10%. Die Daten deuten auf ein relativ ne-gatives Verhältnis hin, was bedeutet, dass höhere Mindestlöhne dazu beitragen, dass die Einkommensschere zwischen Arm und Reich weniger weit auseinan-der klafft. Die eigentliche Stärke dieses Verhältnisses hängt in der Praxis ab von Faktoren wie Höhe, Erfassungsbreite, Durchsetzung sowie vom Umfang der informellen Wirtschaft und der Form der oberen Hälfte der Lohnstreuung.

Die Auswirkung von Mindestlöhnen auf Armut ist weniger beweiskräftig, zum Teil, weil Armut an sich nur relativ zu erfassen ist. Die Auswirkung hängt also davon ab, wie weit verbreitet Mindestlohnempfän-ger bei den ärmeren Haushalten sind, und wie wirksam Gesetzesvorschriften zum Mindestlohn durchgesetzt werden. Ab-bildung 5 gibt einen guten Hinweis da-rauf, dass der Anteil von erwerbstätigen Armen in zahlreichen Schwellen- und Entwicklungsländern sehr groß ist. Das-selbe gilt auch für die Industrieländer. In ihrem jüngsten Globalen Lohnbericht forderte die IAO ihre 185 Mitgliedstaa-ten dringend dazu auf, ihre Mindestlohn-politik wirksamer umzusetzen, um Armut trotz Erwerbstätigkeit zu verringern. 8 Ein für den Lebensunterhalt notwen-diger Mindestlohn ist ein hervorragen-des Instrument für die Sicherung eines menschenwürdigen Einkommens für Wanderarbeiterinnen und -arbeiter, jun-ge Menschen, Menschen in prekärer Be-schäftigung und für die Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles.

Hinweis: Zu den Ländern gehören Albanien, Argentinien, Armenien, Australien, Aserbaidschan, Belgien, Brasilien, Kanada, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Tschechische Republik, Ecuador, Estland, Frankreich, Griechenland, Honduras, Ungarn, Indonesien (Mindestlohn wurde berechnet als gewogener Mittelwert je Provinz auf Grundlage von Beschäftigten in jeder Provinz), Irland, Israel, Japan, Kasachstan, Republik Korea Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Mexiko, Republik Moldau, Niederlande, Neuseeland, Panama, Peru, Polen, Portugal, Slowakei, Spanien, Türkei, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten, Uruguay und Venezuela.

Quelle: IAO Mindestlohn-Datenbank; die US$-Kaufkraftparitäten sind den Entwicklungsindikatoren der Weltbank entnommen.

abbildung 4: Das Streudiagramm zeigt den nominellen monatlichen Mindestlohn in US$- Kaufkraftparitäten (X-achse), aufgetragen gegen das Verhältnis zwischen dem 9. und dem 1. lohndezil (Y- achse)

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95% der Menschen sind sich einig, dass „alle

Unternehmen, Betriebe und arbeitgeber den arbeitnehmern ganz

gleich wo sie arbeiten ein angemessenes arbeitsentgelt

zahlen sollten“, Weltweite Umfrage des IGB 2013

3.1 Der Mindestlohn und seine mögli-chen auswirkungen auf die Beschäfti-gung

Gegner eines existenzsichernden Min-destlohns argumentieren häufig, dass ge-fährdete Arbeitnehmerinnen und Arbeit-nehmer nicht davon profitieren werden, weil ihre Arbeitsplätze abgeschafft wer-den, sobald Lohnkosten steigen.Diese Schlussfolgerung leitet sich ab aus einem extrem stark vereinfachten Modell von Angebot und Nachfrage, das über Jahrzehnte hinweg einen übermäßig star-ken politischen Einfluss ausgeübt hat. Dieses Modell geht jedoch davon aus, dass Unternehmensleiter keine Kontrolle über die Preise haben, die sie von ihren Kunden verlangen, noch irgendwelchen Spielraum für die Anhebung ihrer Lohnzahlungen haben. Außerdem ignoriert dieses Argu-ment die Tatsache, dass Firmen, die Ge-winn erzielen, auch Macht und Einfluss auf den Markt haben. Das Modell geht außerdem davon aus, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeit-nehmer homogen sind, alle einschlägi-gen Angaben für das Unternehmen und mögliche Arbeitsplätze außerhalb haben und so flexibel sind, dass sie innerhalb des Landes jederzeit sofort an einem neuen

Arbeitsplatz anfangen können. Die reale Welt, in der Familienbindungen Einstellungsentscheidungen beeinflussen können, oder einfache Diskriminierung darüber entscheidet, wer eine freie Stelle bekommt, oder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingeschüchtert werden und Löhne und Bedingungen akzep-tieren, die ihrer Leistung für das Unter-nehmen nicht entsprechen, wird gänz-lich ignoriert. Darüber hinaus wird die Tatsache, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Lohnerhöhungen nutzen, um Lebensmittel, Kleidung und Unter-kunft zu bezahlen und dadurch zusätzli-che Arbeitsplätze geschaffen werden, nie berücksichtigt. In diesem Modell sind Lohnsteigerungen nur zusätzliche Kos-ten für Arbeitgeber und beschleunigen die Inflation. Niemals wird in Betracht gezogen, dass durch eine starke Binnen-nachfrage auch ein schnelleres Wachstum, mehr Produktivität oder bessere Arbeits-bedingungen erzielt werden. Empirische Ergebnisse offenbaren ein anderes Bild. Die beiden US-Wissen-schaftler David Card und Alan Krueger, nutzten die Tatsache, dass in den beiden benachbarten Bundesstaten New Jersey und Pennsylvania die Mindestlöhne un-terschiedlich hoch waren. Die übrigen Bedingungen, die sich auf Beschäftigung auswirken, waren hingegen sehr ähnlich. Sie haben untersucht, was mit den Ar-beitsplätzen in der Fast-Food-Branche passierte, als ein Staat den Mindestlohn erhöhte und der andere nicht. Herausge-funden haben sie, dass ein höherer Min-destlohn eher dazu beigetragen hat, mehr Arbeitsplätze zu schaffen. 9 Daraufhin ha-ben die beiden Autoren, die in den frühe-ren Untersuchungen verwendete Schätz-methode, mit der herausgefunden wurde, dass eine Anhebung des Mindestlohns zu mehr Arbeitslosigkeit führt, stark in Frage gestellt. 10 Die Einführung eines nationalen Min-destlohns im Vereinigten Königreich 1999 und dessen spätere Anpassung bo-ten mehr Daten zur Erforschung des Zusammenhangs zwischen Mindestlohn, Beschäftigung, Armut und Einkommens-ungleichheit. Die Literatur aus dem Verei-nigten Königreich bestätigt ganz eindeu-tig, dass es als Ergebnis der Einführung des Mindestlohns keine größeren negati-ven Auswirkungen auf die Beschäftigung von Niedriglohnempfängern gegeben hat. Vielmehr hat sich der Wohlstand von Geringverdienern und am Arbeitsmarkt

Quelle: IAO (2012) Globaler Lohnbericht 2012/2013, S. 40.

abbildung 5: arme trotz Erwerbstätigkeit als anteil an der gesamten Erwerbsbevölkerung

Arbeiter und Angestellte, die unter der Armutsgrenze von US$ 1,25 pro Tag leben (% der Beschäftigten insgesamt)Arbeiter und Angestellte, die unter der Armutsgrenze von US$ 2 pro Tag leben (% der Beschäftigten insgesamt)

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ausgegrenzten Gruppen verbessert. 11 Die von konservativen britischen Politikern in der Mitte der 1990er Jahre geäußerten Prognosen, dass ein landesweiter Min-destlohn zu massivem Arbeitsplatzabbau führen würde, haben sich als falsch erwie-sen. So schrieb die Niedriglohnkommissi-on des Vereinigten Königreiches: „Es besteht nun zwischen Regierung, Wirt-schaft, Gewerkschaften und Wissenschaftlern ein überraschender Konsens. Alle sind glei-chermaßen der Ansicht, dass die gesetzliche Lohnuntergrenze keine spürbaren negativen Auswirkung gezeitigt hat...Nahezu acht von zehn Unternehmen sind für den Grundsatz einer gesetzlichen Lohnuntergrenze, nur vier Prozent sind dagegen.“ 12

Häufig wird argumentiert, dass kleine Un-ternehmen (die in den meisten Industrie-ländern 60 bis 80% der Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmer beschäftigen) am meisten unter einem Mindestlohn leiden würden und gezwungen wären, ihre Be-triebe zu schließen. In Wirklichkeit hat das Fiscal Policy Institute jedoch herausgefunden, dass US-Staaten mit höheren Mindestlöhnen eine größere Zahl von KMU und Ar-beitsplätzen im Einzelhandel aufwiesen. 13 Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass ein höherer Mindestlohn zu einem stär-keren Wettbewerb außer bei den Löhnen führt, was die Produktivität verbessern und das Wachstum von KMU stärken kann.Untersuchungen in Schwellenländern wie Brasilien, Indonesien, Indien und Südaf-rika machen ebenfalls deutlich, dass der Mindestlohn entweder eine unwesent-liche oder eine positive Auswirkung auf Beschäftigung hat und eine wünschens-werte Auswirkung auf Armut und/oder Einkommensungleichheit. 14 Selbst in der überarbeiteten Arbeitsplät-ze-Studie der OECD von 2006 heißt es:

„Aus der Tatsache, dass in zahlreichen Studi-en kein oder nur ein bescheidener negativer Effekt der Mindestlöhne auf die Beschäfti-gung festgestellt wird, lässt sich auch schlie-ßen, dass Mindestlöhne u. U. als Instrument einer beschäftigungsorientierten Sozialpo-litik eingesetzt werden können, die Armut verringern und zugleich hohe Beschäfti-gungsraten fördern soll.” 15

Ein umfassendes Hintergrundpapier für den Weltentwicklungsbericht der Welt-bank 2013 kam ebenfalls zu dem Schluss, dass sich Mindestlöhne nicht spürbar ne-gativ auf den Arbeitsmarkt auswirken. 16

Darüber hinaus hat eine Studie ergeben, dass Ergebnisse, die zeigen, dass sich hö-here Mindestlöhne negativ auf Beschäfti-gung auswirken, viel regelmäßiger zitiert werden. Ihnen wird in Strategiepapieren auch mehr Bedeutung beigemessen, auch wenn die meisten Studien zu einem nicht schlüssigen Ergebnis führen. 17 Mit dieser Erkenntnis erhärtet sich der Verdacht, dass die Debatten über Mindestlöhne unter Wissenschaftlern und Politikern häufig eher von Ideologie befeuert werden als von konkreten Beweisen. Rund die Hälfte der 118 Länder mit einem festen Mindestlohn haben Ein-zel-Mindestlöhne für junge Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer eingeführt. Hierbei stützen sie sich auf neoliberale Untersuchungen, die nahelegen, dass zur allgemeinen Auswirkung von Mindest-löhnen möglicherweise keine eindeuti-ge Aussage getroffen werden kann, sich Mindestlöhne auf bestimmte Gruppen von Beschäftigten, insbesondere sehr jun-ge oder ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jedoch negativ auswirken. 18

Der Ausschuss der IAO für die Anwen-dung von Normen hat deutlich gemacht, dass ein nur aufgrund des Alters begrün-deter Mindestlohn eine Diskriminierung darstellt und gegen den Grundsatz „glei-cher Lohn für gleiche Arbeit“ verstößt. Er sagt: „Ausschlaggebend für die Festlegung des gezahlten Lohnes sollte die Menge oder die Qualität der geleisteten Arbeit sein.” 19

Die Niedriglohnkommission des Verei-nigten Königreiches hat zwei Studien in Auftrag gegeben, die festgestellt haben, dass ein Mindestlohn keine negative Aus-wirkung auf die Beschäftigung von Ju-gendlichen hat. 20 Reich und Dube haben anhand von komplexen ökonometrischen Analysen die Existenz einer solchen Kau-salität ebenfalls in Frage gestellt. 21

3.2 Die auswirkung von Mindestlöhnen auf die allgemeine lohnstruktur, Produktivität und Inflation Die Einführung eines den Lebensunter-halt sichernden Mindestlohns kann auch Ausstrahlungseffekte auf die Löhne von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern haben, die sich in der Einkommensskala weiter oben befinden. In den neoliberalen Wirtschaftstheorien wird vielfach behauptet, dass sich ein hö-herer Mindestlohn negativ auf die Löhne von Beschäftigten im informelle Sektor auswirke, weil durch ihn die im regulären Sektor verfügbaren Stellen weniger werden und so mehr Menschen gezwungen sind, ihren Lebensunterhalt in der informellen Wirtschaft zu bestreiten. Aufgrund dieses Zuflusses von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in die informelle Wirt-schaft, würden folglich die Löhne sinken. In Wirklichkeit gibt es Belege dafür, dass ein höherer Mindestlohn in der informel-len Wirtschaft eine ähnliche Rolle spielt wie in der regulären Wirtschaft, was ob-jektiv ein Signal dafür ist, dass und um wie viel das Lohnniveau angehoben wer-den muss. Manche Autoren sprechen hier von Signalwirkung. 22 Die neoliberale Theorie will ebenfalls vo-raussehen, dass höhere Mindestlöhne zu höherer Inflation führen, was bedeutet, dass die Realeinkommen für alle sinken. Die Inflationsauswirkungen sind nicht gleichmäßig auf alle Einkommensgrup-pen verteilt. Niedriglohnempfänger müs-sen für ihr bloßes Überleben einen sehr viel höheren Teil ihres Einkommens für Waren des täglichen Bedarfs und Dienst-leistungen ausgeben. In den meisten Situationen, wo der Min-destlohn erhöht wird, steigen die Gesamt-kosten für den Arbeitgeber nur geringfügig, weil die Löhne nur einen geringen Anteil der gesamten Produktionskosten ausma-chen. Empirische Untersuchungen bestäti-gen tendenziell, dass Inflation ein Ergebnis von Druckfaktoren ist, die mit dem Arbeits-markt bzw. mit Veränderungen beim Min-

In ihrem letzten globalen lohnbericht drängte die IaO

ihre 185 Mitgliedsstaaten zu einer effektiveren

Mindestlohnpolitik, um die armut trotz Erwerbstätigkeit

zu reduzieren.

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11 IGB | FRONTLINES-BERICHT | FEBRUAR 2014

destlohn nichts zu tun haben. 23

Darüber hinaus ist es wahrscheinlich, dass eine Anhebung des Mindestlohns zu mehr Harmonie am Arbeitsplatz und zu mehr Loyalität gegenüber dem Unternehmen führt. Wenn es vermieden wird, dass die Geschäftsleitung versucht, sich mit einer Niedriglohnstrategie im Wettbewerb zu be-haupten, dann ist dies ein Anreiz für ande-re die Produktivität steigernde und Kosten senkende Veränderungen. Dies sind bei-spielsweise stärkere Investitionen in Aus-bildung und Qualifikationsentwicklung, verbesserte technologische und Kapitalaus-stattung sowie andere Verbesserungen im Produktionsprozess, die zur Qualitätsstei-gerung des Produkts beitragen. Eine Reihe von empirischen Studien un-terstützt diesen positiven Zusammenhang zwischen Mindestlöhnen und Produktivi-tät. Studien bestätigen die Annahme, dass ein höherer Mindestlohn ein Anreiz für Arbeitgeber sein kann, mehr für Schulun-gen auszugeben. 24 Sutch (2010) kommt zu dem Schluss, dass durch eine Anhebung des Mindestlohns in den USA eine Ka-pitalvertiefung und mehr Qualifikations-bedarf entstanden sind, was für die Men-schen zu einer längeren Schulausbildung geführt hat. 25

4. Festsetzung von Mindestlöhnen in Gesetz und Praxis Mindestlöhne sollen verhindern, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgebeutet werden, und ein menschen-würdiges Leben sicherstellen. Mit dem Begriff „existenzsichernder Lohn“ oder „ein für den Lebensunterhalt notwendi-ger Mindestlohn“ ist diese Hauptfunkti-on des Mindestlohns gemeint, so wie sie in der IAO-Verfassung von 1919 genannt wird. In der Verfassung heißt es, die IAO verpflichtet sich, dazu beizutragen, dass: “… eine Regelung der Löhne und des Ar-beitsverdienstes, der Arbeitszeit und der übrigen Arbeitsbedingungen, die jedermann einen gerechten Anteil an den Früchten des Fortschrittes und allen Arbeitnehmern, die eines solchen Schutzes bedürfen, den lebens-notwendigen Mindestlohn sichert;“ 26

Wiederholt wurde dies in der Erklärung der IAO von Philadelphia 1944 und in

der Erklärung der IAO über soziale Ge-rechtigkeit für eine faire Globalisierung aus dem Jahre 2008. Anerkannt wurde das Recht auf einen existenzsichernden Lohn ebenfalls in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nati-onen von 1948 27 und der Europäischen Sozialcharta von 1961. 28

4.1 Internationale arbeitsrechtliche Vorschriften zum thema MindestlohnDie IAO definiert Mindestlöhne als „das niedrigste gesetzlich oder tariflich festgelegte Lohnniveau”. Dieses muss „rechtskräftig und unter Androhung von Strafen oder sons-tigen geeigneten Sanktionen durchsetzbar sein”. 29 Artikel 3 des Übereinkommens 131 sagt: Mindestlöhne müssen „die Be-dürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmer und ihrer Familienangehörigen unter Berücksichtigung der allgemeinen Höhe der Löhne in dem betreffenden Land, der Lebenshaltungskosten, der Leistungen der Sozialen Sicherheit und des vergleichba-ren Standes der Lebenshaltung anderer sozi-aler Gruppen” berücksichtigt werden.

Konkret definiert wird ein Mindestle-bensstandard in Artikel 5 des Überein-kommens 117 - Übereinkommen über die grundlegenden Ziele und Normen der Sozialpolitik von 1962: „Bei der Be-stimmung des Mindeststandes der Le-benshaltung sind die wesentlichen Fami-lienbedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu berücksichtigen, einschließlich der Nahrung und deren Nährwert, der Wohnung, der Kleidung, der ärztlichen Hilfe und der Schulausbil-dung“. Übereinkommen 131 enthält spezifische internationale Arbeitsrechtsvorschriften über die Institutionen, die Mindestlöhne festlegen.

4.2 Mindestlohn-festlegungs-Institu-tionen in der PraxisDie internationalen Bestimmungen über Mindestlöhne ermöglichen, dass die Re-gierungen bei der Einführung eines Lohn-systems eine wichtige Rolle spielen. In rund 90% der IAO-Mitgliedstaaten, also welt-weit in über 166 Ländern, gibt es ein Sys-tem der Festlegung von Mindestlöhnen. 30

abbildung 6: nominale Monatsmindestlohnhöhe weltweit in US$-Kaufkraftparität (2010/2011)

Hinweis: In Ländern, in denen mehr als ein Mindestlohn gilt, beziehen sich die Daten auf die höchste Auswirkung im Hinblick auf Reich-weite oder auf den Durchschnitt der relevantesten Mindestlöhne, sollte es starke Unterschiede geben.

Quelle: IAO (2013) Globale Lohndatenbank, Entwicklungsindikator der Weltbank für US$ Kaufkraftparität; eigene Berechnung des Verfass-ers.

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12 IGB | FROntlInES-BERICht | FEBRUaR 2014

Die praktische Auswirkung von Mindest-löhnen ist von verschiedenen Faktoren abhängig.Die wichtigsten Faktoren, die bei der Fest-legung der Höhe des Mindestlohns berück-sichtigt werden müssen, so haben Eyraud und Saget herausgefunden (2005), sind Inflation bzw. Lebenshaltungskosten, die allgemeine wirtschaftliche Situation und das Lohnniveau. Weitere Faktoren sind die Zahlungskräftigkeit von Unternehmen sowie die Leistungen zur sozialen Absiche-rung. 31 Abbildung 6 beschreibt die Verteilung der Mindestlohnhöhen gemessen in USD-Kaufkraftparitäten für Ausgewähl-te Länder weltweit, zwischen 1,755 US$ in Luxemburg und 31 US$ in Kirgisistan. Abbildung 7 zeigt, dass die meisten Min-destlöhne niedrig sind, und dies nicht nur bei Messung in absoluten Zahlen.Auch wenn Mindestlöhne im Verhältnis zum Durchschnittslohn (vgl. Abbildung 8) betrachtet werden, sind sie in den meisten Ländern zu niedrig, und spiegeln nicht die tatsächlichen Lebenshaltungs-kosten wider. Ungefähr 60% der 77 un-tersuchten Länder haben einen Mindest-lohn, der bei 40% des Durchschnittslohns oder darunter liegt. Anker (2011) argumentiert, dass die Fak-toren zur Festlegung eines Mindestlohns nicht subjektiver sind als die bei der Mes-sung von Armut, Arbeitslosigkeit und Volkseinkommen verwendeten Fakto-

ren. 32 Wissenschaftler am MIT haben eine sehr detaillierte Berechnung eines existenzsichernden Lohns in den Verei-nigten Staaten für verschiedene Familien-größen und Städte vorgenommen. 33

Dabei sollten so wesentliche Dinge wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Familien berücksichtigt werden. Mit enthalten sind dabei auch Ausgaben

abbildung 9: Mindestlöhne und sozialer Dialog (anteil der länder, für die Informationen verfügbar sind)

Quelle: Patrick Belser and Kristen Sobeck (2012) At what level should countries set their minimum wage?, International Journal of Labour Research, vol. 4, issue 1, S. 108.

abbildung 7: höhe der Mindestlöhne (2009 oder das letzte Jahr, US$ Kaufkraftparität, IaO) von 120 ländern (Prozentsätze)

Quelle: Sangheon Lee (2012) „Varieties of minimum wage system” through the dubious lens of indicator-based rankings, International Labour Review, Vol. 151, Nr. 3, S. 265.

abbildung 8: Verhältnis von Mindest- und Durchschnittslöhnen (IaO) in 77 ländern (Prozentsätze)

Quelle: Sangheon Lee (2012) „Varieties of minimum wage system“ through the dubious lens of indicator-based rankings, International Labour Review, Vol. 151, Nr. 3, S. 265.

Die vorhandenen Belege zeigen, dass ein höherer

Mindestlohn in der informellen Wirtschaft

eine ähnliche Rolle spielt wie in der formellen

Wirtschaft. Er stellt ein objektives Signal dar, dass das lohnniveau

steigen muss, und liefert einen hinweis darauf, um

wie viel.

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für Medikamente, Transport, Bildung sowie Ersparnisse für die Zukunft, die innerhalb einer vertretbaren Arbeitszeit erreichbar sein sollten. 34 Gut funktionierende Mindestlohnsys-teme sind vorwiegend abhängig von der Qualität von Institutionen, einem konti-nuierlichen Dialog sowie vom Engage-ment der beteiligten Partner. Eyraud und Saget (2005) analysieren die Unterschiede zwischen den einzelnen Lohnfindungsmechanismen. Sie unter-scheiden vier Kategorien je nach Beteili-gung der verschiedenen Akteure (Regie-rung versus Tarifpartner) und nach ihrer Flächendeckung (national/regional versus branchenspezifisch/berufsspezifisch). 35

In den meisten Ländern wird der nati-onale oder regionale Mindestlohn von der Regierung oder einem dreigliedrigen Gremium festgelegt. Dies schließt jedoch eine weitere Lohnfindung über dem Min-destlohn durch Kollektivvereinbarungen nicht aus. Anderswo legen Regierung oder ein dreigliedriges Gremium verschiedene branchenspezifische und/oder berufsspe-

zifische Mindestlohnsätze fest. Dieses System findet sich am zweithäufigsten insbesondere in Entwicklungsländern, vor allem in Lateinamerika und den ehemali-gen britischen Kolonien. 36 Die dritte Kategorie, in der nationale Mindestlöhne durch Kollektivverhand-lungen festgelegt werden, kommt am we-nigsten häufig vor. Für bestimmte Bran-chen oder Berufe können höhere Sätze vereinbart werden. Die vierte Kategorie, in der verschiede-ne Mindestlöhne durch Kollektivver-handlungen festgelegt werden, kommt am zweitseltensten vor und erfordert eine gut entwickelte „Kollektivverhand-lungs-Landschaft“. Zu dieser Gruppe ge-hören Länder wie Deutschland, Namibia, Italien, Finnland, Norwegen, Schweden und Österreich. Damit dieses System wirksam ist, ist eine breite allgemeine Ta-rifbindung notwendig.Von allen Ländern, für die Informationen vorlagen, werden in 13% die Mindest-löhne ohne Abstimmung festgelegt, in 11% nach direkter Abstimmung mit den Sozialpartnern, und in 45% nach der Ab-

stimmung oder nach Empfehlungen eines spezifischen dreigliedrigen Gremiums. In 16% der Länder entscheidet ein spe-zifisches Gremium mit einer dreiglied-rigen Struktur unabhängig, und in 14% der Länder entscheiden die Sozialpartner ohne staatliche Mitwirkung. 37

Geschäftsleitungen daran zu hindern, über eine niedriglohnstrategie

miteinander zu konkurrieren, bietet

einen anreiz für andere Veränderungen, die die

Produktivität steigern oder die Kosten senken.

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5. Erfahrungsbe-richte aus unterschiedlichen ländern

Deutschland, Indonesien, Uruguay, USA, Sambia

Diese Länderprofile aus Deutschland, Indonesien, Uruguay, den USA und Sam-bia zeigen die Funktionsweise länderspe-zifischer Mindestlohnsysteme und ihre jeweiligen Stärken und Schwächen. Die wichtigsten Zutaten für einen Mindest-lohn, von dem man als Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmer leben kann, sind politischer Wille und eine starke Beteili-gung der Gewerkschaften.

5.1 Deutschland In den letzten Jahren wurde Deutschland von der Europäischen Kommission, dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) und neoklassischen Ökonomen als Vor-bild hingestellt, wenn diese anderen euro-päischen Ländern Vorträge über Arbeits-marktreformen und die Notwendigkeit von Lohnsenkungen zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit hielten. Wie wir jedoch im letzten Front-

lines-Bericht gesehen haben, sind die of-fiziellen Arbeitslosenquoten in Deutsch-land zwar niedrig; die Gesamtleistung des Arbeitsmarktes jedoch ist deutlich weniger eindrucksvoll. Die Schaffung

neuer Arbeitsplätze konzentriert sich vor allem auf verschiedene Formen prekärer Beschäftigung. Im aktuellen, regierungs-freundlichen Armuts- und Reichtums-bericht wird festgestellt, dass die prekäre Beschäftigung infolge der Hartz-Refor-men Anfang bis Mitte der 2000er Jahre von rund 20% der Gesamtbeschäftigung im Jahr 2000 auf über 25% im Jahr 2011 zugenommen hat. 38

abb. 10: Entwicklung der Quintil-anteile am verfügbaren Volkseinkommen

Quelle: Europäische Kommission: Eurostat-Datenbank (EU-SILC), 2013

Die Zahl der Beschäftigten, die zwei Beschäftigungs-

verhältnisse ausüben müssen, um über die

Runden zu kommen, hat sich in den Jahren 2000-

2012 auf drei Millionen arbeitnehmerinnen und

arbeitnehmer verdoppelt.

Foto: DGB - Claudia Falk

5. Quintil4. Quintil3. Quintil2. Quintil1. Quintil

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15 IGB | FRONTLINES-BERICHT | FEBRUAR 2014

abb. 11: Entwicklung der Brutto-Realeinkommen vollzeitbeschäftigter arbeitnehm-erinnen und arbeitnehmer nach Dezilen, 2007-2011

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Lebenslagen in Deutschland. Armuts- und Reichtumsberichterstattung der Bundesr-egierung, März 2013, S. XXIV

Von 2000 bis 2012 ging die Anzahl der vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um 1,44 Millionen zurück, während die Zahl der Teilzeitstel-len um 3,12 Millionen zunahm. Dadurch hat sich der Anteil der Beschäftigten in Teilzeitarbeitsverhältnissen um mehr als sieben Prozentpunkte auf 34,4% erhöht. Die Anzahl der Beschäftigten, die zwei Beschäftigungsverhältnisse ausüben müs-sen, um über die Runden zu kommen, hat sich im selben Zeitraum auf drei Millio-nen Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer verdoppelt. 39 Dieser Trend ist auch am wachsenden Anteil der unfreiwillig Teilzeitbeschäftigten erkennbar. Im Jahr 2000 betrug dieser 10,6%. Im Jahr 2008 hatte sich der Wert fast verdoppelt und lag nun bei 20,8%. 40 Die Zahl der nicht sozialversicherten Minijobs war bis 2012 auf 7,4 Millionen gestiegen. 41 Dieser Wandel von der Vollzeitbeschäftigung hin zu atypischen Arbeitsformen spiegelt sich auch im Umfang der Arbeitsstunden wieder. Zwischen 2000 und 2012 sank das Gesamtarbeitsvolumen um mehr als 98 Millionen Arbeitsstunden. 42 Infolgedessen hat sich die Ungleichheit in Deutschland drastisch erhöht. Der Anteil des von den reichsten 10% der Be-völkerung gehaltenen Privatvermögens (Immobilien, Sparguthaben, Aktien- und Anleiheportfolios sowie sonstige Vermö-genswerte) erhöhte sich von 45% im Jahr 1998 auf 53% im Jahr 2008. Im selben Zeitraum schrumpfte das von den ärmsten 50% der Bevölkerung gehaltene Privatver-mögen von dem bereits äußerst niedrigen Wert von 3% auf bloße 1%. 43 Während des letzten Jahrzehnts waren die Einkom-men der Armen und der Mittelschicht in Deutschland so niedrig, dass diese auf ihre Ersparnisse zurückgreifen mussten, nur um zu überleben. Die Sparquote der untersten 70% der Einkommensverteilung ist zwischen 2001 und 2011 kontinuierlich gefallen. Im Gegensatz hierzu haben die

abb. 12: anteil der niedriglohnempfänger an der Gesamtheit der arbeitnehmerinnen und arbeitnehmer (ohne lehrlinge) in europäischen ländern

Quelle: Europäische Kommission: Eurostat-Erhebung zur Einkommensstruktur, 2013

65% aller Deutschen sagen, dass die Gesetze keinen

ausreichenden Schutz für faire löhne bieten.

(Weltweite Umfrage des IGB 2013)

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16 IGB | FROntlInES-BERICht | FEBRUaR 2014

reichsten 10% der Bevölkerung ihre Spar-quote von 30,3% im Jahr 2001 auf 37,9% im Jahr 2011 erhöht. 44

Die viel beachteten Arbeitsmarktrefor-men Anfang bis Mitte der 2000er Jah-re haben zu einem steilen Anstieg der Einkommensungleichheit geführt. Der Gini-Koeffizient stieg um mehr als vier Prozentpunkte von 26,1 im Jahr 2005 auf 30,4 im Jahr 2007 und verharrt seit-dem in Nähe dieses erhöhten Standes. 45 Unmittelbar vor Ausbruch der Welt-wirtschaftskrise erhöhte sich die Ein-kommensungleichheit in Deutschland rapide. Abbildung 10 zeigt, dass das verfügbare Einkommen der reichsten 20% der Deutschen als Anteil am Ge-samteinkommen von 35,9% im Jahr 2005 auf 38,9% im Jahr 2007 stieg. Im selben Zeitraum sank das verfügbare Einkom-men der ärmsten 20% von 9,5% vom Gesamteinkommen auf 7,8%. Angesichts der Tatsache, dass dieser Zeitraum durch ein robustes Wirtschaftswachstum ge-kennzeichnet war, spiegelt die Zunahme der Einkommensungleichheit wichtige strukturelle Fehlstellungen bei der Ver-teilung der Früchte dieses Wachstums wider. Der sich anschließende Zeitraum von 2007 bis 2011 war von Turbulenzen an den Finanzmärkten geprägt, sodass die Einkommensungleichheit vor allem auf-grund der verringerten Kapitalerträge für die Reichen stagnierte.Im letzten Jahrzehnt sind die Einkommen der reichsten Deutschen trotz der Auswir-

kungen der Finanzkrise schneller gewach-sen als die der Armen. Während die Ein-kommen der reichsten 10% der Haushalte (nach Steuern und Transferleistungen) im Jahr 2000 5,9-mal höher waren als die der ärmsten 10%, war dieser Wert bis 2010 auf das 6,7-fache gestiegen. 46

Zugleich stieg die Ungleichheit bei Löh-nen und Gehältern in Deutschland sogar noch stärker als bei den verfügbaren Ein-kommen. Abbildung 11 zeigt Trends bei den Realeinkommen vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seit 2007. Für die große Mehrheit sind die Realeinkommen während dieses Zeit-raums gesunken oder stagnierten, wobei niedrig bezahlte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehr ausgeprägte Rückgän-ge hinnehmen mussten. So sanken etwa

die Realeinkommen der Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmer in den untersten 10% der Lohn- und Gehaltsempfänger in nur vier Jahren um über 6%. Unter den EU27-Ländern hatte Deutsch-land 2010 den siebthöchsten Anteil an Niedriglohnempfängern (s. Abbildung 12). Mehr als ein Fünftel aller Lohn- und Gehaltsempfänger erzielten weniger als zwei Drittel des mittleren Volkseinkom-mens von 10,30 € pro Stunde. 47 Da in der Erhebung nur Unternehmen mit zehn oder mehr Beschäftigten berücksichtigt wurden, ist der Anteil der Niedrigloh-nempfänger in Wahrheit noch deutlich höher und liegt Schätzungen zufolge bei 24% oder mehr als acht Millionen Men-schen. 48

Das Arbeitsvolumen im Niedriglohnsek-tor ist ebenfalls frappierend. Im Jahr 2010 waren fast die Hälfte der Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer im Niedrig-

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB)

tritt gemeinsam mit der SPD für einen

landesweiten Mindestlohn von 8,50 €

pro Stunde ein. Die jüngste Bekanntgabe

einer Einigung der Regierungsparteien,

diesen bis 2015 einführen zu wollen, ist

eine gute Nachricht.

aKtUEllES:laut Schätzungen würde ein Mindestlohn die

Konsumausgaben um etwa 19 Milliarden €

jährlich erhöhen, ohne negative auswirkungen

auf die Beschäftigung zu haben.

abb. 13: niedriglohnbeschäftigte nach unterschiedlichen Bruttostundenlohn-niveaus, ausgedrückt als (zusätzlicher) Gesamtanteil aller arbeitnehmerinnen und arbeitnehmer

„Die Menschen in Deutschland, die das Land

am Laufen halten und seinen Wohlstand

erzeugen, haben ihren fairen Anteil verdient.“

Foto: IGB

Michael Sommer, DGB - Vorsitzen-der und IGB - Präsident

Quelle: Thorsten Kalina und Claudia Weinkopf: Niedriglohnbeschäftigung 2011: Weiterhin arbeitet fast ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland für einen Niedriglohn, IAQ-Report 2013-01, Institut Arbeit und Qualifikation, Duisburg 2013, S. 10

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17 IGB | FRONTLINES-BERICHT | FEBRUAR 2014

lohnsektor Vollzeitbeschäftigte; 22% wa-ren Teilzeitbeschäftigte und 30% hatten einen Minijob oder ein sehr kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis. Vollzeitbe-schäftigte im Niedriglohnsektor arbeiten durchschnittlich 45 Stunden pro Woche, und ein Viertel arbeitet 50 Stunden oder mehr. Der durchschnittliche Nettolohn eines Niedriglohnbeschäftigten beträgt 5,30 € pro Stunde (oder 992 € pro Mo-nat), während ein Viertel 4,70 € oder we-niger pro Stunde verdient. 49 Die Lohnuntergrenze ist in Deutschland von Tarifverträgen und den Mindestlöh-nen für bestimmte Regionen oder Berufe abhängig. Zum Abfassungszeitpunkt die-ses Textes schwankten die Mindestlöhne zwischen 7,00 € pro Stunde für Wäscher-eidienstleistungen in Ostdeutschland und 13,70 € pro Stunde für LKW-Fahrer und Maschinenarbeiter im Westen. 50

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wirbt gemeinsam mit der SPD für einen landesweiten Mindestlohn von 8,50 € pro Stunde.Für einen alleinstehenden Vollzeitbe-schäftigten (der im Monat 180 Stunden arbeitet) entspricht dies einem monatli-chen Bruttogehalt von 1.530 € und einem geschätzten Nettogehalt von rund 1.100 €. Laut einer von den deutschen Gewerk-

schaften durchgeführten Studie würden hiervon mehr als neun Millionen Men-schen profitieren, die derzeit für weniger als 8,50 € pro Stunde arbeiten. Dies sind mehr als 20% der gesamten Erwerbsbe-völkerung (s. Abbildung 13). Laut Schät-zungen würde dies die Konsumausgaben um etwa 19 Milliarden € jährlich erhöhen, 51 ohne dass dies negative Auswirkungen auf die Beschäftigung hätte. 52

Ein nationaler Mindestlohn von 8,50 € würde zudem zu erheblichen Einsparun-gen führen. Im Juli 2013 gab es 4,45 Mil-lionen Sozialhilfeempfänger, und von die-sen standen 1,3 Millionen (fast 30%) in einem Beschäftigungsverhältnis. Die So-zialleistungen für erwerbstätige Personen würden mit Einführung eines nationalen Mindestlohns erheblich zurückgehen. Etwa 25% der abhängig beschäftigten Sozialhilfeempfänger haben eine Voll-zeitbeschäftigung, und weitere 18% sind teilzeitbeschäftigt. Die häufigsten Tätig-keiten unter derartigen Arbeitnehmern sind Reinigungsdienstleistungen und An-stellungen in Hotels und Restaurants. 53 Diese „subventionierten Beschäftigungs-verhältnisse“ haben eine derart extreme Ausbeutung verursacht, dass bereits deut-sche Gerichte angerufen wurden, um über das Niveau zu befinden, ab dem Löhne sittenwidrig werden. Ein Restaurant zahl-te seinen Beschäftigten jahrelang einen Stundenlohn von rund 1,32 €, während diese staatliche Zuschüsse erhielten, um ihnen ein Existenzminimum zu gewähr-leisten. Die Wahrnehmung, dass die Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer auf dem deutschen Arbeitsmarkt ausgebeutet wer-den, hat sich inzwischen weit über die Gewerkschaftsbewegung hinaus verbrei-tet. Im Vorfeld der Bundestagswahlen im September 2013 berichtete die Financial

Times über die zunehmende Verbreitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland und das Versäumnis der konservativen Parteien, sich dieses The-mas anzunehmen. 54

Lebensmitteldiscounter haben sich in Deutschland inzwischen zu einer der wachstumsstärksten Branchen entwickelt. Dies spiegelt die angespannte Finanzlage wider, unter der die meisten Arbeitneh-merfamilien leiden. 55 Der Bundesverband Deutsche Tafel e. V., der Grundnahrungs-mittel und Waren des täglichen Bedarfs für Bedürftige sammelt, vermeldet eine drastische Zunahme in der Zahl jener, die dort um Hilfe bitten. In seinem Jah-resbericht 2012 gab der Verein an, dass pro Woche etwa 1,5 Millionen Menschen eine seiner landesweit 906 Einrichtungen besuchen. Die meisten davon sind Allein-erziehende, Rentner, Migranten oder Ar-beitslose, aber es sind auch immer mehr Niedriglohnempfänger dabei, die einfach nicht mehr über die Runden kommen. Auch eine wachsende Anzahl von Kin-dern ist von Wohlfahrtseinrichtungen abhängig. Fast ein Drittel aller Hilfsemp-fänger in einem der reichsten Länder der Welt sind Kinder. 56

Vollzeitbeschäftigte im niedriglohnsektor

arbeiten durchschnittlich 45 Stunden pro Woche, und ein Viertel arbeitet 50 Stunden oder mehr.

96% aller Deutschen würden einen gesetzlich verankerten Mindestlohn

begrüßen. (Weltweite Umfrage des IGB 2013)

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18 IGB | FROntlInES-BERICht | FEBRUaR 2014

5.2 IndonesienDie indonesische Volkswirtschaft erwies sich im Gefolge der Weltwirtschafts-krise von 2008 als widerstandsfähig und verzeichnete bis vor kurzem ein robustes Wirtschaftswachstum (über 6% in allen Jahren außer 2009). Ein sehr zielgerich-tetes Programm von Steuerimpulsen und die relativ geringe Abhängigkeit vom Ex-portsektor trugen zu dieser soliden Ent-wicklung bei. Infolgedessen stieg das BIP pro Kopf (in Preisen von 2005) um 60% von 1.086 US$ im Jahr 2000 auf 1.731 US$ im Jahr 2012. Allerdings verteilten sich die Früchte die-ses starken Wachstums nicht gleichmäßig. Die Einkommensungleichheit, gemessen durch den Gini-Koeffizienten, stieg deut-lich von 29,7 Punkten im Jahr 2002 auf über 38 Punkte im Jahr 2011. 57 Die sich verstärkende Einkommensungleichheit spiegelt sich auch in der Entwicklung der Einkommensanteile von Gruppen an un-terschiedlichen Punkten entlang der Ein-kommensverteilung wider (s. Abbildung 14). Der Einkommensanteil der reichsten 20% stieg von 38,9% im Jahr 1999 auf

46% im Jahr 2011, während der Einkom-mensanteil der nächstreichsten Gruppe stagnierte und die ärmsten 60% der Be-völkerung ein Schrumpfen ihres Anteils an den Einkommen hinnehmen mussten. Auch wenn es aussieht, als hätte es bei der Verringerung der Armut Fortschritte ge-

geben, steht die Genauigkeit der offiziel-len Daten zur Debatte, 58 da die nationale Armutsgrenze noch unter dem von der Weltbank angesetzten äußerst niedrigen internationalen Schwellenwert von 1,25 US$ pro Tag liegt. 59 Indonesien wurde durch die asiatische

Foto: Ikhlasul Amal

abb. 14: Einkommensanteile verschiedener Quintile in Prozent (1999-2011)

Quelle: Weltbank: Weltentwicklungsindikatoren, 2013

Einkommensanteil der reichsten 20% (80%-100%)Einkommensanteil der mittleren 20% (40%-60%) Einkommensanteil der ärmsten 20% (0% -20%)

Einkommensanteil der zweitreichsten 20% (60%-80%)Einkommensanteil der zweitärmsten 20% (20%-40%)

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19 IGB | FRONTLINES-BERICHT | FEBRUAR 2014

„Wir kämpfen bloß für etwas Gerechtigkeit.

Unsere Anstrengungen verfolgen das Ziel,

dass die Arbeitgeber bessere Arbeitsplätze

zur Verfügung stellen und den Arbeitern

angesichts des hohen Wirtschaftswachstums

von sechs Prozent einen ordentlichen Lohn

zahlen.“ 69

Foto: Sebastiaan ter Burg

Said Iqbal, Chairman, Confederation of Indonesian Workers Union (KSPI)

Währungskrise der Jahre 1997/1998, die zu einer humanitären Krise und sozialen Unruhen führte, schwer getroffen. Die Regierung war gezwungen, einen Kredit beim Internationalen Währungsfonds aufzunehmen, und die mit diesem Kredit verbundenen Bedingungen erforderten umfassende Strukturreformen, die zu ei-ner erheblichen Armutszunahme führten. 60 Die Zahl der Menschen, die pro Tag mit weniger als 2 US$ auskommen müssen, stieg von 1996 bis zum Jahr 2000 um 25 Millionen. 61 Eine weitere Folge der Krise war die Dezentralisierung der politischen Macht auf Bezirks- und Kommunalebe-ne. Da die natürlichen Ressourcen und die Qualität der Infrastruktur innerhalb des riesigen Landes ungleich verteilt sind, führte dies zu einer noch ungleicheren

Verteilung der Armut zwischen den ver-schiedenen Regionen (s. Abbildung 15).Der indonesische Arbeitsmarkt hat sich seit den 1990er Jahren drastisch verän-dert. Im vergangenen Jahrzehnt wuchs die Bevölkerung um 22% oder rund 45 Millionen Menschen, während zugleich die Arbeitslosigkeit bis 2011 auf 6,6% fiel und sich die Beschäftigungsquote auf 63,1% im Jahr 2012 erhöhte. Der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer in prekären Beschäftigungsverhält-nissen sank zwischen 1998 und 2011 um 8,2 Prozentpunkte auf 57,2%, ist aller-dings in Anbetracht des starken Wachs-

tums der letzten Jahre noch immer sehr hoch. Die überwiegende Mehrheit der prekär Beschäftigten waren selbstständi-ge Arbeiterinnen und Arbeiter oder mit-helfende Familienangehörige. Der Anteil der Arbeiter im informellen Sektor be-trug 2009 als Prozentsatz der nicht in der Landschaft tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 61,6% und hat sich in den letzten Jahren kaum verändert. 62 Angesichts dieser uneinheitlichen wirt-schaftlichen Trends ist die Debatte über einen Mindestlohn in den letzten Jahren in den Fokus der Gewerkschaften gerückt. Indonesien hat keinen landesweiten Me-chanismus zur Festlegung eines Min-destlohns. Mindestlöhne werden durch die Provinzen oder auf Bezirks- oder

Kommunalebene festgelegt, wo Lohnaus-schüsse die Preisentwicklung beobachten. Einmal im Jahr geben diese Ausschüsse nach Stellungnahmen der Sozialpart-ner und von Experten eine Empfehlung gegenüber dem örtlichen Bürgermeister oder Gouverneur ab, der dann über die Mindestlohnanpassungen auf allen Ebe-nen entscheidet. In städtischen Gebieten wie Jakarta, Surabaya und Medan sind für bestimmte Berufe ebenfalls Mindestlöh-ne festgesetzt. 63

Gegenwärtig liegt der monatliche Min-destlohn in einer Spanne zwischen 830.000 Rupien (76 US$) in Westjava und 2.200.000 Rupien (201 US$) in Ja-

karta. In den Jahren 2012/2013 stieg der Mindestlohn um durchschnittlich 18,3%, ein erheblich stärkerer Anstieg als im Vor-jahr (10,3%). Die Steigerungen variierten je nach Region beträchtlich, und zwar von 3,4% in West-Sulawesi bis zu 48,9% in Ost-Kalimantan. 64 Inflationsraten von 5,4% im Jahr 2011 und 4,3% im Jahr 2012 bedeuteten, dass die reale Wirkung dieser Erhöhungen recht dramatisch war 65 und eine bedeutende Leistung der indonesi-schen Gewerkschaftsbewegung darstellte. Im Jahr 2010 stiegen die durchschnitt-lichen Reallöhne um 6,4% auf 118 US$ monatlich, nachdem sie in den Vorjahren nur unbedeutend zugelegt hatten oder so-gar rückläufig waren. 66

Allerdings bleibt die Einhaltung des Mindestlohns ein ernstes Problem. Die Regierung hat angekündigt, sie würde die jüngste Mindestlohnerhöhung in Jakar-ta in Bezug auf KMUs, die in Anspruch nahmen, in wirtschaftlichen Schwierig-keiten zu sein, nicht durchsetzen. Artikel

94% aller Indonesier sind für einen Mindestlohn. (Weltweite Umfrage des IGB 2013)

Quelle: Riyana Miranti, Yogi Vidyattama, Erick Hansnata, Rebecca Cassells und Alan Duncan: Trends in Poverty and Inequality in Decen-tralising Indonesia, OECD Social, Employment and Migration Working Papers, Nr. 148, OECD Publishing, Paris 2013, S. 23

abb. 15: armutsraten nach Provinzen (in%), 2010

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90 des Arbeitsgesetzes 13/2003 erlaubt es Arbeitgebern, die Zahlung von Mindest-löhnen für einen gewissen Zeitraum zu verzögern, wenn sie sie sich nicht leisten können. 67 Über 490 Unternehmen ha-ben entsprechende Befreiungen von den jüngsten Anpassungen beantragt, und zu denen, die die Genehmigung zur Vermei-dung des neuen Mindestlohns erhielten, gehörten fünf große Textilunternehmen in Jakarta. 68 Die Arbeitgeber behaupteten, dass diese jüngsten Erhöhungen des Mindestlohns ausländische Investoren abschrecken und das Wachstumspotenzial und die Beschäftigungschancen verringern wür-den. Ökonomen zweier multinationaler Großbanken (UBS und Deutsche Bank) haben diese Behauptungen jedoch be-stritten. Die Deutsche Bank argumen-tierte, dass es im Herbst 2012 nach der Mindestlohnerhöhung ein starkes Be-schäftigungswachstum in den städtischen Gegenden gegeben habe und dass die aus-ländischen Investitionen 25% höher als erwartet ausgefallen seien. Eine wichtige Quelle ausländischer Investitionen sind die Automobilunternehmen, die ihre Be-schäftigung ausweiten und ihre Technolo-gie aufrüsten. 70 Die bestehenden Textil-

unternehmen haben durch einen höheren Bekleidungsabsatz ebenfalls von steigen-den Löhnen profitiert und begonnen, in den städtischen Gegenden neue Geschäf-te zu eröffnen. Und auch der öffentliche Sektor hat von steigenden direkten und indirekten Steuereinnahmen profitiert. 71

Die aktuelle Mindestlohnrunde wird von Diskussionen über steigende Inflation und insbesondere höhere Treibstoffpreise bestimmt. Die indonesischen Gewerk-schaften haben eine Erhöhung von 50% gefordert, während die Arbeitgeber 20% vorgeschlagen haben. 72

Die jüngsten gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen legen eine Zunahme der wirtschaftlichen Unsicherheit nahe. Dies jedoch ist überwiegend auf externe Fak-toren zurückzuführen, darunter der An-kündigung der US Federal Reserve, dass sie anfangen würde, ihre Maßnahmen im Rahmen der quantitativen Lockerung zurückzufahren. Dies hat zu erheblichen Kapitalabflüssen und einem deutlichen Einbruch des Wechselkurses der indone-sischen Rupie gegenüber dem US-Dollar geführt. Es hat zugleich einen 23%igen Kursrückgang an der indonesischen Börse sowie einen Rückgang der Devisenreser-ven um 18% in den letzten Monaten ver-ursacht. Der Rückgang des Wechselkurses bedeutet, dass sich die Importe verteuern, und dies zu einem Zeitpunkt, wo die in-donesischen Exporte von der Konjunk-turverlangsamung in China in Mitleiden-schaft gezogen werden. Infolgedessen hat sich der indonesische Handelsüberschuss in sein Gegenteil verkehrt, und das Land steht nun vor einem beträchtlichen Zah-lungsbilanzdefizit, das sich im Juli 2013 auf 2,3 Milliarden US$ belief. Die Inflati-on steigt aufgrund der gesunkenen Treib-

stoffsubventionen, eines fallenden Wech-selkurses und gestiegener Importpreise. Alle diese gesamtwirtschaftlichen Fakto-ren beleuchten die Bedeutung einer aus-gewogenen Wachstumsstrategie, die die Produktion diversifiziert und den Bin-nenmarkt stärkt. Unter den gegenwärti-gen Bedingungen leiden in erster Linie die indonesischen Armen, während die Unternehmen und die Reichen US-Dol-lar horten, um den realen Wert ihrer Ver-mögen zu schützen. 73

Um die Armut zu verringern und der wachsenden Einkommensungleichheit entgegenzuwirken, ist eine Erhöhung der Mindestlöhne, die den Anstieg der Le-benshaltungskosten vollständig auffängt, nun zwingend erforderlich.

Im herbst 2012 gab es nach der Mind-estlohnerhöhung ein starkes Beschäftigung-swachstum in den städtischen Gegenden, und die ausländischen Investitionen waren 25% höher als erwartet.

Weniger als zwei Drittel der Indonesier glauben, dass faire löhne durch die Gesetzgebung ausreichend geschützt werden. (Weltweite Umfrage des IGB 2013)

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Foto: Rob Ali

abb. 16: Ungleichheit und armut in Uruguay von 2000 bis 2011

Quelle: Weltbank: Weltentwicklungsindex für Armut, 2013; IAO: Globale Lohndatenbank für den Gini-Koeffizienten, 2013

5.3 UruguayUruguay hat eine einzigartige Geschichte im Umgang mit dem Mindestlohn. Im Jahr 2002 wurde das Land durch die argentini-sche Wechselkurskrise in Mitleidenschaft gezogen und erlebte eine Phase schwerer Finanzturbulenzen, die die Realwirtschaft lähmten. Die Produktionsleistung fiel zwi-schen 2001 und 2003 um über 10%, wäh-rend die Arbeitslosigkeit steil auf mehr als 17% in die Höhe schoss. 74

Wie viele andere lateinamerikanische Länder weist auch Uruguay eine hohe Einkommensungleichheit auf, die Mitte der 1990er Jahre steil zunahm. Dies ging einher mit der Abschaffung von Kollekti-vvereinbarungen im Jahre 1992 (außer in einigen sehr spezifischen Sektoren). 75 Der Gini-Index stand 1995 bei 42,1 und hielt sich bis 2007 auf diesem Niveau (s. Ab-bildung 16). In den letzten Jahren ist der Gini-Koeffizient erheblich gesunken. Die Zahl jener, die in äußerster Armut lebten, stieg von moderaten 2% der Bevölkerung im Jahr 2000 auf über 5% im Jahr 2004,

bevor sie nach 2005 wieder steil fiel und einen Stand unter dem Niveau von 2000 erreichte (s. Abbildung 16). 76

Drei Jahre nach der Wirtschaftskrise, im Jahr 2005, nahm eine neue Regierung die Arbeit auf. Sie leitete eine Reihe rechtlicher und institutioneller Veränderungen ein, die erhebliche Auswirkungen auf Kollektiv-verhandlungen, das Steuer- und Transfer-system und die Funktionsweise des Min-destlohns hatten. Vor 2005 war der reale Mindestlohn 30 Jahre lang gesunken und war unverbindlich. 77 Entsprechend hatte er keine wirklichen Auswirkungen auf den

Die positiven auswirkungen stärkerer arbeitsinstitutionen einschließlich des Mindestlohnsystems gingen mit einem durchschnittlichen BIP-Wachstum von 6% zwischen 2005 und 2008 einher.

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Arbeitsmarkt, und seine einzige Rolle war die eines Referenzpunktes für verschiede-ne Zahlungen, darunter Familienbeihilfe, Sozialleistungen, Behindertenbeihilfe, Ar-beitslosenunterstützung und bestimmte medizinische Leistungen. 78 Aufgrund seiner Verknüpfung mit der sozialen Absicherung und den Folgen für die öffentlichen Ausgaben gab es für lan-ge Zeiträume keine Erhöhung des Min-destlohns. Angesichts der hohen Inflation stürzte der reale Wert des Mindestlohns steil ab. In den Jahren 2002 und 2003 fiel er um 10,2% bzw. 12,3% (s. Abbildung 17), 79 sodass er im Jahre 2004 nur noch 12,3% des durchschnittlichen Monats-lohns betrug. 80

Im selben Jahr jedoch wurde die direkte Verknüpfung zwischen Mindestlohn und Sozialleistungen gekappt, und es wurde ein unabhängiger Referenzpunkt für die soziale Absicherung in Nähe des Min-destlohns festgelegt. 81 In den Folgejahren wurde eine Anzahl von arbeitsrechtlichen Bestimmungen gestärkt. Die Arbeitsbe-dingungen für Hausangestellte wurden verbessert, und Beschäftigungsverhält-nisse im Rahmen der Leiharbeit wurden streng reguliert. Unter anderem wurde eine Verordnung erlassen, die gleichen Lohn für gleiche Arbeit vorsieht. Der jährliche Urlaubsanspruch im Privatsek-tor, der zuvor nur im Rahmen von Kol-lektivvereinbarungen geregelt war, wurde nun gesetzlich festgelegt. Der Zuständig-keitsbereich der Arbeitsaufsichtsbehörde wurde ausgeweitet, um gewerkschafts-feindliche Diskriminierung zu verhindern und gewerkschaftliche Aktivitäten zu stärken, obwohl das Recht auf gewerk-schaftliche Organisation nach wie vor nur durch die Verfassung und die IAO-Über-einkommen 87 und 98 geregelt ist. 82 Die Regierung legt den Mindestlohn nun nach Konsultation eines dreigliedrigen Gremiums, das sich aus neun Regierungs-mitgliedern und jeweils sechs Vertretern von Arbeitgeber- und Arbeitnehmeror-ganisationen zusammensetzt, landesweit fest. 83 Es gibt zudem eine Vielzahl von Lohn-ausschüssen für die Aushandlung des Mindestlohns in unterschiedlichen Wirt-schaftssektoren und Berufen. Diese Aus-schüsse traten zuletzt 1990 zusammen, was die Gefahr einer fast völligen Elimi-nierung von Kollektivverhandlungen nach sich zog, wurden jedoch 2005 gestärkt. Innerhalb des privaten Sektors wurden die Ausschüsse durch einen zusätzlichen

Lohnausschuss für die Landwirtschaft und einen weiteren für Hausangestellte ergänzt, die beide 2008 die Arbeit auf-nahmen. 84

Die Folge dieses veränderten Umfel-des war eine 70%ige reale Erhöhung des Mindestlohns im Jahr 2005 und eine wei-tere 16%ige reale Erhöhung im Jahr 2006. Spätere Anpassungen lagen jeweils über dem Inflationsausgleich (s. Abbildung 17). 85 Die positiven Auswirkungen stärkerer Arbeitsinstitutionen einschließlich des Mindestlohnsystems gingen mit einem durchschnittlichen BIP-Wachstum von 6% zwischen 2005 und 2008 einher. Nach einem niedrigeren Wachstum im Jahr 2009 erholte sich Uruguay schnell und er-zielte 2010 und 2011 ein Wachstum von 9% bzw. 6%. Die Staatsverschuldung hat sich zwischen 2003 und 2010 fast hal-biert: von 104% vom BIP auf 58%. Die Arbeitslosigkeit fiel trotz der beträcht-

lichen Erhöhungen beim Mindestlohn. Die Arbeitslosenquote sank von 17% im Jahr 2003 auf unter 10% im Jahr 2007 und lag im Juni 2013 bei 6,6%. 86 Zugleich er-höhte sich die Beschäftigungsquote von 57,6% im Jahr 2003 auf 61,8% im Jahr 2012. 87 Die durchschnittlichen Löhne, die zwischen 2001 und 2004 um 22% ge-sunken waren, erholten sich um real rund 5% jährlich, während die Inflation unter 10% gehalten wurde. 88

abb. 17: Entwicklung des nominalen und realen Mindestlohns in uruguayischen Pesos

Quelle: Nationale Statistikbehörde Uruguays, 2013

Im Jahr 2012 machte Uruguay Schlagzeilen, als es als

erstes Land das Übereinkommen über menschenwürdige

Arbeit für Hausangestellte ratifizierte. Dieses verleiht

Hausangestellten dieselben Rechte wie anderen

Beschäftigten, einschließlich dem auf einen Mindestlohn.

Im Jahr 2006 wurde das Gesetz 18065 verabschiedet, das

Hausangestellte in das sektorale Lohnfestsetzungssystem

einband. Von den 120.000 Hausangestellten in Uruguay

sind inzwischen 73% durch die Sozialversicherung

abgedeckt – doppelt so viele wie 2005.Foto: Infosurhoy

aKtUEllES

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Foto: Several seconds

abb. 18: Einkommensanteil (nach Einkommensquellen) der reichsten 0,01% in den USa

Quelle: Facundo Alvaredo, Anthony B. Atkinson, Thomas Piketty und Emmanuel Saez: The World Top Incomes Database, 2013

5.4 USaDie wachsende Einkommensungleich-heit und der steile Anstieg der Ein-kommen der Superreichen in den USA sind gut dokumentiert. Seit 1980 ist der Einkommensanteil der einkommens-stärksten 0,1% um 230% gestiegen. Die „Elite“ der obersten 0,01% erlebte im selben Zeitraum einen Anstieg ihrer Ge-samteinkommen um fast das Vierfache (s. Abbildung 18). Bis zum Beginn der 1980er Jahre war der Anteil dieser Grup-pe am wirtschaftlichen Kuchen seit den 1950er Jahren relativ konstant geblieben. Betrachtet man nur das aus Löhnen, Gehältern und Pensionen stammende Einkommen dieser Gruppe, so erhielt sie weniger als 1% des Gesamteinkommens. Etwas mehr als 1% ist es, wenn man die Kapitalerträge mitberücksichtigt. Seit Beginn der 1980er Jahre jedoch ist der Einkommensanteil der Superreichen ra-pide gewachsen, und dieses Wachstum hält, wenn auch mit einigen kurzen und steilen Fluktuationen, seit 30 Jahren an. Seit Anfang der 2000er Jahre hat sich zudem die Art des Einkommens, das die

Superreichen erzielen, geändert. Kapitaler-träge aus Anlagen in Aktien, Immobilien und anderen Investments spielen inzwi-schen eine für das Gesamteinkommen dieser Elite sehr viel wichtigere Rolle. Der Beitrag der Löhne, Gehälter und Pensi-onen ist dagegen steil gefallen. 89 Für die wirklich Reichen ist es relativ einfach, ihre

Einkommensquellen so zu manipulieren, dass sie Steuern sparen, und diese Trends lassen sich durch zwei Faktoren erklären: die rapide Zunahme des von den Reichen gehaltenen Finanzvermögens und ihre Fä-higkeit, die Besteuerung der aus diesem Finanzvermögen gezogenen Erträge zu verhindern.

Einkommensanteil ohne KapitalgewinneEinkommensanteil mit KapitalgewinnenEinkommensanteil aus Löhnen, Gehältern und Renten (rechte Skala)

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Diese Zunahme des Einkommensan-teils der sehr Reichen ging zu Lasten des ärmsten Segments der Gesellschaft. Das verfügbare Einkommen der armen Haus-halte (Löhne und Gehälter, Kapitalerträ-ge und -einkommen sowie Transferleis-tungen, abzüglich Steuern) hielt mit der durchschnittlichen Einkommensentwick-lung nicht Schritt. Zwischen 1979 und 2007 wuchs das verfügbare Einkommen des ärmsten Fünftels der Amerikaner real um bloße 18% (s. Abbildung 19), während das verfügbare Einkommen der reichsten 1% um 275% anstieg. Dies führte zu erheblichen Veränderun-gen bei der Einkommensverteilung (s. Abbildung 20). Die reichsten 1% konnten ihren Anteil am verfügbaren Gesamtein-kommen mehr als verdoppeln (von 8% auf 17%), während die unteren 80% der Ein-kommensverteilung ein Schrumpfen ihres Anteils erlebten (s. Abbildung 20). Zwi-schen 2005 und 2007 erzielten die reichs-ten 20% der Bevölkerung ein Gesamtein-kommen nach Steuern, das höher war als das der gesamten Restbevölkerung. 90 In den USA wird das Steuer- und Sozi-alsystem zunehmend regressiver. Zwi-schen 1979 und 2007 vergrößerte sich die Kluft bei den Einkommen (vor Steuern und Transferleistungen) zwischen den Höchst- und Niedrigstverdienern um etwa ein Viertel. Berücksichtigt man al-lerdings die Auswirkungen von Steuern und Sozialleistungen, ist diese Kluft noch viel größer und erhöht sich auf etwa ein Drittel. Der Hauptgrund hierfür ist eine Ver-schiebung bei den Sozialleistungen. Im Jahr 1979 erhielten die untersten 20% der Einkommensverteilung mehr als 54% al-ler Sozialleistungen. Dieser Wert verrin-gerte sich bis 2007 auf 36%. Änderungen im Steuersystem spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Während die Steuerein-

nahmen zwischen 1979 und 2009 nur geringfügig sanken, verlagerte sich der Schwerpunkt hin zu stärker regressiven Verbrauchsteuern und weg von der Ein-kommensteuer. 91

Der Anteil derjenigen, die weniger als zwei Drittel des mittleren Bruttoeinkom-mens aller Vollzeitbeschäftigten verdie-nen, war in den USA schon immer einer der höchsten in der entwickelten Welt. Abbildung 21 zeigt, dass sich ihre Zahl in

Fast zwei Drittel aller Beschäftigten in der

Fast-Food-Industrie sind heute Frauen. Das mittlere alter beträgt 32 Jahre. Ein

Viertel aller Fast-Food-Beschäftigten hat Kinder

zu versorgen.

abb. 19: Wachstum des (nach Steuern und transferleistungen) verfügbaren Einkom-mens zwischen 1979 und 2007 nach Einkommensperzentilen

Quelle: Kongress der Vereinigten Staaten: Trends in the Distribution of Household Income between 1979 and 2007, Congressional Budget Office, A CBO Study, Oktober 2011, S. 2

abb. 20: anteil am verfügbaren Einkommen der unterschiedlichen Perzentile, 1979 und 2007

Quelle: Kongress der Vereinigten Staaten: Trends in the Distribution of Household Income between 1979 and 2007, Congressional Budget Office, A CBO Study, Oktober 2011, S. 2

abb. 21: anteil der abhängig Beschäftigten, die weniger als zwei Drittel des mittleren Einkommens verdienen

Quelle: OECD-Einkommensdatenbank, 2013

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„Alle Lohnerhöhungen der vergangenen Jahre

sind laut dem Economic Policy Institute an die

reichsten 10% gegangen.“ Alle!“ 94

Foto: Bernard Pollack

den vergangenen zehn Jahren sogar noch weiter erhöht hat und 2010 den Wert von 25% der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer überstieg. Zwei Drittel des mittleren Bruttoeinkommens eines Vollzeitbeschäftigten entsprachen 2010 rund 500 US$ pro Woche. 92 Die offiziellen Daten zur absoluten Armut zeigen, dass 2012 46,5 Millio-nen Amerikaner in Armut lebten – die höchste Zahl seit Beginn der Datener-hebungen im Jahre 1959. Die Armuts-rate lag bei 15% und war damit die höchste seit 1993. Die Armutsrate für Kinder (21,8%) ist sogar noch extremer, und das trotz des Ansatzes konservati-ver Messgrößen. Eine alleinstehende Person gilt als arm, wenn ihr verfügba-res Jahreseinkommen unter 11.945 US$ (995 US$ pro Monat) liegt, und eine vierköpfige Familie, wenn ihr Einkom-men 23.283 US$ (1.940 US$ pro Mo-nat) unterschreitet. 93

Die Erhöhung des Mindestlohns könnte vielen erwerbstätigen Armen und ihren Familien helfen. Der aktuellste US-Ar-mutsbericht des US Census Bureau zeigt, dass im Jahr 2012 2,9 Millionen Arbeit-nehmer (1,54 Millionen und 1,36 Milli-onen Frauen) ganzjährig vollzeitbeschäf-tigt waren, aber trotzdem unterhalb der Armutsgrenze lebten. Weitere acht Mil-lionen Arbeitnehmerinnen und Arbeit-nehmer, die nicht das gesamte Jahr über arbeiteten, lebten ebenfalls in Armut. Ein Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der das ganze Jahr über zum landesweit geltenden Mindestlohn arbeitet, würde 15.080 US$ jährlich verdienen; dies liegt unter der Armutsgrenze für eine Fami-lie von zwei Personen (alleinerziehende Mutter und ihr Kind) von 15.825 US$. 95

Präsident Obama hat dies in seiner Rede zur Lage der Nation im Februar 2013 ein-geräumt, als er Pläne zur Erhöhung des bundesweiten Mindestlohns auf bis zu 9 US$ pro Stunde verkündete. Im Juli 2009 war der bun-desweite Mindestlohn nomi-nal um 10,7% auf 7,25 US$ pro Stunde erhöht worden. 96 In den letzten vier Jahren hat er sich nicht verändert; sein realer Wert jedoch wur-de allmählich ausgehöhlt (s. Abbildung 22). Die von der Demokratischen Partei im US-Repräsentantenhaus und im US-Senat vorgelegten Gesetzentwürfe würden den

Mindestlohn auf 10,10 US$ pro Stunde erhöhen und ab 2016 jährliche Anpas-sungen vorsehen. 97 Ein wesentlicher Fehler im Mindest-lohnsystem der USA ist das Fehlen von Regelungen über den Zeitpunkt eventu-eller Anpassungen. Zwischen 1997 und 2007 gab es keine Anpassung, was dazu führte, dass der Realwert des Mindest-lohns drastisch fiel. Wie Abbildung 22 zeigt, liegt der Mindestlohn inzwischen deutlich unter seinem realen Niveau in den späten 1960er und den 1970er Jahren. Wäre der Mindestlohn seit 1960 im Ein-klang mit der Produktivität gestiegen, läge er heute bei 22 US$ pro Stunde. 98 Im Jahr 2011 betrug der Mindestlohn bloße 37% des Wertes eines Durchschnittsgehalts. Damit lag er nur geringfügig unter dem Niedrigstwert in 47 Jahren. 99 Im Jahr 2011 erhielten 5,2% aller Lohn- und Gehaltsempfänger den Mindestlohn oder weniger. In absoluten Zahlen ver-

dienten 1,7 Millionen Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmer den Mindestlohn, und 2,2 Millionen verdienten weniger. 100 Dies rührt aus einer Reihe von Aus-nahmen vom Mindestlohn her, die u. a. Arbeiter in der Landwirtschaft, Verwal-tungsangestellte, Fischer und Tagesmüt-ter betreffen. 101 Eine vom US-Arbeitsmi-nisterium erlassene aktuelle Verordnung würde ab 1. Januar 2015 für Millionen von Arbeitnehmern, die alte und behin-

derte Menschen als persönli-che Pflegekräfte betreuen, den Mindestlohn sowie die gesetz-lichen Überstundenregelun-gen verbindlich machen. 102

Das Versäumnis, den bundes-weiten Mindestlohn anzupas-sen, wurde in gewissem Um-fang durch einzelstaatliche Gesetze zum Mindestlohn abgemildert, die einen höhe-ren Mindestlohn als den des Bundes vorschreiben. Neun-zehn Einzelstaaten sowie der

65% aller amerikaner glauben, dass die Gesetze

keinen ausreichenden Schutz für faire löhne

bieten. (Weltweite Umfrage des IGB 2013)

abb. 22: Entwicklung des nominalen und realen bundesweiten Mindestlohns in den USa (2011 = 100)

Quelle: Lawrence Mishel: Declining value of the federal minimum wage is a major factor driving inequality, Economic Policy Institute, 21. Februar 2012; ausgeweitet für 2012 auf Grundlage von Daten des US-Arbeitsministeriums

Richard Trumka, Vorsitzender, AFL–CIO

Mindestlohn nominal in US$

Mindestlohn real in US$

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26 IGB | FROntlInES-BERICht | FEBRUaR 2014

Distrikt Columbia haben Mindestlöhne, die über dem Niveau des Bundes liegen. Am höchsten ist der Mindestlohn mit 8 US$ in Kalifornien, wo er bis 2016 all-

mählich auf 10 US$ erhöht werden wird. 103 Abbildung 23 zeigt die Unterschiede beim Mindestlohn auf Ebene der Ein-zelstaaten. Infolgedessen unterscheiden sich die Auswirkungen des bundesweiten Mindestlohns in den unterschiedlichen Regionen beträchtlich.Im Jahr 1994 veröffentlichten Card und Krueger ihre berühmte Untersuchung über die Auswirkungen einer Mindest-lohnerhöhung auf die Fast-Food-In-dustrie in New Jersey. In dieser stellten sie fest, dass eine Anhebung keine Aus-wirkungen auf die Beschäftigung haben würde. 104 Diese Ergebnisse wurden durch eine jüngste Studie von Dube, Lester und Reich bestätigt, die eine Reihe ökometri-scher Fehler in früheren Studien aufzeig-ten. 105

Die Fast-Food-Beschäftigten in den USA befinden sich derzeit im Ausstand über höhere Löhne und die Freiheit, einer Gewerkschaft beizutreten. Ihre öffent-lichen Proteste, die seit ihrem Beginn in New York in November 2012 beträcht-lich zugenommen haben, wurden durch eine beschämende Budgetplanung von McDonald’s ausgelöst – einem Unterneh-men, das 2012 einen Gewinn von 5,46 Milliarden US$ erzielte. Diese Planung beinhaltete ein „Einkommen aus einem Zweitjob“, was zeigte, dass nicht einmal das McDonald’s-Management davon

ausging, dass ein Arbeitnehmer in der Fast-Food-Industrie von einem einzelnen Lohn leben kann. In dem Budget wurden Kosten für Lebensmittel und Heizung nicht berücksichtigt, und für die Kran-kenversicherung wurden Kosten von 20 US$ pro Monat angesetzt. 106 Die Vorstel-lung, dass Arbeitsplätze in der Lebens-mittelindustrie etwas für Studenten seien, die sich ein bisschen Geld dazuverdienen möchten, ist geschichtlich überholt. Fast zwei Drittel aller Beschäftigten in der Fast-Food-Industrie sind heute Frauen. Das durchschnittliche Alter beträgt 32 Jahre. Ein Viertel aller Fast-Food-Be-schäftigten hat Kinder zu versorgen. 107 Aktuelle politische Entwicklungen sowie der „Shutdown“ der US-Bundesregierung Ende 2013 machen es schwer vorstellbar, dass ein Konsens über eine Erhöhung des Mindestlohns auf Bundesebene zustande kommt. Viele in der Republikanischen Partei sind nicht nur gegen eine derartige Erhöhung, sondern lehnen Mindestlöhne generell ab. Zugleich setzen die Gewerk-schaften den Kampf um Gerechtigkeit bei den Mindestlöhnen, ohne die Millionen amerikanischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter in Armut leben wer-den, fort.

abb. 23: Mindestlohngesetzgebung in den Einzelstaaten zum 1. Januar 2013

Quelle: US-Arbeitsministerium: Minimum Wage Laws in the States, 2013

In seiner Rede zur Lage der Nation 2014

forderte US-Präsident Barack Obama den

Kongress auf, den Mindestlohn für alle Un-

ternehmen auf 10,10 US$ pro Stunde zu

erhöhen:

„Dies hilft den Familien. Es verschafft den

Unternehmen Kunden, die mehr Geld

ausgeben können. Es erfordert kein neues

bürokratisches Programm. Also schließen Sie

sich dem Rest des Landes an. Sagen Sie ‚Ja‘.

Geben Sie Amerika eine Lohnerhöhung.“

aKtUEllES

Quelle: Centre for American Progress Action Fund

Zwischen 2005 und 2007 erhielten die reichsten 20% der Bevölkerung ein Gesamteinkommen nach Steuern, das höher war als das der gesamten Restbevölkerung.

91% aller amerikaner sind für einen Mindestlohn.

(Weltweite Umfrage des IGB 2013)

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Foto: IGB

5.5 SambiaSambia musste wie viele andere schwarzafrikanische Länder Mitte der 1990er Jahre umfangreiche Strukturre-formen umsetzen, um Kredite vom IWF zu erhalten. Die Finanz- und Arbeits-märkte wurden liberalisiert, staatseigene Unternehmen privatisiert und die Rolle des Staates in vielen Bereichen zurückge-fahren. Laut Oxfam wurden die Ausga-ben für das staatliche Gesundheitswesen zwischen 1990 und 1994 halbiert, und die Ausgaben für die Grundschulbildung la-gen 1999 auf dem Niveau von Mitte der 1980er Jahre. 108 Die Folgen dieser Politik sind noch heute sichtbar. Sambia verzeichnet seit 2003 BIP-Wachs-tumsraten von über 5%; der Durchschnitt liegt seit 2005 bei 6,6%. Die Hyperinflati-on von Anfang bis Mitte der 1990er Jahre ist relativ moderaten 8,6% im Jahr 2011 gewichen. 109 Die Volkswirtschaft in Sam-

bia stützt sich überwiegend auf den Ber-gbau, insbesondere die Kupferförderung. Über 70% der Exporte entfallen auf den Bergbausektor, und die Produktionsleis-tung hat sich in den Jahren 2000-2006 um durchschnittlich rund 9% jährlich erhöht. Hierzu beigetragen hat vor der globalen Finanzkrise ein boomender Kupferpreis. Die zweite Säule der Volkswirtschaft ist die Landwirtschaft, auf die mehr als 70% der Gesamtbeschäftigung entfallen und die im selben Zeitraum moderate Wachs-tumsraten von etwa 2% aufwies. 110 Trotz dieses robusten Wirtschaftswachs-tums war die Wirtschaft nicht in der Lage, menschenwürdige Beschäftigungs-bedingungen zu schaffen oder die Armut zu verringern. Der Anteil der Bevölkerung (über 15 Jahre), der an Wirtschaftsaktivi-täten beteiligt war, fiel zwischen 2005 und 2008 von 84,5% auf 74,5%, teilweise auf-grund des raschen Bevölkerungswachs-tums (durchschnittlich 2,8% jährlich) und

der hohen Inzidenz von HIV/AIDS. 111 Zwischen 2006 und 2010 stagnierte die bezahlte Erwerbstätigkeit bei 43,1% der Gesamtarbeit, während die unbezahlte Familienarbeit nur leicht von 12,1% auf 10,5% fiel. Die Arbeitslosigkeit sank von 9,1% auf 8,1%, überwiegend aufgrund des Rückgangs der aktiven Bevölkerung und einer Zunahme informeller Beschäfti-gungsverhältnisse. 112 Laut IAO-Schät-zungen leiden rund 60% der bezahlten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter hoher Instabilität und Unsicherheit in Bezug auf den Arbeitsplatz. 113

Die Einkommensungleichheit in Sambia ist eine der höchsten in Schwarzafrika. Der Gini-Koeffizient stieg von einem bereits zuvor hohen Wert von 60 im Jahr 2006 auf 65 in 2010, vor allem aufgrund wachsender Ungleichheit in den ländlichen Gebieten. Im Jahr 2010 erzielten die ärmsten 50% der Bevölkerung nur 9,1% des Gesamtein-kommens des Landes, während die reichs-

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ten 20% fast 70% an sich zogen. 114 Wie in Tabelle 1 ersichtlich, hat sich die Situation seit 1996 kaum verbessert. Der Gini-Koef-fizient schwankte, verharrte jedoch durch-gehend auf einem sehr hohen Stand ohne klar erkennbaren Abwärtstrend. Die Verteilung der Ausgaben ist ebenso drastisch. Im Jahr 2010 gaben die reichsten 20% etwa 16-mal mehr aus als die ärmsten 20% und dreimal mehr als der nationale Durchschnitt. Auf die reichsten 20% der Bevölkerung entfielen mehr als 60% der Gesamtausgaben, auf die ärmsten 20% gan-ze 3,9%. Durchschnittlich erhöhten sich die

Ausgaben für Lebensmittel als Anteil an den Gesamtausgaben von 41,9% im Jahr 2006 auf 48,5% in 2010. 115

Die sambischen Armutsraten lagen in den 1990er Jahren landesweit bei über 70% und in den ländlichen Gegenden bei über 80%. Die Verringerung der Armut hat jedoch in den letzten zehn Jahren in Anbetracht des günstigen gesamtwirt-schaftlichen Umfelds nur bescheidene Fortschritte gemacht. 116 Laut Schätzun-gen leben immer noch rund 13 Millionen Menschen (ca. 64% der Bevölkerung) in äußerster Armut, d.h. von einem Dollar

oder weniger pro Tag. 117 Die derzeitige Regierung, die Ende 2011 ins Amt kam, hat Reformen eingeleitet, die auf eine Stärkung des Binnenmarktes und die Schaffung eines ausgewogeneren Wachstumsmodells abzielen. Es wurden neue Regeln eingeführt, um die Steuer-hinterziehung zu bekämpfen; die Wäh-rung wurde stabilisiert, was die Inflation senkte; die Eigenkapitalanforderungen für Banken wurden verschärft, und die Überwachung der Kapitalflüsse in auslän-discher Währung wurde verstärkt. 118 Ein entscheidender Aspekt dieser Politik

1996 1998 2002 2006 2010

Haushaltsdezile nach Einkommen An

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1. 0,5 0,5 0,2 0,2 1,2 1,2 0,2 0,2 0,5 0,5

2. 1,5 2 1 1,2 2,3 3,5 0,7 0,9 1,1 1,6

3. 2,2 4,2 1,8 3 3,1 6,6 1,3 2,2 1,7 3,3

4. 2,9 7,1 2,6 5,6 3,9 10,5 2,2 4,4 2,4 5,7

5. 3,9 11 3,5 9,1 4,8 15,3 3,3 7,8 3,4 9,1

6. 5,2 16,2 4,8 13,9 5,8 21,1 5,2 12,9 4,5 13,6

7. 6,8 23 6,4 20,3 7,4 28,5 7,7 20,6 6,6 20,2

8. 9,2 32,2 9 29,3 9,6 38,1 10,8 31,3 10,1 30,3

9. 14,9 47,1 13,9 43,2 14,3 52,4 16,8 48,1 17,1 47,4

10. 52,9 100 56,8 100 47,7 100 51,9 100 52,6 100

Gini-Koeffizient 0,61 0,66 0,57 0,6 0,65

Tabelle 1: Prozentuale Verteilung der Haushalte nach Pro-Kopf-Einkommens-Dezilen zwischen 1996 und 2010

Quelle: Zentrales Statistikamt von Sambia: Living Conditions Monitoring Survey Report, Lusaka, 26. März 2012, S. 151

Tabelle 2: Änderungen bei formellen und informellen Beschäftigungsverhältnissen

2008 2012 Änderung

Beschäftigung Anzahl Prozentsatz Anzahl Prozentsatz Anzahl Prozentsatz

Gesamt 4.606.846 100% 5.386.118 100% 779.272 +17%

Informell 4.095.508 88.9% 4.492.022 83.4% 396.514 + 9,7%

Formell 511.338 11.9% 894.096 16.6% 382.758 + 74,9%Quelle: Ministerium für Arbeit und soziale Sicherheit: Labour Force Survey Report 2008, Zentrales Statistikamt, Lusaka, August 2011, S. viii; Ministerium für Arbeit und soziale Sicherheit: Preliminary Results of the 2012 Labour Force Survey, Zentrales Statistikamt, Lusaka, Mai 2013, S. 9

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betrifft die Wiederbelebung des Mindest-lohns. In Sambia werden verschiedene Min-destlöhne entweder durch Kollektivverein-barungen oder – für Personen, die nicht durch Kollektivvereinbarungen abgedeckt sind – durch gesetzliche Regelungen festge-legt. 119 Im Jahr 2011 wurde der Geltungs-bereich auf Hausangestellte ausgeweitet, die bis dahin nicht in den Rahmen entspre-chender Regelungen fielen. Der Zeitpunkt von Mindestlohnanpassungen ist nicht re-guliert, doch waren diese in den letzten Jah-ren häufiger als in der Vergangenheit. Der Sachverständigenausschuss der IAO für die Durchführung der Übereinkom-men und Empfehlungen bemerkte 2008, dass die Mindestlohnbestimmungen trotz ihres unzureichenden Niveaus kaum be-achtet würden. Viele Arbeitgeber halten die Vorgaben nicht ein, da sie wissen, dass Überprüfungen und Bestrafung durch die Arbeitsaufsicht aufgrund unzureichender öffentlicher Mittel unwahrscheinlich sind. Im Jahr 2012 berichtete die IAO, dass vie-le Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich ausgebeutet fühlen, weil die Arbeitge-ber häufig wirtschaftlich in der Lage wären, höhere Löhne zu zahlen und bessere Ar-beitsbedingungen zu gewährleisten. 120

In den letzten Jahren hat die Regierung eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um den Mindestlohn zu stärken. Deutli-che reale Erhöhungen in den Jahren 2006 (über 200%), 2011 (über 50%) und 2012 (über 60%) haben den Mindestlohn auf 700.000 Kwacha (entspricht 130 US$) gebracht (s. Abbildung 24). 121 Dies entspricht 4,30 US$ pro Tag, ein Betrag, bei dem es nach wie vor unwahr-scheinlich ist, dass er Arbeiter und ihre Fa-milien aus der Armut hebt. Zum Vergleich:

In 2010 lag die Grenze für äußerste Armut, basierend auf einem Lebensmittelkorb für eine sechsköpfige Familie, bei 435.574 Kwacha (81,5 US$). Das war zu diesem Zeitpunkt deutlich mehr als der Mindest-lohn. 122 Inflationsbereinigt entspricht die-ses Niveau 504.343 Kwacha oder 94 US$ im Jahr 2012, aber weil dieser Betrag nur die Lebensmittel umfasst, kann er nicht als Existenzminimum gelten. Schätzungen aus anderen Quellen legen nahe, dass das Existenzminimum für eine fünfköpfige, in Lusaka lebende Familie bei bis zu 3.395.660 Kwacha oder 635 US$ angesetzt werden sollte ( Juni 2012). 123 Die jüngsten Mindestlohnerhöhungen stellen für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine deutliche Verbesserung dar. Der Lohn hat sich für Hausangestell-

te von vorher 30 US$ auf aktuell 105 US$ erhöht, was die überwiegend weiblichen Beschäftigten entlastet. Darüber hinaus hat die Regierung die Beschäftigten aufge-fordert, Arbeitgeber, die sich nicht an die Vorgaben halten, zu melden. 124 Eine ak-tuelle Studie spiegelt diese Verbesserungen wider. Sie zeigt, dass 2012 29% der Befrag-ten der Meinung waren, die Regierung tue das Richtige, indem sie die Kluft bei den Einkommen schließe und sicherstelle, dass die Armen genug zu essen hätten (34%) und sich ihr Lebensstandard verbessere (43%). Alle diese Werte hatten 2009 bei unter 20% gelegen. 125 Doch diese bescheidenen Fortschritte wer-den bereits wieder attackiert. Ausländische Investoren und große Arbeitgeber behaup-ten, dass die jüngsten Mindestlohnerhö-hungen Sambias Chancen auf ausländische Direktinvestitionen beeinträchtigen wer-den. Arbeitgeber und neoliberale Ökono-men warnen zudem davor, dass die Inflation wieder in die Höhe schnellen werde wie in früheren Jahrzehnten. 126 Die verfügba-ren Belege stützen diese Behauptungen

„Die Mindestlohnsätze reichen nicht aus, um den Arbe-

iterinnen und Arbeitern zu helfen, ihre Grundbedürfnisse

zu befriedigen. Die aktuellen Sätze liegen zwischen 100

und 200 US$, während die Lebenshaltungskosten bei

schätzungsweise 700 US$ liegen. Zudem gab es ke-

ine regelmäßige Überprüfung der Mindestlöhne, um die

Einkommen der geschützten Beschäftigten vor einer Ero-

sion durch die Inflation zu schützen … Angesichts eines

BIP-Wachstums von über 6,5% während der letzten fünf

Jahre und einer Inflation von weniger als 7% muss die

Politik sicherstellen, dass dieses wirtschaftliche Wach-

stum mit der gesellschaftlichen Entwicklung verknüpft

wird und sich deutlich auf diese auswirkt.“

Roy E. Mwaba, Generalsekretär, Zambia Congress of Trade Unions (ZCTU)

abb. 24: Reale und nominale Mindestlohnentwicklung in Sambia seit dem Jahr 2000

Anmerkung: Mindestlöhne sind für fünf Kategorien von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gesetzlich vorgeschrieben; der hier präsen-tierte Mindestlohn verweist auf die erste Kategorie allgemeiner Arbeiterinnen und Arbeiter, die nicht an anderer Stelle erfasst werden; der angelegte Wechselkurs beträgt 5.345 sambische Kwacha pro US$.

Quelle: IAO: Globale Lohndatenbank, aktualisiert durch die Verordnung über den Mindestlohn und die Beschäftigungsbedingungen im Allgemeinen von 2012, veröffentlicht 2013; für die Inflationsrate IWF-Datenbank „World Economic Outlook“, 2013

auf die reichsten 20% der Bevölkerung

entfielen mehr als 60% der Gesamtausgaben, auf die ärmsten 20%

ganze 3,9%.

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jedoch nicht. Laut Nationalem Statistik-institut lag die Inflation im August 2013 bei 7,1%, deutlich unter den in den frühen 2000er Jahren herrschenden zweistelligen Preissteigerungsraten. 127 Zwar ist es noch zu früh, um die Auswirkungen auf die Einkommensungleichheit und die Armut zu erkennen, doch der Arbeitsmarkt zeigt keinerlei Zeichen der Abschwächung. Die Ergebnisse der Arbeitsmarktumfragen für 2008 und 2012 zeigen, dass die Arbeits-markbeteiligung auf demselben Stand ver-harrt: ca. 74,5% der Bevölkerung im Alter ab 15 Jahren. Die Beschäftigungsquote stieg leicht von 68,8% auf 69,1%, während die Arbeitslosigkeit unverändert bei 7,9% lag. Oberflächlich betrachtet mögen keine Än-derungen erkennbar sein, doch in verschie-denen Sektoren sind die Verbesserungen deutlich. Der Anteil der Landwirtschaft an der Gesamtbeschäftigung fiel von 71,3% im Jahr 2008 auf 55,8% in 2012. Die offiziel-le Beschäftigung, die vor 2008 in absoluten Zahlen und von ihrer Qualität her abnahm, hat sich als Anteil der Gesamtbeschäftigung deutlich erholt und ist um 75% gestiegen (s. Tabelle 2). 128

Das Wachstum bleibt weiter robust. Schät-zungen für 2012 liegen bei 7,3%, trotz ei-nes Abschwungs im Bergbau aufgrund weltweit fallender Kupferpreise und Eng-pässen bei der Stromversorgung. 129 Die Anleger haben reagiert. Im Jahr 2012 beliefen sich die Käufe sambischer Staats-anleihen auf 750 Millionen US$ in nur einer Woche. Die hohe Nachfrage hat die Regierung in die Lage versetzt, die Ren-dite auf 5,625% zu senken. Dies ist ver-gleichbar mit jenen spanischen Anleihen, die jüngst bei 5,78% standen. 130 Auch die ausländischen Investitionen haben stark zugenommen: von 1,3 Milliarden US$ im Jahr 2011 auf 1,7 Milliarden US$ im Jahr 2012. Dies lässt kaum Zweifel, dass die Richtung, für die Sambia sich entschie-den hat, eine gute sein könnte – sowohl in wirtschaftlicher wie in sozialer Hinsicht. 131

6. Schlussfolgerun-gen und Empfeh-lungenDie Einkommensungleichheit hat inzwi-schen ein Niveau erreicht, das den wirt-schaftlichen Wohlstand, das soziale Ge-füge und die politische Stabilität bedroht. Dies ist weder gerecht noch wirtschaftlich oder gesellschaftlich aufrechtzuerhalten. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer haben ein Einkommen verdient, das die gearbeiteten Stunden und die Produk-tivleistung widerspiegelt. In den letzten gut drei Jahrzehnten haben die Eliten alle Früchte der Produktivitätssteigerungen an sich gerissen, statt sie fair in Form hö-herer Gewinne, Gehälter der Führungs-kräfte und Löhne der normalen Arbeiter zu teilen.Die Einkommensungleichheit hat Aus-maße erreicht, die das Vertrauen in den Kapitalismus zerstören und unsere po-litischen Institutionen in Frage stellen. Das war nicht immer so. In der Mitte des letzten Jahrhunderts wurden die Früch-te des wirtschaftlichen Wachstums in den entwickelten Volkswirtschaften über mehrere Jahrzehnte hinweg gleichmäßig verteilt. Die Anzahl der Menschen, die ein mittleres Einkommen erzielten, nahm zu, und die Armen hatten die Chance, auf der wirtschaftlichen Leiter nach oben zu klettern. Dies war kein Zufall. Vielmehr beruhte es auf politischen Entscheidun-gen. Hierzu gehörte, Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit zum grund-legenden Ziel der Wirtschaftspolitik zu machen, die Einführung progressiver Steuersysteme, die dem Staat ausreichen-de Einnahmen brachten, um durch die Sozialsysteme eine ausgedehnte Absiche-rung zu gewährleisten, Gesetze und Ins-titutionen, die umfassende Kollektivver-handlungen unterstützten, und Systeme zur Lohnfestsetzung, die die Bedeutung eines Anstiegs der Reallöhne im Einklang mit der Produktivität erkannten. Die resultierenden Marktwirtschaften, die sich auf gerechte Löhne und soziale Absicherung stützten, haben im Ver-bund mit Kollektivverhandlungen sowohl die Einkommensgleichheit als auch das Wirtschaftswachstum besser unterstützt.

Foto: IGB

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Die hierdurch begründete Ausweitung der mittleren Einkommen erhöhte den gesellschaftlichen Zusammenhalt und stärkte die Demokratie. Wie die führenden Ökonomen der IAO argumentieren:„Gerechte Gesellschaften mit einer großen Mittelschicht sind kein natürliches Ergebnis der Marktkräfte. Gerechtigkeit wird viel-mehr durch die Gesellschaft hervorgebracht: durch die Institutionen, Gesetze und poli-tischen Strategien, die die Gesellschaft, ihre Wirtschaft und insbesondere ihren Arbeits-markt regeln.“ 132

Tragischerweise wurden die politischen Strategien und Institutionen, die die scharfen Kanten der Marktwirtschaften

geglättet und den Wohlstand der Men-schen gestützt hatten, untergraben oder zerstört. Die Vereinten Nationen waren eine der ersten internationalen Organisationen, die eine eindeutige Kausalbeziehung zwi-schen den Reformen der Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitneh-mern und der sich ausweitenden Un-gleichheit behaupteten. In ihrem Bericht „The Inequality Predicament“ aus dem Jahre 2005 argumentierte die UNO:„Die Politik der Liberalisierung geht mit Änderungen bei den Arbeitsgesetzen und

Institutionen einher und bewirkt bedeutende Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt. Der Prozess der wirtschaftlichen Liberalisierung ist in der Regel durch größere Lohnflexibi-lität und die Erosion von Mindestlöhnen, eine Verringerung der Beschäftigung im öf-fentlichen Sektor, einen zurückgehenden Be-schäftigungsschutz und die Schwächung des Arbeitsrechts gekennzeichnet. Der Wunsch, Länder zu entwickeln, um ausländische Investitionen anzulocken und die Exporte auszuweiten, führt häufig zu einem Un-terbietungswettlauf, bei dem der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Umweltstandards ignoriert oder beeinträch-tigt werden.“ 133

Im Jahre 2008 hieß es im OECD-Be-richt „Growing Unequal“: „die wichtigs-

te Triebkraft [der zunehmenden Kluft zwischen Reich und Arm] ist die größere Ungleichheit bei Löhnen und Gehältern“, und „… der vielversprechendste Weg, um die Ungleichheit zu bekämpfen, führt mehr denn je über die Beschäftigung. Mehr und bessere Arbeitsplätze, die die Menschen in die Lage versetzen, der Ar-mut zu entkommen und die ihnen echte Karriereaussichten bieten, sind die wich-tigste Herausforderung.“ Auch die etablierten Medien werden in-zwischen kritischer, was die wachsende Ungleichheit angeht. So stellte etwa vor

kurzem Tim Harford, Kolumnist bei der Financial Times, fest:„Dies ist, was in Bezug auf die Zunahme der Ungleichheit schwer zu schlucken ist: das Wissen, dass wir alle, je ungleicher unsere Gesellschaften werden, desto mehr Gefange-ner dieser Ungleichheit werden.“ 134

Um das Vertrauen in unsere politischen Institutionen wiederherzustellen, müssen wir dringend eine Politik umsetzen, die dafür sorgt, dass diejenigen in der Mit-te und am unteren Ende der Einkom-mensverteilung einen gerechteren Anteil erhalten. Dies erfordert grundlegende Änderungen in unserer Steuer- und So-zialpolitik, eine angemessenere Regulie-rung der Finanzmärkte, die Ausrichtung unserer makroökonomischen Politik auf

ein ausgewogenes Wachstum und hoch-wertige Arbeitsplätze, ein deutliches Vor-gehen gegen prekäre Beschäftigung und mehr Investitionen in die Infrastruktur, in Bildung und Qualifikation. Die Gewerk-schaftsbewegung kämpft für Reformen in all diesen kritischen Fragen. Verbesserungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfordern zugleich starke Gewerkschaften und umfassende Kollektivverhandlungen. Diese Fragen wurden im Frontlines-Bericht vom April 2013 angesprochen.

abbildung 25: anteil des obersten Prozents der Spitzenverdiener am gesamten steuerpflichtigen Einkommen, 1980 und 2008

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Hinweis: Für alle Länder mit Ausnahme von Australien und Finnland enthalten die Daten zu den Einkommen vor Steuern keine Kapitalgewinne. Die Daten basieren auf Steuererklärungen.

Quelle: Alvaredo F. et al. (2011), The Top Incomes Database, www.parisschoolofeconomics.eu/en/news/the-top-incomes-database-new-website/; Matthews, S. (2011), „Trends in Top Incomes and their Tax Policy Implications“, OECD-Arbeitspapier zur Besteuerung, Nr. 4, OECD Publishing.

1980 2008 oder das zuletzt verfügbare Jahr

anteil der obersten 1% in ausgewählten Jahren

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In diesem Frontlines-Bericht Report ha-ben wir uns auf die Beziehung zwischen Mindestlöhnen, die zur Deckung des Le-bensunterhalts ausreichen, und die Ein-kommensungleichheit konzentriert. Ein Mindestlohn, der das Existenzminimum sichert, muss länder- und zeitspezifisch sein, sodass er mit der wirtschaftlichen Entwicklung wächst. Er muss ausrei-chen, um einen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und seine Familie mit ab-soluten Notwendigkeiten wie Nahrung, Obdach und Kleidung zu versorgen. Er muss allerdings auch hierüber hinausge-hen und ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Das Existenzminimum abdeckende Min-destlöhne müssen universell eingeführt werden. Vor fast 100 Jahren erklärten die Gründer der IAO, dass es eines „zur Be-streitung des Lebensunterhalts angemes-senen Lohnes“ bedürfe, um „allgemeinen und dauerhaften Frieden“ zu gewährleis-ten. 135 Und schon Jahrhunderte vorher hatten sich bekannte Persönlichkeiten und religiöse Einrichtungen für einen die Lebenshaltung sichernden Lohn ausge-sprochen. Vor über sechzig Jahren wurde die Vorstellung eines Existenzminimums dann zum Grundrecht. 136

In der Praxis jedoch ist das Niveau des Mindestlohns in praktisch allen Ländern viel zu niedrig, um einen menschenwür-digen Lebensstandard zu gewährleisten,

Mindestlöhne werden kaum durchgesetzt, und für enorme Teile der Bevölkerung be-stehen keinerlei Lohnuntergrenzen. Eine konzertierte Anstrengung zur Ein-führung eines zur Bestreitung des Le-bensunterhalts ausreichenden Mindest-lohns in allen Ländern würde die Armut stark verringern und die Ungleichheit in der unteren Hälfte der Einkommensver-teilung reduzieren. Sie würde zudem die Gleichberechtigung zwischen den Ge-schlechtern fördern und Arbeitnehmern in der informellen Wirtschaft Hoffnung geben. Behauptungen, wonach ein Mindestlohn zur Bestreitung des Existenzminimums die beruflichen Chancen schlecht quali-fizierter oder sonstiger schutzbedürftiger Gruppen verringern würde, indem er Un-ternehmen in den Bankrott treibt oder Arbeitgeber ermutigt, mehr Maschinen und weniger Arbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmer einzusetzen, halten näherer Betrachtung nicht stand. Überzeugende Belege aus Untersuchungen während des letzten Jahrzehnts zeigen, dass eine sinn-volle Lohnuntergrenze den Konsum, das Wirtschaftswachstum und die Beschäfti-gung ankurbeln kann. Das Wissen zur Einrichtung eines soliden und vertretbaren, das Existenzminimum sichernden Mindestlohns in praktisch je-dem Land liegt vor. 137

Der IGB kämpft für einen zur Deckung des Lebensunterhalts geeigneten Min-destlohn überall auf der Welt. Dieses Konzept wurde von der IAO-Verfassung schon vor 95 Jahren in umfassender Weise befürwortet. Unser Ziel ist es, dies inner-halb der nächsten fünf Jahre für alle Ar-beitnehmerinnen und Arbeitnehmer in allen Ländern Realität werden zu lassen. Dies ist ein zentraler Bestandteil eines Pakets politischer Strategien, das darauf ausgelegt ist, die zerstörerischen Trends unserer zunehmend ungleichen Welt um-zukehren.

Wofür wir kämpfen:

• einen zur Bestreitung des lebensunterhalts ausreichenden Mindestlohn

• ein Mindestmaß an sozialer absicherung

• die Stärkung von Kollektivverhandlungen

• die Regulierung der Finanzmärkte

•einEndederSteuerflucht

•einemakroökonomischePolitik,dieaufeinausgewogenesWachstumundhochwertige arbeitsplätze ausgerichtet ist

•einEndeprekärerBeschäftigungsverhältnisseeinschließlicheinerFormalisierungder informellen Wirtschaft

•erhöhteInvestitionenindieInfrastruktur

•mehrArbeitsplätzefürVollbeschäftigungundmenschenwürdigeArbeit

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33 IGB | FRONTLINES-BERICHT | FEBRUAR 2014

1. Vgl. Milo Vandemoortelle, Bird, Du Toit, Liu, Sen und Veras Soares (2013) Building blocks for equitable growth: lessons from the BRICS, Overseas Development Institute, Working Paper 365; und Courtney Ivins (2013) Inequality matters – BRICS inequalities fact sheet, Oxfam und BRICS Policy Center, März.

2. IAO (2008) Globaler Lohnbericht 2008/2009, Genf, S. 35.

3. Erklärung der IAO über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung, angenommen von der Internationalen Arbeitskonferenz auf ihrer siebenundneunzigsten Tagung, Genf, 10. Juni 2008, S. 10.

4. IAO (2009) Erholung von der Krise: Ein Globaler Beschäftigungspakt, angenommen von der Internationalen Arbeitskonferenz auf ihrer achtundneunzigsten Tagung, Genf, 19. Juni 2009.

5. Europäische Kommission (2012) Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Einen arbeitsplatzintensiven Aufschwung gestalten, KOM(2012)173 endg., Straßburg, 18. April, S. 9

6. IWF (2013) Factsheet – The IMF’s Advice on Labour Market Issues, Washington DC, 8. Februar.

7. Vgl. z. B. John DiNardo, Nicole M. Fortin und Thomas Lemieux (1996), Labour market institutions und the distribution of wages, 1973-1992: A semiparametric approach, Econometrica, Bd. 64, Ausg. 5, S. 1001-1044; und Mariano Bosch und Marco Manacorda (2010) Minimum wages und Earnings inequality in Urban Mexico, Centre for Economic Policy Research, Discussion Paper 7882.

8. IAO (2012) Globaler Lohnbericht 2012/2013, Genf, S. xiv-xvi .

9. David Card und Alan Krueger (1994) Minimum Wages und Employment: A Case Study of the Fast-Food Industry in New Jersey und Pennsylvania, American Economic Review, Bd. 84, Ausg. 4, September, S. 772-793.

10. David Card und Alan Krueger (1995) Myth and Measurement: The New Economics of the Minimum Wage, Princeton University Press.

11. Richard Dickens und Alan Manning (2004) Has the national minimum wage reduced UK wage inequality?, Journal of the Royal Statistical Society: Series A (Statistics in Society), Bd. 167, Ausg. 4, S. 613–626.

12. Industrial Relations Services (2001) Pay and Benefits Bulletin, März.

13. Fiscal Policy Institute (2006) States with Minimum Wages above the Federal Level have had Faster Small Business und Retail Job Growth, März.

14. Patrick Belser und Uma Rani (2010) Extending the coverage of minimum wages in India: Simulations from household data, IAO, Conditions of Work und Employment Programme, Nr. 26; Sara Lemos (2009) Minimum wage effects in a developing country, Labour Economics, Bd. 16, Ausg. 2, April, S. 224–237; Natalie Chun und Niny Khor (2010) Minimum wages wages and changing wage inequality in Indonesia, Asian Development Bank, Economics Working Paper Series, Nr. 196, März; Haroon Bhorat, Kanbur, Mayet (2012) Minimum wage violation in South Africa, International Labour Review, IAO, Bd. 151, Ausg. 3, S. 277-287.

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21. Syliva Allegretto, Arindrajit Dube, Michael Reich (2011) Do Minimum Wages Really Reduce Teen Employment? Accounting for Heterogeneity und Selectivity in State Panel Data, Industrial Relations, Bd. 50, Nr. 2, April, also abrufbar unter: http://www.escholarshiS.org/uc/item/7jq2q3j8.

22. Dieses Phänomen wurde in Ländern Lateinamerika am meisten deutlich, so belegt in T.H. Gindling und Katherine Terrell (2004) Legal Minimum Wages and the Wages of Formal and Informal Sector Workers in Costa Rica, IZA Discussion Paper 1080, Bonn; Sara Lemos (2004) The Effects of Minimum Wage in the Formal and Informal Sectors in Brazil, IZA Discussion Paper 1089, Bonn; Pablo Fajnzylber (2001) Minimum Wage Effects throughout the Wage Distribution: Evidence from Brazil’s Formal and Informal Sectors, Centro de Desenvolvimento e Planejamento Regional, Working Paper Series 151, Brazil; William Maloney und Jairo Mendez (2004) Measuring the Impact of Minimum Wages: Evidence from Latin America, In: James Heckman und Carmen Pagés (Hrsg.), Law and Employment: Lessons from Latin America and the Caribbean, University of Chicago Press S. 109-130; Janine Berg (2010) Laws or luck? Understanding ringing formality in Brazil in the 2000s, MPRA Paper 43608, Universitätsbibliothek München, Deutschland.

23. Cuong Nguyen (2011) Do Minimum Wage Increases Cause Inflation? Evidence from Vietnam, MPRA Working Paper Nr. 36750, München, 20. März.

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26. IAO-Verfassung (1919), Beilage, Artikel III (b).

27 Es heißt: „Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen“, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (1948) Art. 23, Abs. 3.

28. Es heißt: „Alle Arbeitnehmer haben das Recht auf ein gerechtes Arbeitsentgelt, das ihnen und ihren Familien einen angemessenen Lebensstandard sichert“, Europäische Sozialcharta (1961) Präambel, Teil 1, Punkt 4.

29. IAO (1967) Report of the meeting of experts on minimum wage fixing und related problems, with special reference to developing countries, presented at the 170th session of the Governing Body of November, Genf, S. 10.

30. IAO (2008) Globaler Lohnbericht 2008/2009, Genf, S. 34.

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33. Amy K. Glasmeier (2012) the Massachusetts Institute of Technology, abrufbar unter: http://livingwage.mit.edu/.

34. Richard Anker (2011) Estimating a living wage: A methodological review, IAO, Conditions of Work und Employment Series Nr. 29, S. 22-24.

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37. Patrick Belser und Kristen Sobeck (2012) At what level should countries set their minimum wage?, International Journal of Labour Research, Bd. 4, Ausg. 1, S. 108-109.

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44. Karl Brenke und Gert Wagner: „Ungleiche Verteilung der Einkommen bremst das Wirtschaftswachstum“, in: Wirtschaftsdienst, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik des Leibniz-Informationszentrums Wirtschaft, Heft 2, Februar 2013, S. 114.

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51. Matthias Günther: Regionale Mindestlohnwirkung, Eduard Pestel Institut (Hannover), in Auftrag gegeben von Ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft und Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, April 2013, S. 3.

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57. Weltbank: Weltentwicklungsindikatoren, 2013.

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73. Ben Bland: „Rupiah slide hits Indonesian manufacturers at worst possible time“, in: Financial Times, 27. August 2013, und „Indonesia trade deficit hits $2.3bn as inflation soars“, in: Financial Times, 2. September 2013.

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80. IAO: Globale Lohndatenbank, 2013.

81. Catherine Saget: Fixing Minimum Wage Levels in Developing Countries. Common Failures and Remedies, IAO, Conditions of Work and Employment Programme, Jakarta 2006, S. 13.

82. Graciela Mazzuchi: Labour relations in Uruguay 2005-2008, IAO, Industrial and Employment Relations Department Working Paper Nr. 6, November 2009, S. 9-11.

83. IAO: Uruguay - Minimum Wages - 2011, Conditions of Work and Employment Programme, TRAVAIL-Rechtsdatenbanken, 2011, abrufbar unter http://www.ilo.org/dyn/travail/travmain.sectionReport1?p_lang=en&p_structure=1&p_year=2011&p_start=1&p_increment=10&p_sc_id=1&p_countries=UY&p_print=Y.

84. Graciela Mazzuchi, Labour relations in Uruguay 2005-2008, IAO, Industrial and Employment Relations Department Working Paper Nr. 6, November 2009, S. 18.

85. Berechnungen basieren auf Daten der Nationalen Statistikbehörde Uruguays, 2013.

86. IWF: Datenbank „World Economic Outlook“, 2013; Nationale Statistikbehörde Uruguays, 2013.

87. IAO: Datenbank „Key Indicators of the Labour Market“ (KILM), 2013.

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91. Kongress der Vereinigten Staaten: Trends in the Distribution of Household Income between 1979 and 2007, Congressional Budget Office, A CBO Study, Oktober 2011, S. 19-24.

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94. http://www.cnn.com/2013/12/02/opinion/trumpka-owens-minimum-wage/

95. Ibid, S. 14-17 und 51.

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98. Eric Brown: „US Minimum Wage Should Be $22 An Hour, Says Elizabeth Warren“, in: International Business Times, 18. März 2013, abrufbar unter http://www.ibtimes.com/us-minimum-wage-should-be-22-hour-says-elizabeth-warren-1134793.

99. Economic Policy Institute: Declining value of the federal minimum wage is a major factor driving inequality, Issue Brief, 351, 21. Februar 2013, S. 2.

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101. US Bureau of Labor Statistics: Wages and Hours Worked: Minimum Wage and Overtime Pay, 2013, abrufbar unter http://www.dol.gov/compliance/guide/minwage.htm.

102. Anthony Tucci: „U.S. Department of Labor Extends Minimum Wage & Overtime Protections to Home-Care Workers; California Goes a Step Further“, Weinberg, Roger und Rosenfeld, 30. September 2013, abrufbar unter http://www.unioncounsel.net/developments/private_sector/us_department_of_labor_extends.html.

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104. David Card und Alan Krueger: „Minimum Wages and Employment: A Case Study of the Fast-Food Industry in New Jersey and Pennsylvania“, in: American Economic Review, Bd. 84, Nr. 4, September 1994, S. 772-793.

105. Arindrajit Dube, William Lester und Michael Reich: „Minimum wage effects across state borders: estimates using contiguous counties“, in: The Review of Economics and Statistics, November 2010, Bd. 92, Ausgabe 4, S. 945-964.

106. Daily Mail: „How McDonald‘s workers CAN‘T live on their minimum wages: Fast food giant sets up website to help their employees budget better... and it recommends they get a second job“, 17. Juli 2013, abrufbar unter http://www.dailymail.co.uk/news/article-2366370/Sample-budget-given-McDonalds-workers-proves-CANT-live-minimum-wages-need-second-job-make-ends-meet.html#ixzz2b5nmkYzH.

107. Karen McVeigh: „Fast-food workers continue fight against low wages: ‚This is our right‘“, in: The Guardian, 29. August 2013, abrufbar unter http://www.theguardian.com/world/2013/aug/29/fast-food-workers-low-pay-nationwide-walkout?INTCMP=ILCNETTXT3487.

108. Miguel Parra: A Cautionary tale, Oxfam Briefing Paper, September 2013, S. 18.

109. IWF: Datenbank „World Economic Outlook“, 2013.

110. IAO: Decent Work Country Profile – Zambia, Genf 2012, S. vii.

111. Ibid, S. 11.

112. Zentrales Statistikamt von Sambia: Living Conditions Monitoring Survey Report, Lusaka, 26. März 2012, S. 103-104.

113. IAO: Decent Work Country Profile – Zambia, Genf 2012, S. x.

114. Zentrales Statistikamt von Sambia: Living Conditions Monitoring Survey Report, Lusaka, 26. März 2012, S. 147-151.

115 Ibid, S. 158 - 167.

116 Ibid, S. 172 und 180.

117. IRIN. Humanitäre Nachrichten und Analysen. Ein Service des UN-Amtes für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten: „Zambia: Dreaming of a minimum wage“, 10. August 2012, abrufbar unter http://www.irinnews.org/report/96073/zambia-dreaming-of-a-minimum-wage.

118. Andrew England: „Zambia’s populist King Cobra rattles business“, in: Financial Times, 15. Mai 2013, abrufbar unter http://www.ft.com/intl/cms/s/0/7cf754b0-bbdc-11e2-82df-00144feab7de.html?siteedition=intl&siteedition=intl#axzz2eTJJttQh.

119. Diese gesetzlichen Regelungen umfassen: die Verordnung über den Mindestlohn sowie die Beschäftigungsbedingungen im Allgemeinen, die Verordnung über den Mindestlohn und die Beschäftigungsbedingungen für Ladenpersonal und die Verordnung über den Mindestlohn und die Beschäftigungsbedingungen von Hausangestellten.

120.IAO: Decent Work Country Profile – Zambia, Genf 2012, S. 17-19.

121. Die Berechnungen basieren auf der globalen Lohndatenbank der IAO (2013); der zugrunde gelegte aktuelle Wechselkurs beträgt 5.345 sambische Kwacha pro US$.

122. Zentrales Statistikamt von Sambia: Living Conditions Monitoring Survey Report, Lusaka, 26. März 2012, S. 178.

123. UK Zambians: „New Minimum Wage is responsive to cost of Living, says JCTR“, 13. Juli 2012, abrufbar unter http://ukzambians.co.uk/home/2012/07/13/new-minimum-wage-is-responsive-to-cost-of-living-says-jctr/.

124. IRIN. Humanitäre Nachrichten und Analysen. Ein Service des UN-Amtes für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten: „Zambia: Dreaming of a minimum wage“, 2012.

125. Afro Barometer: Pressemitteilung für Sambia, Lusaka, August 2013, S. 4-5.

126. Andrew England: „Zambia’s populist King Cobra rattles business“, in: Financial Times, 15. Mai 2013, abrufbar unter http://www.ft.com/intl/cms/s/0/7cf754b0-bbdc-11e2-82df-00144feab7de.html?siteedition=intl&siteedition=intl#axzz2eTJJttQh;

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IRIN. Humanitäre Nachrichten und Analysen. Ein Service des UN-Amtes für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten: „Zambia: Dreaming of a minimum wage“, 2012.

127. Zentrales Statistikamt: The Monthly, Bd. 124, März 2013, S. 1, abrufbar unter http://www.zamstats.gov.zm/report/Monthly/Vol%20124%202013%20The%20Monthly%20August.pdf.

128. Ministerium für Arbeit und soziale Sicherheit: Labour Force Survey Report 2008, Zentrales Statistikamt, Lusaka, August 2011, S. viii; Ministerium für Arbeit und soziale Sicherheit: Preliminary Results of the 2012 Labour Force Survey, Zentrales Statistikamt, Lusaka, Mai 2013, S. 9.

129. YEZI Consulting & Associates: Political Governance Study in Zambia, in Auftrag gegeben von Diakonia Zambia mit finanzieller Unterstützung von der Europäischen Union, SIDA und Diakonia an: Non-State Actors – Building Democratic Culture in Rural Communities Project, Lusaka, März 2013, S. 24.

130. Robin Wigglesworth: „Zambian bonds: a safer bet than Spain’s?“, in: Financial Times, 14. September 2012, http://blogs.ft.com/beyond-brics/2012/09/14/zambian-bonds-a-safer-bet-than-spains/#axzz2emmbeejZ.

131. Andrew England: „Zambia’s populist King Cobra rattles business“, in: Financial Times, 15. Mai 2013.

132. Berg, Janine: Labour Market Institutions: The Building Blocks of Just Societies, IAO, Genf (erscheint in Kürze).

133. Vereinte Nationen: The Inequality Predicament: Report on the World Social Situation 2005, New York 2005, S. 3.

134. Tim Harford: „How the rich are making sure they stay on top“, in: Financial Times, 16. August 2013.

135. IAO-Verfassung (1919), Beilage, Artikel III (d).

136. Vereinte Nationen: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 1948, 194.

137. Siehe Richard Anker: Estimating a living wage: A methodological review, IAO, Genf 2011.

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