Fukushima I - Ärztlicher Kreis- und Bezirksverband München · (10 Liter Durchfluss/s; oder 1,6...

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Fukushima I was sich bei dem katastrophalen Reaktorunfall in Japan ereignete Klaus Schreckenbach TU München ÄKBV 12.5.2011 TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN

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Fukushima I was sich bei dem katastrophalen Reaktorunfall in Japan ereignete

Klaus Schreckenbach

TU München

ÄKBV 12.5.2011

TECHNISCHEUNIVERSITÄTMÜNCHEN

Opfer: 14.755 Vermisste: 10.706 (Offizielle Zahlen vom 20.4.2011)

© dapd

• 11. März 2011

• Uhrzeit: 14:46:23 (06:46:23 MEZ)

• Intensität VII (JMA-Skala)

• Magnitude 9,0 (Richterskala)

• Tiefe 32 km

• Epizentrum 130 km von Sendai

Erdbeben und Tsunami, Japan

• Ca. 30% des Stroms aus Kernenergie

• 54 Reaktoren

Kernenergie in Japan hier: im Bereich um das Erdbeben

© NISA

(elektrisch)

Zentrum des Erdbebens

11.3.2011, 55 min nach dem Erdbeben:

Das Gelände der Fukushima Reaktoren wird überflutet, da der Tsunami-Schutz nicht hoch genug war

Fukushima II (Daini) Fukushima I (Daiichi)

2 to 3 m inundation height on side of unit 1 building

Höhenniveaus Fukushima I (Daiichi)

Fukushima I vor dem Tsunami

© IAEA

nachher

Prinzip eines Siedewasser Reaktors (SWR)

Brennelementlagerbecken

Reaktordruckbehälter

Kondensationskammer

Fukushima I Siedewasserreaktoren

Typ Mark I, GE

Äußeres Containment aus Beton

Quelle: Areva

Sicherheitsbehälter

‚Service Raum‘

Zustand der Fukushima I Reaktoren vor dem Erdbeben:

Reaktorblock 1,2,3 in Betrieb mit thermischer Leistung 1300 bzw. 2300 MW

Reaktorblock 4,5,6 abgeschaltet aber noch benutzte Brennelemente

Zustand der Reaktoren unmittelbar nach dem Erdbeben:

Alle Reaktoren automatisch abgeschaltet (1,2,3 durch Erdbebensensor)

Verlust einer äußeren Stromversorgung der Anlage

Nachkühlung der Reaktorkerne läuft an mit Dieselaggregaten, stabile Situation der Anlage

Zustand nach dem Tsunami

Externe Stromzuführung und interne Dieselaggregate zerstört, Schäden an Kühlleitungen, …

Kurzfristig Kühlung mit selbstlaufender Dampfpumpe und Batteriesteuerung

Langfristig Problem mit der Nachkühlung der Brennelemente

Probleme auch mit Wärmeentwicklung der Brennelemente im Lagerbecken (0.3 …2 MW)

Kühlung durch Zufuhr von Seewasser und dann Süßwasser mit externen Pumpen

Kühlung nach dem Abschalten des Reaktors erforderlich! Radioaktiven Spaltprodukte aus Reaktorbetrieb erzeugen noch Wärme (Nachzerfallswärme): 6% der ursprünglichen Reaktorleistung unmittelbar nach Abschalten: 1% nach 1 h 0.28% nach 5 Tagen 0.15% nach 20 Tagen … Beispiel: Fukushima I, Reaktorblock 2:

thermische Leistung bei Betrieb: 2300 MW (erzeugt 760 MW elektrisch)

Nach 5 Tagen : 2300 MW x 0.0028= 6,7 MW (=> Kühlung mit 19 Liter Wasser-Durchfluss pro Sekunde bei 80°C Erwärmung; oder Verdampfung von 3 Liter Wasser pro Sekunde)

Nach 20 Tagen: 3,5 MW (10 Liter Durchfluss/s; oder 1,6 Liter Verdampfung/s) Auch im Brennelement Lagerbecken mit je 1000 bis 1500 Kubikmeter Wasser muss Wasser nachgefüllt werden (Restwärme der gelagerten BE war 0,3 ..2 MW pro Lagerbecken)!

Die Nachwärme wurde nicht mehr ausreichend abgeführt:

Wasser verdampft

Druck im Reaktordruckbehälter steigt

der Reaktorkern überhitzt sich

Radioaktive Spaltprodukte werden aus den beschädigten BE freigesetzt (beginnt ab ca. 900 °C)

Wasserstoff entsteht ab ca. 1000 °C aus Wasser + Zirkonium der BE Hüllen

Der Überdruck wird über den mit Filtern versehenen Service Raum abgelassen

Explosion des Wasserstoffs im Serviceraum

Emission von Spaltprodukten in die Umgebung

Zuführung und Ablassen von Kühlwasser: radioaktiv kontaminiertes Wasser

Source: AREVA

Wasserstoff Radioaktive Substanzen

Zeit

Fr., 11. März 14:46 Uhr: Erdbeben ca. 1 Std. später Tsunami 18:00 Uhr: Kühlung in Block 1 ausgefallen

Chronologie der Ereignisse in den ersten Tagen

Sa., 12. März 14:30 Uhr: Kontrollierter Druckablass in Block1

15:36 Uhr: Wasserstoffexplosion in Block 1

22:30 Uhr: Block 1 mit Meerwasser gekühlt

So., 13. März 5:30 Uhr: Kühlung in Block 3 ausgefallen, Kernschaden nicht ausgeschlossen

Mo., 14. März 11:00 Uhr: Wasserstoffexplosion in Block 3

13:25 Uhr: Kühlung im Block 2 ausgefallen

20:12 Uhr: Kontrollierter Druckablass in Block 2, Kernschaden nicht ausgeschlossen

derzeitig angestrebte Kühlung (bisher nur zum Teil gelungen):

Fluten des Reaktordruckbehälters und des Sicherheitsbehälters

Source: AREVA

Ziel: normale Kühlsysteme wieder anschließen! „Kaltfahren“

Insbesondere bei der Druckminderung des Sicherheitsbehälters und dem Wasserverlust im Lagerbecken des Reaktors 4 wurden radioaktive Gase und Aerosole freigesetzt (Abschätzung der Japaner: insgesamt ca 10% relativ zu Tschernobyl), welche je nach Wind über das Meer oder Land sich ausbreiteten. Hauptnuklide 131 I (8 Tage Halbwertszeit) und 137Cs (30 Jahre Halbwertszeit) sowie Edelgase.

Abgabe von Wasser, gezielt oder durch Lecks ins Meer

Die japanische Regierung evakuierte die Bevölkerung in einem Umkreis von 20 km

Bodenproben obere 5 cm in diesem evakuierten Bereich: 4 km Abstand von den Reaktoren Richtung WNW 380 kBq/kg 137Cs 2 km Richtung WSW 120kBq/kg 137Cs

Emission von Radioaktivität in die Umgebung

Unterschiedliche Skalen für die Dosisleistung!

Tschernobyl, 1986

Fukushima 2011 Three Mile Island, 1979

Forsmark, 2006

INES-Skala (‚International Nuclear Event Scale‘) Fukushima: in Kat 7 wegen erheblicher Emission von radioaktiven Stoffen

Zusammenfassung: Der Tsunami nach dem starken Erdbeben in Japan vom 11.März 2011 hat einen katastrophalen Unfall an den Reaktorblöcken Fukushima I bewirkt

Die Reaktoren 1-3 schalteten mit dem Erdbeben automatisch vor dem Tsunami ab (Die Reaktoren 4-6 waren nicht im Leistungsbetrieb).

Der Tsunami nach einer Stunde war mit ca. 14 m war höher als die Schutzwälle und beschädigten die Notstrom- und Kühlwasserversorgung der gesamten Anlage von 6 Reaktoren

Die Nachzerfallswärme der Brennelemente konnte nicht mehr geregelt abgeführt werden und die Kühlung der Brennelemente ist auch jetzt noch nicht im Normalbetrieb

Die Brennelemente überhitzten sich und erlitten ernsten Schaden mit Freisetzung von radioaktiven Stoffen und Wasserstoff (Explosionen); auch Freisetzungen aus BE Lagerbecken.

Die Freisetzung entspricht nach derzeitigen Schätzungen etwa 10% von Tschernobyl; Wind war meistens günstig Richtung Meer.

Evakuierungen wurden rechtzeitig durchgeführt, vorübergehend auch Einschränkungen im Lebensmittelvertrieb. Schädliche Strahlenwirkung für Bevölkerung ist somit begrenzt.

Bedienungspersonal des Reaktors: Nach den japanischen Behörden 4 Todesfälle (nicht durch Strahlenwirkung), 21 Personen mit 100 mSv bis 250 mSv bestrahlt.

Die langfristigen Auswirkungen auf die Umgebung (Bewohnbarkeit) werden erst im Laufe des Jahres voll erfasst werden

Die japanisch Regierung erwirkte vor kurzem die Abschaltung der Reaktoren Hamaoka (200 km SW von Tokio, insgesamt 3.6 GWe) wegen mangelnder Vorsorge gegen Erdbeben(Tsunami)

Weltweite Diskussion um Nutzen und Gefahren der Kernenergie!

Noch zwei Folien zum Nachdenken über die Diskussion zur Kernenergie und

unseren Stromkonsum

Stromverbrauch pro BIP (blaue Kurve) bez. pro Einwohner (rote Kurve) in Deutschland seit 1990

Stromverbrauch pro Einwohner:

15% Zunahme seit 1993!

Entwicklung des Stromverbrauchs in Deutschland

Bei gleichbleibendem Stromverbrauch von 1960 würde Wasserkraft heute den gesamten Strombedarf von Bayern abdecken!

Wie Bayern im Wandel der Jahre seinen Strom erzeugte:

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Weiterführende Links: (von diesen und anderen Quellen wurden auch die gezeigten Bilder und Darstellung entnommen)

• www.grs.de (Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit)

• www.tepco.co.jp/en (Betreiber TEPCO der Fukushima-Anlage)

• www.nisa.meti.go.jp/english (Nuclear and Industrial Safety Agency)

• www.iaea.org (Internationale Atomenergiebehörde)

• www.jaif.or.jp/english (Japanische Atomindustrie)

• www.bfs.de (Bundesamt für Strahlenschutz)

• www.vgb.org (Verband der Großkessel Besitzer, Essen )