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Geburtseinleitung oder abwarten- des Management bei Gestationsdi- abetes am Termin Ein Literaturreview Bachelor-Thesis Mirjam Kasper Désirée Pfander Berner Fachhochschule Fachbereich Gesundheit Bachelor of Science Hebamme Bern, 2017

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Geburtseinleitung oder abwarten-

des Management bei Gestationsdi-

abetes am Termin

Ein Literaturreview

Bachelor-Thesis

Mirjam Kasper

Désirée Pfander

Berner Fachhochschule Fachbereich Gesundheit

Bachelor of Science Hebamme

Bern, 2017

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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Inhaltsverzeichnis

1 Abstract ............................................................................................................. 4

2 Abkürzungsverzeichnis .................................................................................... 5

3 Glossar............................................................................................................... 6

4 Einleitung, Fragestellung, Zielsetzung ............................................................ 7

4.1 Problembeschreibung ........................................................................... 7

4.2 Zielsetzung ............................................................................................ 8

4.3 Fragestellung ........................................................................................ 9

4.4 Eingrenzung .......................................................................................... 9

5 Theoretischer Bezugsrahmen .......................................................................... 9

5.1 Gestationsdiabetes ..............................................................................10

5.2 Geburtsmanagement............................................................................13

5.3 Beratung ..............................................................................................14

5.4 Entscheidungsfindung ..........................................................................17

6 Methoden ..........................................................................................................21

6.1 Suchstrategie .......................................................................................21

6.2 Auswahlstrategie ..................................................................................22

6.3 Kritische Würdigung .............................................................................22

6.4 Analyse ................................................................................................24

7 Ergebnisse ........................................................................................................25

7.1 Such- und Auswahlergebnisse .............................................................25

7.2 Beschreibung der eingeschlossenen Studien und Leitlinien .................27

7.3 Ergebnisse der Studien und Leitlinien ..................................................42

7.3.1 Maternale Outcomes ............................................................................42

7.3.2 Neonatale Outcomes............................................................................46

7.3.3 Ergebnisse aus den Leitlinien ...............................................................52

7.4 Gesamtsynthese ..................................................................................53

8 Diskussion ........................................................................................................54

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8.1 Stärken und Schwächen des Literaturreviews ......................................54

8.2 Stärken und Schwächen der Studien und Leitlinien ..............................55

8.3 Diskussion der Ergebnisse ...................................................................64

8.3.1 Maternale Outcomes ............................................................................64

8.3.2 Neonatale Outcomes............................................................................66

8.4 Beantwortung der Fragestellungen.......................................................70

9 Schlussfolgerungen .........................................................................................73

10 Literaturverzeichnis .........................................................................................74

11 Abbildungsverzeichnis ....................................................................................80

12 Tabellenverzeichnis .........................................................................................80

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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1 Abstract

Einleitung: In den letzten Jahren wurde eine deutliche Zunahme der Prävalenz von

Gestationsdiabetes beobachtet. Heute sind zwischen 3 und 4 % aller Schwangeren in

der Schweiz davon betroffen. Der optimale, risikoärmste Geburtszeitpunkt bei Frauen

mit GDM wird aktuell unter Fachpersonen diskutiert. Im vorliegenden Literaturreview

wird analysiert, ob die Geburtseinleitung oder das abwartende Management bei Gesta-

tionsdiabetes am Termin bei einer Einlingsschwangerschaft zu einem besseren mater-

nalen und neonatalen Outcome führt, welche Informationen Betroffene benötigen und

wie sie anhand der aktuellen Evidenz eine individuelle Entscheidung treffen können.

Methode: Mithilfe einer Literaturrecherche in den Datenbanken MIDIRS, PubMed und

Cochrane inklusiv Handsuche wurden neun quantitative Studien und drei Leitlinien zur

Beantwortung der Fragestellung gefunden. Diese Literatur wurde mittels Analyseraster

auf ihre Qualität geprüft. Es wurden Outcomes definiert und in zwei Hauptkategorien –

maternale und neonatale Outcomes – eingeteilt. Die Unterschiede und Gemeinsamkei-

ten der Ergebnisse wurden beschrieben und in einer Gesamtsynthese zusammenge-

fasst.

Ergebnisse: Beim Vergleich der Geburtseinleitung mit dem abwartenden Management

wird ein signifikant häufigeres Auftreten von Hyperbilirubinämie bei Geburtseinleitung

mit 38 Schwangerschaftswochen beobachtet. Widersprüchliche Resultate treten be-

züglich Atemnotsyndrom, Geburtsgewicht, Hypoglykämie, Notwendigkeit von intensiv-

medizinischer Betreuung, Makrosomie sowie der Rate an Sectio caesarea auf. Es wer-

den keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf Dammverletzung, vaginal-operative

Entbindung, postpartale Hämorrhagie, APGAR-Score, kombinierte neonatale Morbidi-

tät, large for gestational age, Mortalität und Schulterdystokie festgestellt.

Diskussion/Schlussfolgerungen: Frauen mit Gestationsdiabetes werden in den Stu-

dien während der Schwangerschaft unterschiedlich therapiert. Auch die Einleitungsme-

thoden werden verschieden gewählt. Diese Ausgangslage erschwert die Interpretation

der Ergebnisse und kann nebst weiteren Risikofaktoren Einfluss auf das Geburtsma-

nagement nehmen. Es kann jedoch gezeigt werden, dass eine Geburtseinleitung vor

39 0/7 SSW negative neonatale Auswirkungen haben kann. Eine abschliessende Emp-

fehlung zur Geburtseinleitung oder zum abwartenden Management bei Frauen mit Ge-

stationsdiabetes ist mit der aktuellen Evidenz nicht möglich. Betroffene sollten deshalb

eine Entscheidung mithilfe des Modells Shared Decision Making treffen können.

Schlüsselwörter: Gestationsdiabetes mellitus, Geburtseinleitung, abwartendes Ma-

nagement, Geburtszeitpunkt, Beratung, Shared Decision Making

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2 Abkürzungsverzeichnis

ACOG

ADA

AHCPR

ANS

AWMF

ÄZQ

BFH

BMI

DDG

DELBI

DGGG

DHV

FIGO

GCT

American College of Obstetricians and Gynecologists

American Diabetes Association

Agency for Health Care Policy and Research

Atemnotsyndrom

Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen

Fachgesellschaften

Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin

Berner Fachhochschule

Body-Mass-Index

Deutsche Diabetes Gesellschaft

Deutsches Instrument zur Methodischen Leitlinienbewertung

Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe

Deutscher Hebammenverband

International Federation of Gynecology and Obstetrics

Glukose Challenge Test

GDM

GRADE

IADPSG

KI

LGA

NICE

oGTT

p

PGE2

RCT

Sectio

SIGN

SSW

Gestationsdiabetes mellitus

Grading of Recommendations Assessment, Development and

Evaluation

International Association of Diabetes and Pregnancy Study

Groups

Konfidenzintervall

Large for gestational age

National Institute for Health and Care Excellence

Oraler Glukosetoleranztest

P-Wert

Prostaglandin E2

Randomisierte kontrollierte Studie(n)

Sectio caesarea

Scottish Intercollegiate Guidelines Network

Schwangerschaftswoche(n)

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6

3 Glossar

APGAR-Score

BMI

Diabetes mellitus

Typ 1

Diabetes mellitus

Typ 2

Erythropoese

Hypertrophie

Hyperplasie

Insulinresistenz

Insulinsensitivität

LGA

Makrosomie

Sensitivität

Standardisiertes Punkteschema zur klinischen Beurteilung des

Neugeborenen ein, fünf und zehn Minuten nach der Geburt

Masszahl zur Bewertung des Körpergewichts in Relation zu sei-

ner Körpergrösse (kg/m²)

Absoluter Insulinmangel bei Autoimmunerkrankung mit Zerstö-

rung der insulinproduzierenden Betazellen des Pankreas

Relativer Insulinmangel bei gestörter Insulinsekretion aus dem

Pankreas

Bildung von reifen Erythrozyten

Zunahme des Zellvolumens

Zunahme der Zellzahl

Vermindertes Ansprechen der Körperzellen auf Insulin

Ansprechbarkeit der Körperzellen auf Insulin

Geburtsgewicht >90. Perzentile

Geburtsgewicht >4000g

Prozentsatz erkrankter Personen, die durch Anwendung eines

Tests tatsächlich erkannt werden

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4 Einleitung, Fragestellung, Zielsetzung

4.1 Problembeschreibung

Ca. 3,7 % aller Schwangeren sind von einem Gestationsdiabetes mellitus (GDM) be-

troffen (Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften

[AWMF], 2011). Seit 2002 wird eine kontinuierlich zunehmende Prävalenz beobachtet.

Gründe hierfür könnten das häufigere Screening der Schwangeren (Deutscher Heb-

ammenverband [DHV], 2014), sowie Umweltfaktoren, Lebensstil mit Bewegungs-

mangel und hochkalorischer Ernährung und zunehmende Anzahl übergewichtiger

Schwangeren sein (AWMF, 2011). Durch die Zunahme betroffener Frauen begegnen

Hebammen diesem Krankheitsbild in ihrem Arbeitsalltag häufiger. Der GDM wird oft in

Verbindung mit Risiken für Mutter und Kind gebracht. Die AWMF (2011) beschreibt in

ihrer Leitlinie, die aktuell auf ihre Gültigkeit überprüft wird, ein erhöhtes maternales

Risiko für Harnwegsinfekt, schwangerschaftsinduzierte Hypertonie, Präeklampsie, Sec-

tio caesarea (Sectio), Dammriss Grad III°/IV° und transfusionspflichtige postpartale

Hämorrhagie. Frühgeburtlichkeit, Makrosomie und Schulterdystokie werden als neona-

tale Gefahren genannt. Diese zahlreichen möglichen Komplikationen führen in der Pra-

xis zu Auseinandersetzungen über den optimalen Geburtszeitpunkt. Es geht insbeson-

dere darum, ob und in welcher Schwangerschaftswoche (SSW) eine Geburt eingeleitet

werden sollte, um die bestmögliche Gesundheit für Mutter und Kind zu erreichen.

Das Dilemma besteht darin, dass auch die Geburtseinleitung Gefahren birgt. Zimmer-

mann (2012) beschreibt beispielsweise erhöhte Risiken für Uterusruptur, Dystokie,

Uterusatonie, protrahierter Geburtsverlauf, traumatisches Geburtserleben, Pathologien

in der Kardiotokografie und Einstellungsanomalien. Zudem ist eine Einleitung eine ein-

schneidende Intervention in den Geburtsprozess und erfordert daher eine sorgfältige

Entscheidungsfindung (Enkin et al., 2006). Demzufolge wird die Geburtseinleitung bei

GDM im interdisziplinären Team oft diskutiert. Den Autorinnen ist in der Praxis aufge-

fallen, dass zwischen den Berufsgruppen eine Meinungsdiskrepanz bezüglich Ge-

burtseinleitung bei GDM vorliegt.

Diese herausfordernde Situation zeigt sich auch in der Literatur durch Unterschiede in

der Handhabung dieser Thematik. Die Weisung der Universitätsklinik für Frauen-

heilkunde Bern (Raio, Stettler, Schuller, Suter & Surbek, 2014) besagt, dass bei gut

eingestelltem GDM mit unauffälliger Fruchtwassermenge und altersentsprechendem,

fetalem Wachstum im Ultraschall eine Geburtseinleitung spätestens am Termin erfol-

gen sollte. Demgegenüber empfiehlt eine Richtlinie eines Regionalspitals im Kanton

Bern eine Geburt bei gut eingestelltem, insulinpflichtigem GDM ab dem Geburtstermin

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(40 0/7 SSW) und bei diätetisch gut eingestelltem GDM das übliche Management bei

Terminüberschreitung. Ist ein GDM um den Termin schlecht eingestellt, empfiehlt die

Richtlinie des Regionalspitals im Kanton Bern eine Einleitung ab der 38 0/7 SSW,

wenn ein Verdacht auf Makrosomie und Polyhydramnion besteht. Laut der Weisung

der Universitätsklinik für Frauenheilkunde Bern (Raio, Stettler, Schuller, Suter &

Surbek, 2014) ist eine Einleitung in diesem Fall zwischen 38 0/7 und 39 0/7 SSW indi-

ziert.

Sowohl die Literatur wie auch die Meinungen von Fachpersonen zeigen unterschiedli-

che Vorgehensweisen auf. Grund hierfür könnte einerseits die Aktualität dieser Thema-

tik mit kürzlich veröffentlichten Studien (Alberico et al., 2016; Feghali, Caritis, Catov &

Scifres, 2016; Grabowska, Stapińska-Syniec, Saletra, Jarmużek & Bomba-Opoń, 2017;

Melamed et al., 2016; Worda, Bancher-Todesca, Husslein, Worda & Leipold, 2017)

sein. Andererseits vermuten die Autorinnen, dass es keinen eindeutigen Weg gibt und

jeder Schwangerschaftsverlauf individuell betrachtet werden muss. Das Abwägen der

Nutzen beziehungsweise Risiken ist angezeigt. In diesen Prozess sollten die Frauen

integriert werden, da es um ihren Körper und ihre Gesundheit geht. Die Autorinnen

sehen die Aufgabe der Hebamme darin, die Frauen und ihre Familie zu unterstützen

und sie in Entscheidungen betreffend ihrer Betreuung aktiv einzubeziehen (Schweize-

rischer Hebammenverband, 1994). Um den Schwangeren diese individuelle Entschei-

dung zu ermöglichen, ist die Kenntnis als Hebamme über die Evidenz zu dieser The-

matik unabdingbar.

4.2 Zielsetzung

Ziel dieser Bachelor-Thesis ist es, mithilfe eines Literaturreviews die Geburtseinleitung

mit dem abwartenden Management bei Gestationsdiabetes am Termin zu vergleichen

und zu diskutieren. Mit den gewonnenen Erkenntnissen aus dem Literaturreview beab-

sichtigen die Autorinnen, eine aktuelle und evidenzbasierte Empfehlung für die Praxis

abzugeben und den betroffenen Schwangeren eine aufgeklärte Entscheidung zu er-

möglichen.

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4.3 Fragestellung

Basierend auf der Zielsetzung ergeben sich nachfolgende Fragen:

- Führt die Geburtseinleitung oder das abwartende Management bei Gestations-

diabetes am Termin bei Einlingsschwangerschaft zu einem besseren Outcome

für Mutter und Kind?

- Welche Informationen benötigen Frauen mit GDM, um eine Entscheidung tref-

fen zu können?

- Wie kann die Hebamme die evidenzbasierte Empfehlung den Frauen mit GDM

vermitteln?

Die erste Frage wird durch die Bearbeitung der Literatur, die zweite und dritte Frage

mithilfe des theoretischen Bezugsrahmens und der Diskussion beantwortet.

4.4 Eingrenzung

In der Arbeit werden Studien, Reviews und Leitlinien mit Geburten zwischen 37 0/7 und

42 0/7 SSW von Frauen mit GDM und einer Einlingsschwangerschaft untersucht. So-

wohl diätetisch wie auch medikamentös therapierter GDM werden in diesem Literatur-

review analysiert.

5 Theoretischer Bezugsrahmen

Um das komplexe Krankheitsbild des GDM besser zu verstehen, wird in diesem Kapitel

auf die Grundlagen eingegangen. Die Definition des GDM, die Pathogenese sowie die

Prävalenz werden erläutert. Die Folgen des GDM für Mutter und Kind, die Risikofakto-

ren für einen GDM und die Diagnostik zur Erkennung eines GDM werden erklärt. Zu-

dem werden die möglichen Therapien nach Diagnosestellung aufgezeigt. In einem wei-

teren Schritt werden die Autorinnen auf das Geburtsmanagement eingehen, um ein

gemeinsames Verständnis der Interventionen zu erhalten. Gründe für eine Geburtsein-

leitung sowie mögliche Methoden und Risiken werden dargelegt. Zur Beantwortung der

zweiten und dritten Frage werden Grundsätze der Beratung erläutert. Zudem werden

die Modelle Informed Consent und Shared Decision Making sowie das Konzept Infor-

med Choice als wichtige Instrumente zur Entscheidungsfindung vorgestellt.

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5.1 Gestationsdiabetes

Definition

Die Leitlinie der AWMF (2011) definiert den GDM als eine Glukosetoleranzstörung,

welche erstmals in der Schwangerschaft nach einem 75g oralen Glukosetoleranztest

(oGTT) unter standardisierten Bedingungen und qualitätsgesicherter Blutzuckermes-

sung diagnostiziert wird. Die Diagnose kann bereits mit einem erhöhten Blutzuckerwert

bestätigt werden (AWMF, 2011). Laut Hien & Böhm (2010) schliesst diese Definition

auch die Erstmanifestation eines Diabetes mellitus Typ 1 oder Typ 2 ein.

Pathogenese

Die Entstehung eines GDM ist nach Hien & Böhm (2010) einem Diabetes mellitus

Typ 2 ähnlich. Hormonelle Veränderungen in der Schwangerschaft haben Auswirkun-

gen auf den Metabolismus. Insbesondere die fetoplazentare Einheit beeinflusst mit

erhöhten Östrogen- und Progesteronwerten, plazentarem Laktogen, humanem Chorio-

nadotropin (HCG), Prolaktin, Kortisol und proinflammatorische Signale (TNF-α) den

mütterlichen Stoffwechsel. Es entsteht eine physiologisch zunehmende Insulinresistenz

mit erhöhter Insulinsekretion (Hien & Böhm, 2010). Laut Schaefer-Graf & Kautzky-

Willer (2011) kommt es zur mütterlichen Hyperglykämie, wenn die Insulinproduktion

durch die insulinproduzierenden Betazellen im Pankreas nicht genügend gesteigert

werden kann. Es handelt sich somit ähnlich wie beim Diabetes mellitus Typ 2 um eine

Insulinresistenz mit relativem Insulinmangel (Schaefer-Graf & Kautzky-Willer, 2011).

Die Wahrscheinlichkeit der Manifestation eines GDM ist vom vierten bis zum achten

Schwangerschaftsmonat am höchsten (Hien & Böhm, 2010).

Prävalenz

Es liegen verschiedene Zahlen zur Häufigkeit des GDM vor. Die internationale Prä-

valenz für GDM ist laut der American Diabetes Association (ADA) (2004) bei 7 % aller

Schwangerschaften beziehungsweise bei 200’000 Frauen jährlich. Im internationalen

Vergleich beschreibt die ADA (2004) eine grosse Spannweite von 1–14 %. Als Gründe

für diese unterschiedlichen Häufigkeiten werden die untersuchte Population und der

Einsatz von diagnostischen Tests von ihnen genannt. In Westeuropa liegt die Inzidenz

zwischen 3 und 10 % (Höfer, Stiefel & Kluge, 2013). Schaefer-Graf & Kautzky-Willer

(2011) zeigen eine steigende Tendenz von 1,4 % im Jahr 2001 auf 4,4 % im Jahr 2013

in Deutschland auf. Die AWMF (2011) erklärt diese Zunahme unter anderen aufgrund

des steigenden Diabetesrisikos, der niedrigeren diagnostischen Grenzwerte und dem

häufigeren Suchen nach GDM.

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Risikofaktoren

In der Literatur werden einige Risikofaktoren erwähnt, die die Entwicklung des GDM

begünstigen. Claudi-Böhm & Böhm (2012) beschreiben Übergewicht mit Body-Mass-

Index (BMI) ≥27kg/m² vor der Schwangerschaft, Alter >35 Jahre, Diabetes mellitus in

der Familie (Eltern und Geschwister), Status nach GDM, Gewichtszunahme nach vo-

rangehender Schwangerschaft, Geburt eines makrosomen Kindes ≥4500g, Status

nach Totgeburt, schwere kongenitale Missbildungen in einer vorangehenden Schwan-

gerschaft, habituelle Abortneigung (≥3 Fehlgeburten hintereinander) und das polyzysti-

sche Ovarsyndrom als wichtigste Risikofaktoren. Die ethnische Zugehörigkeit zu einer

Nation mit höherer Inzidenz wird von Höfer et al. (2013) zusätzlich genannt. Indien,

China, südostasiatische Länder, Nationen im Mittelmeerraum und einige indogene

Stämme in Nord- und Südamerika zählen laut ihnen zu diesen Regionen.

Folgen

Bei Schwangeren mit GDM besteht ein erhöhtes Risiko für Harnwegsinfekte, Gesta-

tionshypertonie, Präeklampsie und Eklampsie (Claudi-Böhm & Böhm, 2012). Die Pra-

xisempfehlung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (2014) gibt zusätzlich vaginale

Infektionen, erhöhte Frühgeburtlichkeitsrate, Zahnfleischentzündungen, Geburtseinlei-

tung, Sectio, höhergradige Dammrisse und transfusionspflichtige postpartale Hämorr-

hagien als weitere akute Folgen an. Während der Schwangerschaft kann es zudem zu

Plazentainsuffizienz, intrauteriner Wachstumsrestriktion, small for gestational age, Hy-

peremesis, Polyhydramnion und zum intrauterinen Fruchttod kommen (Höfer et al.,

2013). Das Risiko, bei Status nach GDM erneut einen GDM oder einen manifesten

Diabetes zu entwickeln, ist erhöht (Claudi-Böhm & Böhm, 2012).

Ebenso beschreiben Claudi-Böhm & Böhm (2012) für Kinder von diabetischen Frauen

unerwünschte Folgen. Der Überschuss an Glukose gelangt von der Mutter transpla-

zentar zum Fötus. Die Insulinproduktion wird durch das erhöhte Angebot von Glukose

angekurbelt und hat eine Beta-Zell-Hypertrophie/-plasie zur Folge. Das vermehrte

Zellwachstum und die Zellvergrösserung wiederum führen zu einer höheren Rate an

Makrosomien. Schulterdystokie, neonatale Hypoglykämie, Hypokalzämie, Polyglobulie,

Hyperbilirubinämie und Atemnotsyndrom (ANS) werden als weitere typische Komplika-

tionen genannt. Als Langzeitfolgen für das Kind werden das Risiko für Adipositas und

das erhöhte Risiko zur Entwicklung einer Glukosetoleranzstörung aufgeführt (Claudi-

Böhm & Böhm, 2012). Diese Risiken können laut Harder & Mack (2013) bei stabilen

Blutzuckerwerten durch das Stillen gesenkt werden. Daher empfehlen sie das Stillen

bei diabetischen Frauen.

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Diagnostik

Es werden verschiedene Testverfahren mit unterschiedlichen Blutzuckergrenzwerten

zur Diagnostik angewendet (siehe Tabelle 1). Die International Association of Diabetes

and Pregnancy Study Groups (IADPSG) gab 2010 eine neue Empfehlung zum Scree-

ning des GDM heraus. Die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburts-

hilfe (2011) und die AWMF (2011) haben diesen generellen 75g oGTT aller Schwange-

ren zwischen der 24. und 28. SSW als Goldstandard übernommen.

Tabelle 1: Testverfahren & Blutzuckergrenzwerte zur GDM-Diagnostik adaptiert von Farrar (2016, S. 520)

Das Messen der Uringlukose, des HbA1c-Wertes, des Fructosamins und des Gele-

genheitsblutzuckers werden von der AWMF (2011) aufgrund der tiefen Sensitivität als

Screeningmethoden nicht empfohlen. Auch das alleinige Bestimmen des nüchternen

Blutzuckerwerts oder des 50g Glukose Challenge Tests (GCT) als Diagnoseverfahren

werden von dieser Leitlinie als ungeeignet deklariert. Die Diagnostik nur bei Frauen mit

Risikofaktoren durchzuführen, wird von der AWMF (2011) nicht empfohlen, da unge-

fähr 40 % der Fälle nicht entdeckt würden.

Therapie

Nachdem die Diagnose des GDM gestellt worden ist, werden die Frauen an eine Dia-

betesberatung überwiesen. Die Therapie beinhaltet Ernährungsumstellung, körperliche

Betätigung, Blutzuckerkontrolle vor und nach dem Essen und gegebenenfalls Insulin-

therapie (Schaefer-Graf & Kautzky-Willer, 2011). Die Ernährungsumstellung sollte mit-

hilfe einer Ernährungsberatung ermöglicht werden (AWMF, 2011). Höfer et al. (2013)

empfehlen über den Tag verteilt drei Haupt- und drei Zwischenmahlzeiten mit einem

Kohlenhydratanteil von 40–50 %.

Diagnose Kriterien nach Glukose oGTT in g

Blutzucker nüch-tern / 1h / 2h / 3h in mmol/l

Diagnose bei abnormalen Werten

International Association of Diabetes and Pregnancy Study Groups (IADPSG)

75 ≥5,1 / ≥10,0 / ≥8,5 ≥1

American Diabetes Association (ADA) 75 ≥5,3 / ≥10,0 / ≥8,6 ≥1

American College of Obstetricians and Gy-necologists. Gestational diabetes (ACOG). = Kriterien nach Carpenter & Coustan

100 ≥5,3 / ≥10,0 / ≥8,6 /

≥7,8 ≥2

O`Sullivan 100 ≥5,0 / ≥9,2 / ≥8,1 /

≥6,9 ≥2

National Diabetes Data Group 100 ≥5,8 / ≥10,5 / ≥9,2 /

≥8,0 ≥2

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Sport verbessert nebst der Ernährungsumstellung die Blutzuckerwerte. Durch körperli-

che Betätigung können erhöhte Blutzuckerwerte normalisiert und die Insulinsensitivität

verbessert werden. Körperliche Aktivität, beispielsweise Walking, Fahrrad fahren und

Schwimmen, ist idealerweise nach dem Essen mindestens dreimal wöchentlich für 30

Minuten auszuüben (Claudi-Böhm & Böhm, 2012). Können die Blutzuckerzielwerte

(siehe Tabelle 2) nicht erreicht werden, ist die Umstellung auf die Insulintherapie indi-

ziert (Schaefer-Graf & Kautzky-Willer, 2011). Laut ihnen benötigen 20–30 % aller

Frauen mit GDM Insulin.

Tabelle 2: Blutzuckerzielwerte adaptiert von Claudi-Böhm & Böhm (2012, S. 25)

5.2 Geburtsmanagement

Zu den Geburtsoptionen bei Frauen mit GDM gehören das abwartende Management,

die Geburtseinleitung und die elektive Sectio (Worda et al., 2017).

Das abwartende Management bei Schwangeren mit GDM wird als Geburtsbeginn mit

spontanen Wehen oder Geburtseinleitung zu einem späteren Zeitpunkt als die stan-

dardmässige Einleitung bei GDM definiert (Feghali et al., 2016). Dieselbe Definition

wird auch im vorliegenden Literaturreview verwendet.

Unter Geburtseinleitung verstehen Surbek, Husslein & Egarter (2011) das Auslösen

von Wehen mit Ingangsetzung des Geburtsvorgangs. Der DHV (2014) beschreibt eine

Vielzahl möglicher Indikationen für eine Einleitung, wie beispielsweise Terminüber-

schreitung oder -übertragung, insulinpflichtiger GDM, Oligo- oder Polyhydramnion,

Verdacht auf Makrosomie, fetale Wachstumsrestriktion oder Wunsch der Schwange-

ren. Bei jeder Geburtseinleitung muss zwingend eine Indikation vorliegen (Surbek,

Husslein & Egarter, 2011).

In der heutigen Geburtshilfe werden hauptsächlich drei Formen der Geburtseinleitung

angewendet (DHV, 2014):

- mechanisch: Lösen des Eipols, Amniotomie oder Einführen eines Katheters

(Cook-Ballon- oder Foley-Katheter)

- naturheilkundlich: Nelkentampon, Wehencocktail mit Rizinusöl

- Applikation von Kontraktionsmitteln (Oxytocin oder Prostaglandine)

nüchtern und präprandial 3,6–5,3mmol/l

1h postprandial <7,8mmol/l

2h postprandial <6,7mmol/l

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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Als weitere Möglichkeiten werden Homöopathie, wehenfördernder Tee, Entspan-

nungsbad, Geschlechtsverkehr, Brustwarzenstimulation, Akupunktur oder Bauchmas-

sage genannt.

Sowohl die Geburtseinleitung wie auch das abwartende Management bergen Gefah-

ren. Als mögliche Risiken der Einleitung beschreibt der DHV (2014) die Überstimulation

des Uterus bis zur Dauerkontraktion, Asphyxie, sekundäre Wehenschwäche mit benö-

tigter Oxytocingabe und postpartale Hämorrhagie. Demgegenüber steigt beim abwar-

tenden Management das Risiko für Plazentainsuffizienz, Oligohydramnion, kindliche

und mütterliche Morbidität sowie die fetale Mortalität ab 38 0/7 SSW kontinuierlich an

(DHV, 2014). Ab 42 0/7 SSW beschreibt er einen deutlichen Anstieg. Da bei beiden

Geburtsmanagements Risiken bestehen, erachtet der DHV (2014) ein sorgfältiges Ab-

wägen der Nutzen und Risiken als unabdingbar. Die AWMF (2014) schlägt daher ein

eine risikoadaptierte und individuelle Beratung zusammen mit der Schwangeren vor.

5.3 Beratung

Die Hebamme wird vom Internationalen Hebammenverband (International Confedera-

tion of Midwives, 2011) als eine verantwortungsbewusste, professionelle Fachperson

definiert, die partnerschaftlich mit Frauen zusammenarbeitet und ihnen die erforderli-

che Unterstützung, Betreuung und Beratung während Schwangerschaft, Geburt und im

Wochenbett bietet. In dieser Definition wird ersichtlich, dass die Beratung eine zentrale,

alltägliche Aufgabe der Hebamme ist.

Die Beratung hat laut Schäfers (2011) das Ziel, die Frauen und ihre Angehörigen in

ihrer Handlungsfähigkeit zu unterstützen, um Probleme lösen zu können. Die Inhalte

einer Hebammenberatung sind sehr verschieden. Sie umfassen beispielsweise die

Gesundheitsförderung, Entscheidungsfindung, rechtliche Aspekte, Ressourcenförde-

rung und den Umgang mit neuen Situationen während des ganzen Kontinuums

Schwangerschaft bis Wochenbett. Auf diese Weise fördert die Hebammenberatung die

Autonomie der Frauen (Schäfers, 2011).

Beratungsprozess

Doll & Hummel-Gaatz (2006) erläutern ein sechsstufiges Phasenmodell, welches sich

am Pflegeprozess orientiert. Sie gehen davon aus, dass die Beratung nicht linear, son-

dern zirkulär verläuft. In Abbildung 1 wird der Prozess aufgezeigt.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

15

Dieses Modell lässt sich gut in der Hebammenberatung verwenden, da es sich für ver-

schiedene Beratungssituationen eignet. Die erste Phase im Beratungsprozess ist der

Beziehungsaufbau. Diese Phase wird als die wichtigste Phase beschrieben, da eine

vertrauensvolle Beziehung die Basis für eine gelingende Beratung darstellt. Der zweite

Schritt befasst sich damit, den objektiven Beratungsbedarf sowie die subjektiven Bera-

tungsbedürfnisse zu erkennen und zu benennen. In dieser Phase muss die Hebamme

besonders aufmerksam sein. Als nächstes werden zusammen Beratungsziele festge-

legt. In der vierten Phase werden aufgrund der Ziele Lösungen entwickelt und dabei

Ressourcen gestärkt. Anschliessend wird der Beratungsprozess reflektiert und zu-

sammengefasst. Am Schluss, wenn alle Prozessschritte abgeschlossen und geklärt

sind, wird die Beratung bewusst beendet (Doll & Hummel-Gaatz, 2006).

Beratungsgrundsätze

Eine vertrauensvolle, offene Beratungsbeziehung ist laut Engelkraut & Teuerle (2014)

die wesentlichste Voraussetzung für einen gelungenen Beratungsprozess. Carl Ro-

gers, ein Psychotherapeut, beschreibt drei Grundhaltungen, welche einen positiven

Einfluss auf diese Beziehungen haben:

- Empathie: Die Hebamme versucht sich in die Lage der Frau hineinzuverset-

zen, um die Möglichkeiten und Grenzen ihres Problems nachvollziehen zu kön-

nen.

Beziehung herstellen

Beratungsbedarf/-bedürfnisse

erfassen

Beratungsziele aushandeln

Lösungen entwickeln

Beratungsprozess reflektieren

Beratung beenden

Abbildung 1: Beratungsprozess adaptiert von Doll & Hummel-Gaatz (2006, S. 209)

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

16

- Akzeptanz: Die Frau wird bedingungslos akzeptiert, wie sie ist, uneinge-

schränkt ihrer Haltungen oder Eigenschaften. Die Hebamme begegnet ihr mit

Wärme.

- Authentizität: Das Beratungsgespräch gestaltet sich durch eine unverfälschte

Kommunikation. Weder die Frau noch die Hebamme müssen sich verstellen.

(Engelkraut & Teuerle, 2014).

Schönberner, Schäfers & Kehrbach (2010) erläutern weitere Merkmale, welche den

vertrauensvollen Beziehungsaufbau zwischen Hebammen und Frauen positiv beein-

flusst:

- Raum und Zeit geben

- Sich gegenseitig kennen, Kontinuität der Betreuung gewährleisten

- Gute Kommunikation durch Offenheit, Zuhören, Einfühlsamkeit und Ehrlichkeit

schaffen

- Psychische und physische Anwesenheit der Hebamme

- Einzigartigkeit der Frau anerkennen, Bedürfnisse berücksichtigen

- Intimsphäre wahren, Schutz geben

Das National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) (2008) hat zum Thema

Schwangerschaftsvorsorge eine Leitlinie entwickelt. In dieser Leitlinie wird beschrie-

ben, dass bei einer Beratung die Informationen klar und präzise weitergegeben und die

aktuelle Evidenz miteinbezogen werden müssen, damit eine Entscheidung getroffen

werden kann. Die Informationen sollen auf die Bedürfnisse der Frauen zugeschnitten

und für sie zugänglich sein sowie auch schriftlich abgegeben werden (NICE, 2008).

In der Literatur werden verschiedene Beratungsmethoden beschrieben. Schäfers

(2011) geht auf die systemische, lösungs- und ressourcenorientierte Beratung ein. In

der systemischen Beratung werden die Frauen in einem Beziehungsnetz mit verschie-

denen Rollen als Ganzes wahrgenommen. Beim lösungsorientierten Ansatz geht sie

davon aus, dass das Problem konstruiert ist, weshalb dem Problem selber wenig Be-

achtung geschenkt wird. Das Ziel dieser Beratung ist, mittels Ressourcen Lösungen für

das Problem zu finden. Im Gegensatz dazu steht die ressourcenorientierte Beratung.

Hier werden Ressourcen ermittelt, welche zu einer Verbesserung der aktuellen Le-

benssituation genutzt werden. Welche dieser Beratungsmethoden angewandt wird, ist

abhängig vom Beratungsbedarf und der individuellen Situation (Schäfers, 2011).

Aus diesen Ausführungen wird ersichtlich, dass die Beratung ein komplexer und viel-

seitiger Prozess und eine Grundvoraussetzung ist, um eine Entscheidung treffen zu

können. Die Autorinnen wollen in dieser Arbeit aufzeigen, wie Hebammen Frauen mit

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

17

GDM im Entscheidungsfindungsprozess unterstützen können. Im nächsten Abschnitt

wird deshalb auf die Entscheidungsfindung eingegangen.

5.4 Entscheidungsfindung

Das Gesundheitsgesetz des Kantons Bern (2001) beschreibt im Artikel 40, dass Ge-

sundheitsfachpersonen Massnahmen nur dann durchführen dürfen, wenn die Patien-

tinnen und Patienten nach vorgängiger Aufklärung eingewilligt haben. Eine Behandlung

ohne Einwilligung gilt als Körperverletzung. Somit sind Hebammen rechtlich dazu ver-

pflichtet, Frauen und ihre Partner über Massnahmen zu informieren (Gesundheitsge-

setz des Kantons Bern, 2001). Nach dem internationalen Ethikkodex für Hebammen

(Schweizerischer Hebammenverband, 1994) setzen sich Hebammen dafür ein, das

Recht der Frauen, informiert zu sein und die Verantwortung für eigene Entscheidungen

zu übernehmen, zu respektieren. Zusätzlich unterstützen und bestärken Hebammen

die Frauen in ihrer Entscheidungsfindung. Brailey (2005) beschreibt, dass Frauen aktiv

in den Entscheidungsprozess miteinbezogen und über ihre Optionen informiert werden

wollen. Deshalb sollen sie die primäre Entscheidungsinstanz sein.

Gemäss Schönberner et al. (2010) stellen Informationen die Grundlage des Entschei-

dungsfindungsprozesses dar. Diese Informationen sollen sowohl aus wissenschaftli-

chen Erkenntnissen als auch aus Erfahrungswissen bestehen. Dabei ergeben interne

und externe Evidenz zusammen eine evidenzbasierte Hebammenarbeit. Das heisst,

dass sich die Hebammen kontinuierlich weiterbilden und sich durch aktuelle Fachlitera-

tur auf dem Laufenden halten müssen. Weiter sollen die Informationen wertfrei sein.

Informationsbroschüren können dies unterstützen. Um die Frauen in diesen Prozess

integrieren zu können, werden drei wichtige Einflüsse genannt: Entscheidungszeit-

punkt, Setting und Identität der Schwangeren und der Hebamme (Schönberner et al.,

2010). Laut Brailey (2005) ist es wichtig, Frauen frühzeitig zu informieren, damit genü-

gend Bedenkzeit vorhanden ist. In der Edinburgh Postnatal Depression Scale, einem

Fragebogen, um eine mögliche postnatale Depression zu erkennen, wird von Schön-

berner et al. (2010) auf die fehlende Kontrolle und den Mangel an Informationen Bezug

genommen. Sie zeigen, dass es zwischen dem ungenügenden Entscheidungseinbe-

zug und der psychischen Gesundheit der Frau einen Zusammenhang gibt.

In der Literatur werden vor allem drei Modelle – Informed Consent, Informed Choice

und Shared Decision Making – genannt, um Frauen eine Entscheidung zu ermöglichen

(Schäfers, 2011).

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

18

Abbildung 2: Übersicht Informed Consent, Informed Choice & Shared Decision Making

Informed Consent

Nach Schäfers (2011) bedeutet Informed Consent informierte Einwilligung. Hier werden

Informationen über eine bestimmte Behandlung abgegeben. Meist ist es ein Aufzeigen

von Risiken. Die Frauen können einer Behandlung entweder zustimmen oder sie ab-

lehnen. Diese Form der Entscheidungsfindung dient vor allem zur Aufklärung und als

Absicherung der Fachpersonen. Diese entscheiden auch über die Art und den Umfang

der Informationen (Schäfers, 2011).

Informed Choice

Das Konzept des Informed Choice, zu Deutsch informierte Wahl, stützt sich nach Brai-

ley (2005) auf die Wertvorstellung, dass Frauen das Recht haben, über ihre Betreuung

informiert und bei Entscheidungen, welche sie selbst betreffen, miteinbezogen zu wer-

den. Es sind primär die Frauen, die die Entscheidungen treffen (Brailey, 2005). Die

Hebammen sind dafür zuständig, die Schwangeren über die aktuelle Evidenz und Er-

fahrungen aufzuklären, ohne sie zu werten (Schönberner et al., 2010). Die Informatio-

nen sollen ein Verständnis über das Pro und das Kontra einer Massnahme geben

(Schäfers, 2011). Im Gegensatz zum Informed Consent geht es hier nicht um die Ent-

scheidung, ob eine Behandlung durchgeführt wird, sondern um eine Auseinanderset-

zung damit, welche Behandlung passend für die Frauen ist (Brailey, 2005). Nach Schä-

fers (2011) bestimmen die Frauen selbst über die Menge und Art der Informationen,

die sie benötigt, um eine Entscheidung treffen zu können. Laut Brailey (2005) können

Hebammen die informierte Wahl unterstützen, indem sie die Frauen früh genug infor-

mieren, damit diese Zeit haben, eine Entscheidung zu treffen. Des Weiteren erwähnt

sie, dass Hebammen die Frauen bei ihrer eigenen Entscheidung stärken können.

Informed Consent

• Informationen dienen zur Aufklärung einer Behandlung.

• Die Informationen über Risiken werden von einer Fachperson erläutert.

• Zustimmung oder Ablehnug einer Behandlung wird von den Frauen gegeben.

Informed Choice

• Informationen dienen zur Entscheidung über die Form der Behandlung.

• Evidenzbasierte Infomationen zu Pro und Kontra werden abgegeben.

• Die Frauen treffen die Entscheidung alleine.

Shared Decision Making

• Der Entscheidungsprozess dient zur Ermittlung der Form der Behandlung.

• Die Informationen werden von beiden Teilnehmenden bereitgestellt.

• Die Entscheidung wird patrnerschaftlich von der Frau und der Fachperson getroffen und umgesetzt.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

19

Shared Decision Making

Das Modell Shared Decision Making wird auch partizipative Entscheidungsfindung ge-

nannt (Schäfers, 2011). Dieses Modell beinhaltet vier wichtige Grundsätze:

- Es sind mindestens zwei Personen am Entscheidungsfindungsprozess beteiligt.

- Beide Teilnehmende sind aktiv im Prozess involviert.

- Gegenseitige Bereitstellung von Informationen ist Voraussetzung.

- Beide Teilnehmende treffen einvernehmlich eine Entscheidung zur Behandlung

und setzen diese auch aktiv zusammen um (Schäfers 2011).

Das Modell des Shared Decision Making wird im folgenden Abschnitt noch genauer

nach Schäfers (2011) ausgeführt und in der Abbildung 3 dargestellt. Schäfers (2011)

beschreibt, dass die Fachpersonen wie auch die Frauen während der Entscheidungs-

findung durch äussere Faktoren, wie beispielsweise Werte und Überzeugungen, sozia-

les Umfeld, wissenschaftliche Evidenzen und einige mehr beeinflusst werden

Abbildung 3: Shared Decision Making (Schönberner et al., 2010, S. 29)

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

20

(Abbildung 3).

Diese Faktoren sollen laut ihr im Prozess berücksichtigt werden. Die Initiative, dass

eine Entscheidung getroffen werden muss, kommt von den Fachpersonen. Ein wichti-

ger Aspekt in diesem Modell ist für Schäfers (2011), dass die Fachpersonen gleichbe-

rechtigte Partnerinnen und Partner im Entscheidungsprozess sind. Ärzte oder Hebam-

men sind nicht mehr die allwissenden Personen. Dies muss beiden Beteiligten bewusst

sein. Frauen dürfen, beziehungsweise müssen ihre Autonomie wahrnehmen. Diese

partnerschaftliche Zusammenarbeit während des ganzen Verlaufes wird bewusst ver-

einbart. Die Aufgabe der Fachperson sieht Schäfers (2011) darin, die Frauen evidenz-

basiert über Vor- und Nachteile ihrer Möglichkeiten aufzuklären. Die Frauen haben

anschliessend die Aufgabe, Fragen über weitere Behandlungsmöglichkeiten zu stellen

oder auch rückzumelden, ob sie alles verstanden haben. Erfahrungen und Präferenzen

werden anschliessend ausgetauscht und diskutiert, worauf eine gemeinsame Ent-

scheidung getroffen und umgesetzt wird. Durch diesen Prozess wird die Handlungs-

und Wahlfreiheit der Frauen so wenig wie möglich eingeschränkt und verschiedene

Einflussfaktoren können berücksichtigt werden (Schäfers, 2011).

Schäfers (2011) erläutert verschiedene Gefahren, weshalb Frauen, aber auch Fach-

personen dieses Modell ablehnen könnten. Zum einen sind sich die Frauen nicht ge-

wohnt, die Verantwortung für ihre Entscheidungen wahrzunehmen. Zum anderen kön-

nen sie es nicht glauben, dass die Fachpersonen bereit sind, diese Verantwortung tei-

len zu wollen. Sie haben Angst, die Informationen nicht korrekt zu verstehen und trau-

en sich nicht, Fragen zu stellen. Weiter herrscht durch allfällige Erschöpfung das Un-

vermögen, eine Entscheidung zu treffen. So vertrauen die Frauen ohne Einschränkung

den Fachpersonen und haben Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen. Des Weite-

ren könnte es ein positives Gefühl auslösen, wenn Verantwortung abgeben wird. Bei

den Fachpersonen hingegen könnte die Befürchtung herrschen, dass abgegebene

Informationen Furcht bei den Frauen auslöst. Auch könnte der Zeitaufwand dieses

Entscheidungsprozesses oder die Sorge, dass die getroffene Entscheidung von den

Angehörigen der Frauen, den eigenen Vorgesetzten oder auch der Rechtsprechung

nicht getragen werden, Hinderungsgründe für die Umsetzung des Modelles sein.

Ebenso könnte die Befürchtung bestehen, die Frauen ungenügend evidenzbasiert be-

raten zu können oder die Autonomie als Fachperson zu verlieren (Schäfers, 2011).

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

21

6 Methoden

In der vorliegenden Arbeit wird die Geburtseinleitung mit dem abwartenden Ma-

nagement bei Frauen mit GDM am Termin in Bezug auf die maternalen und perina-

talen Outcomes verglichen. Diese Hauptfragestellung wird mittels eines Literaturre-

views beantwortet. In diesem Kapitel werden die Suchstrategie, die Ein- und Aus-

schlusskriterien und die Analysemethode und das Vorgehen bei der Synthese dar-

gestellt.

6.1 Suchstrategie

Die Autorinnen werden von Dezember 2016 bis April 2017 die Literaturrecherche

durchführen. Studien im Zeitraum von zwölf Jahren werden berücksichtigt, um eine

aktuelle Empfehlung abgeben zu können. Es werden Publikationen in deutscher, fran-

zösischer oder englischer Sprache berücksichtigt. Eine Einschränkung der Ethnie wird

nicht beabsichtigt, um ein breites Spektrum an Ergebnissen zu erhalten. Folgende

Suchbegriffe werden verwendet:

gestational diabetes, diabetic pregnancy, expectant management, watchful waiting,

conservative treatment, induction of labo(u)r, labo(u)r induced und timing of delivery.

Mit Hilfe der Bool’schen Operatoren AND und OR werden die Suchbegriffe unter-

schiedlich kombiniert. Die Datenbanken PubMed, MIDIRS und Cochrane werden von

den Autorinnen unabhängig voneinander auf Studien und Reviews durchsucht. Studien

und Reviews, die während der Suche in den Datenbanken per Link erscheinen, werden

ebenfalls geprüft. Die Abstracts werden gelesen. Nach gegenseitigem Einverständnis

der Autorinnen werden von geeigneten Studien und Reviews die Volltexte herunterge-

laden oder in der Bibliothek der Universität Bern beschaffen. Die Literaturverzeichnisse

der eingeschlossenen Studien und Reviews werden auf weitere geeignete Studien und

Reviews gesichtet.

Der Thematik entsprechende Leitlinien werden per Handsuche bei der NICE, der Inter-

national Federation of Gynecology and Obstetrics (FIGO), der ACOG, der World Health

Organization, der ADA sowie der AWMF gesucht, begutachtet und heruntergeladen.

Falls die Leitlinien nur für Mitglieder zugängig sind, werden diese in der vorliegenden

Arbeit nicht verwendet.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

22

6.2 Auswahlstrategie

Diese Arbeit wird sich schwerpunktmässig mit Schwangeren, die an einem GDM er-

krankt sind, befassen. Betroffene, die eine Einlingsschwangerschaft haben und am

Termin (37 0/7–42 0/7 SSW) sind, werden in diesem Literaturreview berücksichtigt.

Demzufolge werden Schwangere mit vorbestehender Diabetes mellitus Typ 1 oder 2

ausgeschlossen. Status nach Sectio wird von den Autorinnen als weiteres Ausschluss-

kriterium definiert. Dieses Kriterium wird gewählt, da Status nach Sectio Einfluss auf

den Geburtsverlauf nehmen kann. Die GDM-Therapie in der Schwangerschaft und die

Einleitungsmethoden werden in dieser Arbeit nicht eingegrenzt, um eine grössere Stu-

dienanzahl zu erhalten. Unter Berücksichtigung der Ein- und Ausschlusskriterien wird

das abwartende Management mit der Geburtseinleitung verglichen. Die Auswirkungen

der Geburtseinleitung und des abwartenden Managements werden auf die nachfolgen-

den aufgeführten maternalen und neonatalen Outcomes untersucht.

Maternale Outcomes: Dammverletzung, postpartale Hämorrhagie, Sectio und vaginal-

operative Entbindung

Neonatale Outcomes: ANS, APGAR-Score, Geburtsgewicht, large for gestational age

(LGA), Hyperbilirubinämie, Hypoglykämie, intensivmedizinische Betreuung, kombinier-

te neonatale Morbidität, Makrosomie, Mortalität und Schulterdystokie.

Die Autorinnen werden quantitative Studien zur Beantwortung der ersten Fragestellung

verwenden. Sie sind sich bewusst, dass eine geringe Anzahl randomisierter kontrollier-

ter Studien (RCT) gefunden werden wird, da die Bestimmung des Geburtsmodus durch

die Forschenden das ethische Prinzip der Autonomie der Betroffenen einschränkt. Po-

lit, Beck & Hungler (2012) beschreiben zudem, dass Schwangere zu einer vulnerablen

Population gehören, die besonders geschützt werden sollten.

6.3 Kritische Würdigung

Die eingeschlossenen Studien, Reviews und Leitlinien werden von den Autorinnen

unabhängig voneinander mithilfe des Lehrbuches für Pflegeforschung (Polit, Beck &

Hungler, 2012) auf ihre Qualität geprüft.

Studien werden mittels des Analyserasters der Berner Fachhochschule Gesundheit

(BFH) nach Kunz, Ollenschläger, Raspe, Jonitz & Donner-Banzhoff (2007) analysiert.

Als Erstes werden die Fragestellung und die Zielsetzung betrachtet. Danach wird das

methodische Vorgehen beurteilt. Dies beinhaltet die Betrachtung des Settings, der Ein-

und Ausschlusskriterien und der Datenerhebung und -analyse. Ein Augenmerk wird auf

die Studienteilnehmenden gelegt. Das Beurteilen der Grösse der Population und der

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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Homogenität ist zentral, um mögliche Bias erkennen zu können. Die durchgeführte

Intervention wird ebenfalls analysiert, um zu erkennen, wie die Studie stattgefunden

hat. Die relevanten Ergebnisse werden herauskristallisiert. Risiko für systemische Feh-

ler und Störfaktoren werden basierend auf der vorangehenden Methoden-, Populati-

ons- und Interventionsanalyse von den Autorinnen herausgearbeitet. Die Glaubwürdig-

keit der Ergebnisse wird anhand der internen und externen Validität überprüft. Die in-

terne Validität wird durch Betrachtung der Fragestellung, Methode, Studienteilneh-

menden, Intervention, Ergebnisse, Risiken für systematische Fehler, Störfaktoren,

Glaubwürdigkeit der Daten, Ethik, des Designs und des Evidenzniveaus beurteilt.

Anhand der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf eine grössere Population und ein

anderes Milieu wird die externe Validität analysiert. Die Evidenzstärkebestimmung

werden die Autorinnen nach den Kriterien des Bewertungssystems der Canadian Hy-

pertension Society für Studien und Empfehlungen Level 3 (AWMF & Ärztliches Zent-

rum für Qualität in der Medizin [ÄZQ], 2001) durchführen.

Die Reviews werden mittels des Analyserasters der BFH nach Behrens & Langer

(2010) analysiert. Es wird darauf geachtet, ob eine präzise Fragestellung vorliegt, an-

gemessene Ein- und Ausschlusskriterien formuliert sind und relevante Studien einge-

schlossen werden. Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Studien und die Überein-

stimmung der Forschenden werden kritisch beurteilt. Es wird betrachtet, ob die Studien

ähnlich sind und eine nachvollziehbare Beurteilung der Studien durch die Forschenden

vorliegt. Die relevanten Ergebnisse werden dann herausgearbeitet und auf ihre Über-

tragbarkeit geprüft. In einem nächsten Schritt werden Nutzen und Risiken der Interven-

tion abgewogen. Die Evidenzstärke wird nach den Kriterien des Bewertungssystems

der Canadian Hypertension Society für Studien und Empfehlungen Level 4 (AWMF &

ÄZQ, 2001) festgelegt.

Die Leitlinien werden mit dem Analyserater der BFH nach dem Deutschen Instrument

zur Methodischen Leitlinienbewertung (DELBI) (AWMF & ÄZQ, 2008) beurteilt. Der

Geltungsbereich und der Zweck der Leitlinie werden im Blick auf die Fragestellung,

Zielsetzung und Zielgruppe betrachtet. Als Nächstes wird geschaut, ob beim Entwi-

ckeln der Leitlinie alle Interessensgruppen vertreten sind. Die methodische Vorge-

hensweise wird analysiert. Schwerpunktmässig wird auf die Systematik und die Nutzen

bzw. Risiken geachtet. Weiter wird geschaut, ob klare Empfehlungen vorliegen und

diese übersichtlich dargestellt sind. Die generelle Anwendbarkeit sowie die Adaptation

auf das eigene Land werden geprüft. Die redaktionelle Unabhängigkeit der Verfassen-

den wird auf Interessenskonflikte und Finanzierung begutachtet. Die Empfehlungsklas-

se (A-E) werden mit Hilfe des Bewertungssystems der Canadian Hypertension Society

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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mit der Tabelle Einstufung von Leitlinienempfehlungen in Empfehlungsklassen festge-

legt (AWMF & ÄZQ, 2001).

Die Studien, Reviews und Leitlinien werden basierend auf den vier ethischen Prin-

zipien Autonomie, Gutes tun, Nicht-Schaden und Gerechtigkeit (Schweizer Berufs-

verband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner, 2013) bewertet. Es wird ge-

schaut, ob die Genehmigung eines Ethikkomitees und die Einwilligung der Frauen zur

Studienteilnahme vorliegen. Ein Augenmerk werden die Autorinnen auf das Studiende-

sign legen, da eine Randomisierung auf die Autonomie der Studienteilnehmenden Ein-

fluss nimmt. Im interaktiven Dialog werden die Autorinnen die Nützlichkeit der Ergeb-

nisse auf die Fragestellung einschätzen, die kritischen Würdigungen vergleichen und

Diskrepanzen diskutieren, bis eine Einigung möglich ist. Studien, Reviews und Leitli-

nien, die nach der Prüfung eine genügend gute Qualität aufweisen, werden für die wei-

tere Bearbeitung des Literaturreviews genutzt.

6.4 Analyse

Die Autorinnen werden in einem ersten Schritt Outcomeparameter definieren und in die

zwei Hauptkategorien – maternale und neonatale Outcomes – einteilen. Alle relevanten

Ergebnisse aus der eingeschlossenen Literatur werden den Outcomeparametern zu-

geordnet, beschrieben und zusätzlich tabellarisch dargestellt. Unterschiede und Ge-

meinsamkeiten der Ergebnisse werden herauskristallisiert. Unter Berücksichtigung der

klinischen und methodischen Heterogenität werden die Ergebnisse miteinander ver-

knüpft und in einer Gesamtsynthese zusammengefasst.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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7 Ergebnisse

In diesem Kapitel werden zuerst die Ergebnisse aus der Literatursuche dargestellt.

Anschliessend werden die eingeschlossenen Studien und Leitlinien kurz beschrieben

und tabellarisch dargestellt. Die Ergebnisse aus den Studien zu den definierten Out-

comeparametern werden den entsprechenden Kategorien zugeteilt und erläutert. Aus-

sagen der Leitlinien werden im Anschluss ebenfalls erläutert. Die Gesamtsynthese am

Ende des Kapitels gibt eine umfassende Übersicht über alle Ergebnisse.

7.1 Such- und Auswahlergebnisse

Die Literaturrecherche ergab insgesamt 457 Treffer in den Datenbanken PubMed, MI-

DIRS und Cochrane. Die Titel wurden von den Autorinnen durchgesehen und 64

Abstracts gesichtet. 16 Volltexte wurden gelesen. Die Tabelle 3 zeigt die Suchstrategie

mit den eingeschlossenen Studien. Das detaillierte Rechercheprotokoll mit der Über-

sicht über die verwendeten Suchbegriffe und Kombinationen befindet sich im Anhang

Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden..

Tabelle 3: Übersicht der Suchstrategie

Datenbank Anzahl Treffer

Gelesene Abstracts

Gelesene Volltexte

Eingeschlossene Literatur

Autorenschaft

PubMed 247 45 10 7 Alberico et al. (2010) Alberico et al. (2016) Feghali et al. (2016) Melamed et al. (2016) Sutton et al. (2014) Grabowska et al. (2017) Worda et al. (2017)

MIDIRS 108 17 5 2 Vilchez et al. (2015) Rayburn, Sokkary, Clokey, Moore & Curet (2005)

Cochrane 102 2 1 0 Keine neuen Treffer

Ein Review (Boulvain, Stan & Irion, 2010) und eine Studie (Yogev et al., 2003) mussten

nach der Volltextanalyse ausgeschlossen werden, da sie das Ausschlusskriterium Dia-

betes mellitus Typ 1 bzw. Typ 2 integrierten. Die Studie von Bas-Iando et al. (2014)

wurde verworfen, da die Geburtseinleitung nicht mit dem abwartenden Management

verglichen wurde. Da es sich bei Niu et al. (2014) um eine Wahrscheinlichkeitsrech-

nung handelt, wurde diese Studie von den Autorinnen als nicht verwendbar eingestuft

und ausgeschlossen. Nach dem Volltextstudium stellte sich heraus, dass es sich bei

Maso et al. (2011) um ein Studienprotokoll einer Studie handelt und diese nicht inte-

griert werden kann. Zehn Studien und ein Review wurden von den Autorinnen kritisch

gewürdigt. Die Autorinnen entschieden sich daraufhin, die Studie von Rosenstein et al.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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• • 457 Treffer

457 • 64 Abstracts gelesen

64 • 16 Volltexte gelesen

16

• 1 Review und 1 Studie ausgeschlossen, da Diabetes mellitus Typ 1 und 2 in der Studienpopulation waren

• Boulvain et al., 2010; Yogev et al., 2003

14

• 1 Studie ausgeschlossen, da nur die Geburtseinleitung zwischen Frauen mit GDM und Frauen ohne GDM thematisiert wird

• Bas-Iando et al., 2014

13

• 1 Studie ausgeschlossen, da es sich um eine Wahrscheinlichkeitsberechnung handelt

• Niu et al., 2014

12

• 1 Studie ausgeschlossen, da es sich um ein Studienprotokoll handelt

• Maso et al., 2011

11

• 1 Studie ausgeschlossen, da es sich um eine Analyse des Mortalitätsrisikos mit oder ohne GDM handelt

• Rosenstein et al., 2012

10

• 1 Review ausgeschlossen aufgrund fehlender Synthese der Studien und Diabetes mellitus Typ 1 in einer Studie

• Witkop et al., 2009

9 • 9 Studien in die Analyse eingeschlossen

(2012) aufgrund des Vergleichs der Mortalität bei Frauen mit oder ohne GDM unab-

hängig vom Geburtsmanagement ebenfalls auszuschliessen. Des Weiteren musste

das Review von Witkop, Neale, Wilson, Bas & Nicholson (2009) ausgeschlossen wer-

den, da keine Synthese der Studien durchgeführt und in einer Studie Frauen mit Diabe-

tes mellitus Typ 1 eingeschlossen wurden. Am Ende des Auswahlprozesses wurden

neun Studien eingeschlossen. In der Abbildung 4 ist der Auswahlprozess für die Stu-

dien ersichtlich.

Mittels Handsuche wurden die drei Leitlinien (AWMF, 2011; NICE, 2015; FIGO, 2015)

gefunden und in die Analyse eingeschlossen.

Abbildung 4: Auswahlprozess der eingeschlossenen Studien

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

27

7.2 Beschreibung der eingeschlossenen Studien und Leitlinien

Die neun eingeschlossenen Studien und die drei Leitlinien werden in diesem Abschnitt

vorgestellt.

Die Studie von Alberico et al. (2010) befasst sich in der retrospektiven Kohortenstudie

"Gestational diabetes and fetal growth acceleration: induction of labour versus ex-

pectant management” mit der Geburtseinleitung mit 38 SSW und dem abwartenden

Management (Geburt >38 SSW) bei diätetischem und insulinpflichtigem GDM. Sie ana-

lysiert die fetale Wachstumsbeschleunigung in Bezug auf das Auftreten von Makroso-

mien und Sectiones. Es wird eine multivariable logistische Regressionsanalyse zur

Datenanalyse angewendet. In die Studie werden erhobene Daten von 99 Frauen inte-

griert.

In der multizentrischen open Label randomisiert-kontrollierten Studie von Alberico et

al. (2016) "Immediate delivery or expectant management in gestational diabetes at

term: the GINEXMAL randomised controlled trial" wird die Einleitung zwischen 38 0/7–

39 0/7 SSW mit dem abwartenden Management (Geburt bis 41 0/7 SSW) auf mütterli-

che und neonatale Outcomes bei Frauen mit GDM analysiert. Eine multivariable logis-

tische Regressions- und eine Sensitivitätsanalyse werden zur Analyse der Daten ein-

gesetzt. Für die Studie sind 425 Frauen (214 mit Geburtseinleitung und 211 mit dem

abwartenden Management) nach schriftlicher Zustimmung randomisiert in die Gruppen

eingeteilt worden.

Feghali et al. (2016) untersuchen in einer retrospektiven Kohortenstudie "Timing of

delivery and pregnancy outcomes in women with gestational diabetes" den Zusam-

menhang zwischen der Einleitung, des Gestationsalters und der Häufigkeit von Sectio

verglichen mit spontaner Wehentätigkeit. Die Zervixreife und die Parität werden in die-

se Analyse integriert. Zudem erforschen sie diverse maternale und neonatale Outco-

mes in bestimmten Gestationsaltern (37 0/7–37 6/7 SSW, 38 0/7–38 6/7 SSW, 39 0/7–

39 6/7 SSW und ≥40 SSW) nach Geburtseinleitung verglichen mit dem abwartenden

Management (Geburt nach dem definierten Gestationsalter). Die bereits erhobenen

Daten von 863 Frauen mit GDM werden für die Analyse verwendet. Eine multivariable

logistische Regressionsanalyse wird zur Datenanalyse angewendet.

Die retrospektive Analyse "Labour in women with gestational diabetes mellitus" von

Grabowska et al. (2017) befasst sich mit der Wirksamkeit der Geburtseinleitung, um

Risikofaktoren für eine Sectio zu ermitteln. Sie vergleichen Daten von 204 Frauen mit

GDM zuerst in Bezug auf elektive bzw. sekundäre Sectio (108 Frauen) und Vaginalge-

burt (96 Frauen). Daraufhin werden die 96 Frauen mit einer Vaginalgeburt in die Unter-

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

28

gruppen Geburtseinleitung mit 40 SSW bzw. 39 SSW bei LGA oder Geburt nach spon-

taner Wehentätigkeit eingeteilt und analysiert.

Melamed et al. (2016) beschäftigen sich in einer retrospektiven Kohortenstudie "Induc-

tion of labor before 40 weeks is associated with lower rate of caesarean delivery in

women with gestational diabetes mellitus" mit den maternalen und neonatalen Outco-

mes bei Frauen mit GDM. Die Forschenden untersuchen im ersten Schritt bei 6417

Frauen die Geburtseinleitung mit 38 0/7–38 6/7 SSW (1188 Frauen) mit dem abwar-

tenden Management mit Geburten zwischen 39 0/7–41 6/7 SSW (5229 Frauen). Als

Zweites werden bei 3198 Frauen die Geburtseinleitung mit 39 0/7–39 6/7 SSW (1036

Frauen) mit dem abwartenden Management zwischen 40 0/7–41 6/7 SSW (2162 Frau-

en) verglichen. Zur Analyse der Daten wird zusätzlich eine multivariable logistische

Regressionsanalyse durchgeführt.

In der retrospektiven Kohortenstudie von Rayburn et al. (2005) "Consequences of

routine delivery at 38 weeks for A-2 gestational diabetes" wird die Routineeinleitung mit

38 SSW bei 143 Frauen mit medikamentös eingestelltem GDM mit dem abwartenden

Management bei 137 Frauen mit diätetisch eingestelltem GDM untersucht. 101 Frauen

haben eine Therapie mit oralen Antidiabetika erhalten. 42 Frauen haben zusätzlich

Insulin benötigt.

Sutton et al. (2014) führen eine sekundäre Analyse einer multizentrisch randomisiert-

kontrollierten Studie (Landon et al., 2009) mit dem Titel "Delivery timing and cesarean

delivery risk in women with mild gestational diabetes mellitus" durch. Die Forschenden

beabsichtigen, die Sectiorate und neonatalen Outcomes nach Gestationsalter mit der

Geburtseinleitung und dem abwartenden Management bzw. der spontanen Wehentä-

tigkeit zu vergleichen. Ergänzend werden die Sectio und die neonatalen Outcomes

zwischen den Frauen mit diätetischer Therapie oder Insulinbehandlung in der Schwan-

gerschaft und Frauen mit der üblichen Schwangerschaftsvorsorge verglichen. 679

Frauen sind in diese Studie eingeschlossen worden. Für die Analyse der Daten haben

die Forschenden zwei Methoden gewählt:

1. Methode: Die Sectiorate wird durch den Vergleich der Wehenart (spontan oder ein-

geleitet) in einem bestimmten Gestationsalter (abgeschlossene SSW) und der Refe-

renzgruppe mit 39 SSW beurteilt.

2. Methode: Die Sectiorate wird durch den Vergleich des Managements (Geburtseinlei-

tung oder abwartendes Management) in einem bestimmten Gestationsalter beurteilt.

Die retrospektive Analyse "Labor and neonatal outcomes after term induction of labor

in gestational diabetes" von Vilchez et al. (2015) befasst sich mit den Risiken der Ge-

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

29

burtseinleitung und den neonatalen Komplikationen bei Frauen mit GDM verglichen mit

Frauen ohne GDM, um eine Empfehlung zum optimalen Zeitpunkt der Geburtseinlei-

tung für Frauen mit GDM abgeben zu können. Insgesamt werden die Daten von

273’043 Frauen untersucht. 96’963 Frauen mit GDM sind zwischen 37–42 SSW einge-

leitet worden, während 176’079 Frauen ohne GDM im gleichen Schwangerschaftszeit-

raum eine Einleitung hatten. Aus den Ergebnissen der Studie wird eine Risikoanalyse

der jeweiligen Outcomes erstellt.

Worda et al. (2017) führen eine RCT mit dem Titel "Randomized controlled trial of in-

duction at 38 weeks versus 40 weeks gestation on maternal and infant outcomes in

women with insulin-controlled gestational diabetes" durch. Sie vergleichen die Ge-

burtseinleitung mit 38 SSW und 40 SSW bei Frauen mit insulinpflichtigem GDM in Be-

zug auf LGA und weitere neonatale und maternale Morbiditäten. 100 Frauen sind ran-

domisiert in die Gruppen eingeteilt worden. Bei 44 Frauen ist die Geburt mit 38 SSW

und bei 47 Frauen mit 40 SSW eingeleitet worden. Neun Frauen mussten nach der

Randomisierung ausgeschlossen werden.

Die Leitlinie der AWMF (2011) "Gestationsdiabetes mellitus (GDM) Evidenzbasierte

Leitlinie zu Diagnose, Therapie u. Nachsorge" setzt sich zum Ziel, evidenzbasierte und

aktuelle Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie bei GDM abgeben zu können. Die

Leitlinie richtet sich an Schwangere mit GDM, Interessierte und Berufsgruppen, die

Frauen mit GDM betreuen. Sie ist von einer Expertengruppe aus den Fachbereichen

Gynäkologie, innere Medizin, Neonatologie und Diabetologie erarbeitet worden. Die

Methode der Leitlinienentwicklung wird nach den Kriterien von DELBI aufgeführt. Die

Bewertung der eingeschlossenen Literatur erfolgt nach den modifizierten Kriterien der

Agency for Health Care Policy and Research (AHCPR) und dem Scottish Intercollegia-

te Guidelines Network (SIGN). Die Evidenz der Empfehlungen wird nach klaren Krite-

rien nach Härtegrad A-C beurteilt.

FIGO (2015) setzt sich in der Leitlinie "Initiative on gestational diabetes mellitus: A

pragmatic guide for diagnosis, management, and care" zum Ziel, die Risiken für Mutter

und Kind bei Hyperglykämie aufzuzeigen und ein Dokument zur Betreuung von Frauen

mit GDM unabhängig der verfügbaren Ressourcen zu erstellen. Zum Zielpublikum ge-

hören Berufsgruppen im Gesundheitswesen, Gesundheitsanbietende und Organisatio-

nen im Gesundheitswesen und Berufsverbände. Die Leitlinie ist von internationalen

Fachleuten aus verschiedenen Fachgebieten ausgearbeitet worden. Zur Einschätzung

der Qualität der Evidenz und Einstufung der Stärke der Empfehlungen werden die Kri-

terien Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation (GRA-

DE) verwendet.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

30

Die NICE (2015) strebt mit der Leitlinie "Diabetes in pregnancy: management from

preconception to the postnatal period" eine Verbesserung der Diagnostik von GDM

sowie die Unterstützung von Frauen mit GDM bei der Überwachung der Blutzuckerwer-

te vor und während der Schwangerschaft an. Die Leitlinie richtet sich sowohl an medi-

zinische Fachpersonen, Kommissare und Gesundheitsanbietende, als auch an Frauen

mit Diabetes mellitus, GDM oder mit einem Risiko für GDM. Die Expertengruppe be-

steht aus Fachpersonen, betroffenen Frauen und/oder Pflegepersonen und dem Team

des National Collaboration Centers. Die eingeschlossene Literatur wird nach GRADE

bewertet und die Methodik der Leitlinie detailliert beschrieben.

Die nachfolgende Tabelle 4 und Tabelle 5 geben eine Übersicht über die eingeschlos-

senen Studien und die Leitlinien.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

31

Tabelle 4: Übersicht der Ergebnisse der Studien

Verfassende, Jahr, Land, Design

Fragestellung Population Methode Relevante Ergebnisse

Alberico et al. 2010 Italien Retrospektive Kohor-tenstudie

Ziel

Analyse der Ge-burtseinleitung mit 38 SSW im Vergleich zum abwartenden Ma-nagement bei GDM (diätetisch oder insulin-pflichtig) mit fetaler Wachstumsbeschleuni-gung in Bezug auf die Sectiorate und das Auftreten von Makro-somie.

99 Schwangere mit GDM. Gruppe 1

48 Frauen Geburtseinleitung mit 38 SSW. Gruppe 2

51 Frauen abwartendes Management >38 SSW. Schwangerschaftskontrolle zwischen der 40–41 SSW mit Gewichtsschätzung. Bei Schätzgewicht ≥4250g wird eine Sectio angebo-ten.

Datenerhebung

Retrospektive Analy-se von bereits erho-benen Daten. Datenanalyse

Statistische Tests anhand Computer-programm. Durchfüh-rung einer multivari-ablen logistischen Regressionsanalyse.

Maternales Outcomes Nicht signifikant

Sectio (Konfidenzintervall [KI]=0,28–2,49) Neonatale Outcomes Nicht signifikant

APGAR-Score (p-Wert [p]=0,4 nach einer Minute und p=0,1 nach fünf Minuten), intensivmedizinische Betreuung (p=0,1), Makrosomie (p=0,2) Deskriptiv

Mortalität - Bei einer Geburt in der abwartenden Gruppe aufgetreten.

Nicht aufgetreten

Schulterdystokie

Alberico et al. 2016 Italien, Slowenien, Israel Multizentrische open Label randomisiert-kontrollierte Studie

Ziel

Auswirkungen der Ge-burtseinleitung im Ver-gleich zum abwarten-den Management auf die maternalen und neonatalen Outcomes bei Schwangeren mit GDM am Termin.

425 Schwangere mit GDM. Gruppe 1

214 Frauen Geburtseinleitung zwi-schen 38 0/7–39 0/7 SSW. Gruppe 2

211 Frauen abwartendes Management 38 0/7–41 0/7 SSW. Ab 41 1/7 SSW wird eine Einleitung angeboten.

Datenerhebung

Randomisierung mithilfe einer compu-terbasierten Methode nach schriftlicher Zustimmung. Datenanalyse

Statistische Tests anhand Computer-programm. Durchfüh-rung einer multivari-ablen logistischen Regression- und Sensitivitätsanalyse.

Maternale Outcomes Nicht signifikant

Dammrisse I° und II° (p=0,82), Dammrisse III° und IV° (p=0,12), postpartale Hämorrhagie (p=0,7), Sectio (p=0,81 bzw. p=0,36 nach Sensitivitätsanalyse), vaginal-operative Entbindung (p=0,76 bzw. p=0,65 nach Sensitivitätsanalyse) Neonatale Outcomes Signifikant

Geburtsgewicht, Hyperbilirubinämie - Signifikant schweres Geburtsgewicht beim abwartenden

Management (p=<0.001) - Signifikant häufiger Hyperbilirubinämie bei Geburtseinleitung

(p=0,03).

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

32

Verfassende, Jahr, Land, Design

Fragestellung Population Methode Relevante Ergebnisse

Nicht signifikant

ANS (p=1,0), APGAR-Score (p=0,05 nach einer Minute und p=0,5 nach fünf Minuten), Hypoglykämie (p=0,6), intensivmedi-zinische Betreuung (p=1,0), Makrosomie (p=0,06), Schulterdys-tokie (p=0,62) Nicht aufgetreten

Mortalität

Feghali et al. 2016 USA Retrospektive Kohor-tenstudie

Ziel

Untersuchung des Zusammenhangs zwi-schen Gestationsalter, Einleitung und Sectio-rate bei Frauen mit GDM unter Berücksich-tigung der Zervixreife und der Parität. Vergleich der Sectio- rate nach Geburtsein-leitung mit dem abwar-tenden Management in einzelnen SSW.

863 Schwangere mit GDM. Gruppe 1

Einleitung mit einem be-stimmten Gestationsalter: 37 0/7–37 6/7 38 0/7–38 6/6 39 0/7–39 6/7 ≥40 SSW. Gruppe 2

Abwartendes Management (Geburt nach spontanen oder eingeleiteten Wehen zu einem späteren Zeit-punkt als das definierte Gestationsalter in der Gruppe 1).

Datenerhebung

Retrospektive Analy-se von bereits erho-benen Daten. Datenanalyse

Statistische Tests anhand Computer-programm. Durchfüh-rung einer multivari-ablen logistischen Regressionsanalyse. 1. Vergleich der

Ergebnisse mit je-dem Gestationsal-ter.

2. Analyse der Aus-wirkungen der Geburtseinleitung durch Vergleichen der beiden Grup-pen.

Maternales Outcomes Signifikant

Sectio - Signifikanter Anstieg bei ≥40 SSW beim spontaner Wehentä-

tigkeit im Vergleich zur Geburtseinleitung (p=0,04). Nicht signifikant

Sectio - Kein signifikanter Anstieg mit 37 SSW (p=0,23), 38 SSW

(p=0,09) und 39 SSW (p=0,43) beim Vergleich der Ge-burtseinleitung mit dem abwartenden Management.

- Kein signifikanter Anstieg bei Geburtseinleitung zwischen 37 und ≥40 SSW (p=0,18).

- Kein signifikanter Anstieg aller Geburten zwischen 37 und ≥40 SSW (p=0,07).

Neonatale Outcomes Signifikant

Geburtsgewicht, Hyperbilirubinämie - Signifikant schwereres Geburtsgewicht bei älterem Gestati-

onsalter (37 0/7–≥40 SSW, p=0,001). - Signifikant häufiger Hyperbilirubinämie bei jüngerem Gestati-

onsalter (37 0/7 SSW–≥40 SSW, p=0,02). Kombinierte neonatale Morbidität (Hypoglykämie, Fototherapie bei Hyperbilirubinämie und ANS) - Signifikant höhere Morbidität mit 37 SSW im Vergleich zu

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

33

Verfassende, Jahr, Land, Design

Fragestellung Population Methode Relevante Ergebnisse

40 SSW (KI=1,16–4,66). Nach der Durchführung der multi-variablen logistischen Regressionsanalyse war das Ergebnis nicht mehr signifikant (KI=0,72–3,31).

Nicht signifikant

ANS (p=0,32), Hypoglykämie (p=0,38), intensivmedizinische Betreuung (p=0,7), kombinierte neonatale Morbidität mit 38 SSW (KI=0,66–2,76 bzw. KI=0,49–2,28 nach der multivariablen logis-tischen Regressionsanalyse) und mit 39 SSW (KI=0,73–2,62 bzw. KI=0,57–2,24 nach der multivariablen logistischen Regres-sionsanalyse), Makrosomie (p=0,204), Schulterdystokie (Daten sind nicht offengelegt).

Grabowska et al. 2017 Polen Retrospektive Analy-se

Ziel

Analyse der Wirksam-keit und des Verlaufs der Einleitung bei Frau-en mit GDM. Identifikation von Risi-kofaktoren für eine Sectio.

204 Schwangere mit GDM. Gruppe 1

108 Frauen Elektive oder sekundäre Sectio. Gruppe 2

96 Frauen Vaginalgeburt. Subgruppe 2.1

Geburtseinleitung mit 40 0/7 SSW oder mit 39 0/7 SSW bei LGA. Subgruppe 2.2

Spontane Wehentätigkeit. Zuerst werden die beiden Hauptgruppen und dann die beiden Subgruppen verglichen.

Datenerhebung

Retrospektive Analy-se von bereits erho-benen Daten. Datenanalyse

Statistische Tests anhand Computer-programm.

Maternales Outcomes Nicht signifikant

Sectio (p=0,6) Neonatale Outcomes Signifikant

Geburtsgewicht - Signifikant tieferes Geburtsgewicht bei Geburten nach spon-

taner Wehentätigkeit (p=<0,005). Deskriptiv

APGAR-Score <8 - Bei zwei Vaginalgeburten und sechs Sectiones aufgetreten. LGA - Bei fünf Sectiones aufgetreten. Intubation - Bei vier Vaginalgeburten und fünf Sectiones aufgetreten. Nicht aufgetreten

Schulterdystokie

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

34

Verfassende, Jahr, Land, Design

Fragestellung Population Methode Relevante Ergebnisse

Melamed et al. 2016 Kanada Retrospektive Kohor-tenstudie

Ziel

Vergleich der Outco-mes von Schwangeren mit GDM mit Ge-burtseinleitung mit 38 oder 39 SSW mit den Schwangeren mit GDM bei abwartendem Ma-nagement.

6417 Schwangere mit GDM. Gruppe 1

1188 Frauen Geburtseinleitung zwi-schen 38 0/7–38 6/7 SSW. Gruppe 2

5229 Frauen abwartendes Management zwischen 39 0/7–41 6/7 SSW. 3198 Schwangere mit GDM. Gruppe 3

1036 Frauen Geburtseinleitung zwi-schen 39 0/7–39 6/7 SSW. Gruppe 4

2162 Frauen abwartendes Management zwischen 40 0/7–41 6/7 SSW. Die Gruppe 1 wird mit der Gruppe 2 und Gruppe 3 mit der Gruppe 4 vergli-chen.

Datenerhebung

Retrospektive Analy-se von bereits erho-benen Daten. Datenanalyse

Statistische Tests anhand Computer-programm. Durchfüh-rung einer multivari-ablen logistischen Regressionsanalyse.

Maternale Outcomes Signifikant

Dammverletzung, Sectio - Signifikant weniger Dammverletzung III° und IV° bei Ge-

burtseinleitung mit 38 SSW (p=0,01). Nach Durchführung der multivariablen logistischen Regressionsanalyse ist keine Signifikanz mehr vorhanden (KI=0,61–1,55).

- Signifikante Reduktion der Sectiorate bei Geburtseinleitung mit 38 SSW (p=<0,001) und 39 SSW (p=0,04). Nach Durch-führung der multivariablen logistischen Regressionsanalyse bleibt es signifikant (KI=0,52–0,90 und KI=0,58–0,93).

Nicht signifikant

Dammverletzung bei Geburtseinleitung mit 39 SSW (p=0,5 bzw. KI=0,72–1,87 nach der multivariablen logistischen Regressions-analyse), postpartale Hämorrhagie (p=0,9 und p=0,8), vaginal-operative Entbindung (p=0,7 und p=0,9, KI=0,89–1,46 bzw. 0,86–1,56 und 0,89–1,57 bzw. 0,96–1,86 nach den multivariab-len logistischen Regressionsanalysen) Neonatale Outcomes Signifikant

Geburtsgewicht, Hyperbilirubinämie, Hypoglykämie, intensivme-dizinische Betreuung, Makrosomie (>4000g und >4500g), Respi-ratorische Morbidität (ANS, vorübergehende Tachypnoe und Beatmung) - Signifikant schwereres Geburtsgewicht beim abwartenden

Management beider Gruppen (beide Gruppen p=<0,001). - Signifikant mehr Makrosomien beim abwartenden Manage-

ment beider Gruppen (Gruppe 2: p=<0,001 bzw. Gruppe 4: p=0,02).

- Signifikant mehr Neugeborene >4500g beim abwartenden Management zwischen 39 0/–41 6/7 SSW (p=0,03).

- Signifikant häufiger fototherapiepflichtige Hyperbilirubinämie (p=0,01) und Hypoglykämie (p=<0,001) nach Einleitung mit 38 SSW.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

35

Verfassende, Jahr, Land, Design

Fragestellung Population Methode Relevante Ergebnisse

- Signifikant höheres Risiko für intensivmedizinische Betreu-ung bei Einleitung mit 38 SSW (p=0,002). Auch nach der multivariablen logistischen Regressionsanalyse ist das Risiko signifikant erhöht (KI=1,09–1,69).

- Signifikant mehr respiratorische Morbidität beim abwartenden Management mit 40 0/7–41 6/7 SSW (p=0,03).

Kombinierte neonatale Morbidität (ANS, APGAR-Score <7 nach fünf Minuten, fototherapiepflichtige Hyperbilirubinämie, Hypogly-kämie, intensivmedizinische Betreuung, Mortalität) - Signifikant mehr kombinierte neonatale Morbiditäten beim

abwartenden Management zwischen 40 0/7–41 6/7 SSW (p=0,02). Nach der Durchführung der multivariablen logisti-schen Regressionsanalyse liegt keine Signifikanz mehr vor (KI=0,69–10,3).

Nicht signifikant

Hyperbilirubinämie bei Geburtseinleitung mit 39 SSW (p=0,4), Hypoglykämie bei Geburtseinleitung mit 39 SSW (p=0,1), inten-sivmedizinische Betreuung bei Geburtseinleitung mit 39 SSW (p=0,2 bzw. KI=0,61–1,11 nach der multivariablen logistischen Regressionsanalyse), kombinierte neonatale Morbidität bei Ge-burtseinleitung mit 38 SSW (p=0,9 bzw. KI=0,93–1,30 nach der multivariablen logistischen Regressionsanalyse), LGA (p=0,9 bei beiden Gruppen), Mortalität (p=0,4 und p=0,2), respiratorische Morbidität bei Geburtseinleitung mit 38 SSW (p=0,3), Schulter-dystokie (p=0,7 und p=0,09)

Rayburn et al. 2005 USA Retrospektive Kohor-tenstudie

Ziel

Evaluation der Erfah-rungen mit der Routi-neeinleitung mit 38 SSW bei Frauen mit insulinpflichtigem GDM.

280 Schwangere mit GDM. Gruppe 1

143 Frauen mit insulinpflichtigem GDM mit Geburtseinleitung mit 38 0/7 SSW.

Datenerhebung

Retrospektive Analy-se von bereits erho-benen Daten. Datenanalyse

Statistische Tests anhand Computer-

Maternales Outcomes Nicht signifikant

Sectio (p=0,8) Neonatale Outcomes Nicht signifikant

APGAR-Score (p=0,81 nach einer Minute und p=0,68 nach fünf Minuten), Geburtsgewicht (p=0,93), intensivmedizinische Be-

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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Verfassende, Jahr, Land, Design

Fragestellung Population Methode Relevante Ergebnisse

Davon 101 Frauen mit oralen Antidiabetika und 42 Frauen mit oralen Antidiabetika und Insulin. Gruppe 2

137 Frauen mit diätetisch eingestelltem GDM mit abwartendem Management zwischen 38 0/7–41 6/7 SSW.

programm.

treuung (p=0,75), Makrosomie (p=0,18), Schulterdystokie (p=0,77) Deskriptiv

Mortalität - Bei einer Geburt in der abwartenden Gruppe aufgetreten. Nicht aufgetreten

ANS

Sutton et al. 2014 USA Sekundäre Analyse einer multizentrisch randomisiert – kon-trollierten Studie

Ziel

Vergleich der Sectiora-te nach Gestationsalter mit der Geburtseinlei-tung versus abwarten-dem Management. Vergleich der Outco-mes zwischen den Gruppen.

679 Frauen (Originalstudie 958 Frauen). Gruppe 1

Therapie mit diätetischer Anpassung oder Insulin. Gruppe 2

Übliche Schwanger-schaftsvorsorge. Methode 1

Die Sectiorate wird durch den Vergleich der Wehen-art (spontan oder eingelei-tet) in einem bestimmten Gestationsalter (abge-schlossene SSW) und der Referenzgruppe mit 39 SSW beurteilt. Methode 2

Die Sectiorate wird durch den Vergleich des Mana-

Datenerhebung

Retrospektive Analy-se von bereits erho-benen Daten einer randomisiert-kontrollierten Studie. Datenanalyse

Statistische Tests anhand Computer-programm. Durchfüh-rung einer multivari-ablen logistischen Regressionsanalyse.

Maternales Outcomes Signifikant

Sectio - Signifikanter Anstieg bei ≥41 SSW bei allen Geburten

(KI=1,13–4,94) Methode 1. - Signifikanter Anstieg bei ≥41 SSW bei Geburtseinleitung

(KI=1,23–11,24) Methode 1. - Signifikante Erhöhung mit 40 SSW bei Geburtseinleitung

(KI=1,33–7,28) Methode 2. Nicht signifikant

Sectio - Kein signifikanter Anstieg mit 37 SSW (KI=0,34–2,02),

38 SSW (KI=0,37–1,57) und 40 SSW (KI=0,67–2,38) bei al-len Geburten Methode 1.

- Kein signifikanter Anstieg mit 37 SSW (KI=0,09–2,08), 38 SSW (KI=0,06–1,23) und 40 SSW (KI=0,93–7,15) bei Geburtseinleitung Methode 1.

- Kein signifikanter Anstieg mit 37 SSW (KI=0,33–3,12), 38 SSW (KI=0,44–2,48), 40 SSW (KI=0,22–1,44) und ≥41 SSW (KI=0,29–3,37) bei spontaner Wehentätigkeit Methode 1.

- Kein signifikanter Anstieg mit 37 SSW (KI=0,16–2.27), 38 SSW (KI=0,11–1,30), 39 SSW (KI=0,42–2,14) und

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

37

Verfassende, Jahr, Land, Design

Fragestellung Population Methode Relevante Ergebnisse

gements (Geburtseinlei-tung oder abwartendes Management) in einem bestimmten Gestationsal-ter beurteilt. Abwartendes Manage-ment: Geburt nach spon-tanen Wehen im gleichen Gestationsalter addiert mit den Geburten nach spon-tanen oder eingeleiteten Wehen in den darauffol-genden Gestationswo-chen.

≥41 SSW (KI=0,91–14,3) Methode 2. Neonatales Outcomes Signifikant

Kombinierte neonatale Morbidität (Hypoglykämie, Hyperbilirubi-nämie, ANS, Geburtstrauma), Makrosomie - Signifikant mehr kombinierte neonatale Morbidität ≥41 SSW

bei allen Geburten (KI=1,007–3,38) Methode 1. - Signifikant mehr Makrosomien mit ≥41 SSW bei allen Gebur-

ten (KI=1,31–6,14) Methode 1. Nicht signifikant

Intensivmedizinische Betreuung (Daten werden nicht offenge-legt), LGA (Daten werden nicht offengelegt) Methode 1 und 2. Kombinierte neonatale Morbidität - Kein signifikanter Anstieg mit 37 SSW (KI=0,60–2,10),

38 SSW (KI=0,48–1,37) und 40 SSW (KI=0,49–1,32) bei al-len Geburten Methode 1.

- Kein signifikanter Anstieg mit 37 SSW (KI=0,25–2,92), 38 SSW (KI=0,47–2,74), 40 SSW (KI=0,15–1,16) und ≥41 SSW (KI=0,80–6,11) bei Geburtseinleitung Methode 1.

- Kein signifikanter Anstieg mit 37 SSW (KI=0,71–3,19), 38 SSW (KI=0,32–1,27), 40 SSW (KI=0,59–1,96) und ≥41 SSW (KI=0,71–3,52) bei spontaner Wehentätigkeit Methode 1.

- Kein signifikanter Anstieg mit 37 SSW (KI=0,28–2,19); 38 SSW (KI=0,71–2,74), 39 SSW (KI=0,58–2,07), 40 SSW (KI=0,10–0,67) und ≥41 SSW (KI=0,38–7,63) Methode 2.

Nicht aufgetreten

Mortalität

Vilchez et al. 2015 USA

Ziel

Analyse der Risiken der Geburtseinleitung und

273 043 Schwangere. Gruppe 1

Datenerhebung

Retrospektive Analy-se von bereits erho-

Maternale Outcomes Deskriptiv

Sectio, vaginal-operative Entbindung

Page 38: Geburtseinleitung oder abwarten- des Management bei ...6a427715-4c0f-44a2-bbc1-c6b9cc55142b/... · tio caesarea (Sectio), Dammriss Grad III°/IV° und transfusionspflichtige postpartale

Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

38

Verfassende, Jahr, Land, Design

Fragestellung Population Methode Relevante Ergebnisse

Retrospektive Analyse

die neonatale Kompli-kationen bei Frauen mit GDM im Vergleich zu nicht diabetischen Schwangeren. Empfehlung für den optimalen Zeitpunkt der Geburtseinleitung von schwangeren Frauen mit GDM abgeben können.

96 964 Frauen mit GDM mit Geburtseinleitung zwischen 37–42 SSW. Gruppe 2

176 079 Frauen ohne GDM mit Geburtseinleitung zwischen 37–42 SSW. Die Gruppen werden mit einem bestimmtem Gesta-tionsalter verglichen. Dar-aus wird eine Risikoanaly-se erstellt.

benen Daten. Datenanalyse

Statistische Tests.

- Das Risiko für eine Sectio ist in der 39 SSW am niedrigsten. - Das Risiko für eine vaginal-operative Entbindung ist in der

39 SSW am niedrigsten. Neonatale Outcomes Deskriptiv

Intubation und Beatmung, APGAR-Score, intensivmedizinische Betreuung, kombinierte neonatale Morbidität (Antibiotikagabe, APGAR-Score, Beatmung, Geburtsverletzung, intensivmedizini-sche Betreuung, Intubation, Krampfanfälle, Verabreichung von Surfactant), Makrosomie (>4000g und >4500g) - Das Risiko für eine Beatmung und Intubation ist mit 40 SSW

am tiefsten. - Das Risiko für einen niedrigen APGAR-Score ist mit 39 SSW

am niedrigsten. - Das Risiko für eine intensivmedizinische Betreuung ist mit

39 SSW am niedrigsten. - Die kombinierte neonatale Morbidität ist mit 40 SSW am

tiefsten. - Die Gefahr der Makrosomie ist mit 37 SSW am tiefsten und

mit 41 SSW am höchsten.

Worda et al. 2017 Österreich RCT

Ziel

Vergleich der Ge-burtseinleitung mit 38 SSW mit der Ge-burtseinleitung mit 40 SSW in Bezug auf das Geburtsgewicht >90. Perzentile und die neonatale bzw. mater-nale Morbidität.

100 Schwangere mit insu-linpflichtigem GDM. Gruppe 1

44 Frauen Geburtseinleitung mit 38 SSW. Gruppe 2

47 Frauen Geburtseinleitung mit 40 SSW (9 Frauen nach der Rand-omisierung ausgeschlos-

Datenerhebung

Randomisierung: Zufällige Einteilung in die Gruppen. Datenanalyse

Statistische Tests anhand Computer-programm. Durchfüh-rung einer multivari-ablen logistischen Regressionsanalyse.

Maternale Outcomes Nicht signifikant

Dammverletzung (p=0,44), Sectio (p=0,49) Nicht aufgetreten

Postpartale Hämorrhagie Neonatale Outcomes Signifikant

Hyperbilirubinämie, Hypoglykämie - Signifikant erhöhte Bilirubinwerte bei Geburtseinleitung mit

38 SSW (p=0,03). - Signifikant mehr Hypoglykämien bei Geburtseinleitung mit

38 SSW (p=0,04).

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

39

Verfassende, Jahr, Land, Design

Fragestellung Population Methode Relevante Ergebnisse

sen). Nicht signifikant

APGAR-Score (p=0,91), Geburtsgewicht (p=0,29), intensivmedi-zinische Betreuung (p=1,0), LGA (p=0,49) Nicht aufgetreten

Schulterdystokie, Mortalität

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

40

Tabelle 5: Übersicht der Ergebnisse der Leitlinien

Verfassende, Jahr Zweck Beteiligte Interessen-gruppen

Methode Relevante Ergebnisse

AWMF 2011

Ziel

Evidenzbasierte, aktu-elle Empfehlungen zur Diagnostik und Thera-pie des GDM abgeben können.

Fachgesellschaften

Deutsche Diabetes Ge-sellschaft (DDG) Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburts-hilfe (DGGG) Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedi-zin. Expertengruppe

Aus den Fachgebieten Gynäkologie Innere Medizin Neonatologie Diabetologie. Es sind sowohl Frauen, wie auch Männer in der Expertengruppe vertreten. Zielpublikum

Schwangere mit GDM Interessierte Berufsgruppen, die Schwangere mit GDM betreuen.

Die systematische Methodik der Leitli-nienentwicklung nach DELBI ist in einem separaten Dokument der AWMF detailliert beschrieben. Die Suchstrategie ist klar angegeben. Die Bewertung der eingeschlossenen Literatur ist nach den modifizierten Kriterien der AHCPR und SIGN. Die Empfehlungen werden nach Härte-grad A bis C auf ihre Evidenz beurteilt. Die Überarbeitung ist nach fünf Jahren geplant.

- Das Risiko für Makrosomie reduziert sich bei elektiver Einleitung mit 38 0/7 SSW ohne das Risiko für eine Schul-terdystokie signifikant zu reduzieren.

- Die Sectiorate ist nicht signifikant unterschiedlich zwischen dem abwartenden Management und der Geburtseinleitung.

- Es gibt keinen Unterschied bei der maternalen und neona-

talen Morbidität bei kleiner Population. - Die Rate von perinatalen Komplikationen (Tod, Schulter-

dystokie, Humerusfraktur und Plexusparese) konnte bei Behandlung in der Schwangerschaft signifikant gesenkt werden.

- Terminüberschreitung bei diätetisch eingestelltem GDM ist

erlaubt. - Bei gut eingestelltem, insulinpflichtigem GDM kann bis

zum Termin gewartet werden, aber möglichst nicht darüber hinaus.

FIGO 2015

Ziel

Den Zusammenhang zwischen Hyperglykä-mie und schlechten maternalen und neona-talen Outcomes und

Expertengruppe

Internationale Experten aus verschiedenen Fach-bereichen, die von FIGO beauftragt sind.

Es ist kein Leitlinien-report vorhanden. Die Suchstrategie ist nicht angegeben.

- Einleitung mit 38–39 SSW möglich, um schlechte Outco-mes zu vermeiden.

- Bei guter Blutzuckerkontrolle und einem angemessenen Schätzgewicht (<3800g) ist ein Abwarten bis 40–41 SSW möglich. Ausnahme: Gefässerkrankung, Status nach Tot-

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

41

Verfassende, Jahr Zweck Beteiligte Interessen-gruppen

Methode Relevante Ergebnisse

zukünftigen Risiken für Mutter und Kind aufzei-gen. Erstellung eines Doku-ments zur Vorgehen bei Diagnosestellung, Ma-nagement und Betreu-ung von Frauen mit GDM unabhängig der verfügbaren Ressour-cen.

Es sind sowohl Frauen, wie auch Männer in der Autorengruppe vertreten. Zielpublikum

Berufsgruppen im Ge-sundheitswesen Gesundheitsanbietende und Organisation im Ge-sundheitswesen Berufsverbände.

Die Bewertung der eingeschlossenen Literatur und der Empfehlungen sind nach GRADE. Die nächste Überar-beitung ist nicht ge-plant.

geburt, mangelhafte Kontrolle oder ungenügende Compli-ance.

- Einleitung mit 38–39 SSW bei Schätzgewicht zwischen

3800–4000g oder LGA. - Bei einem Schätzgewicht >4000g mit 38–39 SSW sollte

eine elektive Sectio angeboten werden.

Diese Empfehlungen werden von der Evidenzstärke als sehr schwach angegeben.

NICE 2015

Ziel

Verbesserung der Di-agnose von GDM und Unterstützung der Frauen mit GDM bei der Überwachen der Blutzuckerwerte. Diese Leitlinie umfasst die Betreuung, Behand-lung von Diabetes und GDM bei Frauen, wel-che planen schwanger zu werden, schwanger sind oder bereits gebo-ren haben.

Expertengruppe

Guideline Development Group bestehend aus Gesundheits- und anderen Fachleuten (Spezialisten, aber auch Generalisten) Patienten und/oder Pfle-gepersonen Team des National Colla-boration Centers. Zielpublikum

Medizinische Fachkräfte Kommissare und Gesund-heitsanbietende Frauen mit Diabetes, die eine Schwangerschaft planen oder schwanger sind Frauen mit GDM oder bei denen ein Risiko besteht einen GDM zu entwickeln.

Methodik der Leitli-nienentwicklung ist im Leitlinien-Manual der NICE detailliert be-schrieben. Im Anhang der Gui-deline sind die Re-viewfragen klar auf-gelistet. Die Suchstrategie ist klar angegeben. Die Bewertung der eingeschlossenen Literatur ist nach GRADE. Die Überarbeitung ist nach drei Jahren geplant.

- Der Geburtszeitpunkt und Geburtsmodus sollten mit den Schwangeren mit GDM während der Schwangerschafts-kontrolle im dritten Trimenon diskutiert werden.

- Die Leitlinie rät, spätestens bei 40 6/7 SSW zu gebären. Frauen sollte eine elektive Geburt (Einleitung oder SC) an-geboten werden, wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht geboren haben.

- Frauen mit GDM sollten eine elektive Geburt vor der 40 6/7 SSW in Betracht ziehen, wenn es mütterliche oder fetale Komplikationen gibt.

- Schwangeren mit Diabetes, die nach Ultraschalldiagnose

ein makrosomes Kind haben, sollen über die Risiken und Vorteile der vaginalen Geburt, Einleitung und Sectio auf-geklärt werden.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

42

7.3 Ergebnisse der Studien und Leitlinien

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse aus der Literaturanalyse der Studien und

Leitlinien beschrieben. Die definierten Outcomeparameter werden in zwei Hauptkate-

gorien – maternale und neonatale Outcomes – eingeteilt, um eine bessere Übersicht

zu erhalten. Die nachfolgende Tabelle 6 zeigt die gewählten Parameter in der jeweili-

gen Hauptkategorie auf.

Tabelle 6: Kategorienbildung der Outcomeparameter

Hauptkategorien Kategorien

Maternale Outcomes Dammverletzung Postpartale Hämorrhagie Sectio caesarea Vaginal-operative Entbindung

Neonatale Outcomes ANS APGAR-Score Geburtsgewicht / Makrosomie / LGA Hyperbilirubinämie Hypoglykämie Intensivmedizinische Betreuung Kombinierte neonatale Morbidität Mortalität Schulterdystokie

Die Ergebnisse der einzelnen Outcomes und der Leitlinien werden nachfolgenden in

Textform beschrieben und sind zusätzlich in der Tabelle 4 und Tabelle 5 zusammenge-

fasst dargestellt. Die Autorinnen haben relevante Ergebnisse zur Beantwortung der

Fragestellung ausgewählt. In einzelne Studien werden noch weitere Outcomes, wie

beispielsweise die Häufigkeit der Antibiotika-Gabe untersucht. Diese Parameter wer-

den in den Tabellen nicht dargestellt, sind jedoch der Vollständigkeit halber in den Ana-

lyserastern der kritischen Würdigung im Anhang Fehler! Verweisquelle konnte nicht

gefunden werden. und Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. er-

sichtlich. Wenn Studien bei einem Outcome nicht erwähnt werden, ist dieser Parameter

nicht untersucht worden. Am Ende dieses Abschnittes werden die Resultate in einer

Gesamtsynthese miteinander verknüpft.

7.3.1 Maternale Outcomes

Die Ergebnisse aus den Studien zu den mütterlichen Outcomes Dammverletzung,

postpartale Hämorrhagie, Sectio und vaginal-operative Entbindung werden in diesem

Abschnitt dargestellt.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

43

Dammverletzung

Melamed et al. (2016) stellen fest, dass signifikant weniger Dammrisse III° und IV° bei

Geburtseinleitung mit 38 0/7–38 6/7 im Vergleich zum abwartenden Management

(p=0,01) auftreten. Nach der Durchführung der multivariablen logistischen Regressi-

onsanalyse mit den Parametern mütterliches Alter, Parität, Insulintherapie, BMI vor der

Schwangerschaft und Makrosomie zeigen sich keine signifikanten Unterschiede mehr

(KI=0,61–1,55). Bei der Geburtseinleitung mit 39 0/7–39 6/7 SSW werden sowohl vor

(p=0,5) wie auch nach der multivariablen logistischen Regressionsanalyse (KI=0,72–

1,87) keine signifikanten Differenzen beobachtet (Melamed et al., 2016). Ebenfalls tau-

chen auch bei Alberico et al. (2016) keine Signifikanzen bezüglich Dammrissen III° und

IV° (p=0,12) auf. In derselben Studie werden auch keine signifikanten Unterschiede bei

Dammrissen I° und II° (p=0,82) ermittelt. Zum gleichen Ergebnis kommen die For-

schenden in der Studie von Worda et al. (2017), welche die Frauen mit 38 SSW oder

40 SSW einleiteten (p=0,44). Zusammenfassend betrachtet liegt bei einer Studie (Me-

lamed et al., 2016) ein signifikantes Ergebnis vor, welches nach der durchgeführten

multivariablen logistischen Regressionsanalyse nicht mehr signifikant ist.

Postpartale Hämorrhagie

In den beiden Studien (Alberico et al., 2016; Melamed et al., 2016), die die Geburtsein-

leitung mit dem abwartenden Management vergleichen, können keine signifikanten

Ergebnisse generiert werden. Der p-Wert liegt bei 0,7 (Alberico et al., 2016). Bei Me-

lamed et al. (2016) beträgt der p-Wert 0,9 bei Einleitung mit 38 0/7–38 6/7 SSW bzw.

0,8 bei Einleitung mit 39 0/7–39 6/7 SSW. Worda et al. (2017) beobachten keine post-

partale Hämorrhagie. Allgemein betrachtet liegen keine signifikanten Ergebnisse (Al-

berico et al., 2016; Melamed et al., 2016) vor oder die postpartale Hämorrhagie ist

nicht aufgetreten (Worda et al., 2017).

Sectio caesarea

Aufgrund der unterschiedlichen Durchführung der Studien haben die Autorinnen das

Sectiorisiko mit der Geburtseinleitung versus abwartendem Management und der Ge-

burtseinleitung versus spontane Wehentätigkeit analysiert und dementsprechend ge-

gliedert, um die Resultate besser darstellen zu können.

Geburtseinleitung versus. abwartendes Management

Laut der Studie von Melamed et al. (2016) senkt die Geburtseinleitung mit 38 0/7–

38 6/7 SSW (p=<0,001) und 39 0/7–39 6/7 SSW (p=0,04) verglichen mit dem abwar-

tenden Management (39 0/7–39 6/7 bzw. 40 0/7–41 6/7 SSW) die Sectiorate signifi-

kant. Nach einer multivariablen logistischen Regressionsanalyse mit den Parametern

mütterliches Alter, Parität, Insulintherapie, BMI vor Schwangerschaft und Makrosomie,

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

44

bleiben die Resultate weiterhin signifikant (KI=0,52–0,90 bzw. 0,58–0,93). Bei Alberico

et al. (2010), Alberico et al. (2016) und Rayburn et al. (2005) werden bei ähnlicher

Durchführung der Studien keine signifikanten Differenzen entdeckt. Alberico et al.

(2010) ermitteln ein KI von 0,28–2,49. Der p-Wert liegt bei Rayburn et al. (2005) bei 0,8

und bei Alberico et al. (2016) bei 0,81. Nach einer Sensitivitätsanalyse in der Studie

von Alberico et al. (2016) ist das Ergebnis weiterhin nicht signifikant (p=0,36).

Beim Vergleich der Geburtseinleitung und dem abwartenden Management in einem

bestimmten Gestationsalter lassen sich in der Studie von Feghali et al. (2016) ähnliche

Risiken für eine Sectio mit 37 SSW (p=0,23), 38 SSW (p=0,09) und 39 SSW (p=0,43)

nach Durchführung der multivariablen logistischen Regressionsanalyse mit Einbezug

der Parität, des mütterlichen Alters, BMI vor der Schwangerschaft und Bishop Scores

erkennen. Auch in der Studie von Sutton et al. (2014) mit der Referenz des abwarten-

den Managements werden keine signifikanten Ergebnisse in der 37 SSW (KI=0,16–

2,27), 38 SSW (KI=0,11–1.30) und 39 SSW (KI=0.42–2.14) entdeckt. Die Forschenden

beobachten aber eine signifikante Erhöhung in der 40 SSW bei der Einleitung vergli-

chen mit dem abwartenden Management (KI=1,33–7,28). Bei ≥41 SSW steigt das Risi-

ko ebenfalls an, ist aber nicht signifikant (KI=0,97–14,3).

Geburtseinleitung versus spontane Wehentätigkeit

Feghali et al. (2016) stellen bei Geburtsbeginn mit spontaner Wehentätigkeit kein signi-

fikant höheres Risiko für eine Sectio mit 37–39 SSW fest. Jedoch steigt die Gefahr für

eine Sectio bei spontanem Wehenbeginn bei ≥40 SSW (p=0,04) signifikant an. Bei der

Geburtseinleitung liegen mit 37–≥40 SSW (p=0,18) keine signifikanten Unterschiede

vor. Tendenziell werden mehr Sectio nach Einleitung, als nach spontanem Wehenbe-

ginn beobachtet. Das Risiko für eine Sectio bei Betrachtung aller Geburten bleibt in

allen Gestationsaltern annährend gleich (p=0,07).

In der Studie von Sutton et al. (2014) wird bei Geburtsbeginn mit spontaner Wehentä-

tigkeit kein signifikanter Anstieg der Sectiorate zwischen den Gestationsaltern mit der

Referenz von 39 SSW beobachtet (37 SSW: KI=0,33–3,12; 38 SSW: KI=0,44–2,48;

40 SSW: KI=0,22–1,44; ≥41 SSW: KI=0,29–3,37). Die Geburtseinleitung verzeichnet

keine signifikanten Differenzen der Sectiorate von 37–40 SSW (37 SSW: KI=0,09–

2,08; 38 SSW: KI=0,06–1,23; 40 SSW: KI=0,93–7.15). Es kommt aber bei ≥41 SSW zu

signifikant mehr Sectiones nach Geburtseinleitung (KI=1,23–11,24). Beim Vergleich

der Einleitung und dem spontanen Wehenbeginn wird kein signifikanter Anstieg der

Sectiorate mit 37 SSW (KI=0,34–2,02), 38 SSW (KI=0,37–1,57) und 40 SSW

(KI=0,67–2,38) mit der Referenz von 39 SSW entdeckt. Jedoch steigt das Risiko bei

Betrachtung aller Geburten nach Einleitung und spontaner Wehentätigkeit bei

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

45

≥41 SSW (KI=1,13–4,94) signifikant an. In der Studie von Grabowska et al. (2017) tre-

ten keine signifikanten Differenzen zwischen der Geburtseinleitung und dem spontanen

Wehenbeginn auf (p=0,6).

In der Studie von Worda et al. (2017) tauchen keine signifikanten Resultate bezüglich

dem Sectiorisiko zwischen der Geburtseinleitung mit 38 SSW und 40 SSW auf

(p=0,49). Vilchez et al. (2015) beschreiben in der Analyse das tiefste Risiko für eine

Sectio mit 39 SSW.

Zusammenfassend liefern drei Studien (Feghali et al., 2016; Melamed et al., 2016; Sut-

ton et al., 2014) signifikante Ergebnisse. Beim Vergleich der Geburtseinleitung mit dem

abwartenden Management zu einem späteren Zeitpunkt liegen sowohl signifikante

(Melamed et al., 2016; Sutton et al., 2014), wie auch nicht signifikante (Alberico et al.,

2010; Alberico et al., 2016; Rayburn et al., 2005; Sutton et al., 2014) Ergebnisse vor.

Wird die Einleitung mit dem abwartenden Management in einem bestimmten Gestati-

onsalter untersucht, werden keine signifikanten Unterschiede mit 37–39 SSW beo-

bachtet (Feghali et al., 2016). Wird die Geburtseinleitung mit dem spontanen Wehen-

beginn verglichen, liegen mit 37–39 SSW ebenfalls keine signifikanten Unterschiede

vor (Feghali et al., 2016; Grabowska et al., 2017; Sutton et al., 2014). Unterschiedliche

Aussagen werden bei ≥40 SSW gemacht (Feghali et al., 2016; Sutton et al., 2014).

Vaginal-operative Entbindung

Die Studie von Melamed et al. (2016) findet keinen signifikanten Unterschied in der

Prävalenz zwischen der Geburtseinleitung mit 38 0/7–38 6/7 SSW (p=0,7) sowie mit

39 0/7–39 6/7 SSW (p=0,9) und der jeweiligen Kontrollgruppe des abwartenden Mana-

gements. Diese Ergebnisse bleiben auch nach Durchführung der multivariablen logisti-

schen Regressionsanalyse mit den Parametern mütterliches Alter, Insulintherapie, Pa-

rität, BMI vor der Schwangerschaft und Makrosomie nicht signifikant (KI=0,89–1,46

bzw. 0,89–1,57). Mit derselben Analyse wird zusätzlich der Einfluss der Parität auf die

vaginal-operative Entbindung untersucht und zeigt ebenfalls keine signifikanten Diffe-

renzen (KI=0,86–1,56 bzw. 0,96–1,86). Zum gleichen Ergebnis kommt die Studie von

Alberico et al. (2016), bei welcher die Geburtseinleitung zwischen der 38 0/7 und

39 0/7 SSW mit dem abwartenden Management verglichen wird (p=0,76). Auch nach

der Durchführung einer Sensitivitätsanalyse wird weiterhin keine Signifikanz festgestellt

(p=0,65). Vilchez et al. (2015) finden in ihrer retrospektiven Analyse heraus, dass mit

39 SSW das Risiko für eine vaginal-operative Entbindung am tiefsten ist. Zusammen-

fassend zeigt sich keine Signifikanz in den Studien (Alberico et al., 2016; Melamed et

al., 2016) zur vaginal-operativen Entbindung.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

46

7.3.2 Neonatale Outcomes

In diesem Abschnitt werden die verschiedenen Ergebnisse aus den Studien zu den

definierten Outcomes für das Neogeborene in alphabetischer Abfolge dargestellt.

Atemnotsyndrom

Die Studie von Melamed et al. (2016) stellt einen signifikanten Anstieg in der Prävalenz

von respiratorischer Morbidität (ANS, vorübergehende Tachypnoe und Beatmung)

beim abwartenden Management mit 40 0/7–41 6/7 SSW verglichen mit der Geburtsein-

leitung mit 39 0/7–39 6/7 SSW fest (p=0,03). Diese signifikante Zunahme wird beim

abwartenden Management mit 39 0/7–41 6/7 SSW im Vergleich mit der Einleitung mit

38 0/7–38 6/7 SSW nicht beobachtet (p=0,3). Alberico et al. (2016) ermitteln keine sig-

nifikante Differenz zwischen der Geburtseinleitung mit 38 0/7–39 0/7 SSW und dem

abwartenden Management (p=1,0). Laut Feghali et al. (2016) ändert sich die Häufigkeit

von ANS zwischen den Gestationsaltern unabhängig von der Geburtseinleitung bzw.

dem abwartenden Management nicht (p=0,32). In der Studie von Rayburn et al. (2005)

wird kein Neugeborenes mit ANS beobachtet. Sutton et al. (2014) analysieren das ANS

nur in der kombinierten neonatalen Morbidität und machen keine einzelne Aussage

zum ANS. Dieses Outcome wird von Grabowska et al. (2017) und Vilchez et al. (2015)

nicht explizit untersucht. Jedoch wird eine Aussage zur Beatmung und Intubation ge-

macht. Die Autorinnen lassen diese Ergebnisse hier einfliessen, da die Beatmung und

die Intubation zur Therapie des ANS angewendet wird. Vilchez et al. (2015) ermitteln

das tiefste Risiko für eine Beatmung und Intubation mit 40 SSW. Bei vier Vaginalgebur-

ten und fünf Sectiones wird in der Studie von Grabowska et al. (2017) eine Intubation

beschrieben. Insgesamt zeigt eine Studie (Melamed et al., 2016) bezüglich ANS eine

signifikante Differenz beim abwartenden Management nach 40 0/7 SSW auf. Die weite-

ren Studien (Alberico et al., 2016; Feghali et al., 2016) weisen keine Signifikanz auf

oder das ANS ist nicht aufgetreten (Rayburn et al., 2005).

APGAR-Score

Alberico et al. (2010), Alberico et al. (2016) und Rayburn et al. (2005) untersuchen den

APGAR-Score nach einer sowie nach fünf Minuten. Alle drei Studien, die die Ge-

burtseinleitung mit dem abwartenden Management vergleichen, zeigen nach einer Mi-

nute mit den p-Werten 0,4 (Alberico et al., 2010), 0,05 (Alberico et al., 2016) und 0,81

(Rayburn et al., 2005) keine Signifikanz. Das Ergebnis von Alberico et al. (2016) ist

jedoch beinahe signifikant. Tendenziell wird bei den Neugeborenen nach Geburtsein-

leitung einen tieferen APGAR-Score gemessen. Beim fünf Minuten-APGAR-Score be-

tragen die p-Werte 0,1 (Alberico et al., 2010), 0,5 (Alberico et al., 2016) und 0,68 (Ra-

yburn et al., 2005). Auch die Studie von Worda et al. (2017) analysiert den APGAR-

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

47

Score nach fünf Minuten. Es lassen sich auch hier kein signifikanter Unterschied zwi-

schen der Geburtseinleitung mit 38 SSW und 40 SSW erkennen (p=0,91). Grabowska

et al. (2017) beschreiben acht Fälle mit einem APGAR-Score <8. In zwei Fällen ist er

nach einer Vaginalgeburt, bei den weiteren nach elektiver oder sekundärer Sectio auf-

getreten. Laut Vilchez et al. (2015) ist das Risiko für einen tiefen fünf Minuten-APGAR-

Score in der 39 SSW am höchsten. Melamed et al. (2016) untersuchen den APGAR-

Score einzig in der kombinierten neonatalen Morbidität und machen somit keine Ein-

zelaussage zu diesem Parameter. Generell tauchen keine signifikanten Unterschiede

in den Studien (Alberico et al., 2010; Alberico et al., 2016; Rayburn et al., 2005; Worda

et al., 2017) auf.

Geburtsgewicht / Makrosomie / LGA

Geburtsgewicht

Eine signifikante Erhöhung des Geburtsgewichts bei älterem Gestationsalter wird in der

Studie von Feghali et al. (2016) beschrieben (p=<0,001). Dies gilt sowohl für die Ge-

burtseinleitung wie auch für das abwartende Management. Auch bei Melamed et al.

(2016) wird ein signifikant höheres Geburtsgewicht bei fortgeschrittenem Gestationsal-

ter beim Abwarten von spontanen Wehen im Gegensatz zur Geburtseinleitung mit

38 0/7–38 6/7 und 39 0/7–39 6/7 SSW dargestellt (zweimal p=<0,001). Zum selben

Ergebnis kommen die Forschenden der Studie von Alberico et al. (2016) mit dem p-

Wert <0,001. Ein signifikant tieferes Geburtsgewicht wird in der Studie von Grabowska

et al. (2017) nach Geburten mit spontanem Wehenbeginn beobachtet (p=<0,005). Je-

doch sind alle Frauen spätestens mit 40 SSW eingeleitet worden. Rayburn et al. (2005)

finden keine signifikanten Differenzen zwischen der Geburtseinleitung mit 38 SSW bei

insulinpflichtigem GDM und 40 SSW bei diätetisch eingestelltem GDM (p=0,93). Eben-

so tauchen bei Worda et al. (2017) keine signifikanten Unterschiede zwischen der Ge-

burtseinleitung mit 38 und 40 SSW auf (p=0,29).

Makrosomie

In der Studie von Melamed et al. (2016) treten signifikant mehr Fälle von Neugebore-

nen mit einem Geburtsgewicht >4000g beim abwartenden Management im Vergleich

zur Geburtseinleitung mit 38 0/7–38 6/7 SSW (p=<0,001) bzw. 39 0/7–39 6/7 SSW

(p=0,02) auf. Ausserdem ist auch die Rate an Makrosomien bei Geburtsgewicht

>4500g beim abwartenden Management im Vergleich zur Geburtseinleitung mit

38 0/7–38 6/7 SSW (p=0,03) signifikant erhöht. Auch die Studie von Sutton et al.

(2014) beschreibt eine signifikant höhere Anzahl an Makrosomien >4000g bei

≥41 SSW im Vergleich zur 39 SSW aller Geburten (KI=1,31–6,14). Jedoch wird keine

Differenz zwischen der Einleitung und dem abwartenden Management in allen Gestati-

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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onsaltern entdeckt. Diese Daten werden nicht offengelegt. Alberico et al. (2010), Al-

berico et al. (2016) und Rayburn et al. (2005) stellen keine signifikanten Unterschiede

zwischen der Geburtseinleitung und dem abwartenden Management fest. Die p-Werte

liegen bei 0,2 (Alberico et al., 2010), 0,06 (Alberico et al., 2016) und 0,18 (Rayburn et

al., 2005). Ebenso wird in der Studie von Feghali et al. (2016) keine signifikante Erhö-

hung der Prävalenz von Makrosomien in Bezug auf das Gestationsalter ermittelt

(p=0,204). Vilchez et al. (2015) beschreiben, dass die Gefahr für Makrosomie bei

37 SSW am geringsten und bei 41 SSW am höchsten ist.

LGA

Melamed et al. (2016) finden in beiden Einleitungsgruppen im Vergleich zum abwar-

tenden Management keine signifikanten Differenzen bezüglich LGA (zweimal p=0,9).

Auch die Studie von Sutton et al. (2014) entdeckt keine signifikanten Unterschiede bei

Geburtseinleitung und abwartendem Management in allen Gestationsaltern. Die Daten

werden in der Studie nicht offengelegt. Ebenso liegen bei Worda et al. (2017) keine

Signifikanzen zwischen der Geburtseinleitung mit 38 und 40 SSW vor (p=0,49). In der

Studie von Grabowska et al. (2017) werden fünf Fälle von LGA nach Sectio beschrie-

ben.

Zusammenfassend gesagt zeigen vier Studien (Alberico et al., 2016; Feghali et al.,

2016; Grabowska et al., 2017; Melamed et al., 2016), dass das Geburtsgewicht bei

älterem Gestationsalter signifikant ansteigt, ohne die Rate von LGA signifikant zu er-

höhen. Bezüglich Makrosomie liegen sowohl signifikante (Melamed et al., 2016; Sutton

et al., 2014) wie auch nicht signifikante (Alberico et al., 2010; Alberico et al., 2016;

Feghali et al., 2016; Rayburn et al., 2005; Sutton et al., 2014) Studienresultate vor.

Hyperbilirubinämie

In der Studie von Worda et al. (2017) treten signifikant häufiger erhöhte Bilirubinwerte

bei der Geburtseinleitung mit 38 SSW verglichen mit 40 SSW auf (p=0,03). Die Studie

von Alberico et al. (2016) zeigt ebenso eine signifikante Zunahme an Neugeborenen

mit Hyperbilirubinämie bei Geburtseinleitung zwischen 38 0/7–39 0/7 SSW im Ver-

gleich mit dem abwartenden Management (p=0,03). Dieses Ergebnis wird von Me-

lamed et al. (2016) bei Geburtseinleitung mit 38 0/7–38 6/7 SSW gestützt (p=0,01).

Jedoch ist das Resultat nicht signifikant (p=0,4), wenn die Geburt zwischen 39 0/7–

39 6/7 SSW eingeleitet wird (Melamed et al., 2016). Feghali et al. (2016) beschreiben

ein signifikant häufigeres Auftreten von Hyperbilirubinämie bei jüngerem Gestationsal-

ter (37 0/7–≥40 SSW, p=0,02). Die Hyperbilirubinämie wird bei Sutton et al. (2014) nur

in der kombinierten neonatalen Morbidität und nicht einzeln erhoben. Alle Studien (Al-

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

49

berico et al., 2016; Feghali et al., 2016; Melamed et al., 2016; Worda et al., 2017) zei-

gen signifikant erhöhte Bilirubinwerte im jüngeren Gestationsalter.

Hypoglykämie

In der Studie von Worda et al. (2017) wird ein signifikant häufigeres Auftreten von Hy-

poglykämien beim Neugeborenen bei der Einleitung mit 38 SSW im Gegensatz zur

Geburtseinleitung mit 40 SSW gemessen (p=0,04). Auch die Studie von Melamed et al.

(2016) stellt einen Zusammenhang zwischen Hypoglykämie und Gestationsalter fest.

Bei Geburtseinleitung mit 38 0/7–38 6/7 SSW, verglichen mit dem abwartenden Ma-

nagement, liegt ein stark signifikantes Resultat vor (p=<0,001). Dieses Ergebnis verliert

die Signifikanz bei Einleitung mit 39 0/7–39 6/7 SSW versus abwartendem Manage-

ment (p=0,1). Die Studie von Alberico et al. (2016) weist keine signifikante Differenz

zwischen der Geburtseinleitung zwischen 38–39 SSW und dem abwartenden Ma-

nagement auf (p=0,6). In der Studie von Feghali et al. (2016) zeigt sich keine signifi-

kanten Unterschiede zwischen den Gestationsaltern (p=0,38). Sutton et al. (2014) un-

tersuchen die Hypoglykämie nur in der kombinierten neonatalen Morbidität. Es liegen

sowohl signifikante (Melamed et al., 2016; Worda et al., 2017) wie auch nicht signifi-

kante Ergebnisse (Alberico et al., 2016; Feghali et al., 2016; Melamed et al., 2016) zur

Hypoglykämie in verschiedenen Gestationsaltern vor.

Intensivmedizinische Betreuung

Bei der Geburtseinleitung mit 38 0/7–38 6/7 SSW zeigt sich bei Melamed et al. (2016)

im Vergleich zum abwartenden Management eine signifikant häufigere Verlegung von

Neugeborenen auf die Intensivstation (p=0,002). Auch nach der Durchführung einer

multivariablen logistischen Regressionsanalyse mit den Parametern mütterliches Alter,

Parität, Insulintherapie, BMI vor der Schwangerschaft und Makrosomie bleibt die Signi-

fikanz bestehen (KI=1,09–1,69). Bei der Geburtseinleitung mit 39 0/7–39 6/7 SSW je-

doch werden bei Melamed et al. (2016) keine signifikanten Resultate sowohl vor

(p=0,2) wie auch nach der multivariablen logistischen Regressionsanalyse entdeckt

(KI=0,61–1,11). Sowohl Alberico et al. (2010) und Alberico et al. (2016) finden keinen

signifikanten Unterschied zwischen der Einleitung und dem abwartenden Management.

Der p-Wert bei Alberico et al. (2010) liegt bei 0,1 und bei Alberico et al. (2016) bei 1,0.

Ebenso stellen Rayburn et al. (2005) keine Differenz zwischen der Geburtseinleitung

und dem abwartenden Management fest (p=0,75). Im Vergleich zwischen der Ge-

burtseinleitung mit 38 und 40 SSW (Worda et al. 2017) lässt sich ebenfalls keine ver-

mehrte Verlegung auf die Intensivstation feststellen (p=1,0). In der Studie von Sutton et

al. (2014) wird auch erwähnt, dass kein signifikanter Unterschied zwischen den Grup-

pen ≤40 SSW besteht. Jedoch kommt es zu einem Anstieg von Verlegungen auf die

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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Intensivstation in der Einleitungsgruppe ≥41 SSW im Gegensatz zum abwartenden

Management. Die Daten werden in der Studie nicht dargestellt. Laut Feghali et al.

(2016) ändert sich die Häufigkeit von Verlegungen auf die Intensivstation je nach Ge-

stationsalter (37–≥40 SSW) ebenfalls nicht signifikant (p=0,7). Die Risikoanalyse von

Vilchez et al. (2015) ergibt die tiefste Wahrscheinlichkeit einer Verlegung auf die Inten-

sivstation bei einer Geburtseinleitung mit 39 SSW. Zusammenfassend zeigt einzig die

Studie von Melamed et al. (2016) eine signifikant häufigere Verlegung auf die Intensiv-

station bei Geburten mit 38 0/7–38 6/7 SSW nach Einleitung.

Kombinierte neonatale Morbidität

Vier Studien untersuchen die kombinierte neonatale Morbidität (Feghali et al., 2016;

Melamed et al., 2016; Sutton et al., 2014; Vilchez et al., 2015). Es werden unterschied-

liche Parameter von den Forschenden untersucht. Die nachfolgende Tabelle 7 zeigt die

integrierten Parameter der jeweiligen Studie mit einem x an.

Tabelle 7: Übersicht der integrierten Parameter zur kombinierten neonatalen Morbidität der einzelnen Studien

Feghali et al. (2016)

Melamed et al. (2016)

Sutton et al. (2014)

Vilchez et al. (2015)

ANS x x x

Antibiotikagabe x

APGAR-Score x x

Beatmung x

Geburtsverletzung x x

Hyperbilirubinämie x fototherapie-

pflichtig

x fototherapie-

pflichtig x

Hypoglykämie x x x

Intensivmedizinische Betreuung

x x

Intubation x

Krampfanfälle x

Mortalität x

Surfactantgabe x

In der Studie von Feghali et al. (2016) zeigt sich eine signifikant höhere Morbidität mit

37 SSW im Vergleich mit 40 SSW unter Berücksichtigung aller Geburten (KI=1,16–

4,66). Nach der multivariablen logistischen Regressionsanalyse mit den Parametern

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

51

BMI vor Schwangerschaft und Median des postprandialen Blutzuckers wird keine Sig-

nifikanz mehr beobachtet (KI=0,72–3,31). Mit 38 und 39 SSW verglichen mit 40 SSW

wird keine Signifikanz festgestellt (KI=0,66–2,76 und KI=0,73–2,62). Diese Resultate

bleiben auch nach der multivariablen logistischen Regressionsanalyse nicht signifikant

(KI=0,49–2,28 und KI=0,57–2,24). Melamed et al. (2016) ermitteln ein signifikant häufi-

geres Auftreten von kombinierter neonataler Morbidität beim abwartenden Manage-

ment verglichen mit der Einleitung zwischen 39 0/7–39 6/7 SSW (p=0,02). Die darauf-

hin durchgeführte multivariable logistische Regressionsanalyse unter Berücksichtigung

von mütterlichem Alter, Parität, Insulintherapie, BMI vor Schwangerschaft und Makro-

somie identifiziert keine signifikante Differenz mehr (KI=0,69–1,03). Bei der Ge-

burtseinleitung mit 38 0/7–38 6/7 SSW versus abwartendem Management liegen keine

signifikanten Ergebnisse vor (p=0,9 und KI=0,93–1,30). Sutton et al. (2014) beschrei-

ben keine signifikanten Ergebnisse bei allen Geburten sowie bei der Geburtseinleitung

und bei spontaner Wehentätigkeit zwischen 37 und ≥41 SSW im Vergleich zu 39 SSW

(KI siehe Tabelle 4) mit Ausnahme von ≥41 SSW bei allen Geburten (KI=1,007–3,38).

Zwischen der Geburtseinleitung und dem abwartenden Management wird kein Unter-

schied eruiert (37 SSW: KI=0,28–2,19; 38 SSW: KI=0,71–2,74; 39 SSW: KI=0,58–2,07;

40 SSW: KI=0,10–0,67 und ≥41 SSW: KI=0,38–7,63). Vilchez et al. (2015) stellen das

tiefste Risiko für kombinierte neonatale Morbidität mit 40 SSW fest. Die verschiedenen

untersuchten Parameter in der kombinierten neonatalen Morbidität erschweren das

Vergleichen der Resultate aus den Studien. Alle Studien (Feghali et al., 2016; Me-

lamed et al., 2016; Sutton et al., 2014) zeigen nach Durchführung der multivariablen

logistischen Regressionsanalyse keine signifikanten Ergebnisse in Bezug auf Ge-

burtseinleitung und abwartendes Management.

Mortalität

Melamed et al. (2016) untersuchen die perinatale Mortalität. Die Forschenden stellen

keinen signifikanten Unterschied zwischen der Geburtseinleitung mit 38 0/7–

38 6/7 SSW (p=0,4) sowie mit 39 0/7–39 6/7 SSW (p=0,2) im Vergleich zur jeweiligen

Kontrollgruppe des abwartenden Managements fest. In den Studien von Alberico et al.

(2010) und Rayburn et al. (2005) ist je eine Totgeburt beim abwartenden Management

aufgetreten. Bei Alberico et al. (2010) war die Geburt in der 41 SSW. Bei Rayburn et al.

(2005) wurde das Kind mit 38 4/7 SSW vaginal geboren, hatte die Nabelschnur zwei-

mal um den Hals und es bestand der Verdacht auf Mikroangiopathie oder Chorionam-

nionitis. In drei Studien ist keine Totgeburt aufgetreten (Alberico et al., 2016; Sutton et

al., 2014; Worda et al., 2017). Dieses Outcome ist zusammenfassend gesagt nicht

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

52

aufgetreten (Alberico et al., 2016; Sutton et al., 2014; Worda et al., 2017) oder liefert

keine signifikanten Ergebnisse (Melamed et al. 2016).

Schulterdystokie

In drei Studien, die die Geburtseinleitung mit dem abwartenden Management verglei-

chen, gibt es keine signifikanten Differenzen im Auftreten von Schulterdystokien (Al-

berico et al. 2016; Melamed et al. 2016; Rayburn et al. 2005). Bei Alberico et al. (2016)

liegt der p-Wert bei 0,62 und bei Rayburn et al. (2005) bei 0,77. Bei Geburtseinleitung

in der 38 0/7–38 6/7 SSW beträgt der p-Wert 0,7 bzw. 0,09 bei Einleitung mit 39 0/7–

39 6/7 SSW (Melamed et al., 2016). Feghali et al. (2016) beschreiben keine Verände-

rung im Vorkommen von Schulterdystokien von 37–≥40 SSW. Diese Daten werden in

der Studie nicht offengelegt. Bei Alberico et al. (2010), Grabowska et al. (2017) und

Worda et al. (2017) zeigen sich keine Fälle von Schulterdystokien. Alle Studienergeb-

nisse zu diesem Parameter weisen keine Signifikanz auf (Alberico et al. 2016; Feghali

et al., 2016; Melamed et al. 2016; Rayburn et al. 2005) oder sind nicht beobachtet wor-

den (Alberico et al., 2010; Grabowska et al., 2017; Worda et al., 2017).

7.3.3 Ergebnisse aus den Leitlinien

In den drei Leitlinien (AWMF, 2011; FIGO, 2015; NICE, 2015) werden Aussagen zur

Sectio, Geburtszeitpunkt, Makrosomie / LGA und Schulterdystokie gemacht. Die

AWMF (2011) deklariert keinen signifikanten Unterschied bezüglich der Sectiorate zwi-

schen der Einleitung und dem abwartenden Management. Eine Terminüberschreitung

bei diätetisch eingestelltem GDM ist laut dieser Leitlinie erlaubt. Bei gut eingestelltem,

insulinpflichtigem GDM kann bis zum Termin abgewartet werden. Ein Überschreiten

des Termins ist jedoch zu vermeiden. Das Risiko für Makrosomie reduziert sich laut

AWMF (2011) bei elektiver Einleitung mit 38 0/7 SSW, ohne das Risiko für eine Schul-

terdystokie signifikant zu reduzieren. Des Weiteren wird keine Differenz bei der mater-

nalen und perinatalen Morbidität festgestellt.

In der Leitlinie von FIGO (2015) wird beschrieben, dass mit einer Einleitung zwischen

38–39 SSW schlechte Outcomes vermieden werden können. Bei guter Blutzuckerkon-

trolle und einem Schätzgewicht <3800g ist ein Abwarten bis zur 40 bzw. 41 SSW mög-

lich. Als Ausnahmen für diese Empfehlung werden Gefässerkrankung, Status nach

Totgeburt, mangelhafte Kontrolle oder ungenügende Compliance genannt. Bei einem

Schätzgewicht zwischen 3800–4000g oder LGA wird eine Einleitung mit 38–39 SSW

empfohlen. Liegt das Schätzgewicht mit 38–39 SSW über 4000g sollte eine elektive

Sectio angeboten werden.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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Die NICE-Leitlinie (2015) rät, spätestens bei 40 6/7 SSW zu gebären. Den Frauen, die

zu diesem Zeitpunkt noch schwanger sind, sollte eine Geburtseinleitung oder Sectio

angeboten werden. Bei maternalen oder fetalen Komplikationen wird die Geburt vor

40 6/7 SSW empfohlen. Der Geburtszeitpunkt und der Geburtsmodus sollte laut NICE

(2015) im dritten Trimenon mit der Schwangeren besprochen werden. Besteht nach

der Ultraschalldiagnose der Verdacht auf Makrosomie, sollten die Frauen mit GDM

über die Risiken und Vorteile der vaginalen Geburt, Einleitung und Sectio aufgeklärt

werden.

Diese drei Leitlinien erlauben ein abwartendes Management bis zum Termin, wenn

keine Komplikationen auftreten.

7.4 Gesamtsynthese

In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der analysierten Studien und Leitlinien in

einer Gesamtsynthese verknüpft. Die Leitlinien werden bei vorhandenen Ergebnissen

bei den einzelnen Outcomes einbezogen.

Die Studien führen zur Thematik der Sectio signifikante und nicht signifikante Ergeb-

nisse beim Vergleich der Geburtseinleitung und des abwartenden Managements wie

auch beim spontanen Wehenbeginn auf. Die Leitlinien (AWMF, 2011; FIGO, 2015;

NICE, 2015) bestätigen alle, dass bei komplikationsloser Schwangerschaft und diäteti-

scher Therapie eine Terminüberschreitung möglich ist. Aufgrund der unterschiedlichen

Methodik der Studien ist eine Synthese mit einer allgemeinen Empfehlung erschwert.

In der Diskussion wird auf diese Problematik nochmals eingegangen. Zu den weiteren

maternalen Outcomes (Dammverletzung, postpartale Hämorrhagie und vaginal-

operative Entbindung) liegen keine signifikanten Ergebnisse zwischen der Einleitung

und dem abwartenden Management sowie in Bezug auf den Geburtszeitpunkt vor. Die

postpartale Hämorrhagie ist ein seltenes Ereignis und ist daher nicht oft aufgetreten.

Das neonatale Outcome Hyperbilirubinämie weist in vier Studien (Alberico et al., 2016;

Feghali et al., 2016; Melamed et al., 2016; Worda et al., 2017) ein signifikant häufiges

Auftreten bei Geburtseinleitung mit 38 SSW auf. Ebenfalls kommt es mit 38 SSW zu

mehr Hypoglykämien bei Geburtseinleitung in zwei Studien (Melamed et al., 2016;

Worda et al., 2017). Auch die intensivmedizinische Betreuung wird bei Melamed et al.

(2016) signifikant häufiger bei Einleitung mit 38 SSW beobachtet. Tendenziell zeigen

sich signifikante Ergebnisse mit 38 SSW, die mit 39 SSW nicht mehr signifikant sind.

Das ANS ist einzig in einer Studie (Melamed et al., 2016) beim abwartenden Manage-

ment nach 40 0/7 SSW signifikant häufiger aufgetreten. Das Geburtsgewicht steigt mit

älterem Gestationsalter in drei Studien (Feghali et al., 2016; Grabowska et al., 2017;

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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Melamed et al., 2016) signifikant an. Gleichzeitig nimmt auch die Anzahl an Makroso-

mien in zwei Studien (Melamed et al., 2016; Sutton et al., 2014) signifikant zu. Um das

Risiko der Makrosomie zu verringern, empfiehlt die Leitlinie der AWMF (2011) eine

Einleitung mit 38 SSW. Demgegenüber sollte nach der Leitlinie der FIGO (2015) den

Frauen bei einem Schätzgewicht >4000g mit 38–39 SSW eine Sectio angeboten wer-

den. Die Rate von LGA ändert sich in keiner Studie signifikant. Die Leitlinie der FIGO

(2015) empfiehlt eine Einleitung mit 38–39 SSW bei Verdacht auf LGA. Der APGAR-

Score, die kombinierte neonatale Morbidität, die Mortalität und die Schulterdystokie

zeigen keine signifikanten Ergebnisse. Die Mortalität und die Schulterdystokie gehören

zu den seltenen Ergebnissen. Daher sind sie oft nicht beobachtet worden. Bei den fünf

neonatalen Outcomes ANS, Geburtsgewicht, Makrosomie, Hypoglykämie und inten-

sivmedizinische Betreuung sind sowohl signifikante wie auch nicht signifikante Ergeb-

nisse vorhanden. Auf diese Diskrepanz wird in der Diskussion vertieft eingegangen.

8 Diskussion

In diesem Kapitel werden die Autorinnen zu Beginn auf die Stärken und Herausforde-

rungen des Literaturreviews eingehen. Danach werden die Stärken und Schwächen

der eingeschlossenen Studien und Leitlinien aufgezeigt. Die Ergebnisse zu den einzel-

nen Outcomeparametern werden im Anschluss aus verschiedenen Perspektiven kri-

tisch betrachtet und mit der Beratung und dem Modell Shared Decision Making ver-

knüpft. Daraus werden die Autorinnen die Bedeutung der Ergebnisse für die Schwan-

geren mit GDM herauskristallisieren und die Fragestellungen des vorliegenden Litera-

turreviews beantworten.

8.1 Stärken und Schwächen des Literaturreviews

Die Qualität dieses Literaturreviews wird durch verschiedene Stärken und Schwächen

beeinflusst. Da in den letzten Jahren ein klarer Anstieg der Prävalenz von GDM beo-

bachtet wurde (Schaefer-Graf & Kautzky-Willer, 2011), gibt es viele aktuelle Literatur

zur Beantwortung der Fragstellung. Deshalb sehen die Autorinnen die Aktualität des

Themas als eine grosse Stärke. Weiter wird die Wichtigkeit eines Literaturreviews

dadurch gestärkt, dass kein aktuelles Review zu dieser Thematik vorhanden ist. Es

sind jedoch drei aktuelle Leitlinien mit dem Evidenzniveau A (AWMF, 2011; FIGO,

2015; NICE, 2015) verfügbar, welche die Autorinnen in dieser Arbeit einbeziehen. Zwei

weitere Leitlinien (ACOG; ADA) konnten nicht integriert werden, da sie nur für Mitglie-

der zugänglich sind. Eine weitere Stärke dieser Arbeit ist, dass sie von zwei Autorinnen

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

55

verfasst und deren Inhalt von beiden Autorinnen diskutiert und gemeinsam erstellt wor-

den ist. Die Glaubwürdigkeit der Arbeit wird dadurch gestärkt. Die Autorinnen sind bei-

de angehende Hebammen und zusätzlich ausgebildete diplomierte Pflegefachfrauen.

Dieser Hintergrund kann das vorliegende Literaturreview beeinflussen.

Dass bei der Literatursuche zwei Studien desselben Hauptautors (Alberico et al., 2010;

Alberico et al., 2016) eingeschlossen wurden, könnte eine mögliche Schwäche darstel-

len. Beide Studien werden von den Autorinnen mit hoher Qualität bewertet. Trotzdem

ist es möglich, dass die Objektivität der Ergebnisse beeinflusst wird. Eine weitere mög-

liche Schwäche ist, dass die Studien in englischer Sprache verfasst sind, welche für

die Autorinnen eine Fremdsprache ist. Dadurch ist eine Verzerrung bei der Interpretati-

on der Studieninhalte möglich. Um diese Limitation zu mildern, wurden die Studien in

Einzelarbeit gelesen und analysiert. Danach erfolgte die abschliessende kritische Wür-

digung in Partnerarbeit. Da schwangere Frauen als eine vulnerable Population gelten

(Polit, Beck & Hungler, 2012), gibt es nur wenige RCT zum Thema dieses Literaturre-

views. Viele der eingeschlossenen Studien weisen deshalb ein retrospektives Design

auf und haben demzufolge ein tieferes Evidenzniveau.

Eine grosse Herausforderung für die Autorinnen war die Synthese und Diskussion der

verschiedenen Outcomeparameter. Ein möglicher Grund hierfür sehen die Autorinnen

darin, dass die untersuchten Studien unterschiedliche Methoden zum Generieren der

Ergebnisse verwenden. Beispielsweise wird in einer Studie die Einleitung zu einem

bestimmten Zeitpunkt mit dem abwartenden Management zu einem späteren Zeitpunkt

verglichen (Alberico et al., 2016), während in einer anderen Studie die Einleitung und

das abwartende Management zum gleichen Zeitpunkt analysiert wird (Feghali et al.,

2016). Aus diesem Grund wird das Gegenüberstellen der Ergebnisse erschwert. Zu-

sätzlich bestehen in den Studien unterschiedliche Definitionen des GDM und des ab-

wartenden Managements. Auch werden sowohl die Einleitung wie auch die Therapie

des GDM verschieden durchgeführt. In der Studie von Sutton et al. (2014) und Ra-

yburn et al. (2005) sind die untersuchten Frauen hauptsächlich Lateinamerikanerinnen.

Dies führt zu einer erschwerten Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Schweizer

Frauen mit GDM. Eine Aussage für die Praxis kann aufgrund der gewählten Ein- und

Ausschlusskriterien nur für eine kleine Population gemacht werden.

8.2 Stärken und Schwächen der Studien und Leitlinien

In diesem Abschnitt werden die Stärken und Schwächen der analysierten Studien und

Leitlinien aufgeführt. In der nachfolgenden Tabelle 8 und Tabelle 9 sind die Stärken

und Schwächen sowie die Einschätzung des Evidenzniveaus ersichtlich.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

56

In allen Studien ist eine klare Zielsetzung formuliert. Die Autorinnen haben während

der Literaturanalyse darauf geachtet, ob die Diagnostik und Therapie des GDM, die

Makrosomie sowie die Einleitungsmethoden von den Forschenden beschrieben bzw.

definiert sind. Die Ergebnisse zu diesen Aspekten sind im Anhang Fehler! Verweis-

quelle konnte nicht gefunden werden. ersichtlich. Eine Stärke von acht der neun

Studien ist, dass beschrieben wird, wie die Schwangeren getestet und mithilfe welcher

Grenzwerte die Diagnose des GDM gestellt wurde. Einzig Vilchez et al. (2015) legen

diese Vorgehensweise nicht offen dar. Die Autorinnen vermuten, dass dies aufgrund

der grossen Population und der multizentrischen Analyse nicht möglich ist. Ebenfalls

eine Stärke ist die Beschreibung der Therapie des GDM in sieben Studien. In den Stu-

dien von Feghali et al. (2016) und Vilchez et al. (2015) ist die Behandlung von GDM

jedoch nicht beschrieben. Die Autorinnen erachten es als eine Stärke, dass sowohl

Makrosomie als auch LGA in allen Studien einheitlich definiert wird. Nur eine Studie

(Feghali et al., 2016) beschreibt Resultate zur Makrosomie, ohne sie vorgängig zu de-

finieren. Als Schwäche von vier Studien (Feghali et al., 2016; Melamed et al., 2016;

Sutton et al., 2014; Vilchez et al., 2015) erkennen die Autorinnen das fehlende Darstel-

len der Einleitungsmethode. Als weitere Schwäche erachten die Autorinnen nach der

Literaturanalyse, dass in drei Studien (Sutton et al., 2014; Vilchez et al., 2015; Worda

et al., 2017) die SSW nicht eindeutig definiert ist. Eine genaue Definition der SSW

empfinden die Autorinnen für die Interpretation der Ergebnisse als essenziell. Insge-

samt betrachtet wird die Durchführung der Intervention jedoch in allen Studien klar er-

sichtlich. Eine Hauptproblematik bei den Studien ist, dass sie mehrheitlich ein retro-

spektives Design aufweisen. Eine Schwäche, die durch dieses Design verursacht wird,

ist die fehlende Kontrolle über die Art und Qualität der Erhebung. Zudem ist es nicht

möglich, weitere Parameter zur Analyse hinzuzufügen. Nur zwei Studien (Alberico et

al., 2016; Worda et al., 2017) führten eine RCT, welche eine höhere Evidenz aufweist,

durch. In beiden RCT genehmigte das Ethikkomitee die Durchführung und die

Schwangeren wurden erst nach schriftlicher Zustimmung eingeschlossen. Sieben Stu-

dien definieren zum Literaturreview passende, detaillierte Ein- und Ausschlusskriterien.

Einzig bei zwei Studien (Alberico et al., 2010; Grabowska et al., 2017) hätten sich die

Autorinnen eindeutigere Kriterien – wie beispielsweise die Kindslage – gewünscht. Die

Gruppenhomogenität wird in allen Studien ausser bei Vilchez et al. (2015) überprüft.

Unterschiede der Gruppen werden von den Forschenden jeweils transparent gemacht.

In der Studie von Alberico et al. (2016) sind signifikant mehr Schwangere der Einlei-

tungsgruppe mit Insulin therapiert worden. Die Autorinnen stufen dies als eine Schwä-

che ein, da es die Outcomeparameter beeinflussen kann. Die Grösse der Studienpopu-

lation variiert stark. Vier Studien (Alberico et al., 2010, Grabowska et al., 2017, Ra-

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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yburn et al., 2005; Worda et al., 2017) weisen eine Population unter 300 Schwangeren

auf. Dies erachten die Autorinnen als eine Schwäche. Bei den fünf anderen Studien

werden zwischen 530 und 273'043 Schwangere in die Studien integriert. Die For-

schenden der Studien von Alberico et al. (2016) und Rayburn et al. (2005) deklarieren,

dass sie vor dem Erreichen des Populationsziels die Rekrutierung beenden mussten.

In der RCT von Worda et al. (2017) kam es aufgrund spontaner Wehentätigkeit oder

elektiver Sectio zu einer hohen Anzahl an Studienabbrechenden. Dadurch hat sich die

ohnehin bereits kleine Population noch zusätzlich verringert. Der daraus resultierende

Follow-up-Bias wirkt sich auf die Anwendbarkeit der Ergebnisse negativ aus. Als eine

nennenswerte Stärke erkennen die Autorinnen in allen Studien ausser bei Grabowska

et al. (2017) und Rayburn et al. (2005) die Durchführung einer multivariablen logisti-

schen Regressionsanalyse. Auch sind die Tabellen und Grafiken leicht verständlich

und klar dargestellt, mit Ausnahme der Studien von Feghali et al. (2016) und Sutton et

al. (2014). Eine Tabelle in der Studie von Feghali et al. (2016) weist zudem fehlerhafte

Daten auf. Des Weiteren sind in einzelnen Studien weitere spezifische Schwächen

vorhanden. Beispielsweise integrieren Melamed et al. (2016) einige Frauen mehrmals

in verschiedene Gruppen. Worda et al. (2017) analysieren die Daten der gesamten

Studienpopulation auf die neonatalen Outcomes, obwohl eine grosse Anzahl der Stu-

dienteilnehmenden während der Durchführung ausgeschlossen wurde. Die Begrün-

dung hierfür wird nicht transparent gemacht. Ebenfalls wird in der Studie von Feghali et

al. (2016) nicht erklärt, weshalb die Geburtseinleitung mit dem abwartenden Manage-

ment ≥40 SSW nicht verglichen worden ist. Die Autorinnen hätten sich dies gewünscht.

Basierend auf der Analyse der Stärken und Schwächen werden die Autorinnen die

Studien von Feghali et al. (2016), Vilchez et al. (2015) und Worda et al. (2017) bei der

Diskussion der Ergebnisse schwächer gewichten.

Alle drei Leitlinien beschreiben den Geltungsbereich und Zweck klar. Auch die Metho-

dik der Leitlinienentwicklung ist in allen Leitlinien deutlich ersichtlich. Einzig bei FIGO

(2015) wird die Suchstrategie nicht offengelegt. Die AWMF (2011) und die NICE (2015)

geben an, in welchem Zeitintervall die Leitlinie aktualisiert wird. FIGO (2015) hingegen

macht keine zeitliche Angabe. Die finanzielle Unabhängigkeit der Experten wird von

der AWMF (2011) und der NICE (2015) deklariert. In der Leitlinie von FIGO (2015) wird

aufgezeigt, dass die Entwicklung von Novo Nordisk finanziert wurde. In allen Leitlinien

werden mögliche Interessenskonflikte dargelegt. Ein Leitlinienreport liegt bei der

AWMF (2011) und der NICE (2015) vor. Nur bei der NICE (2015) sind Frauen mit GDM

oder mit einem Risiko für GDM in die Entwicklergruppe aufgenommen worden. Eine

Schwäche entdecken die Autorinnen in der Leitlinie der AWMF (2011). Einige Empfeh-

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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lungen werden basierend auf einer einzelnen Studie gemacht. Um einzelne Resultate

verstehen zu können, müssen die zitierte Studie beigezogen werden. Diese mangelnde

Verständlichkeit ist eine weitere Schwäche dieser Leitlinie. Zusammenfassend zeigen

sich einige Mängel in den Leitlinien der AWMF (2011) und FIGO (2015). Jedoch kön-

nen alle Leitlinien in diesem Literaturreview genutzt werden.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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Tabelle 8: Stärken & Schwächen der Studien

Verfassende, Jahr Stärken Schwächen Evidenzniveau /

Einschätzung der Quali-tät

Alberico et al. 2010

- Die GDM-Diagnostik ist beschrieben. - Die Therapie des GDM in der Schwangerschaft

wird angegeben. - Die Einleitungsmethoden werden deklariert. - Die Gruppenhomogenität wird getestet. Unter-

schiede werden aufgezeigt. - Durchführung der multivariablen logistischen Re-

gressionsanalyse. - Übersichtliche Tabellen.

- Die SSW sind nicht klar definiert. - Retrospektives Studiendesign. - Kleine Population (n=99). - Ergebnisse sind nicht tabellarisch dargestellt. - Geringe Anzahl von Ein- und Ausschlusskriterien

deklariert.

III nach AWMF & ÄZQ

Die Studie weist eine hohe Qualität auf und stimmt mit dem Evidenzniveau über-ein.

Alberico et al. 2016

- Die SSW sind definiert. - Die GDM-Diagnostik ist beschrieben. - Die Therapie des GDM in der Schwangerschaft

wird angegeben. - Die Einleitungsmethoden werden klar deklariert - Die Gruppenhomogenität wird verglichen. Unter-

schiede werden aufgezeigt. - Multizentrisches open Label RCT Studiendesign - Durchführung der multivariablen logistischen Re-

gressions- und Sensitivitätsanalyse. - Grosse Population (n=530). - Genehmigung der Studiendurchführung durch das

Ethikkomitee. - Studienteilnahme nach informierter Zustimmung

der Frauen. - Übersichtliche Tabellen. - Passende Ein- und Ausschlusskriterien sind dekla-

riert.

- Unterschiede in der Gruppenhomogenität: mehr medikamentös therapierte Schwangere in der Ein-leitungsgruppe.

- Studie wurde vor dem Erreichen des Populations-ziels beendet.

I nach AWMF & ÄZQ

Die Studie weist eine hohe Qualität auf und stimmt mit dem Evidenzniveau über-ein.

Feghali et al. 2016

- Die SSW sind klar definiert. - Die GDM-Diagnostik ist beschrieben.

- Die Therapie des GDM in der Schwangerschaft wird nicht beschrieben.

III nach AWMF & ÄZQ

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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Verfassende, Jahr Stärken Schwächen Evidenzniveau /

Einschätzung der Quali-tät

- Die Gruppenhomogenität wird getestet. Unter-schiede werden aufgezeigt.

- Durchführung der multivariablen logistischen Re-gressionsanalyse.

- Grosse Population (n=863). - Passende Ein- und Ausschlusskriterien sind dekla-

riert.

- Die Einleitungsmethoden werden nicht deklariert. - Retrospektives Studiendesgin. - Keine Analyse der Geburtseinleitung im Vergleich

des abwartenden Managements ≥40 SSW. - Tabellen sind nicht immer nachvollziehbar und

weisen Fehler auf.

Die Studie weist eine man-gelhafte Qualität auf. Das Evidenzniveau wird von den Autorinnen tiefer ein-gestuft.

Grabowska et al. 2017

- Die SSW sind klar definiert. - Die GDM-Diagnostik wird beschrieben. - Die Therapie des GDM in der Schwangerschaft

wird angegeben. - Die Einleitungsmethoden werden deklariert. - Die Gruppenhomogenität wird verglichen. Unter-

schiede werden aufgezeigt. - Übersichtliche Tabellen.

- Retrospektives Design. - Kleine Population (n=204). - Geringe Anzahl von Ein- und Ausschlusskriterien

sind deklariert.

III nach AWMF & ÄZQ

Die Studie weist eine gute Qualität auf und stimmt mit dem Evidenzniveau über-ein.

Melamed et al. 2015

- Die SSW sind klar definiert. - Die GDM-Diagnostik wird beschrieben. - Die Therapie des GDM in der Schwangerschaft

wird angegeben. - Die Gruppenhomogenität wird verglichen. Unter-

schiede werden aufgezeigt. - Durchführung der multivariablen logistischen Re-

gressionsanalyse. - Grosse Population (n=6417). - Übersichtliche Tabellen. - Passende Ein- und Ausschlusskriterien sind dekla-

riert.

- Die Einleitungsmethoden werden nicht deklariert. - Retrospektives Design. - Die GDM-Diagnostik wurde mitten in der Studie

aufgrund neuer Empfehlungen geändert. - Einige Frauen im abwartenden Management sind

in der Studie zweimal integriert.

III nach AWMF & ÄZQ

Die Studie weist eine hohe Qualität auf und stimmt mit dem Evidenzniveau über-ein.

Rayburn et al. 2005

- Die SSW sind klar definiert. - Die GDM-Diagnostik wird beschrieben. - Die Therapie des GDM in der Schwangerschaft

- Retrospektives Design. - Kleine Population (n=280). - Studie wurde vor dem Erreichen des Populations-

III nach AWMF & ÄZQ

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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Verfassende, Jahr Stärken Schwächen Evidenzniveau /

Einschätzung der Quali-tät

wird angegeben. - Die Einleitungsmethoden werden deklariert. - Die Gruppenhomogenität wird verglichen. Unter-

schiede werden aufgezeigt. - Übersichtliche Tabellen. - Passende Ein- und Ausschlusskriterien sind dekla-

riert.

ziels beendet. Die Studie weist eine gute Qualität auf und stimmt mit dem Evidenzniveau über-ein.

Sutton et al. 2014

- Die GDM-Diagnostik wird beschrieben. - Die Therapie des GDM in der Schwangerschaft

wird angegeben. - Die Gruppenhomogenität wird verglichen. Unter-

schiede werden aufgezeigt. - Durchführung der multivariablen logistischen Re-

gressionsanalyse. - Grosse Population (n=679). - Schwächen der Studie werden von den Forschen-

den klar aufgeführt. - Passende Ein- und Ausschlusskriterien sind dekla-

riert.

- Die SSW sind nicht klar definiert. - Die Einleitungsmethoden werden nicht deklariert. - Retrospektive Sekundäranalyse. - Tabellen sind komplex und schwer interpretierbar.

III nach AWMF & ÄZQ

Die Studie weist eine hohe Qualität auf und stimmt mit dem Evidenzniveau über-ein.

Vilchez et al. 2015

- Durchführung der multivariablen logistischen Re-gressionsanalyse.

- Grosse Population (n=273 043 Frauen). - Übersichtliche Tabellen und Grafiken. - Passende Ein- und Ausschlusskriterien sind dekla-

riert.

- Die SSW sind nicht klar definiert. - Die GDM-Diagnostik wird nicht beschrieben. - Die Therapie des GDM in der Schwangerschaft

wird nicht angegeben. - Die Einleitungsmethoden werden nicht deklariert. - Die Gruppenhomogenität wird nicht verglichen. - Retrospektives Design.

III nach AWMF & ÄZQ

Die Studie weist eine hohe Qualität auf und stimmt mit dem Evidenzniveau über-ein. Da es sich um eine Risikoanalyse handelt, werden die Ergebnisse der Studie weniger gewichtet.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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Verfassende, Jahr Stärken Schwächen Evidenzniveau /

Einschätzung der Quali-tät

Worda et al. 2017

- Die GDM-Diagnostik wird beschrieben. - Die Therapie des GDM in der Schwangerschaft

wird angegeben. - Die Einleitungsmethoden werden deklariert. - Die Gruppenhomogenität wird verglichen. Ein Un-

terschied wird aufgezeigt. - RCT Studiendesign. - Durchführung der multivariablen logistischen Re-

gressionsanalyse. - Genehmigung der Studiendurchführung durch das

Ethikkomitee. - Studienteilnahme nach informierter Zustimmung

der Frauen. - Übersichtliche Tabellen. - Passende Ein- und Ausschlusskriterien sind dekla-

riert.

- Die SSW sind nicht klar definiert. - Kleine Population (n=100). - Hohe Anzahl an Studienabbrechenden (Follow-up-

Bias). - Mangelnde Transparenz, weshalb die neonatalen

Outcomes mit der gesamten Population analysiert wurden.

I nach AWMF & ÄZQ

Die Studie weist eine man-gelhafte Qualität auf. Das Evidenzniveau wird von den Autorinnen tiefer ein-gestuft.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

63

Tabelle 9: Stärken & Schwächen der Leitlinien

Verfassende, Jahr Stärken Schwächen Evidenzniveau / Einschätzung der Qualität

AWMF 2011

- Klare Beschreibung des Geltungsbereichs und Zwecks.

- Detaillierte Beschreibung der Methodik. - Zeitpunkt der Aktualisierung der Leitlinie wird an-

gegeben. - Finanzielle Unabhängigkeit von Experten und Auf-

traggebern. - Mögliche Interessenskonflikte werden deklariert. - Ein Leitlinienreport ist vorhanden.

- Keine Schwangeren mit GDM, Hebammen und Ernährungsberatenden in der Entwicklergruppe.

- Einige Leitlinienempfehlungen werden basierend auf einzelnen Studien gemacht.

A nach AWMF & ÄZQ Die Leitlinie weist eine gute Qualität mit einzelnen Män-geln auf. Jedoch stimmt das Evidenzniveau überein.

FIGO 2015

- Klare Beschreibung des Geltungsbereichs und Zwecks.

- Mehrheitlich detaillierte Beschreibung der Metho-dik.

- Finanzielle Unterstützung durch Novo Nordisk wird angegeben.

- Mögliche Interessenskonflikte werden deklariert.

- Suchstrategie ist nicht klar ersichtlich. - Zeitpunkt der Aktualisierung der Leitlinie wird nicht

angegeben. - Kein Leitlinienreport vorhanden. - Keine Schwangeren mit GDM, Hebammen und

Ernährungsberatenden in der Entwicklergruppe.

A nach AWMF & ÄZQ Die Leitlinie weist eine gute Qualität mit einzelnen Män-geln auf. Jedoch stimmt das Evidenzniveau überein.

NICE 2015

- Klare Beschreibung des Geltungsbereichs und Zwecks.

- Detaillierte Beschreibung der Methodik. - Zeitpunkt der Aktualisierung der Leitlinie wird an-

gegeben. - Finanzielle Unabhängigkeit von Experten und Auf-

traggebern. - Mögliche Interessenskonflikte werden deklariert. - Ein Leitlinienreport ist vorhanden. - Schwangere mit GDM oder mit dem Risiko, einen

GDM zu entwickeln, sind in der Entwicklergruppe.

A nach AWMF & ÄZQ Die Leitlinie weist eine hohe Qualität auf und stimmt mit dem Evidenzniveau über-ein.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

64

8.3 Diskussion der Ergebnisse

8.3.1 Maternale Outcomes

Dammverletzung

In drei Studien (Alberico et al., 2016; Melamed et al., 2016; Worda et al., 2017) treten

keine signifikanten Ergebnisse auf. Daraus lässt sich ableiten, dass sowohl die Ge-

burtseinleitung wie auch das abwartende Management keinen Einfluss auf die Häufig-

keit von Dammverletzungen nehmen. Auch führt eine längere Schwangerschaftsdauer

nicht zu mehr Dammrissen. Eine Studie von Shand, Bell, McElduff, Morris & Roberts

(2008) stellt fest, dass das Risiko für Dammrisse Grad III° und IV° bei Frauen mit GDM

signifikant höher ist als bei nicht diabetischen Frauen. Die Autorinnen vermuten die

Ursache für diese Beobachtung im häufigeren Vorkommen von schwererem Geburts-

gewicht bei GDM. Die Autorinnen erachten es daher als wichtig, dass die Betroffenen

bei der Wahl der Geburtsposition unterstützt werden. Rückenlage und Manipulation am

Damm werden von Schönberner, Rockel-Loenhoff & Harder (2013) als begünstigende

Faktoren für eine Dammverletzung beschrieben.

Postpartale Hämorrhagie

Es treten keine signifikanten Differenzen zwischen der Geburtseinleitung und dem ab-

wartenden Management in den analysierten Studien (Alberico et al., 2016; Melamed et

al., 2016; Worda et al., 2017) auf. Steininger (2013) beschreibt den Einsatz von Utero-

tonika zur Geburtseinleitung als Risikofaktor für eine postpartale Hämorrhagie. Des

Weiteren führt sie die Makrosomie als mögliche Ursache auf. Dies führt bei den Auto-

rinnen zur Hypothese, dass sowohl die Einleitung wie auch das abwartende Manage-

ment Risiken für eine postpartale Hämorrhagie bergen. Da die postpartale Hämorrha-

gie selten auftritt, müssen die aktuellen Evidenzen vorsichtig interpretiert werden. Wei-

tere Studien mit einer grossen Population werden zur Stärkung der Evidenz benötigt.

Sectio caesarea

Bei Frauen mit GDM ist das Risiko für eine Sectio im Gegensatz zu Frauen ohne GDM

allgemein erhöht (Shand et al., 2008; Vilchez et al., 2015). Die eingeschlossenen Stu-

dien wurden auf unterschiedliche Weise durchgeführt, weshalb eine Interpretation der

Ergebnisse erschwert ist. Die Autorinnen vermuten, dass aus diesem Grund einige

widersprüchliche Resultate vorliegen. Alberico et al. (2010), Alberico et al. (2016) und

Melamed et al. (2016) weisen eine ähnliche Vorgehensweise der Durchführung auf.

Alle drei Studien vergleichen die Geburtseinleitung zwischen 38 und 39 SSW mit dem

abwartenden Management und werden von den Autorinnen mit hoher Evidenz bewer-

tet. Es liegen jedoch auch beim Vergleich dieser drei Studien gegensätzliche Resultate

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

65

vor. Die Forschenden der Studie von Alberico et al. (2016) sehen eine mögliche Ursa-

che für die diskrepanten Ergebnisse bei der Wahl der Einschlusskriterien. Falls eine

Geburtseinleitung indiziert ist, vermuten die Autorinnen bei Betrachtung aller Studien,

dass der optimale Zeitpunkt zwischen 39 0/7 und 39 6/7 SSW liegt. Diese Hypothese

wird von der Studie von Zhao, Flatley & Kumar (2017) gestützt, welche die Geburtsein-

leitung mit dem abwartenden Management bei Einlingsschwangerschaften am Termin

untersucht. Die Forschenden ermitteln das tiefste Risiko für eine sekundäre Sectio so-

wohl bei der Geburtseinleitung wie auch beim abwartenden Management mit 39 SSW.

Des Weiteren zeigen die Studien, dass nicht nur die Geburtseinleitung oder das abwar-

tende Management Einfluss auf die Sectiorate nehmen, sondern auch noch weitere

Risikofaktoren. Die Studie von Grabowska et al. (2017) zeigt auf, dass mit zunehmen-

dem mütterlichem Alter und erhöhtem BMI vor der Schwangerschaft die Sectiorate

steigt. Alberico et al. (2010) kommen zum Ergebnis, dass bei BMI ≥30 vor der

Schwangerschaft im Vergleich zu <30 ein signifikant erhöhtes Risiko für eine Sectio

besteht. Ein ungünstiger Bishop-Score wird in einer Studie (Feghali et al., 2016) als

weiterer Risikofaktor für eine Sectio ermittelt. In der gleichen Studie kommen die For-

schenden zum Ergebnis, dass Erstgebärende generell ein höheres Risiko für eine Sec-

tio aufweisen als Mehrgebärende.

Vaginal-operative Entbindung

Einzig in zwei Studien (Alberico et al., 2016; Melamed et al., 2016) wird die vaginal-

operative Entbindung untersucht. Es wird kein signifikanter Anstieg zwischen der Ein-

leitung und dem abwartenden Management beobachtet. Auch beim Untersuchen aller

Frauen mit einer Einlingsschwangerschaft am Termin in der Studie von Darney et al.

(2013) mit einer grossen Population wird kein signifikanter Unterschied zwischen der

Geburtseinleitung und dem abwartenden Management entdeckt. Daraus schliessen die

Autorinnen, dass das Geburtsmanagement bei GDM die Rate von vaginal-operativen

Entbindungen nicht beeinflusst. Weitere Studien sind jedoch für eine abschliessende

Aussage notwendig, da durch eine vaginal-operative Entbindung negative Folgen für

Mutter und Kind entstehen können. Bei der Mutter treten beispielsweise vermehrt

Weichteilverletzungen auf. Beim Kind können durch die Saugglocke Kephalhämatome

oder intrakranielle Blutungen verursacht werden (Harder, 2013).

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

66

8.3.2 Neonatale Outcomes

Atemnotsyndrom

Es liegen keine signifikanten Ergebnisse zum ANS vor. Jedoch wird das ANS nur in

zwei Studien (Alberico et al., 2016; Feghali et al., 2016) ohne die Beatmung und Intu-

bation untersucht. Das signifikante Resultat aus der Studie von Melamed et al. (2016)

bezüglich der erhöhten Rate an respiratorischer Morbidität (ANS, vorübergehende Ta-

chypnoe und Beatmung) beim abwartenden Management (40 0/7–41 6/7 SSW) im

Vergleich zur Einleitung mit 39 0/7–39 6/7 SSW können sich die Autorinnen nicht erklä-

ren. Auch die Forschenden geben keine Erklärung dazu ab. Laut Schaefer-Graf &

Kautzky-Willer (2011) haben Neugeborene von Frauen mit Diabetes aufgrund des Hy-

perinsulinismus, der die Surfactantbildung beeinträchtigt, ein erhöhtes Risiko, ein ANS

zu entwickeln. Sie erwähnen, dass durch gute Einstellung des Blutzuckers in der

Schwangerschaft die Prävalenz gesenkt werden kann. Dies zeigt die Wichtigkeit einer

angepassten Therapie des GDM in der Schwangerschaft auf.

APGAR-Score

In drei Studien (Alberico et al., 2010; Alberico et al., 2016; Rayburn et al., 2005) wird

der APGAR-Score nach einer sowie nach fünf Minuten untersucht. In keiner dieser

Studien werden signifikante Ergebnisse beobachtet. Worda et al. (2017) stellen eben-

falls keine Signifikanzen des fünf Minuten-APGAR-Scores zwischen der Geburtseinlei-

tung mit 38 SSW im Vergleich zu 40 SSW fest. Der APGAR-Score wird anhand von

definierten Kriterien erhoben (ACOG & American Academy of Pediatrics, 2015). Aus

Sicht der Autorinnen ist jedoch die Beurteilung einiger Parameter wie beispielsweise

die Hautfarbe subjektiv und kann von der Berufsgruppe abhängen. Hebammen sowie

Gynäkologinnen und Gynäkologe bewerten tendenziell mit höheren APGAR-Scores als

Pädiaterinnen und Pädiater (Stiefel, 2013). Zudem kann der APGAR-Score durch An-

wendung von Medikamenten, Anästhesien und weiteren Faktoren beeinflusst werden

(ACOG & American Academy of Pediatrics, 2015).

Geburtsgewicht / Makrosomie / LGA

Geburtsgewicht

Mit zunehmendem Gestationsalter werden in vier Studien (Alberico et al., 2016; Fegha-

li et al., 2016; Grabowska et al., 2017; Melamed et al., 2016) signifikant höhere Ge-

burtsgewichte bei Frauen mit GDM festgestellt. In zwei Studien (Rayburn et al., 2005;

Worda et al., 2017) sind die Geburtsgewichte nicht signifikant unterschiedlich. Die Au-

torinnen vermuten, dass bei Worda et al. (2017) aufgrund der kleinen Population und

des Einbezugs der Frauen, die vor dem definierten Gestationsalter gebaren, keine Dif-

ferenzen nachgewiesen werden. Weshalb bei Rayburn et al. (2005) kein signifikantes

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

67

Resultat vorliegt, können sich die Autorinnen nicht abschliessend erklären. Die Auto-

rinnen können sich jedoch aufgrund der Einschlusskriterien vorstellen, dass alle Frau-

en dieser Studie in der Schwangerschaft gut therapiert waren. Eine gute Therapie in

der Schwangerschaft zeigt in der Studie von Vestgaard, Christensen, Viggers & Laus-

zus (2017), dass das Geburtsgewicht signifikant tiefer ist als bei Frauen ohne Therapie.

Makrosomie

Eine signifikant erhöhte Prävalenz von Makrosomien bei längerer Schwangerschafts-

dauer wird in zwei Studien (Melamed et al., 2016; Sutton et al., 2014) nachgewiesen.

Im Gegensatz dazu entdecken die Forschenden in vier Studien (Alberico et al., 2010;

Alberico et al., 2016; Feghali et al., 2016; Rayburn et al., 2005) keine signifikanten Un-

terschiede. Diese diskrepanten Ergebnisse können sich die Autorinnen aufgrund der

verschiedenen Ein- und Ausschlusskriterien sowie des Settings erklären. Alberico et al.

(2016) schliessen beispielsweise alle Frauen mit einem geschätzten Kindsgewicht

>4000g von der Studienteilnahme aus. Dies führt zu allgemein geringerem Auftreten

von Makrosomie. Melamed et al. (2016) und Sutton et al. (2014) verwenden Daten aus

verschiedenen Kliniken. Die unterschiedlichen Leitlinien der Kliniken können die Prä-

valenz von Makrosomie beeinflussen. Zum Beispiel werden Frauen mit GDM unter-

schiedlich therapiert und bezüglich Geburtsmanagement verschieden beraten. Dieser

Performancebias beeinflusst somit die Ergebnisse. Ein Zusammenhang zwischen der

Entstehung der Makrosomie und Adipositas vor der Schwangerschaft wird von Kainer

und Husslein (2011) beschrieben. Dieser Einflussfaktor könnte ebenfalls ein Erklä-

rungsansatz für die unterschiedlichen Resultate sein. Gleich wie beim Geburtsgewicht

kann durch die Therapie in der Schwangerschaft die Rate an Makrosomien im Ver-

gleich zu Frauen ohne Therapie gesenkt werden (Vestgaard et al., 2017).

LGA

Bezüglich LGA liegen keine signifikanten Ergebnisse vor (Melamed et al., 2016; Sutton

et al., 2014; Worda et al., 2017). Da bei LGA Neugeborene mit einem Geburtsgewicht

>90. Perzentile in Bezug auf das Gestationsalter klassifiziert werden, lassen sich diese

Ergebnisse erklären. Wenn beispielweise ein Mädchen zwischen 40 0/7 und

40 6/7 SSW mit 4050g geboren wird, gilt es laut Definition als Makrosomie, jedoch

nicht als LGA, da die 90. Perzentile bei 4170g liegt (Schneider & Schneider, 2011).

Hyperbilirubinämie

In vier Studien (Alberico et al., 2016; Feghali et al., 2016; Melamed et al., 2016; Worda

et al., 2017) wird nachgewiesen, dass Neugeborene bei Geburten mit 38 0/7–38 6/7

verglichen mit Geburten zu einem späteren Zeitpunkt häufiger von Hyperbilirubinämie

betroffen sind. Diese einheitlichen Ergebnisse lassen sich möglicherweise durch die

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

68

Unreife der Leber und der erhöhten Erythropoese bei Neugeborenen von Frauen mit

GDM erklären (Schaefer-Graf & Kautzky-Willer, 2011). Durch diese beiden Ursachen

werden überzählige Erythrozyten von der Leber zu langsam abgebaut (Schaefer-Graf

& Kautzky-Willer, 2011). Bei einer Geburt ab 39 0/7 SSW vermuten die Autorinnen,

dass die Leber bereits reifer ist und ihre Funktion somit besser übernehmen kann.

Dadurch könnten die nicht signifikanten Ergebnisse bei der Geburtseinleitung mit

39 0/7–39 6/7 SSW verglichen mit dem abwartenden Management aus der Studie von

Melamed et al. (2016) erklärt werden. Die Hyperbilirubinämie wird bei Überschreiten

der Grenzwerte durch Fototherapie behandelt. Die Autorinnen wissen aus ihrer prakti-

schen Tätigkeit, dass die Fototherapie zu körperlicher Trennung von Mutter und Kind

sowie zu höheren Behandlungskosten führt. Daher erachten es die Autorinnen als

sinnvoll, mit einer allfälligen Geburtseinleitung bis 39 0/7 SSW zu warten.

Hypoglykämie

Vier Studien (Alberico et al., 2016; Feghali et al., 2016; Melamed et al., 2016; Worda et

al., 2017) machen Aussagen zur Hypoglykämie. Zwei der Studien (Melamed et al.,

2016; Worda et al., 2017) entdecken einen signifikanten Unterschied bei der Ge-

burtseinleitung mit 38 SSW, während die anderen zwei Studien (Alberico et al., 2016;

Feghali et al., 2016) keine Signifikanzen ermitteln. Die Autorinnen können keine plau-

sible Erklärung für diese unterschiedlichen Resultate finden. Um das Risiko einer Hy-

poglykämie zu senken, ist basierend auf den Studienergebnissen eine Geburt aus

Sicht der Autorinnen nach 38 6/7 SSW anzustreben. Hypoglykämie tritt bei ungefähr

20–50 % aller Neugeborenen von Frauen mit GDM auf (Schaefer-Graf & Kautzky-

Willer, 2011). Auch bei sehr gut therapiertem GDM treten bei 26 % der Neugeborenen

Hypoglykämien auf (Schaefer-Graf & Kautzky-Willer, 2011). Rezidivierende Hypogly-

kämien können schwerwiegende neurologische Schädigungen mit Verhaltens- und

Entwicklungsstörungen verursachen (AWMF, 2010). Daher erachten die Autorinnen

das rasche Stillen nach der Geburt und eventueller Zufütterung als zentral. Die Leitlinie

der AWMF (2010) teilt diese Ansicht.

Intensivmedizinische Betreuung

Nur in einer Studie (Melamed et al., 2016) wird ein signifikanter Unterschied zwischen

der Geburtseinleitung mit 38 0/7–38 6/7 SSW verglichen mit dem abwartenden Ma-

nagement entdeckt. Fünf andere Studien (Alberico et al, 2016; Feghali et al., 2016;

Rayburn et al., 2005; Sutton et al., 2014; Worda et al., 2017) kommen zu keinen signi-

fikanten Ergebnissen. Die Autorinnen stellen fest, dass in der Studie von Melamed et

al. (2016) auch mehr Hypoglykämie und Hyperbilirubinämie bei Einleitung mit 38 0/7–

38 6/7 SSW auftreten. Dies führt zur Vermutung, dass mehr Neugeborene aufgrund

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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dieser neonatalen Komplikationen verlegt werden mussten. Eine Verlegung auf eine

Intensivstation verursacht hohe Kosten und führt zur Trennung von Mutter und Kind.

Daher sollte eine intensivmedizinische Betreuung vermieden werden.

Kombinierte neonatale Morbidität

Die kombinierte neonatale Morbidität wird in vier Studien (Feghali et al, 2016; Melamed

et al., 2016; Sutton et al., 2014; Vilchez et al., 2015) mit unterschiedlichen Parametern

untersucht. In keiner der Studien liegen signifikante Ergebnisse nach der multivariablen

logistischen Regressionsanalyse zwischen Geburtseinleitung und abwartendem Ma-

nagement vor. Die Autorinnen schliessen aus diesem Ergebnis, dass die kombinierte

neonatale Morbidität unabhängig vom Geburtsmanagement und der Schwanger-

schaftsdauer ist. Jedoch hätten sich die Autorinnen von den Forschenden eine Erklä-

rung zur Auswahl der Parameter gewünscht. Denn aufgrund der Diversität der Parame-

ter kann keine abschliessende Aussage zu den vier Studien gemacht werden. Aus die-

sem Grund empfinden die Autorinnen in diesem Literaturreview die einzelne Betrach-

tung der Parameter als sinnvoller.

Mortalität

Melamed et al. (2016) entdecken als einzige Studie keine signifikanten Unterschiede

zwischen der Geburtseinleitung und dem abwartenden Management. Fünf weitere

Studien können aufgrund geringer Anzahl an Todesfällen keine Aussage machen (Al-

berico et al., 2010; Alberico et al., 2016; Rayburn et al., 2005; Sutton et al. 2014; Wor-

da et al., 2017). Eine Studie (Rosenstein et al., 2012) untersucht das Mortalitätsrisiko

bei über vier Millionen Frauen mit und ohne GDM. Die Forschenden kommen zum Er-

gebnis, dass für Frauen mit GDM mit 39 SSW die tiefste Kindersterblichkeitsrate vor-

liegt. Auch bei Betrachtung der Totgeburtsrate ist die Prävalenz der Mortalität mit

39 SSW am tiefsten. Die Forschenden deklarieren, dass das Mortalitätsrisiko mit oder

ohne GDM allgemein tief ist. Aus diesem Grund sollte für die Entscheidung des optima-

len Geburtszeitpunkts die maternale und neonatale Morbidität beachtet werden. Metz-

ger et al. (2007) beschreiben nach einer internationalen Konferenz, dass kein grösse-

res Risiko für eine perinatale Morbidität und Mortalität bei Neugeborenen von Frauen

mit gut kontrolliertem GDM mit einer Geburt nach 40 SSW besteht. Die Autorinnen

sehen keinen bedeutenden Einfluss des Geburtsmanagements in Bezug auf das Mor-

talitätsrisiko. Jedoch muss die aktuelle Evidenz vorsichtig interpretiert werden, da die

Mortalität selten auftritt. Zur Stärkung der Evidenz werden weitere Studien mit einer

grossen Population benötigt.

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

70

Schulterdystokie

In vier Studien (Alberico et al. 2016; Feghali et al., 2016; Melamed et al. 2016; Rayburn

et al. 2005) treten keine signifikanten Ergebnisse auf. Es zeigt sich, dass sowohl das

Geburtsmanagement wie auch die Schwangerschaftsdauer keinen Einfluss auf die

Prävalenz nehmen. Es handelt sich jedoch um ein seltenes Ereignis und kann daher in

drei Studien nicht analysiert werden (Alberico et al., 2010; Grabowska et al., 2017;

Worda et al., 2017). Als begünstigender Faktor für eine Schulterdystokie wird die Mak-

rosomie beschrieben, welche beim abwartenden Management tendenziell häufiger

auftritt (DHV, 2014). Jedoch wird die Geburtseinleitung ebenfalls als eine mögliche

Ursache angegeben, da es sich um eine geburtshilfliche Intervention zur Wehenunter-

stützung handelt (DHV, 2014). Die Autorinnen stellen fest, dass in drei Studien (Al-

berico et al. 2016; Melamed et al. 2016; Rayburn et al. 2005) nach Einleitung überall

mehr Schulterdystokien aufgetreten sind. Als präventive Massnahmen sollten sich die

Frauen während der Geburt frei bewegen und eine aufrechte Gebärhaltung einnehmen

können. Dies wird auch vom DHV (2014) empfohlen.

8.4 Beantwortung der Fragestellungen

Die Frage, ob die Geburtseinleitung oder das abwartende Management bei Gestati-

onsdiabetes am Termin bei Einlingsschwangerschaft zum besseren Outcome für Mut-

ter und Kind führt, lässt sich nach der Diskussion der Ergebnisse nicht abschliessend

beantworten. Die sieben Outcomeparameter Dammverletzung, postpartale Hämorrha-

gie, vaginal-operative Entbindung, APGAR-Score, kombinierte neonatale Morbidität,

neonatale Mortalität und Schulterdystokie zeigen, dass weder die Einleitung, noch das

abwartende Management Vorteile für Mutter und Kind bringen. Um Hypoglykämien,

Hyperbilirubinämien und intensivmedizinische Betreuung zu vermeiden, die in einigen

Studien signifikant vermehrt bei ˂39 0/7 SSW auftreten, erachten die Autorinnen eine

Geburt ab 39 0/7 als ideal. Aufgrund der widersprüchlichen Resultate zu ANS, Ge-

burtsgewicht, Makrosomie und Sectio kann auch nach Einbezug der Leitlinien betref-

fend diesen Parametern keine definitive Aussage zum Geburtsmanagement gemacht

werden. Einige der eingeschlossenen Studien beschreiben, dass nebst dem Geburts-

management weitere Faktoren wie erhöhtes maternales Alter, Parität, BMI vor der

Schwangerschaft, ungünstiger Bishop-Score und Therapie in der Schwangerschaft die

Outcomes beeinflussen können. Alle drei Leitlinien (AWMF, 2011; FIGO, 2015; NICE,

2015) zeigen auf, dass bei guter Therapie in der Schwangerschaft, angemessenem

Schätzgewicht und ohne Verdacht auf Komplikationen eine Geburt am Termin möglich

ist. Auch von der Literatur wird diese Empfehlung gestützt (Claudi-Böhm & Böhm,

2012; Schaefer-Graf & Kautzky-Willer, 2011). Als Indikationen für eine Geburtseinlei-

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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tung vor dem Termin werden schlechte oder schwierige Stoffwechseleinstellung der

Mutter, Makrosomie, insbesondere bei Abdomenumfang > Kopfumfang, intrauterine

Wachstumsrestriktion, Präeklampsie, auffällige Kardiotokographie- oder Dopplersono-

graphiebefunde und belastete geburtshilfliche Anamnese beschrieben (Schaefer-Graf

& Kautzky-Willer, 2011). Die Leitlinie von FIGO (2015) empfiehlt zusätzlich eine Einlei-

tung mit 38–39 SSW bei Gefässerkrankung, Status nach Totgeburt, mangelhafte Kon-

trolle, ungenügende Compliance oder einem Schätzgewicht zwischen 3800 und 4000g

bzw. LGA. Da zum Geburtsmanagement keine klare Aussage gemacht werden kann

und weitere Faktoren die Outcomes beeinflussen, sollten die Betroffenen in den Ent-

scheidungsfindungsprozess integriert werden.

In der Literatur gibt es verschiedene Modelle und Konzepte, welche helfen, eine Ent-

scheidung treffen zu können. Kalra, Gupta & Kalra (2016) beschreiben, dass es sich

beim GDM um eine komplexe, vielschichtige Erkrankung handelt und jede Betroffene

vor einer einzigartigen Herausforderung steht. Aus diesem Grund erachten es die Au-

torinnen als zentral, dass mit jeder Betroffenen eine individuelle, partizipative Entschei-

dung zum Geburtsmodus getroffen wird. Hierfür eignet sich aus Sicht der Autorinnen

das Modell Shared Decision Making im Gegensatz zum Informed Consent und Infor-

med Choice aus drei Gründen am besten: Erstens wird beim Shared Decision Making

eine partnerschaftliche Entscheidung getroffen, welche in der Abbildung 3 gut veran-

schaulicht wird. Es bietet laut Gerber, Kraft & Bosshard (2014) den Vorteil, dass sich

die Frauen in dieser komplexen Entscheidungsfindung nicht alleine gelassen fühlen.

Zudem sehen die Autorinnen die Möglichkeit, dass die Fachpersonen beeinflussende

Faktoren wie beispielsweise kulturelle Anschauungen oder die Art der Informationsbe-

reitstellung (siehe Abbildung 3) berücksichtigen können und dadurch die Individualität

der Betroffenen beachtet wird. Des Weiteren können die Fachpersonen ihre Erfahrun-

gen mit ähnlichen Situation einbringen. Zweitens wird durch das Shared Decision Ma-

king das ethische Prinzip der Autonomie gestärkt (Schönberner et al., 2010). Drittens

integriert das Modell Shared Decision Making die sechs Phasen des Beratungsprozes-

ses nach Doll & Hummel-Gaatz (2006). Der Beziehungsaufbau, die Erfassung des Be-

ratungsbedarfs und -bedürfnisses, die Beratungsziele, die Entwicklung von Lösungen,

die Reflexion des Beratungsprozesses und der Abschluss der Beratung erachten die

Autorinnen zur erfolgreichen Entscheidungsfindung als zentral. Aus den genannten

Gründen empfinden sie Informed Consent und Informed Choice als weniger geeignet.

Die Aufgabe der Fachpersonen besteht bei der Beratung nach dem Shared Decision

Making darin, Informationen an die Frauen abzugeben. Abgeleitet aus der Abbildung 3

sollten Schwangere mit GDM aus Sicht der Autorinnen nachfolgend beschriebene In-

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

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formationen erhalten. Die Fachpersonen sollten Erfahrungen zur Geburtseinleitung,

zum abwartenden Management, zur Sectio mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen und

dem möglichen Ablauf der Geburt kommunizieren. Zudem benötigen die Frauen Infor-

mationen zur aktuellen Evidenz relevanter maternaler und neonataler Outcomepara-

meter. Mögliche Diskrepanzen der Evidenz müssen von den Fachpersonen aufgezeigt

werden. Aus Sicht der Autorinnen ist es beim Shared Decision Making möglich, wider-

sprüchliche Ergebnisse aus den Studien zu den Outcomes aufzuzeigen und mit den

Betroffenen zu diskutieren. Jedoch ist ihnen bewusst, dass eine Beratung bei diesem

komplexen Krankheitsbild eine grosse Herausforderung darstellt. Ein möglicher Grund

für diese Schwierigkeit sehen sie darin, dass anhand der aktuellen Evidenz keine ein-

deutige Empfehlung zum Geburtsmodus bei Frauen mit GDM gemacht werden kann.

Zudem gibt es viele verschiedene Faktoren wie beispielsweise Adipositas oder die

Therapieeinstellung in der Schwangerschaft, die den GDM und somit den Geburtsmo-

dus beeinflussen. Des Weiteren beschreibt Brailey (2005), dass es schwierig ist, über

Risiken zu sprechen. Sie empfiehlt ein Risiko neutral und realistisch darzulegen. Die

Autorinnen stellen sich diese Aufgabe für die Fachpersonen anspruchsvoll vor. Um

solch herausfordernde Beratungen erfolgreich meistern zu können, empfinden sie den

Austausch im interdisziplinären Team als eine hilfreiche Möglichkeit. Trotz der Heraus-

forderung für die Fachpersonen sind nach Schäfers (2011) die Frauen auf umfassende

Informationen angewiesen, um eine Entscheidung treffen zu können. Die Frauen ha-

ben während dem Shared Decision Making immer wieder die Möglichkeit, ihre Erfah-

rungen und Vorstellungen zu äussern, Rückfragen zu stellen und eine Präferenz zu

nennen. Am Ende wird gemeinsam eine Entscheidung getroffen und ein Plan zur Um-

setzung erstellt (Schäfers, 2011).

Die NICE (2015) definiert den optimalen Zeitpunkt zur Beratung über den Geburtsmo-

dus bei Frauen mit GDM mit 36 SSW. Die Beratung sollte durch eine Gesundheits-

fachperson durchgeführt werden (NICE, 2008). Aus Sicht der Autorinnen kann die Be-

ratung nach dem Shared Decision Making durch eine geschulte Hebamme in Zusam-

menarbeit mit einer Gynäkologin oder einem Gynäkologen stattfinden. Mögliche Prob-

lematiken bei der Umsetzung des Modells Shared Decision Making in der Praxis sehen

die Autorinnen darin, dass viel Zeit benötigt wird und sich beide Parteien auf die parti-

zipative Entscheidungsfindung einlassen müssen. Gemäss dem Modell stellen Konti-

nuität in der Schwangerschaftsbetreuung und eine vertrauensvolle Beziehung die

Grundvoraussetzungen für das Gelingen der partizipativen Entscheidungsfindung dar

(Engelkraut & Teuerle, 2014).

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Geburtsmanagement bei Gestationsdiabetes

73

9 Schlussfolgerungen

Mit dem vorliegenden Literaturreview wird aufgezeigt, dass die aktuelle Evidenz keine

abschliessende Empfehlung für die Geburtseinleitung oder das abwartende Manage-

ment bei Frauen mit GDM am Termin mit einer Einlingsschwangerschaft rechtfertigt.

Hyperbilirubinämie tritt signifikant häufiger bei Geburtseinleitung zwischen 38 0/7 und

38 6/7 SSW verglichen mit dem abwartenden Management auf. Zu den weiteren ne-

onatalen Outcomes ANS, Geburtsgewicht, Makrosomie, Hypoglykämie und intensiv-

medizinische Betreuung liegen widersprüchliche Daten vor. Bezüglich APGAR-Score,

kombinierter neonataler Morbidität, LGA, neonataler Mortalität und Schulterdystokie

werden keine signifikanten Unterschiede aufgezeigt. Bei den maternalen Outcomes

Dammverletzung, postpartale Hämorrhagie und vaginal-operative Entbindung werden

ebenfalls keine signifikanten Differenzen ermittelt. Zur Sectiorate liegen diskrepante

Ergebnisse vor.

Basierend auf den Ergebnissen dieses Literaturreviews kann folgende Empfehlung

gemacht werden: Bei Frauen mit GDM ohne weitere Komplikationen sollte die Geburt

zur Vermeidung von unerwünschten neonatalen Folgen nicht vor 39 0/7 SSW eingelei-

tet werden. Da weder die Geburtseinleitung nach 39 0/7 SSW noch das abwartenden

Management einen deutlichen Benefit für Mutter und Kind bringt, sollte jede Betroffene

eine individuelle, aufgeklärte Entscheidung zum Geburtsmodus treffen können. Zur

Unterstützung dieser Entscheidungsfindung sollte das Modell Shared Decision Making

in der 36. SSW während einer Schwangerschaftskontrolle durch eine geschulte Fach-

person angewendet werden. Damit die Umsetzung des Shared Decision Making in der

Praxis gelingt, sollten die Fachpersonen mit der aktuellen Evidenz geschult und ein

Gesprächsleitfaden erstellt werden. Zudem ist es empfehlenswert, den Zeitpunkt des

Shared Decision Making in den Flussplan der Schwangerschaftsbetreuung zu integrie-

ren (Scheibler, Schwantes, Kampmann & Pfaff, 2005).

Es besteht ein weiterer Forschungsbedarf bezüglich des Geburtsmanagements zur

Verhinderung von unerwünschten Folgen für Mutter und Kind. Da RCT aus ethischen

Aspekten schwierig sind, sollten prospektive Studien mit genauer Beschreibung der

Einleitungsmethode, der Therapie in der Schwangerschaft und weiteren Risikofaktoren,

wie beispielsweise den Bishop-Score, durchgeführt werden. Die Autorinnen erachten

es zusätzlich als sinnvoll, dass in die Gruppe des abwartenden Managements nur

Frauen mit spontanem Wehenbeginn integriert werden. Es sollte eine grosse Populati-

on gewählt werden, um auch eine Aussage zu seltenen Ereignissen wie der postparta-

len Hämorrhagie, der Mortalität und der Schulterdystokie machen zu können.

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11 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Beratungsprozess adaptiert von Doll & Hummel-Gaatz (2006, S. 209) ...15

Abbildung 2: Übersicht Informed Consent, Informed Choice & Shared Decision Making

............................................................................................................................18

Abbildung 3: Shared Decision Making (Schönberner et al., 2010, S. 29) .....................19

Abbildung 4: Auswahlprozess der eingeschlossenen Studien .....................................26

12 Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Testverfahren & Blutzuckergrenzwerte zur GDM-Diagnostik adaptiert von

Farrar (2016, S. 520) ...........................................................................................12

Tabelle 2: Blutzuckerzielwerte adaptiert von Claudi-Böhm & Böhm (2012, S. 25) .......13

Tabelle 3: Übersicht der Suchstrategie ........................................................................25

Tabelle 4: Übersicht der Ergebnisse der Studien .........................................................31

Tabelle 5: Übersicht der Ergebnisse der Leitlinien .......................................................40

Tabelle 6: Kategorienbildung der Outcomeparameter .................................................42

Tabelle 7: Übersicht der integrierten Parameter zur kombinierten neonatalen Morbidität

der einzelnen Studien ..........................................................................................50

Tabelle 8: Stärken & Schwächen der Studien ..............................................................59

Tabelle 9: Stärken & Schwächen der Leitlinien ............................................................63