Gemeinsam aktiv alltagsgestaltung und Beschäftigungen für ... · Bedürfnissen der Erkrankten...

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1 und Spiele, um Ausflüge, Reisen, Musik, um Feiern, Hobbys oder um innere Einkehr geht, es hat sich bewährt, sich an folgenden Grundsätzen zu orientieren: Weder über- noch unterfordern Es gilt Balance zu halten und die Tätigkeiten so zu gestalten, dass Menschen mit Demenz weder über- noch unterfordert werden. Bei allem, was geplant oder un- ternommen wird, sollte die indi- viduelle Situation der Erkrankten bedacht werden: Was heute noch ging, geht morgen vielleicht nicht, dafür ist etwas anderes möglich. Und was abends nicht klappt, geht vielleicht am nächsten Morgen. Balance halten ist aber auch ein wichtiger Ratschlag für die Betreu- enden und Pflegenden. Wer zu viel von sich verlangt, überfordert sich und hat das Gefühl, seinen An- sprüchen nicht gerecht zu werden. Pflegende Angehörige haben ei- nen langen Weg vor und oft auch hinter sich und müssen immer wieder aufs Neue Kraft auftanken. Das geht nur, wenn Aufgaben abgegeben und Unterstützung ange- nommen wird, wenn Inseln der Ruhe gefunden werden. Niemand muss ein schlechtes Gewissen haben, weil er oder sie einfach keine Zeit hat. Es ist völlig in Ordnung, nach Möglichkeiten zu suchen, die den anderen einfach mal „nur“ beschäftigen: Papier zerreißen, Knöpfe sortieren, Wäsche falten, eine DVD einlegen. Danach findet sich auch wieder Zeit für ein intensives Miteinander. er rastet, der rostet. Es ist eine banale Wahrheit, die in dem bekannten Sprichwort steckt. Für alle, die ihren Alltag auch mit einer demenziellen Erkrankung gemeinsam meistern wollen und müssen, ist es aber eine wichtige Lebensregel. Denn sie mahnt, beweglich zu blei- ben: So lange wie möglich den gewohnten Lebensrhythmus bei- zubehalten, immer aufs Neue vor- handene Fähigkeiten anzuregen, Erinnerungen wach zu halten. Gezielte Aktivierung und ein- fühlsame Begleitung können nicht nur den geistigen und körperli- chen Abbau verlangsamen, sie tragen ganz entscheidend zum emotionalen Wohlbefinden der Kranken bei. Die Krankheit verändert Vieles. Unter anderem verlieren Men- schen mit Demenz nach und nach die Fähigkeit sich selbst zu beschäftigen und zu motivieren. Das kann zu Rückzug, Unzufrie- denheit und Unruhe führen. Hier helfen Impulse von außen, die Körper und Geist anregen, die vorhandenen Fähigkeiten erhalten und Spaß machen. Darum geht es im Schwerpunkt dieses Hefts und in der neu von der DAlzG herausgegebenen Broschüre „Miteinander aktiv“. Wie der gemeinsame Alltag von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen jeweils gestaltet wird, ist individuell ganz unterschiedlich und sollte sich sowohl an der Lebens- geschichte als auch an den aktuellen Bedürfnissen der Erkrankten orien- tieren. Entscheidend ist, dass das gemeinsame Tun allen Beteiligten Freude macht und nicht mit Stress und Leistungsdruck verbunden ist. Um den gemeinsamen Alltag för- derlich und angenehm zu gestalten, ist kein besonderes therapeutisches Wissen erforderlich. Schon der ganz alltägliche Ablauf daheim – die Kör- perpflege, Mahlzeiten zubereiten, Wäsche zusammenlegen – kann die vorhandenen Fähigkeiten wach hal- ten und üben. Ob es nun um Aktivitäten im Haus oder Garten, um Bewegung, Sport Gemeinsam aktiv Alltagsgestaltung und Beschäftigungen für Menschen mit Demenz weiter auf Seite 3 W Foto: twinlili / pixelio.de Balance halten, weder über- noch unterfordern – das ist eine wichtige Regel Alzheimer Info Nachrichten der Deutschen Alzheimer Gesellschaft Selbsthilfe Demenz Ausgabe 1/12

Transcript of Gemeinsam aktiv alltagsgestaltung und Beschäftigungen für ... · Bedürfnissen der Erkrankten...

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und Spiele, um Ausflüge, Reisen, Musik, um Feiern, Hobbys oder um innere Einkehr geht, es hat sich bewährt, sich an folgenden Grundsätzen zu orientieren:

Wederüber-nochunterfordernEs gilt Balance zu halten und die

Tätigkeiten so zu gestalten, dass Menschen mit Demenz weder über- noch unterfordert werden. Bei allem, was geplant oder un-ternommen wird, sollte die indi-viduelle Situation der Erkrankten bedacht werden: Was heute noch ging, geht morgen vielleicht nicht, dafür ist etwas anderes möglich. Und was abends nicht klappt, geht vielleicht am nächsten Morgen.

Balance halten ist aber auch ein wichtiger Ratschlag für die Betreu-enden und Pflegenden. Wer zu viel von sich verlangt, überfordert sich und hat das Gefühl, seinen An-sprüchen nicht gerecht zu werden. Pflegende Angehörige haben ei-nen langen Weg vor und oft auch hinter sich und müssen immer wieder aufs Neue Kraft auftanken. Das geht nur, wenn Aufgaben

abgegeben und Unterstützung ange-nommen wird, wenn Inseln der Ruhe gefunden werden.

Niemand muss ein schlechtes Gewissen haben, weil er oder sie einfach keine Zeit hat. Es ist völlig in Ordnung, nach Möglichkeiten zu suchen, die den anderen einfach mal „nur“ beschäftigen: Papier zerreißen, Knöpfe sortieren, Wäsche falten, eine DVD einlegen. Danach findet sich auch wieder Zeit für ein intensives Miteinander.

er rastet, der rostet. Es ist eine banale Wahrheit, die in

dem bekannten Sprichwort steckt. Für alle, die ihren Alltag auch mit einer demenziellen Erkrankung gemeinsam meistern wollen und müssen, ist es aber eine wichtige Lebensregel. Denn sie mahnt, beweglich zu blei-ben: So lange wie möglich den gewohnten Lebensrhythmus bei-zubehalten, immer aufs Neue vor-handene Fähigkeiten anzuregen, Erinnerungen wach zu halten.

Gezielte Aktivierung und ein-fühlsame Begleitung können nicht nur den geistigen und körperli-chen Abbau verlangsamen, sie tragen ganz entscheidend zum emotionalen Wohlbefinden der Kranken bei.

Die Krankheit verändert Vieles. Unter anderem verlieren Men-schen mit Demenz nach und nach die Fähigkeit sich selbst zu beschäftigen und zu motivieren. Das kann zu Rückzug, Unzufrie-denheit und Unruhe führen. Hier helfen Impulse von außen, die Körper und Geist anregen, die vorhandenen Fähigkeiten erhalten und Spaß machen. Darum geht es im Schwerpunkt dieses Hefts und in der neu von der DAlzG herausgegebenen Broschüre „Miteinander aktiv“.

Wie der gemeinsame Alltag von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen jeweils gestaltet wird, ist individuell ganz unterschiedlich und sollte sich sowohl an der Lebens-geschichte als auch an den aktuellen Bedürfnissen der Erkrankten orien-tieren. Entscheidend ist, dass das

gemeinsame Tun allen Beteiligten Freude macht und nicht mit Stress und Leistungsdruck verbunden ist. Um den gemeinsamen Alltag för-derlich und angenehm zu gestalten, ist kein besonderes therapeutisches Wissen erforderlich. Schon der ganz alltägliche Ablauf daheim – die Kör-perpflege, Mahlzeiten zubereiten, Wäsche zusammenlegen – kann die vorhandenen Fähigkeiten wach hal-ten und üben.

Ob es nun um Aktivitäten im Haus oder Garten, um Bewegung, Sport

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alzheimer infoNachrichten der Deutschen Alzheimer Gesellschaft

Selbsthilfe DemenzAusgabe 1/12

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stattfindet. Sie können sich bereits registrieren und Vorträge anmelden (S. 13).

In der letzten Ausgabe haben wir unsere Leser befragt, ob sie ein verän-dertes Schriftbild vorziehen würden. Danke für Ihre Rückmeldungen, die uns veranlasst haben, dieses Heft in einer anderen, etwas gößeren Schrift zu setzen. Übrigens freuen wir uns immer über Ihre Leserbriefe und Anregungen.

Ich hoffe, dass Sie gut über den Winter gekommen sind, und wünsche Ihnen eine schöne Frühlingszeit.

Heidi HawelVorstandsmitglied

der Deutschen Alzheimer Gesellschaft

Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen stehen vor vielen Herausforderungen. Eine davon ist es, den gemeinsamen Alltag zu gestalten, sich nicht zurückzuziehen, sondern durch Aktivitäten Freude ins Leben zu bringen. Die Frage nach Möglichkeiten der Beschäf-tigung für Demenzkranke, nach Möglichkeiten, ihrer Unruhe durch ein passendes Angebot entgegen zu wirken, ist auch ein häufiges Thema am Alzheimer-Telefon, das 2012 sein 10-jähriges Jubiläum begeht (S. 18). Deshalb finden Sie im Schwerpunkt dieser Ausgabe des Alzheimer Info viele Artikel und Ideen zur aktiven Gestaltung des Alltags mit Menschen mit Demenz.

Hilfreich bei der Strukturierung des Tagesablaufs können auch die regel-mäßigen Spaziergänge mit dem Hund sein, wie Gerhard Bräuer berichtet, bei dem vor zwei Jahren die Alzheimer-Krankheit diagnostiziert wurde. Ein Gespräch mit ihm und seiner Lebens-gefährtin lesen Sie ab Seite 17.

Was Ergotherapie für Menschen mit Demenz in unterschiedlichen Stadien leisten kann, stellt der Medizinartikel vor (S. 12-13). Im Januar 2012 ist das Gesetz zur Familienpflegezeit in Kraft getreten. Welche Möglichkeiten die-ses Gesetz bietet, zeigt der Rechtsarti-kel auf (S. 11).

Besonders hinweisen möchte ich Sie auf den 7. Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, der vom 18. bis 20. Oktober 2012 in Hanau

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Mitglieder,

ImpressumAlzheimerInfoISSN: 1432-7082Herausgeberin:Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V.Selbsthilfe DemenzFriedrichstraße 23610969 BerlinTel. 030/259 37 95 - 0Fax 030/259 37 95 - 29Alzheimer-Telefon 01803/17 10 17*[email protected]* 9 Cent pro Minute aus dem deutschen Festnetz

Spendenkonto:Bank für Sozialwirtschaft BerlinBLZ 100 205 00Konto Nr. 33 778 00

Redaktion:Prof. Dr. Alexander Kurz, MünchenHans-Jürgen Freter, BerlinSusanna Saxl, BerlinSabine Jansen, BerlinGestaltung: Andrea Böhm, Moosburg

Gedruckt auf 100 % Altpapier

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht zwangsläufig die Meinung der Deutschen Alzheimer Gesellschaft wieder. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe und eingesandte Artikel zu kürzen.

Editor i a l

HeidiHawel

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inhalt 1/12

Schwerpunkt:Gemeinsamaktiv

Alltagsgestaltung und Beschäftigungen für Menschen mit Demenz.................................. 1Interview: „Mir kommt es darauf an, dass die Chemiestimmt“......... 4Der Demenz davonfliegen ........... 5Musik auf allen Ebenen................. 6Mit Demenz am Computer........... 6„Ich lass̀ ihn einfach machen!“...... 7Mit Party-Ballon und Musik .......... 8In manchem Gedicht funkeltein Licht......................................... 8KongresseundTagungen„Achtsam sein – Menschen mit Demenz spirituell begleiten“........ 9„VIELSTIMMIG! Aktiv und selbstbestimmt mit Demenz“..... 10Menschen mit Demenz im Krankenhaus............................... 1010. Deutscher Seniorentag........ 22RechtFamilienpflegezeitgesetz – Hilfe für pflegende Angehörige.......... 11ForschungundMedizinErgotherapiebei Demenz .......... 12Hoffnung auf Dimebon als Alzheimer-Medikament enttäuscht .................................. 18IneigenerSache7. Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft............... 1310 Jahre Alzheimer-Telefon ........ 18Helden gesucht! ......................... 19TippsvomAlzheimer-Telefon“Er macht fast gar nichts mehr. Was kann ich tun?“...................... 14Welt-Alzheimertag2012:„Demenz:zusammenleben“... 14

PolitikundÖffentlichkeitsarbeitPolitikaward für den Alzheimer-Spot mit Roberto Blanco............. 15Pflegereform und Bündnis für gute Pflege............................ 15MenschenmitDemenzinderfrühenPhaseInterview: Wir stecken den Kopfnicht in den Sand!....................... 16VorschauHeft2/2012.............. 18

Regional............................. ab19

Bücherundmehr.....................23

Termine....................................23

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FreudeamTunstattPerfektionBei Aktivitäten mit Demenzkranken

sollten das gemeinsame Tun, Spaß und Freude, Kreativität im Vorder-grund stehen, nicht Leistung, gute Ergebnisse, das genaue Befolgen von Regeln. Leistungsdruck führt nur zu Enttäuschung und Hilflosigkeit. Besser ist es, sich über alles zu freuen, was noch möglich ist. Nur so kann den Betrof-fenen die Angst zu versa-gen genommen werden und sich die Sicherheit neu bilden: Ich kann et-was und gehöre dazu.

Eigenständigkeiterhalten –soweitundsolangeesmöglichist

Tätigkeiten, die eigen-ständig durchgeführt werden können, sollten immer wieder angeregt werden, damit sie nicht zu früh verloren gehen. Dafür wird den Betreu-enden vor allem Geduld abverlangt. Denn es geht meist schneller und komplikationsloser, wenn die Betreu-enden alles selbst erledigen. Aber mit Ruhe und einfühlsamer Unterstüt-zung können viele Kranke durchaus noch allein zur Toilette gehen, sich waschen, kämmen und anziehen oder auch in der Küche helfen und wie gewohnt die Zeitung aus dem Brief-kasten holen. Zu Beginn der Krankheit können auch noch Aufgaben über-nommen, neue Hobbys entdeckt wer-den. Wichtig ist die Ermutigung, dies auch zu tun.

Mobilsein –inBewegungbleibenBewegung regt das Gehirn an,

entspannt, verursacht Glücksgefühle, vermindert Angst und Aggression. Für Menschen mit Demenz ist regel-mäßige Bewegung wichtig, um Kraft und Beweglichkeit zu erhalten und Sturzgefährdung vorzubeugen. Vor allem aber befördert regelmäßige Bewegung das Wohlbefinden und das Denken. Gut anknüpfen lässt sich

daran, dass Menschen mit Demenz ih-ren Sinn für Rhythmik oft noch lange Zeit bewahren: Musikhören, einfache Tanzschritte, in die Hände klatschen oder körperliche Aktivitäten wie Laub

harken, fegen oder Holz sägen, kön-nen motivieren und die Stimmung heben.

AndieLebensgeschichteanknüpfenGut motivieren lassen sich Demenz-

kranke oft durch Tätigkeiten, die an ihre Lebenserfahrungen und Erinne-rungen anknüpfen. Angeregt werden können sie auf vielerlei Weise: Mit Spaziergängen auf gewohnten We-gen, dem Betrachten von Fotoalben, dem Duft des Lieblingsessens oder vertrauter Musik. Sie geben das Ge-fühl von Gewohnheit und Geborgen-heit. Der Kittel, der noch an der Gar-derobe hängt, kann die Erinnerung an das Arbeitsleben wach halten, ebenso der Werkzeugkasten des einstigen Mechanikers.

DieSinneansprechenAngehörige sollten so oft wie mög-

lich Gelegenheiten nutzen, um Körper und Sinne der Kranken anzuregen. Das kann bei der Körperpflege ge-schehen, bei alltäglichen Tätigkeiten

wie Kochen oder Putzen, bei Spazier-gängen, aber auch mit unterschied-lichen Materialien, die befühlt, ge-drückt und betastet werden können. Vieles ist auch für Erkrankte möglich,

die die meiste Zeit im Bett verbringen müssen: Ein buntes Mobile an der Decke, der Duft des Ku-chens aus der Küche, das Gezwitscher der Vögel vor dem Fenster.

BessergehtesmitHumor

Lachen kann Ängste und Traurigkeit vertrei-ben und stärkt, wie die Forschung herausgefun-den hat, das Immunsys-tem. Lachen steckt an, schafft Gemeinsamkeit, entspannt die Situation. Oft entsteht es spontan im Alltag, ebenso kann es durch Geschichten, Witzbücher und Comics angeregt werden.

Hans­Jürgen Freter, Berlin

Fortsetzung von seite 1

alltagsgestaltung und Beschäftigungen für menschen mit demenz

• Lachen und Humor sind gut für die Stimmung.

• Günstig ist eine ruhige Atmo-sphäre ohne Reizüberflutung.

• Freizeitbeschäftigungen sol-len Spaß machen, aber nicht überfordern.

• Ein fester Tagesplan und Wieder-holungen können Halt geben, allerdings sollte die jeweilige Ta-gesform beachtet werden.

• Zeit- und Leistungsdruck sowie ehrgeizige Zielvorgaben führen zu Enttäuschungen.

• Kritik, Schimpfen, Vorhaltungen verderben die Stimmung.

HilfreicheTippsfürdenAlltagi

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KörperlicheAktivitätenwieLaubharken,fegenoderHolzsägenkönnenmotivierenunddieStimmungheben

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? Frau Holk, wie verhalten Sie sich, wenn Sie jemand zum ersten Mal zu Hause besuchen?

! Der erste Besuch entscheidet meist den weiteren Ver-lauf. Ich schaue mir sehr genau den De-menzkranken und eventuell dessen An-gehörige an. Wenn der Erkrankte nervös, unsicher, verkrampft wirkt, bin ich sehr vorsichtig. Mit viel Geduld versuche ich den Kontakt über die Augen und wenige Worte herzustellen. Wenn Angehörige sagen „Nun rede doch mal…“, bitte ich um Zurückhaltung. Manchmal ist es gut, wenn Angehörige das Zimmer verlassen. Ich nehme Blickkontakt auf, lächle und erkläre, woher ich komme und warum ich da bin. Ich versuche beim ersten Kontakt herauszufinden, was wir gemein-sam tun können, mache vielleicht einen Vorschlag, z. B. spazieren gehen, singen, etwas im Haushalt erledigen, ein Gesellschaftsspiel spielen, Fotoalben ansehen. Dann ist es wichtig, die Augen, die Mi-mik und den ganzen Körper wahr-zunehmen. Strahlen die Augen, kommt Bewegung in den Körper, oder zeigt das Gesicht Abwehr? Mir kommt es darauf an, dass die Chemie stimmt und nicht dass wir gleich loslegen.

? Wie gehen Sie mit Ablehnung und drohender Aggression um?

! Ich habe noch nie erlebt, dass meine Vorschläge nicht angenom-men werden. Nicht ich, sondern der Demenzkranke ist der „Bestim-mer“. Wenn keine Angehörigen da sind, ist es noch wichtiger, nicht so viel zu reden und abzuwarten, wie die Person reagiert. Besonders gut kann ich Schweigen aushalten, weil danach immer etwas passiert. Wenn mal jemand wütend oder

ärgerlich wird, gilt es abzuwarten, eventuell kurz den Raum zu ver-lassen, durchzuatmen und mit ei-nem Lächeln zurückkommen. Ich bleibe auf Augenhöhe, halte Blick-kontakt und versuche, den Grund für den Wutausbruch herauszufin-den. Ich nehme nichts persönlich. Rausgeschmissen hat mich noch niemand.

? Wie kommen Sie mit Traurigkeit und Kummer zurecht?

! Ein Beispiel aus der Weihnachts-zeit. Frau. J., 73 Jahre, alleinle-bend, weinte häufig angesichts der bevorstehenden Feiertage. Ich habe ihre Hand gehalten und fand heraus, dass sie ihren Mann ver-misste, mit dem sie immer schöne Weihnachtsfeiertage erlebt hatte. Ich brauche in diesen Situationen

keinen Ball, sondern Taschentü-cher. Mit der Erinnerung an die vergangenen guten Zeiten ist es leichter, gemeinsam etwas zu tun.

? Welche Aktivierungen und Be-schäftigungen halten Sie für be-sonders gut geeignet?

! Ich versuche immer, an Lebenser-fahrungen anzuknüpfen. Ein alter

Herr, der Konditor von Beruf war, schält gerne und gut Äpfel und berei-tet gemeinsam mit mir den Teig zu. Wir füllen die Backform und beob-achten den Backofen. Anschließend laden wir seine Frau zum Kaffee-trinken ein, und er deckt den Tisch. Abwaschen, abtrocknen, wegräumen gehört dann selbstver-ständlich dazu. Gele-gentlich höre ich: „Ich kann das nicht.“ Aber mit behutsamer Anleitung und aufmunternden Worten geht es dann doch.

? Wie ist es mit Bewe-gung und Musik?

! Bewegung ist sehr wichtig, weil viele alte Menschen sehr viel sit-zen. Ich bevorzuge Papierbälle und Luftballons. Aufblasen, falls möglich, mit der Hand schlagen, werfen, über den Tisch rollen. Als Schläger, sozusagen als Verlänge-rung des Arms, benutzen wir Flie-genklatschen, Pappteller oder Pa-pierrollen. Oft singen wir. Ich gebe erst einmal den Takt, den Rhyth-mus vor. Ein Liederbuch habe ich immer in der Tasche. Singen lässt sich stets mit Bewegungen verbin-den, das macht Freude und endet meist in großem Gelächter. Auch Gedichte aufsagen und Sprich-wörter vervollständigen ist be-liebt. Manchmal gebe ich nur ein Wort vor, z. B. „Liebe“ und warte, was kommt. Schnell fällt den

Gespräch mit einer Betreuerin

„mir kommt es darauf an, dass die chemieetraHolkistseit13JahrenMitarbeiterinderAlzheimer

GesellschaftBochum.SiehatgroßeErfahrungeninderBetreu-ungvonMenschenmitDemenzinBetreuungsgruppenwieauchzuHause.

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der demenz davonfliegen

Broschüre:Petra Holk: Eine kleine Auswahl von Bewegungsübungen und Beschäfti-gung2011, 33 Seiten, 5,00 € incl. Versand

Bestellung:Alzheimer Gesellschaft BochumUniversitätsstr. 77, 44789 BochumTel. 0234 / 33 77 [email protected]

Menschen ein „Alte Liebe rostet nicht“ oder „Liebe macht blind“. Auch das führt zur Heiterkeit.

? Viele alte Menschen sehen und hören schlecht. Wie schaffen Sie es, deren Sinne anzusprechen?

! Wichtig ist, sich gegenüber zu sit-zen, Augenkontakt herzustellen und deutlich zu sprechen. Vieles geht über den Geruch und das Fühlen. Gerne benutzen wir Fühl-säckchen mit trockenen Bohnen, Schokoladentäfelchen, die hinter-her gegessen werden, Gummibär-chen, Lavendel oder ein Taschen-tuch mit 4711 für die Damen und Tabac Duft für die Herren.

? Liebe Frau Holk, Sie haben viele wertvolle Tipps und Erfah-rungen. Haben Sie diese auch aufgeschrieben?

! Ich habe eine kleine Broschüre verfasst, mit der ich meine Erfah-rungen weitergeben möchte.

Die Fragen stellte Christel Schulz, Alzhei­mer Gesellschaft Bochum e. V.

stimmt“ orsichtig tastet Reiner Albers, 74, sich über den Flugzeugflü-

gel. „Jetzt das linke Bein hoch. Jetzt eine leichte Drehung“, rufen ihm die Umstehenden zu. Reiner Albers nimmt seine ganze Konzentration zusammen, dann sitzt er im hellblau-en Motorsegler neben ihm seine Frau Anna, vor ihm der Pilot. Der Propeller wirbelt, das Flugzeug saust, der Flie-

ger hebt ab. Reiner Albers kommen die Tränen. Reiner Albers aus Weil-heim ist dement, schwer dement. Die Motorik fällt ihm schwer, das Sprechen fällt ihm schwer, lesen und schreiben kann er längst nicht mehr. Aber heute: Heute fliegt er. Einmal im Jahr lädt Bernhard Resch vom Segel-flugplatz Paterzell eine Gruppe zum Fliegen ein. Heuer ist die Alzheimer Gesellschaft Pfaffenwinkel am Zug. Und dort ist Reiner Albers Mitglied. Deshalb darf er heute fliegen, genau-so wie rund 15 andere Demenzkranke. Reiner Albers ist der einzige, der seine Frau Anna (69) mitnehmen darf – ein Geschenk der Alzheimer Gesellschaft zur goldenen Hochzeit. „Ihre Frau hat ein bisschen Angst. Nehmen Sie sie ganz fest an der Hand, während sie fliegen“, hat ihm Altenpflegerin Antje Lau noch zugeflüstert, als er es schließlich geschafft hat, ins Flugzeug zu steigen. „Ja, mach‘ ich“, hat Reiner Albers leise entgegnet. Er würde alles

tun für seine Frau. Denn wegen der Krankheit kann er ihr nur noch selten helfen. „Herrn Albers wird der Flug unheimlich gut tun“, glaubt Antje Lau und blickt dem Segelflieger nach. „Ich bin mir sicher: Wenn er aussteigt, hat er ein breites Lachen auf dem Gesicht.“ Der Flug werde ihm Selbst-bewusstsein geben: Das Gefühl, Mut bewiesen zu haben, gemeinsam mit

seiner Frau. „Trotz der Krankheit kön-nen die beiden nochmal gemeinsam ein Erlebnis haben.“ Seit sechs Jahren leidet Reiner Albers an Alzheimer. Aber jetzt, während das Ehepaar durch die Luft saust, am Hohen Pei-ßenberg vorbei, in der Ferne den glit-zernden Ammersee entdeckend, da gibt es nur sie beide, die Freiheit und die klare Luft. Nach 20 Minuten ist alles vorbei. Reiner Albers tastet sich zurück auf festen Boden, reibt sich über die Augen. Da oben im Himmel sind ihm die Tränen gekommen – vor Glück. Und alle, die unten geblieben sind, weinen fast auch, so sehr freu-en sie sich mit. „Wie war es?“, fragt jemand. „Schön“, strahlt seine Frau. Reiner Albers widerspricht, die Augen noch ganz rot, ein Lächeln im Gesicht: „Noch schöner.“

Stephanie Wolf, PfaffenwinkelOriginalveröffentlichung: Weilheimer Tagblatt, 15.7.2011

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mit demenz am computernregungen für den häuslichen Alltag bietet die an der Univer-

sität Erlangen-Nürnberg entwi-ckelte MAKS-Therapie (motorisch, alltagspraktisch, kognitiv, spirituell). Sie beinhaltet in einem spirituellen Rahmen neben Bewegungsvor-schlägen, alltagspraktischen Förde-rungsmöglichkeiten auch innovative geistige Übungen (siehe auch den Buchhinweis in Alzheimer Info 1/2011). Spielerisch durchgeführt werden auf diese Weise Erfolgserlebnisse ver-mittelt, auf die Demenzbetroffene besonders angewiesen sind.

Ein Beispiel ist die Aktivierung an einem Computer mit einem berüh-rungs-empfindlichen Bildschirm. Mit nur wenigen Gesten wie etwa tippen

des Fingers auf den Monitor anstelle von Klicken einer PC-Maus können die speziell für Demenzkranke ent-wickelten Übungen durchgeführt werden. Gemeinsam aktiv sein und dabei Spaß haben, lautet die Devise. Vielleicht findet auch die Enkel-Generation auf diese Weise einen Draht zu ihrer demenzkranken Oma oder ihrem Opa. Damit niemand über- oder unterfordert wird, gibt es die meisten Übungen in mehreren Schwierigkeitsstufen.

Das Praxisbuch zur MAKS-Therapie „Aktivierungstherapie für Men-schen mit Demenz“ bietet nicht nur dem Pflegepersonal in voll- oder teilstationären Einrichtungen Anre-gungen und Struktur, sondern auch

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Helferinnenkreisen sowie den Ange-hörigen, die ihre Demenzbetroffenen zuhause versorgen.

Dr. rer. biol. hum. Birgit Eichenseer, Nürnberg

Broschüre. Allerdings erweisen sich viele Orte immer noch als schwierig, weil man auf Ablehnung stößt, wenn ein Mensch mit Demenz sich „unpas-send“ verhält. Deshalb möchte ich die Idee der Frau Händel aus dem Café propagieren: Suchen Sie nach Verei-nen oder Gruppen von Musikern (eine Band, die Blaskapelle der Feuerwehr, der Kirchen- oder Männerchor, das Akkordeonorchester …) und fragen Sie, ob Sie mal – und vielleicht sogar regelmäßig – zuhören dürfen. Scheu-en Sie sich nicht, auch nach Musik zu suchen, von der Sie bisher dachten, dass sie nicht gefällt. Meist liegen die Probenzeiten günstiger als die der of-fiziellen Veranstaltungen. Außerdem sind die Proben regelmäßiger als die dann gegebenen Konzerte. Es ist auch nicht so viel Öffentlichkeit da, die sich gestört fühlen kann.

Falls man nicht außer Haus gehen kann, gibt es heutzutage ja unbe-grenzt Musik „aus der Konserve“. Sicherlich hat jeder bereits vieles aus-probiert. „Ein Lied auf den Lippen, ob‘s stürmt oder schneit…“ ist aber meist das Beste. Auch für den Pflegenden. Man kann sich – gepfiffen, gesungen oder gesummt – damit selbst gezielt gute Laune machen! Vielleicht hilft es auch, sich einmal professionellen Rat eines Musiktherapeuten zu holen. Der § 45 SGB XI ermöglicht die Erstattung

m Café Mozart wollte ich kurz nach 18.00 Uhr noch einen

Kaffee trinken, sah auch noch Gäste dort sitzen. Aber das Café hatte eigentlich schon geschlossen. Die Wirtin saß im Gastraum mit am Tisch. Musiker packten ihre Instrumente aus, setzten zur Probe an. Ich durfte noch eine Weile bleiben. Außer den Musi-kern und der Wirtin bemerkte ich ein Ehepaar, das auch nur zuhörte. Nach einer Weile kamen wir ins Gespräch. Frau Händel (Name geändert) erzähl-te, dass sie hier jede Woche her-kommen dürften. Ihrem Mann – an Demenz erkrankt – ginge es hier so gut. Und tatsächlich bemerkte ich dann, dass er sich an dem Gespräch gar nicht beteiligt hatte, weil er völlig absorbiert war von der Musik. Mit gro-ßem gestischem Engagement gestal-tete er die Musik nach, sang auch mal mit und strahlte große Vitalität aus.

Alle wissen inzwischen, dass Mu-sik für Menschen mit Demenz ein Lebens elixier ist. Die Broschüre „Mit Musik Demenzkranke begleiten“ (siehe Rückseite dieses Hefts) liefert neben Begründungen für dieses Phä-nomen viele hilfreiche Tipps, wie man „Musik auf allen Ebenen“ suchen, fin-den, initiieren kann.

Außer Haus zu gehen, um Musik-veranstaltungen zu besuchen, ist einer der wichtigen Vorschläge der

musik auf allen Ebenen

Infos:

Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft e. V.Tel. 030/294 2493 [email protected]

LiteraturundInfos:

Birgit Eichenseer, Elmar Gräßel:Aktivierungstherapie für Menschen mit Demenz Urban & Fischer, München, 2011314 Seiten (mit CD und Plus im Web)41,95 €

www.maks-aktiv.dewww.maks-aktiverungstherapie.de

von „musikalischer Betreu-ung“ durch die Pflegekasse sowohl für die häusliche Versorgung als auch für Wohngemeinschaften. Im Land Berlin gibt es in der „Landesliste gesonderter Betreuungsangebote“ Einzelanbieter von Musiktherapie, die man direkt beauftragen kann. In an-deren Bundesländern muss man die Kooperation mit Pflegediensten dafür in Anspruch nehmen. Detailfragen beantwortet die Deutsche Musikthe-rapeutische Gesellschaft.

Dorothea Muthesius, Berlin

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Therapiefahrrad und radelt und ra-delt. Dabei schaut sie auf dem Fern-sehsender 3SAT „Alpenpanorama“, schöne Landschaften, mit volkstüm-licher Musik hinterlegt. Das gefällt ihr und wirkt entspannend. Sie ist sicht-lich zufrieden, sucht ihren Mann nicht ständig, geht nicht alle fünf Minuten auf die Toilette, und so kann er unge-stört den Haushalt erledigen.

Ab 9 Uhr sitzt sie in ihrem Lieb-lingssessel am Fenster, stöbert in Illustrierten und oft nimmt sie das „Buch der 1000 Witze“ in die Hand und liest laut daraus vor. Helmut kennt schon fast alle, doch er ist froh, dass sie soviel Spaß daran hat. Manchmal schaltet er morgens auch die ZDF-Sendung „Volle Kan-ne – Service täglich“ an, Unterhal-tung, die ihr so gefällt.

Lenchen ist immer schwer zu bewegen, das Haus zu verlassen, doch wenn sich alle zwei Wochen die Frauenhilfe im Ort trifft, zieht sie sich ohne lange Diskussionen an. Alle Frauen des Treffens kennen und wissen von Lenchens Erkrankung.

Der Raum und ihr fester Platz haben sich nicht verändert, sie fühlt sich ge-borgen und ihre humorvollen Worte sprudeln nur so aus ihr heraus.

Zum Schluss möchte ich ganz persön-lich Danke sagen. Mir hat es gut getan zu erfahren, wie kreativ und lebens-froh die Partner nach Möglichkeiten suchen, den Alltag zu gestalten. Ich bewundere sie und kann nur aus vol-lem Herzen sagen, mich berührt wie sie zusammenleben.

Jutta Kindereit, Alzheimer Gesellschaft Harz e. V.

WalterundElfi –OpernundBallspiele

Walter war Opernsänger, ein großer stattlicher Mann, und Elfi genießt ganz besonders die frühen Morgen-stunden im Bett, wenn er beginnt ihre Lieblingslieder zu singen. „Da sind wir uns ganz nah“, so Elfi, bevor der oft nicht mehr so leichte Alltag beginnt. Ganz zufrieden und für einige Zeit be-

schäftigt, sitzt er vor seinem großen Fernseher und verfolgt mitsingend seine Lieblingsoper „Rigoletto“ auf DVD. Ausgeglichen ist Walter auch, wenn sie Gute Laune TV-Kanal 1064 einschaltet, ein Sender, der den gan-zen Tag beschwingte Melodien und Volksmusik bringt. Wenn er sehr un-ruhig ist, fährt sie mit ihm Auto, das liebt er sehr. Gemeinsam genießen sie die Landschaften des Harz. Neu-erdings erprobt Walter das Puzzeln mit nur wenigen großen Teilen. Viel Spaß macht es den beiden, mit einem Ball zu spielen. Elfi lacht und sagt: „Da bewegen wir uns beide, ich muss nur sehr aufpassen, dass Walter im Wohn-zimmer nicht allzu übermütig zurück wirft.“

LenchenundHelmut –Frauentreffund1000Witze

Helmut erzählt vom Leben mit Lenchen, die schon einige Jahre die Diagnose Demenz hat. Er hat ein Morgenritual für seine Frau ge-funden, das ihm Freiräume schafft. Von 7.30 bis 9 Uhr sitzt sie auf dem MediGym, einem motorgestützten

lle zwei Wochen findet im Seni-orenzentrum Lamm in Zorge

das „Demenzcafé“ der Alzheimer Gesellschaft Harz statt, geleitet von Jutta Kindereit und Manuela Oehler. Gäste sind Familien aus dem Land-kreis Osterode am Harz mit und ohne erkrankten Partner, sowie Teilneh-mer, die nach dem Abschiednehmen alleine leben und immer wieder die Vertrautheit dieser Treffen suchen.

In einem schönen Ambiente mit großzügigen Räumen und durch die wunderbaren, treuen Helferin-nen, die für diese Zeit die Beglei-tung der Menschen mit Demenz in der benachbarten Wohnung „Sternstunde“ übernehmen, kann ungestört gesprochen, geweint und gelacht werden. Aus dieser Runde waren drei Paare bereit, über ihren Alltag zu sprechen.

RandolfundErika –frischeLuftundHalma

„… ich lass` ihn einfach machen!“ erzählt Erika, wenn Randolf im Herbst im Garten jedes einzelne Blatt aufsammelt, immer und immer wieder. Er bewegt sich an der frischen Luft, fühlt sich gut, und sie kann beru-higt andere Dinge im Haus tun.

„Wir unternehmen viel, besuchen seine geliebten Museen, Galerien und Ausstellungen, so lange es noch geht.“ Freunde fragten, womit sie Randolf eine Freude machen konnten, und auf Wunsch von Erika brachten sie eine DVD von André Rieu mit. Das ist jetzt Randolfs Lieblingsprogramm geworden, nachdem er mit Filmen und Fernsehen nichts mehr anfangen kann.

Jeden Nachmittag gibt es zur ersten Tasse Kaffee ein Stück Kuchen und zur zweiten ein vertrautes Spielchen. Halma geht noch super, da „schlägt“ Randolf oft seine Frau und auch Renate, die Helferin der Alzheimer Gesellschaft Harz, die Erika jede Wo-che einige Stunden entlastet. Beim anspruchsvollen Rummyspiel werden die Defizite von Randolf immer spür-barer, doch solange sie Spaß daran haben, will Erika mit ihrem Randolf die gemeinsamen Rituale pflegen und genießen.

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Infos:

Tel. 05586/8040www.demharz.de

„ich lass̀ ihn einfach machen!“

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LenchenmitihremLieblingsbuch

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noch singt sie gerne Volks-, Kinder- und Kir-chenlieder. Am besten geht dies mit einer oder wenigen Mitsängern, so-gar am Telefon, während aktives Singen in der größeren Gruppe kaum noch möglich ist. Gute Erfahrungen haben wir auch mit einer Musik-therapeutin gemacht, die zum gemeinsamen Singen zu meiner Mutter ins Haus kam. Singen hebt die Stimmung und schafft Gemeinschaft.

Religiöse Lieder können zudem auch spirituelle Be-

dürfnisse befriedigen. Meine Mutter ist nicht mehr in der Lage, dies von sich aus zu tun, spricht aber gerne ein Gebet mit, zum Beispiel das Vater-unser, oder singt ein Schlaflied mit.

Alika Ludwig, Augsburg

gEmEinsa m a Kti v

mit party-Ballon und musikeine Mutter wird seit Jahren von

meinem Vater gepflegt. Sie ist aufgrund der Demenz sehr unsi-cher beim freihändigen Gehen; Gymnastik ist nicht mehr möglich. Zu entsprechender Musik genießt sie jedoch geführte leichte Tanz-schritte. Zufällig ent-deckten wir, wie gerne sie Zuwerfen mit einem Luftballon spielt. Dabei ist sie erstaunlich beweg-lich und hat noch immer ihr altes gutes Ballgefühl. Durch die langsamere Fluggeschwindigkeit und die fehlen-de Verletzungsgefahr ist der Luftbal-lon einem normalen Ball überlegen. Am besten bewährt haben sich bei uns größere Party-Ballons (90 cm Umfang, Maxi-Ballons), die auch län-ger die Luft halten. Sie sind allerdings nicht überall erhältlich. Sofern jemand

mitspielt, der den Ballon aufheben kann, ist das Spiel auch im Sitzen und sogar im Liegen möglich. Neben dem großen Spaßfaktor, dem Gemein-schaftserlebnis und der Bewegung gibt das Spiel auch Erfolgserlebnisse.

Meine Mutter hat immer gerne gelesen und gesungen. Auch heute

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E s ist so weit: Die Liederhefte werden ausgeteilt. Das gehört

hier immer zum Alzheimer-Nachmittag. Gemeinsam wird in der Gruppe gesungen. Text-Hefte liegen auf jedem Tisch, vor den Kranken wie vor den Betreuern. Manchmal sitzt ein Musikant dabei und stimmt die Melodie an. Und dann geht’s los: Mit beliebten Weisen und Worten.

Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein

prangen

Die meisten Kranken singen gerne mit. Einige bewegen nur die Lippen, mehr nicht. Das ist ihre Art teilzuneh-men. Zu denen, die nicht mitsingen, gehört auch eine Frau, die stumm auf ihrem Platz sitzt – wie unbewegt. Doch zeigt sie keinerlei Unbehagen oder gar Abneigung. In manchen

Momenten wird auch sie wohl von den Melodien ergriffen.

Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Lindenbaum

Beim Singen kommt den meisten Kranken fast jedes Wort genau über die Lippen. Das ist eigentlich seltsam: denn sie reden im Alltag nicht mehr viel. Ihr Vermögen, sich klar auszu-drücken, scheint sehr geschrumpft. Viele können keine Gespräche mehr führen.

Beim gemeinsamen Singen ist es aber ausgesprochen anders. Die Wor-te kommen angenehm daher, voller Melodie. Bekannte Texte und Weisen erklingen.

Auf der Heide blühn die letzten Rosen

Allerdings: Kranke können oft die

Bedeutung von Wörtern und Bildern in den Texten nicht mehr erfassen. Was das alles miteinander zu tun hat, mit der Tages- oder der Jahreszeit, mit Festtagen oder besonderen Ereignis-sen. Diese Zusammenhänge bleiben ihnen wohl ziemlich fern. Doch die alten Lieder und Reime ziehen nicht spurlos an ihnen vorbei.

Dasselbe zeigt sich, wenn in der Runde Verse vorgetragen werden. Die meisten Kranken zählen noch zur Ge-neration, die Gedichte lernte. Sie ha-ben in ihrer Schulzeit manches davon mitbekommen.

Wenn sie die gebundene Sprache der Verse vernehmen, merken sie meist schnell, um was es sich hier handelt. Und hören genau hin. An-gehörige, die so etwas erleben, sind überrascht. Das hatten sie nicht mehr erwartet. Bei den Kranken, die zuhö-ren, verraten Augen und Blicke viel stille Anteilnahme. Gewiss, es dauert

Wie Reime und Verse beim Vortragen auf Kranke

in manchem gedicht funkelt

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NochimmereingutesBallgefühl

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etwas, bis sie erkennen, was sie lange nicht mehr gehört haben. Doch dann spüren viele offenbar nicht nur den Wohlklang der Worte, sondern mehr: Wie da etwas ihr Herz berührt. Oder die Verse erinnern sie an eine Episode aus ihrem eigenen Leben.

Auch die Frau in der Runde, die vorher nicht mitgesungen hat, hört genau hin. Und blickt manchmal kurz herüber, wie gebannt.

Wenn heimlicherweise ein Engelein leise

Beim Vortragen von Gedichten spre-chen die Formen mit. Das spürbare Gleichmaß der Zeilen, der hörbare Gleichklang der Worte. Weil sich die Verse reimen, wirken sie meist unmit-telbarer und tiefer. Jeder Versanfang sollte klar und deutlich ausgespro-chen werden. Wenn man zusätzlich die Endsilben betont, dann schafft

das kleine Pausen und Zeit für einen kurzen Augenkontakt mit den Zuhö-rern.

Ob die Kranken den gesamten Text von der ersten bis zur letzten Zeile in sich aufnehmen können, bleibt fraglich. Aber er kommt meist leicht und gut bei ihnen an. Und manchmal handelt es sich sogar um ein Wieder-erkennen. Ein Licht im Gedicht, das da überraschend aufleuchtet. So werden alte Gefühle berührt und neu geweckt.

Ein kleines Lied, wie geht’s nur an, dass man so lieb es

haben kann …

Walter Hurk, Alzheimer Gesellschaft Dortmund e. V.

Kongr EssE Und tagUngEn – gEmEinsa m a Kti v

ehr als 70 Perso-nen kamen zur

Fachtagung „Acht-sam sein – Menschen mit Demenz spirituell begleiten“, die vom 28.11. bis 29.11.2011 in Erkner bei Berlin stattfand. Am Anfang des Treffens stand die Frage „Spiri-tualität – was ist darun-ter zu verstehen?“ Der Psychologe Dr. Michael Utsch erklärte Spirituali-tät mit den Erfahrungen, die Menschen in der Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen machen. Damit sind Fragen gemeint wie: Was gibt meinem Leben Sinn? Woran glaube ich? Worauf hoffe ich? Danach gefragt umschreiben viele ihre Erfah-rungen mit dem Erleben von „Bezo-gen-sein auf etwas Größeres“ oder im religiösen Sinn als „persönliche

Beziehung zu Gott“. Auch wenn Men-schen mit Demenz in einem späteren Stadium die sprachliche Auseinan-dersetzung mit existentiellen Fragen nicht mehr möglich ist, so bleibt doch das Bedürfnis nach Geborgenheit,

Hoffnung und In-Bezie-hung-Sein.

„Ich will nach Hause“ kann dann auch Ausdruck für die Suche nach Ge-borgenheit sein. „Auch wenn wir nicht immer Trost spenden können – so sollte niemand in der Ungeborgenheit einsam sein“ fordert Renate Kers-ten, Seelsorgerin in einem Berliner Pflegeheim. „Be-sonders Menschen, denen der Boden unter den Füßen wegzurutschen droht, … brauchen die Er-fahrung, gehalten zu sein“ beschreibt Geertje Bolle, Pfarrerin in der Klinikseel-

sorge, ihre Erfahrungen. Manchmal ist es das „Hand-halten“, das vermittelt: „Wie gut, dass es Dich gibt!“ „Spiritua-lität kann eine Ressource sein“, unter der Voraussetzung, dass die Begleiter „die spezifischen Bedürfnisse der Betroffenen“ wahrnehmen, so Mi-chael Utsch. Petra Behringer ist eine solche Begleiterin. Sie unterstützt ihre demenzkranke Mutter. „Dass ich meine Sorgen abgeben konnte an eine höhere Instanz, war für mich ein befreiendes Gefühl.“ Daran wollte sie auch ihre Eltern teilhaben lassen. Sie entwickelte ein kleines Ritual, schrieb den Namen ihrer Mutter auf kleine Zettel und versah diese mit einem Bibelzitat. Gemeinsam sangen sie Lieder und lasen dann z. B. den Trau-spruch ihrer Eltern. „Es wirkte, da Ma-ma nicht überfordert wurde. Es waren bekannte Elemente und sie musste nicht antworten, sie konnte nichts falsch machen.“

Mehr praktische Beispiele, Zeit zum Austausch und Ermutigung, dem The-ma „Spiritualität“ mehr Be-Achtung zu schenken, gab es am nächsten Tag in den verschiedenen Workshops. „Die Erkrankten in unserer Mitte, das ist die Vision, und die Spiritualität ist ein möglicher Weg dorthin. Das haben wir von der Tagung mitgenommen, und das hat uns gestärkt“, lautete zum Schluss das Fazit einer Teilnehmerin.

Helga Schneider­Schelte, Berlin

Fachtagung der Deutschen Alzheimer Gesellschaft

„achtsam sein – menschen mit demenz spirituell begleiten“

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wirken können

ein licht

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Kongr EssE Und tagUngEn

Veranstaltung und Auszeichnungen

„viElstimmig! aktiv und selbstbestimmt mit demenz“IELSTIMMIG“ war das Motto der Veranstaltung in Stuttgart

am 26. und 27. Januar 2012, zu der die Demenz-Support Stuttgart zusammen mit der Alzheimer Gesell-schaft Baden-Württemberg einge-laden hatte. Es handelte sich um die Fortsetzung der Tagung „STIMMIG“, die vor zwei Jahren zum Thema „Menschen mit Demenz bringen sich ein“ organisiert worden war. Über

200 Teilnehmer kamen, um die ver-schiedenen Stimmen und Arten zu erleben, wie Demenzkranke sich in die Gesellschaft einbringen. Sei es mit Hilfe des „unterstützten Schreibens“, wie es Christian Zimmermann und Helga Rohra schilderten, sei es mit Hilfe von verschiedenen Instrumen-ten in einem Musik-Workshop von Menschen mit und ohne Demenz, der den Tagungsteilnehmern in einem Film gezeigt wurde. Es ging immer wieder darum, wie die Barrieren zu überwinden sind, damit Demenzkran-ke aktiv und selbstbestimmt an der Gesellschaft teilhaben können. Was muss im Sportverein passieren, wie kann man Freizeitaktivitäten organi-sieren, die allen Spaß machen? Die Selbsthilfegruppen für Menschen mit Demenz stellten ihre Aktivitäten vor und schilderten ihre Beweggründe und den Gewinn bei der Teilnahme in einer solchen Gruppe, wie Solidarität, Lachen und Freude, gemeinsames

Erleben. Im Mittelpunkt des zweiten Tages

stand die Entwicklung und Ausgestal-tung der „unterstützten Selbsthilfe“, denn die Erfahrung aus den vielen existierenden Selbsthilfegruppen in den verschiedensten Bereichen zeigt, dass nur ein geschulter Moderator zum Gelingen der Gruppe beiträgt. Bei Demenz gilt besonders, wie es Viktoria von Grone aus Duisburg aus-drückte: „Unterstützung, nur wenn sie gefragt und gefordert wird, es darf keine Bevormundung sein.“ Leider blieb durch das umfangreiche vorge-gebene Programm der zwei halben Tage dem engagierten und interes-sierten Teilnehmerkreis wenig Raum, sich einzubringen, gemeinsam zu dis-kutieren und voneinander zu lernen.

Im Rahmen der Veranstaltung wurden die Auszeichnungen der von PHINEO empfohlenen Projekte im Bereich der Demenz an Vertreter der Projekte übergeben (siehe Alzheimer Info 3/2011). PHINEO betrachtet sich als Plattform, die soziale Investoren und gemeinnützige Organisationen zusammen bringen möchte. Renate Schmidt, ehemalige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Ju-gend und auch frühere Schirmherrin der Deutschen Alzheimer Gesell-schaft, hielt die Laudatio. Von den 13 ausgezeichneten Projekten sind sechs von Alzheimer-Gesellschaften eingereicht worden, auch das Alzheimer-Telefon der Deutschen Alz-heimer Gesellschaft gehört dazu.

Die Veranstaltung wurde beendet mit einem kurzen Gang und einer Kundgebung auf dem Stuttgarter Schlossplatz, bei der der Sozialminis-terin von Baden-Württemberg, Katrin Altpeter, der „Stuttgarter Impuls“ verlesen und überreicht wurde, in dem die Forderungen für „aktiv und selbstbestimmt mit Demenz“ zusam-mengefasst sind.

Heike von Lützau­Hohlbein, München

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ein Vortrag und Workshop „Umgang mit Demenzpatien-

ten – Entwickeln von Kommuni-kationsstrategien für Urologen und Assistenzpersonal“ fand auf dem Urologenkongress in Hamburg am 16. September 2011 großes Interesse. Die Ärzte sprachen von enormen Schwierigkeiten mit demenzkranken Patienten, die etwa unmittelbar nach einer Operation das Bett verlassen oder Verbände abreißen.

Manchmal müssten Krankenhaus-aufenthalte ohne Behandlung abge-brochen werden. Das belaste dann Patienten und Angehörige ebenso wie das Krankenhaus und den über-weisenden Arzt und verursache unnö-tige Kosten.

In den Krankenhäusern herrsche oft große Unsicherheit im Umgang mit demenzkranken Patienten. Oft kom-me es zu Verständigungsproblemen zwischen dem Patienten und den Ärzten, Therapeuten und Kranken-schwestern. Patienten verweigern dann die Behandlung oder wollen die Klinik verlassen. Deshalb plädier-ten die Ärzte im Workshop dafür, die Angehörigen einzubeziehen, um Demenzkranke besser in den Behand-lungsablauf integrieren zu können. Bisher ist nur in wenigen Kliniken ein Rooming-in (Angehörige können im Krankenhaus übernachten) möglich. Die Ärzte sprachen sich dafür aus, Rooming-in in allen Krankenhäusern zu ermöglichen und baten die Alzhei-mer-Gesellschaften, sich dafür bei den Krankenkassen und auf politischer Ebene einzusetzen.

Sabine Schulz, Alzheimer Gesellschaft Mannheim

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Kongress der Urologen in Hamburg

menschen mit demenz im

Krankenhaus

Infos:

www.demenz-support.de

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VertreterinnenundVertreterderausgezeichnetenAlzheimer-Gesellschaften

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ie Pflege und Betreuung Demenzkranker wird überwie-

gend von deren Angehörigen durchgeführt. Viele Angehörige sind selbst noch berufstätig und stehen vor dem Spagat, Arbeit und Pflege miteinander zu vereinbaren, ohne selbst schwer krank zu werden oder die eigene wirtschaftliche Existenz zu verlieren.

Seit dem 1.1. 2012 gilt das neue Fa-milienpflegezeitgesetz, mit dem pfle-genden Angehörigen die Möglichkeit gegeben werden soll, die Arbeitszeit den Erfordernissen der Pflegesituati-on anzupassen.

Die bisherigen gesetzlichen Rege-lungen sahen für pflegende Angehö-rige vor allem eine Möglichkeit vor, bei plötzlich eintretender Pflegebe-dürftigkeit bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernbleiben zu können, um die Pflege und Versorgung des Erkrankten sicherzustellen bzw. Hil-fe zu organisieren. Darüber hinaus konnten sich pflegende Angehörige für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten ganz oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen, jedoch ohne Gehaltsfortzahlung. Die Angehörigen waren allerdings weiter sozialversi-chert und hatten einen Sonderkün-digungsschutz. Diese Regelungen gelten jedoch nur für Betriebe mit mindestens 15 Mitarbeitern.

Das neue Familienpflegezeitgesetz soll Erwerbstätigen die Pflege und Versorgung von Demenzkranken über einen längeren Zeitraum ermögli-chen. Es sieht vor, dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit während eines Zeit-raums von maximal zwei Jahren auf bis zu 15 Stunden pro Woche reduzie-ren können, wobei sich das Gehalt nur um die Hälfte der Arbeitszeitredukti-on vermindert. Beispiel:

Reduzierung der Arbeitszeit um 50 %, Verminderung des Gehalts um 25 %; dem Beschäftigten bleiben da-mit 75 % des Gehalts. Zum Ausgleich müssen die Beschäftigten nach Ab-lauf der Pflegezeit bei vermindertem Gehalt so lange weiterarbeiten, bis der Gehaltsvorschuss abgearbeitet ist. Sowohl während der Pflege- als auch während der Nachpflegephase gilt ein besonderer Kündigungsschutz.

Die Inanspruchnahme der Familien-pflegezeit ist nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich, ein Rechtsan-spruch auf Gewährung der Familien-pflegezeit besteht nicht.

Zwischen Arbeitnehmer und Ar-beitgeber muss ein Vertrag geschlos-sen werden, aus dem die genauen Umstände der Familienpflegezeit hervorgehen. Die Beschäftigten müs-sen vorher durch Bestätigung des MDK (bei privat Versicherten durch Medicproof) die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen nachweisen. Ist es dem Arbeitgeber nicht möglich, die über die eigentliche Arbeitszeit hinausgehende Gehaltszahlung aus eigenen Mitteln zu finanzieren, kann er hierfür ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesell-schaftliche Aufgaben (BAFzA) in An-spruch nehmen. Das Risiko, dass der Beschäftigte nach Ende der Pflegezeit berufsunfähig sein könnte oder gar stirbt, ist für den Arbeitgeber durch eine Familienpflegezeitversicherung abgedeckt. Diese Versicherung tritt ein, wenn der Beschäftigte aufgrund von Berufsunfähigkeit, Pflegebedürf-tigkeit oder Tod den Gehaltsvorschuss nicht mehr abarbeiten kann. Hierbei kann der Arbeitgeber entscheiden, ob er die Prämienzahlung selbst über-nimmt oder diese ganz oder teilweise dem Arbeitnehmer auferlegt. Für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Prämi-enzahlung übernimmt, diese jedoch

im Laufe der Familienpflegezeit nicht mehr leistet, wird das Versicherungs-unternehmen den Arbeitgeber über den Ausfall der Prämien informieren. Der Arbeitgeber hat dann die Mög-lichkeit, die Prämienzahlung selbst zu übernehmen, um eine Kündigung der Versicherung und damit den Weg-fall des Versicherungsschutzes zu vermeiden.

Das BAFzA hat einen Gruppenversi-cherungsvertrag bei der Versicherung BNP Paribas Cardif abgeschlossen, der allen Beschäftigten, die die sons-tigen Voraussetzungen für die Inan-spruchnahme der Familienpflegezeit erfüllen, offen steht. Die Prämie für die Gruppenversicherung des BAFzA beträgt 1,99 % des abzusichernden monatlichen Betrages, der sich aus dem Brutto-Aufstockungsbetrag und dem hierauf entfallenden Arbeitge-beranteil am Sozialversicherungsbei-trag zusammen setzt. Falls der Arbeit-geber die zinslose Refinanzierung in Anspruch nimmt, behält das BAFzA die Prämie vom Darlehen an den Ar-beitgeber ein.

Bei Abschluss einer Familienpflege-zeitversicherung erfolgt keine vorhe-rige Gesundheitsprüfung, Vorerkran-kungen der pflegenden Angehörigen spielen daher keine Rolle. Die Tarifge-staltung muss unabhängig von Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand erfolgen. Der Gruppenversicherungs-vertrag der BAFzA sieht vor, dass Leis-tungen aus dieser Versicherung dann erfolgen, wenn der pflegende Ange-hörige mindestens zu 50 % berufsun-fähig ist oder eine ununterbrochene ärztlich bestätigte Arbeitsunfähigkeit von mehr als 180 Tagen vorliegt. Neben der BNP Paribas Cardif bieten bislang auch die Versicherungsunter-nehmen Genworth und Ries entspre-chende Familienpflegezeitversiche-rungen an.

Wenn Sie Erfahrungen mit der neu-en Regelung gemacht haben, freut sich die Redaktion über eine schriftli-che oder telefonische Information.

Bärbel SchönhofRechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht, Bochum

Familienpflegezeitgesetz – hilfe für pflegende angehörige

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ForschUng Und mEdizin

ei einer fortschreitenden Krank-heit wie der Alzheimer-Demenz,

die mit zunehmenden Einschrän-kungen des geistigen Leistungsver-mögens einhergeht, ist ein wichtiges Ziel der Behandlung, die Lebensquali-tät der Betroffenen zu verbessern und aufrecht zu erhalten. Eigenständig zu sein, Aufgaben zu haben, am Leben und an der Gemeinschaft teil zu neh-men sowie das Gefühl gebraucht zu werden, erhöhen die Lebens-qualität. Dabei kann die Ergotherapie helfen. Die Bezeichnung für diese Therapieform ist aus dem griechischen Wort „ergein“ abgeleitet, was „handeln“ oder „tätig sein“ bedeutet. Ihr Ziel ist es, Menschen durch Beratung, geeignete Akti-vitäten und Gestaltung der Lebensumgebung in ihrer Handlungsfähigkeit und Eigenständigkeit zu unterstützen.

StudienbestätigenWirksamkeitDie Wirksamkeit der Ergotherapie

bei Demenzkranken ist durch meh-rere Untersuchungen belegt. Erprobt wurden vor allem die Erarbeitung von Problemlösungen im Alltag und die Förderung angenehmer Tätigkeiten. Eine Studie des Alzheimer-Zentrums an der Universität Nijmegen unter Leitung von Maud Graff hat diese Ergebnisse bestätigt. Patienten im Alter von 65 Jahren und darüber mit einer leichtgradigen bis mittelschwe-ren Alzheimer-Demenz wurden nach einem Zufallsverfahren für einen Zeitraum von fünf Wochen entweder der zu prüfenden Behandlung oder der Routineversorgung ohne ergo-therapeutische Maßnahmen zugeteilt. Die Ergotherapie bestand aus zehn Hausbesuchen mit einer Dauer von jeweils einer Stunde. Im Mittelpunkt standen die Anpassung von alltägli-chen Verrichtungen und der häusli-chen Umgebung an die Fähigkeiten der Patienten sowie die Anwendung von Ausgleichs- und Umwegstrate-gien. Darüber hinaus wurden die Bezugspersonen angeleitet, wie sie

die Patienten am besten unterstützen können. Die Behandlung bewirkte deutliche Verbesserungen von Le-bensqualität und Stimmung bei den Patienten und dadurch auch bei den Angehörigen. Diese Effekte waren sechs Wochen nach Beendigung der Therapie noch immer nachweisbar.

Auf Grund der wissenschaftlich belegten Wirksamkeit wird die Ergo-therapie in den Leitlinien medizini-scher Fachgesellschaften als Teil der Demenzbehandlung empfohlen und von den Krankenkassen erstattet. Der Hausarzt kann die Ergotherapie nach Klärung der Diagnose per Rezept ver-ordnen. Eine Erstverordnung umfasst bis zu zehn Therapieeinheiten. Im Re-gelfall können drei Folgeverordnun-gen ausgestellt werden. Eine darüber hinaus gehende Weiterführung der Ergo therapie ist mit einer entspre-chenden Begründung des behandeln-den Arztes möglich.

FallbeispieleFrau Müller leidet an einer leichtgra-

digen Demenz. Im Erstgespräch stell-te sich heraus, dass sie eine begeister-te Köchin war, dass aber in letzter Zeit der Ehemann die Zubereitung der gemeinsamen Mahlzeiten übernom-men hat. Während eines Hausbesuchs schlug die Therapeutin die gemein-same Zubereitung einer Suppe vor. Dabei beobachtete sie, dass Frau Müller häufig nach ihren Küchenu-tensilien suchte. Mehrfach war es

auch notwendig, die Patientin an die nächst folgenden Arbeitsschritte zu erinnern. Die therapeutischen Maß-nahmen bestanden unter anderem darin, den Inhalt der Küchenschränke übersichtlich zu ordnen und Türen so-wie Schubladen mit gut lesbaren Eti-ketten zu versehen. Weiterhin wurden

die Lieblingsrezepte der Patientin vereinfacht und in einzelne Arbeitsschritte aufgeteilt. Dadurch ge-lang es Frau Müller besser, sich in ihrer Küche zurecht zu finden und einige einfache Gerichte wieder selbstständig zuzuberei-ten. Ihr Ehemann unter-stützte sie mit Zuspruch, Lob und gelegentlichen Hilfestellungen.

Herr Bauer hatte Schwierigkeiten, selbst-ständig den Weg zu seinen regelmäßigen Kegelabenden zu finden. Die Therapeutin fertigte mit ihm gemeinsam ein handliches Fotoalbum

an, das einen Straßenplan und Fotos von auffälligen Orientierungspunk-ten enthielt. Den Gebrauch dieser Orientierungshilfe übte Herr Bauer mit der Therapeutin in mehreren ge-meinsamen Spaziergängen ein. Nach und nach gelang es ihm, die Strecke mit Hilfe des Büchleins auch allein zurückzulegen.

ErgotherapieinverschiedenenStadienderDemenz

Die Ergotherapie kann in ver-schiedenen Stadien einer Demenz-erkrankung zur Lebensqualität der Betroffenen und zur Entlastung ihrer Angehörigen beitragen. Ihre Ziele und Strategien ändern sich jedoch im Verlauf der Krankheit. Bei einer leicht-gradigen Demenz ist die Therapie vor allem darauf gerichtet, die Eigenstän-digkeit und Funktionsfähigkeit der Patienten aufrecht zu erhalten. Durch ein Gespräch mit den Betroffenen und ihren Bezugspersonen, gegebenen-falls auch durch einen Hausbesuch, versucht der Therapeut herauszufin-den, welche konkreten Probleme vor-liegen und welche Lösungsversuche bereits unternommen worden sind.

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KreativesGestaltenisteinBestandteilderErgotherapie

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ForschUng Und mEdizin – in EigEnEr sachE

Häufig eingesetzte therapeutische Maßnahmen in diesem Stadium sind die Nutzung von Gedächtnishilfen wie Terminplaner, Notizbuch, Pinnwand oder Diktiergerät, die Einführung eines gleichbleibenden Tagesablaufs, die Aufbewahrung von Gegenstän-den an einem festen Ort sowie die Verwendung von Orien-tierungshilfen wie große Uhren, Kalender, Hinweis-schilder und farbliche Kennzeichnungen. Zur Tätigkeit des Ergothe-rapeuten gehört auch die Beratung über den Einsatz von technischen Hilfen, beispielsweise von automatisch gesteuerten Beleuchtungsvorrichtun-gen, Herdsicherungen oder Personenortungs-systemen. Im mittleren Stadium einer Demenz-erkrankung rückt als Ziel der Ergotherapie die Verminderung von Angst, Unruhe oder Depression in den Vordergrund. Wichtige Maßnahmen bestehen dar-in, die Patienten nach Möglichkeit an Alltagsaufgaben in Haus und Garten zu beteiligen und ihnen einfache

bei demenz

er 7. Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft unter

dem Motto „Zusammen leben – voneinander lernen“ wird vom 18. bis 20. Oktober 2012 in Hanau stattfinden. Der Kongress wendet sich an Menschen mit Demenz und deren Angehörige, alle, die haupt- und ehrenamtlich in der Beratung, Betreuung, Pflege und Therapie tätig sind, sowie alle, die sich informieren möchten.

Themen der Plenarvorträge, Sym-posien und Workshops sind u. a. Aktuelles aus der Forschung; me-dizinische und andere Therapien; zusammen leben in den Gemeinden, Heimen und Wohngemeinschaften;

Alltagsgestaltung, Bewegung, Sport; Ernährung; Technik; Demenzkranke im Krankenhaus und Begleitung in der letzten Lebensphase. Wer sich mit einem Beitrag beteiligen möch-te, kann bis zum 1. April 2012 eine kurze Zusammenfassung (Abstract) einreichen. Wer sich bis zum 2. Sep-tember 2012 anmeldet, spart mit dem Frühbucherrabatt.

7. Kongress der deutschen alzheimer gesellschaft

Infos&Anmeldung:

Weitere Informationen, Registrierung und Anmeldung von Abstracts im Internet: www.kukm.de/alzheimer2012

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Tätigkeiten zu übertragen wie Wäsche zusammenlegen, Tisch abwischen, Geschirr abtrocknen, Laub zusam-menrechen oder den Hof kehren. Manche Patienten können auch ein-fache Handarbeiten ausführen. Sinn-voll sind in diesem Stadium ferner Kommuni kationsübungen wie Sprich-

wörter ergänzen oder Wörter finden, die Beteiligung an Gesellschaftsspie-len, das Betrachten von Fotoalben und das gemeinsame Singen. Bei all

diesen Aktivitäten kommt es nicht auf die Vollständigkeit oder Genauigkeit des Ergebnisses an, sondern auf die Freude an der Ausführung. Patienten mit fortgeschrittener Demenz begeg-nen dem Ergotherapeuten überwie-gend in Einrichtungen der Tagesbe-treuung und in Altenpflegeheimen.

In diesem Stadium liegt der Schwerpunkt auf der Förderung des Wohlbefin-dens der Betroffenen. Das kann durch die Vermitt-lung von angenehmen Sinnesreizen in den Berei-chen des Sehens, Hörens, Riechens, Schmeckens und Tastens geschehen. Wichtig ist ferner, die Patienten bei Alltagshand-lungen wie Essen, Trinken oder Ankleiden zu unter-stützen, ihnen diese aber nicht ohne Notwendigkeit abzunehmen.

Stefanie Ertl, ErgotherapeutinKlinik und Poliklinik für Psy­

chiatrie und PsychotherapieKlinikum rechts der IsarTechnische Universität München

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AucheinfacheTätigkeitenvermittelnFreudeunddasGefühlderZusammengehörigkeit

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tipps vom a lzhEimEr-tElEFon – W Elt-a lzhEimErtag 2012

ein Mann war immer sehr sport­lich. Er hat Tennis gespielt, wir

sind Fahrrad gefahren oder haben mit Freunden gemeinsam etwas unter­nommen. Doch seit seiner Erkrankung macht er fast gar nichts mehr. Er sitzt oft stundenlang auf dem Sofa und lässt sich für nichts begeistern. Das macht mich ganz unruhig. Ich denke mir, das kann doch nicht gut sein, er verlernt dann ja noch mehr, und die Krankheit schreitet rascher voran. Also lege ich ihm die Zeitung hin oder ein Kreuz­worträtsel, damit er sein Gedächtnis ein wenig trainiert. Ich habe das Gefühl, mir zuliebe nimmt er dann zwar die Zeitung in die Hand. Doch bald liegt sie irgend­wo, und er schaut wieder aus dem Fenster. Was soll ich denn tun? Oder soll ich ihn einfach nur sitzen lassen? Doch das wäre für mich, als ob ich ihn auf­geben würde.“

Dazu sagt die Beraterin: Manche Angehörige berichten,

dass die Erkrankten sehr unruhig sind, ständig auf der Suche danach „etwas zu tun“. Doch auch das Gegenteil kann der Fall sein, dass Menschen mit Demenz sehr abwesend wirken,

sich zu nichts motivieren lassen. So scheint es zurzeit bei Ihrem Mann zu sein.

Gerade in der frühen Phase der Krankheit ist den Betroffenen häufig schmerzlich bewusst, dass das, was früher spielend ging, plötzlich viel mehr Zeit benötigt. Oder aber sie nehmen die Zeitung zur Hand und kaum, dass sie den Artikel zu Ende gelesen haben, wissen sie nicht mehr, was sie gerade gelesen haben. Dies kann sehr frustrierend sein. Gerade wenn Menschen mit Demenz merken, dass das, was ihnen früher Spaß ge-macht hat, nicht mehr so klappt, sie z. B. das Tennismatch nicht mehr ge-winnen oder sie beim Fahrradfahren die Orientierung verlieren, ist die Ge-fahr groß, dass sie sich zurückziehen.

Teilnahmslosigkeit kann viele ver-schiedene Gründe haben:

Manchmal ist das stundenlange Dasitzen Ausdruck einer depressiven Verstimmung. Dann ist es wichtig, mit dem Arzt darüber zu sprechen.

Die äußerliche Untätigkeit kann je-doch auch Ausdruck von Trauer oder Teil der Krankheitsbewältigung sein. Vieles muss verarbeitet, neu geordnet und gelernt werden. Das braucht Zeit. Gerade diese schein bare Langeweile kann einen Sinn haben. Danach kann dann etwas Neues folgen. Manchmal liegt es aber auch daran, dass die

vorgeschlagenen Beschäftigungen als „Tu-doch-etwas!“ wahrgenommen werden.

Aus Berichten und Befragungen von Menschen mit Demenz wissen wir, dass die Erkrankten sinnvolle Tä-tigkeiten suchen, dass sie den Wunsch haben, gebraucht zu werden, dass sie ihren Fähigkeiten entsprechend gefordert werden wollen und dass sie gerne etwas in Gemeinschaft tun.

Wichtig ist daher herauszufinden, welche Tätigkeiten in Frage kommen, Freude bereiten, sinnvoll sind und den persönlichen Fähigkeiten und Neigungen entsprechen. Dies zu er-kennen und einen Rahmen dafür zu schaffen, dazu brauchen Menschen mit Demenz Unterstützung: Vielleicht findet Ihr Mann daran Gefallen, Kin-der/Jugendliche im Tennisspielen zu trainieren. Oder vielleicht würde er lieber gemeinsam mit Freunden auf Fahrradtouren gehen als alleine. Viel-leicht käme er auch eher Ihrer Bitte nach, beim Haushalt oder im Garten mit zu helfen, gemeinsam zu kochen, die Spülmaschine auszuräumen und den Schnee zu schippen. Vielleicht gibt es aber auch in Vergessenheit geratene Vorlieben, für die bislang keine Zeit blieb: singen, Theater spielen oder malen. Ein nützlicher Nebeneffekt ist, dass solche Aktivi-täten gleichzeitig das Gedächtnis üben. Inzwischen gibt es zunehmend Ergotherapeuten, die mit dem Krank-heitsbild Demenz vertraut sind und hier hilfreich und unterstützend sein können.

Um es zusammen zu fassen: Wichtig ist, die Balance zu finden zwischen Tun und Nichtstun und nicht zu über-fordern, z. B. durch zu komplizierte Handlungsabläufe, durch den An-spruch, dass es perfekt sein muss oder durch das Tempo – aber auch nicht zu unterfordern.

Weitere Anregungen und Infor-mationen erhalten Sie durch unsere neue Broschüre „Miteinander aktiv – Alltags gestaltung und Beschäftigung für Menschen mit Demenz“ (siehe S. 23).

Helga Schneider­Schelte, Berlin

„Er macht fast gar nichts mehr. Was kann ich tun?“

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Menschen mit und ohne Demenz leben zusammen in Familien, in Heimen, aber auch in Dörfern, Stadtvierteln und Nachbarschaften. Es gibt viele Orte der Begegnung – im Seniorentreff, im Supermarkt, beim Frisör oder im Hausflur. Dieses Zusammenleben kann klappen und positiv gestaltet werden – wenn das Krankheitsbild bekannt ist und Menschen mit Demenz trotz ihrer Krankheit ernst genommen werden. Wenn ihnen und ihren Angehörigen mit Aufmerksamkeit, Wertschät-zung und der notwendigen Geduld begegnet wird.Auf die vielfältigen Möglichkeiten eines guten Miteinanders soll das Motto des diesjährigen Welt-Alz-heimertags „Demenz: zusammen leben“ hinweisen. Es greift das von der Dachorganisation Alzheimer Disease International weltweit ver-wendete Motto „Dementia. Living together“ auf. Weitere Informationen:www.welt-alzheimertag.de

Welt-Alzheimertag21.9.2012:„Demenz:zusammenleben“i

* 9 Cent pro Minute aus dem deutschen Festnetz

0 18 03 – 17 10 17*

Alzheimer–Telefon

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politiK Und ÖFFEntlichK Eitsa r BEit

dieses Projekt umgesetzt haben, ohne dafür eine Gage zu verlangen, weil sie auf das Schicksal von Menschen mit Demenz aufmerksam machen wollen.

Sabine Jansen, Geschäftsführerin der Deutschen Alzheimer Gesell-schaft, die den Preis zusammen mit Philipp Keller, Geschäftsführer der Agentur Zum goldenen Hirschen Köln, entgegennahm, freute sich bei der Preisverleihung: „Mit dem Spot

ie Deutsche Alzhei-mer Gesellschaft

ist im November 2011 für ihre Demenz-kampagne „Den Ort verwechselt?“ mit dem Politikaward 2011 aus-gezeichnet worden. Für diesen Preis können sich politische, gesellschaft-liche und öffentliche Institutionen bewerben. Ausgezeichnet werden in verschiedenen Katego-rien Kampagnen, die es geschafft haben, wichti-ge Themen in die Öffent-lichkeit zu bringen.

Der Spot, in dem Schlagerstar Roberto Blanco sich auf die Bühne der Heavy Metal Band Sodom verirrt, bil-det das Herzstück der Kampagne, zu der auch die Postkarten mit den Mo-tiven „Grüße aus …“ gehören. Beson-derheit dabei ist, dass alle Beteiligten, von der Werbeagentur Zum goldenen Hirschen Köln über die Film-Produkti-onsfirma Bayerl & Partner und die PR-Agentur ZPR bis hin zu den Künstlern,

u Beginn des Jahres 2012 kündigte Bundesgesundheits-

minister Bahr die lange erwar-teten Leistungsverbesserungen für Menschen mit Demenz in der Pfle-geversicherung an, die schon sein Vorgänger Philipp Rösler im „Jahr der Pflege“ 2011, das dann keines wurde, in Aussicht stellte. Am 20. Januar 2012 wurde ein Referentenentwurf für ein Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) vorgelegt, der nun im Gesetz-gebungsprozess beraten wird und für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen einige Entlastungen vorsieht.

Schon in Pflegestufe 0 soll es für Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (dazu gehören Demenzkranke) neben den bisheri-gen Leistungen aus dem § 45b SGB XI (z. B. für Betreuungsgruppen und Helferinnenkreise) erstmalig ein Pfle-gegeld in Höhe von 120 €, alternativ Pflegesachleistungen in Höhe von bis

politikaward für den alzheimer-spot mit roberto Blanco

pflegereform und Bündnis für gute pflege

konnten wir auf unkon-ventionelle Art neue Ziel-gruppen für das Thema Demenz sensibilisieren. Es gibt in Deutschland 1,2 Millionen Demenzkranke, und jeder kann in seiner Familie, im Freundeskreis oder in der Nachbar-schaft mit der Krankheit konfrontiert werden. Wir danken der Agentur, ihren Medien partnern und allen Mitwirk enden, die unentgeltlich mitge-macht haben, für ihr tolles Engagement.“

Der Spot ist auf der Homepage der Deutschen Alzheimer Gesellschaft unter www.deutsche-alzheimer.de sowie bei Youtube zu sehen, wurde in Presseberichten sowie mehreren Fernsehsendungen vorgestellt und monatelang kostenlos in den Werbeblöcken verschiedener Fernsehsender ausgestrahlt. Auf diese Weise hat er deutschlandweit Millio-nen Zuschauer erreicht.

Susanna Saxl, Berlin

D

Z zu 225 € oder eine Kombinationsleis-tung geben. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft wird sich dafür einsetzen, dass man die zusätzlichen Leistungen auch für weitere niedrigschwellige Angebote in Anspruch nehmen kann. Bei Verhinderungspflege soll künftig das Pflegegeld bis zu vier Wochen zur Hälfte weitergezahlt werden. Bei den Sachleistungen soll man künftig zwi-schen einzelnen Verrichtungen oder einem Zeitbudget wählen können. Die Beratung soll durch die Vergabe von Beratungsgutscheinen gestärkt werden. Auch die neuen Wohnformen wie ambulant betreute Wohngemein-schaften sollen künftig mit einer An-schubfinanzierung gefördert werden.

Ein dicker Wermutstropfen bleibt. Der lange vorbereitete neue Pflege-bedürftigkeitsbegriff, der die Gleich-stellung der Demenzkranken mit den wegen körperlichen Einschränkungen Pflegebedürftigen und die Orientie-rung am Grad der Selbstständigkeit

zum Ziel hat, wird lediglich angekün-digt. Damit wird das Grundproblem wieder nicht angegangen. Von einer Pflege-Neuausrichtung – wie im Titel des Gesetzes verkündet – kann also nicht gesprochen werden.

Pflege wird ein heißes Thema bleiben. Um dieses in unserer älter werdenden Gesellschaft wichtige Pro-blem in der Öffentlichkeit weiter prä-sent zu halten und Qualitätsverbesse-rungen in der Versorgungslandschaft anzumahnen, wurde das „Bündnis für gute Pflege“ gegründet. Darin haben sich Verbände der Wohlfahrtspflege, der betroffenen Menschen sowie Ge-werkschaften zusammen geschlossen, um Verbesserungen für Pflegebedürf-tige, Angehörige und professionell Pflegende zu fordern. Auch die DAlzG hat sich dem Bündnis angeschlossen, das am 14. Februar 2012 der Öffent-lichkeit vorgestellt wurde.

Sabine Jansen, Berlin

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PhilippKellerundSabineJansen(Mitte)beglückwünschtvonPeterVoß(links)undJörgThadeusz(rechts)

A lzheimer In fo 1/12 16

mEnschEn mit dEmEnz in dEr FrühEn ph asE

? Herr Bräuer, Sie waren lange Jahre als Zahnarzt tätig.

! GerhardBräuer: Ja, mehr als 30 Jahre, und es hat mir Spaß gemacht. Nach der Diagnose habe ich einen Rentenantrag gestellt und meine Zulassung zurückgegeben.

! BirgitHohnecker: Und in der Frei-zeit hat er alle Zahnarztklischees bedient: Porsche fahren, Segeln, Tennis, Skifahren, Golfclub.

! GerhardBräuer: Ich spiele immer noch Tennis, wenn auch nicht mehr so gut.

? Was waren die ersten Anzeichen für eine Demenzerkrankung?

! BirgitHohnecker: Beim Auto-fahren habe ich einen Rechtsdrall bemerkt. Er hat mal einen Außen-spiegel abgefahren und einen Un-fall gebaut, ist jemandem drauf gefahren. Auch in der Praxis, beim Arbeiten über den Zahnarztspie-gel gab es Probleme. Nachdem der Augenarzt bescheinigte hatte, dass mit den Augen alles in Ord-nung war, haben wir im Internet die Adresse eines Neurologen rausgesucht und sind da hin. Der hat einige Tests gemacht, und da sah es schon sehr nach Alzheimer aus. Aber er hat empfohlen eine ganz gründliche Untersuchung in der Neurologischen Abteilung eines Krankenhauses machen zu

lassen. Im März 2010 stand dann die Diagnose Alzheimer fest.

? Wie haben Sie auf diese Diagnose reagiert?

! GerhardBräuer: Erstmal war es ein Schock für mich. Aber ich ge-wöhne mich eigentlich an alles. Die Traurigkeit hat sich bald wie-der gelegt.

! BirgitHohnecker: Wir haben uns gesagt: Wir können uns jetzt vergraben, oder wir machen das Beste daraus. Im Augenblick geht es ja noch ganz gut, da freuen wir uns aneinander.

! GerhardBräuer: Die Kinder auch. Die Mädchen sind 13 und 14 und kommen alle zwei Wochen. Wir ha-ben ein gutes Familienleben.

! BirgitHohnecker: Die Töchter ge-hen gut damit um, auch seine Ge-schwister, Freunde und Bekannte. Alle sind nach wie vor da, außer seinem Sohn, der hat den Kontakt abgebrochen. Aber diese Bezie-hung war schon vorher schwierig.

! GerhardBräuer: Die gehen alle richtig schön mit mir um.

! BirgitHohnecker: Die Mäd-chen sagen immer: „Ach Mann, Papa, das hab’ ich Dir doch schon erzählt“.

! GerhardBräuer: Das sagen sie mit einem Augenzwinkern. Ich habe Glück gehabt, dass die Dia-gnose schnell klar war. Und jetzt fühle ich mich eigentlich sehr wohl. Ich weiß, wo ich wohne. Ich kann Einkaufen gehen. Ich muss nicht gepflegt werden.

? Sie nehmen an einer Medikamen-tenstudie der Charité teil. Haben Sie das Gefühl, dass das Medika-ment etwas bringt?

! GerhardBräuer: Es bringt Hoff-nung. Es ist seitdem gleich geblieben.

! BirgitHohnecker: Ja, das zeigt auch das MRT. Verschlechtert hat sich die Aussprache, und es gibt Wortfindungsstörungen. Weil es mit dem Sehen etwas schwie-rig ist, gibt es Schwierigkeiten beim Treppensteigen, besonders abwärts.

! GerhardBräuer: Ja, das stimmt.

! BirgitHohnecker: Wir lassen es auf uns zukommen. Wie bei einer Schwangerschaft weiß man nicht, was am Ende dabei heraus kommt. Wir machen uns nicht so verrückt. Wir gehen auch nicht in Selbst-hilfegruppen oder sprechen mit anderen Betroffenen. Wir lassen es auf uns zukommen. Wenn man mal Hilfe braucht, kann man sich immer noch darum kümmern.

! GerhardBräuer: Unser Nach-bar hatte Alzheimer. Offenbar ein schwerer Verlauf bei ihm.

! BirgitHohnecker: Inzwischen ist er im Heim und erkennt seine Frau nicht mehr. Wir wissen schon, was auf uns zukommt. Wir sind nicht blauäugig. Aber wir versuchen, diese Zeit noch zu genießen.

? Haben Sie Vorsorgeverfügungen getroffen?

! BirgitHohnecker: Wir haben die Formulare zu Hause, aber noch nicht ausgefüllt. Ich dachte neu-lich: Wenn er mal ins Krankenhaus muss, dann bekomme ich keine Auskunft, weil wir nicht verheiratet sind. Wir müssen das bald regeln.

? Wie verläuft Ihr Alltag, ohne Berufstätigkeit?

! GerhardBräuer: Das stört mich nicht. Ich spiele Tennis. Ich gehe morgens, mittags und abends mit dem Hund raus. Das krieg‘ ich alles noch hin. Ich glaube, es ist eine relativ milde Krankheit, die ich jetzt habe. Das wird natürlich schlimmer.

Gespräch mit Gerhard Bräuer, demenzerkrankt, und

Wir stecken den KopferhardBräuer(59),ZahnarztundVatervondreiKindern,

erhielt2010dieDiagnoseAlz-heimerundgabdaraufhinseinenBerufauf.ZusammenmitseinerLebensgefährtinBirgitHohneckerberichteteerinderTV-TalkshowvonGüntherJaucham20.Novem-ber2011offenüberseinLebenvorundnachderDiagnose.ImJanuar2012sprachenwirmitbeideninderGeschäftsstellederDeutschenAlzheimerGesellschaft.

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mEnschEn mit dEmEnz in dEr FrühEn ph asE

! BirgitHohnecker: Ich bin seit August wegen eines Rückenpro-blems krank geschrieben. Jetzt sind wir beide zu Hause, und es ist ganz nett. Wir haben einen festen Tagesrhythmus.

? Wie geht es im Tennis-verein, seit Ihre Diag-nose bekannt ist?

! GerhardBräuer: Die lassen mich mitspie-len (lacht). Ein Ten-niskollege, dessen hochaltrige Mutter fortgeschrittenen Alz-heimer hat, sagt im-mer: „Du hast keinen Alzheimer“.

! BirgitHohnecker: Die meisten Leute verbinden Alzheimer gleich mit völlig gaga. Dass es aber einen Weg dort hin gibt, das sehen die nicht.

! GerhardBräuer: Ja, das sollte bes-ser in die Welt getragen werden. Was ist denn Alzheimer? Leute, die keine Berührungspunkte haben, die wissen das gar nicht.

! BirgitHohnecker: Die Leute sa-gen: „Ach Gott, Alzheimer, der vergisst alles, der ist nicht mehr lebensfähig, der erkennt keinen mehr.“ Das verbinden sie damit. Und wenn sie dann einen sehen, der sich noch einigermaßen aus-drücken kann und noch die Leute erkennt und noch sagt: „Hallo, wie geht’s, wollen wir eine Runde Ten-nis spielen?“ Dann sagen die: „Du hast keinen Alzheimer.“

! GerhardBräuer: Manche glau-ben mir nicht. Irgendwann wird es nicht mehr gehen. Aber wir hof-fen, noch ein paar Jahre.

! BirgitHohnecker: Ja, das hoffen wir sehr. Eine Bekannte hat sich viele Jahre um ihren Mann geküm-mert, der Alzheimer hat. Sie hat

mir erzählt, was sie alles nachts durchgemacht hat. Aber dann wurde es zu viel für sie, und ihr Mann wohnt jetzt in einem Heim. Sie hat mir gesagt, dass er sich

da wohl fühlt, dass es ihm da gut geht. Sie ist nach wie vor für ihn da und fährt zu ihm hin. Inzwischen hat sie einen neuen Lebenspartner gefunden, und das finde ich ei-gentlich ganz toll. Warum sollte sie ihr Leben aufgeben?

? Haben Sie mal über das Thema Heim gesprochen? Oder kommt das für Sie gar nicht in Frage?

! GerhardBräuer: Natürlich kommt das in Frage. Ich möchte niemand zur Last fallen. Es gibt Pflegeein-richtungen, die das besser können als die Anverwandten. Ich würde nicht wollen, dass Birgit mich Tag und Nacht pflegt.

! BirgitHohnecker: Das könnte ich auch körperlich gar nicht schaffen.

! GerhardBräuer: Also, ich geh’ Dir nicht auf’n Wecker.

! BirgitHohnecker: Das ist aber nett von Dir! (beide lachen)

! GerhardBräuer: Man muss schon klar sehen, was geht und was nicht. Es kann natürlich sein, dass ich etwas anderes behaupte, wenn ich nicht mehr so klar bin.

? Wollen Sie sich vorher ein Heim aussuchen?

! GerhardBräuer: Ich denke schon mal darüber nach, dass wir mal gucken gehen: Wo geht man hin, wo gefällt es uns, was kön-nen wir bezahlen. Aber derzeit haben wir noch ein bisschen Luft nach oben.

? Oft hören wir von An-gehörigen, die pflegen, bis sie nicht mehr können.

! BirgitHohnecker: Ich glaube, das ist auch falsch verstandene Nächsten-liebe. Man muss auch an

sich selbst denken. Oft heißt es „Ja, ich hab es Dir versprochen“, aber man denkt letztendlich gar nicht so darüber nach, was das bedeutet.

? Wie war die Günther Jauch Sen-dung für Sie?

! BirgitHohnecker: Da es eigent-lich um die Pflegeversicherung ging, fühlten wir uns etwas fehl am Platz. Aber vielleicht als Bei-spiel für andere: „Versteckt Euch nicht!“

! GerhardBräuer: Ja, wir sagen immer, dass man sich nicht ver-stecken sollte. Wir sind halt so, dass wir nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern was daraus machen.

Herr Bräuer, Frau Hohnecker, wir danken Ihnen für das offene, inter-essante Gespräch.

Die Fragen stellten Susanna Saxl und Hans­Jürgen Freter.

seiner Lebensgefährtin Birgit Hohnecker

nicht in den sand!

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GerhardBräuerundBirgitHohneckersprechenüberihrLebenvorundnachderDiagnoseAlzheimer

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in EigEnEr sachE – vorsch aU – ForschUng Und mEdizin

as Beratungs-telefon der Deut-

schen Alzheimer Gesellschaft, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziell unterstützt wird, ging vor zehn Jahren an den Start. Seit dem 8. Januar 2002 haben die Beraterinnen mehr als 58.000 Anfragen beantwortet.

Zwei Drittel der Anru-fenden sind Angehörige, Ehepartner, (Schwieger-)

Töchter und -söhne. Doch auch Pro-fessionelle, ehren amtlich Tätige, Men-schen, die Sorge haben an Demenz erkrankt zu sein, melden sich. „Meine Mutter erkennt meinen Vater nicht mehr. Anfangs war es nur zwischen-durch. Doch jetzt ist es dauernd“. „Meine Großeltern und meine Mutter hatten Alzheimer. Ich bin jetzt 72 Jah-re, vergesse in letzter Zeit viel und ha-be Angst, auch von dieser Krankheit betroffen zu sein.“

Manchmal fragen die Anrufer nur nach einer Broschüre. Viel häufiger geht es jedoch um die belastende Situation zu Hause, darum dass An-gehörige nicht wissen, wie sie mit schwierigen Verhaltensweisen umge-hen sollen und dass sie die Erfahrung machen, alleine da zu stehen. Auch Fragen zur Diagnosestellung, zur Beantragung einer Pflegestufe oder zu rechtlichen und finanziellen Prob-lemen beantworten die Beraterinnen am Alzheimer-Telefon regelmäßig.

Die Krankheit akzeptieren zu lernen und einen Umgang damit zu finden, ist meist ein langer und mühsamer Weg. Das zeigen die etwa 6.000 An-rufe und Mails pro Jahr. Die Beraterin-nen vom Alzheimer-Telefon verfügen über langjährige Erfahrungen und erweitern ihr Wissen regelmäßig durch Fortbildungen und Supervision. Sie gehen auf alle Fragen individuell

Beratung, Entlastung, Ermutigung für Menschen mit Demenz und Angehörige

zehn Jahre alzheimer-telefon der deutschen alzheimer gesellschaft

D ein und versuchen durch Informationen und Fach-wissen Möglichkeiten und Alternativen für den nächsten Schritt auf-zuzeigen. Zum Beispiel vermitteln sie den Kontakt zu den 126 regionalen Alzheimer-Gesellschaften und ermutigen die An-ge hörigen, sich mit anderen Pflegenden auszutauschen.

Obwohl sich in den letz-ten zehn Jahren das Wis-sen zum Thema Demenz in der Bevölkerung ausge-breitet hat und das Thema mittlerweile regelmäßig in

den Medien auftaucht, zeigen die An-ruferzahlen, dass eine gut erreichbare erste Anlaufstelle, bei der man seine Fragen auch anonym stellen kann, weiterhin unverzichtbar ist.

Susanna Saxl, Berlin

Im Kampf gegen Alzheimer hat die medizinische Forschung in den vergangenen Jahren große Hoff-nungen in die Substanz Dimebon gesetzt. Es handelt sich um ein Anti-Allergikum, das vorwiegend in Russland verwendet wird. Nach den Ergebnissen einer russischen Studie führt es bei Alzheimer-Kranken zu einer Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit. Nachdem jetzt mehrere große Studien mit dem Mittel abgeschlossen und ausge-wertet wurden, steht fest, dass sich diese viel versprechenden Ergeb-nisse nicht wiederholen lassen. Die Forschung an Dimebon wird des-halb nicht fortgeführt.

HoffnungaufDimebonalsAlzheimer-Medikament

enttäuschti

Die nächste Ausgabe des Alzheimer Info wird Ende Mai 2012 mit dem Schwerpunkt „Technik,diehilft“ erscheinen. Welche Erfahrungen haben Sie mit technischen Hilfen? Das können ganz einfache Hilfs-mittel sein, aber auch moderne Elektronik. Hilfen in der Küche, im Bad, Bewegungsmelder, Ortung per Handy. Was hat sich in der Praxis bewährt und was nicht? Haben Sie eigene Erfindungen gemacht? Was wünschen Sie sich? Sind die Kassen bereit, die Kosten zu übernehmen?

Bitte schicken Sie uns dazu Manu-skripte, gerne mit Fotos, möglichst als Datei; maximal eine dreiviertel Seite in einer 12er Schrift (etwa 350 Wörter). Redaktionsschlussistder30.März2012. Auswahl und Kürzungen behält sich die Redaktion vor.

Übrigens: Das übernächste Heft (3/2012) wird den Schwerpunkt „Welt-Alzheimertag2012“ sowie „ErfahrungenausanderenLän-dern“ haben. Auch hierzu freuen wir uns über Ihre Beiträge!

AlzheimerInfo2/2012Technik,diehilfti

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DieBeraterinnenhabenfüralleFrageneinoffenesOhr

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r Egiona l – in EigEnEr sachE

R egina Schmidt-Zadel, stell-vertretende Vorsitzende

des Landesverbandes der Alzheimer-Gesellschaften in NRW, erhielt am 7. November 2011 von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie wurde für ihr langjähriges Engage-ment in verschiedensten Bereichen der Gesellschaft und der Politik ausgezeichnet. Der 1986 gestif-tete Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen, der selten vergeben wird, wird an Bürgerin-nen und Bürger aus allen Gruppen der Bevölkerung verliehen, die sich außerordentliche Verdienste für die Allgemeinheit erworben haben.

Regina Schmidt-Zadel trug durch ihre langjährige Arbeit als gesund-heitspolitische Sprecherin der SPD und Vorsitzende des Gesundheits-ausschusses wesentlich dazu bei, die alten Strukturen in der Versor-gung psychisch kranker Menschen durch eine moderne, offene und

den individuellen Bedürfnissen an-gepasste Versorgung zu ersetzen.

In verschiedenen Gremien, so als Kuratoriumsmitglied des Ku-ratorium Deutsche Altershilfe, als Vorsitzende der Aktion Psychisch Kranke, als Behindertenbeauftragte des Landes NRW, in der regionalen Alzheimer Gesellschaft Düsseldorf-Mettmann oder bis heute im Lan-desverband der Alzheimer-Gesell-schaften in NRW sowie als Mitglied des Kuratoriums der Deutschen Alzheimer Stiftung, arbeitete sie zielbewusst und mit Energie am Ab-bau sozialer Ungerechtigkeiten und der Enttabuisierung psychischer Störungen in allen Altersstufen – insbesondere aber für die Verbes-serung der Situation von Menschen mit Demenz in Deutschland.

Wir haben Regina Schmidt-Zadel dabei als leidenschaftliche Kämpfe-rin für die Menschen erlebt, die ihr am Herzen liegen und freuen uns mit ihr über diese Ehrung.

verdienstorden für regina schmidt-zadel

Spendenseite: http://heldenrennenberlin2012.alvarum.net/sabinejansen

InfosundRegistrierung: http://heldenrennenberlin2012.alvarum.net

m 13. Mai 2012 findet in Berlin

ein „Heldenrennen“ statt, bei dem Spenden für verschiedene gemein-nützige Organisationen gesammelt werden. Auch die Deutsche Alzheimer Gesellschaft wird versu-chen, auf diese unkon-ventionelle Art Spenden für ihre Arbeit zu gewin-nen. Für die DAlzG geht Sabine Jansen an den Start, die nicht nur als Geschäftsführerin, sondern auch ganz per-sönlich von der Arbeit der DAlzG überzeugt ist und sich für die Ver-besserung der Situation

Laufen für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen

helden gesucht!A Demenzkranker und ihrer

Familien einsetzt. Ihre Spendenseite finden Sie im Internet (siehe Kas-ten). Um Heldin zu wer-den, muss Sabine Jansen mindestens 300 € für die DAlzG sammeln. Dann darf sie beim Heldenren-nen mitlaufen. Außerdem werden noch Mitläufer/innen gesucht.

Nähere Informationen bei Sabine Jansen in der Geschäftsstelle oder im Internet (siehe Kasten). Dort kann man sich auch als Spendensammler/in registrieren.

Sabine Jansen, Berlin

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WarmlaufenfürdasHeldenrennen

MinisterpräsidentinHanneloreKraftundReginaSchmidt-Zadel

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Z um 14. Mal wurden beim Neu-jahrsempfang der Stadt Engen

Bürger geehrt, die sich in beson-derer Weise engagieren und um die Stadt verdient machen. Eine der drei Ausgezeichneten war 2012 Maria Elfriede Lenzen.

Sie beschäftigt sich seit der Erkrankung ihrer Mutter 1990 mit der Alz-heimer-Krankheit und hat in den vergangenen 20 Jahren ein umfangreiches Wissen dazu erworben. Lange Zeit war sie Einzel-kämpferin, hat aber auch schon vor Jahren den Kontakt zur Deutschen Alzheimer Gesellschaft gesucht und an mehreren Kongressen teilgenom-men. Ihr Wissen stellt sie ehrenamtlich Erkrankten und Angehörigen zur Ver-fügung, berät Angehörige auch in den Alten- und Pflegeheimen und bietet einmal wöchentlich eine

Beratungsstunde in Räumen der Stadt an. Vielen Menschen habe Frau Lenzen wieder Hoffnung gegeben, den Mut, gegen diese Krankheit anzugehen, und die Kraft, mit ihr zu leben, sagte Bürgermeister Johannes

maria Elfriede lenzen mit der Ehrennadel der stadt Engen ausgezeichnet

K laus Wudmaska aus Plauen leitet seit acht Jahren eine

Alzheimer-Angehörigengruppe und ist seit sechs Jahren Vorsitzender der Alzheimer Gesellschaft Plauen/Vogtland e. V. – Selbsthilfe Demenz. Für sein ehrenamtliches Engagement ist der 71-jährige im Dezember 2011 vom Präsidenten des Sächsischen Landtags, Matthias Rösler, und der Staatsministerin für Soziales, Christine Clauß, mit einer Ehrenurkunde aus-gezeichnet worden. Klaus Wudmaska hatte nach der Wende 15 Jahre lang als Altenpfleger gearbeitet, wollte sich dann aber nicht in den Ruhe-stand zurückziehen. „Ich wollte mich weiterhin um die Mitmenschen küm-mern und mein Wissen um Demenz

Ehrenurkunde des sächsischen landtags für Klaus Wudmaska

Moser in seiner Laudatio. Mit den Veranstaltungen, ob Vorträgen mit renommierten Alzheimerforschern, Lesungen, Theaterstücken oder dem Engener Alzheimer-Tag, die sie regelmäßig organisiert, habe Maria

Elfriede Lenzen sehr viel erreicht, um das Bewusst-sein, das Verständnis und die Akzeptanz für die Alzheimer-Krankheit in der Öffentlichkeit zu stei-gern. Ihr Motto lautet: „Die Menschen verlieren ihren Geist, jedoch nicht ihre Seele, auch über den Tod hinaus.“ Die Würde des Menschen gilt es deshalb zu achten, auch wenn das im Verlauf einer Demenz manchmal schwierig wird.

Frau Lenzen, die mittler-weile die offizielle Alzhei-merbeauftragte der Stadt ist, erhielt als Erste die in diesem Jahr neu geschaf-fene Ehrennadel der Stadt Engen.

nutzen“, sagt er. „Vor allem aber taten mir die Angehörigen der Kranken leid. Um die musste sich gekümmert werden.“ Heute erreichen ihn jährlich rund 400 Anrufe von Ratsuchenden, manchmal auch nachts. Neben der Beratung ist Öffentlichkeitsarbeit für Klaus Wudmaska ein wichtiges Anlie-gen. So finden die Aktionen der Alz-heimer Gesellschaft Plauen/Vogtland auch über die Stadtgrenzen Plauens hinaus viel Aufmerksamkeit.

Kontakt:

Alzheimer Gesellschaft Plauen/Vogtland e. V. – Selbsthilfe Demenz Tel. 03741/70015

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MariaElfriedeLenzennimmtdieAuszeichnungentgegen

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KlausWudmaska

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er Verein Leben mit Demenz – Alz-

heimergesellschaft Kreis Minden-Lübbecke erhielt von der „European Foundations’ Initiative on Dementia (EFID)” eine mit 10.000 € dotierte Auszeichnung. Insgesamt zehn Initiativen aus acht europäischen Ländern wurden am 16. Januar in Brüssel ausgezeichnet für beispielhafte Projekte, die Menschen mit Demenz und ihren Familien dabei helfen, ein gutes und akti-ves Leben in der Gemein-schaft zu ermöglichen.

Die Preisträger wurden von einer unabhängigen internationalen Jury aus-gewählt und bei einer Feier in Anwesenheit Ihrer Königlichen Hoheit Prinzessin Mathilde von Belgien geehrt.

In ihrer Laudatio hob die Vorsitzen-de der Jury, die belgische Staatsminis-terin Magda Aelvoet hervor, dass der Verein Leben mit Demenz mit dem Projekt „Zusammen sind wir lieber als allein“ einen außergewöhnlichen und innovativen Ansatz praktiziert.

Die Unterstützungsangebote im Bereich Frühdemenz – wie 14-tägig

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auszeichnung auf europäischer Ebene für leben mit demenz

stattfindende Gesprächsgruppen, regelmäßige Sport- und andere Bewegungsangebote (Radtouren), Museumsbesuche und Bildhauer-workshops – wurden als sehr gutes Beispiel hervorgehoben, wie die Lebensqualität von Menschen mit Demenz verbessert werden kann. Hartmut Schilling, der sich im Verein als Koordinator der Projekte für Men-schen im Frühstadium kümmert, und

nominierung zum deutschen Engagementpreis 2011 für ivanka perisic

vanka Perisic, Vorsitzende der Alzheimer Gesellschaft Stadt

und Landkreis Ansbach, setzt sich seit über 22 Jahren für eine Verbesserung der Lebenssituation Demenzkranker und ihrer Angehö-rigen ein. Ehrenamtlich leitet sie die Demenz-Fachberatungsstelle in Ans-bach, wo insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund Hilfe in ihrer Muttersprache erhalten. Unter ande-rem initiierte sie eine Vermittlungs-börse für engagierte Mitbürger mit Migrationshintergrund und die Ans-bacher Demenz-Internet-Plattform,

die Demenzkranke und ihre Ange-hörigen in Deutsch, in Türkisch, in Russisch und demnächst in weiteren Sprachen informiert. Mit ihrem uner-müdlichen Einsatz ist Ivanka Perisic unter die 20 Finalisten für den Pub-likumspreis des Deutschen Engage-mentpreises gelangt, für den es 2011 mehr als 1.000 Bewerbungen gab.

Träger des Deutschen Engagement-preises, der dem Ehrenamt zu mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung verhelfen will, ist das Bündnis für Gemeinnützigkeit, ein Zusammen-schluss großer Dachverbände und

Dr. Harriet Heier, Vorsit-zende des Vereins Leben mit Demenz, freuten sich über die Auszeichnung: „Dies ist eine großartige Würdigung unserer Ar-beit. Es verschafft uns viel Rückenwind, um unsere Projekte auch in diesem Jahr weiter zu führen.“

Mit der Auszeichnung der besten lokalen Ini-tiativen durch ein eu-ro pa weites Programm hofft die „European Foundations’ Initiative on Dementia“ – zu der nam-hafte Stiftungen wie die „Atlantic Philanthropies“, die „Fondation Médéric Alzheimer“, die „König-Baudouin-Stiftung“ und die „Robert Bosch Stif-tung“ gehören – einen

länder übergreifenden Austausch und weitere Projekte im Bereich Demenz anzuregen.

Kontakt:

Leben mit DemenzAlzheimergesellschaft Kreis Minden-Lübbecke e. V.www.leben-mit-demenz.info

unabhängiger Organisationen des Dritten Sektors sowie von Experten und Wissenschaftlern. Gefördert wird der Deutsche Engagementpreis vom Bundesministerium für Familie, Se-nioren, Frauen und Jugend und dem Generali Zukunftsfonds. Vorschläge für den Deutschen Engagementpreis 2012 können ab 1. März 2012 online abgegeben werden.

Infos:

www.demenzhilfe-ansbach.de www.deutscher-engagementpreis.de

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VorstandsmitgliedervonLebenmitDemenzfreuensichmitder1.VorsitzendenderDeutschenAlzheimerGesellschaft

überdieAuszeichnung(vonlinksnachrechts:HartmutSchilling,Dr.HarrietHeier,IngridBarduhn,HeikevonLützau-

Hohlbein,KlausHeinbokel)

A lzheimer In fo 1/12 22

mit Vorträgen und einem Stand beim Seniorentag vertreten sein. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Der Deutsche Seniorentag wird von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) veranstaltet. Er findet alle drei Jahre an wechselnden Orten statt, vom 3. bis 5. Mai 2012 im Con-gress Center Hamburg.

r Egiona l – Kongr EssE Und tagUngEn

ach mehrjährigem Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems

erhielt die Alzheimer Angehöri-gen-Initiative (AAI) als bisher einzige Alzheimer-Gesellschaft Deutschlands im Januar 2011 das Paritätische Quali-täts-Siegel®.

Um die Gültigkeit des Zer-tifikates aufrecht zu erhalten, müssen zertifizierte Organi-sationen des Paritätischen einmal im Jahr den Fortgang ihrer Qualitätsentwicklung nachweisen. Anfang Januar 2012 erhielt die AAI eine positive Bestätigung durch die Paritä-tische Gesellschaft SQ Cert.

Im Zuge der Qualitätsentwicklung gründete der AAI e. V. Anfang 2010 eine gemeinnützige GmbH aus, um sich nicht nur fachlich, sondern auch allgemein als Nonprofit-Organisation als Kompetenzträger zu profilie-ren. Mit diesem Schritt gelang eine klare Trennung von ideellen und operativen Aufgaben und eine deut-liche Professionalisierung in allen Aufgabenbereichen.

Zu den ideellen Aufgaben des AAI e. V. gehören Information, Bera-tung und Schulung von Angehörigen, die Organisation von Erfahrungs-austausch (Angehörigengesprächs-gruppen), jährliche Fachsymposien für Angehörige und Fachkräfte sowie Öffentlichkeitsarbeit im Sinne der Förderung des Verständnisses und der Hilfsbereitschaft in der allgemeinen

Ein Jahr nach Verleihung des Paritätischen Qualitätssiegels:

Wo steht die alzheimer angehörigen-initiative heute?

U

N Öffentlichkeit. Neben diesen ideel-len Aufgaben obliegt dem Vorstand des e. V. die strategische Ausrich-tung und Kontrolle der gGmbH als Führungsaufgabe.

Zu den operativen Aufgaben der AAI gGmbH gehören die personalintensiven Betreuungsleistungen (Betreuungsgruppen, Be-treuungscafés, häusliche Entlastungsbetreuung, Betreute Urlaube) sowie allgemeine Verwaltungsauf-gaben (z. B. Finanzbuchhal-

tung, Einsatzkoordination). Durch die Ausgründung wurde die Leitung des operativen Geschäfts auf einen bei der gGmbH angestellten Geschäfts-führer übertragen, was zu einer we-sentlichen Entlastung des Vorstands im AAI e. V. führte. Eine zusätzliche Entlastung erfolgte durch die Über-nahme von Verwaltungsaufgaben des e. V. durch die gGmbH.

Die beiden Körperschaften betrei-ben ein gemeinsames Qualitätsma-nagementsystem, d. h. beide Körper-schaften wurden im Rahmen einer gemeinsamen Begutachtung durch einen externen Auditor erfolgreich zertifiziert. Die bisherige Entwicklung der beiden Körperschaften bestä-tigt, dass die Entscheidung für eine systematische Qualitätsentwicklung und die Ausgründung einer gGmbH richtige Schritte waren.

10. deutscher seniorentag 2012 vom 3. bis 5. mai in hamburg

nter dem Motto „JA zum Alter!“ findet im Mai 2012 zum zehnten

Mal der Deutsche Seniorentag statt. Von der dreitägigen Veranstal-tung soll die Botschaft ausgehen: Wir sagen JA zum Altern und versuchen alles, um möglichst gesund und kom-petent älter zu werden, um das Älter-werden zu gestalten und um aus den gewonnenen Jahren erfüllte Jahre zu machen!

In nahezu 100 Einzelveranstaltun-gen werden Möglichkeiten für eine aktive Lebensgestaltung im Alter auf-gezeigt. Zu den Themen Gesundheit,

Engagement, Wohnen und Pflege können Sie sich informieren, mit Ex-pertinnen und Experten diskutieren und sich mit anderen Interessierten austauschen. Zahlreiche Mitmach-Aktionen und kulturelle Angebote ge-hören ebenso zum Programm wie die begleitende Messe SenNova. Auch die Deutsche Alzheimer Gesellschaft wird

In ihrem Leistungsangebot zeichnet sich die AAI besonders dadurch aus, dass sie Angehörigen aus dem ge-samten Stadtgebiet Berlins breit gefä-cherte Hilfen aus einer Hand anbietet. Um Nachhaltigkeit sicherzustellen, verbindet das Konzept der AAI• das Grundprinzip finanzieller

Unabhängigkeit (überwiegende Finanzierung über Entgelte),

• Selbsthilfe und ehrenamtliches Engagement,

• Professionalität,• eine systematische

Quali täts entwicklung,• die Ausrichtung auf Wachstum.

Mit diesem Konzept möchte die AAI einen Beitrag leisten, dass der wachsende Bedarf an wirksamer Unterstützung für Angehörige und fördernder Betreuung von Menschen mit Demenz in Berlin künftig besser gedeckt wird.

Christiane Sarr, Qualitäts management­beauftragte, Berlin

Kontakt:

Alzheimer Angehörigen-InitiativeChristiane SarrReinickendorfer Str. 61 (Haus 1)13347 BerlinTel. 030/34627084Christiane.Sarr@AlzheimerForum.dewww.alzheimer-organisation.de

Infos:

www.deutscher-seniorentag.de

10. Deutscher SeniorentagAJ UZ M LA ET R !

3. bis 5. Mai 2012 im Congress Center Hamburg

A lzheimer In fo 1/12 23

und Seele in Bewegung; Spiel, Sport, Natur; Feiern mit Familie und Freun-den; Musik und Kultur; Erinnerungs-reisen; Religion und Spiritualität.

BüchEr Und mEhr – tEr minE

Termine27.–29.3.2012 ALTENPFLEGE+PROPFLEGEHannover2012,Messe,Hannover.

Infos:www.altenpflegemesse.de

3.–5.5.2012 10.DeutscherSeniorentag„JAzumAlter!“,Hamburg.Infos:www.bagso.de

13.–15.6.2012 15.HauptstadtkongressMedizinundGesundheit,Berlin.Infos:www.hauptstadtkongress.de

10.–13.10.2012 REHACARE,MesseundKongress,Düsseldorf.Infos:www.rehacare.de

18.–20.10.2012 7.KongressderDeutschenAlzheimerGesellschaft,Hanau.Infos:www.kukm.de/alzheimer2012

ie neue Broschüre der Deut-schen Alzheimer Gesellschaft

wendet sich vor allem an Ange-hörige, die Menschen mit Demenz zu Hause betreuen und pflegen, sowie Freunde, Bekannte und Nachbarn, die dabei unterstützen. Ebenso an Ehrenamtliche, die etwa im Rahmen von Helferinnenkreisen oder Betreu-ungsgruppen tätig sind. Sie soll helfen den Alltag mit Menschen mit Demenz zu gestalten. Viele Bereiche werden angesprochen: Körper, Geist

Neue Broschüre

miteinander aktivD

ie ausgewechselt“ ist der Titel der Anfang Februar 2012

erschienenen Lebenserinnerun-gen von Rudi Assauer (67), bekannt als erfolgreicher Fußballspieler und Ex-Manager des FC Schalke 04. Darin macht er öffentlich, bereits seit 2005 von der Alzheimer-Krankheit betrof-fen zu sein. Peinlich waren ihm die immer häufiger werdenden Aussetzer, die er zu überspielen versuchte, bis es nicht mehr ging. 2010 wandte er sich an eine Memory-Clinic und erhielt die Diagnose Alzheimer. In eindrückli-chen Worten beschreibt Rudi Assauer, bekannt als Macher und Macho mit der Zigarre im Mund, wie hart es für ihn ist, nicht mehr mithalten zu kön-nen, seine Angst von anderen abhän-gig zu sein und die Unsicherheit, wie es weiter gehen wird.

Mit dem Buch, das er mit dem Journalisten Patrick Strasser geschrie-ben hat, wollte er Vermutungen und

Gerüchten, etwa dass er Alkoholiker sei, entgegentreten. „Es muss raus“ habe er sich gesagt, wollte sich da-mit Erleichterung verschaffen und anderen Mut machen, sich nicht zu verstecken. Gleich bei Erscheinen hat das Buch enorme Resonanz in den Medien gefunden. Es wird hoffentlich dazu beitragen, klar zu machen, was Alzheimer bedeutet, dass es jeden treffen kann, und dass ein offener Umgang mit der Krankheit die Chan-ce bietet, Verständnis und Unterstüt-zung zu finden.

Hans­Jürgen Freter, Berlin

„W

„Verblassende Erinnerungen“

rudi assauer über seine Erkrankung

DeutscheAlzheimerGesellschaft:Miteinanderaktiv.AlltagsgestaltungundBeschäftigungenfürMenschenmitDemenz.PraxisreiheBand122012, 88 Seiten, 4 € Bestellungen: siehe Rückseite

RudiAssauermitPatrickStrasser:Wieausgewechselt.VerblassendeErinnerungenanmeinLebenriva Verlag, München, 2012255 Seiten, 19,99 €

A lzheimer In fo 1/12 24

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DasWichtigsteüberdieAlzheimer-KrankheitundandereDemenzformen (B)Kompakter Ratgeber (2011)

kostenlos, wir bitten um 1,45 € in Brief marken für Porto .

Alzheimer –waskannichtun?ErsteHilfenfürBetroffene(B) Aktualisierte AuflageTipps zur Gestaltung des Alltags (2011)

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LeitfadenzurPflegeversicherung (TB) Vollständig überarbeitete AuflageGut verständliche Hilfe bei Antragstellung, Leistungsgewährung, Widerspruch etc. (2011)

6 € .RatgeberHäuslicheVersorgungDemenzkranker(B)Beratung, professionelle und ehrenamtliche Unterstützung (2010)

6 € .RatgeberinrechtlichenundfinanziellenFragen (TB) Haftung bei Schäden? Finanzierung der häuslichen Pflege? (2011)

6 € .StationäreVersorgungvonDemenzkranken. (TB) Aktualisierte AuflageLeitfaden für den Umgang mit demenzkranken Menschen (2011)

6 € .ErnährunginderhäuslichenVersorgungDemenzkranker (B) (2009) 4 € .BetreuungsgruppenfürDemenzkranke (B)Informationen und Tipps zum Aufbau von Betreuungsgruppen (2009)

4 € .LebenmitDemenzkranken (B)Aktualisierte AuflageHilfen für schwierige Verhaltensweisen und Situationen im Alltag (2012)

4 € .Miteinanderaktiv (B)Alltagsgestaltung und Beschäftigungen für Menschen mit Demenz (2012)

4 € .MitMusikDemenzkrankebegleiten (B)Tipps und Informationen (2009)

4 € .Prävention,TherapieundRehabilitationfürDemenzkranke(B)Möglichkeiten, die Lebensqualität Demenzkranker und ihrer Angehörigen zu fördern (2009)

4 € .WenndieGroßmutterdemenzkrankist (B)Hilfen für Eltern und Kinder, wenn ein Familienmitglied demenzkrank ist (2011)

4 € .InkontinenzinderhäuslichenVersorgungDemenzkranker(B) Informationen und Tipps zum Umgang mit Blasen- und Darmschwäche (2006)

4 € .FrontotemporaleDemenz(B) Krankheitsbild, Rechtsfragen, Hilfen für Angehörige (2010)

4 € .LiebeOma. Illustriertes Kinderbuch (Hardcover) Mit Kindern über die Alzheimer-Krankheit sprechen (2007)

5 € .Schulungsreihe„HilfebeimHelfen“ (CD-ROM)Vorträge, Folien und Organisationshilfen der Schulungsreihe für Angehörige (2009)

10 € .Demenzinteraktiv (CD-ROM)Informationen und Übungen für Angehörige und Betroffene (2009)

15 € .AlleinlebenmitDemenz.HerausforderungfürKommunen (DIN A4-Ordner mit DVD)Schulungsmaterialien und Kurzfilme für verschiedene Berufsgruppen (2011)

10 € .Demenz–PraxishandbuchfürdenUnterrichtDIN A4-Ordner mit DVD (2011)

10 € .LebenmitFTD.EindreiteiligerDokumentarfilmüberFrontotemporaleDemenz (DVD, 2010)

15 € .BlaueTageundgraueTage.PortraitsvonDemenzkrankenundihrenAngehörigen(Fotobuch)Fotografien von Claudia Thoelen, Texte von Jan Wojnar (2006)

15 € .Gemeinschaftleben.Referateaufdem6.KongressderDeutschenAlzheimerGesellschaft,BraunschweigOktober2010(2011) (TB)CD-ROM mit PDF Daten

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