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Auf den zweiten Blick wirken die Genelec 8351 schon wesentlich interessanter. Sichtbar ist nämlich nur der koaxiale Mittelhochtontreiber, während die beiden ovalen Tieftonchassis gewissermaßen hinter der Schallwand versteckt wurden. Ein raffiniertes System aus Schallschlitzen in Verbindung mit der Anordnung dieser Tieftontreiber bewirkt durch eine akustische Beugung des erzeugten Schalls eine Richtwirkung nach vorne. Also gewissermaßen eine Punktschallquelle über den gesamten Frequenzbe- reich. Es handelt sich beim 8351 um einen echten aktiven 3-Wege-Bassreflexlautsprecher (Übergangs- frequenzen: 490 und 2600 Hertz) mit drei separaten Endstufen. Der Aluminium-Kalottenhochtöner kann sich hier über 90 Watt Class-AB-Verstärkerleistung freuen, Tief- und Mitteltontreiber sogar über 120 be- ziehungsweise 150 Watt, allerdings in Class-D-Schal- tung. Das sollte nicht nur für den Nahfeldbetrieb ge- nügen, damit dürfte man auch die meisten Wohn- zimmer dieses Landes angemessen beschallen können. Wie häufiger bei Genelec (siehe unsere Tests der Syno-Serie, der 8260 und der M040) sind auch bei der 8351 die Gehäusekan- ten merklich verrundet. So werden erstens die bei pa- rallelen Gehäusewänden unver- meidbaren stehenden Wellen im Gehäuseinneren minimiert, außerdem profitiert der Hörer durch das Fehlen von Kantenreflexionen an den Außenseiten der Lautsprecher von einem gleichmäßigeren Ab- strahlverhalten. Zu guter Letzt ergibt sich durch die Gehäuseform eine gegenüber klassischen recht- winkligen Konzepten erhöhte Steifigkeit und damit Vibrationsdämpfung. Man hat bei Genelec sichtlich einigen Aufwand betrieben, den Lautsprecher mög- lichst „ungerührt“ arbeiten zu lassen. Zugang zum Aktivsystem ist generell analog und di- gital möglich – und zwar wahlweise per AES/EBU (XLR) oder analog (ebenfalls symmetrisch per XLR). Test: Genelec 8351 | Aktiv-Lautsprecher Preis: 6.660 Euro Mai 2015/Jochen Reinecke Zugegeben, es gibt Lautsprecher, die auf den ersten Blick einen wesentlich spontaneren und heftigeren „Habenwill!“-Reiz auslösen als die Genelec-8351-Aktivmonitore (www.genelec.de). Ist ihr massives Gehäuse aus Aluminium zwar auch sehr sauber verarbeitet – ganz klar, das hier ist die Profiliga –, so war die äußere Er- scheinung dieser Lautsprecher trotzdem nicht gerade dazu angetan, mich sofort Hals über Kopf in sie zu vergucken (es gibt sie allerdings auch in Weiß). Andererseits habe ich diverse Monitore des finnischen Herstellers aus mei- ner aktiven Zeit als Toningenieur stets in bester Erinnerung – als höchst detailreich auf- spielende, ermüdungsfreies Arbeiten ermögli- chende und nicht zuletzt extrem zuverlässige „Kollegen“. Vertrieb: Audio Export GmbH www.genelec.de Telefon: 07131- 263 60 Testbericht aus 05/15 1/8 Modenschau www.fairaudio.de Die Genelec 8351 ist gegen Aufpreis auch in Weiß zu haben

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Auf den zweiten Blick wirken die Genelec 8351schon wesentlich interessanter. Sichtbar ist nämlichnur der koaxiale Mittelhochtontreiber, während diebeiden ovalen Tieftonchassis gewissermaßen hinterder Schallwand versteckt wurden. Ein raffiniertesSystem aus Schallschlitzen in Verbindung mit derAnordnung dieser Tieftontreiber bewirkt durch eineakustische Beugung des erzeugten Schalls eineRichtwirkung nach vorne. Also gewissermaßen einePunktschallquelle über den gesamten Frequenzbe-reich. Es handelt sich beim 8351 um einen echtenaktiven 3-Wege-Bassreflexlautsprecher (Übergangs-frequenzen: 490 und 2600 Hertz) mit drei separatenEndstufen. Der Aluminium-Kalottenhochtöner kannsich hier über 90 Watt Class-AB-Verstärkerleistungfreuen, Tief- und Mitteltontreiber sogar über 120 be-ziehungsweise 150 Watt, allerdings in Class-D-Schal-tung. Das sollte nicht nurfür den Nahfeldbetrieb ge-nügen, damit dürfte manauch die meisten Wohn-zimmer dieses Landesangemessen beschallenkönnen.

Wie häufiger bei Genelec(siehe unsere Tests derSyno-Serie, der 8260 undder M040) sind auch beider 8351 die Gehäusekan-ten merklich verrundet. Sowerden erstens die bei pa-rallelen Gehäusewänden unver-meidbaren stehenden Wellen im Gehäuseinnerenminimiert, außerdem profitiert der Hörer durch dasFehlen von Kantenreflexionen an den Außenseitender Lautsprecher von einem gleichmäßigeren Ab-strahlverhalten. Zu guter Letzt ergibt sich durch dieGehäuseform eine gegenüber klassischen recht-winkligen Konzepten erhöhte Steifigkeit und damitVibrationsdämpfung. Man hat bei Genelec sichtlicheinigen Aufwand betrieben, den Lautsprecher mög-lichst „ungerührt“ arbeiten zu lassen.

Zugang zum Aktivsystem ist generell analog und di-gital möglich – und zwar wahlweise per AES/EBU(XLR) oder analog (ebenfalls symmetrisch per XLR).

Test: Genelec 8351 | Aktiv-LautsprecherPreis: 6.660 Euro

Mai 2015/Jochen Reinecke

Zugegeben, es gibt Lautsprecher, die auf denersten Blick einen wesentlich spontaneren undheftigeren „Habenwill!“-Reiz auslösen als dieGenelec-8351-Aktivmonitore (www.genelec.de).Ist ihr massives Gehäuse aus Aluminium zwarauch sehr sauber verarbeitet – ganz klar, dashier ist die Profiliga –, so war die äußere Er-scheinung dieser Lautsprecher trotzdem nichtgerade dazu angetan, mich sofort Hals überKopf in sie zu vergucken (es gibt sie allerdingsauch in Weiß). Andererseits habe ich diverseMonitore des finnischen Herstellers aus mei-ner aktiven Zeit als Toningenieur stets inbester Erinnerung – als höchst detailreich auf-spielende, ermüdungsfreies Arbeiten ermögli-chende und nicht zuletzt extrem zuverlässige„Kollegen“.

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Modenschau

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Die Genelec 8351 ist gegen Aufpreis auch in Weiß zu haben

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Das eingehende Digitalsignal wird über einenAES/EBU-Out durchgeschleift, üblicherweise zumanderen Lautsprecher, denn stereo macht bekann-termaßen doppelt froh. Der Analogeingang kannper DIP-Schalter in drei Pegelstufen (-10, -20 und-30 dB) justiert werden, zusätzlich gibt es noch einPoti zur Feinanpassung. Da Potis ohne Rasterungaber nie ganz präzise einzustellen sind, sei entwe-der Links- oder Rechtsanschlag empfohlen und dieHauptpegelanpassung über die DIP-Schalter zu täti-gen, so lautet zumindest meine Empfehlung.

Wie es sich für einen Aktivmonitor geziemt, der zu-allererst in einem klassischen Tonstudio-Biotop zuarbeiten hat, verfügt auch der 8351 über die Mög-lichkeit, mittels eines DSP-Prozessors den Klang anden Raum, aber auch den persönlichen Geschmackanzupassen. Zugriff auf die Klangregelung erfolgtentweder per rückseitig angebrachten DIP-Schaltern(hierfür stehen vier zur Verfügung), oder auch detail-lierter – und das ist das Elegante – über eine vollau-tomatische, computergestützte Einmessprozedur,die eine Kombination aus sechs vollparametrischenund vier Shelving-Filtern nutzt. Und das geht so:

Man erwerbe – oder leihe sich beim Deutschlandver-trieb – ein sogenanntes GLM-Kit (GLM steht für Ge-nelec Loudspeaker Management) und nehme sicheine knappe halbe Stunde lang Zeit, denn längerdauert es nicht. Das Kit besteht aus einem Netzwerk-interface mit Mikrofon-, USB- und Netzwerkan-schluss sowie einem Messmikrofon. Zunächst wer-den über LAN-Kabel alle im Setup integriertenLautsprecher (es dürfen auch mehrere sein, z. B. ein5.1-Set) in Reihe mit der Blackbox verbunden. So-dann muss das Mikrofon angeschlossen und ein PC

oder Notebook per USB mit der Blackbox verbun-den werden. Zu guter Letzt wird die GLM-Softwareheruntergeladen und installiert.

Ein Doppelklick auf das neu auf dem Desktop er-schienene Software-Icon und los geht’s. Alle ange-schlossenen, eingeschalteten und erkannten Laut-sprecher werden nun in Form von Symbolen aufdem Bildschirm angezeigt. Bei Genelec nennt manein solches Arrangement „Gruppe“ – diese sollte zu-nächst vom Benutzer benannt werden (es könnennämlich mehrere unterschiedliche Arrays und auchRäume verwaltet werden). Sodann zieht der Nutzermit der Maus per Drag & Drop die Symbole in einerechteckige Freifläche, die – stark vereinfacht – denGrundriss des Hörraums repräsentiert. Ein weiteresSymbol zeigt das Messmikrofon, das – logischer-

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Das Terminal der Genelec 8351

Genelecs GLM-Kit

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weise auf Hörpositionshöhe – mittig zwischen dieLautsprecher gestellt werden muss. Durch einenKlick auf das Mikrofon-Icon starten wir die Messung.Ein Countdown wird auf dem Bildschirm herunter-gezählt, danach spielen alle in das Setup eingebun-denen Lautsprecher einen Sinus-Sweep ab, der vomMikrofon aufgezeichnet wird.

Wenig später beginnt die Moden-Schau (aha!). Eserscheinen nämlich Frequenzschriebe auf dem Bild-schirm, die über die Wirkung der Raummoden auf-klären und zeigen, an welchen Frequenzen der Hör-raum sich besonders beeinflussend zeigt. Nunbeginnt das automatische Filternetzwerk zu arbei-ten, die Software kombiniert die vorhandenen Filterso, dass die Auswirkungen der gemessenen Raum-moden so gut als möglich nivelliert werden (siekann übrigens auch noch mehr, zum Beispiel als De-lay fungieren, um Bild-Ton-Latenzen bei AV-Syste-men auszugleichen etc.). All dies ist kinderleicht undselbsterklärend, ein Youtube-Video zeigt das Proze-dere übrigens auch recht gut. Zugleich erfolgt einePegel- und Laufzeitkorrektur zwischen linkem undrechtem Kanal. Die automatischen Anpassungen er-folgen übrigens nur bis 2000 Hz hinauf – wer mehrmachen möchte, kann sich natürlich auch „manuell“mit der Software austoben.

Der folgende Klangteil bezieht sich auf die einge-messene Variante. Was sich durch den Einmesspro-zess positiv ändert, werde ich in einem späterenAbsatz erklären. Überwiegend benutzte ich den ana-logen XLR-Eingang mit dem B.M.C. PureDAC alsWandler und dem Audiolab 8200CDQ als CD-Lauf-werk sowie einem Notebook mit foobar als Zuspie-ler. Alle bereit? Los geht’s!

Klang Genelec 8351

Als ich die ersten Tracks über das Genelec-Setuphörte, musste ich unwillkürlich lächeln, denn in denvorigen Wochen hatte ich mich ein bisschen in einereigentlich „unmöglichen“ Kombination aus 300-Euro-Verstärker (Yarland FV-34C III) und 6.000-Euro-Lautsprechern (Tannoy Turnberry Gold Reference)festgehört. Eine Handvoll zart schmelzender Röhren-watt an einem wirkungsgradstarken Old-Fashioned-Konzept – das kann richtig Freude machen. Auf derCouch, bei einem schönen selbstgerührten Sazerac-Cocktail lassen sich so ungezählte, höchst ent-spannte Stunden verbringen. Das mag zwar nichtdie reine audiophile Lehre sein, aber so what. DerSchwenk auf die Genelec 8351 transportierte michschon irgendwie in eine Parallelwelt – eine Parallel-welt, in der es aber durchaus vieles zu genießenund entdecken gibt, gottlob.

„Gemütlich“ ist da zwar nichts mehr, aber dafürwerde ich mit einer unglaublichen Fokussierung undPräzision belohnt, und zwar so ziemlich in allen Dis-ziplinen, die der Audiophile gerne bedient sieht: li-nealglatt durchgezogene Tonalität, Freiheit von jed-weden Verfärbungen, eine geradezu reißbrettartiggenaue Raumdarstellung und Positionierung dermusikalischen Akteure, aber auch eine Zackigkeitund Dynamik, die nicht von schlechten Eltern ist.

Schon nach wenigen Takten mit der Genelec wirddeutlich: Ja, wir haben hier einen echten Studiomo-nitor vor uns. Ein Beispiel: Wenn es um das in unse-

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Die Anschlüsse der GLM-Blackbox

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ren Kreisen sehr beliebte Anlagen-Posing geht,dann wird sehr häufig der Song „Private Investigati-ons“ der Dire Straits herangezogen – gilt er doch alsInbegriff eines die audiophile Kette herausfordern-den Tracks: heftige Laut-Leise-Sprünge, vielfältigeInstrumentierung – und eine sicherlich auch sehrambitionierte Produktion. Über die Genelec spürtman indes recht schnell, dass diese Aufnahme nunmehr als 30 Jahre alt ist – und die typischen Arte-fakte jener frühdigitalen Tonstudiotechnik, nämlicheinen irgendwie doch etwas nass und dürr klingen-den Hall oder auch eine zwar voluminös und druck-voll, zugleich aber auch nicht hundertprozentig na-türlich klingende, etwas näselnde Akustikgitarre. Alsnach einer guten Minute das Marimbaphon einsetzt,kann man – wenn auch sehr, sehr leise – eine leichtebegleitende Rauschfahne ausmachen. Es ist jetztnicht so, dass dies alles den Genuss schmälernwürde, aber die Genelec leuchtet Aufnahmen miteiner außerordentlichen, ja beeindruckenden Präzi-sion aus.

Und so zeigt sie, wenn wir mal beim Beispiel derAkustikgitarre bleiben, dass ältere Aufnahmendurchaus besser klingen können. Das bereits 1974

veröffentlichte Album „Pretzel Logic“ von SteelyDan hat mit „Any major dude will tell you“ einenSong, der überwiegend aus akustischen und elek-troakustischen Instrumenten besteht; nebst der ge-nannten Gitarre gibt es ein wunderbar authentischklingendes Schlagzeug sowie ein Wurlitzer-200A-Elektropiano. Dass bei Steely Dan in Sachen Studio-technik und interpretatorischer Perfektion schon im-mer Vollprofis am Werk waren, ist hier unverkennbarzu hören. Die Aufnahme ist ungemein stimmig, aus-gewogen, trotz dichter Instrumentierung jederzeitakustisch durchlässig (wer drauf achtet, kann jedesInstrument separat verfolgen) – bringt aber aucheinen harmonischen Ensemble-Klang. Wenn – jawenn – die Kette mitspielt. Und über die Genelecsfunktioniert das nachgerade famos. Während beidem Dire-Straits-Song die Gitarre zwar durchausbeeindruckend klingt, haftet ihr aber auch stets eineleichte tonale Verfremdung an. An der einen Stelleetwas zu bauchig, an der anderen wiederum etwaszu spitz im Mittelhochtonbereich. Etwas gutmüti-gere Lautsprecher – wie meine Tannoy TurnberryGR – überdecken das gnädig. Wie es gewisserma-ßen richtig zu klingen habe, das zeigen die Genelecsdann bei dem Steely-Dan-Song: Die Gitarren habenVolumen, Durchsetzungskraft, Attack, fein abge-stimmte Mitten und Höhen – alles scheint im Lotzu sein.

Doch nicht nur, dass wir bei den Genelecs eine tonalüber alle Instrumente und Frequenzbereiche realisti-sche, authentische Darbietung hören – auch die Artund Weise, wie sich der Schall von den Lautspre-chern löst, ist mustergültig und der Preisklassemehr als angemessen. Wer die Augen schließt, derwähnt die Band im eigenen Wohnzimmer. Auffälligbei der Genelec ist, dass sie dies auch dann imSinne einer überzeugend großen und tiefen stereo-fonen Raumdarstellung schafft, wenn die Lautspre-cher nicht sehr weit auseinanderstehen. Im Gegen-teil, ich habe die besten Erfahrungen mit einemetwas „spitzeren“ Hördreieck gemacht: also 2 MeterHörabstand, 1,70 Meter Abstand zwischen den Laut-sprechern. Dann rastete das Gesamtbild nicht nurstimmig ein, es war auch absolut ortungsscharf undtief.

Hierzu ein weiteres schönes Erlebnis – zurück zuDire Straits: Bei „Private Investigations“ kommt im-mer wieder überraschend auf „4 und“ ein kurzer,scharfer Shakersound (z. B. bei Timecode 0:39) zum

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Einsatz, der im Stereopanorama weit links außenpositioniert ist. Als meine Tochter zu Besuch war, batich sie, mit geschlossenen Augen dorthin zu zeigen,wo sie diesen Shaker vermutete. Sie zeigte (so wieich es auch getan hätte) auf eine imaginäre Stelle si-cherlich einen Meter weiter links von der linken Boxentfernt. Mit anderen Worten: Selbst bei vergleichs-weise geringer Basisbreite ist – vermutlich bedingtdurch das günstige Abstrahlverhalten – eine breite,den Raum gut füllende stereofone Bühne gegeben.Insgesamt erinnert mich die Gangart der Genelecsübrigens an die Nubert nuVero 10, die ich vor mehrals vier Jahren getestet habe. Mit dem Unterschied,dass sie aber in jeder Disziplin noch einen Zackenbesser, genauer, transparenter, klarer agieren.

In Sachen Dynamik ist die Genelec 8351 geradezueiskalt. Richtiggehend ungerührt schleudert sie imsinistren Mittelteil des Songs „Private Investigati-ons“ die kurzen Licks der E-Gitarre (Timecode 3:58beispielsweise) in den Raum. Und wenn der Schlag-zeuger auf die Crashbecken geht, während im Bassein Ton machtvoll angeschlagen wird und danachstehen bleibt, dann wird auch dies mit Wucht undNachhaltigkeit – und völlig mühelos aus der Ruheheraus – präsentiert. Das langsame Verklingen undAusschwingen – und zugleich die in den Vorder-grund tretende Synthesizerfläche – wird ebenso de-tailreich und klar wiedergegeben. Interessant: Hatteich mir doch vor einem Jahr meine Tannoy Turn-berry GR unter anderem auch aufgrund ihrer famo-sen Dynamikfähigkeiten gekauft.

Schnell ein paar weitere Strippen gezogen und quergehört: Ja, in Sachen Dynamik sind Genelec undTannoy wirklich absolut gleichauf, das gibt sich nicht

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Der Mittel-Hochton-Koax der Genelec

viel. Anders sieht es aus im Bereich der Tonalitätbeziehungsweise der Auflösung: Die Genelec wirktgerade in den oberen Mitten und Höhen merklichdetailreicher und insgesamt einen Zacken transpa-renter. Die Tannoy scheint mir im Direktvergleich ge-rade im Bereich der Übergangsfrequenz zwischenTief- und Hochtonbereich etwas unsauberer abzubil-den, hörbar beim Konzertflügel des Songs, aberauch bei der akustischen Gitarre. Irgendwie fühltesich der ganze Song über die Genelecs tonal „richti-ger“ und reiner an. Gut, die Turnberry konnte dannin einem anderen Bereich punkten, denn sie ließmich noch mal tiefer in den Song eintauchen,brachte ihn noch „flächiger“ („Wall of Sound“-mäßiger, übertrieben gesagt) in den Raum, wasmöglicherweise auch mit der schlicht und einfachgrößeren Tieftonmembranfläche zusammenhängendürfte. Allerdings regte sie den Raum auch insge-samt mehr zu nicht gewünschten Schwingungenan – was nicht verwundert, denn ihre Frequenzwei-che beziehungsweise mein Amp (der Abacus Am-pollo) ist natürlich im Gegensatz zum Genelec-Pär-chen nicht auf den Raum eingemessen worden.

Zur Topform laufen die Genelecs auf, wenn man ih-nen exquisite Kost serviert. Nehmen wir den Sängerund Gitarristen Eugene Ruffolo, der unter anderemauch auf dem Stockfisch-Label einige wirklich wun-derschöne Aufnahmen präsentiert. Der Song „TheSame Kind Words“ ist eine ruhige Ballade mit per-lenden Gitarren und vielen weiteren akustischen In-strumenten, unter anderem meine ich eine Harfeoder ein Hackbrett auszumachen. Nicht nur kompo-sitorisch und künstlerisch, sondern auch in SachenAufnahme, Produktion und Mastering ist dieScheibe „The Same Kind Words“ über alle Zweifelerhaben – das Stockfisch-Label ist ja inzwischen für

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die Breite. Je lauter es wird, desto breiter, flächiger,größer scheint auch der Raum angeregt zu werden –sie in die Verzerrung oder Kompression zu bringen,gelingt mir in meinem Wohnraum nicht ohne Provo-kation eines Polizeieinsatzes wegen Ruhestörung.Etwas anders die Genelecs: Auch sie werden – lo-gisch – lauter und lauter, je mehr man die Reglernach rechts dreht, aber der „Rest“ der Darbietungbleibt davon auf eine gewisse Weise unbeeindruckt,das heißt die gefühlten Abmaße der „Hörzone“ blei-ben auf einer ähnlich kompakten, klar umrissenenEbene. Beides hat nun seine Vorzüge – als Genuss-mensch macht mir die Gangart der Tannoy mehrSpaß, aber es gibt sicherlich auch Menschen, die esschätzen, dass die Genelec in dieser Hinsicht etwas„kontrollierter“ agiert.

Wenn wir in die „realistisch laute“ Hörsituation zu-rückkehren, würde ich der Genelec das Talent be-scheinigen, sowohl flink als auch tief gehend aufzu-spielen. Häufig erkauft man sich ja eine profundeTiefbassdarstellung mit einem gewissen Verlust anKontrolle in der einen oder anderen Disziplin – dasist bei den Genelecs definitiv nicht der Fall. Schöntief und schön kontrolliert.

Apropos Kontrolle: Ich hatte Ihnen ja versprochen,noch einmal zu erläutern, welchen Einfluss das Ein-messen des Lautsprechers auf den Klang hat. Vorabsei gesagt, dass die Genelec 8351 ihren Besitzerbereits „direct from Karton“ mit einem präzisenKlang, guter Dynamik und einer sehr sauberen ste-reofonen Bühnenabbildung erfreuen. Doch wer die6.660 Euro Paarpreis für die Genelecs investiert undsich dann ausgerechnet den Einmessvorgang spart,

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seine klar und transparent klingenden Aufnahmenrichtiggehend berühmt. Und was dann über die Ge-nelecs in den Raum fließt, ist tatsächlich zum Nie-derknien schön: Die Musik löst sich völlig von denLautsprechern und flutet das Wohnzimmer, die Gi-tarren perlen, der akustische Bass kommt klar, sau-ber, definiert und voluminös, die Stimme nah, di-rekt, frei von jeglichen unerwünschten Artefaktenoder Zischlauten. Auch zeigt sich, dass die Höhender Genelecs zwar präsent sind, aber trotzdem nichtper se „spitz“ klingen müssen. Wenn die Produktiongut ist, dann haben wir Transparenz und Präsenzohne Härten oder gefühlte Überbetonung diesesFrequenzbereichs. Eine solche Abstimmung ist ja oftein schmaler Grat. Die Genelecs wandeln auf die-sem sehr sicher.

Übrigens: In Sachen Bass stehen die Genelec 8351bei normalen Abhörlautstärken meinen Tannoy-Standlautsprechern in nichts nach. Im Gegenteil – jenach dem den Tannoys vorgeschaltetem Verstärkerkönnen die Genelecs untenrum durchaus noch et-was mehr Wucht als die Turnberry entfalten, das hatmich dann doch überrascht. Interessant ist aberauch zu hören, was geschieht, wenn man die Laut-stärke peu à peu mehr aufreißt.

Wenn es richtig laut ist und der Besenstiel des „Un-termieters“ von unten im Takt der Musik gegen mei-nen Fußboden klopft, dann öffnet sich bei der Tan-noy auch mehr und mehr der akustische Eindruck in

Blick in einen der charakteristischen „Bassschlitze“ der Genelec8351

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der macht wirklich einen Fehler: Denn durch dieseEinmessung kann die Genelec erst, um es mal mitJogi Löw zu sagen, ihr volles Potenzial abrufen. „Jagut, eh“ (Franz Beckenbauer), es hängt natürlichstark vom Raum ab: In einem Regieraum der Profi-klasse wird die Software weniger zu korrigieren ha-ben als in einem Wohnzimmer, das außer von HiFi-Freaks auch noch von ganz normalen Menschenbewohnt wird.

Bei mir zu Hause verbesserten sich jedenfalls zweiDinge durch die Einmessung – und nachfolgendeKorrektur – gewaltig: Der Bass kam deutlich trocke-ner und präziser und die gesamte Räumlichkeit ras-tete noch besser ein. Während meine Tannoys – wasich durchaus auch schätze, ich bin eher so der Sinn-liche – insgesamt mehr im Raum „anstellen“, gehtvon den Genelecs nach der Einmessung etwas gera-dezu „Sakrales“ oder „Amtliches“ aus: Man hat dasGefühl, das Wohnzimmer tatsächlich für die Zeit desMusikgenusses in eine Art Tonstudio-Regie zu ver-wandeln.

Das mag für den einen oder anderen Leser jetzt am-bivalent erscheinen (man will doch genießen, undkeine „Fehler“ serviert bekommen), aber so einfachist die Chose eben nicht. Klar, den vollendeten Ge-nuss bekommt man über die Genelecs nur mit pro-duktionstechnisch wirklich einwandfreier Kost. Dochandererseits kann man eben auch auf weniger gu-ten – oder schon tausendmal gehörten – Aufnahmenjede Menge spannender Dinge entdecken. Mir ginges mit dem Song „Promenade“ von U2 (Album:„The unforgettable fire“) so: Als sich der Song zumersten Refrain aufschwingt, fiel mir über die Gene-lec erstmals auf, dass sich in dem nicht unbeträchtli-chen Grundrauschen der Produktion auf dem linkenKanal ein paar perkussive, metallische Klänge ver-steckten – so als würde man bei einem Metallophonhohe Töne spielen und sofort wieder abstoppen.Toll, wie deutlich die Genelec das herausschält!

Schielen wir noch mal eine Preisklasse höher: ImSeptember 2013 durfte ich mich mit der Elac FS 507VX-Jet befassen, die als Standalone-Passivlautspre-cher mit einem Paarpreis von knapp 10.000 Euro eti-kettiert sind. Geht denn da noch mehr? Ja und nein.Es ist vielleicht eher Geschmackssache. Wenn manes auf die Spitze treiben wollte, dann müsste mandie Genelec als „Abhöre“ bezeichnen und die Elacals „Tonmöbel“. Die Genelec liefert insgesamt noch

mehr Details, während die Elac eher mit einem ge-wissermaßen holistischen Ansatz dem musikali-schen Fluss oder auch Gesamterlebnis huldigt. Na-türlich vermittelt die Elac auch durch ihr Äußereseine gewisse „Konzertflügel-Atmosphäre“, die reinklanglich zwar nicht für jeden Hörgeschmack einenGewinn darstellen wird, sich aber wohl optisch ge-fälliger in manchen Wohnraum integriert. Trotzdem,und damit möchte ich den Kreis schließen: Wenn esauch keine Liebe auf den ersten Blick war, die Gene-lec 8351 gebe ich nur sehr, sehr ungern wieder her,denn sie hat mir spannende Entdeckungsreisen be-schert. Espresso statt Cocktail – warum eigentlichnicht?

Test-Fazit: Genelec 8351

Die Genelec 8351 spielt geradezu unglaublich direktund transparent, und das vor allem in tonaler undräumlicher Hinsicht. Sicherlich wird nicht jeder da-mit glücklich, denn diese Ehrlichkeit muss man auchwollen – wenn es auf einer Aufnahme Schwachstel-len gibt, dann wird die Genelec 8351 sie präsentie-ren.

Aber (und das ist ein laut und deutlich ausgespro-chenes Aber): Im Gegenzug bekommt man mit derGenelec die Chance, seine gesamte Musiksamm-lung noch einmal neu zu entdecken und bei hoch-wertigen Produktionen allerhöchste Hörgenüsse zuerleben. Wir haben es hier im klassischen Sinne mit„Wandlern“ zu tun – mit der Präzision von professio-nellem Studioequipment wird hier nichts hinzuge-fügt, nichts kaschiert, es wird alles dargeboten, wasdie Aufnahme hergibt. Für manchen „Klang-Roman-tiker“ wird das wahrscheinlich nichts sein – aber eskann eben auch schnell verdammt süchtig machen.

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Die Genelec 8351 Aktivmonitore zeichnen sich ausdurch ...

eine ins „Unbestechliche“ gehende tonale Neu-tralität über den gesamten Frequenzbereich.

einen sehr sauber auflösenden und feinzeich-nenden Hochtonbereich, der eher hell als abge-dämpft erscheint.

sehr organisch an den Tief- und Hochtonbereichangekoppelte Mitten – die Existenz und Lokali-sation von Cross-over-Punkten ist zu keiner Zeithörbar.

einen klaren, definierten, wesentlich profunderspielenden Bass als es die Gehäusemaße ver-muten ließen.

eine stupende räumliche Darbietung mit nahezuvollständiger Ablösung der Musik von den Laut-sprechern – auch bei kleineren Abständen derLautsprecher ist die „empfundene Bühne“ ange-nehm breit.

eine ausgezeichnete Auflösung – mehr als manin dieser Preisklasse erwarten darf.

eine der Preisklasse absolut ebenbürtige Grob-und Feindynamik.

vielfältige klanglich Eingriffs- und Anpassungs-möglichkeiten, insbesondere zu nennen hierbei

der unkomplizierte und zahlreiche Vorteile brin-gende Einmessprozess.

eine sehr wertige Verarbeitung und ein absolutprofessionell zu nennendes Gesamtkonzept.

Fakten:

Modell: Genelec 8351Konzept: 3-Wege-Bassreflex-Aktivlautsprechermit DSP-basierter Raumeinmessung (optionalmit GLM-Kit)Preis: 6.660 Euro (Dunkelgrau), 7.060 Euro(Weiß)Abmessung & Gewicht: 452 x 287 x 278 mm(HxBxT), 19 kg/St.Sonstiges: analog und digital ansteuerbar, mit-tels Genelec-GLM-Kit auf den Raum einmessbarGarantie: 2 Jahre

Vertrieb:

Audio Export GmbHPfaffenstraße 25 | 74078 HeilbronnTelefon: 07131 – 263 60eMail: [email protected]: www.genelec.de

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