GenetischeDiagnostik - Springer · 2020. 3. 18. · DFP Untersuchungsmaterial Meist Lymphozyten aus...

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Wien. Klin. Wochenschr. Educ 2019 · 14:29–47 https://doi.org/10.1007/s11812-019-00094-0 Online publiziert: 21. November 2019 © Der/die Autor(en) 2019 Punkte sammeln auf ... SpringerMedizin.at Das DFP-E-Learning ist Teil des Diplom- Fortbildungs-Programms (DFP) der Österreichischen Ärztekammer und ermöglicht qualitätsgesicherte Fortbildung durch das Studium von Fachartikeln nach den Richtlinien des DFPs. Teilnahmemöglichkeiten: DFP Punkte Online, per Post, Fax oder eMail Der Multiple-Choice-Fragebogendes DFP kann bis zum jeweils angegebenen Datum eingereicht werden: – Online: Für eingeloggte User steht der Beitrag und der Fragebogen auf unserer Website unter http://www.springermedizin.at/zur Verfügung. – per Post: Prinz-Eugen-Straße 8-10, 1040 Wien – per Fax: +43 1 330 24 26 – per eMail (eingescannter Test) an: [email protected] Approbation Diese Fortbildungseinheit wird mit 3 DFP Punkten approbiert. Die Fortbildungs- punkte werden rasch und unkompliziert mit Ihrer ÖÄK-Nummer elektronisch verbucht. Kontakt und weitere Informationen Springer-Verlag GmbH Springer Medizin Susanna Hinterberger E-Mail: [email protected] SpringerMedizin.at DFP-Fortbildung Mateja Smogavec · Jürgen Neesen · Franco Laccone Institut für Medizinische Genetik, Zentrum für Pathobiochemie und Genetik, Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich Genetische Diagnostik Inhalt Genetische Beratung und Stammbaumanalyse Allgemeine gesetzliche Regelungen zur genetischen Beratung und Diagnostik Indikationen zur genetischen Beratung und zur genetischen Diagnostik Einteilung der genetischen Diagnostik Forschungsansätze, „nahe“ diagnostische Zukunft Methoden der Präimplantationsdiagnostik Angebot im Institut für Medizinische Genetik der MUW DFP-Fragen Ärztlicher Fortbildungsanbieter Klinische Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie, Universitätsklinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Wien, Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien, Österreich Lecture Board P. Balcke, St. Pölten W. Hilbe, Wien M. Köller, Wien R. Koppensteiner, Wien I. Lang, Wien K. Machold, Wien C. Marosi, Wien I. Pabinger, Wien E. Pohanka, Linz G.-H. Schernthaner, Wien M. Steurer, Innsbruck F. Thalhammer, Wien M. Trauner, Wien F. Weidinger, Wien C. Wenisch, Wien G. Zollner, Graz J. Zwerina, Wien D Wien. Klin. Wochenschr. Educ · 2019 29

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  • Wien. Klin. Wochenschr. Educ 2019 ·14:29–47https://doi.org/10.1007/s11812-019-00094-0Online publiziert: 21. November 2019© Der/die Autor(en) 2019

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    DFP-FortbildungMateja Smogavec · Jürgen Neesen · Franco LacconeInstitut für Medizinische Genetik, Zentrum für Pathobiochemie und Genetik, MedizinischeUniversität Wien, Wien, Österreich

    Genetische DiagnostikInhaltGenetische Beratung und StammbaumanalyseAllgemeine gesetzliche Regelungen zur genetischen Beratung und DiagnostikIndikationen zur genetischen Beratung und zur genetischen DiagnostikEinteilung der genetischen DiagnostikForschungsansätze, „nahe“ diagnostische ZukunftMethoden der PräimplantationsdiagnostikAngebot im Institut für Medizinische Genetik der MUWDFP-Fragen

    Ärztlicher Fortbildungsanbieter

    Klinische Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie, Universitätsklinik für Innere Medizin I,Medizinische Universität Wien,Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien, Österreich

    Lecture BoardP. Balcke, St. PöltenW. Hilbe, WienM. Köller, WienR. Koppensteiner, WienI. Lang, WienK. Machold, Wien

    C. Marosi, WienI. Pabinger, WienE. Pohanka, LinzG.-H. Schernthaner, WienM. Steurer, InnsbruckF. Thalhammer, Wien

    M. Trauner, WienF. Weidinger, WienC. Wenisch,WienG. Zollner, GrazJ. Zwerina, Wien

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    https://doi.org/10.1007/s11812-019-00094-0http://crossmark.crossref.org/dialog/?doi=10.1007/s11812-019-00094-0&domain=pdf

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    Genetische Beratung und Stammbaumanalyse

    Die erstmalige genetische Beratung ist ein umfassendes Gesprächmit den Ratsuchenden bzw. denEltern eines minderjährigen Patienten mit einer Erhebung der Eigen- und Familienanamnese,einer Analyse des Stammbaumes über drei Generationen des Ratsuchenden, einer Erhebungdes klinischen Status des Patienten mit Fotodokumentation und körperlicher Untersuchung,falls nötig, Übermittlung von Informationen über genetische Grundlagen und Vererbung dervermuteten bzw. bestehenden genetisch bedingten Erkrankung, Informationen über die Möglich-keiten der genetischen Abklärung, Erläuterung der Einverständniserklärung für die genetischeUntersuchung und eine anschließende Probenentnahme. Ein Befund mit den Erläuterungen hin-sichtlich möglicher Folgen für den Ratsuchenden selber und gegebenenfalls seiner Familie sowiemögliche therapeutische Optionen und evtl. Präventionsmaßnahmen werden dem Ratsuchendenentsprechend gesetzlicher Vorgaben im Rahmen eines Zweitgespräches ausführlich erläutert.

    AllgemeinegesetzlicheRegelungenzur genetischenBeratungundDiagnostik

    Die gesetzliche Vorgabe zur genetischen Beratung und Diagnostik regelt das Gentechnikgesetzin Österreich [1].

    Gemäß §69 des Gentechnikgesetzes darf eine genetische Analyse der Keimbahnmutationennur nach Vorliegen einer schriftlichen Bestätigung der zu untersuchenden Person, durch ver-tretungsbefugte Erziehungsberechtigte oder sonstige gesetzliche Vertreter durchgeführt werden.Vor einer genetischen Untersuchung muss die Person durch einen Facharzt für Humangenetik/medizinische Genetik oder einen für das Indikationsgebiet zuständigen Facharzt über derenWesen, Tragweite und Aussagekraft aufgeklärt werden, d.h. dass die genetische Beratung inÖsterreich ärztlich vorbehalten ist.

    Der Ratsuchende kann jederzeit mitteilen, dass er das Ergebnis der Analyse und der darausableitbaren Konsequenzen nicht erfahren möchte. Beratungen vor und nach einer genetischenAnalyse sind mit einem individuellen Beratungsbrief an den Ratsuchenden abzuschließen, indem die wesentlichen Inhalte des Beratungsgespräches in allgemein verständlicher Weise zu-sammengefasst sind. Der Datenschutz und Umgang mit den erhobenen Daten ist durch §71 desGentechnikgesetzes geregelt.

    Der untersuchten Person sind unerwartete Ergebnisse mitzuteilen, die von unmittelbarerklinischer Bedeutung sind oder nach denen sie ausdrücklich gefragt hat. Diese Mitteilung istinsbesondere dann, wenn die untersuchte Person nicht danach gefragt hat, so zu gestalten, dasssie auf die untersuchte Person nicht beunruhigend wirkt. In Grenzfällen kann diese Mitteilunggänzlich unterbleiben.

    Indikationen zur genetischen Beratung und zur genetischen Diagnostik

    DieIndikationenzurgenetischenBeratungsindsehrvielfältig.DiegenetischeBeratung ist indiziert,wenn die Symptomatik einer Person mit dem Auftreten oder der Wahrscheinlichkeit einer (epi-)genetisch bedingten odermitbedingten Erkrankung oder Entwicklungsstörung zusammenhängenkönnte. Die Indikation kann auch in einer subjektiven Besorgnis des Patienten bestehen [2].

    Es werden postnatale Untersuchungen wie differentialdiagnostische Untersuchungen (sym-ptomatische Person, Suche nach der genetischen Ursache), prädiktive Untersuchungen (asym-ptomatische Person, familiär bekannte Mutation), Testung auf Anlageträgerschaft bei autosomal-rezessiven Erkrankungen bzw. Konduktorinnenstatus bei X-chromosomal gebundenen Erkran-kungen sowie pränatale Untersuchungen unterschieden und auch genetische Untersuchungen imRahmen einer Präimplantationsdiagnostik.

    Einige Beispiele der Indikationen für genetische Beratung und genetische Diagnostik: un-erfüllter Kinderwusch und Infertilität, wiederholte Aborte, Präimplantationsdiagnostik, fetaleUltraschallauffälligkeiten bzw. pathologische biochemische Messungen während der Schwanger-schaft, neuropädiatrische Auffälligkeiten (faziale Dysmorphien, Fehlbildungen, Entwicklungsstö-rung, mentale Retardierung, Epilepsie), erbliches Tumorleiden (u. a. hereditäres Mamma- undOvarialkarzinom, hereditäres nicht-polyposes Kolonkarzinom (HNPCC, Lynch-Syndrom), Li-

    Genetische Beratung umfasst:Erhebung der Anamnese, Stamm-baumanalyse und Erläuterung derindikationsspezifischen Genetik

    Genetische Beratung vor ge-netischer Untersuchung: mussdurch Facharzt für Humangene-tik/medizinische Genetik/für dasIndikationsgebiet zuständigenFacharzt erfolgen

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  • DFP

    Tab. 1 Möglichkeiten der genetischenDiagnostik

    Zytogenetische/molekularzytogenetischeAnalysen

    Chromosomenanalyse

    Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)

    Array-CGH

    SNP-Array

    Molekulargenetische Analysen

    Fragmentlängenbestimmungvon Repeats bei durch Repeatseverlängerung bedingten Erkrankungen

    Sanger-Sequenzierung

    Multiplex Ligation-dependent Probe Amplification (MLPA) und/oder quantitative PCR

    Analyse von epigenetischenVeränderungen

    Next-Generation Sequenzierung

    Multi-Gen-Panels (einige dutzende Gene) bis zur 6713-Gene sog. Clinical Exome Sequencing, (CES)

    Whole Exome Sequencing (WES), Exomsequenzierung

    Whole Genome Sequencing (WGS)a, Genomsequenzierung

    Nicht-invasive pränatale Diagnostik (NIPT)aWird derzeit nicht in der Routinediagnostik angeboten

    Fraumeni-Syndrom), weitere erblich bedingte Erkrankungen im Erwachsenenalter (u. a. neuro-logische, neuromuskuläre, internistische, ophthalmologische).

    Einteilung der genetischen Diagnostik

    Genetische Diagnostik der Keimbahn kann grob in zytogenetische bzw. molekularzytogenetischeund molekulargenetische Analysen unterteilt werden (. Tab. 1). Die in der . Tab. 1 aufgeführtendiagnostischen Möglichkeiten werden aktuell routinemäßig in Österreich angeboten (außer einerGenomanalyse) und werden nachfolgend ausführlich aufgeführt. Ferner können diese Analysenbei entsprechender Indikation sowohl pränatal als auch postnatal durchgeführt werden.

    Genetische Analysen werden auch für die Detektion somatischer Mutationen z.B. in derTumorgenetik verwendet. Diese sind nicht Gegenstand dieser Arbeit.

    Chromosomenanalyse

    GrundlagenAls Chromosomenanalyse wird eine Untersuchung der Chromosomen mit Hilfe eines Lichtmi-kroskops bezeichnet. Für die Analyse sind kernhaltige, teilungsfähige und in der (Pro-) Meta-phase arretierte Zellen notwendig. Unter optimalen Bedingungen haben die Chromosomen eineAuflösung zwischen 550–800 Banden pro haploiden Chromosomensatz. Der Gesamtstatus derChromosomen in der Metaphase wird Karyogramm und die Darstellung des Chromosomen-bestandes einer Zelle, eines Gewebes oder eines Individuum als Karyotyp bezeichnet [3]. ZurDarstellung der Chromosomen können diese mit unterschiedlichen Farbstoffen angefärbt werden(z.B. Giemsa-Trypsin-Bänderung, GTG-Banding) und dann bei ca. 1000-facher Vergrößerungim Lichtmikroskop analysiert werden. Die Auswertung erfolgt in der Regel mittels spezifischerSoftware-Programme. Die Beschreibung einer Chromosomenanalyse erfolgt nach einem interna-tional anerkannten System ISCN (An International System of Human Cytogenomic Nomenclature)[4].

    IndikationenV.a. numerischeChromosomenaberration (z.B. Trisomie 21, 18, 13, Turner-Syndrom, Klinefelter-Syndrom), balancierte bzw. nicht-balancierte strukturelle Chromosomenaberration wie Translo-kationen, Inversionen (z.B. habituelle Aborte, familiär bekannte Translokation, Störungen derFertilität, Tumorzytogenetik).

    Genetische Diagnostikumfasst zytogenetische/molekularzytogenetische undmolekulargenetische Methoden

    Chromosomenanalyse erfolgt ankernhaltigen, teilungsfähigenZellen

    Indikation: V. a. numerische oderstrukturelle Chromosomenaber-ration mit Auflösungsgrenze vonmind. 5–10 Megabasen

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    UntersuchungsmaterialMeist Lymphozyten aus venösem Vollblut (3–10ml heparinisiertes Blut), Chorionzotten bzw.Fruchtwasserzellen, spezielle Fragestellungen: u. a. kultivierte Fibroblasten aus einer Hautbiopsie.

    AuflösungAuflösungsgrenze der klassischen Zytogenetik abhängig von der erreichten Bandenauflösungca. 5–10 Megabasen.

    Grenzen der MethodeKleine strukturelle Veränderungen an den Chromosomen sind nicht nachweisbar (Detektions-grenze

  • DFP

    Abb. 19 Vereinfachte Darstel-lung der Array-CGH-Methode. aDieschwarze Farbe repräsentiert dieKontroll-DNA, die hell-graue die Pati-enten-DNA. Das Gemisch der beidenDNA-Proben hat eine dunkel-graueFarbe.bDie hell-graue Farbe deutetauf einenÜberschuss der Patienten-DNA hin,was auf eine Duplikationhinweist, die schwarze Farbe zeigteine Unterrepräsentation der Pati-enten-DNA,was auf eine Deletion inder Patienten-DNA hindeutet

    ihrer unterschiedlichen Fluoreszenzintensitäten. Auch hier ermöglicht die Abweichung von derMischfarbe (rot-grün) die genomweite Feststellung von Duplikationen (stärkeres Farbsignal derPatienten-DNA) bzw. Deletionen (stärkeres Farbsignal der Kontroll-DNA) (. Abb. 1; [5]).

    IndikationenMikrodeletions- und Mikroduplikations-Syndrome; Charakterisierung des euchromatischen An-teils von Markerchromosomen und dessen potentielle klinische Auswirkung; multiple Fehlbil-dungen bzw. ungeklärtesDysmorphiesyndrom, psychomotorische Entwicklungsverzögerung bzw.geistige Behinderung, psychiatrische Krankheiten.

    UntersuchungsmaterialDNA aus EDTA-Blutprobe (3–10ml), DNA aus Chorionzotten bzw. Fruchtwasserzellen.

    AuflösungGenerell 50–100 Kilobasen, im Einzelfall können auch Zugewinne oder Verluste einzelner Exonsnachgewiesen werden.

    Grenzen der MethodeKeineniedriggradigenMosaike, keine Sequenzveränderungen, keine balancierten chromosomalenAberrationen, routinemäßig keine uniparenterale Disomie (UPD) nachweisbar.

    SNP-Array

    GrundlagenBei dieser Methode finden sich neben den Sonden zur Detektion von Zugewinnen und Verlustenauch ca. 50.000 Proben zur Identifizierung von SNPs (Engl. „Single Nucleotide Polymorphism“,Deutsch: Einzelnukleotidpolymorphismen). In der Regel liegt die Mehrzahl dieser SNPs heterozy-got vor, sodass größere Bereiche bei denen dieseHeterozygotie nicht nachweisbar ist üblicherweiseals LOH (Loss of Heterozygosity) bzw. als ROH (Region of Homozygosity) bezeichnet werden, leichtidentifiziert werden können [3]. Die computergestützte Analyse kann dann zwischen dem Vorlie-gen einerDeletion oder einer Region mit dem identischenHaplotyp beiderChromosomen (ROH)unterscheiden. Neben einemEinsatz in der Tumorgenetik werden SNP-Arrays häufig bei Kindernaus konsanguinen Familien eingesetzt, um homozygote Bereiche nachzuweisen. Diese Regionenkönnen folgend auf solche Gene überprüft werden, die potentiell als Ursache der Symptomatikbei diesen Kindern in Frage kommen.

    SNP-Array: genomweite Detektionvon nicht-balancierten chromoso-malen Aberrationen und Detektionvon uniparentaler Isodisomie (UPD)

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  • DFP

    IndikationenWie Array-CGH jedoch zusätzlich Nachweis von uniparenteralen Isodisomie (UPD) und LOHs.

    UntersuchungsmaterialWie bei Array-CGH.

    AuflösungAbhängig vom verwendeten Array (etwa 100–200 Kilobasen), LOH je nach Auflösung 2–10 Me-gabasen.

    Grenzen der MethodeKeineniedriggradigenMosaike, keine Sequenzveränderungen, keine balancierten chromosomalenAberrationen nachweisbar.

    Analyse der Repeat-Erkrankungen

    GrundlagenBei den sogenannten Repeat-Erkrankungen handelt es sich um Veränderungen in der Anzahlaufeinanderfolgender Wiederholungen von (meist) Trinukleotiden, wie z.B. des TrinukleotidsCAG bei der Chorea Huntington. Bei der Anzahl der Repeats wird häufig zwischen der Anzahlim Normbereich und im pathologischen Bereich („Vollmutation“) unterschieden. Öfter gibt eszwischendiesenbeidenExtremen einen sog. Zwischenbereich, der oftnicht eindeutig einzuordnenist (in einigen Fällen als „Prämutation“ bezeichnet). Solche Trinukleotide zeichnen sich oftmalsdurch eine Instabilität aus, d.h., dass es in der Keimbahn eines Elternteils zu einer Zunahme derRepeatzahlkommenkann,beiderChoreaHuntingtonkannes sobeidenKinderneinesBetroffenenzu einer Verschlimmerung der Symptomatik kommen (sog. Antizipation). Die Zunahme kannunter Umständen eine Prämutation oder im Extremfall eine Vollmutation bedingen. Bei denPrämutationenbefindensichdieRepeatzahlennochunterhalbderGrenze fürdievolleAusprägung/Entwicklung der Erkrankung und haben abgesehen von der Expansionsmöglichkeit bei derWeitergabe an die nächste Generation i. d.R. keine klinische Bedeutung (z.B.Myotone DystrophieTyp 1) oder können u.U. ein anderes, weniger schwerwiegendes Krankheitsbild verursachen (z.B.das Fragile-X-assoziierte-Tremor-Ataxie-Syndrom (FXTAS) bzw. POF (premature ovarian failure)bei Frauen mit Prämutation im FMR1-Gen für das Fragile-X-Syndrom). Eine Expansion einesRepeats führt ab einem bestimmten Schwellenwert zur Vollmutation mit Beeinträchtigung vonFunktion bzw. Expression des Genproduktes, was letztendlich die Erkrankung hervorruft.

    IndikationenVerschiedene Repeat-Erkrankungen (u. a. Huntington-Erkrankung, Fragiles-X-Syndrom, spino-zerebelläre Ataxien, Myotone Dystrophien).

    UntersuchungsmaterialDNA aus EDTA-Blutprobe (3–10ml), DNA aus Chorionzotten bzw. kultivierten Fruchtwasser-zellen.

    AuflösungAnalysiert wird nur ein spezifisches Repeat.

    Grenzen der MethodeKeine Veränderungen außerhalb des Repeats nachweisbar, bei Homozygotie kann ein Allele-Dropout (Allelausfall; nur ein Allel wurde untersucht) nicht völlig ausgeschlossen werden.

    Repeat-Erkrankungen: Antizipati-on, Prämutation, Vollmutation

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  • DFP

    Sanger-Sequenzierung

    GrundlagenBeiderDNA-SequenzierungnachSanger (auchalsDideoxymethode,KettenabbruchmethodeoderSanger-Sequenzierung bezeichnet) handelt es sich grundsätzlich um die Analyse der primären,linearen Basenzusammensetzung eines DNA-Abschnittes [6].

    IndikationenZ.B. zur molekulargenetischen Sicherung einer klinischen Diagnose (z.B. Sichelzellanämie) mitAnalyse eines Gens, Analyse mehrerer kleiner Gene (da dies kostengünstiger als eine NGS-Analyse ist), prädiktive/differentialdiagnostische Untersuchung auf familiär bekannte Sequenz-veränderung, Bestätigung der Sequenzveränderungen, die mittels NGS-Methoden (siehe unten)detektiert worden sind.

    UntersuchungsmaterialDNA (aus EDTA-Blutprobe, Mundschleimabstrich, Chorionzotten, Fruchtwasserzellen, Gewe-beproben etc.).

    AuflösungVeränderungen einzelner bis mehrerer Nukleotide.

    Grenzen der MethodeIn der Regel keine Aussage über Deletionen/Duplikationen einzelner Exons im Gen bzw. desgesamten Gens möglich, Mosaike

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    Epigenetik und genomisches Imprinting

    GrundlagenGenetische Informationen können in einer reversiblen elternabhängigen DNA-Modifikation ver-mittelt werden. Bei identischer Nukleotidsequenz des maternalen und paternalen Allels hängt beimanchenGenen die Expression von der elterlichen Prägung ab (Epigenetik). Vereinfacht bedeutetdies, dass ein bestimmtes Gen nur exprimiert wird, wenn es auf dem Chromosom lokalisiert ist,welches vom Vater bzw. von der Mutter stammt. Im menschlichen Genom weisen zwischen 100und 200 Gene eine elternspezifische Prägung auf und diese Gene befinden sich in der Regel inImprinting-Clustern. Diese haben ein Imprintingzentrum (Engl.: imprinting control region, ICR),das die Methylierung dieser Gene und die Prägung über die gesamte Region reguliert. Für jedeeinzelne dieser Regionen ist in somatischen Zellen ein spezifisch erkennbares Muster festgelegt,das auch „Imprintingsmuster“ (sog. Prägungsmuster) genannt wird. Die Methylierung ist einerder wichtigsten und bekanntesten Mechanismen, die bei der Regulation von Genexpression eineRolle spielt (unter DNA-Methylierung versteht man die Einführung von -CH3 Methylgruppen indie DNA durch DNA-Methyltransferasen). In Säugerzellen im Kontext des Imprintings spielendie sog. „CpG-Insel“ eine zentrale Rolle, die sich meistens im Bereich von Promotoren (regulie-ren Expression der Gene) bzw. regulatorischen Regionen befinden. Eine massive Methylierungspezifischer Regionen führt zu einer chemischen Modifikation der DNA und in Folge zu einerInaktivierung der Gene.

    In der Keimbahn wird das in somatischen Zellen erkennbare Methylierungsmuster gelöschtund anschließend entsprechend demGeschlecht neu hergestellt. Im Rahmen der Spermatogeneseerhalten alle Spermien ein männliches Imprintingmuster, im Rahmen der Oogenese alle Eizellenein weibliches Imprintingmuster. Somit ist es gewährleistet, dass eine befruchtete Eizelle bzw. einEmbryo ein ausgeglichenes und korrektes Imprinting des gesamten Genoms aufzeigt und dieseswird unter der Kontrolle regionaler Imprintingzentren auf den einzelnen Chromosomen überalle folgenden Zellteilungen hindurch aufrechterhalten.

    Eine Imprintingstörung kann durch verschiedene Mechanismen entstehen:a. Vorliegen einer Mikrodeletion, durch die der Chromosomenabschnitt mit der exprimierten

    Genkopie verloren geht (die Mehrheit der Patienten mit Prader-Willi- und Angelman-Syndrom). Je nachdem, ob die Deletion auf dem väterlichen oder mütterlichen Allel liegt,können unterschiedliche Krankheitsbilder entstehen (15q11-q13-Region: Deletion desmaternalen Allels führt zum Angelman-Syndrom, Deletion des paternalen Allels zum Prader-Willi-Syndrom).

    b. Vorliegen einer uniparentalen Disomie (UPD), wenn zwei homologe Chromosomen vom glei-chen Elternteil stammen. Bei der maternalen UPD (matUPD) fehlt das paternale Chromosom.Sollte auf diesem Chromosom ein Imprinting vorliegen und nur die väterliche Region aktivsein, geht die Funktion der Gene, die nur auf dem väterlichen Exemplar dieses Chromosomsexprimiert werden (z.B. eine matUPD15 in der Prader-Willi-Region enthält nicht die not-wendige aktive väterliche Kopie und somit bedingt sie das Prader-Willi-Syndrom) verloren.Umgekehrt gilt dies bei einer paternalen UPD des Chromosoms 15 (patUPD15) im Falle desAngelman-Syndroms. Bei einer nachgewiesenen UPD bei einem Kind sollte eine Chromoso-menanalyse der Eltern erfolgen, um eine Chromosomenstörung, die das Auftreten der UPDprädisponiert, auszuschließen (z.B. eine Robertsonsche-Translokation).

    c. Eine Genmutation in einem aktiven Gen, das dem Imprinting unterliegt. Eine solche Mutationkann von einem asymptomatischen Elternteil vererbt werden. Ein Beispiel dafür ist eineMutation des (im Gehirn) maternal exprimierten UBE3A-Gens für das Angelman-Syndrom.Wenn ein Kind eine pathogene Mutation im UBE3A-Gen vom Vater erbt, hat dies keineAuswirkungen (die notwendige und physiologisch aktive mütterliche Kopie ist ja intakt), wenndiese jedoch von der Mutter ererbt wird, entwickelt das Kind das Angelman-Syndrom. Indiesem Fall besteht auch ein Wiederholungsrisiko von 50% für nachfolgende Geschwister.

    d. Das Vorliegen einer Störung des Imprintingzentrums. Die wichtigste Ursache des Beckwith-Wiedemann-Syndroms ist der Verlust der maternalen Methylierung in der Imprintingregion11p15.5, während der Verlust der Methylierung des paternalen Allels ein Silver-Russel-Syndrom verursacht.

    Epigenetik: Regulation bzw.Expression derGene; 100–200Genemit elternspezifischer Prägung;uniparentale Disomie (UPD)

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  • DFP

    e. Das Vorliegen einer Duplikation des imprimierten Gens, wenn es auf ein Gleichgewichtzwischen verschiedenen mütterlich oder väterlich geprägten Genen ankommt (z.B. maternaleDuplikation beim Silver-Russel-Syndrom, paternale Duplikation beim Beckwith-Wiedemann-Syndrom).

    IndikationenHäufiger vorkommende Erkrankungen: Angelman-Syndrom, Prader-Willi-Syndrom, Beckwith-Wiedemann-Syndrom, Silver-Russel-Syndrom, matUPD14, patUPD15.

    UntersuchungsmaterialQualitativ hochwertige DNA (aus EDTA-Blutprobe 3–10ml, Chorionzotten bzw. kultiviertenFruchtwasserzellen).

    AuflösungImprintingstörungen einer bestimmten Region.

    Mitochondriale Erkrankungen

    GrundlagenEukaryontische Zellen haben neben dem nukleären Genom ein mitochondriales Genom in Formeines ringförmigen Doppelstranges (mtDNA) mit 16.569 Basen in zahlreichen Kopien, das sich indenMitochondrien befindet. Das mtDNA-Molekül enthält insgesamt 37 Gene, 13 davon kodierenfür bestimmte Proteine derAtmungskette (der oxidativenPhosphorylierung), die anderen 24Geneenthalten die Information zur Herstellung der 22 tRNA- und 2 rRNA-Molekülen, die für dieSynthese der mitochondrial kodierten Polypeptide notwendig sind.

    Der Mensch erhält alle funktionellen Mitochondrien über die Eizelle von seiner Mutter. Eshandelt sich somit um eine mitochondriale bzw. maternale Vererbung (eine Mutter mit einerMutation in ihrer mtDNA kann diese Mutation an alle Nachkommen weitergeben, wogegen einVater mit der gleichen Mutation in der mtDNA diese an keinen seiner Nachkommen weitergibt).Die mtDNA wird unabhängig vom Zellzyklus in jedem Mitochondrium individuell repliziert.Die Mitochondrien werden während der Oogenese zufällig vom Oogonium auf die primärenOocyten aufgeteilt. Auchbei weiteren Zellteilungen verläuft die Verteilung zufällig. Eine bestimm-te mtDNA-Variante kann so nur einen Teil der mDNA-Kopien betreffen (sog. Heteroplasmie),oder eine Zelle enthält nur Mitochondrien mit mutierter oder nur mit normaler mtDNA (sog.Homoplasmie). Die phänotypische Auswirkung der mitochondrialen Variante hängt häufig vomVerhältnis der Anzahl zwischen normaler und veränderter mtDNA in den Zellen ab. Dieses kannzwischen unterschiedlichen Organen und im Verlauf mehrerer Zellteilungen stark variieren, waseine Variabilität der Symptome bzw. Expressionsstärke der Symptome über die Zeit verursacht.Organe, die einen hohen Energiebedarf haben, wie Muskeln, Nervenzellen und Retina werdenje nach Erkrankung im unterschiedlichen Ausmaß in Mitleidenschaft gezogen. Eine unvollstän-dige Penetranz (Penetranz bedeutet die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Genotyp denentsprechenden Phänotyp bedingt) und eine variable Expressivität (Schweregrad des Phänotyps)sind typische Merkmale für alle mitochondrial vererbten Krankheiten.

    Die Mehrzahl von mitochondrialen Atmungskettenproteinen und aller anderen mitochondri-alen Proteine werden jedoch nukläer kodiert.

    IndikationenEnzephalo-, Myo-, Kardiomyopathie, Ataxie, retinale Degeneration, Lähmungen der äußerenAugenmuskeln, eine Entwicklung von Laktatazidose bei leichter körperlicher Belastung, in derSkelettmuskulatur mikroskopisch bestehende sog. „ragged red fibers“ (subsarkolemmale An-sammlungen von Mitochondrien).

    UntersuchungsmaterialMuskelgewebe, EDTA-Blutprobe (3–10ml).

    Mitochondriale Erkrankungen: mi-tochondriale Vererbung überdie Mutter; Heteroplasmie/Homoplasmie; variable Expressivi-tät und unvollständige Penetranz

    Wien. Klin. Wochenschr. Educ · 2019 37

  • DFP

    Tab. 2 NGS-AnalysenKleines Multi-Gen-Panel

    Klinisches Exom (CES) Exom-Sequenzierung(WES)

    Genom-Sequenzierung(WGS)b

    Ziel-sequenz

    Mehrere im Panel defi-nierte Gene (bis mehre-re 100 Gene)

    6713krankheitsassoziierteGenea

    Etwa 20.000–25.000 Gene (alle kodierendeBereiche der bekannten proteinkodierendenmenschlichenGene; etwa 180.000 Exons; nur1,5%des gesamtenGenoms)

    Gesamtes humanes Genom

    Indika-tionen

    Spezifische, für dieFragestellung relevante,Gene

    Schwierig einzuordnendeKrankheiten und Differenti-aldiagnosen (krankheitsas-soziierte Gene)

    SchwierigeinzuordnendeKrankheiten und Differentialdiagnosen

    SchwierigeinzuordnendeKrankheiten und Differential-diagnosen

    Unter-suchungs-material

    DNA aus EDTA-Blutprobe (3–10ml), Chorionzotten bzw. Fruchtwasserzellen, andere Gewebeproben

    Vorteile Sequenzveränderungen und CNV-Analyse zur Detekti-on von Deletionen bzw. Duplikationen in kodierendenBereichen der im Panel umfassten Bereiche der Gene

    Sequenzveränderungen und CNV-Analysezur Detektion von Deletionen bzw. Duplika-tionen des Exoms

    Sequenzveränderungen undCNV-Analyse zur Detektion vonDeletionen bzw. Duplikationendes gesamtenGenoms

    Nachteile Differentialdiagnostischrelevante Gene oftnicht enthalten;wenigflexibel

    ErhöhteWahrscheinlichkeit für VUS

    Große Datenmengenmüssen ausgewertetund interpretiert werden, hohe Wahrschein-lichkeit für VUS

    Große Datenmengenmüssenausgewertet und interpretiertwerden, hohe Wahrscheinlich-keit für VUS

    Zusatz-befunde

    GeringeWahrscheinlichkeit

    ErhöhteWahrscheinlichkeit

    HoheWahrscheinlichkeit

    HoheWahrscheinlichkeit

    Grenzender Me-thode

    Sequenzveränderungen und CNVs außerhalb der analysierten Bereiche (tiefe intronische Bereiche),strukturelle Rearrangements, epigenetische Veränderungen, Repeaterkrankungen

    Strukturelle Rearrangements,epigenetische Veränderungen,Repeaterkrankungen

    CES Clinical Exome Sequencing, klinisches Exom,WESWhole Exome Sequencing, Exomsequenzierung,WGSWhole Genome Sequencing, Genomsequen-zierung, VUS Variante unklarer Signifikanz, CNV KopienzahlvariantenaIm expanded Kit der CES-AnalysebWGS wird nicht in der Routinediagnostik angeboten

    Next-Generation Sequenzierung (NGS)

    GrundlagenEs handelt sich um eine parallele Sequenzierung einer großen Anzahl von Genen bis hin zum „ge-samten“ Genom. Es werden kleine Multi-Gen-Panels von großen Multi-Gen-Panels (KlinischesExom (Clinical Exome Sequencing, CES)), die Exomsequenzierung (Whole-exome Sequencing,WES) sowie die Sequenzierung des gesamte Genoms (Whole-genome Sequencing, WGS) unter-schieden (. Tab. 2). Die WGS wird derzeit noch nicht in der Routinediagnostik angeboten.

    Der Prozessfluss umfasst die Fragmentierung (mechanisch oder enzymatisch) der genomi-schen DNA, das Anhängen der Adaptersequenzen an die erzeugten DNA-Fragmente und dieHybridisierung mit der Capture-Library (sog. Region of interest, ROI), Reinigung der durch dieSonden gebundenen DNA-Fragmente mit magnetischen Kügelchen (Beads) für die Gewinnungder gewünschten Zielregionen und die Amplifikation der gereinigten Zielregionen. Anschlie-ßend erfolgt die Sequenzierung auf einer automatisierten Sequenzierplattform (u. a. Illumina,ThermoFisher). Bei der Sequenzierung des gesamten Genoms gibt es Abweichungen zu dem o.g.Prozess.

    Die gesamten, so hergestellten DNA-Abschnitte werden parallel in kleinen Sequenzierungen(„Minisequenzieren“) analysiert, die sich hunderttausendfach auf dem „Nanochip“ befinden.Dazuwird der gleiche DNA-Abschnitt mehrere hunderte bis zu tausend Mal sequenziert (sog. Reads).Somit wird eine große „Sequenziertiefe“ (sog. Coverage) erreicht, was auch die Detektion vonVeränderungen in nur einem Teil der Körperzellen (niedriggradiges Mosaik) ermöglicht.

    Die NGS-Methode ermöglicht zusätzlich auch Hinweise auf Kopienzahlvarianten (Engl.: CopyNumber Variation, CNV). Das Prinzip dieser Methode besteht darin, dass die Anzahl der Sequen-zierungen (Reads) einzelner Exone einer Probe mit anderen Proben untereinander verglichenwerden kann. Als Kontrollen dienen DNA-Proben von Patienten, die in der Vergangenheit bereitsmit derselben Methode untersucht worden waren. Spezifische Algorithmen ermöglichen dann

    NGS: massive parallele Analyseeiner Großzahl von Genen; Reads,Coverage

    38 Wien. Klin. Wochenschr. Educ · 2019

  • DFP

    eine vergleichende Analyse. Damit können Deletionen und Duplikationen einzelner bzw. meh-rerer Exone des gesamten Gens bzw. größere Deletionen bzw. Duplikationen potentiell detektiertwerden.

    Bei denCES-, vor allemaberbei denWES-bzw.WGS-AnalysenkanneineEinzel-Untersuchungvom Indexpatienten erfolgen, eine sog. Duo-Untersuchung von z.B. zwei Betroffenen in derFamilie (Geschwister) oder eine Trio-Analyse vom Indexpatienten und seinen Eltern oder weiteremögliche Kombinationen. Bei einer Trio-Exom-Diagnostik wird sowohl bei dem Patienten alsauch den Eltern eine exomweite Analyse (WES) durchgeführt. Somit ist es bei der Auswertungder Veränderungen möglich, Sequenzvarianten besser zu beurteilen und damit zielgerichteterauszuwerten. Die Identifizierung und Interpretation von klinisch nicht mit einer Erkrankungassoziierter Gene und Varianten sowie die Detektion von neu entstandenen (de novo) Mutationenkann dadurch erleichtert werden.

    Die Diagnosestellung mittels CES- und WES-Analyse unterscheidet sich erheblich in Ab-hängigkeit von der Indikation sowie der ausgewählten Patientenkohorte. Allgemein kann eineDetektionsrate von ca. 20% bis ca. 50% angegeben werden. Die WES-Mutationsdetektionsratenbei pädiatrischen Patienten bewegen sich zwischen ca. 25% [8] bzw. ca. 49% [9]. Bei Patientenmit Verdacht auf mitochondriale Erkrankungen zeigte sich mittels WES eine Detektionsrate derursächlichen Sequenzveränderungen von ca. 40% [10].

    Durch Trio-WES Analysen bei Kindern mit Entwicklungsstörungen unklarer Ätiologie fandsich eine Detektionsrate von ca. 42% in bekannten krankheitsassoziierten Genen [11].

    Studien mit konsanguinen Familien belegen Detektionsraten von homozygoten Sequenzva-rianten von ca. 30 bis 40% [12, 13]. Die gesamte Detektionsrate war hier aufgrund weitererdetektierter Sequenzvarianten etwas höher (von ca. 40 bis 50%). Insgesamt ist die Detektionsratein konsanguinen Familien etwas höher als bei nicht konsanguinen Familien, bleibt aber insgesamtdeutlich hinter den Erwartungen zurück.

    Auswertung der Multi-Gen-Panel/CES/WES-DatenÖsterreichweit erfolgt die Auswertung der gewonnenen Sequenzdaten institutionsspezifisch, ba-sierend auf den Richtlinien der deutschen, europäischen und amerikanischen Gesellschaft fürGenetik.

    Um die Gensequenzen der Patienten mit der korrekten Referenzsequenz der Gene vergleichenzu können, werden den analysierten Genen entsprechende Referenzsequenzen nach der NM-Nomenklatur (aus NCBI-National Center for Biotechnology Information) zugeordnet.

    Die Auswertung der identifizierten Sequenzveränderungen wird mehrstufig durchgeführt. Eswerden HPO-(Human Phenotype Ontology)-Stichworte für die angegebene Symptomatik bzw.den angegebenen Phänotyp für die Auswertung der Sequenzveränderungen verwendet. MitHilfe der HPO wird eine Anzahl an Genen zusammengestellt, die unter den biologischen undgenetischenAspekten imZusammenhangmit demPhänotyp stehen. Je ausführlicher und genauerder Phänotyp imUntersuchungsauftrag vomangefordertenArzt beschrieben ist, desto spezifischerund zielführender ist in diesem Schritt die Auswertung der Daten möglich.

    Sequenzveränderungen werden nach festgelegten Kriterien mit verschiedenen gängigen Da-tenbanken (ExAC (Exome Aggregation Consortium), gnomAD (Genome Aggregation Database),EVS (Exome Variant Server) bzw. 1000-Genome-Projekt) abgeglichen und filtriert. Unter denverbliebenen Sequenzveränderungen wird eine weitere Bestimmung der Pathogenität unter Ein-beziehung weiterer Datenbanken wie HGMD (Human Gene Mutation Database), ClinVar, LOVD(Leiden Open Variation Database) und OMIM (Online Mendelian Inheritance in Man) durchge-führt. Bei einer bereits beschriebenen krankheitsverursachenden Sequenzveränderung ist dieAuswertung hier dann in der Regel beendet.

    Unbekannte identifizierte Sequenzveränderungen werden hinsichtlich der möglichen Asso-ziation mit dem Phänotyp filtriert und mit den Prädiktionsprogrammen (u. a. PolyPhen-2, Mu-tationTaster, SIFT, Human Splicing Finder (HSF)) auf deren Pathogenität überprüft.

    Alle reportierten Sequenzveränderungen werden in der Regel mittels Sanger-Sequenzierungüberprüft.

    Hier ist es anzumerken, dass die für die Datenauswertung notwendige interne Filtrierungdie potentielle Gefahr birgt, wichtige Informationen und sogar die krankheitsverursachende

    Trio-Exom-Analyse: WES-Analysevom Indexpatienten und seinenEltern

    Detektionsraten mittels WESzwischen ca. 20% bis ca. 50%möglich

    Wien. Klin. Wochenschr. Educ · 2019 39

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    Tab. 3 Klassifizierung der genetischen Veränderungen

    Klasse der Veränderung Pathogenität

    Klasse 1 Benigne

    Klasse 2 Wahrscheinlich benigne

    Klasse 3 Variante unklarer Signifikanz (VUS)

    Klasse 4 Wahrscheinlich pathogen

    Klasse 5 Pathogen

    Veränderung aus zu filtern. Hier sind Erfahrung und umfangreiche medizinisch-genetischeKenntnisse der „Auswerter“ ein unverzichtbares „muss“ (Anmerkung der Autoren).

    Die identifizierten Veränderungen werden nach den ACMG-(American College of MedicalGenetics and Genomics)-Kriterien klassifiziert [14] und entsprechend der IARC-(InternationalAgency for Research on Cancer)-Empfehlung in fünf Klassen kategorisiert ([15]; . Tab. 3).

    InderRegelwerdennurVeränderungenderKlasse 5oderKlasse 4oderklinischmöglicherweiserelevante Veränderungen der Klasse 3 im Befund angegeben. Die prädiktive Untersuchung beiweiteren Familienmitgliedern ist nur für wahrscheinlich pathogeneMutationen der Klasse 4 sowiepathogene Mutationen der Klasse 5 vertretbar. Anzumerken ist, dass sich die Klassifizierung einerSequenzveränderung aufgrund neuer Erkenntnisse/Literaturdaten jederzeit ändern kann. EineReevaluation der Daten ist daher unter Umständen sinnvoll.

    Methodisch bedingt werden nicht alle Bereiche der in der hergestellten „Library“ zu analysie-renden Gene vollständig mit einer ausreichenden Abdeckung von >10-fach in eine Leserichtungerreicht. Es kann sogar dazu kommen, dass bestimmte Bereiche, z.B. CG-reiche Sequenzen, nichtabgedeckt sind. Dies ist ein gravierender Nachteil der NGS-Methodik.

    Problematik bei Identifizierung von Varianten unklarer SignifikanzJe höher die Anzahl der analysierten Gene ist, desto wahrscheinlicher wird die Detektion einerVariante unklarer Signifikanz (VUS). Diese Veränderungen haben i. d.R. eine sehr niedrigeFrequenz in der Allgemeinbevölkerung und sind nicht in den Datenbanken gelistet. Mit Hilfe derbioinformatischen Vorhersageprogrammen ist nicht immer möglich, sie als eindeutig benignebzw.wahrscheinlich benigne oder eindeutig pathogenbzw.wahrscheinlich pathogen einzuordnen.Solche Veränderungen werden als Varianten unklarer Signifikanz (VUS) eingestuft. Eine Testungeiner solchen Veränderung bei weiteren betroffenen und nicht-betroffenen Familienmitgliedernkann sich als hilfreich für die bessere Einstufung solcher Veränderungen herausstellen.

    Durch den Wissenszuwachs in der Genetik werden VUS regelmäßig neu klassifiziert (z.B.neue Einstufung in den relevanten Datenbanken wie ClinVar, OMIM oder publiziert). Es istzu erwarten, dass sich diese Problematik in Zukunft verbessern wird und durch den weiterenInformationsgewinn die Bewertung der genetischen Veränderungen geregelter wird.

    ZusatzbefundeZusatzbefunde beziehen sich auf genetische Veränderungen, die nicht im Zusammenhang mitder direkten Indikation der angeforderten Untersuchung stehen. Bei Auswertung der indika-tionsspezifischen Gene mittels z.B. eines kleinen Multi-Gen-Panels ist die Wahrscheinlichkeiteines Zusatzbefundes eher gering, da die Anzahl und die Spezifität der Genen auf den Phänotypbeschränkt sind. Diese Situation sieht bei der Auswertung der WES-Daten wie z.B. bei einemunklaren Syndrommit Entwicklungsverzögerung vollkommenanders aus.Hier kann eineVielzahlvon Zusatzbefunden für therapierbare Erkrankungen, für Erkrankungen mit prophylaktischenMaßnahmen, für nicht therapierbare Erkrankungen oder für Anlageträgerschaften für erblichbedingte Erkrankungen detektiert werden.

    Hierfür ist eine entsprechende genetische Beratung vor der Durchführung einer solchen Un-tersuchung von großer Bedeutung. Der Patient muss über die Tragweite und Grenzen der zuverwendeten genetischen Untersuchung ausführlich aufgeklärt werden und soll vor der Untersu-chung auch schriftlich bestimmen, ob bzw. welche Zusatzbefunde ihm mitgeteilt werden sollen.Wenn das Einverständnis des Patienten nicht den Umgang mit Zusatzbefunden umfasst bzw.der Patient über die Zusatzbefunde nicht informiert werden möchte, dürfen über die medizini-sche Fragestellung hinausgehende Veränderungen nicht beobachtet, dokumentiert oder reportiert

    Klassifizierung der detektiertenVeränderungen erfolgt in fünfKlassen

    VUS=Variante unklarer Signifikanz(Klasse 3): eine Veränderung, derenBedeutung für das Krankheitsbildnach dem Stand der Wissenschaftals unklar bewertet ist

    Zusatzbefunde: krankheitsverursa-chende genetische Veränderungenohne direkten Zusammenhangmitder Indikation für die genetischeAnalyse

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    Tab. 4 Zusammenfassung der Detektionsmöglichkeiten und Indikationsbereiche der genetischenUntersuchungenGenetischeAnalyse

    AnalysiertegenomischeRegionen

    Detektionsmöglichkeiten Indikationen

    Aneuploidie/genomische Re-arrangements

    CNV SNP,Indel

    Chromosomen-analyse

    Genom +++ + – Aneuploidien (Monosomie, Trisomien), balancierte Rear-rangements (Translokationen, Inversionen)

    FISH-Analyse Spezifische Region + + – SpezifischesMikrodeletions-/Mikroduplikationssyndrom,Aneuploidien (in Mosaikform)

    Array-CGH Genom ++ +++ – Mikrodeletions-/Mikroduplikationssyndrom (Multiple Ano-malien)

    Sanger-Sequen-zierung

    Spezifisches Gen,bekannte Sequenz-veränderung

    – – +++ Bestimmte genetisch bedingte Erkrankungen mit einem/wenigen bekannten Genen, familiär bekannte Sequenzver-änderungen

    MLPA-Analyse Spezifische Region – +++ + Ausschluss von Deletionen bzw. Dupikationen einzelnerExone bis zu gesamtern Genen, familiär bekannte Deletioneinzelner Exone, MS-MLPA (PWS/AS; BWS/SRS)

    Kleine Gen-Panels

    Spezifische Gene – + +++ Monogene Erkrankungmit klar definierten krankheitsasso-ziiertenGenen (z. B. Noonan-Syndrom, MODY)

    CES Spezifische krank-heitsassoziierte Gene

    – +++ +++ Breites Indikationsspektrum (auf bekannte krankheitsasso-ziierte Gene begrenzt)

    WES Genom (kodierendeBereiche)

    – +++ +++ Breites Indikationsspektrum

    WGSa Das gesamte Genom – +++ +++ Breites Indikationsspektrum

    +++: ja; ++: nur bestimmte Veränderungen; +: sehr begrenzt möglich; –: neinCNV Kopienzahlvarianten, SNP Engl. Single-Nukleotid Polymorphism, Deutsch: Einzelnukleotid-Polymorphismus, Indel Insertionen und Deletionenzusammengesetzt, FISH Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung, CGH Engl.: comparative genomic hybridization; Deutsch: vergleichende genomische Hybri-disierung,MLPAMultiplex Ligation-dependent Probe Amplification,MS-MLPAMethylierungsspezifischeMLPA, PWS Prader-Willi-Syndrom, AS Angelman-Syndrom, BWS Beckwith-Wiedemann-Syndrom, SRS Silver-Russell-Syndrom, CES Clinical Exome Sequencing, klinisches Exom, WES Whole exome Se-quencing, Exomsequenzierung,WGSWhole Genome Sequencing, Gesamt-Genom-Sequenzierunga Wird nicht als Routinediagnostik angeboten

    werden. An dieser Stelle ist anzumerken, dass die Komplexität und die Tragweite der Thematikin vielerlei Hinsicht eine Herausforderung für betreuenden Arzt und den Patienten ist.

    Die ACMG hat basierend auf den Veränderungen in den Genen, aus denen sich gezielt thera-peutische oder präventive Maßnahmen ergeben, eine Liste von sog. Actionable Genes erarbeitet[16]. Wesentliche Gruppen der erblich bedingten Erkrankungen in dieser Liste betreffen erblicheTumorprädispositionssyndrome, Herz-Kreislauferkrankungen (u. a. thorakale Aortenerweiterun-gen, Herzrhythmusstörungen und Kardiomyopathien) sowie einige Stoffwechselerkrankungenund die maligne Hyperthermie. Nach entsprechender Aufklärung und Dokumentation des Ein-verständnisses des Patienten kann sich hier ein Nutzen von genetischenHochdurchsatz-Analysenergeben.

    Bei derAufklärungdes Patienten ist sein „Recht aufNichtwissen“ zu berücksichtigen. ZusätzlichaufgedeckteAnlageträgerschaften für erblichbedingteErkrankungenkönnenbei einigenPatientenmöglicherweise zu einer starken persönlichen Belastung führen.

    In der. Tab. 4 sind dieDetektionsmöglichkeiten und die Indikationsbereiche unterschiedlichergenetischer Untersuchungen zusammengefasst.

    Nicht-invasive pränatale Diagnostik (NIPT)Ein weiterer Anwendungsbereich der NGS-Technologie ist die nicht-invasive pränatale Testung(NIPT). Zellfreie fetale DNA (cfDNA) aus dem Trophoblastengewebe der Plazenta ist im Plasmavon Schwangeren nachweisbar. Die Menge steigt im Verlauf der Schwangerschaft. Sie machtetwa 5–13% der zellfreien DNA im Blut der Schwangeren aus. Zwei Stunden nach Geburt istkeine fetale DNA mehr im Blut der Mutter nachweisbar. Mit dieser Untersuchung können aktuellChromosomenfehlverteilungen der Chromosomen 21, 18, 13, derGeschlechtschromosomenoderbestimmte Mikrodeletionen analysiert werden [17]. Das Screening kann ab der 10. SSW durch-geführt werden. Im Vergleich zum herkömmlichen Ersttrimester-Screening sind die Sensitivität

    NIPT an zellfreier fetaler DNAzum Nachweis von Trisomie 21,18, 13 und Fehlverteilungen derGeschlechtschromosomen sowiebestimmter Mikrodeletionssyndro-me

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    und die Spezifität der NIPT-Untersuchungen deutlich höher und die Falsch-Positiv-Rate, z.B. fürdie Trisomie 21 deutlich geringer. Es handelt sich um einen Screening-Test, daher wird bei jedemauffälligem Ergebnis ein invasiver diagnostischer Test zur Bestätigung des Ergebnisses dringendempfohlen.

    Forschungsansätze, „nahe“ diagnostische Zukunft

    Mit den neuen Methoden, die aktuell noch als Forschungsansatz verwendet werden, bestehtdie Hoffnung, dass die Diagnosestellung bei genetisch bedingten Störungen in Zukunft deutlichgesteigert werden kann.

    Whole Genome Seqeuncing (WGS); Genomsequenzierung

    Mit der Sequenzierung des menschlichen Genoms kann der Großteil der humanen DNA ana-lysiert werden. Hier werden auch die Sequenzdaten der nicht-kodierenden Abschnitte, d.h. derintronischen und regulatorischen Bereiche der Gene, gewonnen. Da für diese Analyse keinebestimmte Anreicherung notwendig ist, fällt die Abdeckung der verschiedenen Bereiche desGenoms gleichmäßiger aus. Eine Interpretation möglicher Veränderungen in nichtkodierendenBereichen ist nach dem heutigen Stand des Wissens in den meisten Fällen ohne Zusatzunter-suchungen allerdings nicht möglich. Es wurde gezeigt, dass der Zugewinn der Detektionsratevon ursächlichen Mutationen mittels WGS im Vergleich zu den Daten im WES nur etwa 7% ist[18]. Studien zeigten ebenfalls, dass aufgrund der gleichmäßigeren Abdeckung über das gesamteGenom, die Detektionsrate von Mutationen in den kodierenden Bereichen der Gene mit WGShöher ist als mit WES [19]. Allerdings liefert die WGS derzeit noch deutlich mehr VUS als eineWES, so dass ihr Zugewinn gegenüber einer Verunsicherung des Patienten durch mehr VUSgenau abgewogen werden sollte.

    RNA-Seq (sog. Gesamt-Transkriptom-Shotgun-Sequenzierung)

    Unter RNA-Seq, auch „Gesamt-Transkriptom-Shotgun-Sequenzierung“ genannt, wird die Be-stimmung der RNA-Sequenz mittels NGS-Methode bezeichnet. Alle kernhaltigen Zellen immenschlichen Körper haben identische Gene, die aber in unterschiedlichen Zelltypen ganz unter-schiedlich exprimiert werden können und somit den Zellen spezifische Funktionen ermöglichen.Im engeren Sinn ist mit der Genexpression die Synthese von Proteinen gemeint. Bei der RNA-Seqwerden die RNA-Moleküle in eine cDNA (komplementäre DNA) umgeschrieben und sequenziert,so dass Gewebe-spezifische Expressionsmuster identifiziert werden können. Hierdurch könnenauch zellspezifische Spleißvarianten, Fusionstranskripte oder Sequenzveränderungen nachgewie-sen werden [20]. Eine Einschränkung dieser Methode ist die Gewinnung der Probe aus denverschiedenen Geweben, da diese nicht immer (einfach) zu isolieren sind. Im Bereich der For-schung wurden bereits die Transkriptome einzelner Zellen bestimmt.

    Optical Mapping, Saphyr-System der Firma Bionano (Analyse der strukturellenVariantenmittels langer DNA-Fragmente)

    Die Saphyr-Technologie kombiniert denNanoKanal-Arraymit optischemMapping extrem langer,hoch-molekularer DNAs. Hierzu werden DNA-Fragmente mit einer Größe von ca. 100–1200Kilobasenpaare erzeugt. Dadurch ist der Nachweis von großen strukturellen (balancierten undnicht-balancierten) Veränderungen möglich, die mittels NGS-Methoden aufgrund der Analysevon kleinen DNA-Fragmenten meist nicht detektiert werden können. Auch können strukturelleVeränderungen detektiert werden, die aufgrund ihrerGröße bei einer herkömmlichenChromoso-menanalyse nicht erkannt werden können. Gegenüber der Array-CGH hat das Optical Mappingden Vorteil, dass einerseits auch balancierte Strukturvarianten nachgewiesen werden könnenund, dass das Optical Mapping auch häufig eine Aussage über die Position der Veränderung imGenom zulässt. Es werden genomweite strukturelle Veränderungen zwischen 500bp bis zur Größeim Megabasenbereich detektiert. Es können homozygot und heterozygot vorliegende Insertio-nen und Deletionen, balancierte und unbalancierte Translokationen, Inversionen, Duplikationen

    WGS: NGS basierte Analyse desgesamtenmenschlichen Genoms

    RNA-Seq: NGS basierte Analyse desmenschlichen Transkriptoms

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    und Kopienzahlvarianten detektiert werden. Diese können für unterschiedliche Krankheitsbilderursächlich sein, wie z.B. Krebsleiden als auch Entwicklungsstörungen.

    Single Molecule, Real-Time (SMRT) Sequenzierung (PacBio)

    Die SMRT-Technologie ermöglicht die Sequenzierung und Detektion eines einzelnen DNA-Mo-leküls in einer spezifischen Reaktionskammer, die als Zeromode Waveguide (ZMW) bezeichnetwird. Am Boden jeder dieser Kammern befindet sich eine einzige aktive DNA-Polymerase miteinem einzelsträngigen DNA-Molekül. Sobald einer der vier verschiedenendNTPs, diemit jeweilseinem anderen Fluoreszenzstoff verbunden sind, an die einzelsträngigen DNA mit Hilfe der Po-lymerase bindet und somit die DNA-Synthese erfolgt, kann die DNA-Sequenzierung in Echtzeit(Real-Time) gemessen werden. Diese Reaktion findet parallel in tausenden Reaktionskammerngleichzeitig statt. DieMethode ermöglicht Sequenzierung von langen Reads vonmehrerenKiloba-senpaaren. Mit dieserMethode können eineWGS, strukturelle genomischeVarianten (balancierteund unbalancierte), RNA-Sequenzierung sowie epigenetische Veränderungen analysiert werden[18].

    Sequenzierung extrem langer DNA-Fragmentemittels Nanopore-Technologie

    Die Nanopore-Sequenzierung ermöglicht die Sequenzierung einzelner nativer DNA-(genomischeDNA, bereits amplifizierte DNA, cDNA) oder RNA-Moleküle in Echtzeit ohne PCR-Amplifizie-rung. Bei der Nanopore-Technologie wird ein DNA-Molekül durch eine Nanopore geschleust(Durchmesser von 10–9m). Im System kann durch die Präsenz der elektrolytischen Lösung undeines konstanten elektrischen Feldes ein elektrischer Fluss beobachtet werden. Die Sequenzierungist durchÄnderungdes elektrischenFlussesmit jederBase, die durchdieNanopore fließt,möglich.Mit dieser Methode ist es möglich, „ultra“ lange Reads von bis zu 2 Mbp zu erzeugen. Somitkönnen mit dieserMethode Repeaterkrankungen, Kopienzahlvarianten und epigenetische Verän-derungen detektiert werden. Hierfür gibt es heutzutage auch tragbare, USB-geeignete (MinION)oder größere Sequenzierer.

    Methoden der Präimplantationsdiagnostik

    Die Präimplantationsdiagnostik bezeichnet jede Methode zur genetischen Untersuchung ent-wicklungsfähiger Zellen, bevor sie in den Körper der Frau eingebracht werden. Es wird diePolkörperdiagnostik (PKD) von der Präimplantationsdiagnostik im engeren Sinne (PID) unter-schieden. Da Polkörper keine entwicklungsfähigen Zellen darstellen, ist die genetische Abklärungan aus Polkörpern gewonnener DNA nicht durch das Fortpflanzungsmedizingesetz aus dem Jahr2015 reglementiert.

    Polkörperdiagnostik (PKD)

    Die PKD ist eine Untersuchungsmethode, mit der im Rahmen einer künstlichen Befruchtung eineindirekteUntersuchungder entnommenenEizelle erfolgt. BeiMenschenentstehendurchdieReife-und Reduktionsteilung der Eizelle zwei bis drei Polkörper, die keine Bedeutung für die weitereembryonaleEntwicklunghabenundanderbefruchtetenEizelle haften.Durch in-vitroFertilisation(IVF) wird die Eizelle befruchtet. Vor der Verschmelzung von mütterlichem und väterlichemVorkern (Syngamie)werdendiePolkörper entnommen.NachVermehrungderDNAderPolkörperdurch eineWGA (sog.Whole genome amplification), kann die DNA untersucht werden. Mit dieserMethode können sowohl Rückschlüsse auf chromosomale Fehlverteilungen in der Eizelle/Embryoerhalten werden als auch monogene Erkrankungen (vor allem maternal vererbte autosomal-dominante und X-chromosomale Erkrankungen, u.U. auch autosomal-rezessive Erkrankungen)untersucht werden [21].

    PKD: Untersuchung beider Pol-körper, indirekte Untersuchungder Eizelle, maternal vererb-te Erkrankungen; in Österreichuneingeschränkt erlaubt

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    Tab. 5 Angebot der genetischenUntersuchungen im Institut fürMedizinische Genetik derMedizinischenUniversitätWien

    Chromosomenanalysemit/ohne FISH-Untersuchung

    Array-CGH

    Repeat-Analysen (u. a. Fragiles-X-Syndrom, Chorea Huntington, spinozerebelläre Ataxien)

    Sanger-Sequenzierung (familiäre Mutation/kleineGene)

    MLPA-Analyse (für eine Mehrzahl von Genen)

    Kleine Multi-Gen-PanelsmittelsNGS-Methode

    Klinisches Exom (Clinical Exome Sequencing, CES)

    Exomsequenzierung (Whole Exome Sequencing, WES)

    Präimplantationsdiagnostik (PID)

    Die PID ist eine direkte Methode zur Untersuchung der genetischen Konstitution an einzelnenBlastomeren des Embryos im 8-Zell Stadium am Tag 3 bzw. an den Trophektodermzellen amTag 5 nach IVF. Diese Untersuchungsmethode ist seit dem 24. Februar 2015 in Österreich er-laubt. Die PID wird in Österreich ausschließlich an Zellen des Trophektoderms durchgeführt.Die Präimplantationsdiagnostik wird dabei zur Erkennung von Erbkrankheiten oder Chromo-somenanomalien angewendet. Ziel der Untersuchung ist es, einen Embryo ohne nachweisbareChromosomenanomalie bzw. ohne Risiko für die Entwicklung der familiär bekannten erblichenErkrankung in die Gebärmutter der Frau einzupflanzen. Eine PID darf in Österreich nur in einerhierfür speziell zugelassenen Einrichtung durchgeführt werden. Parallel zur ärztlichen Aufklärungund Beratung in Bezug auf die medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist vor der Durchfüh-rung einer PID eine umfassende Aufklärung und Beratung1 durch einen in Humangenetik/medizinischer Genetik ausgebildeten Facharzt oder einen für das Indikationsgebiet zuständi-gen Facharzt vorgesehen. Eine PID ist nur zulässig, wenn auf Grund der genetischen Dispositionzumindest eines Elternteils (z.B. ein Elternteil ist Träger einer Erbkrankheit) die ernste Gefahrbesteht, dass es zu einer Fehl- oder Totgeburt oder zu einer schwerwiegenden Erbkrankheit desKindes kommt. Die Bestimmung des Geschlechts im Rahmen einer Präimplantationsdiagnostikist nur zulässig, wenn die Erbkrankheit geschlechtsabhängig ist [22].

    Angebot im Institut für Medizinische Genetik der MUW

    Im Institut für Medizinische Genetik der Medizinischen Universität Wien bieten wir das gesamteSpektrum routinemäßiger zytogenetischer/molekularzytogenetischer als auch molekulargeneti-scher Untersuchungen an (. Tab. 5).

    Bei allen Anforderungen ist die Indikationsstellung mit ausführlicher Beschreibung der Sym-ptomatik, Angaben zu den Ergebnissen der apparativen bzw. laborchemischen Diagnostik sowieAngaben zur auffälligen bzw. unauffälligen Familienanamnese für die Auswertung der Daten vongroßer Bedeutung. Bei der Auswertung von CES- bzw. WES-Daten ist das Vorhandensein dermaternalen und paternalen DNA zum Abgleich der identifizierten Veränderungen sehr wichtig.Diese sollten gleichzeitig mit der kindlichen DNA zugeschickt werden.

    Korrespondenzadresse

    Assoc. Prof. Priv. Doz. Dr. med. Franco LacconeInstitut für Medizinische Genetik, Zentrum für Pathobiochemie und Genetik, Medizinische Universität WienWähringer Straße 10, 1090 Wien, Ö[email protected]

    Funding. Open access funding provided by Medical University of Vienna.

    1 Aufgrund der technischen Komplexität einer PKD/PID zum Ausschluss einer monogen vererbten Erkrankung,ist jedoch eine Beratung durch einen in dieser Technologie sehr erfahrenen Humangenetiker unabdingbar, umdie Möglichkeiten und Grenzen dieser Methodik den Familien/Paaren verständlich und ausführlich zu erläutern(persönlicheMeinungderVerfasser).

    PID: zur Identifizierung der Anla-gerträgerschaft familiär bekanntergenetischer Veränderungen fürschwerwiegende Erbkrankheitendes Kindes geeignet und unterliegtdem Fortpflanzungsmedizingesetz

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    Interessenkonflikt. M. Smogavec, J. NeesenundF. Lacconegeben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

    Open AccessDieser Artikelwird unter der Creative CommonsNamensnennung4.0 International Lizenz (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht, welche dieNutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, VerbreitungundWiedergabe injeglichemMediumundFormaterlaubt, sofernSieden/dieursprünglichenAutor(en)unddieQuelleordnungsgemäßnennen,einenLink zur Creative Commons Lizenz beifügenundangeben, obÄnderungen vorgenommenwurden.

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    22. Rechtsinformationssystem (RIS)des Bundes. Gesamte Rechts-vorschrift für Fortpflanzungs-medizingesetz, Fassung vom06.05.2019. 2019. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10003046. Zu-gegriffen:10.06.2019

    Hinweis des Verlags. Der Verlagbleibt in Hinblick auf geografischeZuordnungen und Gebietsbezeich-nungen in veröffentlichten Karten undInstitutsadressen neutral.

    Wien. Klin. Wochenschr. Educ · 2019 45

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    DFP-E-LearningBitte beachten Sie:Im Rahmen des Diplom-Fortbildungsprogramms ist es möglich, durch das E-Learning inder Wiener Klinische Wochenschrift Education Punkte für das DFP zu erwerben.

    1.Nach der Lektüre des DFP-Artikels beant-worten Sie bitte die Multiple-Choice-Fragen. Eine Frage gilt dann als richtigbeantwortet, wenn alle möglichen rich-tigen Antworten angekreuzt sind. Beipositiver Bewertung (66 Prozent der Fra-gen) werden Ihnen drei DFP-Fachpunktefür das Sonderfach Innere Medizinzuerkannt.

    2. Schicken Sie diese Seite entwederper Post oder Fax an die Redak-tion von Springer Medizin Wien(z. Hd. Susanna Hinterberger),Prinz-Eugen-Straße 8-10, 1040 Wien,Fax: 01 / 330 24 26.

    3. Einsendeschluss: 30.04.2020

    4. Internet: Sie haben die Mög-lichkeit, den Fragebogen unterwww.SpringerMedizin.at/ herunter-zuladen oder unter E-Learning auf derWebsite der Österreichischen Akademieder Ärzte www.meindfp.at auszufüllen.

    DFP-Fragen

    ? Ein Paar stellte sich mit unerfülltemKinderwunsch und habituellen Abor-ten vor. Bei der Frauwurde im Rahmender genetischen Abklärung der Aborteeine Robertson-Translokation (balan-cierte Translokation) zwischen denChromosomen 13 und 14 festgestellt.Mit welcher der folgenden Methodenwar die Detektion dieser Translokationmöglich?

    ◯ Chromosomenanalyse◯ Array-CGH◯ Sanger-Sequenzierung◯ MLPA-Analyse◯ Whole-Exome-Sequencing (WES)

    ? Die Array-CGH-Analyse hat bei einemKind mit Entwicklungsverzögerung ei-ne krankheitsverursachende terminaleDeletion auf demChromosom1undei-ne krankheitsverursachende terminaleDuplikation auf dem Chromosom 3ergeben. Welche Untersuchungen zurAbschätzung des Wiederholungsrisi-kos fürweitere Schwangerschaften derEltern sind bei den Eltern des Kindessinnvoll?

    ◯ Array-CGH wie bei dem Kind◯ MLPA-Analyse der Gene in der beim Kind

    deletierten und duplizierten Region

    ◯ WES-Analyse der entsprechenden Re-gionen

    ◯ Chromosomenanalyse mit Metaphase-FISH-Analyse

    ◯ keine, da bei solchen Veränderungenkein erhöhtes Risiko besteht

    ?Welche genetische Veränderung kannmit einer Sanger-Sequenzierung de-tektiert werden?

    ◯ unbalancierte Translokation zwischenChromosom 2 und Chromosom 9

    ◯ Punktmutation imMSH6-Gen◯ niedriggradiges Mosaik von 4% im NF1-

    Gen◯ Deletion mehrerer Exons des BRCA1-

    Gens auf dem Chromosom 17◯ UPD bei Prader-Willi-Syndrom

    ?Welche der vorlegenden genetischenVeränderungen führt zum Prader-Wil-li-Syndrom?

    ◯ eine Mutation im FMR1-Gen◯ eine Mikroduplikation auf dem X-Chro-

    mosom◯ eine maternale uniparentale Disomie

    des Chromosoms 15◯ eine Duplikation der imprimierten Pra-

    der-Willi-Syndrom-Region◯ eine Translokation zwischen Chromo-

    som 2 und dem Y-Chromosom

    ?Welche molekulargenetische Untersu-chung eignet sich besonders für dieDetektion des Fragilen-X-Syndroms?

    ◯ Chromosomenanalyse◯ Array-CGH◯ eine Multi-Gen-Panel-Untersuchung in

    der auch das FMR1-Gen inbegriffen ist◯ Analyse des spezifischen Repeats im

    FMR1-Gen◯ Whole-Exome-Sequencing (WES)

    ? Die MLPA-(Multiplex Ligation-depen-dent Probe Amplification)-Analyse wirdvor allem für die Detektion folgenderVeränderung angewendet:

    ◯ Repeaterkrankung◯ nieddriggradige Keimbahnmosaike◯ Deletion eines Exons◯ bekannte balancierte Translokation◯ unbekannte unbalancierte Translokati-

    on

    ? Bei einer 34-jährigen Patientin mitMammakarzinomwurde eine Varianteunklarer Signifikanz (VUS, Klasse 3)im BRCA1-Gen detektiert. Was bedeu-tet diese Sequenzveränderung für diePatientin und ihre Familie?

    ◯ Die identifizierte VUS im BRCA1-Genkann als Ursache des Hereditären Mam-ma- und Ovarialkarzinoms bei der Pati-entin betrachtet werden.

    46 Wien. Klin. Wochenschr. Educ · 2019

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    ◯ Die Ursache eines möglichen erblichenTumorleidens bei der Patientin bleibtmit dieser Veränderung ungeklärt.

    ◯ Die detektierte VUS im BRCA1-Gen hateinen wichtigen prädiktivenWert für dieTumorentstehung bei Familienmitglie-dern.

    ◯ Eine Untersuchung der VUS bei weiterenBetroffenen in der Familie würde nichtzur besseren Einschätzung der Pathoge-nität dieser VUS beitragen.

    ◯ Eine Re-Klassifizierung einer VUS ist inZukunft nicht möglich.

    ?Mit der Exomsequenzierung (Whole-Exome-Sequencing; WES) mittels NGS-Technologie, die aktuell in der Diag-nostik durchgeführt wird, ist es mög-lich folgende genetische Veränderungzu detektieren:

    ◯ Verlängerung des CAG-Trunukleotidre-peats im Huntingtin-Gen.

    ◯ eine balanciert vorliegende Translo-kation zwischen zwei chromosomalenAbschnitten.

    ◯ ein Imprinting-Defekt als Ursache desSilver-Russell-Syndroms.

    ◯ eine kleine Deletion von vier Basen imMSH2-Gen.

    ◯ eine tief-intronische Mutation.

    ? Die Polkörperdiagnostik (PKD) ermög-licht:

    ◯ Detektion einer paternal vorhandenenpathogenen Sequenzveränderung.

    ◯ Ausschluss beider vorliegender patho-gener Sequenzveränderungen bei be-kannter elterlicher Trägerschaft einerautosomal-rezessiven Erkrankung.

    ◯ Detektion einer vom Vater vererbtenX-chromosomal gebundenen Erkran-kung.

    ◯ Detektion von maternal vererbter pa-thogener Mutation im Dystrophin-Gen,die beim männlichen Geschlecht zurMuskeldystrophie Typ Duchenne führt.

    ◯ ist in Österreich gesetzlich nicht erlaubt.

    ?Welche Aussage über Zusatzbefundetrifft zu?

    ◯ Zusatzbefunde stehen im direkten Zu-sammenhang mit der Indikation für dieUntersuchung.

    ◯ Ein für den Patienten relevanter Zu-satzbefund muss dem Patienten immermitgeteilt werden.

    ◯ Der Patient hat das Recht auf Nichtwis-sen und muss nicht über die Zusatzbe-funde informiert werden.

    ◯ Ein Zusatzbefund ergibt sich häufigerbei derMLPA-Analyse als bei einer WES-Untersuchung.

    ◯ Zusatzbefunde dürfen rechtlich gesehendem Patienten nicht mitgeteilt werden.

    Wien. Klin. Wochenschr. Educ · 2019 47

    Genetische DiagnostikGenetische Beratung und StammbaumanalyseAllgemeine gesetzliche Regelungen zur genetischen Beratung und DiagnostikIndikationen zur genetischen Beratung und zur genetischen DiagnostikEinteilung der genetischen DiagnostikChromosomenanalyseGrundlagenIndikationenUntersuchungsmaterialAuflösungGrenzen der Methode

    Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)GrundlagenIndikationenUntersuchungsmaterialAuflösungGrenzen der Methode

    Array-CGHGrundlagenIndikationenUntersuchungsmaterialAuflösungGrenzen der Methode

    SNP-ArrayGrundlagenIndikationenUntersuchungsmaterialAuflösungGrenzen der Methode

    Analyse der Repeat-ErkrankungenGrundlagenIndikationenUntersuchungsmaterialAuflösungGrenzen der Methode

    Sanger-SequenzierungGrundlagenIndikationenUntersuchungsmaterialAuflösungGrenzen der Methode

    Multiplex Ligation-dependent Probe Amplification (MLPA) AnalyseGrundlagenIndikationenUntersuchungsmaterialAuflösungGrenzen der Methode

    Epigenetik und genomisches ImprintingGrundlagenIndikationenUntersuchungsmaterialAuflösung

    Mitochondriale ErkrankungenGrundlagenIndikationenUntersuchungsmaterial

    Next-Generation Sequenzierung (NGS)GrundlagenAuswertung der Multi-Gen-Panel/CES/WES-DatenProblematik bei Identifizierung von Varianten unklarer SignifikanzZusatzbefundeNicht-invasive pränatale Diagnostik (NIPT)

    Forschungsansätze, „nahe“ diagnostische ZukunftWhole Genome Seqeuncing (WGS); GenomsequenzierungRNA-Seq (sog. Gesamt-Transkriptom-Shotgun-Sequenzierung)Optical Mapping, Saphyr-System der Firma Bionano (Analyse der strukturellen Varianten mittels langer DNA-Fragmente)Single Molecule, Real-Time (SMRT) Sequenzierung (PacBio)Sequenzierung extrem langer DNA-Fragmente mittels Nanopore-Technologie

    Methoden der PräimplantationsdiagnostikPolkörperdiagnostik (PKD)Präimplantationsdiagnostik (PID)

    Angebot im Institut für Medizinische Genetik der MUWDFP-FragenLiteratur