GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE -...

60
GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE ANBAU, VERARBEITUNG UND QUALIFIZIERUNG DER DROGEN PHYTOTHERAPIE Ágnes Alberti Institut für Pharmakognosie 16. 02. 2017 / 23. 02. 2017

Transcript of GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE -...

Page 1: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE

ANBAU, VERARBEITUNG UND

QUALIFIZIERUNG DER DROGEN

PHYTOTHERAPIE

Ágnes Alberti

Institut für Pharmakognosie

16. 02. 2017 / 23. 02. 2017

Page 2: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

THEMATIK DER VORLESUNG

Die Historie der Pharmakognosie

Produktion, Anbau, Einsammlung, Verarbeitung der

Heilpflanzen

Gruppen der auf Heilpflanzen basierenden Produkte

Qualifizierung der Heilpflanzen

Pharmazeutische Bücher

Therapeutische Anwendung der pflanzlichen Drogen

Phytotherapie

Evidenzbasierte Medizin (ESCOP, EMA Monografien)2

Page 3: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

PHARMAKOGNOSIE

pharmacon = Heilmittel, Gift

gnosis = Kenntnis

Kenntnis über Nachweis, chemische Strukturen,Biosynthese, Gewinnung, Analytik, Eigenschaften undVerwendung biogener Wirkstoffe

Getrocknete oder aufbereitete Pflanzen oderPflanzenteile, die als Arzneimittel, zur Herstellung vonArzneizubereitungen oder von Reinsubstanzenverwendet werden.

Unorganisierte Pflanzenteile, die aus Pflanzengewonnen werden (Harze, ÄÖ, Milchsaft etc.)

Produkte aus tierischen Organen (tierische Drogen)3

Page 4: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE

Ebers Papyrus in Ägypten (1600 v. Chr.)

Sammlung von Rezepturen

Beschreibungen von Krankheiten, derenSymptomen und Diagnosen

Anweisungen für Behandlungen und Zubereitungfür Heilmittel

Der Papyrus enthält Kapitel über Darm-Erkrankungenund Parasiten, Augen- und Hautprobleme,Empfängnisverhütung und gynäkologischeErkrankungen, Herz und Gefäße, Depressionen,Zahnheilkunde, die operative Behandlungvon Abszessen und Tumoren.

4

Page 5: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

TRADITIONELLE CHINESISCHE MEDIZIN (TCM)

die „fünf Säulen“ der chinesischen Therapie: Arzneitherapie,Akupunktur, Massagetechniken, Bewegungsübungen und dieDiätetik

Chinesische Arzneimitteltherapie:

überwiegend pflanzliche Mittel, zum kleineren Teilmineralische oder tierische Arzneien

als wässrige Abkochungen (Dekokte) verordnet

fast nie als Einzelmittel – zu einer Rezepturzusammengestellt

geeignete Arzneimittelkombinationen und Synergismen

die Wirkung der Arzneimittel wird durch unterschiedlicheAufbereitungsverfahren beeinflusst

5

Page 6: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

DIE CHINESISCHE HEILPFLANZENKUNDE

Traditionen sind auf die Spätere Han-Dynastiezurückzuführen.

(die Späte Han-Dynestie regierte das Kaiserreich China von23/25–220)

Das „Grundbuch Materia Medica” hat die Beschreibung vonPflanzen in Mittelpunkt gesetzt.

252 Titelwort pflanzlicher

45 mineraler

67 tierischer Herkunft

Unter jedem Titelwort wurden die Arzneien nach Geschmackausgewertet.

Die therapeutischen Möglichkeiten der einzelnenHeilpflanzen wurden bekannt gegeben.

Die Toxizität wurde auch registriert. 6

Page 7: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

HEILKUNDE IM ALTERTÜMLICHEN EUROPA –

ANTIKES GRIECHENLAND

Hippokrates (460-377 v. Chr.)

7 Bücher: basierten auf die altgriechische Volksheilkunde

Beifuß, Zwiebel, Mandel, Senfkorn, Zimt, Tüpfelfarn,

Weihrauch, Mohn

Theophrastos (371-286 v. Chr.)

„Historia plantarum” - 9 Bücher

„De Causis Plantarum” - 6 Bücher

Klassifizierungen, Beschreibungen: z.B. Koriander, Kalmus

die ersten Werke, die sich mit Pharmakognosie

beschäftigten7

Page 8: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

HEILKUNDE IM ALTERTÜMLICHE EUROPA

– ANTIKES GRIECHENLAND

Galenos von Pergamon (129/131-199/201)

man muss die Heilpflanzen am Ort vom Anbau studieren,eigenhändig einsammeln, sowie verschiedene Formen derMedikamente zubereiten

Galenus-Präparate: Tee, Infus, Dekokt, Mazerat, Tinktur (Extraktmit Wasser und Alkohol), Salben, Pflaster, Pulver

Dioskorides

„De Materia Medica” (Arzneimittellehre) - systematische undausführliche Beschreibung der Heilpflanzen

Heilmittel überwiegend pflanzlicher, aber auch mineralischer undtierischer Herkunft

Katzenwurzel, Wacholder, Mehlbeere, Adonisröschen,Tausendgüldenkraut

8

Page 9: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

MITTELALTERLICHE MEDIZIN -

KLOSTERMEDIZIN

Karl der Grosse König des Fränkischen Reichs

verordnete Klöstern und auch Städten das Anlegen von

Kräutergärten und vorschrieb verbindlich die darin zu züchtenden

Pflanzen (capitulare de villis)

Salbei, Wermut, Fenchel, Schlafmohn, Liebstöckel,

Kerbel, Flohkraut, Betonie, Rettich und Minze

Klostermedizin basiert vor allem auf der Phytotherapie und der

klösterlichen Wasserheilkunde

seit dem Frühmittelalter wurden die Hospitäler von

den Klöstern betrieben

Mönche und Nonnen verfügten über Kenntnisse zur Heilwirkung

von Kräutern und Heilpflanzen

Rezeptsammlungen, Werke über Kräuterheilkunde,

Beschreibungen von Heilpflanzen und die ihnen zugeschriebenen

Wirkungen9

Page 10: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

ABŪ ALĪ AL-HUSAIN IBN ABDULLĀH IBN SĪNĀ

(980-1037)

persischer Arzt, bekannt unter dem Namen Ibn Sina(latinisiert Avicenna)

Der Qānūn at-Tibb (Kanon der Medizin) ist sein berühmtestesWerk.

Die Materia Medica („Medizinisches Material“): Beschreibungenvon Heilpflanzen, mit Angaben zu deren Anwendung undWirksamkeit z.B. Schierling (Conium), Tschomorik,Eisenhutblume und sonstigen Gewürz- und Harzpflanzen.

bestäubende, schmerzstillende Wirkung: Belladonna,Salatenkern, Zimt, Mandragora, Opium, Kälte (Frost)

zum Abwaschen der Wunde: Wein

milde Laxante wurden in die Heilkunde eingeführt:Kammonenharz, Sennablätter, Aloesaft, Manna, geschrumpeltePflaumen aus Damaskus, Rhabarber

Er erfand die Wasserdampfdestillation, um Öle zu erzeugen.10

Page 11: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

PHILIPPUS THEOPHRASTUS AUREOLUS BOMBASTUS VON HOHENHEIM

PARACELSUS, ARZT IN BASEL (1493-1541)

das Prinzip „Quinta essentia”- Grundsatz der

Pharmachemie

Auffinden von Heilmittelträgern und alchemistischer

Techniken zur Extraktion der darin enthaltenen Wirkstoffe

Übereinstimmung zwischen dem Menschen als Mikrokosmos

und der Welt als Makrokosmos

äußere Eigenschaften wie Form und Farbe von Pflanzen zeigen

die Wirkung, z.B. Pflanzen mit herz-, leber-, lungenförmigen

Blättern wirken auf die entsprechenden Organe

z.B. herzförmige Blüten sollen gegen Herzkrankheiten,

stachelige Disteln gegen Stechen in der Brust wirken.11

Page 12: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

NEUZEIT

1553. Gründung des ersten Institut für Pharmakognosie

(Padua) - Prof. Francesco Buonafede

Pharmakobotanische Lehrstühle: Italien, Niederlande,

Frankreich

1804. Setürner, deutscher Pharmazeut; Isolation von

Morphium

Gründer der Alkaloiden-Chemie

1820. Pelletier und Caventou herstellten das Chinin

12

Page 13: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

ANBAU, VERARBEITUNG UND

QUALIFIZIERUNG DER DROGEN

13

Page 14: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

DROGE IM PHARMAZEUTISCHEN SINN

Wirkstoffe werden meist in bestimmten Organen der Pflanzeangereichert

getrocknete Pflanzen, Pflanzenteile

Blatt (folium), Laubblätter

Blüte (flos), Einzelblüten, Blütenstände

Frucht (fructus), Früchte oder Teile davon

Wurzel (radix)

Rhizom (rhizoma)

Tuber (Knolle), bulbus (Zwiebel)

Samen (semen), Samen oder nur Teile

Kraut (herba), oberirdische Teile oder Sprossspitzen

Holz (lignum), Kern- oder Splintholz

Rinde (cortex), Stamm-, Wurzelrinde (Borke) 14

Page 15: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

NOMENKLATUR VON DROGEN

Pflanzenteil + Bezeichnung der Stammpflanze

ÖAB: Radix Gentianae

Ph.Eur.: Gentianae Radix

Systematischer Pflanzenname:

Gattung + Art (Gentiana lutea, Atropa belladonna)

Gentianae radix – Belladonnae folium

wenn es zur Verwechslung kommen könnte → Angabe

von Gattung und Art, z.B.:

Digitalis lanatae folium,

Digitalis purpureae folium15

Page 16: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

HERKUNFT DER ROHDROGEN

Pflanzliche Drogen werden von wildwachsenden oder kultiviertenArzneipflanzen gewonnen.

1. Wildsammlungen:

ca. 2/3 der Arten stammen aus Wildsammlungen (Heterogenität!)

Unterschiedliche Qualität

Endogene und exogene Einflüsse

Nachteile:

Wirkstoffgehalt und –zusammensetzung unbekannt (Analysen)

Verunreinigungen durch Pestizide/Herbizide,Schwermetallbelastung, Umweltbelastung (Sammelort!Straßenrand?), Schädlinge

Naturschutzbestimmungen – Artenschutz!

Gute Pflanzenkenntnisse nötig (Verwechslung, Verfälschungen)

Schlechte Trocknung (enzymatische Reaktionen, Pilzbefall)16

Page 17: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

ANBAU VON ARZNEIPFLANZEN – KULTUREN I.

1/3 der Arten, aber ca. 50% des Drogenbedarfs stammen aus

der Kultur

Direkte Aussaat (Kümmel, Fenchel, Kamille)

Jungpflanzen (Eibisch, Baldrian, Rhabarber)

Vegetative Vermehrung (Teilung unterirdischer Organe,

Ausläufer = Stolone, Stecklinge) bei Vorliegen von Hybriden,

bei schlecht keimenden Samen (Pfefferminze, Huflattich)

Ein-, zwei- und mehrjährige Kulturen (Bilsenkraut –

einjährig; Baldrian – zweijährig; Lavendel, Ginseng –

mehrjährig)

Tropische, subtropische Anbaugebiete, gemäßigte

Zonen17

Page 18: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

ANBAU VON ARZNEIPFLANZEN – KULTUREN II.

Vorteil:

Homogene Drogenqualität, hoher Wirkstoffgehalt, gleichmäßigeWirkstoffzusammensetzung, genetische Selektion, Wahl desErntezeitpunktes, Trocknungsverfahren

Nachteil:

Monokultur – Schädlingsbefall, Krankheiten (Blattpilze,Viruserkrankungen), Zerstörung der gesamten Kultur möglich

Gründe für Kulturen:

Wildvorkommen kann Drogenbedarf nicht mehr decken

Naturschutzbestimmungen einiger Länder verbieten dasSammeln

durch Züchtung und Kultur: hochwertige Rassen lassen sichbessere Ernteerträge und Drogen mit gleich bleibenden und zumTeil höheren Wirkstoffgehalten erhalten

klimatisch günstige Bedingungen können ausgenützt werden

Gefahr von Drogenverwechslungen und Verfälschungen istminimiert

18

Page 19: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

BEEINFLUSSUNG DES WIRKSTOFFGEHALTES UND

DER ZUSAMMENSETZUNG

Temperatur (Atropa belladonna max. bei 26 °C; Pflanzen mitätherischen Ölen: in warmen Klimazonen höherer Gehalt, THC-Gehalt in heißem Sommer höher)

Bodenbeschaffenheit (tonig, lehmig, sandig, moorig)Einfluss auf Wuchs, Wirkstoffgehalt

Düngung (Stickstoffdünger meist Steigerung derWirkstoffproduktion)

Licht (Langtag-, Kurztagpflanzen, UV-Bestrahlung)

Feuchtigkeit (Hydrophyten, Hygrophyten, Xenophyten)

Höhenlage (Cocapflanze, Chinabaum > 1000m)

Vegetationsperiode (Ontogenese, Wirkstoffgehalt,Zusammensetzung kann variieren)

Einfluss von Licht/Entwicklung

Verlauf der Blattentwicklung bei Pfefferminze:

Menthol, Methylacetat → alte Blätter, Langtagpflanzen

Menthon, Menthofuran → junge Blätter, Kurztagpflanzen 19

Page 20: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

ZÜCHTUNG VON ARZNEIPFLANZEN

Ziel: Pflanzensorten mit bestimmter Qualität, wie bessere

Drogenausbeuten, höherer Wirkstoffgehalt, konstante Wirkstoff-

zusammensetzung und/oder bessere Resistenz gegen Schädlingsbefall,

gleiche Wuchshöhe, gleichmäßiges Blühstadium oder Reife sowie

bessere Anpassungsfähigkeit

Wichtige Methoden:

Selektionszüchtung (chemische Varietäten, chemische Rassen)

→ Selektion von Pflanzenindividuen nach Wirkstoffgehalt und –

Zusammensetzung gewünschter Qualität

durch Selbstbefruchtung oder Fremdbefruchtung unter

Einschränkung der freien Bestäubung eine Nachkommenschaft mit

bestimmten günstigen Eigenschaften zu erhalten

Kreuzungszüchtung (Hybridisierung, dann Klonung –

chininreiche Cinchona-Sorten, Hybridlavendel)

Mutationszüchtung (Gen- und Genommutation,

Polyploidmutanten durch Colchicin z.B.)

20

Page 21: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

GRUNDSÄTZE DER BIOTECHNOLOGIE

Die durch die Heilpflanzen synthetisierten speziellenStoffwechselprodukte können mit traditionellenchemischen Methoden kaum oder nur mit zu großenUnkosten syntetisiert werden.

natürliche Stoffe zu pharmazeutischen Zwecken mittelsbiotechnologischer Methode herstellen

durch Gentransformation hergestellte sog. „hairy root”Kulturen:

unbegrenztes Wachstum auf hormonenfreiemNährboden

genetisch stabil

bessere Wirkstoffproduktion im Verhältnis zu dentraditionellen Gewebekulturen 21

Page 22: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

EINFÜHRUNG FREMDER GENE MIT EINEM VEKTOR

HAIRY ROOT-KUTLUREN I.

Übertragung mit Bakterien und Viren:

Die Pflanzen werden an der Stelle des Anschweißens mit

Agrobacterium rhizogenes infiziert.

Im Laufe der Infektion kommt der Bakterium-Plasmid zum

Teil in die pflanzliche Zellen durch, und die sogenannte

Transfer-DNA (T-DNA) wird in den Nucleus eingebaut.

Im Falle einer erfolgreichen Gentransformation bildet an der

Stelle der Infektion vom A. rhizogenes „hairy root” (d. h.

haarige Wurzel).

22

Page 23: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

EINFÜHRUNG FREMDER GENE MIT EINEM VEKTOR

HAIRY ROOT-KUTLUREN II.

Einführung von Genen, die vorteilhafte Eigenschaften tragen,

in die pflanzliche Zelle

Vorteile: genetische Stabilität, unbegrenzter Wachstum auf

hormonenfreiem Nährboden, höherer Wirkstoffgehalt im

Verhältnis zu anderen Gewebekulturen, Synthetisieren von

Verbindungen, die für die Mutterpflanze nicht typisch sind.

Agrobacterium rhizogenes: gewöhnliches Bodenbakterium

überträgt as Erbmaterial zwischen Pflanzenarten

Die noch unklaren Risikofaktoren müssen in Rücksicht

genommen werden.

23

Page 24: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

ERNTE I.

Erntebedingungen: Blüten, Blätter, Kräuter nie während oder kurz nach

Regenperiode ernten, wegen Auswaschen von Glykosiden,Alkaloiden, lang dauernder Trocknungsprozess(enzymatische Reaktionen)

Pflanzen mit ätherischen Ölen nie bei Sonnenstrahlungernten

oberirdische Anteile: kurz vor oder zur Blütezeit

unterirdische Organe: in der Ruheperiode der Pflanzen(Herbst bis Frühjahr)

Rinden zu Beginn des Saftstroms im Frühjahr(Wirkstoffgehalt hoch, leicht ablösbar)

Maschinenernte – mit Hand geerntet

(Rinden, Weißdornfrüchte, Birkenblätter) 24

Page 25: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

ERNTE II.

Blätter + Kraut: kurz vor oder während der Blütezeit;

nach Blütenperiode: z.B. Alkaloidgehalt bestimmter

Pflanzen sinkt ab

Blüten: vor oder während der Bestäubungszeit, zur

Zeit der vollen Entfaltung (Caryophylli flos /

Gewürznelken: im Knospenstadium)

Früchte + Samen: zur Zeit der Vollreife

Wurzeln + Rhizome: nach Abschluss oder vor Beginn

der neuen Vegetationsperiode

Hölzer: v.a. von älteren Bäumen (Rinde von jungen

Bäumen), Unterschied Splint-Kernholz 25

Page 26: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

TROCKNUNG

natürliche Bedingungen (im Freien, in Räumen), aufHorden, Vermeidung von Sonnenbestrahlung,Trocknungszeit so kurz wie möglich

Trocknungsanlagen: Anwendung von Temperatur

Blütendrogen: 35-40°

Blatt-, Kraut- und Samendrogen: 45-50°

Wurzeldrogen: 50-60°

Restwassergehalt:

Blüten 8-15%

Blätter 8-15%

Früchte 13-20%

Wurzeln 8-14%

Rinden 5-10%

Samen ca. 10%

26

Page 27: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

TROCKNUNG UND STABILISIERUNG

Stabilisierung:

Durch erneute Wasseraufnahme bei der Lagerung setztEnzymtätigkeit wieder ein → bei leicht veränderlichenWirkstoffen ist Denaturierung der Enzyme erforderlich(Behandlung mit gespannten Wasserdampf, mit siedendemAlkohol, heiße Luft im Trockenschrank bei 100°C)

enzymatische Reaktionen: Oxidation, Spaltung von Esternund Glykosiden, Racemisierung → Qualitätsminderung

In Einzelfällen erwünscht: Frangulae cortex (durch Oxidationmildes Purgans), Ausbildung des Aromas (Theae folium,Vanillae fructus)

Frischpflanzen

Nicht lagerfähig → Trocknung zur Droge (Wasserentzug,Restfeuchte 5-20%)

27

Page 28: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

LAGERUNG

Lagerung in trockenen Räumen (relative Feuchte max. 60%,

enzymatische Reaktionen!, chemische Veränderungen)

Lagertemperatur < 25°, möglichst konstant

Lichteinfluss vermeiden (Radikalbildung)

nicht zusammen mit flüchtigen Chemikalien lagern

formstabile Behälter besser als Säcke

Gefäße aus Porzellan, Glas, oder Weißblech

(Polyethylen oder Polypropylen ungeeignet: für flüchtige,

lipophile Stoffe durchlässig,

geeignet: Aluminumfolie, Pergamin- oder Zellophanbeutel

28

Page 29: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

VERARBEITUNG

Ganzdrogen (z.B. Frangulae cortex totus)

Zerkleinerungsgrade, Form:

concisus (conc., geschnitten)

pulvis, pulveratus (pulv., pulverisiert – Siebgröße)

contusus (cont., zerquetscht, z.B. Kümmel)

crudus (crud., roh, ungeschält)

depuratus (dep., gereinigt; z.B. Styrax: nach Verletzung des Amberbaumes

gebildete Balsam. Styrax crudus ist eine dickflüssige, klebrige,

undurchsichtige, graubraun gefärbte Masse. Styrax depuratus ist eine

braune, viskose, in dünner Schicht durchscheinende Flüssigkeit.)

electus (elect., ausgelesen, nach äußeren Kriterien; z.B. Crocus electus)

mundatus (mund., geschält, z.B. Althaeae radix/Eibischwurzel)

naturalis (nat., naturbelassen)

raspatus (rasp., geraspelt, Holzspäne)

recens (rec., frisch; z.B. Myrtilli fructus recens/frische Heidelbeere)

siccatus (sicc., getrocknet; z.B. Myrtilli fructus siccatus/getrocknete

Heidelbeere)

Vorteile der Zerkleinerung:

geringes Transportvolumen

Packungsdichte bei Extraktion besser

Beschleunigung des Extraktionsverfahren

29

Page 30: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

ARZNEIBÜCHER

OFFIZIELLE – NICHT OFFIZIELLE DROGEN

Offizielle Drogen = in Arzneibücher aufgenommene Drogenund daraus hergestellte Zubereitungen / Reinstoffe(Monographien); d.h. die Drogen sind in Monographienbeschrieben und mit genauen Prüfvorschriften versehen.

Monographie: Prüfung auf Qualität, Identität, Reinheit,Gehalt der Wirkstoffe/Wirkwert (Ph.Eur., ÖAB, DAB, Ph.Helv.)

nicht offizielle Drogen: (sind meist Drogen mit nochungenügend bekannten Inhaltsstoffen oder solche mitgeringen pharmakologischen Wirkungen), keine gesetzlichverbindlichen Prüfvorschriften → Drogenhandbücher mitDrogenbeschreibungen und Prüfvorschriften, DAC (DeutscherArzneimittelcodex), Handbücher Lebensmittelchemie (keineMonographien!)

30

Page 31: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

QUALITÄTSSICHERUNG

offizielle / nicht offizielle DROGEN und

Zubereitungen, Phytotherapeutika

SINNESPRÜFUNG (Geruch, Geschmack,

Farbe,…)

MAKROSKOPISCHE BETRACHTUNG

(Behaarung,…)

MIKROSKOPISCHE BETRACHTUNG

(Kristalle, Behaarung,…)

CHEMISCHE UNTERSUCHUNGEN

Arzneibuch

31

Page 32: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

PRÜFUNG AUF QUALITÄT

Identitäsprüfung

Reinheitsprüfung (Verfälschung, Verunreinigung)

Gehalts- bzw. Wertbestimmung (physikalisch-chemisch,

biologisch) → Standardisierung, Qualitätskontrolle

32

DURCHFÜHRUNG DER ANALYSE FÜR IDENTITÄTSPRÜFUNG

PROBEZIEHEN (richtige Probenmenge) – Zerkleinerung (Siebgrößen)

EXTRAKTIONSVERFAHREN Flüssigextraktion, Wasserdampfdestillation

TRENNVERFAHREN

Flüssig-Flüssig-Verteilung (Schütteln, …)

chromatographische Verfahren (DC, GC, HPLC)

fraktionierte Destillation, Sublimation

Kristallisation

Page 33: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

PRÜFUNG AUF REINHEIT

Anteil fremder Bestandteile: vorgegebene zulässigeHöchstmenge, Aschengehalt, Trocknungsverlust

Kontamination mit Bakterien und Pilzen: kann beiunsachgemäßer Trocknung stark zunehmen, Freiheit vonsichtbaren Schimmelpilzen, Grenzwerte für Arzneidrogen proGramm (für Teezubereitung)

Rückstände von Pestiziden: (Schädlingsbekämpfungsmittel)

EU-Richtlinien: Menge, die täglich ohne Bedenken aufgenommenwerden kann)

Insekticide (Insektenvertilgungsmittel), Herbicide(Unkrautvertilgungsmittel), Fungicide (pilztötende Mittel),Rodenticide (Mittel gegen Nagetiere)

Entwesungs- und Entkeimungsmittel

Schwermetalle: aus dem Boden oder Luft

Bakterien- und Mycotoxine: Gehalt an Aflatoxinen einzuhalten

Radioaktive Isotope33

Page 34: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

GEHALTS- ODER

WERTBESTIMMUNG

Droge, Zubereitung

Extraktion → Destillation, Extraktion

Reinigung → Verteilung, Fällung, DC

Gesamtwirkstoff

gravimetrisch, massenanalytisch, photometrisch, GC, HPLC, DC-

Remission, polarographisch, polarimetrisch, usw.

Trennung

↓Einzelwirkstoffe

34

Page 35: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

BEZEICHNUNG / TITEL

Titel: die landessprachliche Bezeichnung der Droge; z.B. Baldrianwurzel

Untertitel: die lateinische Bezeichnung; setzt sich aus der botanischen Bezeichnung der Pflanze im

Genitiv und der Bezeichnung des Pflanzenorgans zusammen; z.B. Valerianae radix

verschiedene Drogen derselben Gattung → Gattungs und Artname wird auch verwendet (z.B. Sennae

fructus angustifoliae bzw. Sennae fructus acutifoliae)

DEFINITION DER DROGE

• Stammpflanze

• Pflanzenorgan: Angabe des Pflanzenteils, evtl. ein bestimmter Erntezeitpunkt (für die Qualität

erforderlich, z.B. „während der Blütezeit“ gesammelt); Angabe, ob die Droge frisch oder getrocknet

verwendet wird;

• Zerkleinerungsgrad der Drogen: z.B. ganze Droge, grob geschnitten, gepulvert, usw. (Einfluss auf

den Gehalt an empfindlichen Inhaltsstoffen: Menge und Zusammensetzung)

• Gehalt: die Forderung bezüglich eines bestimmten Inhaltsstoffes bzw. einer Inhaltsstoffgruppe (mit

einer Mindestforderung)

Baldrianwurzel besteht aus den unterirdischen, getrockneten Organen von Valeriana officinalis L. s.l.

Die Droge umfasst den Wurzelstock, die Wurzeln sowie die Ausläufer und enthält mindestens 4 ml/kg–

1 ätherisches Öl sowie mindestens 0,17% Sesquiterpensäuren, berechnet als Valerensäure.

Digitalis-purpurea-Blätter bestehen aus den getrockneten Blättern von Digitalis purpurea L. Die Droge

enthält mindestens 0,3% Cardenolidglykoside, berechnet als Digitoxin (Mr 765) und bezogen auf die bei

100–105 °C getrocknete Droge.

Aufbau und Inhalt einer Drogenmonographie

der Ph.Eur. – 1.

Page 36: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

IDENTITÄTSPRÜFUNGEN EINER

DROGENMONOGRAPHIE DER PH.EUR. – 2.

Eigenschaften

sensorische Eigenschaften: Farbe, Geruch, usw.

In der Beurteilung und Prüfung der Drogen geben sie Hinweise zur Identität und Reinheit.

IDENTITÄT

Das Ziel dieser Prüfung ist, die Droge eindeutig zu identifizieren.

Die Identität wird durch eine makroskopische, mikroskopische Prüfung und

häufig mittels dünnschichtchromatographischer Nachweise oder auch durch

chemische Farbreaktionen überprüft.

Makroskopische Prüfung

eine morphologische Beschreibung der Ganzdroge und/oder der Schnittdroge

auch die Unterscheidungsmerkmale zu fremden Drogen, nichterlaubten

Pflanzenteilen

Mikroskopische Prüfung

Die Ph.Eur. beschreibt die mikroskopische Untersuchung der Pulverdroge.

36

Page 37: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

DÜNNSCHICHTCHROMATOGRAPHISCHE

UNTERSUCHUNG: GINKGOBLÄTTER (PH.EUR.)

Dünnschichtchromatographische Prüfung

Eine weitere Möglichkeit, Drogen auf Identität zu prüfen, bietet die

Dünnschichtchromatographie (DC). Das Prinzip der Prüfung besteht in der

dünnschichtchromatographischen Auftrennung eines geeigneten

Drogenauszuges und im Nachweis charakteristischer Drogeninhaltsstoffe

durch Laufhöhe, Fluoreszenz oder Verhalten gegenüber Farbreagenzien.

Die Orientierung auf dem DC erfolgt durch Co-Chromatographie von

chemischen Einzelsubstanzen. Orientierung bietet die Pharmakopöe durch

eine Beschreibung des DC, wobei die Zonen in Relation zur Laufhöhe von

Referenzsubstanzen beschrieben werden; in den neueren Monographien sind

sie tabellarisch aufgeführt.

37

Page 38: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

REINHEIT I.

Prüfung auf Fremde Bestandteile: erfolgt durch Betrachten, Auslesen der

fremden Bestandteile und Bestimmung des Prozentgehaltes an Beimengung

Das Arzneibuch versteht unter „Fremden Bestandteilen“ fremde Pflanzen und

Beimengungen wie Schimmel, Insekten, andere tierische Verunreinigungen

und mineralische Stoffe, die nicht der Definition der Droge entsprechen.

Trocknungsverlust/Wassergehalt: der Trocknungsverlust wird durch

Trocknen bei 105 °C ermittelt

ein wichtiger Parameter für die Haltbarkeit von Drogen: die Drogen, nicht

ausreichend getrocknet, sind anfällig für Mikroorganismen, insbesondere für

Schimmelpilze

frisches Pflanzenmaterial hat je nach Organ einen relativ hohen Wassergehalt

– Kraut- und Blattdrogen: 70–85%, Wurzel- und Holzdrogen: weniger;

getrocknete Handelsdrogen: 5-15%; idealerweise sollte bei ca. 12% liegen

38

Page 39: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

REINHEIT II.

Asche (Sulfatasche, salzsäureunlösliche Asche)

Unter Asche versteht man die nichtflüchtigen Anteile, die beim Verbrennen und

anschließenden Glühen einer Droge zurückbleiben.

Die salzsäureunlösliche Asche ist definiert als der Rückstand, der nach

Extraktion der Sulfatasche oder der Asche mit Salzsäure erhalten wird, bezogen

auf 100 g Droge.

Mit dieser Prüfung erkennt man nichtflüchtige, mineralische Bestandteile, die

entweder als Verunreinigung (z.B. Erde, Sand bei Wurzeldrogen) oder als

Verfälschung (z.B. bei Eibischwurzel als Schönungsmittel) enthalten ist.

normalerweise kleine Anteile an salzsäureunlöslicher Asche (< 1%);

kieselsäurehaltige Drogen: höchstens 20% ; z.B. Schachtelhalmkraut

Extraktgehalt: die Menge an extrahierbaren Stoffen, die aus einer Droge mit

einem bestimmten Lösungsmittel herausgelöst werden können. Der Rückstand

in Prozent nach Abdampfen des Lösungsmittels ergibt den Wert für diese

Kennzahl.

Spezielle Prüfungen: z.B. Ermittlung der Quellungszahl (z.B. Flohsamen),

die Bestimmung des Färbevermögens (z.B. Hibiscusblüten) oder des

Bitterwertes (z.B. Enzianwurzel)

Page 40: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

GEHALT

ein wichtiges Qualitätsmerkmal (Angaben in der Definition)

z.B. Rhabarberwurzel (Rhei radix) besteht aus den getrockneten, ganzen oder

geschnittenen unterirdischen Teilen von Rheum palmatum L., Rheum officinale Baillon

oder Hybriden beider Arten oder deren Mischung. Die Droge enthält mindestens 2,2%

Hydroxyanthracen-Derivate, berechnet als Rhein (C15H8O6; Mr = 284,2) und bezogen auf

die getrocknete Droge.

Mindestwerte haben Gültigkeit nur in Verbindung mit der in der betreffenden

Drogenmonographie angegebenen Analysenvorschrift.

Die Gehaltsbestimmungen der Pharmakopöen können erfassen:

• Gruppen von Inhaltsstoffen (Anthranoide, ätherische Öle, Flavonoide,

Gesamtalkaloide, Triterpenglykoside)

• Einzelstoffe (Harpagosid in der Teufelskrallenwurzel; Morphin und Codein im Opium)

Die Inhaltsstoffe, die quantitativ bestimmt werden, bedingen die pharmakologische

Wirkung der Drogen; z.B. Anthranoidgehalt (Hydroxyanthracengehalt) der Sennesblätter

korreliert mit der Stärke der Laxanswirkung.

Leitstoffe / Leitsubstanzen: Inhaltstoffe, die phytochemisch die Droge charakterisieren,

deren therapeutischer Stellenwert jedoch unbekannt ist; Inhaltsstoffe, bei denen keine

direkte Beziehung zwischen Gehalt und Wirkung bestehen (pharmazeutisches

Qualitätskriterium)

Page 41: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

HERSTELLUNG DER PHYTO-ARZNEIEN

THERAPEUTISCHE ANWENDUNG DER

PFLANZLICHEN DROGEN

PHYTOTHERAPIE;

TRADITIONELLE UND EVIDENZBASIERTE

MEDIZIN (ESCOP, EMA MONOGRAFIEN)

41

Page 42: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

ZUBEREITUNGEN AUS ARZNEIDROGEN

Presssaft (Frischpflanze)

Destillate (ätherische Öle)

unorganisierte Pflanzenextrakte (Sekrete, Exkrete)

Reinsubstanzen (Wirkstoffe), Wirkstoffkomplexeaus Drogen

Tinktur (Tropfen, alkoholischer Auszug)

Fluidextrakt

Extrakt (Spezialextrakt)

Teegetränk (zum sofortigen Gebrauch)

Mazerat; Infus, Aufguss; Dekokt, AbkochungInstant-Tee (sprühgetrocknet),

Granulat-Tee (Drogenextraktlösungen auf festes Trägermaterial:Zucker als Hilfsstoff)

Bad, Inhalationen, Auflage, Wickel, Polster 42

Page 43: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

PFLANZLICHE ARZNEIZUBEREITUNGEN

Unter pflanzlichen Arzneizubereitungen versteht man die sog.

galenischen Mittel (Galenika): Arzneimittel, die durch einfache

Manipulationen hergestellt werden. z.B. Sirupe / Zuckersäfte: Sirupus

aurantii (Orangen-Sirup), Sirupus rubi idaei (Himbeer-Sirup)

Im einfachsten Fall besteht die Zubereitung einer Droge in der

Zerkleinerung. Die zerkleinerte Droge kann, beispielsweise mit Honig

vermischt, eingenommen werden.

In der Regel werden aber als Ergebnis der Zubereitung unerwünschte

Bestandteile entfernt und andere Stoffe hinzugefügt.

z.B. ein Infus (Teeaufguss) enthält zum Unterschied von der infundierten

Droge keine Gerüststoffe der Droge, es enthält Wasser als für den

Verwendungszweck erwünschten zusätzlichen Bestandteil

Bei der Verarbeitung von Drogen werden oft Schritte eingeschaltet, die der

Beseitigung inerter, pharmakologisch unwirksamer Stoffe / Ballaststoffe

dienen.

die Eliminierung inerter Stoffe = eine Anreicherung

wirksamkeitsbestimmender Prinzipien43

Page 44: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

ZUBEREITUNGEN AUS FRISCHPFLANZEN –

FRISCHPFLANZENPRESSSÄFTE

Zur Herstellung von Frischpflanzenpresssäften dürfen außer Wasser keine

weiteren Lösungsmittel verwendet werden.

Pflanzensäfte werden nur von Arzneipflanzen hergestellt, die keine stark

wirksamen Inhaltsstoffe besitzen, z.B. Granatäpfel,

Artischockenblütenknospen

Sie enthalten die wasserlöslichen Inhaltsbestandteile der Pflanze, aber nur

geringe Anteile an lipophilen Stoffen.

für die Presssaftherstellung nur frische Pflanzen (keine getrockneten Drogen;

Drogen in der Nähe der Produktionsstätte kultiviert oder gesammelt)

Produktionsprozess:

Reinigung + Entfernung von Fremdbestandteilen

Ausgangsmaterial Häckseln, Raspeln, usw.

Behandlung mit Wasserdampf (Enzyminaktivierung)

Saftgewinnung: mit Drücken von bis 250 bar

Zentrifugieren (Ballaststoffe gehen verloren)

Ultrahochkurzzeiterhitzung (Uperisation bei ca. 130 °C): Sterilisierung (lange

Haltbarkeit)

Kühlung (thermolabile Pflanzeninhaltsstoffe)

Echinacea purpurea

Page 45: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

TEEDROGEN UND TEEGEMISCHE

angemessen zerkleinerte Einzeldrogen oder Drogenmischungen

werden verwendet, aus denen sich trinkbare Aufgüsse

herstellen lassen

der Wirkstoffgehalt der Droge ist unbekannt

die Extraktion ist nicht präzise steuerbar

die Dosierungsgenauigkeit ist nicht ausreichend

kein Teegetränk aus Drogen herstellen, die toxikologisch

bedenkliche Stoffe enthalten, wie z.B. die Mistel oder die

Eibe

nur solche Drogen verwenden, die Wirkstoffe mit einer

großen therapeutische Breite enthalten45

Page 46: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

TEEZUBEREITUNGEN

2-5 g Droge mit 100-150 ml Wasser extrahieren

nach der Art der Extraktion unterscheidet man drei Zubereitungsarten:

• Aufguss (Infus): Die Droge wird mit kochendem Wasser übergossen; das

Gefäß wird zugedeckt; nach 5–10 min abseihen.

z.B. Blütedrogen, Blattdrogen, Drogen mit ätherischen Ölen –

Kamillenblüten, Pfefferminzblätter

• Abkochung (Dekokt): Die Teemischung mit kaltem Wasser ansetzen, zum

Sieden bringen, 5–10 min lang leicht kochen und abseihen.

z.B. Rinde- und Wurzeldrogen, Kieselsäuredrogen – Schachtelhalmkraut

• Kaltauszug (Mazerat): Die Teemischung mit Wasser übergießen, 6–8 h

lang bei Raumtemperatur ziehen lassen und abseihen. Das Mazerat kann

kalt getrunken werden oder es kann vor dem Trinken auf Trinkwärme

gebracht werden.

z.B. Schleimdrogen – Leinsamen, Eibischwurzel

Instant-Tee (sprühgetrocknet), Granulat-Tee (Drogenextraktlösungen auf

festes Trägermaterial: Zucker als Hilfsstoff!)

46

Page 47: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

EINFACHE NICHTWÄSSRIGE DROGENAUSZÜGE

TINKTUREN, FLUIDEXTRAKTE

Tinkturen sind flüssige Extrakte, die durch Mazeration, Perkolation unter

Verwendung von Ethanol geeigneter Konzentration hergestellt werden.

Tinkturen werden üblicherweise aus 1 Teil Droge und 5 oder 10 Teilen

Extraktionsflüssigkeit hergestellt. Abhängig von der Droge schwankt das

Verhältnis Droge zu fertiger Tinktur (Droge-Extrakt-Verhältnis; DEV)

innerhalb des Bereiches 1:4-1:4,5 oder 1:7-1:9.

Fluidextrakte sind wie Tinkturen flüssige Extraktformen, jedoch mit

abweichendem Droge-zu-Extrakt-Verhältnis, das i. A. 1:1 (m/m oder m/V)

beträgt. Fluidextrakte können durch Mazeration oder Perkolation unter

ausschließlicher Verwendung von Ethanol geeigneter Konzentration oder von

Wasser hergestellt werden. Fluidextrakte können als arzneilich wirksamer

Bestandteil in Säften, in Tropfen oder in Salben dienen.

Arzneiliche Öle sind Zubereitungen, die Arzneistoffe in nichttrocknenden

Ölen (z.B. Olivenöl, Erdnussöl, Mandelöl) gelöst oder suspendiert enthalten

z.B. Knoblauchölmazerate, Johanniskrautöl, Arnikablütenöl

Die mit Öl aus Drogen extrahierbaren Stoffe sind fette Öle, fettlösliche

Vitamine, Phytosterole und Phytosterolester, lipophile Mono- und

Sesquiterpene.

Page 48: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

PFLANZENINHALTSSTOFFE I.

Wirksubstanzen („active substance, active pharmaceutical

ingredient”):

wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe; im isolierten Zustand ergeben sie

den gleichen oder ähnlichen Effekt wie der Gesamtextrakt

z.B. Anthranoide (Sennoside, Aloine), Alkaloide (Atropin), herzwirksame

Glykoside (Digitoxin), Silymarin

Pharmazeutisch relevante Inhaltsstoffe („active marker“):

wirksamkeitsmitbestimmende Substanzen; ergeben im isolierten Zustand

nicht den gleichen Effekt wie der Gesamtextrakt, sind aber für die

Gesamtwirkung des Extraktes (Droge) mitverantwortlich (z.B. Bisabolol in

Kamille, Flavonoide im Weißdorn)

Leitsubstanzen („analytical marker“): chemisch definierte Inhaltsstoffe,

Inhaltsstoffgruppen in Drogen, die zum Zweck der pharmazeutischen

Qualitätssicherung verwendet werden;

dienen ausschließlich analytische Zwecken

spezifische Leitsubstanzen sollten verwendet werden, z.B. Valerensäure

Inerte Begleitstoffe: keine bekannten Funktionen im Hinblick auf

Wirksamkeit und Unbedenklichkeit oder die pharmazeutische Qualität 48

Page 49: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

PFLANZLICHE EXTRAKTIVSTOFFE II.

• wirksame Inhaltsstoffe: an die die therapeutischen Eigenschaften der

Droge ganz oder zum überwiegenden Teil gebunden sind

z.B. Anthranoide in den Sennesblättern, Cardenolide in den Digitalisblättern

• erwünschte Begleitstoffe: die die Einnahme erleichtern, die Resorption

fördern oder die Stabilität von spezifischen Wirkstoffen erhöhen

z.B. Flavone und Flavonole erhöhen die Stabilität von Ascorbinsäure in

Hagebuttenauszügen, Ascorbinsäure hemmt die Oxidation des labilen

Hyperforins in Hypericum-perforatum-Extrakten

• unerwünschte Extraktionsstoffe: sind verantwortlich für

unerwünschte Wirkungen

z.B. Pyrrolizidinalkaloide in Extrakten aus Huflattichblättern und

Beinwellkraut sind hepatotoxisch und mutagen; andere Gifte, Karzinogene,

Mutagene, Allergene

49

Page 50: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

Einteilung von Trockenextrakten nach der PhEur:

Standardisierte Extrakte: Der Wirkstoff im Fertigprodukt ist ein Extrakt

mit wirksamem Inhaltsstoff (z.B. Arbutin) oder Inhaltsstoffgruppe (z.B.

Anthranoide in Sennesextrakten) mit einem festgelegten/eingestellten Gehalt.

z.B. eingestellter Sennesblättertrockenextrakt – Sennae folii extractum

siccum normatum (Ph.Eur.): Eingestellter Sennesblättertrockenextrakt wird

aus Sennesblättern (Sennae folium) hergestellt und enthält mindestens 5,5 und

höchstens 8,0% Hydroxyanthracen-Glykoside, berechnet als Sennosid B und

bezogen auf den getrockneten Extrakt.

Quantifizierte Extrakte: Der Wirkstoff im Fertigprodukt ist ein Extrakt mit

Gehaltsspannen mehrerer „pharmazeutisch relevanter Inhaltsstoffe“ („active

markers“; z.B. Hypericin in Johanniskrautextrakten), oder

Inhaltsstoffgruppen (z.B. Procyanidine in Weißdornextrakten)

Andere Extrakte: Der Wirkstoff im Fertigprodukt ist ein Extrakt mit einer

vorgegebenen DEV-Spanne. Die Qualität der Extrakte wird ausschließlich

durch den Herstellprozess bestimmt („product by process“); z.B. Passiflorae

herbae extractum siccum.

Trockenextrakte

50

Page 51: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

PHYTOPHARMAKA

(PHYTOTHERAPEUTIKA, PFLANZLICHE FERTIGARZNEIMITTEL)

Arzneimittel, die als wirksame Bestandteile Pflanzen oder Pflanzenteile in

rohem oder verarbeitetem Zustand enthalten

chemisch isolierte, definierte Reinsubstanzen aus pflanzlichen Ursprungs

(wie Menthol, Cineol, Digitoxin, Morphin, Colchicin) werden nicht als

pflanzliche Arzneimittel eingestuft

Wirkstoff ist der Extrakt!!! (pflanzliche Vielstoffgemische)

Zubereitungen aus derselben Pflanze können je nach verwendetem

Herstellungsverfahren eine unterschiedliche Zusammensetzung haben.

Ihre Herstellung erfolgt analog der Herstellung anderer pharmazeutischer

Produkte unter Anwendung von GMP-Standards. Pflanzliche

Fertigarzneimittel werden hinsichtlich Identität, Reinheit, Gehalt und

ihrer Stabilität geprüft.

Pflanzliche Produkte, die nicht als Phytopharmaka eingestuft

werden: Homöopathika, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika,

Therapie-Ergänzungsmittel (Bachblüten, Methoden der

Komplementärmedizin)51

Page 52: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

PHYTOPHARMAKA

• Präparate mit „conventional extracts“ als Wirkstoff: Sie sind

altbewährt, monographiekonform und werden in Monographien der Ph.Eur.,

der Kommission E, von ESCOP, der WHO und der EMA beschrieben. Hierbei

handelt es sich oft um sog. Familien- oder Rahmenmonographien. Das

bedeutet, dass in Bezug auf den Gehalt, das Auszugsmittel und das

Herstellverfahren gewisse Spannen akzeptiert werden. Die Anwendung von

„conventional extracts“ beruht auf langjähriger Erfahrung und

Sicherheit. Entsprechende Phytopharmaka werden aufgrund

bibliographischer Unterlagen zugelassen („well-established medicinal

use“).

• Präparate mit „non-conventional extracts“ als Wirkstoff („refined

oder purified extract“): Sie werden als Innovatorpräparat bezeichnet und

basieren in der Regel auf neuen Extrakten, die oft Spezialextrakte („refined

oder purified extracts“) darstellen. Ihre Anwendung beruht noch nicht auf

langjähriger Erfahrung und Sicherheit. Ihre Zulassung erfolgt deshalb

auf Basis eines Volldossiers, d. h. mit allen erforderlichen

pharmakologisch/toxikologischen und klinischen Studien.52

Page 53: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

PHYTOPHARMAKA IM EIGENTLICHEN SINN

Vollzulassung § 11 bzw. § 13 (2) AMG

(Zulassungsnummer!)

Qualität

Wirkung(en)

Wirksamkeit: klinische Studien, bibliographische Daten

Unbedenklichkeit

Deklaration der Phytopharmaka

Art des Wirkstoffes (Droge, Tinktur, Extrakt)

DEV (Droge-Extrakt-Verhältnis)

Art und Konzentration des Extraktionsmittels

Indikation(en)

Menge des Wirkstoffes (Extraktes) pro Einzeldosis

Wirksame Tagesdosis des Extraktes53

Page 54: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

BESONDERHEITEN DER „PHYTOPHARMAKA“

Anwendung seit Jahrzenten/Jahrhunderten (erleichterte

Zulassung nach § 17a AMG

Wirkstoff = Extrakt = Vielkomponentengemisch

Wirkprinzipien: z.T. noch nicht alle bekannt

Akzeptanz bei der Bevölkerung: Patientenurteil

wissenschaftliche Meinung

„herbal shotgun”

„magic bullet” ein Zielpunkt

(Enzym/Rezeptor)

mehrere Angriffspunkte

54

Page 55: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

PHYTOTHERAPIE – MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN

keine Therapie in der Notfallmedizin

Alternativ- und/oder Supportivtherapie bei milden bis

moderaten Krankheitsbildern

Anspruch auf Wirksamkeitsnachweis gleichwertig zu

synthetischen Produkten

Wirksamkeit manchmal erst nach einigen Tagen erkennbar

→ längere Latenzzeit (bis zu 14 Tagen)

Zumeist geringe Nebenwirkungen → Einsatz bei Kindern,

Patienten mit mehreren Krankheiten

!! Phytopharmaka sind nicht nebenwirkungsfrei !!55

Page 56: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

Europäische Arzneimittel-Agentur

(EMA, European Medicines Agency)

eine Agentur der Europäischen Union, die für die

Beurteilung und Überwachung von Arzneimitteln

zuständig ist

koordiniert laufende Bewertung und Überwachung aller

Human- und Tierarzneimittel

zentrale Rolle in der Arzneimittelzulassung in der

Europäischen Union

im zentralisierten Verfahren gestellte Zulassungsanträge

Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (Committee for

Herbal Medicinal Products, HMPC) 56

Page 57: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

REGISTRIERUNG TRADITIONELLER

PFLANZLICHER ARZNEIMITTEL

traditionelle pflanzliche Arzneimittel: seit mindestens 30

Jahren verwendet werden, einschließlich mindestens 15 Jahre in der

EU, ohne ärztliche Überwachung verwendet werden sollen

z.B. Calendula officinalis L; Echinacea purpurea L., Moench;

Foeniculum vulgare Miller subsp. vulgare var. dulce (Miller)

Thellung;Mentha x piperita L.

Arzneimittel benötigen eine Zulassung, bevor sie in der EU auf

den Markt gebracht werden dürfen.

lange Verwendungsgeschichte:

vereinfachtes Registrierungsverfahren, das aber gleichzeitig die

nötige Gewähr für Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit bietet

Page 58: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

RICHTLINIE ÜBER PFLANZLICHE

ARZNEIMITTEL (RICHTLINIE 2004/24/EG)

Das vereinfachte Verfahren ermöglicht die Registrierung traditioneller

pflanzlicher Arzneimittel, einschließlich chinesischer und ayurvedischer

pflanzlicher Arzneimittel ohne Sicherheitstests und klinische Versuche,

deren Durchführung der Antragsteller nach dem vollständigen

Zulassungsverfahren nachweisen muss.

Statt dessen braucht der Antragsteller für die Registrierung traditioneller

pflanzlicher Arzneimittel nur hinreichend zu belegen, dass das

Arzneimittel seit mindestens 30 Jahren, davon mindestens 15 Jahre

in der Europäischen Union, medizinisch verwendet wird.

Aufgrund der langen Tradition des Arzneimittels besteht eine geringere

Notwendigkeit für diese Tests und Versuche; sie können durch Unterlagen

ersetzt werden, aus denen hervorgeht, dass das Erzeugnis unter

bestimmten Verwendungsbedingungen nicht schädlich ist und dass seine

Wirksamkeit aufgrund langjähriger Anwendung und Erfahrung plausibel

ist.

58

Page 59: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

EMA MONOGRAPHIEN

59

Page 60: GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE - semmelweis.husemmelweis.hu/farmakognozia/files/2017/03/Geschichte-der-Pharmakognosie-Anbau... · das Prinzip „Quinta essentia ... biotechnologischer

EUROPEAN SCIENTIFIC COOPERATIVE ON

PHYTOTHERAPY (ESCOP)

o europäischer Dachverband der nationalen

Gesellschaften für Phytotherapie

(Pflanzenheilkunde)

o Erstellt durch ein wissenschaftliches

Komitee Monografien zu Arzneidrogen, um den

wissenschaftlichen und regulatorischen Status

von pflanzlichen Arzneimitteln in Europa zu

harmonisieren.

o Monografien zu Heilpflanzen: Wirkung, Anwendungsbereiche

und Dosierungen werden wissenschaftlich beschrieben

o ESCOP koordiniert das Programm zur Erarbeitung von

Standards für die sichere und wirksame Anwendung

pflanzlicher Arzneimittel sowie das Meldesystem für

unerwünschte Arzneimittelwirkungen von Phytopharmaka.60