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Nr. 6 Juni 2002 Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei STRAFGESETZ Mit Seniorenjournal bis der Finger glüht. Gesprüht wird,

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Nr. 6 Juni 2002 Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei

STRAFGESETZ

Mit

Senioren

journa

lbis der Finger glüht.Gesprüht wird,

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6/2002 Deutsche Polizei 1

KOMMENTAR

MAI-KRAWALLE

SUCHT

EDITORIAL2 13

KURZ BERICHTET

4/5/27

28

27

IT-Direktor des BKA übernimmt INPOL-neu

Druckauflage dieser Ausgabe:194.846 ExemplareISSN 0949-2844

Inhalt:100% RecyclingpapierUmschlag:chlorfrei gebleicht

Deutsche

PolizeiTitelbild: Foto Polizei internTitelgestaltung: Rembert Stolzenfeld

Nr. 6 • 51. Jahrgang 2002 • Fachzeitschriftund Organ der Gewerkschaft der Polizei

Herausgeber:Gewerkschaft der Polizei,Forststraße 3a, 40721 Hilden,Telefon Düsseldorf (0211) 7104-0,Fax (0211) 7104-222Homepage des Bundesvorstands der GdP:http://www.gdp.de

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Die unter Verfassernamen erschienenenArtikel stellen nicht in jedem Fall die Meinungder Redaktion dar. Für unverlangt eingesandteManuskripte kann keine Gewähr übernommenwerden. Mitteilungen und Anfragen bitten wiran den jeweiligen Landesbezirk zu richten.

Erscheinungsweise und Bezugspreis:

Monatlich 2,86 EURO zuzüglich Zustellgebühr.Bestellung an den Verlag.Für GdP-Mitglieder ist der Bezug durch denMitgliedsbeitrag abgegolten.

INHALT

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4

6

11

12

17

15

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25

FORUM

TITEL

KRIMINALPOLITIK

11. SEPTEMBER 2001

SENIORENJOURNAL

DFB/GdP-AKTION

VERSORGUNG

TARIFPOLITIK

Gewalt auch mit Gesetzen ächten

Graffiti-Bekämpfungsgesetzin greifbarer Nähe

Polizeiliche Kriminalstatistik:Kein Grund zur Entwarnung

GdP übergibt Spende für Terroropfer anUS-Botschafter Daniel R. Coats

Einspruch muss reichen

Zusatzversorgung – Die neueBetriebsrente

Rituale der Gewalt

Generationengerechtigkeit sichern helfen

DFB und GdP: Partnerschaftist ausbaufähig

WAFFENRECHTZugang zu Waffen wird deutlicherschwert

Quereinsteiger bei der Polizei

Anschlag

Rechte Parteien schrumpfen

Gesprüht wird, bis der Finger glüht7

Kassenträume der Finanzministerdürfen nicht zum Albtraum der Ruhe-ständler werden

Anträge beraten

Gemeinsam an einem Strang

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„Bundesarbeitsgemeinschaft Sucht-probleme in der Polizei” – Chronologieeiner Selbsthilfe

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2 6/2002 Deutsche Polizei

EDITORIAL

Wir trauern zutiefst umPolizeihauptmeister AndreasGorski, der am 26. April diesenJahres in Ausübung seinesDienstes von einem skrupello-sen Mörder am ErfurterGutenberg-Gymnasiumerschossen wurde.

Andreas Gorski begannseinen Dienst 1979 bei derDeutschen Volkspolizei.Er versah zuletzt in der Polizei-inspektion Erfurt verantwor-tungsvoll und mit hoher Ein-satzbereitschaft seinen Dienst.Seine Kollegen achteten ihn u.a. wegen seiner sachlichen, ru-higen und hilfsbereiten Art.

Andreas Gorski engagiertesich aber auch als Eltern-sprecher an der Schule seinerTochter und als Trainer einerKinder- und Jugendmannschaft.

Unsere Anteilnahme gilt inerster Linie den hinterbliebe-nen Angehörigen, insbesondereseiner Frau, die selbst Lehrerinist, und seinen beiden Kindern,der 16-jährigen Tochter unddem 21-jährigen Sohn.

Wir werden Andreas Gorskiein würdiges Andenken bewah-ren.

Gewerkschaft der PolizeiBundesvorstand

AndreasGorski25.10.196026.04.2002

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6/2002 Deutsche Polizei 3

KURZ BERICHTET

INPOL-neu wird fortgesetzt(DP 3/02 berichtete). Nachdemdie IMK beschlossen hatte, dieProjektstrategie zu ändern, solldieses ehrgeizige Projekt nundurch den Fachmann für Infor-mations- und Kommunikations-technik, Harald Lemke, umge-setzt werden. Harald Lemke hatam 1. März 2002 die beim BKAneu eingerichtete Stelle als IT-Direktor übernommen. Sein der-zeitiger Aufgabenschwerpunktist die Gesamtprojektleitung fürINPOL-neu.

Mit der Einrichtung der Funk-tion des IT-Direktors im BKAsollen alle strategischen, planeri-schen und operativen Aspekte

IT-Direktor des BKAübernimmt INPOL-neu

Harald Lemke, Konrad Freiberg, Horst Müller (v.r.n.l.) Foto: GdP

der IT-Entwicklung, des IT-Be-triebs und des Informationsma-nagements gebündelt werden.

Zu einem ersten Informa-tionsgespräch trafen sich derGdP-Bundesvorsitzende KonradFreiberg und der Gewerkschafts-sekretär Horst Müller mit HaraldLemke im April in den Ge-schäftsräumen der GdP-Ham-burg.

Gegenstand des Gesprächswaren u.a. die geänderte Projekt-strategie von INPOL-neu, dieZentralstellenfunktion des BKAhinsichtlich der polizeilichen Da-tenverarbeitung und die Raster-fahndung.

Die Täter kamen am 2. Aprilnachts, zündeten den Privat-wagen vor seiner HamburgerWohnung an und verursachteneinen Schaden von annähernd15.000 Euro. Sie, das sind lautBekennerschreiben Mitgliederder linksextremen Szene. Be-gründung: Weil sich der GdP-Bundesvorsitzende vehement fürden Einsatz von Brechmitteln

Anschlag

Quereinsteiger bei derPolizei

In Mecklenburg Vorpommernkönnen ab sofort Volljuristinnenund -juristen auf direktem Wegeeine Karriere im höheren Dienstder Polizei einschlagen. Bis 2003sollen weitere vier von ihnen ein-gestellt werden (vier sind bereitseingestellt). Die Landesregie-rung erhofft sich dadurch einenZuwachs an Kompetenz in juris-

Rechte Parteien schrumpfenKein Grund zur Entwarnung,

aber möglicherweise ein Trend:Die rechtsextremistischen Par-teien in Deutschland sollen – lautFocus – Mitglieder verlieren. DasBundesamt für Verfassungs-schutz zählte 2001 etwa 33.000.

tisch komplizierten Sachverhal-ten. Nach einer einjährigen Ein-weisung in die Aufgaben derLaufbahn – ab deren ersten Tagdie Juristinnen und Juristen be-reits Polizeirätin oder Polizeiratim Beamtenverhältnis sind –können sie in allen Bereichen derPolizei eingesetzt werden.

innerhalb der Drogenfahndungaussprach. Konrad Freibergbleibt dennoch relativ gelassenund selbstverständlich bei sei-nem Standpunkt.

Was ihn allerdings schmerzt,dass Eigentum von Unbeteilig-ten mit betroffen war: u. a. wur-den zwei Autos seiner Nachbarnin Mitleidenschaft gezogen undetliche Bäume vernichtet.

Im Jahr vorher sollen es noch36.500 gewesen sein. Die NPDblieb bei rund 6.500. Die Deut-sche Volksunion (15.000) undRepublikaner (11.500) verlorenje fast 2.000 Parteimitglieder. Der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg an seinem ausgebrannten

BMW. Foto: Schöneck

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4 6/2002 Deutsche Polizei

KOMMENTAR

M it Erfurt wird sichfortan die Erinne-rung an eine der

schlimmsten und schmerzlich-sten Erfahrungen an einerSchule in Deutschland verbin-den.

Man möchte so gern eineschlüssige Erklärung. Dannkönnte man die Ursache be-greifen und beseitigen. Aberwer will die Ursache beschrei-ben? Wer kann die Missständezeitnah ändern?

Diskutiert wird in diesen Ta-gen darüber viel: Liegt es amSchulalltag, der Kinder und Ju-gendliche möglicherweise zusehr unter Druck setzt? Sind esdie Lehrer, die kaum den Lehr-stoff zu vermitteln schaffen undsich um die Probleme und Be-sonderheiten ihrer Schülerkaum noch kümmern können?Sind es die Politiker, die hilfloszulassen, dass Gewalt zum All-

tag gehört? Oder liegt die Ur-sache in den Familien, die ihreVerantwortung nicht wahrneh-men.

Aufgeschreckt suchen Politi-ker Erklärungen und schnelleAbhilfe zu finden. Dass es soschlimm sein könne mit derGewalt – haben sie das nichtgeglaubt? Haben sie es ver-drängt?

Seit Jahren steigt die Jugend-kriminalität, sinkt die Hemm-schwelle auch für brutalste Ge-waltanwendung. Die Politikeragierten jedoch so gut wie garnicht.

Dann das Unfassbare.Und nun wird geradezu hek-

tisch reagiert:Gewaltverherrlichende

Videospiele sollten verbotenund das Waffengesetz strengergefasst werden, der Jugend-schutz soll auf den Prüfstandkommen und dieSchulpäda-gogik einen höheren Stellen-wert erhalten.

Sofort geht auch die Gegen-Diskussion los: Das alles nutzenichts, man müsse am Grund-übel ansetzen...

Und schon besteht die Chan-ce, mehr zu reden, als zu tun.

Gern kommen nun auch wie-der die altbekannten Einwände,dass man mit neuen oder stren-geren Gesetzen auch nichts än-dere, dass man aufpassen müs-se, sich nicht einem Polizeistaatzu nähern...

Unser Standpunkt ist eindeu-tig: Dort, wo es notwendig ist,müssen Gesetze geändert wer-den. Die GdP wird sich vehe-ment in die Gesetzesdiskussioneinbringen. Und was bereitsformuliert ist – ich erinnere anden § 131 StGB – ist konse-quent durchzusetzen.

Die Gewalt muss aus demAlltag – nicht nur der Kinder

und Jugendlichen – verbanntwerden. Es gehr darum, Gewaltim Zusammenleben insgesamtzu ächten. Körperliche Gewalt,verbale, virtuelle...

Ein erster Schritt ist, gesell-schaftlich Zeichen zu setzen.U. a. eben auch mit den ent-sprechenden Gesetzen.

Darauf zu vertrauen, dassder Schock von Erfurt Gewaltmindern könnte, läuft ins Leere.Augenscheinlich wurde das lei-der nur wenige Tage später. Daspielte Gewalt wieder in allerÖffentlichkeit eine sehr domi-nante Rolle: Randale am 1. Mai– Gewalt aus purem Vergnügen(s. S. 13 ff).

Ein Berliner Kollege berich-tete, wie sein Gruppenführervon einem Stein getroffen zuBoden ging, ein anderer Kolle-ge im Steinhagel einen Kiefer-bruch erlitt. Dem Kollegenselbst sei nur der Helm gebor-sten...

Das Thema Gewalt ist kom-plex und schwierig – die an-fängliche Euphorie, gesamt-gesellschaftlich etwas zu än-dern, wird abflauen. Aber wirwerden den Finger immer wie-der auf diese Wunde legen,denn aus Schmerz kann Verän-derung kommen. Wir werdenals GdP gemeinsam mit ande-ren Gewerkschaften dafür sor-gen, dass das Thema in der Dis-kussion bleibt. Und wir werdenuns für unsere Mitglieder starkmachen, damit sie in den be-treffenden Bereichen Gesetzes-verletzungen entsprechendnachgehen können. Wir werdenauch weiterhin unser Bestestun, um Gewalt zu bekämpfen.Nur darf man uns nicht alleinelassen.

Gewalt auch mit Gesetzen ächten

Zu: „Erscheinungsbildder Polizei“, DP 2/02

Als Autor des Beitrages überdie Rechtslage im Hinblick aufRegelungen das äußere Erschei-nungsbild der Polizei betreffend,habe ich mich über den Mut unddie Weitsicht der Verantwortli-chen der Redaktion „DeutschePolizei” zur Publikation sehr ge-freut. Dies insbesondere, da dieanschließenden Zuschriften zeig-ten, dass es sich dabei um ein sehrbrisantes Thema handelt. Nachmeiner Ansicht gehört es auch zueiner guten Gewerkschaft,„schlummernde” Probleme auf-zugreifen, wenn auch lediglich inForm eines Autorenbeitrages.

Es erfüllt mich ein wenig mitStolz, dass viele Kolleginnen undKollegen sich intensiv mit derThematik auseinander setzten,denn vom Erscheinungsbild derPolizei sind wir alle betroffen. Obwir individuell der Idealvorstel-lung entsprechen oder nicht, dassollte jedem klar sein. Die Kol-leginnen und Kollegen, die sichüber die von mir dargestellteRechtslage mehr als erstauntzeigten, sollten nicht ausgegrenztwerden, denn es gilt sie auch hierdavon zu überzeugen, dassmanchmal das Recht und indivi-duelle Anschauungen auseinan-derfallen können. Die Erkennt-nis, dass wir als Polizisten dasRecht beachten müssen, ist soprofan, dass ich kaum wage, dieshier zu betonen. Was wir im täg-lichen Dienst in Bezug auf dieBevölkerung in Repression undPrävention durchsetzen, könnenwir doch nicht im internen Ver-halten negieren. Daran erlaubeich mir zu erinnern, gerade weildas Verhalten nach innen unwei-gerlich nach außen dringt.

Auch wenn ich derzeit für dieVereinten Nationen als Polizistim Ausland arbeite, das Erschei-nungsbild ist auch hier ein wich-tiges Thema. Allerdings unteranderem Vorzeichen. Viele inter-nationale Kolleginnen und Kol-legen erleben ein anderes Uni-formgefühl, da sie täglich, d.h.wirklich sieben Tage in der Wo-che, die Uniform tragen. DerVariantenreichtum der Deut-schen Polizei bezüglich Sauber-

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6/2002 Deutsche Polizei 5

FORUM

(Fortsetzung auf Seite 27)

Die Redaktion behält sich vor,Leserbriefe zu kürzen, ummöglichst viele Kolleginnenund Kollegen zu Wort kom-men zu lassen. AbgedruckteZuschriften geben nichtunbedingt die Meinung derRedaktion wieder. AnonymeZuschriften werden nichtberücksichtigt.

Ich möchte dem KollegenDirk Einecke für seinen Leser-brief danken. Denn er hat er-kannt, dass sich die Welt seit derAusbildung einiger heutigerPolizeiführer weiter gedreht hat,obwohl er selbst schon seit 1966im Polizeidienst steht. Und ichbin mir sicher, dass er „in gepfleg-tem und sauberen Zustand” zumDienst erscheint. Aus reinemSelbstverständnis heraus. Undgenau das ist es, was dem einenoder anderen jungen oder gerneauch älteren Kollegen einfachfehlt. Es gibt eben mehr als nureine Meinung zu diesem Thema.

Ich selbst aber bin mir nach allden Briefen gar nicht mehr si-cher, welche Meinung ich habe.Ich bin 23 Jahre alt, Einzel-dienstler, tätowiert, trage zweiOhrringe und habe ein Piercing.Bin also quasi der Feind. Nursieht man das im Dienst nicht.Denn am Flughafen trage ichobwohl er ein geschlossenes Ge-bäude ist, meinen „Hut”. Dieserverdeckt den Großteil meiner fürmanchen viel zu kurzen Haare.Die Ohrringe sind im Dienst raus(ja, die Verletzungsgefahr!), dasPiercing und die Tätowierungkann man zu keiner Zeit sehen.Und ich trage gerne mal das lan-ge Hemd mit Langbinder (dermit Clip, wegen der Sicherheit).Warum? Aus reinem Selbstver-ständnis heraus. Ich identifizieremich mit meinem Beruf und weißganz einfach, dass man „in ge-pflegtem und sauberen Zustand“vom Bürger mehr Kompetenz

keit der Uniform, Tragen vonSchmuck oder Ausgestaltung vonHaar- und Barttracht ist hiernach meiner Auffassung auchdaher kein Thema, da sich jederPolizist seiner Rolle stärkerbewusst ist, nämlich auch einBotschafter seines Landes undder UN zu sein.

Übertragen auf die Polizei inDeutschland könnte der Transferlauten: Sind wir nicht alle auchkleine Botschafter für die Deut-sche Polizei?

Dr. Axel Henrichs, z.Zt.Station Commander Prizren/

Kosovo

angedichtet bekommt und einhöheres Ansehen genießt, als mitoffener Jacken, ohne Hut und derKippe im Mundwinkel. Dagegenkönnen wir nichts tun. Und werdas einfach nicht einsehen will,geht wahrscheinlich nur wegendes Geldes zum Dienst.

Florian Klein, Langgöns

Mit Sorge habe ich verschie-dene Beiträge zum Erschei-nungsbild zur Kenntnis genom-men. Der Beitrag vom KollegenHubert Bauer (DP 4/02), könnteauch von mir geschrieben wor-den sein. Die Beamten, die mei-nen, dass das Erscheinungsbildbei der Polizei keine Rolle spielt,sollten sich einmal fragen lassen,was ihnen der Beruf des Polizei-beamten Wert ist. Ist es nur fürsie/ihn ein Job oder ein Beruf, imWort Beruf steckt das Wort Be-rufung. Wer sich berufen fühlt,muss sich auch an das Beamten-gesetz halten. Wer damit nichteinverstanden ist, kann jederzeitkündigen und den Job aufneh-men, in dem er sich so kleidenkann, wie er möchte. Als Vorge-setzter ist es für mich nicht nach-vollziehbar, dass PVB in nichtgenehmigter Anzugsordnung dasStraßenbild beleuchten. ( Es gibtja noch immer die Beurteilungpp,). Ich habe – wie Herr Bauerauch ausführt – bei meinen vie-len Reisen ins Ausland (Ost/West) noch keinen Kollegen innicht korrekter Dienstkleidunggesehen, wie teilweise bei uns inder Bundesrepublik Deutsch-land.

Peter Schubert, Hannover

Erlauben Sie mir als „Nicht-Polizeibeamter” einige Wort zudiesem Thema. Als Schwieger-sohn eines Polizeibeamten kom-me ich immer in den Genuss, IhrGewerkschaftsorgan zu lesen –wenn auch zeitlich verzögert. AlsSoftware-Ingenieur eines US-Unternehmens bin ich in Euro-

Ost-West: „DerAngleichungsprozessstockt” DP 5/02

Unter dieser Überschrift teiltdas Niedersächsische Landesamtfür Statistik in einer Presseerklä-rung mit, was alle im Osten längstwissen. Seit Oktober 1995 ist kei-ne Angleichung mehr feststell-bar.

Nun geht es in eine nächsteRunde. Politiker von PDS undSPD fordern jetzt einen Stufen-plan bis 2007. Angleichungen in2% Schritten? Dann können wir2007 immer noch keine Anglei-chung feststellen.

Ich erwarte für die Tarifrunde2002/2003 einen deutlichenSchritt auf die 100%. Dafür soll-te sich unsere Gewerkschaft zu-

pa und Übersee unterwegs undmuss Ihnen sagen, das Bild derdeutschen Polizeibeamten ist zu-mindest teilweise erschreckend.Ich kann mich nicht erinnern, ineinem der vielen von mir berei-sten Länder Polizeibeamte gese-hen zu haben, wie sie der Verfas-ser, Herr Henrichs, geschilderthat. Das gilt sowohl für die Per-son des einzelnen Beamten alsauch für seine Uniform. Ein Ein-schreiten ohne Mütze, mit offe-ner Jacke pp. habe ich n u r hiererlebt. In Einzelfällen ist mir be-kannt geworden, dass der jewei-lige Officer seine Beamten inAugenschein nimmt, bevor siedie Dienstelle verlassen. Wehedie „Haartracht“ oder die Uni-form geben Anlass zu Beanstan-dungen. Der Entschluss, Polizei-beamter zu werden, muss nachmeiner Ansicht zwangsläufigauch bedeuten, hinsichtlich sei-ner eigenen Erscheinung Ein-schränkungen hinzunehmen.

Für mich persönlich bedeutetdas, dass ich bei unseren Kundenin jedem Fall korrekt gekleidet-und mit gepflegtem Äußeren zuerscheinen habe. Ohrringen, Bartpp. sind für unsere Mitarbeitervollkommen undenkbar.

Die Kritiker in Ihren Reihensollten es einmal mir ihrem Er-scheinungsbild in der freien Wirt-schaft, bei einer Bank usw. ver-suchen.

Joachim Szeske, Würzburg

allererst einsetzen. Aber mit derAngleichung der Löhne und Ge-hälter ist es nicht getan. Die Ab-schaffung des BAT-O bzw. desMTArb ist mit der Übernahmedes BAT bzw. MTArb längstüberfällig. Gleichzeitig muss dieUngerechtigkeit bei der Zahlungder Pensionen durch die Aner-kennung der Vordienstzeiten be-endet werden.

Uwe Petermann, per E-Mail

Zu: „Öffentlich geförder-te Jugendarbeit rückläu-fig”, DP 5/02

Lange schaue ich mir das The-ma jetzt an und ich muss nunendlich etwas dazu sagen.

Öffentlich geförderte Jugend-arbeit rückläufig!!! Woran daswohl liegt?

Ich bin Polizeiobermeister aufder PI Mainburg (Niederbayern)und seit 3 Jahren Abteilungslei-ter und Trainer der zwei größtenJugendabteilung eines Sportver-eins in der Oberpfalz. Jugendar-beit fördern, Kinder und Jugend-liche von der Straße wegholenund ihnen in Vereinen ein Gefühlvon Teamgeist und Zugehörig-keit zu geben ist, wie jeder weiß,kein Kinderspiel. Selbst finanzi-elle Mittel alleine helfen nichts,wenn keine freiwilligen Mitar-beiter oder Trainer vorhandensind.

Und genau da setzt mein Pro-blem an. Ich bin im Schichtdienstund mein Weg von der Heimatzur Dienststelle beträgt einfachfast 90 km.

Da unsere Abteilung erst seit3 Jahren besteht (bereits zweit-größte Abteilung mit über 30

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6 6/2002 Deutsche Polizei

TITELGraffiti-Bekämpfungsgesetzin greifbarer Nähe

Von Bernhard Strube

Mit einer Gesetzesänderung will der Bundesrat dieRechtsunsicherheit bei der strafrechtlichen Ahndung derals „Graffiti“ bezeichneten Bemalungen, Beschmutzungenund Verunstaltungen von Gegenständen und Bauwerkenbeseitigen. Er will damit auch normenverdeutlichend aufdie meist jugendlichen Täter einwirken und die Aufgabeder Jugend- und Stadtentwicklungspolitik in der Auseinan-dersetzung mit dem Phänomen „Graffiti“ betonen.

Ein Gesetzentwurf, der nun imBundestag beraten wird, siehtvor, den Tatbestand der Sachbe-schädigung um des Merkmal dernicht nur unerheblichen Verän-derung des Erscheinungsbildeseiner Sache zu ergänzen. DieGesetzesänderung soll auch dieNachweispflichten der Polizeireduzieren und gutachterlicheBetrachtungen im Einzelfall ent-behrlich machen.

Graffiti: ein zunehmenderMissstand

In den Städten, insbesonderein Ballungszentren, hat die Zahlvon Graffitis, Tags und Schmie-rereien in den vergangenen Jah-ren zugenommen. Die Übergän-ge zwischen diesen Erscheinun-gen und purem Vandalismus sindfließend. Mit dem Verständnisder von der Schädigung Betrof-fenen kann allein schon wegender teils hohen Säuberungslastennicht gerechnet werden – auchdann nicht, wenn der überwie-gende Teil der Täter zwischen 12und 21 Jahren alt ist und ihr Vor-gehen als Ausdruck eines ande-ren Lebensgefühls oder einerbloßen Anti-Haltung verstandenwissen wollen.

Das Besprühens und Bema-lens privater und öffentlicherFlächen sowie öffentlicher Ver-kehrsmittel wird vielmehr vonder überwiegenden Bevölkerungals Symbol für den Verfall vonOrdnung und als Vorläufer fürweitere Zerstörungen und Van-dalismus angesehen.

Graffiti wird somit teilweisesubjektiv als Gefährdung desSicherheitsgefühls wahrgenom-men.

Länder: staatliche Reak-tion erforderlich

Staatliche Reaktion müssedaher – so der Bundesrat - aufder Basis eindeutiger Normen

möglich sein. Einerseits, um dermangelnden Akzeptanz derRechtsnormen durch Jugendli-che entgegenzutreten und ande-rerseits, um durch Eingehen aufdie jugendlichen Bedürfnislagendie Grundprobleme ihrer Ver-haltensweisen angehen zu kön-nen. Von Bedeutung ist daher,bei klarer Rechtslage Unrecht alssolches behandeln zu könnenund im Vorfeld respektive paral-

lel im Zusammenhang mit aus-gesprochenen Sanktionen in Ver-bindung mit sozialpädagogischenMaßnahmen (sowohl Schaffunglegaler Ausdrucksmöglichkeitenfür Jugendliche als auch Organi-sation von Säuberungsaktionenbei Geschädigten, Durchführungvon Freizeitarbeiten, Projekte imRahmen sonstiger Auflagen u.ä.)agieren und reagieren zu kön-nen.

§ 303 StGB unzurei-chend

Seit Jahren wird in der Recht-sprechung im Zusammenhangmit Graffiti folgende Frage erör-tert: Der Tatbestand des § 303StGB ist nur dann erfüllt, wenndie Substanz der Sache erheblichverletzt oder ihre (technische)Brauchbarkeit nachhaltig beein-trächtigt wurde. Der erheblichenVerletzung der Substanz der Sa-che steht es gleich, wenn diesederart in Mitleidenschaft gezo-gen wird, dass eine Reinigungzwangsläufig zu einer solchenSubstanzverletzung führt. Diebloße Veränderung der äußerenErscheinungsform einer Sacheist bislang in aller Regel keineSachbeschädigung, und zwarauch dann nicht, wenn diese Ver-änderung auffällig ist. Damitreicht eine dem Gestaltungs-willen des Eigentümers zuwider-laufende Veränderung der äuße-ren Erscheinung und Form einerSache für sich allein grundsätz-lich nicht aus, um den Tatbestandder Sachbeschädigung zu be-gründen.

Polizei: zu hoherErmittlungsaufwand

Die Ermittlungen von Polizeiund Staatsanwaltschaft habensich angesichts dieser Anforde-rungen daher auch darauf zu er-strecken, bei Bemalungen, Be-schmutzungen oder sonstigenVerunstaltungen

• die Substanz der Sache ge-nauestens zu beschreiben,

• den Erhaltungszustand fest-zuhalten,

• die verwendeten Werkstof-fe (Stifte, Farbenarten, Anhaf-tungsgrad) zu analysieren,

• das flächenmäßige Ausmaßzu dokumentieren und mit derGesamtgröße des Gegenstandesins Verhältnis zu setzen,

• den Einfluss des Reinigungs-prozesses (mit Abhängigkeit voneingesetztem Säuberungsmittelund verwendeter -technik) aufdie Substanz selbst und

• den Instandsetzungsauf-wand festzustellen.

Ein solcher Aufwand steht

Foto. dpa

GRAFFITI

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6/2002 Deutsche Polizei 7

nach Auffassung des Bundesra-tes in keinem Verhältnis zu Scha-den, Schuld und voraussichtli-chem Verfahrensausgang. DieSachbeschädigung allgemein seimit einem Strafrahmen von Frei-heitsstrafe bis zu zwei Jahrenoder Geldstrafe und wegen derAusgestaltung als Antragsdelikt(§ 303c StGB) dem Kreis desniedrig einzustufenden Krimi-nalunrechts zuzurechnen. Im An-wendungsbereich des Jugend-strafrechts blieben die Sanktio-nen für derartige Taten auch beiWiederholungstätern im unterenBereich (Einstellung in Verbin-dung mit erzieherischen Maß-nahmen, Freizeitarbeiten, ande-re Auflagen).

Die genannten Anforderun-gen der Rechtsprechung für eineumfassende Tatbestandsfeststel-lung seien oftmals nicht ohnegutachterliche Erhebungen undÄußerungen erfüllbar. Fachgut-achten zögen einen finanziellenAufwand nach sich, der bereitsdie Kosten der Schadensbeseiti-gung übersteige. Ein solchesMissverhältnis zwischen rechts-staatlich begründeten Anforde-rungen und Erledigungsaufwandstehe im Einzelnen der Durch-setzung eines geordneten Zu-sammenlebens in einer freienGesellschaft entgegen.

Strafrechtlicher Schutzauch für das Erschei-nungsbild einer Sache

Die Auslegungsprobleme derRechtsprechung befassen sichmit dem Merkmal „beschädigt“.Eine ausdehnende Auslegung,die auch den strafrechtlichenSchutz für das vom Eigentümerbeabsichtigte äußere Erschei-nungsbild einer Sache umfasst,wird in Deutschland – anders alsin der Schweiz bei vergleichba-rer Formulierung des Tatbestan-des – bis hin zum Bundesge-richtshof abgelehnt. So habe derhistorische Gesetzgeber denSchutzrahmen des § 303 StGBnicht umfassend im Sinne derBelange des Eigentümers wie in§ 1004 BGB (Beseitigungs- undUnterlassungsanspruch bei Be-einträchtigung des Eigentums)

ausgestaltet. Deshalb sieht derBundesrat Anlass zur Änderungdes Schutzbereichs der Sachbe-schädigung. Gleichgültigkeit inden Erscheinungsbildern derGroßstädte und Ballungsräumeziehe andere Erscheinungsfor-men sozialer oder auch krimi-nogener Problemlagen nach sich.Deshalb bedürfe es nicht nur dermateriellen Kriterien wie desVorliegens einer Substanzver-letzung oder der Einschränkungder Brauchbarkeit der Sache.Das äußere Erscheinungsbild derSache gehöre zu den innerenWerten des Eigentums selbst undmüsse dem Schutz des Gesetzesunterworfen werden.

Ohne die bisherigen Tatbe-standsmerkmale der Beschädi-gung oder Zerstörung einschließ-lich der dazu vorliegenden Aus-legungen und erörterten Fall-gestaltungen antasten zu wollen,will der Entwurf des „Graffiti-Bekämpfungsgesetzes“ des Bun-desrates in den § 303 Abs. 1 StGB(Sachbeschädigung) und § 304Abs. 1 StGB (GemeinschädlicheSachbeschädigung) ein neuesTatbestandsmerkmal einführen:

Wer rechtswidrig eine fremdeSache (§ 303) bzw. einen derGegenstände der schweren Sach-beschädigung (§ 304) zerstört,beschädigt oder das Erschei-nungsbild einer Sache gegen denWillen des Eigentümers odersonst Berechtigten nicht nur un-erheblich verändert, wird mitFreiheitsstrafe bis zu zwei (§ 303)bzw. bis zu drei (§ 304) Jahrenoder mit Geldstrafe bestraft.

Das neue Merkmal beinhaltetals Unrechtskern den rechtswid-rigen Eingriff in die Ausübungdes Gestaltungswillens des Ei-gentümers oder Berechtigten. Eskommt daher nicht darauf an, obeine Substanzverletzung der Sa-che gegeben ist und wie Drittedie Veränderung der Sache be-urteilen. Der Tatbestand ist auchdann erfüllt, wenn die Verände-rung dem ästhetischen Empfin-den eines Beobachters unterUmständen mehr entgegen-kommt als die ursprüngliche Ge-staltung. Der Berechtigte wirddavor geschützt, dass ihm einebestimmte Gestaltung der Sacheaufgezwungen wird.

Der Verzicht auf das Erforder-

nis der Verletzung der Substanzder Sache, sei sie hervorgerufendurch die Tat selbst oder durchdie vorzunehmende Reinigung,lasse aufwändige und kostenin-tensive Gutachten entfallen.

Die Bundesregierung meintzu der Initiative des Bundesrates,dass aus strafrechtlicher Sicht derBegriff der nicht unerheblichenVeränderung des Erscheinungs-

Gesprüht wird, bisder Finger glühtÜber eine Verschärfung der Graffiti-Ahndung wird schonJahre geredet. Nun ist die Änderung zweier Paragrafen ingreifbarer Nähe, die insbesondere Polizei und Justiz dieErmittlungen erleichtern sollen.Was von dem neuen Gesetz zu erwarten ist und wie sichdie Szene in der Graffiti-Hochburg Berlin zurzeit darstellt –

dazu befragteDP Kriminal-ober-kommissarMarkoMoritz vonder GE GiB(GemeinsameErmitt-lungsgruppeGraffiti in Ber-lin)

Mancher meint, die Graffiti-Szene habe ihren Zenit über-schritten. Stimmen Sie dem zu?

Das kann ich nicht nachvoll-ziehen. Gesprüht wird, bis derFinger glüht. Wer glaubt, dieeinstigen Star-Sprayer kommennun in die Jahre und wendensich anderen Lebensbereichenzu, der vergisst, dass die Szenesich immer neu strukturiert:Ein „King“ hat „Toys“ (Lehr-linge). Die versuchen, in seineFußstapfen zu treten und scha-

ren neue Lehrlinge um sich.Wir haben zurzeit pro Jahr

rund 8.000 Vorgänge in unsererDienststelle gemeinsam mitdem BGS zu bearbeiten. Imvergangenen Jahr lag die Stei-gerung zum Vorjahr bei 20 Pro-zent.

Wie hoch ist der Schaden inBerlin?

Die unmittelbare Schadens-höhe liegt bei 25 Mio. Euro proJahr im privaten und öffentli-

bildes gegen den Willen des Ei-gentümers oder sonst Berechtig-ten keinen durchgreifenden Be-denken begegne. Wollen wir se-hen, was der Bundestag darausmacht.

Der Verlauf von Gesetz-ge-bungsverfahren kann verfolgtwerden unter:

www.bundestag.de

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chen Bereich zusammengenom-men. Wobei vom öffentlichenNahverkehr in diese Zahl nurdie Kosten für die Schadens-beseitigung einfließen. Die Ko-sten für den Nutzungsausfallsind nicht dazugerechnet.

Ein Piece enthält jede Menge Informationen

Die Stadt ist zugesprüht.Wird die Polizei der Lage nichtHerr?

Unsere Aufklärungsquoteliegt bei 63 Prozent. BesprühteFlächen spiegeln also in keinerWeise wider, ob Polizei und Ju-stiz bereits erfolgreich waren. Fürdie Schadensbeseitigung ist janicht die Polizei, sondern der je-weilige Eigentümer zuständig.Aber wie gesagt, die Sache istteuer. Und so sind die „Pieces“und Schmierereien oft nochsichtbar, obwohl die Täter bereitsermittelt und verurteilt sind.

Wer erwischt wird, muss zumTeil mit empfindlichen Strafenrechnen. Warum setzen sich dieJugendlichen dennoch diesenRisiken aus ?

Der Grundwahn ist „Fame“,also Anerkennung erlangen.Die Sprayer sind in der Regelzwischen 12 und 21 Jahre alt. 99Prozent sind männlich, 95 deut-scher Nationalität. Der Drang,sich aus der Masse hervorzuhe-ben, hängt sicher auch mit ei-nem gesteigerten Geltungsbe-dürfnis zusammen. Der eigent-liche Kick liegt im „Bekanntwerden“, seinen Stil immermehr zu verfeinern und immermehr Ruhm zu erlangen. Aberauch der Nervenkitzel, durch il-legale Aktionen Erfolg zu ha-ben, spielt eine Rolle.

Warum werden immer wie-der gerade Züge und Bahnan-lagen besprüht?

Besonders gern wird ja aufFlächen gesprüht, die von mög-lichst vielen gesehen werden,um ein Höchstmaß an Auf-

merksamkeit („Fame“) zu er-zielen. Bevorzugte Objekte sinddaher Züge – und zwar allesvon der U-Bahn bis zum ICE.Je neuer dabei der Zug, je mehr

Anerkennung kann sich derSprüher in der Szene verdie-nen.

Ziel der Bahnbetreiber ist, inkürzester Zeit die Verunreini-gungen zu beseitigen – in derHoffnung, die Motivation zum

aufwendigen und gefahrvollenBesprühen werde damit sinken.

Begehrtes Sprühobjekt: Züge aller Art. Unterschätzt wird in der Regelvon den Sprühern, dass das Betreten des Bahngeländes tatsächlichgefährlich ist. Etliche dieser Bahnaktionen endeten mit tragischenUnfällen.

Ein New-Yorker Pizza-Bäcker soll Anfang der sieb-ziger Jahre die von ihm be-lieferten Häuser mittels Filz-stift signiert haben. Als dieNew York Times das Themaaufgriff, fanden sich schnellNachahmer, die nun ihrer-seits ihre Gebiete abzustek-ken versuchten. In Windesei-le soll New York von Na-menszügen, Pseudonymenund Zeichen bedeckt gewe-sen sein, die von ihren Urhe-bern ständig verfeinert wur-den. Der eigentliche Boomsetzte mit der Entdeckungder Spray-Dose als Arbeits-mittel ein.

Die Graffiti-Entstehungs-legende

GRAFFITI

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Was halten Sie von der An-sicht, Graffiti sei auch Kunst?

Die meisten glauben, sie sei-en Künstler – die wenigstenshaben wirklich das Zeug dazu.Aber es gibt Künstler darunter.Die sind so gut, dass es einemschon weh tut, wenn sie sich mitdem illegalen Sprühen mögli-cherweise ihre Zukunft verspie-len. Die sollten sich um legaleAufträge kümmern und nichtdas Risiko eines Schuldenber-ges auf sich nehmen

Den „wahren“ Sprüherngeht es nicht um schnelleSprühaktionen und hin-geschluderte Schmierereien. Sieentwerfen ihre Bilder(„Pieces“) vorab als Skizzen,verfeinern und perfektionieren

sie in ihren so genannten„Black books“. Eine große Hil-fe übrigens in der Ermittlungs-arbeit und Beweislegung, wennuns diese Bücher in die Händefallen. Allerdings wissen dasauch die Sprüher und deponie-ren ihre „Black books“ u.a. beiFreunden und Bekannten

Sprühen allein verursachtschon enormen Schaden. Wiesieht es mit Begleitkriminalitätaus?

Unbestritten zieht Graffitiandere Kriminalität nach sich.Eine Dose koste rund 10 Euro.Wer das Geld nicht hat, derklaut – bevorzugt sind Bau-

märkte. Zunehmend stammtdas Geld aber auch aus Erpres-sung und Raub – immer häufi-

ger in Zusammenhang mit Kör-perverletzung.

Doch bei diesen Straftatenbleibt es nicht: In der Szeneselbst geht es in den letztenJahren allgemein brutaler undrücksichtsloser zu. Wurde frü-her so lange gesprüht, bis manentdeckt wurde, sprüht manheute ein Bild unbedingt zuEnde. Die Gruppenmitgliedersind oft mit Gasschreckschuss-Pistolen, Messern und Steinenbewaffnet, um Sicherheitskräfteso lange in Schach zu halten, bisdas Bild fertig ist.

Ein anderes Beispiel: Washaben zerstörte Werbekästenmit Graffiti-Sprühern zu tun.

Ganz einfach: Die Sprüherbrauchen die starken Magne-ten, mit denen die Werbe-

plakate unter Glas in Form ge-halten werden. Diese Magnetenwerden unter die Farbdosegeheftet und halten die Farb-mischkugel ruhig am Boden.Somit ist ein lautloses Entwen-den der Dosen (Diebstahl) undein geräuschloses Bewegenvom und zum Tatort möglich.

Ist die Polizei genügend aus-gebildet, es mit der perfektio-nierten Szene aufzunehmen?

In den Hochburgen – alsoden Großstädten – ganz sicher.An den Landespolizeischulenwird ja bereits umfangreichesWissen vermittelt. Die Graffiti-Szene ist über unsere Kenntnis

Sprühen amTag bei vollemBetrieb – Ka-mikaze-Fotoaus Berlin. DieBerliner Bahn-betreiberwechseln dieverunziertenZüge innerhalbweniger Stun-den aus. Wennes also maltönt: „Ausstei-gen bitte, die-ser Zug wirdausge-tauscht...“,kann die Ursa-che durchausein frischesGraffiti sein.

„Zuerst war es nur Mutprobe, später Ruhm-suche. Wenn man Resonanz auf seine eigenenBilder bekam, war das ein super Kick. ZumBeispiel wenn man von einem bekanntenSprüher auf seinem Bild gegrüßt wurde. DasGrößte aber: Einen Zug zu malen: so in derStille der Nacht auf einem riesigen Ungetümaus Stahl mit dieser glatten Oberfläche herum-zuturnen – und dabei das Risiko, sich an frem-dem Eigentum zu vergreifen...“

Ehemaliger Berliner Sprüher

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Battle engl. Schlacht, beiJugendlichen vorsätzlicheAuseinandersetzung

Biting Kopieren einesfremden Stils beimGraffitisprühen

Black Book Album mitFotos von “Pieces“ und Ent-würfen

Bombing Besprühen einesZuges

Crew Sprühergruppe –bestehend aus „Writer“ und„Home-Boys“ oder aus„Kings“ und „Toys“.

Crossen fremdes Zeichen(„Tag“) durch Auskreuzenoder Übersprühen verächt-lich machen; als Reaktionfolgt oft ein Kampf – ein„Battle“

End to End Graffiti übereine ganze Waggon- oderZuglänge

Fame Ruhm, Anerken-nung, Bekanntheitsgrad ei-nes Sprayers

Home Boys Zuarbeiterder Sprayer, Aufpasser (sol-len Eingreifen der Polizeiverhindern)

Kamikaze-Fotos Fotos, dieden Sprayer (Writer) mitseinem fertigen Piece oderbeim Sprühen zeigen)

King Anführer einerGruppe (bester Sprayer)

Lay up Abstellbahnhof,Bahndepot

Piece Bild oder Schriftzugdes Sprayers

Racken Farbdosen undandere Malmaterialien; auch„Cannon“ genannt

Scratchen Einkratzen vonTags in Glasscheiben

Tag/Tagger Etikett, Mar-kierung; kann verächtlich ge-macht werden, indem TOYdaneben geschrieben wird.Das fordert nach dem „Eh-renkodex“ Rache – meisthandgreifliche Auseinander-setzungen.

Toys Sprüher-Anfänger,Mitläufer in der Crew

Sprüher-Vokabular

Vorwiegend nachts auf Tour: Zur Sprüher-Crew gehören Fotografen, die die „Kamikaze-Fotos“ schießen. Damitbelegen die Sprüher ihre Aktionen. Fotos: Polizei intern

Der King und seine Toys: Der King als anerkannt bester Sprayer schartseine Toys um sich. Diese steigen irgendwann selbst zu Kings auf undversammeln wiederum Toys um sich.

von Tatsachen und Zusammen-hängen manchmal ganz schönerstaunt. Und so perfektioniertist sie nun auch wieder nicht.

Darüber hinaus geben wirselbst aktuelle Publikationenheraus und veranstalten bei Be-darf Fortbildungen. Außerdemkommt der Polizei in allen Län-dern der intensive Kontakt zwi-schen den Ermittlungsgruppenund der Amtshilfe bundesweitzugute.

Was halten sie von Angebo-ten, Sprühern legale Flächenzur Verfügung zu stellen.

Grundsätzlich ist da o.k.Aber man muss sich darüber imklaren sein, dass diese Flächenvorwiegend als Übungsflächegenutzt werden. Gleiche Bildersieht man mitunter ganz in derNähe. Damit wird Graffiti alsokaum eingedämmt. Außerdemsind legale Flächen in der Sze-ne verpönt. wer legal sprüht,verliert Anerkennung und An-sehen. Die Bilder werden zurStrafe gecrosst, also übersprüht.

Was ist Ihres Erachtens prä-ventiv sinnvoll?

Meines Erachtens bringtAufklärung in den Schulen eine

ganze Menge. Wir sind etwazwei bis drei Mal pro Monatauf Anfrage in Klassen und re-den dort punktgenau mit denSchülern. Wir verdeutlichen vorallem, dass es sich um Strafta-ten handelt und man so seinenStart ins Leben mit einem enor-men Schuldenberg oder auchmit Freiheitsentzug beginnenkann. Anderseits zeigen wirauch die Gefahr, die das illegaleSprühen z. B. auf Bahnanlagenmit sich bringen kann.

Wird das neue Gesetz die Er-mittlungen erleichtern?

Polizei und Justiz werdenmehr Fälle auf dem Tisch ha-ben. Bislang muss noch als fol-ge des Sprühens eine Sachbe-schädigung nachgewiesen wer-den. Werden die Paragraphenneu gefasst, kann auch jede be-sprühte Scheibe ein Delikt sein.Auf jeden Fall werden gefassteTäter unkomplizierter undschneller zu ihrer verdientenStrafe kommen.

Das Gespräch führteMarionTetzner

GRAFFITI

Grafiken aus: Allgemeines zur Graffitiszene (GE GIB) Aspekte der Jugendkriminalität/ Informationsschrift der Berliner Polizei

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KRIMINALPOLITIK

Am 2. Mai 2002 stellte der Bundesinnenminister, OttoSchily, in Berlin die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) fürdas Jahr 2001 vor. Die GdP konnte die von ihm gezogenepositive Bilanz in der Sicherheitspolitik für das Jahr 2001nicht bestätigen.

Polizeiliche Kriminalstatistik: Kein Grundzur Entwarnung

Der GdP-Vorsitzende, KonradFreiberg: „Die furchtbaren Er-eignisse von Erfurt und die Kra-walle um den 1. Mai decken sichnicht mit dem Fazit des Bundes-innenministers einer insgesamtpositiven Bilanz der Inneren Si-cherheit.“

Nachdem die PKS in den Jah-ren 1995 – 2000 von Jahr zu Jahrleicht sinkende Fallzahlen ver-zeichnete (insgesamt -7,2 %) istim Jahr 2001 die Zahl dererfassten Straftaten wieder um1,6 % gestiegen (siehe zu den

Zahlen auch den Bericht inDeutsche Polizei 5/2002). Zwarkonstatierte Otto Schily auchdiesen Anstieg. Dies sei seinerEinschätzung nach jedoch pri-mär auf ein aktiveres Anzeige-verhalten der Bevölkerung undauf die erweiterte Ermittlungsar-beit der Polizei zurück zu führen.Auch wenn Schily in seiner Ein-schätzung nicht gänzlich wider-sprochen werden kann, ist dieAussage jedoch nur die eine Sei-te der selben Medaille. DieKehrseite bedeutet nämlich, dass

1. Mai 2002 in Berlin-Kreuzberg: Steine und Feuerwerkskörper flogen,Barrikaden und Autos brannten, es wurde geplündert... Fazit: mehrerehundert Verletzte. Foto: dpa

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die Summe der tatsächlich be-gangenen Straftaten weitaus hö-her ist, als die Zahl der Delikte,die der Polizei bekannt gewor-den sind. Otto Schily hätte sichnur einmal die Krawalle am 1.Mai ansehen müssen.

Konrad Freiberg: „Jeder Stein-wurf auf Polizisten war eine ver-suchte gefährliche Körperverlet-zung bzw. gar ein Mordversuch.Würden nur diese Taten zusätz-lich erfasst, sähe die Krimi-nalstatistik wesentlich andersaus.“

Besonders unterstrichen hatSchily, dass die Kriminalität vonKindern und Heranwachsendenim Jahr 2001 weiterhin gesunkensei. Verschwiegen hat er dabei,dass die Zahl der erfassten ju-

Es war das Ergebnis einesSpendenaufrufes der GdP nachdem Terroranschlag auf dasWorld Trade Center in New Yorkam 11. September vergangenenJahres, bei dem auch 23 New Yor-ker Polizisten ums Leben kamen.

„Die Summe ist bestimmt fürdie New York City PoliceFoundation. Ich bitte Sie herz-lich, den Kolleginnen und Kolle-gen der New Yorker Polizei un-seren tiefen Respekt und diehohe Anerkennung für ihren bei-spielhaften Einsatz unmittelbarnach dem Terroranschlag und inden vielen Wochen und Monatendanach auszurichten“, sagteGdP-Vorsitzender Konrad Frei-berg bei der Übergabe des Gel-des dem sichtlich bewegten US-Botschafter. Freiberg: „Damalsim September führten dieschrecklichen Bilder, die uns dasFernsehen lieferte, in den Reihender Gewerkschaft der Polizei zu

gendlichen Straftäter um 1,5 %gestiegen ist.

Alarmierend sind auch dieFallzahlen der Straßenkrimi-nalität. Nicht nur, dass sie mehrals ein Viertel aller Straffälle(26,6 %) ausmachten, sonderndass sie gegenüber 2000 auchnoch um 2,2 % gestiegen sind.Dies ist in erster Linie auf diewachsende Zahl der registriertenSachbeschädigungen zurück zuführen.

Gleichzeitig ist auch dieGewaltkriminalität um 0,7 %angestiegen. Im Bereich derGewaltkriminalität machen diegefährlichen und schweren Kör-perverletzungen fast 64 % derSraftaten aus. Das Risiko, Opfereiner Gewalttat zu werden, ist in

Deutschland im letzten Jahr um1,4 % gestiegen.

Eine exorbitante Steigerunggab es im Bereich der Computer-kriminalität mit einem Anstieggegenüber 2000 um 39,9 %. Dieweitaus stärkste Zunahme imBereich dieses Deliktsfeldes warbeim Computerbetrug (+ 162,3 %)sowie beim Betrug mit Zugangs-berechtigungen zu Kommunika-tionsdiensten (+ 265,7 %) zu ver-zeichnen. Dies hat sowohl damitzu tun, dass die Zahl der Delikteauf Grund der erhöhten Zahl derNutzer des Internet enorm zuge-nommen hat, als auch damit, dassdie Ermittlungstätigkeiten derPolizei auf Grund erhöhter (wennauch noch immer nicht zufrieden-stellender) Personal- und

Sachausstattung ausgeweitet wer-den konnten.

Die Drogenkriminalität istgegenüber dem Vorjahr mit 0,9 %nur geringfügig angestiegen,nachdem sie im Jahr 2000 nochum 7,8 % zugenommen hatte

Insgesamt lässt sich feststellen,dass die Polizei auch im vergan-genen Jahr trotz personalinten-siverer Schutz- und Sicherungs-maßnahmen sowie kriminalpoli-zeilicher Ermittlungen seit dem11. September 2001 wieder weit-aus mehr Fälle aufgeklärt hat alsim Jahr zuvor. Dies ist trotz derBesorgnis erregenden Krimi-nalitätsentwicklung immerhinein gutes Zeichen.

now

einer spontanen Reaktion. Unse-re Mitglieder und der gesamteVorstand, wollten ein Zeichensetzen – ein Zeichen des Mitge-fühls und der Solidarität mit un-seren Kolleginnen und Kollegendes New York Police Depart-ments. Genau deshalb haben wiröffentlich zu einer Spendenakti-on zu Gunsten der Opfer undihrer Hinterbliebenen unter denAngehörigen der New YorkerPolizei aufgerufen.“

Coats, der seit August vergan-genen Jahres das Amt des US-Botschafters inne hat, erlebteden 11. September in seinemAmtssitz in Berlin. „Abends saßich hier an meinem Schreibtisch.Als ich aus dem Fenster sah, sahich plötzlich Hunderte Deutschemit Kerzen in der Hand vor derBotschaft, die an unserem Un-glück Anteil nahmen. Das hatmein Herz berührt und das habeich auch dem Präsidenten sofort

11. SEPTEMBER 2001

GdP übergibt Spende für Terroropferan US-Botschafter Daniel R. CoatsEinen Scheck in Höhe von 90.000 Euro übergab der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg Anfang Mai dem amerikani-schen Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland,Daniel R. Coats, in dessen Amtsräumen in Berlin.

mitgeteilt.“, erinnerte sich Coats.Der amerikanische Botschafterbedankte sich für die „sehr ge-neröse Geste“.

KRIMINALPOLITIK

Scheckübergabe: tiefer Respektvor der New Yorker Polizei

Foto: Holecek

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MAI-KRAWALLE

Rituale der Gewalt

Der Schock des Amoklaufes liegt wie eine Decke aus Bleiüber der Stadt: Keine Parolen, keine Musik, kein Straßen-fest am 1. Mai in Erfurt, wo wenige Tage zuvor der 19-jäh-rige Robert Steinhäuser in seiner ehemaligen Schule, demGutenberg-Gymnasium, neun Lehrerinnen, vier Lehrer, eine14 Jahre alte Schülerin, einen 15 Jahre alten Schüler, den42jährigen Polizeihauptmeister Andreas Gorski undschließlich sich selbst erschoss.

Von Rüdiger Holecek

„Deutschland trauert überein unfassbares Ereignis“, sagteBundespräsident Johannes Rauam Abend nach der Tat und Bun-desinnenminister Otto Schily er-gänzt nachdenklich: „Wir müssenuns tiefer gehende Fragen stel-len, was in unserer Gesellschaftlos ist, wenn ein junger Menschein solches Unheil anrichtet. DieAggressivität an den Schulenmuss uns große Sorgen machen.“Wohl nicht nur dort. Währendsich Erfurt auf eine Trauerfeiervorbereitet, an der mehr als100 000 Menschen teilnehmensollen, fliegen in den Berliner

Bezirken Kreuzberg und Mittedie Steine, brennen Autos undBarrikaden, wird ein Supermarktgleich zweimal von Plünderernheimgesucht. Auch in Hamburg,Frankfurt am Main, Mannheimund Essen kam es zu gewalttäti-gen Auseinandersetzungenzwischen linken Gruppen undRechtsextremisten und mit derPolizei.

Mit ungläubigem Staunen ver-folgt die Bundeshauptstadt, wiedie Rituale der Gewalt, von de-nen sie seit 15 Jahren in Folge umden 1. Mai heimgesucht wird,immer neue Varianten finden.Waren es in der Vergangenheit„revolutionäre“ politische Grup-pen, die tonnenweise engbe-drucktes Papier verteilten, oder„Häuserkämpfer“ und „Autono-me“, enthalten die Lagemeldun-gen des Polizeifunks in denbrenzligen Abendstunden des1. Mai 2002 Beschreibungen wie„Ecke..., 100 Vermummte, dieSteine aufnehmen, 600 erlebnis-orientierte Jugendliche und 100

gewaltbereite Kinder.“„Hübsche junge Menschen

beim Steinewerfen“ betitelteeine Agentur ein Bild von jungenMädchen in Berlin, die mit gro-ßem Spaß Pflastersteine auf Po-lizisten schleuderten.

„Die waren gestern Abend so

Ein Wasserwerfer der Polizeinähert sich in den Abendstundendes 1. Mai in Berlin einer brennen-den Straßenbarrikade. In den Be-zirken Kreuzberg und Mitte kames nach den Demonstrationen zum1. Mai wieder zu Straßenschlach-ten. Zugleich tobte der politischeStreit um die so genannteDeeskalationstaktik des rot-rotenSenats.

volltrunken, dass sie Steine undFlaschen in ihre eigenen Reihengeworfen haben“, berichtet einBerliner Kollege, der die „Wal-purgisnacht“ am Vorabend des 1.Mai miterlebte, als das schwereRolltor eines Supermarktes auf-gehebelt wurde und sich die Teil-

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nehmer des fröhlichen Festes mitAlkohol eindeckten. Als wärendie Krawalle feste Programm-punkte der Szene-Straßenfeste,die abseits der offiziellen Mai-Feiern tausende jugendlicherTouristen in die Stadt gelockthatten, kommt es bei Einbruchder Dunkelheit in Kreuzbergwieder zu Brandanschlägen. DiePolizei, die sich auf Geheiß desSPD/PDS-Senats zurückzuhal-ten hatte, wird bei dem Versuch,

brennende Autos in der dichtenMenge Jugendlicher mit demWasserwerfer zu löschen, mitSteinehagel empfangen. „Diekonnten sich ihre Depots seelen-ruhig anlegen“, meint ein Beam-ter, dem es wie seinen Kollegen„verboten“ war, tagsüber die ein-schlägigen Viertel zu betreten.Die „Deeskalationstaktik“ desSenates hatte zur Folge, dass ent-geisterte Anwohner den einge-setzten Polizeikräften peinliche

Fragen stellten: „Die lockern dahinten das Straßenpflaster, sam-meln Steine und ihr tut nichts da-gegen?“

„Wir sollen auch mal einebrennende Mülltonne überse-hen, wurde uns gesagt. Aberwenn wir das tun, brennen Au-tos und selbst, wenn wir die über-sehen würden, zünden sie letzt-lich ein Haus an. Die wollen dieAuseinandersetzung und keineDeeskalation – außerdem wüß-

te ich gar nicht, mit wem mandarüber verhandeln sollte“, sin-niert ein Kollege.

Eberhard Schönberg, Vorsit-zender des GdP-LandesbezirksBerlin: „Das befohlene Konzepthat auch dazu geführt, dass durchdie Abwesenheit der Polizei imEinsatzraum in sehr massiverWeise Feuerwehr und Rettungs-sanitäter mit Steinen beworfenwurden, die versuchten, Verletz-te von der Straße zu bergen.“

Die durch keine Polizei provo-zierten Steinewerfer sind auchmassiv gegen Straßenbahn undU-Bahn vorgegangen, so dass derOberleitungsstrom ausgestelltwerden musste und der Straßen-bahnverkehr zum Erliegen kam.

Die Bilanz: 190 verletzte Kol-leginnen und Kollegen.

Zufrieden mit den Einsätzenzeigte sich nur Berlins Regieren-der Bürgermeister, Klaus Wowe-reit. Er nannte den Einsatz einenErfolg. Die Deeskalationsstra-tegie habe funktioniert, sagteWowereit. Die Demonstrationenam Tage seien „dank der flexi-blen und situationsgerechtenStrategie weitgehend friedlichverlaufen”. Bei den abendlichenKrawallen sei die Polizei schnellund wirksam zur Stelle gewesen.

Die Berliner Zeitung titelteam 2. Mai 2002 ganzseitig: „Mai-Krawalle brutal wie nie – Berlinhat die Schnauze voll.“

ZahlreicheJugendlicheplünderten am1. Mai im Ber-liner BezirkKreuzberg einenSupermarkt.Hunderte Ran-dalierer attack-ierten diePolizei mitSteinen, steck-ten Autos undBarrikaden inBrand, demolier-ten Bushalte-stellen und zün-deten Feuer-werkskörper.Fotos (2): dpa

MAI-KRAWALLE

STÄDTE- UND GEMEINDEBUND

Mehr Sicherheit steigert Lebenswert„Mehr Sicherheit für lebenswerte Städte und Gemeinden“lautet das Thema einer Fachkonferenz, die am 1. Juli2002 vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB)veranstaltet wird. Unterstützt wird der DStGB dabei u. a.vom Bundesministerium des Innern (BMI).

Auf der eintägigen Fachta-gung würden, so der DStGB ineiner Pressemeldung, kommuna-le Entscheider über neue Ent-wicklungen informiert und er-hielten praktische Lösungsmög-lichkeiten.

Referieren soll u. a. MartinSchallbruch, IT-Direktor desBMI, der über die Sicherheits-

maßnahmen des Bundes und denStand der Kooperation mit denKommunen informieren werde.Ebenso wolle er einen Überblicküber IT-Infrastrukturen, Zertifi-zierung und Schutzprofile fürStädte und Gemeinden geben.

Die aktuelle Sicherheitslage inDeutschland werde der ehema-lige Präsident des Bundeskrimi-

nalamtes, Prof. Hans-LudwigZachert, darstellen.

Dr. Susanna Smolenski, Chef-ärztin der Dr. von Ehren-wallschen Klinik, thematisieredie psychologische Betreuungvon Einsatzkräften.

In Gesprächsforen, so planendie Veranstalter, soll zum Schlussder Fachtagung über möglicheGefahren des Bioterrorismusund neue Anforderungen an Ka-tastrophenschutz und kommuna-les Rettungswesen mit hochkarä-tigen Fachkräften wie Prof. Dr.Martin Exner, Direktor des In-stituts für Hygiene und öffentli-

che Gesundheit von der Univer-sität Bonn, Prof. Dr. Georg Pauli,Virologe am Robert-Koch-Insti-tut und Prof. Dr. Peter Sefrin,Vorsitzender der Arbeitsgemein-schaft der in Bayern tätigen Not-ärzte, diskutiert werden.

Veranstaltungsort der Konfe-renz: Stadthalle in Bonn-BadGodesberg.

Mehr Informationen und An-meldung bei Congress und Pres-se, Pirolweg 1, 53179 Bonn,Fon: 0228/34 74 98,Fax: 0228/ 34 98 15,E-Mail:[email protected]

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DFB/GDP-AKTION

DFB und GdP: Partnerschaft ist ausbaufähig

Auswärtsspiel: Sieben Tore sahendie GdP-Kolleginnen und -Kollegenbeim WM-Test Deutschland gegenKuwait in Freiburg.

Das Freiburger Dreisamstadion, Heimgrund des jüngst indie 2. Liga abgestiegenen SC Freiburg, bot am Himmel-fahrtstag den Schauplatz für einen der letzten Auftritteder deutschen Fußball-Nationalmannschaft vor ihrer Ab-reise zur Fußball-Weltmeisterschaft in Japan und Südko-rea. Vor Ort dabei: 50 vom Deutschen Fußball-Bund (DFB)eingeladene Polizistinnen und Polizisten. Zusammen mitdem GdP-Bundesvorsitzenden Konrad Freiberg und22.000 Zuschauern bejubelten sie einen klaren 7:0-Siegder von Teamchef Rudi Völler betreuten deutschen WM-Elfüber den Außenseiter Kuwait.

Die Kolleginnen und Kollegenreisten aus allen Teilen Deutsch-lands in den Breisgau, der seinemRuf „Schönwetterecke“ zu sein,am Vatertag leider nicht gerechtwurde. Dem Spaß aber konnteauch der gelegentlich heftigeRegen keinen Abbruch tun.

Sichtlich entspannt genoss derGdP-Tross die Möglichkeit, ein-mal ein Fußball-Spiel aus schlich-ter Zuschauerperspektive zu se-hen. Dabei nahmen auch einigeder „Fußball-Einsatzexperten“die Möglichkeit wahr, mit den imStadion eingesetzten Sicherheits-kräften das ein oder andere Wortzu wechseln.

In einem Gespräch mit demSicherheitsbeauftragten desDFB, Dr. Alfred Sengle, und demDFB-Chefjustitiar, Goetz Eilers,am Rande des Spiels wusste Kon-

rad Freiberg zu würdigen, dassder Deutsche Fußball-Bundnicht nur an Tore, Punkte, Mei-sterschaften denke, sondern auchan diejenigen, die mittlerweilefast jeden Tag der Woche die Si-cherheit der Zuschauer im undum das Stadion herum gewähr-

leisten – die Polizeikräfte. Frei-berg und die beiden DFB-Ver-treter vereinbarten für die Zeitnach der Fußball-WM 2002 wei-tere Gespräche. Erörtert werdensollen dann u. a. eine möglicheBezahlung der Polizeiarbeit beiFußballeinsätzen durch den Ver-anstalter und der Stand derSicherheits-Planungen für das in

Deutschland auszutragendeWM-Turnier 2006.

Der Länderspiel-Besuch der 50GdP-Kolleginnen und Kollegenmarkierte den vorläufigen Höhe-punkt der gemeinsamen Aktionvon DFB und GdP, die Ende desvergangenen Jahres mit einemAnruf des DFB-SchatzmeistersDr. Theo Zwanziger begann:

Zunächst wollte sich der DFBmit einer Geldspende für dieUnterstützung der Polizei bei al-len wichtigen Fußballereignissenbedanken. Nach kurzem Gedan-kenaustausch verständigten sichdie Beteiligten letztlich zu einerAktion, die für beide Seiten at-traktiver erschien. Der DFBstimmte einem Gewinnspiel für

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Kontaktaufnahme: (v.l.) Dr. Alfred Segle, DFB-Vizepräsident und Sicher-heitsbeauftragter, Konrad Freiberg, GdP-Bundesvorsitzender und GoetzEilers, DFB-Chefjustitiar Fotos (2): MiZi

GdP-Mitglieder zu, für das er alsPreise VIP-Karten für alle Län-derspiele der deutschen Elf biszum WM-Auftakt Ende Mai ver-sprach. Bereits in DP 1/2002 er-schien die erste doppelseitigeDFB-Anzeige mit dem Gewinn-Coupon, den die Mitarbeiter derGdP-Poststelle im Laufe desFrühjahrs als Rücklauf noch tau-sendfach sehen sollten.

Als zusätzliches „Danke-schön“ konnte die GdP bundes-weit 50 Kolleginnen und Kolle-gen, die sich – so der DFB – „inden vergangenen Monaten durchEinsätze bei Fußball-Spielen her-vorgetan haben...“ zum Benefiz-spiel für die Egidius-Braun-Stif-

tung am 9. Mai in Freiburg schik-ken.

Um die Karten möglichst ge-recht zu verteilen, hatte der GdP-Bundesvorstand die Landesbe-zirke gebeten, Kolleginnen undKollegen zu nennen, die sich z. B.durch besonderes Engagementim Fußball-Einsatz auszeichnenkonnten oder im Dienst bei ent-sprechenden Einsätzen verletztwurden. Die Anzahl der mögli-chen Nennungen wurde durchden gültigen Delegierten-schlüssel definiert.

Freiberg zeigte sich erfreut,dass die DFB-Verantwortlichendiese sympathische Aktion ge-meinsam mit der größten Inter-essenvertretung der Polizei ge-startet haben, und dies, „obwohlwir in der Vergangenheit nicht

zögerten, den polizeilichen Fuß-balleinsatz einer aus Gewerk-schaftssicht oft kritischen Be-trachtung zu unterziehen.“ Dieswerde sich, betonte der GdP-Vorsitzende, auch in Zukunftnicht ändern.

Dass die Polizei durchaus denDank des Deutschen Fußball-Bundes verdient, belegt die Sta-tistik der beim Landeskriminal-amt Düsseldorf angesiedeltenZentralen InformationsstelleSporteinsätze (ZIS):

Im aktuellen Jahresbericht derFußballsaison 1999/2000 zähltesie 758 Fußballspiele (730 in derVorjahres-Saison), die polizeili-chen Einsatz erforderten. Be-

rücksichtigt wurden dabei Spie-le der beiden Bundesligen, derDFB-Pokal, die UEFA-Club-wettbewerbe und Spiele der Na-tionalmannschaft. 36 Polizeibe-amte wurden bei diesen Einsät-zen verletzt.

Laut ZIS leistete die Polizei1.017.132 Arbeitsstunden (Vor-jahres-Saison: rund 810.000) zurunmittelbaren Einsatzbewälti-gung. Davon entfielen rund dreiViertel auf die Polizeien der Län-der und das fehlenden Viertel aufdie Kolleginnen und Kollegendes Bundesgrenzschutzes. Gingeman von einer durchschnittli-chen Arbeitsleistung von 1.300Stunden pro Jahr aus, so rechne-te die ZIS, hätten 782 Polizistenhauptamtlich für Fußballeinsätzeverwendet werden können.

MiZi

DFB/GDP-AKTION

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SENIORENJOURNAL4. BUNDESSENIORENKONFERENZ

Generationenge-rechtigkeitsichern helfen„Generationengerechtigkeit sichern helfen“ – unter die-sem Motto stand die 4. Bundesseniorenkonferenz der Ge-werkschaft der Polizei, die am 10. und 11. April in Bay-reuth stattfand. 111 Delegierte, Gastdelegierte und zahl-reiche Gäste aus dem gesamten Bundesgebiet befasstensich zwei Tage lang mit Themen der aus dem Polizeidienstausgeschiedenen Polizeibeamten und Tarifbeschäftigten.Schwerpunkt der Diskussionen bei den Seniorinnen undSenioren, die innerhalb der GdP eine eigenständige Ver-tretung haben, war die Sorge um die soziale Situation derPolizeibeschäftigten im Alter, bedingt durch die Umbrüchein der Altersversorgung, der Beihilfe, der Krankenversi-cherung und dem Steuerrecht.

„Was man uns heute nimmt,werdet ihr Jüngeren später erstgar nicht bekommen“, mahnteder mit dem sensationellen Er-gebnis von 100 Prozent der Stim-men wieder gewählte Bundes-seniorenvorsitzende Heinz Blattin einer kämpferischen Rede vorden Delegierten an die Adresse

der jungen Generation in der Po-lizei. Durch die zahlreichen Ein-schränkungen, die der Gesetzge-ber in den letzten Jahren be-schlossen hat, so Blatt, fühlensich die ehemaligen Polizei-beschäftigten im Alter um dieFrüchte ihrer Arbeit gebracht.Blatt dankte seinen Kollegen im

Der wiedergewählte Seniorenvorsitzende, Henz Blatt: „Was man unsheute nimmt, werdet ihr Jüngeren später erst gar nicht bekommen.”

Fotos (6): Holecek

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Bundesseniorenvorstand, dienach jahrelanger Mitarbeit in derzurückliegenden Legislaturperi-ode ausgeschieden sind: WilliBruelheide (Schleswig-Hol-stein), Herbert Gellert (Hessen),Helmut Moschall (Bundeskrimi-nalamt), Helmut Neersen (Nord-

rhein-Westfalen), Horst Nolte(Niedersachsen), GerhardSchlachta (Berlin) und Hans-Günther Schmitt (Bundesgrenz-schutz). Der Bundesseniorenvor-sitzende: „Sie alle haben ihr be-rufliches und gewerkschaftlichesWissen sowie ihre Lebenserfah-rung nutzbringend für unsereGdP und die Vertretungsarbeiteingebracht. Wir haben unserenPionieren viel zu verdanken.“ Anihre Stelle traten im Bundes-seniorenvorstand Alfred Stange(Schleswig-Holstein), Hans Fiege(Hessen), Klaus Stellmacher(Bundeskriminalamt), DieterGier (Nordrhein-Westfalen),Hans-Joachim Lüdtke (Berlin)

und Gerhard Stephan (Bundes-grenzschutz). Auch der ge-schäftsführende Bundessenio-renvorstand startet die neue Le-gislaturperiode in neuer Beset-zung. Neben dem wieder gewähl-ten Heinz Blatt erhielt der Saar-länder Arthur Jung als Stellver-

treter das Vertrauen der Stimm-berechtigten; Schriftführer wur-de der Baden-WürttembergerOlaf Bong.

Die Delegierten gedachtenauch der verstorbenen Mitglie-der im BundesseniorenvorstandReinhard Dörr (Saarland) undKlaus Skoczylas (Brandenburg).Blatt: „Sie haben durch ihre Mit-gliedschaft und ihr Engagementim Bundesseniorenvorstandnachhaltig zur Verbesserung derSituation aller Polizeibeschäf-tigten und Versorgungsem-pfänger beigetragen.” Ihre Ar-

beit fortsetzen werden ArthurJung (Saarland) und WolfgangKutscher (Brandenburg.) Blattdankte auch dem Geschäftsfüh-renden GdP-Bundesvorstand,der die Arbeit des Seniorenvor-standes nach Kräften unterstütztund gefördert habe.

tei „Graue Panther“, die steigen-de Zahl von Senioren, die Uni-versitäten besuchen, die respek-table Zahl von über 70-jährigen,die sich unter die Marathonläu-fer mischen und er verwies aufden Amerikaner John Glenn, dernoch mit 78 Jahren erneut insWeltall startete.

Aktive Kraft

Blatt: „Wir sind kein Freizeit-Gestaltungs-Verein, sondernstellen innerhalb der GdP eineaktive Kraft dar.“ Das werdeunter anderem dadurch deutlich,dass seit dem GdP-Bundeskon-gress in Dresden 1994 der Vor-sitzende der SeniorengruppeBund „geborenes” Mitglied imGdP-Bundesvorstand ist, einSchritt, den die Landesbezirkenachvollzögen. Blatt: „Mitma-chen ist das Gebot der Stunde,damit Menschlichkeit und sozia-le Gerechtigkeit nicht auf derStrecke bleiben.“

Nicht nur der Sozialabbau unddie ungerechte Verteilung forder-ten das Engagement der Älterenheraus. Blatt: „Die Menschen inDeutschland werden immer äl-ter. Und alle, die heute noch jungsind, hoffen, auch einmal ein ho-hes Alter zu erleben, in möglichstguter Gesundheit und in freund-licher, vielleicht sogar liebevollerUmgebung. Auf diese Hoffnungfällt ein Schatten, wenn man sichdie Ergebnisse einer weltweitenUntersuchung ansieht, die vonKofi Annan jüngst vorgestelltwurde. Danach haben viele alteMenschen, vor allem wenn sieschwach und pflegebedürftigsind, einen bitteren, erniedrigen-den und unmenschlichen Alltagzu erleiden. Nicht nur in fernenLändern, sondern auch inDeutschland werden alte Men-schen geschlagen, beschimpft,erniedrigt, entrechtet und um ihrGeld betrogen.“ Blatt bezeichne-te es als „beschämend“, dass so-gar das Bundesfamilienminis-terium einräumen müsse, übernur wenige Erkenntnisse aus derAltenpflege in deutschen Hei-men zu verfügen. Blatt: „Das isteine unverantwortliche Politikdes Wegsehens.“ Er verwies je-doch darauf, dass es auch immer

Der Seniorengruppe in derGewerkschaft der Polizei gehö-ren mittlerweile rund 25 Prozentaller GdP-Mitglieder an. Blatt:„Dahinter verbirgt sich ein enor-mes Potenzial an erfahrenen undzum Teil noch in der Gesellschaftengagierten Kolleginnen undKollegen.“ Dass die Seniorinnenund Senioren nicht nur in derGdP keineswegs zum „alten Ei-sen“ gehören, sondern in der Ge-sellschaft eine zunehmend wich-tigere Rolle spielen, machte Blattan Beispielen deutlich. Er ver-wies auf die Gründung der Par-

4. BUNDESSENIORENKONFERENZ

Der neue Bundesseniorenvorstand: Arthur Jung (stellv. Vorsitzender, 2. v.l.), der Vorsitzende Heinz Blatt (Mitte) und neben ihm Schriftführer OlafBong. Links davon GdP-Vorsitzender Konrad Freiberg, rechts außen seinStellvertreter Bernhard Witthaut.

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noch den liebe- und aufopfe-rungsvollen Umgang der Jünge-ren mit ihren Eltern undGroßelter gebe und dass in vie-len Altenheimen bedürftige alteMenschen gut aufgehoben seien.Blatt: „Aber trotz Pflegever-sicherung ist gute Altenpflege inden Familien immer noch mitvielen Opfern und Bürden derAngehörigen verbunden.“

Der Bundesseniorenvor-sitzende rief die Verantwort-

lichen in Politik und Mediendazu auf, dem Jugendkult endlichabzuschwören. Er verwies aufdas Motto des internationalenJahres der Senioren „Eine Ge-sellschaft für alle Lebensalter“,eine dauerhafte Aufgabe, soBlatt, der wir alle verpflichtetseien. Die Senioren in der GdPwollen ihren Beitrag dazu leisten.Blatt: „Unsere Arbeit ist nötigerdenn je, wenn wir uns vor Augenführen, mit welcher Vehemenzeine Politik betrieben wird, die invielen Bereichen uns Seniorenhart trifft. Eine Politik, die unsnicht nur als Angehörige der Po-lizei, sondern auch als Staatsbür-ger mindestens zu kritischer Be-trachtung, wenn nicht hier und dazu eindeutiger Ablehnung gera-dezu zwingt.“ Als Beispiel nann-te er die Versorgungsreform.Blatt: „Auch wir kennen die wirt-schaftliche und demographischeEntwicklung – aber so etwas?Was den Versorgungsempfän-gern, den Hinterbliebenen undauch den aktiven Beamten ange-tan wird, dürfen wir nicht auf unssitzen lassen. Wir sind keine nör-gelnden Alten, die nur ihre Ren-ten und Pensionen sichern wol-len. Wir wollen gemeinsam mitden im aktiven Dienst stehendenKolleginnen und Kollegen gegendas Bollwerk der sozialen Unge-rechtigkeit kämpfen.“ hol

Kassenträume derFinanzministerdürfen nicht zumAlbtraum der Ruhe-ständler werdenAls einen „schwarzen Frei-tag“ für die Versorgungs-empfänger, aber auch fürdie versorgungsnahen Jahr-gänge, hat der GdP-Vorsit-zende Konrad Freiberg inseiner Rede auf der4. Bundessenioren-konferenz in Bayreuth den1. Januar 2002 bezeichnet.

An diesem Tag trat dasVersorgungsänderungsgesetz2001 in Kraft, das harte Ein-schnitte in die Versorgung vor-sieht und das das Vertrauen nichtnur der Versorgungsempfänger,sondern auch der aktiven Beam-ten in den Gesetzgeber erschüt-terte.

Freiberg vor den Delegiertenin Bayreuth: „Da mag der Bun-

desinnenminister Schily noch sohäufig behaupten, bei der Ver-sorgungsänderung 2001 handelees sich um ein Gesetz, bei demes „weniger mehr“ gibt. Ich blei-be bei meiner Wertung, dies istein Etikettenschwindel, denn inWahrheit wird der Ruhegehalts-satz pro ruhegehaltfähigemDienstjahr gekürzt, wenn auchbis 2010 unter dem Deckmanteldes jeweiligen Anpassungs-faktors. Was heißt nämlich An-passungsfaktor? Er führt dazu,dass die Besoldungsanpassungnicht mehr vollständig auf dieVersorgungsanpassung übertra-gen wird. Die Bemessungsgrund-lage für die Anwendung desRuhegehaltssatzes laut Versor-gungsbescheid sinkt. Wie kannich das anders als Kürzung be-zeichnen? Erst 2010 soll dann dieKatze offiziell aus dem Sack ge-

Der Bayreuther OB, Dr. DieterMronz, bescheinigte der Senioren-konferenz Signalwirkung.

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4. BUNDESSENIORENKONFERENZ

lassen werden, erst dann sollauch dokumentarisch der bishe-rige Höchstruhegehaltssatz von75 Prozent nur noch 71,75 Pro-zent betragen.“ In ihren Stellung-nahmen habe die GdP deutlichzu verstehen gegeben, dass siesich nicht der demographischenEntwicklung und den wirtschaft-lichen Gegebenheiten verschlie-ße und die Notwendigkeit einerÜbertragung der Reform derRentenversicherung auch auf dieBeamtenversorgung einsähe.Allerdings, so habe es der Bun-desvorstand auf seiner Sitzunganlässlich des 50-jährigen Beste-hens der GdP in Hamburg be-kräftigt – müsse dies innerhalbdes Systems der Beamten-versorgung geschehen und dür-fe keine überproportionale Be-lastung des eigenständigen Al-terssicherungssystems der Beam-ten zur Folge haben.

Freiberg: „Das aber ist inWahrheit geschehen. Die rot/grü-ne Koalition hat in ihrer Verein-barung vom Oktober 1998 for-muliert, dass Rentenversiche-rung und Beamtenversorgung imEinklang fortzuentwickeln sind.

Die Belastung der Rentnerdurch Absenkung des Renten-niveaus von bisher 70 auf zukünf-tig 67 Prozent durch das Alters-vermögensergänzungsgesetz be-läuft sich nach den Berechnun-gen der Wirtschaftsforschungs-institute und des VerbandesDeutscher Rentenversiche-

rungsträger auf rund fünf Pro-zent. Dies trifft aber nur dieGrund- oder Regelsicherung.Die Beamtenversorgung hinge-gen als bifunktionales Alters-sicherungssystem wird mit denbeschlossenen Kürzungen so-wohl in ihrer Regelsicherung alsauch in ihrer Zusatzsicherunggetroffen. Demzufolge kannnicht von einer wirkungsgleichenÜbertragung der Rentenstruk-

turreform auf die Beamtenver-sorgung gesprochen werden.“Dies, so Freiberg, treffe darüberhinaus auch auf die Zeitschienezu. So solle bei den Versorgungs-empfängern die Kürzung des je-weiligen Ruhegehaltssatzes uminsgesamt 4,33 % bereits in 2010erreicht sein, während die End-

phase des abgesenkten Renten-niveaus erst gegen 2030 zu erwar-ten sei.

VerfassungsrechtlicheÜberprüfung

Die GdP habe aus dieser un-gleichen Belastung von Pensio-nen und Renten den Schluss ge-zogen, so Freiberg, dass dasVersorgungsänderungsgesetz ei-ner verfassungsrechtlichen Über-prüfung zu unterziehen ist. Erkündigte an, dass die GdP über-prüfen lasse, ob die Absenkungder Witwenversorgung für dieunter 40-jähigen mit Art. 33 Abs.5 Grundgesetz übereinstimmt.Nach der Alimentationsver-pflichtung habe der Dienstherrnämlich den Beamten und seineFamilie lebenslang zu versorgen.Eine entsprechende Verpflich-tung gebe es im Rentenrechtnicht. Deshalb könne nach Auf-fassung der GdP die Absenkungder Witwenrente im Sozialver-sicherungsrecht nicht einfach aufdie Beamtenversorgung umge-klappt werden. Die GdP beken-ne sich zum eigenständigenBeam-tenversorgungssystem,auch wenn sie ihre Bereitschafterklärt habe, für zukünftige Be-amtenanwärter über einen Sy-stemwechsel zu diskutieren.GdP-Vorsitzender Konrad Frei-berg: „Der Gesetzgeber – so mei-ne Botschaft – sollte wissen, Be-amte und Versorgungs-empfänger dürfen nicht zu Spar-schweinen der Nation gemacht

werden. Das Dienst- und Treue-verhältnis darf nicht dazu miss-braucht werden, den Versor-gungsempfängern den gerechtenLohn im Ruhestand vorzuenthal-ten. Wenn die Politik sich auchvon 25.000 demonstrierendenKolleginnen und Kollegen aufdem Gendarmenmarkt nicht be-eindrucken lässt, dann bleibt derGdP nur der Weg über die Ge-richte. Dass die Politik so etwasschon einkalkuliert hat, davongehen wir aus. Wenn aber diePolitik meint, dass sie auf dieseWeise die Gewerkschaften inGänze und die GdP im Speziel-len finanziell in die Knie zwingenkann, dann hat sie sich getäuscht.Wir gehen davon aus, dass unse-re Kolleginnen und Kollegen ihreRechte durch Einsprüche gegendie zukünftigen Versorgungsan-passungen wahren werden, zu-gleich aber akzeptieren, dass dieGdP nur die Kosten für zweiMusterverfahren übernehmenkann. Wir sind überzeugt, dasswir nicht als Verlierer in diesemVerfahren vom Platz gehen wer-den.“

Beamte nicht weiter zurKasse bitten

Freiberg wies darauf hin, dassdie GdP zwischenzeitlich auchErnst mit ihrem Beschluß ge-macht habe, die Versorgungsab-schlagsregelung nach dem ent-sprechenden Neuordnungs-gesetz gerichtlich überprüfen zulassen. Danach werden Beamte,die wegen krankheitsbedingterDienstunfähigkeit vorzeitig inden Ruhestand treten müssen,zur Kasse gebeten, indem ihnen– wenn auch mit einer kurzenÜbergangsregelung – die Ver-sorgungsbezüge um bis zu 10,8Prozent auf Dauer gekürzt wer-den. Das trifft auch diejenigen,die ihren Höchstruhegehaltssatzbereits erarbeitet haben.

Freiberg: „Die GdP hat bereitsbei der Diskussion um den Ge-setzentwurf – damals noch dieVersorgungsreformgesetzge-bung 1998 – betont, dass sie dieKürzungsregelung für nichtverfassungskonform halte. DerArgumentation, bei der Versor-gungsabschlagsregelung handele

Die Verhandlungsleitung: (v.l.) Erwin Fröhlich (Berlin), Uwe Ackermann(Niedersachsen) und Wolfgang Jung (Sachsen-Anhalt).

BernhardWitthaut, imGeschäftsfüh-renden GdP-Bundesvor-stand zustän-dig fürSenioren-politik, dankteden Delegier-ten für ihrekonstruktiveMitarbeit.

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es sich um die Übertragung derrentenrechtlichen Abschlags-regelung für geminderte Er-werbsfähigkeit, konnte die GdPvom System der Beamten-versorgung nicht folgen.“

Vor den Delegierten nahm derGdP-Vorsitzende auch zur drei-jährigen Versorgungssperre Stel-lung, die durch das Versorgungs-reformgesetz 1998 eingeführtwurde.

Die GdP hatte bereits beim94er Beteiligungsgepräch verfas-sungsrechtliche Bedenken gegendie Heraufsetzung der Versor-gungssperre von zwei auf dreiJahre geäußert. Freiberg:

„Der Gesetzgeber aber hatbewusst diese Bedenken in Kaufgenommen und die Versorgungs-sperre von zwei auf drei Jahreverlängert. Im Bundesvorstandwaren wir uns einig, dass dieseBestimmung verfassungsgericht-lich angegangen werden muss.Beschlossen wurde deshalb, einMusterverfahren in dieser Ange-legenheit anzustrengen, sobaldein Betroffener bereit ist, Klageeinzureichen.“

Einstieg in dieAbkoppelung

Mit dem Versorgungsände-rungsgesetz wurde nach Mei-nung der GdP ein Einstieg in dieAbkoppelung der Versorgungs-anpassung von der Besoldungs-anpassung vorgenommen. Frei-

Die GdP, so Freiberg, tretedafür ein, dass am § 70 BeamtVGnicht gerüttelt wird. Freiberg:„Werden die Grundgehaltssätzeangepasst, muss dies zum glei-chen Zeitpunkt auch für dieVersorgungsempfänger gelten.Die GdP wendet sich deshalbgegen alle Bestrebungen, hiereine Änderung herbeizuführen.Der vom Bundesseniorenvor-stand in die Bundessenioren-

konferenz eingebrachte AntragD 8 zielt ja genau in diese Rich-tung, er findet die volle Unter-stützung der gesamten Organisa-tion.“

Unsere Aufmerksamkeitist wach

Als weiteres Beispiel für dierüde Rotstiftpolitik nannte Frei-berg die ständigen Versuche, eineDiskussion über die Streichungder Sonderzuwendung (Weih-nachtsgeld) insbesondere fürPensionäre anzuzetteln. Frei-berg: „Unsere Aufmerksamkeitist wach und wir kämpfen an al-len Fronten.“

„Noch ein Punkt, der mirwichtig ist. Mit dem Dienst-rechtsreformgesetz wurde zum 1.Juli 1997 der Anpassungszu-

schlag gestrichen. Dieser Zu-schlag, der übrigens nicht zuletztauf intensive Bemühungen derGdP 1973 eingeführt wurde, ge-währleistete eine Teilhabe derPensionäre an der Fortentwick-lung der Besoldungsstruktur,“sagte der GdP-Vorsitzende Erfuhr fort: „Im Rentenbereichschlägt sich die Dynamik derWirtschaft in der Rentenanpas-sung nieder. Im Versorgungs-

bereich war diese Teilhabe ana-log durch den Anpassungszu-schlag geregelt worden. Mit derStreichung geht dieser Zusam-menhang verloren. Die GdP hältihre Forderung für berechtigt,dass Pensionäre von den Bewer-tungsänderungen im Besol-dungsbereich nicht ausgeschlos-sen werden dürfen. Der An-passungszuschlag muss wiedereingeführt werden, wobei wirdurchaus über eine modifizierteRegelung diskutieren können.Hier hat die Politik wieder etwasgut zu machen.“

Was wäre eine Bundesseni-orenkonferenz ohne das ThemaRuhegehaltfähigkeit der Polizei-zulage? Bemühte sich die GdP

bei der letzten Bundessenioren-konferenz noch um die Einbezie-hung der Altpensionäre in dieRuhegehaltfähigkeit der Polizei-zulage, hat das Versorgungs-reformgesetz 1998 zeitlich gestuftnach mittlerem und gehobenenDienst für alle Polizeivollzugs-beamten die Ruhegehaltfähig-keit der Polizeizulage ab 2008bzw. 2011 gestrichen.

Die GdP konnte mit ihrenAnstrengungen nur eine Verlän-gerung der Übergangsfristen er-reichen. Freiberg: „Der Bundes-vorstand ist sich mit demBundesseniorenvorstand einig,dass wir Aktivitäten entfaltenmüssen, um die Streichung derRuhegehaltfähigkeit rückgängigzu machen und um die Alt-pensionäre in die Ruhegehalts-regelung einzubeziehen.“

Schmerzgrenzeüberschritten

Auch zum Thema Beihilfe lie-ßen die vorliegenden Anträgeerkennen, so der GdP-Vorsitzen-den, dass bei diesem Thema diefinanzielle Schmerzgrenze über-schritten sei. Freiberg: „Kosten-dämpfungspauschalen undSelbstbehalte sind das eine Mit-tel, um die Versorgungsem-pfänger zu schröpfen, Reduzie-rung des Leistungsspektrums derbeihilfefähigen Aufwendungensind das andere Mittel, um beider Beihilfe den Rotstift anzuset-zen.“

Freiberg: „Auch die für dienächste Legislaturperiode ange-kündigte Gesundheitsreformläßt erahnen, dass uns noch har-te Auseinandersetzungen insHaus stehen, was die Umsetzungdieser Reform auf den Beamten-bereich anbelangt. Soviel ist si-cher, die GdP wird alles daran-setzen, um zu verhindern, dassinsbesondere Pensionäre Verlie-rer dieser Reform werden. JedesMitglied ist aufgerufen, mitzuhel-fen, dass die Kassenträume eini-ger Finanzminister nicht zumAlbtraum der Ruheständler wer-den.“

hol

Politisches Interesse ist keine Fra-ge des Alters; ein Blick ins Ple-num.

Der Gesetzgeberaber hat bewusst dieseBedenken in Kauf ge-nommen und die Versor-gungssperre von zwei aufdrei Jahre verlängert.

berg: „In Wahrheit wird der § 70BeamtVG durch den Anpas-sungs- sprich Kürzungsfaktorausgehebelt. Die Übertragungder angepassten Grundgehalts-sätze auf die Versorgung erfolgtzwar, jedoch wirkt sich der An-passungsfaktor wie eine geringe-re Anpassungsrate der Versor-gungsbezüge gegenüber der Be-soldung aus.“

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Anträge beraten

4. BUNDESSENIORENKONFERENZ

Höhepunkt jeder gewerk-schaftlichen Konferenz ist dieBehandlung von Anträgen, wer-den doch damit die Weichen fürdie zukünftige Arbeit gestellt. Sowar es auch bei der 4. Bundes-seniorenkonferenz am 10./11.April 2002 in Bayreuth. Insge-samt 28 Anträge aus sieben Lan-desbezirken standen zur Bera-tung und Beschlussfassung an.

Im Mittelpunkt standen dieAnträge zum kürzlich erst inKraft getretenen Versorgungs-änderungsgesetz. Verständlicher-weise wollen sich die Seniorenmit dem Absenken des Ruhe-gehaltssatzes von 75 % auf71,75 % der ruhegehaltfähigenDienstbezüge nicht abfinden,weil sie darin einen Verfassungs-bruch sehen. Bereits bei der vor-gelagerten Sitzung des Bundes-seniorenvorstandes waren sichalle Teilnehmer einig, dass einZeichen gesetzt werden mussüber die Stimmung bei den Se-nioren. So wurde eine gemeinsa-me Entschließung erarbeitet undvon der Konferenz einstimmigangenommen.

Außerdem sollten die Tarifab-schlüsse zeit- und inhaltsgleichmit der Besoldungsanpassung,auf die Versorgungsbezüge über-nommen und das Weihnachts-geld wieder auf 100 % angeho-

ben und als 13. Monatsgehalt ge-währt werden.

Angenommen wurden dieAnträge zum Beihilferecht, diesich gegen Leistungskürzungenjeglicher Art richten (Streichungvon Wahlleistungen im Kranken-haus, Kostendämpfungspau-schalen, Anhebung der Zuzah-lungen und der Eigenbeteili-gungen). Für die Verfahrens-abwicklung wird ein „Card-Sy-stem“ gefordert.

Die Beiträge zur Krankenver-sicherung haben eine Höhe er-reicht, die nicht mehr überschrit-ten werden sollte. Sie müssenauch für geringere Einkommenbezahlbar bleiben.

Ein weiteres Anliegen war diePflegeversicherung, die es zu ver-bessern gilt. Hierbei sollte u.a.eine bessere Einstufung beiDemenzerkrankungen erreichtwerden. Als Berufskrankheitund somit als Dienstunfall soll-ten posttraumatische Belas-tungsstörungen im Polizei-bereich anerkannt werden.

Die Konferenzteilnehmermachten sich Sorgen um die in-nere Sicherheit. Sie fordern dieAusschöpfung aller Möglichkei-ten, wobei die notwendigen per-sonellen und sachlichen Voraus-setzungen oberste Priorität ha-ben sollten. Aber auch die Äch-

tung von Rechts- und Links-extremismus, Antisemitismus so-wie jeder anderen Form von Ge-walt ist entschieden entgegen zutreten.

Die Senioren fordern aus ver-ständlichen Gründen eine erheb-liche Reduzierung der Öko-steuer, weil sie zu der Personen-gruppe gehören, die am meistendavon belastet wird.

Innergewerkschaftlich wirdeine Anhebung der Sterbegeld-beihilfe angestrebt. Die allgemei-ne Einkommens- und Preisent-wicklung rechtfertigen eine stu-fenweise Anhebung von jetzt 410Euro auf 615 Euro.

Die Arbeitsrichtlinien für dieSeniorengruppe sollten dahinge-hend geändert werden, dass derauf der jeweiligen Landes-seniorenkonferenz gewählte Vor-sitzende der Landessenioren-gruppe Mitglied im Bundes-seniorenvorstand ist.

Abschließend soll noch er-wähnt werden, dass der Bundes-vorstand beauftragt wird, die Zu-sammensetzung von Bundes-kongress und Landesdelegier-tentagen zu prüfen, ob eine an-gemessene Beteiligung allerGruppen gewährleistet ist undsomit die Satzung eingehaltenwird.

Bg.

KOMMENTAR

Gemeinsam an einem StrangVon Bernhard Witthaut, Stellvertretender Bundesvorsitzender undzuständig für Seniorenpolitik

Alte Menschen dürfen nichtum die Früchte ihrer Lebensar-beit gebracht werden. Deshalbhaben unsere Seniorinnen undSenioren für ihre 4. Bundes-seniorenkonferenz das Motto„Generationengerechtigkeit si-chern helfen!“ gewählt. Mit ei-nem Engagement, dass man aufvielen Konferenzen und Zu-

sammenkünften jüngerer Kolle-ginnen und Kollegen oft suchenmuss, haben die in der GdP or-ganisierten Pensionäre undRentner zwei Tage lang überihre soziale Situation diskutiertund temperamentvoll um For-mulierungen für ihre berechtig-ten Forderungen gestritten.

Die älteren Kolleginnen und

Kollegen haben es einfach satt,dass ständig in ihre Geldbeutelgegriffen wird. Durch die be-schlossene Versorgungsreform1998, Versorgungsänderung2001 sowie durch die Renten-strukturreform wird dasVersorgungsniveau erheblichabgesenkt. Die Ruhegehalt-fähigkeit der Polizeizulage wird

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beseitigt. Auch bei der Beihilfeist das Ende der Kürzungsorgienoch nicht in Sicht.

Dagegen wehren sich die Se-niorinnen und Senioren zuRecht. Das, was ihnen als Lohnfür ihre Aufbauleistung im Al-ter versprochen worden war,nimmt man ihnen mit einemFederstrich wieder weg.

Das muss auch alle jüngerenKolleginnen und Kollegen aufdie Palme bringen. Denn HeinzBlatt hat Recht, als er vor demKongress sagte: „Was man unsheute nimmt, werdet ihr Jünge-ren später erst gar nicht be-kommen.“ Mit den Ungerech-tigkeiten gegen die Alten, wirdder Grundstein für eine unzu-reichende soziale Sicherung derJungen gelegt. Sie sind es, dieimmer mehr Geld für eine aus-reichende Alterssicherung ab-zwacken müssen. Aber immer-hin: Während die Jüngeren aufdiesem Weg noch zu einer soli-den Alterssicherung kommenkönnen, haben die älteren Kol-leginnen und Kollegen keineMöglichkeit mehr, Vorsorge zutreffen. Wir sollten den Senio-rinnen und Senioren dankbarsein, dass sie sich mit solcherVehemenz gegen die Kürzungs-maßnahmen wehren. IhrKampf um die soziale Gerech-tigkeit ist nicht aussichtslos –wenn die Jungen mitmachenund begreifen, dass es um ihreZukunft geht. Das Geld, das siefür eine spätere Alterssiche-rung heute von ihren Einkom-men zurücklegen müssen,könnte gesellschaftlich sinnvollin Familiengründung und Kin-dererziehung investiert werden.

KOMMENTAR VERSORGUNG

Einspruch muss reichenGegen den ausdrücklichen Widerstand der Gewerkschaftder Polizei wurde am 20. Dezember 2001 das Versor-gungsänderungsgesetz 2001 verabschiedet. Die GdP kün-digte sofort an, dass die versteckte Kürzung der Versor-gungsleistungen ihrer Mitglieder nicht hingenommen werde.

Die GdP wird – sobald mit dernächsten Versorgungsanpassungin 2003 die Kürzungen desVersorgungsänderungsgesetzesgreifen – gemäß Beschluss desBundesvorstandes durch zweiMusterprozesse besagtes Gesetzauf seine Verfassungsmäßigkeitprüfen lassen. Mit den Muster-prozessen könnte eine Flut vonverwaltungsgerichtlichen Ver-fahren Einzelner verhindert undmöglichst zeitnahe gerichtlicheEntscheidungen herbeigeführt

werden, wenn denn die Innenmi-nister von Bund und Ländernbereit wären, in einer Vereinba-rung vorab festzulegen, dass diebetroffenen Versorgungsem-pfänger lediglich durch Einlegeneines Einspruchs ihre Rechtewahren. (Das Bundesverwal-tungsgericht hat durch seine Ent-scheidung vom 28. Juni 2001 zuramtsangemessenen Alimentati-on kinderreicher Beamten-familien den entsprechendenWeg gewiesen.) Der Einzelne

Die Zeitschrift FINANZ-Test-Spezial der Stiftung Warentesthat in ihrer Ausgabe 1/2002 u.a.Verkehrsrechtsschutzversiche-rungen verglichen.

Danach betragen die Prämieneiniger Wettbewerber mit Standvon 10/2001:

Badische 47,04 EuroDEVK 53,00 EuroGegenseitigkeit 58,29 EuroConcordia 58,80 EuroMedien 58,80 EuroDie AdvoCard Rechtsschutz-

versicherung AG bietet ihre Ver-

GdP-AdvoCard Verkehrs-und Fußgängerrechtsschutz

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kehrs- und Fußgängerrechts-schutzversicherung speziell fürGdP-Mitglieder mit Deckungs-summen bis zu 250.000 Euro jeSchadenereignis für einen Jah-resbeitrag (ab 1.2.2002) von

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Neben dem günstigen Preiszeichnet sich das Angebot durchdie Abwicklung über die „Advo

Card ist Anwalts Liebling“-Ver-sichertenkarte aus.

Die Vermittlung des Angebo-tes erfolgt über die Organisa-tions- und Service-Gesellschaft(OSG) der GdP mbH.

Informationsmaterial enthältdie DEUTSCHE POLIZEI Aus-gabe 1/02 oder es kann direkt an-gefordert werden bei der OSG,Kollegin Diana Lühr,Tel.: 0211/71 04-202;Fax: 0211/71 04-272 oderE-Mail: [email protected].

jk

brauchte dann kein eigenes Ver-fahren zu betreiben.

Der DGB hat nun namens al-ler öD-Gewerkschaften den In-nenministern des Bundes undder Länder das Anliegen schrift-lich übermittelt. Die Länder si-gnalisierten im Wesentlichen bis-lang zwar keine Ablehnung, abermit der Begründung, sie befän-den sich noch in der Diskussionund Abstimmung, demonstrierensie ihr Machtstreben, Betroffe-nen den Weg zu ihrem Rechtschwer zu machen.

Die GdP und ihre Mitgliederwerden sich zu wehren wissen.Über den neuesten Stand wirdDEUTSCHE POLIZEI weiterinformieren.

HJA

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TARIFPOLITIK

Zusatzversorgung – Die neue BetriebsrenteDie am 1. März 2002 abge-

schlossenen Tarifverträge überdie betriebliche Altersversor-gung der Beschäftigten des öf-fentlichen Dienstes stellen dieZusatzversorgung (VBL) aufeine neue Grundlage. Ziel derVereinbarungen war es, die Fi-nanzierung der Betriebsrentenauf Dauer zu sichern, ohne dieBeschäftigten durch eine an-wachsende Eigenbeteiligung undsteigende Sozialabgaben undSteuern weiter zu belasten.

Das neue Leistungsrecht istfür die Betroffenen durchschau-barer und bietet ihnen eine län-gerfristige Perspektive für ihreAltersvorsorge. Mit der System-umstellung werden auch die Be-schäftigten des öffentlichenDienstes in die steuerliche För-derung der privaten und betrieb-lichen Altersvorsorge nach demAltersvermögensgesetz (sog.„Riester-Rente“) einbezogen.

Wie im bisherigen Recht (Zu-satzversorgung) erhalten die Be-schäftigten neben der Altersren-te aus der gesetzlichen Renten-versicherung oder einer Rentewegen verminderter Erwerbsun-fähigkeit eine zusätzliche Ren-tenleistung (Betriebsrente). Diesgilt auch für Hinterbliebene.

Ab dem 1. Januar 2002 wirddiese Betriebsrente nach einemsog. Punktemodell ermittelt. Die

im bisherigen Gesamtversor-gungssystem erworbenen An-wartschaften (aus der VBL) wer-den zum 31. Dezember 2001 ohneAntrag automatisch von denZusatzversorgungseinricht-ungenermittelt und als Startguthaben indas neue System eingestellt.

Wer muss aktiv werden?

Lediglich die Beschäftigten,die unter die Regelung für dierentennahen Jahrgänge fallen –also wer am 1. Januar 2002 das55. Lebensjahr vollendet hatoder wer vor dem 14. November2001 eine Altersteilzeit- bzw. Vor-ruhestandsregelung getroffenhat – müssen bis zum 30. Septem-ber 2002 eine Rentenauskunftmit Stand vom 31. Dezember2001 bei ihrem Rentenversiche-rungsträger (Bundesanstaltfür Angestellte BfA oder Lan-desversicherungsanstalt LVA)beantragen und der Zusatz-versorgungseinrichtung übermit-teln. Außerdem müssen sie fürdie Berechnung der Startgut-schrift dem Arbeitgeber bis zum31. Dezember 2002 den Famili-enstand am 31. Dezember 2001mitteilen. Der Arbeitgeber hatdiese Daten an die Zusatz-versorgungseinrichtung zu mel-den. kör

A) Anschreiben an denRentenvesicherungsträger:

Absender mit Rentenver-sicherungsnummer

An die BfARuhrstr. 210704 Berlin Wilmersdorfbzw. zuständige LVABetr.: Rentenauskunftper 31.12. 2001

Sehr geehrte Damen undHerren,

hiermit bitte ich um Ertei-lung einer Rentenauskunft mitStand vom 31. Dezember 2001.

Ich gehöre nach dem Tarif-vertrag Altersvorsorge vom 1.März 2002 für den öffentlichenDienst zum Kreis der renten-nahen Jahrgänge und benötigedaher zur Vorlage bei der Zu-satzversorgungseinrichtungeine Rentenauskunft, damitmeine Startgutschrift für dieneue Betriebsrente berechnetwerden kann.

Da die Rentenauskunft am30. September 2002 der Versor-gungseinrichtung vorliegenmuss, bitte ich um bevorzugteBehandlung meines Antrages.

Herzlichen Dank im voraus.Mit freundlichen Grüßen

B) Anscheiben an Arbeit-geber:

AbsenderAnschriftBetr.: Familienstand für neue

Betriebsrente

Sehr geehrte Damen undHerren,

ich gehöre nach dem Tarif-vertrag Altersvorsorge vom 1.März 2002 für den öffentlichenDienst zum Kreis der renten-nahen Jahrgänge und bin ge-mäß des Tarifvertrages ver-pflichtet, Ihnen meinen Famili-enstand am 31. Dezember 2001mit zu teilen.

Am 31. Dezember 2001 warich ledig – verheiratet - geschie-den - dauernd getrennt lebend- verwitwet und in der Steu-erklasse I – II – III – IV – V - VI .*

Ich bitte um entsprechendeMeldung bei der Zusatz-versorgungseinrichtung.

Mit freundlichen Grüßen

* Nicht zutreffendes bittestreichen

kör

ARBEITSSCHUTZ

Multiplikatorenschulungenzum Arbeitsschutz

Der 21. Ordentliche Bundes-kongress der GdP 1998 in Bre-men beauftragte den Bundesvor-stand, so genannte Multiplika-torenschulungen auf Bundesebe-ne im Bereich Arbeitsschutz fürdie Kolleginnen und Kollegender GdP in den Personalrätenanzubieten.

Damit soll sichergestellt wer-den, dass die Umsetzung desArbeitsschutzgesetzes im Be-

reich der Polizei sinnvoll beglei-tet wird. Ziel der Schulungen istes, die wesentlichen Inhalte desmodernen präventiven Arbeits-schutzes insbesondere den Mit-bestimmungsgremien der Polizeizu vermitteln.

Die Schulungen werden inKooperation mit der Bundesan-stalt für Arbeitsschutz und Ar-beitsmedizin (BAuA) durchge-führt. Das Besondere daran: die

GdP hat kein „Seminar von derStange“ eingekauft, sondern be-sonderes Augenmerk darauf ge-legt, dass die komplette Schu-lungskonzeption neu erstellt undauf die Belange der Polizei zu-rechtgeschnitten ist. „Heikle“Regelungen werden unmittelbarvon Fachkräften aus dem polizei-lichen Arbeitsschutz vorgetra-gen.

Die Schulungskonzeption istdarüber hinaus so angelegt, dassdie Landesbezirke und Bezirkean der eingebauten „Bundes-Schnittstelle“ andocken könnenund quasi ohne Reibungsverlustein die landeseigenen Umset-zungsformen des Arbeitsschut-

zes hinein weiter beschulen undinformieren können. Daher auchder Name – Multiplikatoren-schulungen.

Die GdP-Bund bietet dreiSchulungen für insgesamt 54 Teil-nehmer zu folgenden Terminenan:

• 11.-13. Juni 2002 in Brakel• 25.-27. Juni 2002 in Berlin-

Schmöckwitz• 10.-12. September wiederum

in Brakel.Die Teilnehmerinnen und Teil-

nehmer wurden von den Landes-bezirken/Bezirken der GdP be-nannt.

hjm

Die Schreiben könnten wie folgt aussehen:

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Kindern und Jugendlichen) undes noch nicht möglich war, ausdem Erwachsenen-Pool Trainerauszubilden, obliegen 80% derTrainerarbeit mir.

Jetzt meine Frage: Wie soll dasfunktionieren, wenn mein Wegvom Wohnort zur Dienststelleeine Stunde Fahrzeit beträgt undich in dieser Zeit bereits das Trai-ning zu geben hätte. Bei Jugend-lichen ist Disziplin und Teamgeistzu fördern, wie ist das möglich,wenn die Vorbilder es nichtschaffen? Auch der Trainingsaus-fall ist vorprogrammiert. Dienoch bleibenden 20% derTrainertätigkeit, welche ein Trai-ner aus Nürnberg übernommenhat (Anfahrt ca. 110 km), ist fastnicht mehr möglich. Er bleibt aufden Kosten sitzen und gedanktwir einem so etwas ja nur internmit einem Händedruck. Davonkann er die hohen Benzinpreisenicht bezahlen.

Bräuchte ich als Trainer undAbteilungsleiter wegen einerJugendfortbildung, einer Jugend-veranstaltung oder zu Wett-

kämpfen frei, heißt es, das gehtnicht, keine Leute auf derDienststelle. Solche Anträgebrauchst du gar nicht erst stellen,die werden wir nicht genehmi-gen.

Danke.Und jetzt die Unverschämt-

heit in der GdP-Zeitschrift: Öf-fentliche Jugendarbeit rückläu-fig.

Ja wer soll sie denn machen?Wenn es Freiwillige gibt, die nochInteresse an Jugendarbeit haben,werden sie vom Staat einge-schränkt oder gebremst. DennVater Staat (zumindest in Nie-derbayern) interessiert Jugendar-beit offensichtlich nicht.

Es wurde ja nicht einmal fer-tig gebracht, mich heimatnah zuversetzen, damit das Trainingnicht wegen der langen Anfahrts-zeit 2-3 Mal monatlich auszufal-len droht und die Jugendarbeitweiter laufen kann. Selbst einBrief des Kreisrates an unser In-nenministerium konnte nichtsändern. Und wieder: ÖffentlicheJugendarbeit rückläufig.

(Fortsetzung von Seite 5)FORUM

SUCHT

„Bundesarbeits-gemeinschaft Sucht-probleme in derPolizei“ – Chronolo-gie einer Selbsthilfe

Warum?Obwohl Alkoholmissbrauch

und -abhängigkeit bekannterma-ßen bei Menschen aller Bevölke-rungsschichten und Berufs-sparten zu finden ist, suchte manein offenes Wort zu Abhängig-keitserkrankungen und Hilfs-konzepten in der Polizei langeZeit vergeblich. Um so intensi-ver machten Schlagzeilen vonZwischenfällen mit betrunkenenPolizisten im und außer Dienstdie Runde in der Öffentlichkeit.

Verdrängung und fehlendeOffenheit innerhalb der Polizeiführte betroffene Kollegen regel-mäßig in eine ausweglose exis-tenz- und lebensbedrohendeKrise. Vorgesetzte standen derEntwicklung aufgrund fehlenderHandlungskonzepte in den Be-hörden selbst hilf- und darüberhinaus oft tatenlos gegenüber.

Gründung

1990 setzten sich „trockene”Kollegen, Suchtkrankenhelfer,Ärzte und Sozialbetreuer derPolizei aus Hamburg, Berlin,Schleswig-Holstein, Niedersach-sen, Nordrhein-Westfalen undBayern zusammen, um Grundla-gen für die Betreuung alkohol-kranker Kollegen zusammen zutragen. Einige Ländervertreterkonnten bereits auf Erfahrungenin der ehrenamtlichen unddienstlichen Suchthilfe zurück-greifen. Sie unterstützten die Ei-geninitiativen der Kollegen an-

derer Bundesländer. Hilfe zurSelbsthilfe zu geben, war Grün-dungsgedanke der Bundesar-beitsgemeinschaft. Die BAGsetzt sich zusammen aus demVorstand und den Vertretern derbeteiligten Bundesländer. DieArbeitsgemeinschaft ist offen füralle Polizeibeschäftigten.

Jährliche Fachtagungen in ver-schiedenen Bundesländern, spie-geln die Ziele der BAG wider:

• Unterstützung und Koordi-nierung der jeweiligen Länder-initiativen

• Fachberatung der Länderbei der Entwicklung der betrieb-lichen Suchtkrankenhilfe undEntwurf von Dienstverein-barungen

• Bildungsarbeit der Kollegenvor Ort

• Kontakte zu politischen Or-ganen und Behörden

• Öffentlichkeitsarbeit• Kontakt zu Beratungsstellen,

Fachkliniken und Haupt- undLandesstellen gegen Suchtge-fahren

Entwicklung

Zunächst waren es nur einzel-ne Polizeibehörden, die die Fach-tagungen nutzten, um eigeneBetreuungskonzepte auf die Bei-ne zu stellen oder bestehende mitneuen Inhalten zu erfüllen. DenDurchbruch brachte ab 1999 dieBereitschaft der jeweiligen In-nenminister, die Schirmherr-schaft über die Jahrestagungenzu übernehmen und die Proble-me mit landesweiten Initiativenoffen anzugehen:

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• 1999 in Magdeburg/Sachsen-Anhalt. Innenminister Dr.Püschel legt anlässlich der Ta-gung seine Pläne zur Sucht-krankenhilfe in der Polizei desLandes in einer Pressekonferenzdar.

• 2000 in Eisenach/Thüringen.Innenminister Köckert eröffnetdie 10. Jahrestagung mit demThema „Suchtprävention eineFührungsaufgabe”. Zur Koordi-nierung einer landesweiten Be-treuungsarbeit wird die Stelleeines Suchtberaters in der Thü-ringer Polizei eingerichtet undmit einer Polizeibeamtin haupt-amtlich besetzt. Parallel zur Ta-gung findet ein Führungscoa-ching mit den Polizeidirektorendes Landes statt.

• 2001 Weinböhla/Sachsen.Staatsminister Klaus Hardrahteröffnet die Tagung unter demThema „Verantwortung tragen,Hilfe wagen – neue Wege aus derSucht”. Eine gemeinsame Pres-

seerklärung des Landespolizei-präsidiums Sachsens und derBAG wurde herausgegeben. DieAusbildung von Suchtkranken-helfern für die Polizei in Sachsenwirdfortgeführt. Erneut schulenfachlich qualifizierte Mitgliederder BAG leitende Polizeibeam-te im Umgang mit betroffenenMitarbeitern.

• Im März 2001. Die Initiati-ven der BAG werden vomUnterausschuss Recht und Ver-waltung des AK II der ständigenInnenministerkonferenz als be-deutsamen Beitrag zur polizeili-chen Arbeit anerkannt. Die BAGsteht den Ländern offiziell alskompetenter Berater zur Verfü-gung.

In diesem Jahr hat Dr. ThomasSchäuble, Innenminister von Ba-den-Württemberg, die Schirm-herrschaft der Tagung übernom-men. Sie fand vom 12.05. bis16.05.2002 in der Polizeiaka-demie des Landes in Freiburg i.

Breisgau statt. Thema: „Ich habda einen Fall....“ – eine lösungs-orientierte Suchtarbeit. Sucht-prävention als Führungsaufgabeund Fürsorgepflicht war erneutzentrales Thema der Veranstal-tung.

Weitere Informationen beimärztlichen Dienst der Landes-polizeidirektion Freiburg,

Dr. Tilman OefteringTel.: 0761/882-3900 oderE-Mail: [email protected]

Aussicht

Auch in Zukunft will die allenPolizeibediensteten offenstehen-de Bundesarbeitsgemeinschaftengagierten Helfern eine Platt-form zum Gedankenaustausch,Fortbildung und damit zur Ver-besserung der Suchthilfearbeit inden Polizeien der Länder beitra-gen. Dabei spielt Volksdroge Al-

kohol weiter eine wichtige, aberlängst nicht mehr die alleinigeRolle. Andere Abhängigkeits-erkrankungen und psychosoma-tische Störungen, die in die Suchtführen können, aber auch demKonsum illegaler Drogen sindlängst Themen in Fortbildungs-veranstaltungen der Bundes-arbeitsgemeinschaft. Der Selbst-hilfe kommt bei Prävention undder Nachsorge im Gesundheits-wesen eine immer größere Be-deutung zu. Die BAG wird dieseRessourcen nutzen und sich wei-ter zur Gesunderhaltung am Ar-beitsplatz für alle Kollegen ein-setzen.

Besuchen Sie die BAG imInternet (im Aufbau):www.bag-sucht.de

Wolfgang Klages,PD Braunschweig

WAFFENRECHT

Zugang zu Waffen wird deutlich erschwertDer 26. April 2002 wird als Datum in Erinnerung bleiben.Das war der Tag, an dem im Erfurter Gutenberg-Gymnasi-um der 19jährige Robert Steinhäuser 16 Menschen töte-te, ehe er sich selbst erschoss. Das war auch der Tag, andem der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Neuordnungdes Waffenrechts beschloss.

Das Blutbad, dem auch der 41-jährige Polizeihauptmeister An-dreas Gorski zum Opfer fiel, alser am Tatort angekommen gera-de seine Schutzweste anzog, ist inDeutschland ohne Beispiel. DieReaktion auf dieses schrecklicheEreignis leider nicht: Zeit zurTrauer, zum Verarbeiten des Ent-setzlichen? Mitnichten.

Stattdessen – wie immer nachaufsehenerregenden Anlässen –ein Ritual, das fatal an denpawlowschen Reflex erinnert.Öffentlichkeit, Medien und Po-litik wieder einmal gefangen ineinem schier unvermeidlichenTeufelskreis, getrieben von demVerlangen nach ganz schnellen

und möglichst radikalen Lösun-gen und dem Bestreben, diesemVerlangen möglichst rasch nach-zukommen. Ein Thema, das ganzbesonders ins Blickfeld geriet:das Waffenrecht, gerade docherst geändert. Die GdP, vor allemihr Bundesvorsitzender KonradFreiberg und der für Waffenrechtzuständige Geschäftsführer,Wolfgang Dicke, waren von denMedien gefragt wie selten, dichtgefolgt von der Politik in Gestaltdes Bundesinnenministeriums,das die Sichtweise der GdP zurallenthalben geforderten Ver-schärfung des Waffengesetzeserfahren wollte.

Der Versuch der GdP-Kolle-

gen, über vordergründige Dis-kussionen über möglichst sofor-tige Gesetzesverschärfungen aufdie tieferen Hintergründe derTragödie aufmerksam zu ma-chen, dass beispielsweise das Ver-hältnis der Generationen zuein-ander, von Eltern zu Kindern,immer sprachloser geworden ist,wie niedrig Hemmschwellen zurAnwendung von Gewalt gewor-den sind, wie die Werte, die einemenschliche Gesellschaft zusam-menhalten, immer mehr relati-viert werden – das alles war beiweitem nicht so gefragt wie dieerhoffte Bestätigung schon fastsuggestiv gestellter Fragen nachumgehenden Verschärfungenvon Gesetzen wie „Sie sind dochsicher auch der Meinung,dass ...?“. Gewiss, es gab auchnachdenkliche Stimmen in Me-dien und Politik, aber insgesamtwar es wie so oft nicht die Zeitder leiseren Töne.

Zunächst tat Aufklärung Not,

weil – durchaus verständlich –waffenrechtliche und waffen-technische Kenntnisse in Öffent-lichkeit und Medien nicht unbe-dingt weit verbreitet sind.

Kein Rundumschlag

Ganz im Sinne des schon fasthysterischen Verlangens nachsofortigen Gesetzesverschärf-ungen wurden zunächst alle pri-vaten Waffenbesitzer gleichsamunter Generalverdacht gestellt.Noch wenige Wochen zuvor wardas ganz anders gewesen. Bei derAnhörung des Innenausschussesdes Deutschen Bundestages zurNeuregelung des Waffenrechtsgab es schlicht keine belegbarenBeweise für Gefahren, die vomprivaten legalen Waffenbesitzausgingen. Daher hatte die GdP–gestützt auf die Zahlen desBKA– stets betont, dass aus po-lizeilicher Sicht der private Waf-

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fenbesitz nicht das Problem sei.Selbstverständlich musste dasErfurter Massaker Anlass füreine Überprüfung des Waffen-rechts sein, jedoch orientiert anden dort aufgetretenen Schwach-stellen und nicht in Form einesRundumschlages – und schonlange nicht als alleiniges Allheil-mittel eines wesentlich größerenProblems.

Pump-Gun – Was ist das?

Besonders im Mittelpunkt desInteresses standen die beidenTatwaffen, eine so genanntePumpgun und die Pistole. Ge-schossen hatte der Täter nur mitder Pistole, und zwar wie sichspäter herausstellte 71 Mal. DiePumpgun wurde nicht benutzt.Sie hatte eine Störung. Wie esheißt, weil der Täter bei dem Ver-such, die Blockierung des Maga-zins auf zwei Patronen zu besei-tigen, einen Fehler gemacht hat-te. Gleichwohl war es diesePumpgun, die das Medieninte-resse hervorrief. InsbesondereVideos und Actionfilme hattenhier eine öffentliche Vorstellungvon einem wahren Horrorgerätgenährt. Die schlichte technischeErläuterung, dass es sich imGrunde nur um den englischenBegriff einer Vorderschaft-Repetier-Flinte handelt, lösteebenso Erstaunen aus, wie dieTatsache, dass die Wirkung einesSchrotschusses von der Wahl derentsprechenden Patrone undnicht vom Verschlussprinzip ei-ner Flinte abhängig ist; also prin-zipiell eine altehrwürdige Dop-pelflinte nicht minder gefährlichist als eine Pumpgun – von de-ren höherer Magazinkapazität(5-8 Schuss) abgesehen. Die Be-zeichnung Pumpgun ist aller-dings in seiner Bedeutung genau-so gekürzt worden wie die Waf-fe, auf die sie sich bezieht: Allge-mein wird darunter nicht diejagdliche Version der Vorder-schaft-Repetier-Flinte verstan-den, sondern eine Kurzversionohne Anschlagschaft und mitkurzem Lauf, wie sie bei der ame-rikanischen Polizei und auch beivielen Spezialeinheiten hierzu-lande bekannt ist.

Schnell richtete sich das Au-

genmerk auf die Frage, wie dennein 19-Jähriger an die beidenWaffen kommen konnte. DieStaatsanwaltschaft verkündetezusammen mit dem Ordnungs-amt der Stadt Erfurt, dass derlegale Erwerb nicht zu beanstan-den gewesen sei.

Der GdP war dies viel zu we-nig. Eine eingehendere Überprü-

fung ergab, dass dem späterenTäter im Oktober 2001 aufgrundder Bescheinigung des Schützen-vereins die Genehmigung fürden Erwerb einer Pistole desKalibers 9 mm und einer Flintedes Kalibers 12/70 erteilt wordenwar. Darauf hin hatte RobertSteinhäuser bei der Erfurter Fi-liale von Frankonia eine beson-ders kurze Pumpgun, ModellMossberg 95A1 gekauft.

Interessant ist zweierlei:1. Es gibt tatsächlich eine

Schießsportdisziplin z. B. beimBund deutscher Militär- undPolizeischützen (BDMP), für diePumpguns zugelassen sind. Diein Rede stehende Waffe aller-dings entsprach nicht einmal de-ren Sportordnung.

2. Der Verkäufer bei Fran-konia versichert, beim Ord-nungsamt der Stadt Erfurt aus-drücklich nachgefragt zu haben,ob er dem Kunden auch eineWaffe des Kalibers 12/76 statt

wie auf der Waffenbesitzkarteeingetragen 12/70 verkaufendürfte, weil das Mossberg-Mo-dell dieses Magnum-Kaliber hat.Das Ordnungsamt hatte angeb-lich keinerlei Bedenken.

Die Pistole des Modell Glock17 kaufte der spätere Täter beieinem Privatmann. Dieser mel-dete den Verkauf waffenrechtlich

korrekt innerhalb der vorge-schriebenen 2-Wochen-Frist derBehörde. Robert Steinhäuserunterließ diese vorgeschriebeneMitteilung an das Ordnungsamt,ein Verstoß gegen die waffen-rechtlichen Vorschriften.

Zugleich belegt dieser Ge-schehensablauf eine Grauzonedes Waffenrechts. Die Befürwor-tungen der Schützenvereine be-ziehen sich dem Sinne nach aufSportwaffen, die für die verschie-denen schießsportlichen Diszipli-nen geeignet sind. In die Waf-fenbesitzkarte wird dann abernur die allgemeine Schuss-waffenart, also „Pistole“ einge-tragen. Damit ist es möglich, stattder eigentlich gemeinten Sport-pistole eine ganz normale Ge-brauchspistole völlig legal zu er-werben.

Eine weitere, von der GdP seit

Jahren kritisierte Schwachstellewar deutlich geworden, nämlichMängel bei der Anwendungs-praxis des Waffenrechts in denLändern. Das mit dem Waffen-recht befasste Personal in denzuständigen Behörden ist näm-lich häufig überfordert. Es han-delt sich in aller Regel umVerwaltungspersonal, das z. B.gestern noch im Bauamt gearbei-tet hat und dann in die Waffen-behörde versetzt wird. Wohervon einem Tag auf den anderendas notwendige waffentechni-sche und schießsportliche Wissenkommen soll, um Anträge sach-gerecht beurteilen und auchmögliche Gefälligkeitsgutachtenvon Vereinen erkennen zu kön-nen, weiß niemand. Viele derdort tätigen Kolleginnen undKollegen sind reine Autodidak-ten, und so erklärt es sich, dassdie Spanne von ausgewiesenenExperten bis zu Laien reicht. DieGdP mahnt seit Jahren, dass dieVermittlung der entsprechendenSachkunde eine Bringschuld derzuständigen Behörden sei.

Politischer Chorgesang:schärferes Waffenrecht

Die öffentlich gestellte Frage,wie es sein kann, dass ein 19-Jäh-riger an die beiden in Rede ste-henden Waffen legal kommenkonnte, führte unmittelbar zu derForderung nach einer deutlichenVerschärfung des gerade erst be-schlossenen Waffenrechts.

Das Echo aus der Politik warwie ein Chorgesang. Bundes-kanzler Gerhard Schröder, Bun-desinnenminister Otto Schily,Bayerns Ministerpräsident Ed-mund Stoiber und sein Innenmi-nister Dr. Günter Beckstein (umnur die politischen Exponentenzu nennen) sprachen sich einhel-lig für eine Verschärfung desWaffenrechts aus. Erstes Stich-wort in diesem Zusammenhang:Erwerb und Besitz erlaubnis-pflichtiger (also scharfer) Waffensollten frühestens ab 21 Jahrenmöglich sein.

Im Bundesinnenministeriumhatte man kurzfristig einenThemenkatalog zur Änderungdes Waffenrechts zusammenge-stellt, über den die beiden Staats-

Pump-Guns sind im GrundeKurzversionen einer Vorderschaft-Repetierflinte.

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sekretäre Fritz Rudolf Körperund Claus Henning Schapperzuerst mit den beiden GdP-Kol-legen Konrad Freiberg und Wolf-gang Dicke reden wollten. Hierdie wesentlichen Punkte, dieGegenstand des Gesprächs am 3.Mai 2002 waren:

Heraufsetzung derAltersgrenze

Grundsätzlich stimmte dieGdP der Heraufsetzung der Al-tersgrenze auf 21 Jahre fürerlaubnispflichtige Waffen zu,regte allerdings an, den Zugangzu Kleinkaliber (Randfeuer-munition mit einem Kaliber vonnicht mehr als 5,6 mm) zuzulas-sen. Immerhin sind Erwerb undBesitz erlaubnispflichtigerSchusswaffen dieses Kalibers fürden gesamten Schießsport vonhoher Bedeutung, stellen ande-rerseits für die öffentliche Sicher-heit (anders als größere Kaliber)kein besonderes Sicherheitsrisi-ko dar. Eine neue Altersgrenzeab 25 Jahren, so die GdP, wärefür halbautomatische Kurz- undLangwaffen denkbar; hierbeiwäre auch an eine Begrenzungder Magazinkapazität zu denken.

Legaldefinition dessportlichen Schießens

Die GdP griff die Überlegungauf, die Schießsportordnungender verschiedenen Verbände ei-ner Genehmigungspflicht zu un-terwerfen. Bislang entscheidendie Verbände autonom über ihreSportordnungen und bestimmensomit zugleich auch, welche Waf-fen hierfür erforderlich sind. Jemehr auf diese Weise Wettkämp-fe in die Nähe des Verteidigungs-schießen geraten, um so mehrwerden Gebrauchswaffen mitnur geringfügigen Änderungenzu Sportwaffen. Hier regte dieGdP an, einen Beirat auf Bun-desebene einzurichten, dem Ver-treter der zuständigen Bundes-bzw. Landesbehörden und derVerbände, möglicherweise auchneutrale Experten, angehören.Dieses Gremium soll gutachter-lich über die Schießsportord-nungen bzw. deren Änderungen

befinden. Auf diesem Wegekönnte zugleich die Definitionder für die verschiedenen Diszi-plinen zugelassenen Sportwaffengetroffen werden. So ließe sichmit hoher Sicherheit ausschlie-ßen, dass unter dem Deckman-tel von „Sportwaffen“ reineGebrauchswaffen erworben wer-den.

Ausschluss des erleich-terten Erwerbs gefährli-cher Gebrauchswaffen

Nach Ansicht der GdP sagtdas Kaliber als solches wenigüber die Gefährlichkeit be-stimmter Waffen aus, als vor al-lem die Magazinkapazität. Die-se lässt sich über die Sport-ordnung begrenzen. Magazinekönnen technisch so verändertwerden, dass sie nur die zugelas-sene Anzahl von Patronen auf-nehmen können. Verwendungund Besitz von Magazinen mithöherer Kapazität können straf-bewehrt werden. Möglicherwei-se müsste für Sammler (die amOriginalzustand von Waffen undMagazinen interessiert sind) einegesonderte Vorschrift, gegebe-nenfalls mit besonderer Zu-verlässigkeitsüberprüfung, einge-führt werden.

Verwahrung vonMunition

Gegenüber dem in Öffentlich-keit und Medien geäußerten Ver-langen, Munition nur noch zen-tral an den Schießstätten zu la-gern, äußerte die GdP erheblicheBedenken. So einleuchtend die-se Idee auf dem ersten Blick auchsei, so risikoreich würde sie beinäherer Betrachtung. Die mei-sten Schießstände befinden sichabseits dichter Bebauung. Abge-sehen von den Übungszeiten hältsich dort niemand auf. Würdeman Waffen und Munition andiesen Orten zur Aufbewahrungkonzentrieren, käme dies einerEinladung an potenzielle Einbre-cher gleich, weil sie sicher davonausgehen können, an diesen Stel-len Waffen und Munition zu fin-den. Hinzu kommt, dass die An-

häufung von Waffen und Muni-tion aus anderen rechtlichenGründen (gefährliche Güter)möglicherweise nicht genehmi-gungsfähig ist. Hinsichtlich derMunition muss man sich die Grö-ßenordnung vor Augen halten,Sportschützen ab einer bestimm-ten Leistungsklasse haben einenjährlichen Munitionsverbrauchvon leicht 12.000 Schuss.

Schießsportliche Betäti-gung Minderjährigerunter besonders geschul-ter Aufsicht

Der GdP erschien eine beson-dere Qualifizierung von Auf-sichtspersonen im Hinblick aufpädagogische Fähigkeiten alssachgerecht und sinnvoll. Da dieVereine ein eigenes Interesse anNachwuchsgewinnung haben,würden sie auch für eine entspre-chende Qualifizierung der Auf-sichtspersonen Sorge tragen.

Überprüfung derZuverlässigkeit vonWaffenbesitzern

Das am 26. April 2002 vomBundestag beschlossene Waffen-gesetz sieht in § 4 Abs. 4 dieÜberprüfung des Bedürfnissesbereits vor. Die GdP erhobkeine Einwände zu der zweima-ligen obligatorischen Überprü-fung zurück zu kehren, wie sie beiden Beratungen bereits einmal

vorgesehen war. Die Reduzie-rung auf die einmalige Überprü-fung ging auf den Einwand derLänder zurück, dass der Perso-nalaufwand zu hoch sei.

Weitere Forderungender GdP

• Kleiner Waffenschein fürGas- und Schreckschusspistolen

Das vom Bundestag beschlos-sene Gesetz schreibt nunmehrdie Waffenscheinpflicht für Gas-und Schreckschusswaffen vor. Inder Begründung heißt es, dassder Hinweis auf diese Pflichtbeim Händler protokolliert wer-den muss und zwar unter Vorla-ge des Personalausweises desErwerbers. Hierzu regte die GdPan, im Rahmen der Verwaltungs-vorschrift konkret auf die Buch-führungspflicht und Kenn-zeichnungspflicht hinzuweisen.Damit wäre klar gestellt, dass diegesetzlich vorgeschriebene Pro-tokollierung zusammen mit den

persönlichen Daten des Erwer-bers und den Daten der erwor-benen Waffe registriert und auf-bewahrt werden muss.

• Verbrechenstatbestandfür das illegale Führen scharferSchusswaffen

Das neue Waffengesetz kenntwie bisher schon nur das illegaleFühren von vollautomatischenWaffen als Verbrechenstatbe-stand. Die GdP hatte aber gefor-dert, das illegale Führen vonscharfen Waffen überhaupt so zu

WAFFENRECHT

Als Tatwaffe in Erfurt wurdeeine Glock 17 benutzt – einereine Dienst- und keine Sport-waffe.

Fotos (2): Hersteller

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bewerten. Diese GdP-Forderungsoll noch einmal seitens des BMIgeprüft werden.

• Bundeseinheitliche Kri-terien zur Erfassung des priva-ten Waffenbesitzes

Eine alte Forderung der GdPzur bundeseinheitlichen Erfas-sung des legalen privaten Waf-fenbesitzes wurde im Zusam-menhang mit dem Fall von Erfurtwieder aktuell. Dabei ging undgeht es der GdP nicht um mehrBürokratie, sondern um etwasSelbstverständliches: Die Festle-gung der Kriterien zur Erfassungdes privaten Waffenbesitzes, da-mit alle Länder auf gleiche Wei-se den privaten Waffenbesitz er-fassen, der dann auf Bundesebe-ne zusammengeführt wird. Diesist nicht nur aus Gründen derÜbersicht über einen sensiblenBereich notwendig, sondern ins-besondere im Hinblick auf dieEigensicherung bei der Polizeiwichtig. Mit Hilfe eines solchen

Systems wären bei Einsätzen inprivaten Räumen Hinweise aufmöglichen dortigen Waffenbesitzgewährleistet. Überdies nichtminder wichtig ist die Erfassungdes Waffenbesitzes bei privatenSicherheitsunternehmen. Geeig-nete Software ist bereits in zahl-reichen Ländern eingeführt bzw.in der Erprobung.

Das weitere Gesetzge-bungsverfahren

Das Ende dieser Legislaturpe-riode naht, und auch deshalbsteht die nochmalige Änderungdes Waffenrechts unter enormenZeitdruck. Ursprünglich war vor-gesehen, dass am 26. April 2002vom Bundestag beschlosseneGesetz dem Bundesrat am 31.Mai 2002 zur Abstimmung vor-zulegen. Aufgrund der Vorge-spräche war auch von einer Zu-stimmung auszugehen.

Am 6. Mai 2002 war beim Tref-

fen des Bundeskanzlers mit denMinisterpräsidenten der Ländergrundsätzlich eine Einigung überdie nochmalige Verschärfung desWaffenrechts erzielt worden. We-sentliche Maßnahmen solltendanach sein:

• Heraufsetzung der Al-tersgrenze für erlaubnispflichtigeWaffen für Sportschützen auf 25Jahre. Bei einer niedrigeren Al-tersgrenze soll die Eignung durchGutachten festgestellt werden.

• Heraufsetzung der Al-tersgrenze für den Besitz vonJagdwaffen auf 18 Jahre, eventu-ell sogar auf 21 Jahre.

• Wiederaufhebung dergerade erst beschlossenen Her-absetzung der Altersgrenze fürden Schießsport Minderjähriger(zurück auf 12 Jahre).

• Überprüfung der Defini-tion des „sportlichen Schießens“sowie eine weitere Eingrenzungdes erleichterten Erwerbs vonSportwaffen.

• Verbot oder strenge Ein-

schränkung der privaten Lage-rung von Munition für großkali-brige Waffen.

• Präzisierung der Verant-wortung der Schützen- undSchießsportvereine.

Eine Arbeitsgruppe hatte dieAufgabe erhalten, konkrete undvor allem zwischen Bundestagund Bundesrat konsensfähigeGesetzesformulierungen auszu-arbeiten. Die Innenausschüssevon Bundestag und Bundesratsollten Mitte Mai getagt haben.Geplant war dann, dass der Bun-desrat am 31. Mai 2002 gemein-sam den Vermittlungsausschussanruft. Danach wäre der Bundes-tag noch einmal am Zuge, eheder Bundesrat am 12. Juli 2002auf der letzten Sitzung vor derSommerpause das letzte Worthat.

W.D.

SEEVERKEHR

Ladungssicherheit auf See-Fähren überprüftEnde letzten Jahres stellte die Bundesanstalt für Material-forschung und -prüfung (BAM) in Berlin Ergebnisse einerMess-Reihe von Transportbelastungen beim so genannten„Roll on-Roll off“-Schiffsverkehr (Ro-Ro-Verkehr) vor. DieMessreihe ist Bestandteil eines Forschungsvorhabens zurOptimierung der Ladungssicherung in Containern.

Die Daten wurden bei vierMessfahrten auf den SchiffenSASSNITZ und ASK gewonnen.Als geeigneter Schiffstyp wurdendas „Mehrzweckfährschiff“(auch Ro-Ro-Schiff von roll-on-roll-off) ausgewählt.

Die Brisanz dieser im Seefah-rer-Jargon als „Badewannen“bezeichneten Schiffe liegt darin,dass sie in ihrem Innern keinequerliegenden Druckschotts, alsokeine wasserdichten Untertei-lungen haben und damit bei un-kontrollierbarem Wasserein-bruch in jedem Fall sinken – un-rühmliches Beispiel ist die am28.9.1994 mit 1000 Passagierenan Bord in der Ostsee gesunke-

ne ESTONIA. Der Ladungs-sicherung kommt bei diesemSchiffstyp besonders hohe Be-deutung zu, da im Bauch derFähren mehrere Güterzüge undeinige hundert Fahrzeugein-heiten Platz haben. Die Folge des

Verrutschens eines Teils dieserLadung würde eine Krängungdes Schiffes (Neigung des Schif-fes um seine Längsachse) nachsich ziehen, die wiederum zu un-kontrolliertem Wassereintrittführen könnte.

Gemessen wurde in der südli-chen und westlichen Ostsee, da34 der dort vorhandenen 130Schifffahrtsrouten reine Fähr-verbindungen sind und darüberhinaus 85 Prozent aller im deut-schen Fährverkehr umgeschlage-nen Güter auf Ostseehäfen ent-fallen.

Auftretende Belastungenbeurteilt

Tauchen und Gieren als Bewe-gungen wurden für die Sicherungvon Fahrzeugeinheiten als weni-ger wichtig erkannt.

Das Rollen dagegen ist die amwenigsten gedämpfte Bewegung,

Eine Fähre in schwerer See: Nachlässig oder fehlerhaft gesicherteLadung kann gefährlich verrutschen und das Schiff zum Kentern bringen.

Foto: dpa

Page 33: Gesprüht wird, bis der Finger glüht. enjournalfile/DeuPol0602.pdf · Gorski, der am 26. April diesen Jahres in Ausübung seines Dienstes von einem skrupello-sen Mörder am Erfurter

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die bereits durch geringe Kräfteanimiert wird. Daher sind inQuerrichtungen die höchstenBeschleunigungswerte, die fürdie Sicherung von Fahrzeugenbedeutsam sind, zu erwarten.

Neben den Beschleunigungenwurden die Kräfte in den Lasch-mitteln betrachtet. Um eineLageveränderung durch Rut-schen oder Kippen zu vermeiden,werden Fahrzeuge auf Ro-Ro-Schiffen mittels Zurrgurten, -ket-ten oder Spannschrauben festmit dem Schiffsdeck verbunden.Aus den denkbaren Bewegungs-abläufen entwickelte die BAMFormeln, mittels derer es möglichist, den kritischen Neigungswin-kel zu errechnen. Dieser beträgtbeispielsweise für einen Sattel-auflieger mit einem zulässigenGesamtgewicht von 35 Tonnengenau 27 Grad.

Sämtliche Schiffe erreichten

Hinsichtlich des Zurrkraft-verlaufs wurde festgestellt, dassdie gemessenen Beschleunigun-gen nicht ausreichen, um eineVerschiebung des Fahrzeuges aufdem Deck zu bewirken. Der kri-tische Neigungswinkel von 27Grad wurde nicht erreicht. Den-noch wurdenZurrkräfte gemessen(max. 15 kilo-Newton),die über die Vor-spannung der Gurte (2kilo-Newton) hinaus-gingen. Die „Einnick-bewegung“ der Fahr-zeuge aufgrund aktiverFedersysteme kannalso durchaus im Fallhöherer RollwinkelKräfte erzeugen, dieüber die Belastbar-keitsgrenze der Gurtehinausgehen.

Experten-Empfeh-lungen

Die BAM resümiertauf Grund ihrer Mes-sungen folgendes:

1. Der gegenwärtigeKenntnisstand zur Si-cherung von Fahrzeu-gen an Bord von Ro-Ro-Fährenund die Ladungssicherung inContainern wird durch die Mes-sungen nicht in Frage gestellt.

2. Die Messwerte bestätigendie Annahme der harmonischenSchwingungsformel für die Be-rechnung von Querbeschleu-nigungen

3. Die eigenständige Neigungdes Fahrzeugaufbaus bean-sprucht die Gurte zusätzlich. DieFederung der Fahrzeuge ist zudeaktivieren.

4. Die im Ro-Ro-Kurzstre-ckenverkehr übliche Praxis desNichtlaschens bei „schönem“Wetter kann hinsichtlich der auf-tretenden Belastungswerte bei-behalten werden, ist aber bei ei-nem Ausweichmanöver zu über-denken, da auch hier sehr großeRollwinkel auftreten können.

5. Bei der Sicherung von Lkwist auf die Inbetriebnahme derFeststellbremse zu achten.

Resümee der GDPDie Messergebnisse der BAM

bestätigen die These vom harmo-nischen Schwingungsverhaltendes Schiffes im Seegang zur Be-rechnung der Querbeschleu-

nigung als „hinreichend konser-vativ“.

Die Hinweise zur Betätigungder Feststellbremse bei Lkw undauf die Deaktivierung der Fede-

rung sind sachgerecht. Kritischbetrachtet die GdP allerdings dieBilligung des „Schönwetter-laschens“ zu Gunsten eines hö-heren Transportdurchsatzes. Im-merhin ist für viele Fähren auchnoch bei Windstärke „7“ für dieDauer der Überfahrt schönesWetter. Zum Vergleich: In den

meisten Charterverträgen fürSportschiffe ist ein Verbot ent-halten, bei 6 Bft oder mehr Wind,auszulaufen.

Ein erfahrener Kapitän gab inder Diskussion auch zu beden-ken, dass im Falle des „Manöversdes letzten Augenblicks“ (Fahr-

manöver, das als ultima ratio vonjedem Schiffsführer unter Außer-achtlassung sonstiger Verkehrs-vorschriften gefahren werdenmuss, um eine unmittelbar bevor-

stehende Kollision zu verhin-dern) insbesondere bei harterRuderlage, extreme Kräfte auf-treten können, die sich auf dieStabilität der geladenen Kraft-fahrzeuge auswirkten.Hier sinddie Gesetz- und Verordnungs-geber sowie die Kontrollorganegleichermaßen gefordert. hjm

Rollen - Bewegung desSchiffes um seine Längsachse

Gieren - Bewegung desSchiffes um seine Hochachse

Tauchen - Bewegung desSchiffes in Richtung seinerHochachse

Laschen - Festzurren einesFahrzeuges an bestimmtenÖsen auf dem Ladedeck einesSchiffes

Bft - Windstärkenskalanach Beaufort 8 Bft = 68,5 km/h mittlere Geschwindigkeit =stürmischer Wind

bei den Messfahrten maximaleRollwinkel von 7,5 Grad (SASS-NITZ) und 9 Grad (ASK).

Gefahr durch Wellen-schlag

Weitere Messungen solltenKlarheit über die Wirkung von„Wellenschlag“ bringen.

Es wurde festgestellt, dass inBugnähe und auf der Lkw-Lade-fläche höhere Beschleunigungs-werte zu erwarten sind, als an-dernorts. Dies wird darauf zu-rückgeführt, dass die Aktiv-federung der Lkw eine Eigen-schwingung zulässt.

UngesicherteLadungsteilekönnen bei ab-rupten Fahr-zeugbewegungen zumGeschoss wer-den – im See-verkehr einnicht kalkulier-bares Risiko.

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