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GebFra-Weiterbildung Refresher Geburtsh Frauenheilk 2014; 74: R 1 R20 ISSN 0016-5751 Januar 2014 · Seite R 1 R 20 www.thieme-connect.de 105 Integrative Medizin in der Gynäkologischen Onkologie Möglichkeiten und Grenzen Teil 2 D. Paepke C. C. Hack N. B. M. Hüttner A. E. Paul S. Lange K. Münstedt M. Kiechle M. W. Beckmann S. Kümmel Umbruchkopie: Die Weitergabe an Dritte ist nicht erlaubt!

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GebFra-WeiterbildungRefresher

Geburtsh Frauenheilk 2014; 74: R1–R20

ISSN 0016-5751

Januar 2014 · Seite R1–R20 www.thieme-connect.de 105

Integrative Medizinin der GynäkologischenOnkologie –Möglichkeitenund Grenzen Teil 2

D. PaepkeC. C. HackN. B. M. HüttnerA. E. PaulS. LangeK. MünstedtM. KiechleM. W. BeckmannS. Kümmel

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Zusammenfassung!

Neben den konventionellen onkologischen Therapien wird zur gegenseitigen Wirk-verstärkung zusätzlich integrative Medizin eingesetzt, um den Therapieverlauf und dieLebensqualität von Krebspatientinnen zu verbessern.Im 1. Teil des Beitrags „IntegrativeMedizin in der gynäkologischen Onkologie –Möglich-keiten und Grenzen“ wurden ein Überblick über die integrative Medizin gegeben unddie Hauptmethoden beleuchtet.Im 2. Teil des Beitrags werden die Beschreibung der Hauptmethoden der integrativenMedizin fortgesetzt sowie aktuelle Trends, Studienlage und Wirksamkeit aufgezeigt.

Hauptmethoden der integrativen Medizin!

Die klassischen Naturheilverfahren nach Sebastian Kneipp –das Kernstück aller NaturheilverfahrenDefinition und GrundlagenBei klassischen Naturheilverfahren handelt es sich um die therapeutischenMaßnahmen,die der Natur entstammendeWirkungsfaktoren (d.h. genuine Naturfaktoren) einsetzen.Nach der Lehre von Sebastian Kneipp (1821–1897) gehören somit Ordnungs-, Hydro-,Bewegungs-, Ernährungs- und Phytotherapie dazu [6].Die Lehre und das pathophysiologische Denken Sebastian Kneipps basiert in Teilen aufder hippokratischen Medizin des Altertums und der humoralpathologischen Lehre [6].Die hippokratische Medizin mit der Grundidee der humoralpathologischen Lehre ist inihrer Bedeutung für die Anamneseerhebung, genaue Untersuchung und gewissenhafteBeobachtung des Kranken der gemeinsame Nenner der Naturheilkunde, aber auch derÜberschneidungspunkt mit der Schulmedizin [6].

Die 5 Säulen der klassischen Naturheilverfahren nach Sebastian Kneipp1. OrdnungstherapieDas Ziel ordnungstherapeutischer Interventionen ist, das Gespür für die natürlichen Be-dürfnisse des eigenen Körpers wiederzuerlangen, jedoch ebenfalls Strategien für einengesundheitsförderlichen Lebensstil zu vermitteln [6,7].Grundprinzip der Ordnungstherapie ist, den kranken Menschen als Ganzheit zu sehenund auch zu behandeln. Das Ziel ist, die Selbstregulationsfähigkeit und damit die Selbst-heilungskräfte zu aktivieren [6]. Betrachtet wird der Mensch dabei immer in seinemkompletten Kontext, einschließlich Kultur und sozialem Umfeld.Für Sebastian Kneippwar ein zentrales Thema für die Gesundheit und Therapie, die Ord-nung im Leben zu erhalten. Idealbild war für ihn der aktive, selbstverantwortlicheMensch [6].

l" Bei klassischen Naturheilver-fahren handelt es sich um dietherapeutischen Maßnah-men, die der Natur entstam-mende Wirkungsfaktoreneinsetzen.

l" Das Grundprinzip der Ord-nungstherapie ist, den kran-ken Menschen als Ganzheitzu sehen und zu behandeln.

Integrative Medizin in dergynäkologischen Onkologie –Möglichkeiten und Grenzen Teil 2D. Paepke2, C. C. Hack1, N. B. M. Hüttner1, A. E. Paul4, S. Lange4, K. Münstedt5,M. Kiechle2, M. W. Beckmann1, S. Kümmel3

1 Universitäts-Brustzentrum Franken, Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen, Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nürnberg, Comprehensive Cancer Center Erlangen-EMN

2 Frauenklinik des Klinikums rechts der Isar, Technische Universität München, München3 Brustzentrum und Klinik für Senologie der Kliniken Essen-Mitte, Essen4 Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin der Kliniken Essen-Mitte, Essen5 Frauenklinik des Universitätsklinikums Gießen, Gießen

VNR█

BibliografieDOI 10.1055/s-0033-1351088Geburtsh Frauenheilk 2014; 74:R3–R23 © Georg Thieme Verlag KGStuttgart · New York ·ISSN 0016‑5751

KorrespondenzanschriftProf. Dr. Matthias W. BeckmannFrauenklinikUniversitätsklinikum ErlangenUniversitätsstraße 21–2391054 [email protected]

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Dieses „Projekt“ muss jedoch lebenslang verfolgt werden. Somit ist immer eine Lebens-stilmodifikation, die Stärkung der Eigenaktivität sowie die Förderung seelischer undkörperlicher Selbstheilungskräfte Bestandteil der ordnungstherapeutischen Therapie[6].Die moderne Ordnungstherapie fokussiert sich zur Erlangung dieser Ziele auf vorhande-ne Ressourcen und deren Stärkung im Alltag, sodass für die Patientin mehr Eigenverant-wortung sowie Selbstständigkeit ermöglicht und erreicht wird [6].In der heutigen Zeit könnte der Begriff „Ordnung“ eher mit „Stressbewältigung“ oder„ressourcenorientierte nachhaltige Lebensstilgestaltung“ bezeichnet werden [7].Die Patientinmuss davon überzeugt sein, dass sie die Veränderung aus sich selbst herausausführen kann (Selbstwirksamkeitserwartung). Diese Selbstwirksamkeitserwartungenmüssen durch ordnungstherapeutische Interventionen eventuell sogar erst geweckt,aber auf jeden Fall gestärkt und fest verankert werden [6]. Somit ergeben sich 5 Phasender Veränderungsbereitschaft, die im Laufe der Gesundheitsänderung durchlaufen wer-den [30]:1. Absichtslosigkeit Dieses Stadium ist davon gekennzeichnet, dass keine Änderungdes Gesundheitsverhaltens in den nächsten 6 Monaten angestrebt wird. Ziel ist somit,das Problembewusstsein zu wecken.2. Absichtsbildung In diesem Stadium existiert die Bereitschaft, das Verhalten inner-halb der nächsten 6Monate zu ändern. Jedoch sieht sich die Patientin unerwarteten Pro-blemen gegenüber. Ziel ist somit, den Wunsch nach Veränderung zu unterstützen.3. Vorbereitung Hier wünscht die Patientin, sich in naher Zukunft zu verändern. Esgibt einen Aktionsplan und eswurden bereits versuchsweise Veränderungen vorgenom-men. Ziel der Intervention ist die Selbstverpflichtung zur Änderung zu stärken und ko-gnitive, emotionale und organisatorische Aspekte vorzubereiten.4. Handlung In diesem Stadium wurden bereits erfolgreich Verhaltensänderungenumgesetzt. Jedoch besteht in diesem Stadium das höchste Rückfallrisiko. Ziel ist somit,die Verankerung des Zielverhaltens im Alltag zu unterstützen.5. Aufrechterhaltung Dieses Stadium umfasst eine mindestens 6-monatige Periode,nachdem die Veränderung erfolgreich vollzogen wurde. Ziel ist, die Gewöhnung an dasZielverhalten zu unterstützen und auf den Umgang mit potenziellen Rückfällen vorzu-bereiten [6,7,30].Während der ordnungstherapeutischen Interventionen wird mit 3 Therapieschwer-punkten gearbeitet: Es erfolgt zum einen eine Informationsvermittlung, zum anderenwerden konkrete Handlungsweisen trainiert und durch Motivation und Bestätigung po-sitiver Erfahrungen erst nachhaltige Verhaltensänderungen ermöglicht [6].Die moderne Ordnungstherapie umfasst 3 wesentliche Grundprinzipien: Nachhaltig-keit, der salutogenetische Behandlungsansatz (d.h. ein Konzept, welches die Entstehungund Erhaltung von Gesundheit zum Ziel hat) und Achtsamkeit (l" Abb. 1) [6,7].

Verstehbarkeit

Lebensstil-änderung

Information

Trai

ning

Motivation

HandhabbarkeitSinnhaftigkeit

Abb. 1 Salutogenese-modell der Ordnungs-therapie (nach [6]).

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Ziel der Ordnungstherapie ist, trotz Stressfaktoren körpereigene Kräfte zur Gesundheits-erhaltung zu erkennen und zu mobilisieren, um damit eine höhere Lebensqualität undein gesteigertes Wohlbefinden zu erlangen und auch zu erhalten [5,7].

2. HydrotherapieBei der Hydrotherapie wird Wasser in verschiedener Anwendungsform zur Auslösungthermoregulatorischer Vorgänge verwendet, die der Gesundheitsförderung sowie derKrankheitsbehandlung dienen.Die Wirkungen der Hydrotherapie werden durch die Temperatur des Wassers, den me-chanischen Reiz durch den hydrostatischen Druck oder z.B. Bürstungen, durch den che-mischen Reiz durch Badezusätze (z.B. phytotherapeutische Badeessenzen) und durchden elektrischen Reiz bei hydrogalvanischen Bädern (z.B. 4-Zellen-Bad) erzielt.Unterschieden werden muss grundsätzlich zwischen der unmittelbaren Wirkung derhydrotherapeutischen Anwendung (Akuteffekt) und der langfristigen Anpassung des Or-ganismus (Langzeiteffekt). Eine 1-malige Anwendung stellt einen akuten Reiz für denKörper dar, während durch serielle Anwendungen eine langfristige Anpassung erzeugtwird [7].Die Wirkung der Hydrotherapie beruht auf der Aktivierung der Thermorezeptoren, wo-durch eine thermoregulatorische Reaktion ausgelöst wird. Diese Reaktionwird u.a. auchzentral weitergeleitet, sodass je nach Stärke des Reizes die Thermogenese der innerenOrgane und Skelettmuskulatur aktiviert wird. Da der menschliche Körper physiologi-scherweise mehr Kalt- als Warmrezeptoren hat, können Kaltreize in der Hydrotherapieeine stärkere Wirkung als Warmreize entfalten [6,7].Wirkungen von Kaltreizen (Wassertemperatur 12–16°C) sind" Vasokonstriktion" Herunterregulation lokaler Stoffwechselprozesse und Entzündungsreaktionen" Analgesie" Aktivierung von immunologischen Vorgängen (lokal und systemisch)" Ausschüttung von Kortisol" Relaxation der Muskulatur (nach kurzfristiger Tonussteigerung)" Steigerung des Darm- und Blasentonus" Erhöhung der Vigilanz mit nachfolgender Entspannung [6]Wirkungen vonWarmreizen (Wassertemperatur 35–39°C) sind" Senkung des Blutdrucks" Muskelentspannung" Verbesserung der Bindegewebsdehnbarkeit" Analgesie im Bereich des Bewegungsapparats" Aktivierung von Phagozyten, Enzymen und Lysosomen" Senkung der Viskosität der synovialen Flüssigkeit" Stoffwechselsteigerung" Bewirken einer physischen und psychischen Entspannung [6]Neben reinenWarm- oder Kaltanwendungen gibt es auchWechselgüsse oder ‑bäder, diez.B. dem Training der Vasomotorik dienen.Wechselgüsse trainieren die Vasomotorik. Akute Effekte der Kneippkur sind lokaleund generalisierte thermoregulatorische Vorgänge [7]. Als Langzeiteffekte (d.h. nach se-riellen Anwendungen und infolge von physiologischen Anpassungsvorgängen) werdenSchmerzabnahme, Abnahme körperlicher Beschwerden, Konditionssteigerung, bessereBlutdruckeinstellung, weniger Schlafstörungen, eine geregelte Verdauung, allgemeinverbessertes psychisches Befinden, gesteigertes Selbstwertgefühl und verbesserte Be-wältigungsstrategien bei Beschwerden beschrieben [6].Ein hydrotherapeutischer Reiz wirkt umso stärker, je deutlicher der Temperaturunter-schied zur Körpertemperatur ist, je größer die behandelte Körperoberfläche ist und jelänger die Anwendungsdauer ist [7].Die Anwendungsarten sind Waschungen, Wickel, Güsse, Bäder und Dämpfe (l" Tab. 1).Die Hydrotherapie ist von derWirkung der Thermoregulation dominiert, wodurch nichtnur örtliche Reaktionen, sondern auch eine Beeinflussung des Gesamtorganismus mög-lich ist.

l" Bei der Hydrotherapie wirdWasser zur Auslösung ther-moregulatorischer Vorgängeverwendet, um Krankheitenzu lindern oder zu heilen.

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3. BewegungstherapieIn der Bewegungstherapie werden gezielte, dosierte Bewegungsabläufe zur Erhaltung,Förderung undWiederherstellung der Leistung des Bewegungs- und Nervensystems so-wie der Seele eingesetzt. Das Spektrum reicht von unspezifischer allgemeiner körperli-cher Aktivität bis zu strukturiertem und geleitetem körperlichem Training und Gymnas-tik (z.B. auch Krankengymnastik) [7].Ziele der Bewegungstherapie sind eine Steigerung der körperlichen und mentalen Leis-tungsfähigkeit, Schulung der Koordination, Muskelkraftsteigerung, Verbesserung derkardiopulmonalen Ausdauer sowie der Muskelausdauer. Sekundär kommt es zudem zueiner besseren sozialen Integration, Steigerung der Motivation und Entspannungsfähig-keit sowie Förderung und Wiederherstellung der physischen bzw. psychischen Leis-tungsfähigkeit. Insgesamt ist die therapeutische Wirkung der Bewegungstherapie starkabhängig von der Häufigkeit, Dauer, Art und Intensität der Bewegung.Vor Beginn jeder Bewegungstherapie ist die Vordiagnostik hinsichtlich der konditionel-len Fähigkeiten der Patientinwichtig, wobei das Augenmerk auf Ausdauer, Kraft, Beweg-lichkeit, Koordination und Schnelligkeit gelegt wird. Daraus ergibt sich eine Bewegungs-therapie, die den individuellen Anforderungen der Patientin hinsichtlich Dauer und In-tensität angepasst ist. Bewegungstherapie trägt somit wesentlich dazu bei, die physischeund psychische Leistungsfähigkeit wiederherzustellen und zu bewahren, hat zudem ei-nen präventiven Charakter und ist Teil der Gesundheitserhaltung des Körpers [7].

4. ErnährungstherapieBei der Ernährungstherapie handelt es sich um eine präventive oder kurative Behand-lung organischer Erkrankungen und Stoffwechselstörungen, die durch falsche Ernäh-rungsweisen bedingt oder begünstigt sind [6].Die Hauptkomponenten menschlicher Ernährung umfassen Kohlenhydrate, Fette, Pro-teine, Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe [7].Im Gegensatz zur schulmedizinischen Ernährungstherapie, die vor allem Funktionsstö-rungen betroffener Organe ausgleichen möchte, strebt die naturheilkundliche Ernäh-rungstherapie danach, die Grundfunktionen des Organismus zu regulieren und ein ge-sundheitsförderndes Verhalten zu unterstützen [6].Ziele der naturheilkundlichen Ernährungstherapie sind somit die Normalisierung derStoffwechselfunktionen und des Körpergewichts, die Regulierung der Darmtätigkeit so-wie die Stabilisierung biologischer Abwehrfunktionen [6].Beispiel für naturheilkundliche Kostformen:" Vollwerternährung:

Bei Vollwerternährunghandelt es sichumeineüberwiegendpflanzlich (laktovegetabi-le) Ernährungsform. Verwendet werden gesundheitlich wertvolle, frische Lebensmit-tel, wobei hauptsächlich Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Kartoffeln, Hülsenfrüchte,Nüsse und Ölsaat, Milch undMilchprodukte, jedoch nur geringe Mengen Fisch, Fleischund Eier verwendet werden. Wichtige Ziele der Vollwerternährung bestehen darin,eine hohe Lebensqualität, faire Wirtschaftsbeziehungen und soziale Gerechtigkeitweltweit zu fördern, aber auch die Umwelt zu schonen. Somit wird neben der Verträg-lichkeit zudem eine ökologische, soziale und ökonomische Dimension berücksichtigt[7,31].

Tab. 1 Anwendungsarten der Hydrotherapie [6,7].

Waschungen Wickel Güsse Bäder Dämpfe

Charakte-ristikum

Auftragen eines dün-nenWasserfilms aufdie Hautmithilfe einesWaschungstuchs oderWaschungshand-schuhs

straffe Einwicklungeines Körperteils miteinem nassen Leinen-tuch, darüber ein tro-ckenes Baumwolltuchund einWolltuch

Auftragen von fließen-demWasser in Formeiner gleichmäßigenWasserplatte auf dengesamten Körper oderein Körperteil

Voll- oder Teilbädermöglich (Dreiviertel-,Halb-, Sitz-, Arm- bzw.Fußbad)

zeitgleich ebenfallselektrische oder che-mische Reizemöglich

KopfdampfbadmitWirkung auf Gesicht,Hals und Teil desOberkörpersoderDampfstrahl

Wirkung mild kreislauf-anregend

lokal, segmental,vegetativ, konsensuell

lokal, segmental,systemisch

Entlastung desBewegungsapparats

schleimlösend,sekretionsfördernd,antientzündlich,durchblutungs-steigernd, muskel-entspannend

l" In der Bewegungstherapiewerden Bewegungsabläufegezielt eingesetzt, um dieLeistung des Bewegungs-und Nervensystems zu erhal-ten, zu fördern oder wieder-herzustellen.

l" Ernährungstherapie ist dieBehandlung organischer Er-krankungen bzw. Stoffwech-selstörungen, indem die Er-nährung verändert wird.

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Bekannte Pioniere der Vollwerternährung sind Maximilian Bircher-Brenner (Bircher-Müsli, Rohkosternährung), Max Otto Bruker (Frischkost nach Bruker), Werner Kollath(Vollwertkost nach Kollath) oder auch Claus Leitzmann, Karl von Koerber und ThomasMännle (Gießener Konzeption der Vollwerternährung) [6].

" Mediterrane Ernährung:Diese Kostform zeichnet sich durch einen sehr hohen Obst- und Gemüseanteil sowieeinen reichlichen Verzehr an Getreideprodukten, Hülsenfrüchten und Nüssen aus.Fleisch, Milch und Milchprodukte werden selten, Fisch sehr häufig genossen. Zudemwerden die Speisen mit Olivenöl zubereitet und der regelmäßige, aber maßvolle Ge-nuss von Rotwein propagiert [6].Insgesamt bezeichnet der Begriff mediterrane Ernährung jedochmehr als nur eine Er-nährungsweise, sondern bezeichnet vielmehr einen Lebensstil und eine Lebensphilo-sophie, welche neben körperlicher Aktivität auch Ruhezeiten und soziale Kontakte(Familie, Freunde) einschließt und somit eine stressarme, gleichförmige Lebensweiseim Einklang mit der Natur darstellt [7].Ebensowie die anderen Säulen der klassischen Kneippʼschen Naturheilverfahren soll-te auch eine ernährungstherapeutische Intervention nicht alleine, sondern im Kontextder allgemeinen gesundheitsfördernden Maßnahmen zur Anwendung kommen.

5. PhytotherapieIn der Phytotherapie werden Pflanzen oder Pflanzenanteile (Drogen) sowie deren Zube-reitungen zur Heilung, Linderung und Prävention von Krankheiten, Beschwerden undkrankhaften Funktionszuständen des Körpers oder der Seele angewendet.Die Phytotherapie beruht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und vertritt keine eige-nen Theorien oder Lehren hinsichtlich desmenschlichen Körpers oder seiner Funktions-weise sowie der Krankheitsentstehung. Hinter der Phytotherapie steht somit ein natur-wissenschaftliches und kausales Therapieprinzip. Der Zusammenhang von Dosis undWirkung wird als pharmakologisch charakterisierbar aufgefasst [6,7].Phytopharmaka sind Arzneimittel, die als arzneilich wirksame Stoffe Pflanzen, Pflanzen-teile oder Pflanzenbestandteile in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand enthal-ten. Phytopharmaka unterliegen in Deutschland ebenfalls dem Arzneimittelgesetz(AMG) und müssen die gleichen Anforderungen hinsichtlich Qualität, Wirksamkeit undSicherheit wie chemisch-synthetische Arzneimittel erfüllen und sind apothekenpflichtig[6,7]. Traditionelle Phytopharmaka sind dagegen nicht apothekenpflichtig, unterliegenaber ebenfalls dem AMG. Hier liegen meist keine Wirksamkeitsnachweise vor, aber dieQualität und Sicherheit müssen nachgewiesen sein. Derartige Medikamente müssen ge-setzlich kennzeichnet sein durch folgende Beschreibung: „Traditionell angewendet zurStärkung oder Kräftigung bzw. zur Unterstützung der Organfunktion oder zur Vorbeu-gung gegen bzw. zur Besserung des Befindens …“ [7].Phytopharmaka finden insbesondere bei Befindlichkeits- und geringfügigen Gesund-heitsstörungen ihre Anwendung. Mögliche Indikationen sind:" Depressionen, Angststörungen" dermatologische Erkrankungen" Atemwegserkrankungen, Erkältungskrankheiten" Erkrankungen des Urogenitaltrakts" gastrointestinale Beschwerden" Herz-Kreislauf-Erkrankungen" Venenerkrankungen" Hirnleistungsstörungen" Infektanfälligkeit" psychovegetative Erkrankungen" rheumatische Erkrankungen" Wundheilungsstörungen und stumpfe Wunden" Schmerzen [6,7]In Deutschland zugelassene Phytopharmaka enthalten standardisierte Extrakte [6]. DieDosierungen für die pflanzlichen Drogen und ihre Zubereitungen basieren auf empiri-schen Anwendungen. Ebenso beruht der Wirksamkeitsnachweis auf empirischen, klini-schen Belegen und es zeigten sich überwiegend symptomlindernde Wirkungen [6,7].Insgesamt stellen phytotherapeutische Arzneimittel bei vielen Krankheiten und Befind-lichkeitsstörungen eine sinnvolle und preiswerte Alternative zu synthetisch hergestell-ten Arzneimitteln dar. Zudem existieren für viele Extrakte und Kombinationen Wirk-samkeitsbelege auch in Form von klinischen Studien mit hohen Evidenzgraden [7].

l" In der mediterranen Ernäh-rung ist ein hoher Anteil anObst, Gemüse, Getreidepro-dukten, Hülsenfrüchten undNüssen enthalten, der sichpositiv auf die Gesundheitauswirkt.

l" Unter Phytotherapie verstehtman die Behandlung, Linde-rung und Vorbeugung vonKrankheiten durch Pflanzenund Pflanzenteile sowie de-ren Zubereitungen.

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Zusammenfassend ist für alle 5 Säulen der Kneippʼschen Naturheilverfahren wichtig,dass nicht die Anwendung einer einzelnen Säule alleine eine hinreichende Veränderungbewirken kann, sondern alle 5 Säulen einen integralen Bestandteil naturheilkundlicherBehandlungskonzepte bilden und sich gegenseitig in ihrer Wirksamkeit unterstützen.

Traditionelle chinesische MedizinUnter der TCMwird eine Heilkunde verstanden, die auf einen ca. 2000 Jahre alten Erfah-rungsschatz aufbaut. Früheste Schriften über heilkundlichesWissenwurden z.B. im Jahr1973 in einer 168 v. Chr. geschlossenen Grabstätte von Mawangdui als Grabbeigabe ent-deckt [32]. Behandelt wird in der TCM nicht eine Erkrankung, sondern die erkrankte Pa-tientin. Hierfür wird die Patientin genau beobachtet, ihre Erscheinung und Bewegungsowie ihre Zunge wird angeschaut (Zungendiagnostik) (l" Abb. 2). Die Patientin wird zuihren Symptomen, Emotionen sowie Lebensgewohnheiten befragt und es wird einePulsdiagnostik vorgenommen.

Im Zentrum der TCM steht die Energie bzw. Vitalität, das sogenannte „Qi“ eines Men-schen. Als Ursache einer onkologischen Erkrankung werden v.a. Blockaden des Qi ange-sehen. Es werden Disharmonien aufgedeckt, die zu diesen Blockaden beitragen. DieTCM-Therapien zielen darauf ab, diese Disharmonien zu beseitigen und die Patientin zukräftigen. Dabei spielt nicht nur die Stärke des Qi, sondern v.a. seine Qualität eine ent-scheidende Rolle. Behandelt wird mit chinesischen Kräutern, Akupunktur undMoxibus-tion, verschiedenen Massagetechniken (Tuina-Massage, Gua-Sha-Massage, Schröpfkopf-behandlungen, Fußmassage), der Bewegungstherapie (Qigong, Tai-Chi) und einer ausge-feilten Ernährungstherapie.Zunehmend werden Therapien aus der TCM im Rahmen der integrativen Onkologie inwestliche Behandlungskonzepte integriert. Dabei spielt die chinesische Kräutertherapieim Gegensatz zu China in der westlichen Welt bisher noch eine untergeordnete Rolle[34]. Zu Recht wird eine wissenschaftliche Untersuchung der genannten Behandlungs-methoden gefordert, um deren Wirksamkeit zu prüfen und Risiken durch die Behand-lung einschätzen zu können. Beispielsweise können bisher kaum Aussagen zu demWechselwirkungspotenzial von chinesischen Kräutern mit Chemotherapeutika getrof-fen werden [35]. Dieser Abschnitt gibt einen kurzen Überblick über die aktuelle Daten-lage und daraus resultierend Empfehlungen für die Praxis. Die Studien zu Qigong undTai-Chi werden im Abschnitt „Entspannungsverfahren“ aufgeführt.

O. hepaticus

O. renalis

O. pulmonalis

O. lienalis

O. cardialis

Abb. 2 Funktions-kreise auf der Zunge(TCM) (aus: [33]).

l" Unter traditioneller chinesi-scher Medizin wird eine Heil-kunde verstanden, die sich inChina seit ca. 2000 Jahrenentwickelt hat.

l" Behandelt wird mit chinesi-schen Kräutern, Akupunkturund Moxibustion, Massage-techniken, Bewegungsthera-pie und einer ausgefeiltenErnährungstherapie.

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Chinesische KräuterDie Verordnung von chinesischen Kräutern erfordert ein umfangreiches Wissen undeine fundierte Ausbildung in TCM. Es werden in der Regel nicht einzelne Wirkstoffe ein-gesetzt, sondern – entsprechend der gestellten TCM-Diagnose – Rezepturen aus ver-schiedensten Substanzen erstellt. Neben Tabletten und Pulvern können auch Dekokte(Abkochung von den in der Rezeptur enthaltenen Substanzen) verabreicht werden.Dabei ist unbedingt auf die Qualität der Substanzen zu achten, um Verunreinigungen,Pestizidbelastungen und Beimischungen zu vermeiden. Weil in der Regel keine Mono-substanzen eingesetzt werden, ist die Untersuchung der Vielstoffgemische bez. Wirk-samkeit, Interaktionspotenzial und Sicherheit erschwert. In einer Cochrane-Übersichts-arbeit aus dem Jahr 2009 [36] wurden Studien mit chinesischen Kräutern zur Behand-lung von Nebenwirkungen unter Chemotherapie bei Mammakarzinompatientinnendargestellt. Dazu wurden 7 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 542 Pa-tientinnen eingeschlossen. Alle Studienwurden in China durchgeführt. Aufgrund der ge-ringen Qualität der Studien konnten keine klaren Schlussfolgerungen gezogen werden.Möglicherweise verbessern chinesische Kräuter, die begleitend zur Chemotherapie ein-gesetzt werden, die Knochenmarksfunktion und die Lebensqualität der Patientinnen. Ineiner im Jahr 2011 publizierten, prospektiven, kontrollierten Studie [37] wurde die Si-cherheit, Verträglichkeit undWirksamkeit von LCS 101 zur Prävention von chemothera-pieinduzierter hämatologischer Toxizität bei Mammakarzinompatientinnen gegen Pla-cebo untersucht. LCS 101 besteht aus 14 chinesischen Kräutern. Von 65 Frauen erhielten34 LCS 101 ab 14 Tage vor Gabe der 1. Chemotherapie. In dieser Pilotstudie zeigte sichdie Gabe von LCS 101 als sicher und machbar, wobei keine Aussagen getroffen werdenkonnten bez. Interaktionen. Beobachtet wurde ein Schutz vor milder bis moderater che-motherapieinduzierter Anämie und Neutropenie, nicht jedoch vor einer Thrombozyto-penie. LCS 101 kann derzeit noch nicht im klinischen Alltag empfohlen werden.

AkupunkturDurch Akupunkturbehandlungen können verschiedene Nebenwirkungen, die durch on-kologische Behandlungen auftreten, gelindert werden (l" Abb. 3a und b) [38]. Es werdenAkupunkturnadeln an vorgeschriebenen Punkten auf den sogenannten Meridianen amKörper platziert (l" Abb. 4). Wird zusätzlich Hitze verwendet, spricht man von Moxibus-tion. Auch können Akupunkturnadeln elektrisch stimuliert werden (Elektroakupunk-tur).Die Wirkweise der Akupunktur ist noch nicht vollständig geklärt. Akupunktur stimu-liert die Ausschüttung von endogenen Opioiden. Es sind analgetische Effekte nachge-wiesen, die durch Naloxon aufgehoben werden können [40,41]. Die Nadelung des Aku-punkturpunkts Dickdarm 2, die bei Mundtrockenheit eingesetzt wird, korreliert in derfunktionellen Kernspintomografie mit Veränderungen der Speichelproduktion [42].Akupunktur gilt allgemein als sichere Behandlung, wenn sie von gut ausgebildeten The-rapeuten durchgeführt wird [43,44]. Belegt ist auch die Verbesserung von chemothera-pieinduziertem und postoperativem akuten Erbrechen bzw. Übelkeit durch Akupunktur[45–48].

Abb. 3a und b Akupunktur in der traditionellen chinesischen Medizin (Quelle a imagesource;b Thieme Verlagsgruppe, Fotograf: Thomas Möller).

l" In der Regel werden nichteinzelne Wirkstoffe einge-setzt, sondern – entspre-chend der gestellten TCM-Diagnose – Rezepturen ausverschiedensten Substanzenerstellt.

l" Akupunkturbehandlungenkönnen verschiedene Neben-wirkungen lindern, die durchonkologische Behandlungenauftreten, wie z.B. postope-ratives und chemotherapie-induziertes Erbrechen.

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Abb. 4 Meridiane des menschlichen Körpers in der TCM (Quelle: [39]).

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In einer randomisierten kontrollierten Studie wurde Akupunktur gegen eine bekannteeffektive Therapie (Venlafaxin) zur Behandlung von Hitzewallungen unter endokrinerTherapie bei Mammakarzinompatientinnen untersucht [49]. Akupunktur war genausowirksam wie Venlafaxin bei geringeren Nebenwirkungen. Eine weitere Studie zu Aku-punktur bei menopausalen Beschwerden wurde im Jahr 2013 publiziert [50]. Unter-sucht wurde in dieser randomisierten, doppelblinden Studie erneut der Einsatz vonAkupunktur zur Linderung von Hitzewallungen unter endokriner Therapie von Mam-makarzinompatientinnen. Verglichen wurde Akupunktur mit Scheinakupunktur undmit keiner Behandlung. Neben einer signifikanten Verbesserung der Hitzewallungenprofitierten die Patientinnen in der Akupunkturgruppe ebenfalls in Bezug auf ihreSchlafstörung. Die Plasmaöstradiolkonzentration wurde durch die Akupunkturbehand-lungen nicht beeinflusst.Bao et al. [51] untersuchten in einer randomisierten kontrollierten Studie ebenfalls denEinfluss von Akupunktur auf den Östradiolspiegel im Serum und auf die Konzentrationvon β-Endorphin sowie proinflammatorischen Zytokinen. Die wahre Akupunktur zeigtegegenüber der Scheinakupunktur keine signifikante Überlegenheit. Die Konzentrationvon Östradiol und β-Endorphin änderte sich in beiden Gruppen nicht. Jedoch wurde so-wohl in der Akupunkturgruppe als auch in der Scheinakupunkturgruppe eine signifi-kante Reduktion von Interleukin17 (proinflammatorisches Zytokin) beobachtet. Daherkommen die Autoren zu dem Schluss, dass die in dieser Studie durchgeführte sogenann-te Scheinakupunktur nicht gleichzusetzen ist mit Placebo und zur Beurteilung derWirk-samkeit von Akupunktur weitere Studien mit Vergleichsgruppen notwendig sind, in de-nen gar keine Akupunktur angewendet wird. Während Bao et al. eine standardisierteAkupunktur einsetzten, wurde in der randomisierten, scheinakupunkturkontrolliertenStudie von Crew et al. [52] mit einer individuellen Akupunktur behandelt. In der Schei-nakupunkturgruppe wurde oberflächlich an Nichtakupunkturpunkten genadelt. Unterder 2-mal wöchentlich über 6 Wochen durchgeführten wahren Akupunktur bessertesich die Schmerzintensität von Gelenkbeschwerden um 50%.In einer pragmatischen randomisierten kontrollierten Studie wurde die Wirkung vonAkupunkturbehandlungen auf therapiebedingte Fatigue untersucht [53]. Dabei erhiel-ten 181 Patientinnen 1-mal wöchentlich über 6 Wochen Akupunktur (verwendete Kör-perakupunkturpunkte: Ma36, MP6, Di4) und erhielten zusätzlich die Standardversor-gung. Verglichen wurden sie mit 65 Patientinnen, die lediglich nach Standard versorgtwurden. In der Akupunkturgruppe konnte die allgemeine Fatigue um 3,11 Punkte(p < 0,001) verringert werden. Ebenso besserten sich in der Akupunkturgruppe Angst,Depressivität und die Lebensqualität.Bisher galt das Lymphödem als Kontraindikation für Akupunktur in den betroffenenArm. Ende des Jahres 2011 wurden Daten zur Sicherheit der Akupunkturbehandlungenan der betroffenen Extremität publiziert. Die gleiche Arbeitsgruppe um Barrie R. Cassi-leth [54] veröffentlichte kürzlich die Daten zur Wirksamkeit von Akupunktur beiLymphödem der oberen Extremität aus einer Pilotstudie. Bei einem Drittel der Patien-tinnen konnte das Lymphödem um 30% reduziert werden. Behandelt wurde 2-mal wö-chentlich für 4 Wochen. Vor jeder Akupunktur wurde an den entsprechenden Einstich-stellen die Haut desinfiziert. Um dieWirksamkeit dezidierter zu untersuchen, initiiertendie Kollegen kürzlich eine randomisierte Studie.Zusammenfassend kann konstatiert werden: Kontrovers diskutiert wird, inwieweitAkupunktur gegen Scheinakupunktur oder besser gegen andere etablierte Behandlun-gen untersucht werden sollte. Dies führt auch zu sehr unterschiedlichen Bewertungenbez. der Qualität von randomisierten, kontrollierten Akupunkturstudien [45,51].Insgesamt gilt die Akupunktur als nebenwirkungsarmes Verfahren. Sie kann empfohlenwerden, um postoperatives und chemotherapieinduziertes Erbrechen zu lindern. EinTherapieversuch mit Akupunktur bei Hitzewallungen unter endokriner Therapie undFatigue ist gerechtfertigt. Zur Bewertung von Akupunktur, um ein Lymphödem zu be-handeln, wurde eine randomisierte Studie initiiert. Die Wirksamkeit von Akupunkturmuss in qualitativ hochwertigen Studien weiter untersucht werden.

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Aktuelle Trends, Studienlage und Wirksamkeit – „die Top 3“!

Orthomolekulare MedizinLinus Pauling (1901–1994) gilt als der Begründer der orthomolekularen Medizin. DerBegriff orthomolekular bedeutet (ortho = gut, richtig; molekular = kleinste Bausteine),im übertragenen Sinne die richtigen Nährstoffe.Die orthomolekulare Medizin steht für den Einsatz nicht körperfremder Substanzen inphysiologischer und bzw. oder pharmakologischer Dosierung zur Vorbeugung und The-rapie ernährungsabhängiger sowie chronischer Erkrankungen. Dazu zählen Vitamine,Mineralstoffe, Spurenelemente, Aminosäuren, Fettsäuren und imweiteren Sinne sekun-däre Pflanzenstoffe, natürliche Hormone, Enzyme und Ballaststoffe.Neben der Verwendung in der Prävention gewinnt die orthomolekulare Medizin zuneh-mend Bedeutung als Begleittherapie konventioneller Behandlungskonzepte.Die Rationale für den Einsatz der Mikronährstofftherapie bei onkologischen Patientin-nen liegt in dem Ausgleich eines eventuell vorliegenden Mangels, der durch die täglicheNahrungsaufnahme, die bei onkologischen Patientinnen häufig reduziert ist, nicht aus-zugleichen ist.

SelenSelen ist ein lebensnotwendiges Spurenelement, das in der Natur in organischen und an-organischen Verbindungen vorkommt. Selen wirkt über die Glutathionperoxidase alsAntioxidans. In Deutschland liegt der Normbereich bei 100–140 µg/l im Vollblut bzw.80–120 µg im Serum.Tumorpatientinnen weisen sehr häufig einen Selenmangel auf. Franca et al. zeigten aneiner Studie mit 209 Mammakarzinompatientinnen, dass 52,6% der Patientinnen schonvor der Strahlentherapie (RTX) einen Selenmangel aufwiesen. Am Ende der RTX zeigten85,6% der Patientinnen einen Selenmangel, davon 62,7% mit einem Wert unter 40 µg/lim Serum. Eine der Ursachen liegt in dem erhöhten Stoffwechsel der Tumorzellen undder damit verbundenen Produktion freier Radikale sowie dem vermehrten Anfall freierRadikale durch Tumorzelldestruktion unter RTX [55].Die Gabe von Selen unter RTX wird kontrovers diskutiert, da die RTX auch über Radikal-bildung die Tumorzellen schädigt und eine Therapieabschwächung befürchtet wird. Prä-klinische und klinische Untersuchungen konnten diese negative These bisher nicht bele-gen. Im Gegenteil: Die Gabe von Selen zeigte unter einer Radiotherapie bei Patientinnenmit Zervix- und Endometriumkarzinom, dass die radiotherapieinduzierten Nebenwir-kungen reduziert sowie die Erschöpfung und der Appetitmangel vermindert wurden.Ein negativer Einfluss auf das remissionsfreie und Gesamtüberleben in der Selengruppezeigte sich nicht. Eine im Jahr 2013 veröffentlichte Metaanalyse zeigte eine reduzierteMortalität bei Sepsispatienten unter Selentherapie (OR [Odds Ratio] 0,73; 95%-KI [Kon-fidenzintervall] 0,54–0,98; p = 0,03; I = 0%) [56].Eine unkontrollierte Substitution von Selen ist jedoch nicht empfehlenswert. Bei einemnachgewiesenen Selenmangel sollte dieser bedarfsadaptiert ausgeglichen werden. Ver-laufskontrollen unter Selensupplementierung sind sinnvoll zur Kontrolle der Dosishöhe.

L-CarnitinL-Carnitin ist eine körpereigene quartäre Ammoniumverbindung, die unter ernährungs-medizinischem Aspekt den Vitaminoiden zugeordnet werden kann. Die Einnahme vonL-Carnitin ist im leistungsorientierten Breitensport weit verbreitet. In der komplemen-tären Medizin wird es ebenfalls von zahlreichen Therapeuten eingesetzt, um die Fatiguesowie Neuro- und Kardiotoxizität unter Chemotherapie (CTX) zu mindern. Laut Studienweisen rund 80% der Patienten im fortgeschrittenen Tumorstadium einen L-Carnitin-mangel auf. Positive Effekte auf die Neuro- und Kardiotoxizität konnten im Tiermodellgezeigt werden. Ein Nutzen bez. Fatigue sowie eine Linderung der Neurotoxizität unterCTX konnten in doppelblinden placebokontrollierten Studien jedoch nicht nachgewie-sen werden.

Vitamin CVitamin C ist eines der am häufigsten eingesetzten Antioxidanzien in der Komplemen-tärmedizin. Hauptsächlich werden Hochdosis-Vitamin-C-Infusionen mit bis zu 3 g Vita-min C/kgKG (Körpergewicht) verabreicht. Im Tierversuch reduzierte die Hochdosis-Vita-min-C-Therapie Tumorgewicht und ‑wachstum. Ein günstiger Effekt auf therapieasso-ziierte Nebenwirkungen ist beschrieben. Große randomisierte Studien fehlen jedoch.

l" Bei orthomolekularer Medi-zin werden nicht körper-fremde Substanzen in phy-siologischer und bzw. oderpharmakologischer Dosie-rung zur Vorbeugung undTherapie ernährungsabhän-giger sowie chronischer Er-krankungen eingesetzt.

l" Selen ist ein lebensnotwen-diges Spurenelement, das inder Natur in organischen undanorganischen Verbindun-gen vorkommt.

l" Tumorpatientinnen weisensehr häufig einen Selenman-gel auf, der – wenn er nach-gewiesen ist – bedarfsadap-tiert ausgeglichen werdensollte.

l" L-Carnitin wird in der kom-plementären Medizin einge-setzt, um Fatigue sowie Neu-ro- und Kardiotoxizität unterChemotherapie zu mindern.

l" Vitamin C ist eines der amhäufigsten eingesetztenAntioxidanzien in der Kom-plementärmedizin.

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Zusammenfassend kann eine generelle Empfehlung zum Einsatz orthomolekularer Sub-stanzen aufgrund der spärlichen Datenlage nicht gegeben werden. Bei nachgewiesenemMangel kann bedarfsgerecht substituiert werden. Eine unkontrollierte Substitution –

auch in Form von Nahrungsergänzungsmittel – ist nicht empfehlenswert.Der Einsatz von Mikronährstoffen als zusätzliche supportive Behandlungsoptionenmuss weiter in Studien untersucht werden, um die etablierten konventionellen Suppor-tivmethoden zu ergänzen und zu optimieren.

Diätkonzepte und LifestyleEin Großteil aller Krebsfälle steht im direkten Zusammenhangmit einer ungesunden Le-bensweise. Das World Cancer Research Fund (WCRF) schätzt, dass ein Drittel der Krebs-erkrankungen durch falsche Ernährungsgewohnheiten ausgelöst werden. Alkohol z.B.erhöht nachweislich das Krebsrisiko für Pharynx-, Larynx-, Ösophagus-, Kolon-, Rek-tum- und Mammakarzinom. Eine Metaanalyse von 111Untersuchungen zeigte, dasspro 10 g Alkohol (entspricht ca. 125ml Wein oder 250ml Bier) täglich das Brustkrebsri-siko um je 10% ansteigt [57]. Auch Adipositas verschlechtert nachweislich die Prognosevon Mammakarzinompatientinnen [58].Die Ernährung, körperliche Aktivität und das Körpergewicht sind begleitende Faktorenfür das Krebserkrankungsrisiko und den Verlauf der Erkrankung. Diese 3 Faktoren soll-ten daher in der Prävention und Therapie berücksichtigt werden.Gerade in Bezug auf die Ernährung herrscht bei den Patientinnen Unsicherheit. Im Inter-net und anderen Medien angepriesene Krebsdiäten zählen zu den alternativen Thera-piemethoden gegen Krebserkrankungen. Keine dieser Diätformen (z.B. Fastenkur nachBreuß, Öl-Eiweiß-Kost nach Budwig, Krebsdiät nach Gerson, usw.) ist nach den Maßstä-ben der evidenzbasierten Medizin als wirksam einzustufen. Im Gegenteil – eine sehreinseitige Kost kann zuMangelerscheinungen führen, vor expliziten Krebsdiäten ist des-halb zu warnen.In Bezug auf die Ernährung gibt es keine Einheitsernährung. Vielmehr muss jederMensch seine individuelle optimale Ernährungsform finden, die zur Erreichung einesaktuell guten Gesundheitszustands führt und zu seinen Bedürfnissen passt.Das WCRF empfiehlt Krebskranken – wie allen Gesunden, die präventiv Krankheitenvorbeugen möchten – eine abwechslungsreiche, vollwertige Ernährung. Die DeutscheGesellschaft für Ernährung (DGE) hat Empfehlungen zu einer genussvollen und gesund-erhaltenden Ernährungsweise zusammengestellt, die ebenfalls für Tumorpatientinnengelten, bei denen die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme ungestört möglich ist undkeine Funktionsstörungen der inneren Organe vorliegen (l" Tab. 2, Abb. 2) [59].Eine vollwertige Ernährung ist für das physische, psychische und soziale Wohlbefindenvon Tumorpatientinnen während der Krebstherapie besonders wichtig. Sie verbessertden Allgemeinzustand, die körperliche Abwehrkraft und Lebensqualität der Patientin.Die Therapie und ihre Begleiterscheinungen werden so besser vertragen und der Hei-lungsprozess unterstützt (l" Abb. 5) [59].

Abb. 5 Ernährungspyramide der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (aus: [59]).

l" „Wenn wir jedem Individuumdas richtige Maß an Nahrungund Bewegung zukommenlassen könnten, hätten wirden sichersten Weg zur Ge-sundheit gefunden“ (Hippo-krates von Kos).

l" Ernährung, körperliche Akti-vität und Körpergewicht sindbegleitende Faktoren für dasKrebserkrankungsrisiko undden Verlauf der Erkrankung.

l" Krebskranken wird – wie al-len Gesunden, die präventivKrankheiten vorbeugenmöchten – eine abwechs-lungsreiche, vollwertige Er-nährung empfohlen.

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Mutagen wirkende Nahrungsbestandteile wie Nitrat, Nitrit und Nitrosoverbindungen,polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und heterozyklische Amine, wie sie z.B.in stark erhitzten und geräucherten Fleischwaren vorkommen, Alkohol, hyperkalorischeErnährung, Kost mit einem hohen glykämischen Index und Omega-6-Fettsäuren solltennicht regelmäßig verzehrt werden.Andererseits gibt es Lebensmittel mit karzinomprotektivem Potenzial, die in einer „Voll-wertkost bzw. mediterranen Ernährungsform“ enthalten sind. Diese umfasst eine über-wiegend pflanzliche Ernährungsweise mit reichlichem Verzehr von Gemüse(400–600 g/Tag), z.B. Kohlgemüse (enthält Glucosinolate), Zwiebeln, Knoblauch, Lauch(Sulfide, Quercentin), dunkles Blattgemüse und Tomaten (enthält Carotinoide, Lycopin),frisches Obst (300 g), Hülsenfrüchte, Nüssen, Samen und Vollkorngetreide, gesunde Öle(natives Olivenöl). Fleisch und tierische Produkte werden in dieser Ernährungsform nurin geringen Mengen verköstigt.Beobachtungsstudien geben Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen fettreicherErnährung und Brustkrebs. In der Womenʼs Intervention Nutrition Study (WINS), einerprospektiv randomisierten klinischenMulticenterstudie, wurde der Einfluss einer diäte-tischen Fettreduktion auf den Verlauf der Erkrankung bei postmenopausalen Frauen mitBrustkrebs im frühen Stadium untersucht. Hierbei zeigte sich in der Interventionsgrup-pe bei diätetischer Fettreduktion (33,3 g Fett/Tag über 12 Monate) gegenüber der Kon-trollgruppe (51,3 g Fett/Tag über 12 Monate) nach einem medianen Follow-up von 60Monaten eine Rezidivrate von 9,8% gegenüber der Kontrollgruppe von 12,4%. Ein Unter-schied im Gesamtüberleben konnte nicht gezeigt werden. Die diätetische Intervention

Tab. 2 10 Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zu einer genussvollen und gesunderhalten-den Ernährungsweise (modifiziert nach [59]).

1. vielseitig essen

Abwechslungsreiche Auswahl, geeignete Kombinationen und angemessene Menge nährstoffreicher undenergiearmer Lebensmittel.

2. reichlich Getreideprodukte und Kartoffeln

Brot, Nudeln, Reis, Getreideflocken, am besten aus Vollkorn, sowie Kartoffeln enthalten reichlich Vitamine,Mineralstoffe sowie Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Mindestens 30 g Ballaststoffe, v. a. ausVollkornprodukten, werden täglich empfohlen. Eine hohe Zufuhr senkt das Risiko für verschiedeneernährungsbedingte Krankheiten.

3. Gemüse und Obst – nimm „5 am Tag“

Möglichst frisch, nur kurz gegart, oder auch 1 Portion als Saft zu sich nehmen, idealerweise zu jederHauptmahlzeit zur Versorgungmit Vitaminen, Mineralstoffen sowie Ballaststoffen und sekundärenPflanzenstoffen.

4. täglichMilch undMilchprodukte; 1- bis 2-mal in derWoche Fisch; Fleisch,Wurstwaren sowie EierinMaßen

Zur Versorgungmit z.B. Kalzium (Milch), Jod, Selen und Omega-3-Fettsäuren (Seefische); Fleisch ist Liefe-rant vonMineralstoffen und Vitaminen (B1, B6 und B12). Mehr als 300–600 g Fleisch undWurst proWochesollten es nicht sein. Zu bevorzugen sind fettarme Produkte.

5. wenig Fett und fettreiche Lebensmittel

Fett liefert lebensnotwendige (essenzielle) Fettsäuren, und fetthaltige Lebensmittel enthalten auch fett-lösliche Vitamine. Die Fettzufuhr sollte jedoch 30% der Gesamtenergiezufuhr (60–80 g/d) nichtübersteigen. Zu bevorzugen sind pflanzliche Öle und Fette. Auf unsichtbares Fett in Fleischerzeugnissen,Gebäck, Milchprodukten und Süßwaren sowie in Fast-Food- und Fertigprodukten ist zu achten.

6. Zucker und Salz inMaßen

Zucker und verschiedene Zuckerarten (z.B. Glukosesirup) nur inMaßen verzehren, kreativmit Kräutern undGewürzen anstatt mit Salz würzen, mit Jod und Fluorid angereichertes Salz ist sinnvoll.

7. reichlich Flüssigkeit

Etwa 1,5 l Flüssigkeit jedenTag, vorzugsweiseWasser und andere energiearme Getränke, alkoholischeGetränke nur gelegentlich und in kleinenMengen.

8. schmackhaft und schonend zubereiten

Jeweiligen Speisen beimöglichst niedrigenTemperaturen garen, soweit es geht nur kurz,mit wenigWasserundmit wenig Fett.

9. sich Zeit nehmen und genießen

Nicht nebenbei essen; Zeit beim Essen lassen.

10. auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben

Ausgewogene Ernährung, viel körperliche Bewegung und Sport, mit dem richtigen Körpergewicht wird dieGesundheit gefördert.

l" Mutagen wirkende Nah-rungsbestandteile wie z.B.Nitrat, polyzyklische aroma-tische Kohlenwasserstoffe,Alkohol sowie Omega-6-Fettsäuren sollten nicht re-gelmäßig verzehrt werden.

l" Beobachtungsstudien gebenHinweise auf einen Zusam-menhang zwischen fettrei-cher Ernährung und Brust-krebs.

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hatte einen größeren Effekt bei ER-negativen (ER: Östrogenrezeptor) Mammakarzino-men [60].Das Gewicht und eine Gewichtszunahme sindmit einem erhöhten Risiko einesMamma-karzinoms bzw. eines Mammakarzinomrezidivs und einer erhöhten Mortalität vonMammakarzinompatientinnen vergesellschaftet. Umgekehrt zeigen brustkrebserkrank-te Frauen mit normalem BMI (Body-Mass-Index) ein signifikant längeres Gesamt- undkrankheitsfreies Überleben [61]. Patientinnen mit einem BMI ≥ 30 kg/m2 weisen im Ver-gleich zu einem BMI < 25 kg/m2 ein signifikant um 46% höheres Risiko für die Entwick-lung einer Fernmetastasierung innerhalb der ersten 10 Jahre und ein 38% höheres Risikofür Tod infolge des Mammakarzinoms nach 10 und mehr Jahren nach Primärdiagnoseauf [62]. Ein posttherapeutischer Anstieg des Körpergewichts ist mit erhöhter Mortalitätinfolge der Mammakarzinomerkrankung assoziiert [63].Durch regelmäßige sportliche Aktivität (> 2–3 h/Woche) kann ein Überlebensvorteil er-zielt werden [64]. Der Erhalt der physischen Aktivität wie auch des Körpergewichts imNormalbereich führt zur signifikanten Verbesserung der Lebensqualität, weniger Fatigueund einer höheren körperlichen Funktion [65].Ein gesunder Lebensstil sollte in der Behandlung von Tumorpatientinnen obligater Be-standteil der Therapie sein. Dazu gehören neben einer gesunden Ernährung die körper-liche Bewegung in der Natur, stressfreie Zeit zur Muße und soziale Kontakte, die Gebor-genheit vermitteln.

EntspannungsverfahrenDer Begriff „Mind-Body-Medizin“ (MBM) wurde in Nordamerika geprägt. Dort hat sichdieser ganzheitliche Therapieansatz, der nun zunehmend in Europa Verbreitung findet,bereits in den vergangenen Jahrzehnten fest etabliert. Ihre medizinwissenschaftlichenWurzeln hat die MBM in der inneren und der Verhaltensmedizin, der Stressforschungsowie in der Psychoneuroimmunologie. Das National Center for Complementary and Al-ternative Medicine der National Institutes for Health definiert MBM als „Practices thatfocus on the interactions among the brain, mind, body and behavior with the intent touse the mind to affect physical functioning and promote health“ [5].MBM steht damit für ein medizinisches Konzept, das ein besonderes Augenmerk auf dasZusammenspiel zwischen Geist, Psyche, Körper und Verhalten legt und darauf abzielt,die Selbstheilungskräfte und die Eigenverantwortung der Patientinnen zu stärken. Dabeiorientiert sich die MBM stark am Konzept der Salutogenese, d.h., die Interventionen fo-kussieren explizit auf die Aktivierung von selbstregulativen Prozessen im Organismusund Stärkung der individuellen Kompetenzen und Gesundheitsressourcen der Patien-tinnen – über den Rahmen der Behandlung der Grunderkrankung hinaus.Während das amerikanische Verständnis der MBM vorrangig Methoden zur Stressbe-wältigung und Entspannung beinhaltet, bezieht das europäische Behandlungskonzeptganz explizit weitere Aspekte der präventiven Lebensstilmodifikation mit ein, die auchin der Tradition der europäischen Naturheilkunde verwurzelt sind [34,66,67]. Dazu ge-hören Ernährung, Bewegung und naturheilkundliche Selbsthilfestrategien. Damit decktsich das Mind-Body-Konzept inhaltlich in weiten Teilen mit der naturheilkundlichenOrdnungstherapie. Das Therapiespektrum der MBM reicht von multimodalen Gruppen-programmen zur selbsthilfezentrierten Lebensstilmodifikation, wie z.B. Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR), bis zu einzelnen Methoden und Techniken, wie z.B.Yoga, Qigong, Tai-Chi, Meditation, autogenem Training und Hypnose.Aktuelle Studiendaten legen nahe, dass MBM-Interventionen u.a. psychosoziale Beein-trächtigungen, die durch eine Krebserkrankung hervorgerufen werden können, positivbeeinflussen und damit Lebensqualität sowie Krankheitsbewältigung der Patientinnenverbessern können [38]. Im Folgenden werden die MBM-Methoden, in denen zurzeitdie meiste wissenschaftliche Evidenz bei Mammakarzinomerkrankungen vorhanden ist,kurz dargestellt:

Mindfulness-Based Stress ReductionEines der am besten untersuchten Mind-Body-Programme ist die MBSR nach Jon Kabat-Zinn [68]. Hierbei handelt es sich um ein 8-wöchiges Gruppenprogramm, das Aspekteder Stressbewältigung und Entspannung (in Form von Meditation, Body Scan, Yoga undkognitiver Umstrukturierung) mit anderen Lebensstilthemenwie Bewegung, Ernährungsowie Kommunikation verbindet und dazu gezielt das Prinzip der Achtsamkeit einsetzt.Im Jahr 2012 wurden 2 systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen publiziert,die belegen, dass MBSR Mammakarzinompatientinnen helfen kann, Ängste und Stress

l" Durch regelmäßige sportli-che Aktivität (> 2–3 h/Wo-che) kann ein Überlebens-vorteil erzielt werden.

l" Mind-Body-Medizin zielt da-rauf ab, die Selbstheilungs-kräfte und die Eigenverant-wortung der Patientinnen zustärken.

l" Die Mindfulness-Based StressReduction verbindet Aspekteder Stressbewältigung undEntspannung mit anderenLebensstilthemen wie Bewe-gung, Ernährung sowie Kom-munikation.

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abzubauen sowie die Lebensqualität zu verbessern [69,70]. Die positiven Ergebnisse inBezug auf Lebensqualität und Stimmung wurden im Jahr 2013 u.a. durch ein weiteresRCT (randomisierte kontrollierte Studie) bekräftigt. Bei 336 Mammakarzinompatientin-nen (Stadium 1–3, 3–18 Monate post-OP) wurden signifikant positive Effekte durchMBSR im Vergleich zur Standardtherapie in Bezug auf Angst und Depression im 12-Mo-nats-Follow-up mit mittleren bis großen Effektstärken festgestellt [71]. Eine andere Pu-blikation, die sich auf das gleiche RCT bezieht, berichtet signifikante Effekte in Bezug aufSchlafqualität kurz nach der Intervention, die allerdings im Langzeit-Follow-up nichtmehr signifikant sind [72].

YogaYoga ist eine traditionelle indische Lehre, die Körper-, Atem- und Meditationsübungenumfasst und mittlerweile weltweit als Methode zur Gesundheitsförderung eingesetztwird (l" Abb. 6). Im Jahr 2012 fand ein systematischer Review mit Metaanalyse über12 RCT zu Yoga bei Frauen während und nach Mammakarzinomtherapie (n = 742) Evi-denz für kleine bis mittlere Effekte auf Lebensqualität, funktionelles, soziales und spiri-tuelles Wohlbefinden sowie für große Effekte auf Angst, Depressivität und Stress [73].Ein systematischer Review, der Yoga zur Linderung von Fatigue bei Mammakarzinompa-tientinnen untersuchte (6 RCT, n = 362), stellte eine signifikante Verbesserung der Be-schwerden während und nach der Behandlungsphase im Vergleich zur Kontrollgruppefest, wertet die Evidenz allerdings u.a. aufgrund der geringen Anzahl von Studien alseingeschränkt [74]. Eine andere systematische Übersichtsarbeit über 18 RCT zu Yogabei Mammakarzinom (total n = 760, 7 Studien davon zu Fatigue) bestätigte die Evidenzfür positive Effekte auf Wohlbefinden und Lebensqualität während und nach der Be-handlungsphase und fand darüber hinaus lediglich unklare Effekte für Fatigue [75].

EntspannungstrainingEntspannungstraining führte in einer randomisierten kontrollierten Studie (n = 150) zueiner signifikanten Reduktion von Häufigkeit und Intensität von Hitzewallungen [76].Die Intervention bestand aus einem 1-maligen Entspannungstraining (Tiefenatmung,Imagination und postisometrische Muskelentspannung) mit Anleitung zum selbststän-digen Üben zu Hause für täglich 20 Minuten über 1 Monat. Die Kontrollgruppe erhieltkeine Intervention.

QigongBezüglich Qigong, einer aus China stammenden Meditations- und Bewegungsform, dieder Harmonisierung und Regulierung des Energieflusses im Körper dienen soll, doku-mentiert ein systematischer Review über 8 RCT und 15 nicht randomisierte Studien Ef-fekte auf Symptome, Entzündungsparameter, Lebensqualität und Stimmung bei ver-

Abb. 6 Körperübung im Yoga (Quelle: ThiemeVerlagsgruppe, Fotograf: Holger Münch).

l" Yoga, eine traditionelle indi-sche Lehre, umfasst Körper-,Atem- und Meditationsübun-gen.

l" Für Qigong dokumentiert einsystematischer Review Effek-te auf Symptome, Entzün-dungsparameter, Lebensqua-lität und Stimmung bei ver-schiedenen Krebsentitäten.

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schiedenen Krebsentitäten. Da allerdings nur 2 kontrollierte Studien ausschließlichFrauen mit Mammakarzinom einschlossen, ist die Aussagekraft für diese Patientinnen-population eingeschränkt [77]. Zu dem gleichen Schluss kommt auch eine andere syste-matische Übersichtsarbeit zu Mind-Body-Interventionen bei Brustkrebs [78].

Tai-ChiDie Studienlage zu Tai-Chi – einer ursprünglich in China entwickelten Kampfkunst, diein jüngerer Zeit allerdings häufig als meditatives Bewegungssystemmit gesundheitsför-dernden Aspekten betrachtet wird – bei Mammakarzinom ist relativ begrenzt und nichthinreichend, um eine Implementierung dieser Verfahren in die klinische Praxis zu recht-fertigen. Eine systematische Übersichtsarbeit von Lee et al. [79], die u.a. eine Metaana-lyse über 2 RCT zu Lebensqualität umfasste, fand keine Effekte in Bezug auf Lebensquali-tät. Auch eine neuere systematische Übersichtsarbeit zu Mind-Body-Interventionen beiMammakarzinom [78], die u.a. 3 RCT eingeschlossen hat, die zwischen den Jahren 2010und 2012 publiziert wurden, wertete die verfügbare Evidenz für Effekte von Tai-Chi aufLebensqualität, Stimmung, Selbstwirksamkeit und Armschmerzen als unzureichend.

HypnoseHypnose beinhaltet die Induktion eines „hypnotischen Zustands“, in dem der Hypnoti-seur durch Suggestionen Veränderungen in Wahrnehmungen, Emotionen, Gedankenund Verhalten des Klienten auslöst. Eine umfassende Übersichtsarbeit fand im Jahr 2013starke Evidenz für die Wirksamkeit von Hypnose in der Krebstherapie, insbesondere fürdie Wirksamkeit präoperativer Hypnose [80]. So senkte eine kurze Hypnose vor derMammakarzinomoperation (72% Exzisionsbiopsie, 28% Lumpektomie) in einer rando-misierten kontrollierten Studie den Bedarf an Anästhetika. Bei n = 105 wurde eine 15-minütige Hypnose durchgeführt, bei n = 95 unterhielt sich der Hypnotiseur nur mit denFrauen. Während des Eingriffs sank der Bedarf an Propofol (64,0 vs. 96,6 µg) und Lido-cain (24,2 vs. 31,1ml) gegenüber der Kontrollgruppe. Nach der Operation berichtetendie Patientinnen ebenfalls über weniger Schmerzen (22,4 vs. 47,8mmVAS [visuelle Ana-logskala]), weniger Unwohlsein (21,2 vs. 39,1mm VAS), weniger Übelkeit (6,6 vs.25,5mm VAS), weniger Abgeschlagenheit 29,5 vs. 54,2mm VAS), Unbehagen (23,0 vs.43,2mm VAS) oder emotionaler Verstimmung (8,7 vs. 33,5mm VAS). Keine signifikan-ten Unterschiede gab es hingegen beim Verbrauch von Fentanyl, Midazolam oder denAnalgetika im Aufwachraum [80].Einweiteres RCT zeigte, dass Patientinnen vor Exzisionsbiopsie nach einer 15-minütigenHypnose (n = 49) signifikant weniger Stress hatten als die Vergleichsgruppe (n = 41), dieeine 15-minütige Übung zur Aufmerksamkeitskontrolle erhielt [81].Zwei RCT zu Hypnose während Bestrahlung (insgesamt n = 82) fanden, dass eine Kombi-nation aus Hypnose und kognitiver Therapie Stimmung und Fatigue von Frauen mitMammakarzinom verbessern kann [82,83]. Ein RCT zu Hypnose zur Linderung von Hit-zewallungen bei 51 Mammakarzinompatientinnen zeigte ebenfalls deutlich positive Ef-fekte. Der Hot-Flashes-Score der Interventionsgruppe, die 5-wöchentliche Hypnosesit-zungen (ca. 50min. mit Anleitung zur Selbsthypnose) erhielt, reduzierte sich um 68%im Vergleich zur Wartelistenkontrolle; des Weiteren wurde eine signifikante Besserungvon Angst, Depression und Schlaf festgestellt [84].

Fazit!

Die integrative Medizin ist als ein ganzheitliches Konzept zu verstehen, bei dem die wis-senschaftliche, evidenzbegründete Medizin mit der komplementären, erfahrungsbe-gründeten Medizin vereint wird. Komplementäre Methoden, deren Erkenntnisgewinnehäufig durch Erfahrungen und andere Wissensgewinnmethoden begründet sind, wer-den in Ergänzung zur konventionellen Medizin eingesetzt. Sinnvolle und geeignetekomplementäre Methoden müssen unbedingt von den umstrittenen Methoden undAußenseitermethoden abgegrenzt werden. Je nach Indikation und Behandlungskonzeptkönnen z.B. mit anthroposophischer Medizin, Homöopathie, TCM, klassischen Natur-heilverfahren, Mind-Body-Therapien, Sport- und Ernährungskonzepten oder Mikro-nährstoffen bzw. Nahrungsergänzungsmittel sehr gute Erfolge erzielt werden. Wenn be-stimmte Grenzen, insbesondere wenn es um die Sicherheit der Patientin geht, eingehal-ten werden, zweifelhafte Methoden kritisch hinterfragt werden und geeigneteMethoden den üblichen medizinischen Regeln folgend angewandt werden, bieten sich

l" Eine umfassende Übersichts-arbeit stellte starke Evidenzfür die Wirksamkeit vonHypnose in der Krebsthera-pie fest.

R17GebFra-Weiterbildung|Refresher CME

Paepke D et al. Integrative Medizin in… Geburtsh Frauenheilk 2014; 74: R3–R23

Umbruchkopie: Die Weitergabe an Dritte ist nicht erlaubt!

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im Rahmen der integrativen Medizin ergänzende Möglichkeiten, den Genesungsprozessbzw. Gesundheitszustand der Patientinnen zu verbessern sowie den Menschen mit sei-ner Erkrankung ganzheitlich und individuell zu behandeln.

Interessenkonflikt!

Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Artikel bestehen █keine/folgende█ Interes-senkonflikte für Daniela Paepke, Carolin C. Hack, Nina B.M. Hüttner, Anna E. Paul, SilkeLange, Karsten Münstedt, Marion Kiechle, Matthias W. Beckmann, Sherko Kümmel.

Literatur für Teil 1 und Teil 2!

Die Literatur für Teil 2 finden Sie in Geburtsh Frauenheilk 2013; 73: R76–R78.

Impressum der GebFra-Weiterbildung!

GebFra-WeiterbildungIntegrative Medizin in der gynäkologischen Onkologie –Möglichkeiten und Grenzen Teil 2

Autoren: D. Paepke2, C. C. Hack1, N. B. M. Hüttner1,A. E. Paul4, S. Lange4, K. Münstedt5, M. Kiechle2,M. W. Beckmann1, S. Kümmel3

1 Universitäts-Brustzentrum Franken, Frauenklinikdes Universitätsklinikums Erlangen, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg,Comprehensive Cancer Center Erlangen-EMN

2 Frauenklinik des Klinikums rechts der Isar,Technische Universität München, München

3 Brustzentrum und Klinik für Senologie der KlinikenEssen-Mitte, Essen

4 Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizinder Kliniken Essen-Mitte, Essen

5 Frauenklinik des Universitätsklinikums Gießen,Gießen

Projektmanagement:Dr. Silvia JungGeorg Thieme Verlag KGRüdigerstraße 1470469 StuttgartE-Mail: [email protected]

Redaktionelle Mitarbeit:Sabine M. Rüdesheim, Frechen-Königsdorf

Die CME-Beiträge der GebFra-Weiterbildung wurden durch die Nordrheinische Akade-mie für ärztliche Fort- und Weiterbildung anerkannt. Die GebFra ist zur Vergabe derFortbildungspunkte für diese Fortbildungseinheit berechtigt. Diese Fortbildungspunk-te der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- undWeiterbildung werden von an-deren zertifizierenden Ärztekammern sowie, gemäß der Novellierung der DFP-Richt-linien vom 30. 6. 2010 (§ 14 Abs. 3), auch von der österreichischen Ärztekammer an-erkannt. Die Vergabe der Fortbildungspunkte ist nicht an ein Abonnement gekoppelt!

Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlagkeine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältigePrüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und ggf. nach Konsultation einesSpezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder dieBeachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in dieser Broschüre ab-weicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparatenoder solchen, die neu auf dem Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Ap-plikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers.

Titelbild: Symbolbild für einen ganzheitlichen medizinischen Ansatz.

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CME-Fragen Integrative Medizin inder gynäkologischenOnkologie –Möglichkeitenund Grenzen Teil 2

n1 Was gehört nicht zu den 5 Säulen der klassischenNaturheilverfahren nach Sebastian Kneipp?

A OrdnungstherapieB HydrotherapieC MassagetherapieD PflanzentherapieE Bewegungstherapie

n2 Welche Wirkung hat die Anwendung vonWarm-reizen bei einer Wassertemperatur von 35–39°C?

A Steigerung des BlutdrucksB Herunterregulation von StoffwechselprozessenC Steigerung des Darm- und BlasentonusD Steigerung der Viskosität der synovialen FlüssigkeitE Verbesserung der Bindegewebsdehnbarkeit

n3 Welche Empfehlung ist nicht Bestandteil dermediterranen Ernährung?

A Bei der Ernährung ist auf einen hohen Obst- undGemüseanteil zu achten.

B Getreideprodukte, Hülsenfrüchte und Nüsse solltenreichlich verzehrt werden.

C Der maßvolle Genuss von Rotwein wird propagiert.D Milch und Milchprodukte sollten täglich in großen

Mengen zu sich genommen werden.E Viele Speisen werden mit Olivenöl zubereitet.

n4 Welche Aussage zu Phytopharmakaist falsch?

A Phytopharmaka unterliegen in Deutschland demArzneimittelgesetz (AMG).

B Phytopharmaka enthalten arzneilich wirksamePflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenbestandteileausschließlich in bearbeitetem Zustand.

C Mögliche Indikationen für Phytopharmaka sindgastrointestinale Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Atemwegserkrankungen.

D Phytopharmaka müssen die gleichen Anforderungenhinsichtlich Qualität, Wirksamkeit und Sicherheitwie chemisch-synthetische Arzneimittel erfüllen.

E In Deutschland zugelassene Phytopharmaka ent-halten standardisierte Extrakte.

n5 Lifestyle spielt bei der Genesung und Gesunderhal-tung von Karzinompatientinnen eine wesentlicheRolle. Welche Empfehlung ist falsch?

A Krebsdiäten (z.B. Fastenkur nach Breuß, Krebsdiätnach Gerson, usw.) verbessern nachweislich diePrognose der Karzinompatientinnen.

B Nitrate, polyzyklische Kohlenwasserstoffe, Alkoholund hyperkalorische Kost sollten vermieden werden.

C Frisches Gemüse und Obst sollten reichlich verzehrtwerden.

D Regelmäßige Bewegung und sportliche Aktivitätsollten obligate Bestandteile eines gesunden Lebens-stils sein.

E Bei Adipositas ist eine langsame Gewichtsreduktiondurch Ernährungsumstellung zu erzielen.

n6 Die orthomolekulare Therapie gewinnt als Begleit-therapie konventioneller Behandlungskonzeptezunehmend an Bedeutung. Welche Aussage zu denMikronährstoffen trifft zu?

A Während der Bestrahlung sollten bei Mammakarzi-nompatientinnen täglich 500 µg Selen substituiertwerden.

B L-Carnitin wird unter der Chemotherapie zur Min-derung der Fatigue sowie der Neuro- und Kardio-toxizität eingesetzt.

C Vitamin C wird häufig als Niedrigdosisinfusion mitmax. 2 g Vitamin C/kgKG verabreicht.

D Auch ohne einen nachgewiesenen Mangel bzw. re-gelmäßige Verlaufskontrollen ist die Substitution vonSelen, L-Carnitin und Vitamin C bei allen Karzinom-patientinnen zu empfehlen.

E Laut Studien weisen nur ca. 40% aller Patientinnenim fortgeschrittenen Tumorstadium einen L-Carni-tinmangel auf.

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Page 19: GF REF105 3. - uni-due.de · Zusammenfassung! Neben den konventionellen onkologischen Therapien wird zur gegenseitigen Wirk-verstärkung zusätzlich integrative Medizin eingesetzt,

n7 Entspannungsverfahren zählen zu den„Top-3-Methoden“ der CAM. Welches Statementist nicht korrekt?

A Qigong, eine aus China stammende Meditations- undBewegungsform, soll der Harmonisierung und Regu-lierung des Energieflusses im Körper dienen.

B Es ist durch Studien evident belegt, dass Yoga beiMammakarzinompatientinnen das Wohlbefindenund die Lebensqualität steigert.

C Die verfügbare Evidenz für Effekte von Tai-Chi aufLebensqualität, Stimmung und Selbstwirksamkeitwird als unzureichend gewertet.

D Hypnose hat insbesondere präoperativ vor der Nar-kose eine gute Wirksamkeit in Bezug auf Schmerzen,Unwohlsein, Abgeschlagenheit und Stressverhalten.

E Bei der sogenannten „Mindfulness-Based Stress Re-duction“ handelt es sich um ein 1-wöchiges Grup-penprogramm, das Aspekte der Stressbewältigungund Entspannung mit anderen Lebensstilmodifika-tionen (z.B. Ernährung, Bewegung) verbindet.

n8 Welche Aussage zur Mind-Body-Medizin istnicht korrekt?

A Die Mind-Body-Medizin orientiert sich am Konzeptder Salutogenese, d.h. fokussiert auf die Aktivierungselbstregulativer Prozesse im Organismus und dieStärkung individueller Gesundheitsressourcen derPatientin.

B Zu den einzelnen Methoden der Mind-Body-Medizinzählen z.B. autogenes Training, Meditation, Rolfingund Shiatsu.

C Besonderes Augenmerk wird auf das Zusammenspielzwischen Geist, Psyche, Körper und Verhalten gelegt,um die Selbstheilungskräfte und die Eigenverant-wortung der Patientin zu stärken.

D Die Mind-Body-Medizin beinhaltet in den USAvorrangig Methoden zur Stressbewältigung undEntspannung. Das europäische Konzept der MBMbezieht auch präventive Lebensstilmodifikationen,Ernährung, Bewegung und naturheilkundlicheSelbsthilfestrategien ein.

E Die medizinwissenschaftlichen Wurzeln der MBMliegen in der inneren Medizin, der Stressforschungund der Psychoneuroimmunologie.

n9 Die traditionelle chinesische Medizin kommt imRahmen der Komplementärmedizin häufig zumEinsatz. Welche Aussage zur TCM ist korrekt?

A Bei der TCM wird bei jeder Patientin zu Beginn eineZungen- und Urindiagnostik vorgenommen.

B Als Ursache einer onkologischen Erkrankung werdenDysbalancen zwischen Yin und Yang angesehen.

C LCS 101, welches aus 21 chinesischen Kräutern be-steht, reduziert die hämatologische Toxizität unterChemotherapie.

D Akupunktur stimuliert die Ausschüttung von endo-genen Opioiden.

E Die Nadelung des Akupunkturpunkts Dünndarm 4wird bei Mundtrockenheit eingesetzt.

n10 Was wird in der TCM als Moxibustionbezeichnet?

A Die Pulsdiagnostik zu Beginn der Therapie.B Die Abkochung von in der Rezeptur von chinesischen

Kräutern enthaltenen Substanzen.C Den Vorgang der Erwärmung von speziellen Punkten

des Körpers, um das „Qi“ in Fluss zu bringen.D Die Verabreichung von antibiotisch wirkenden

chinesischen Heilkräutern (z.B. Radix angelica =Engelswurz).

E Die Konservierung einer Leiche mit Honig und Geiß-blattblüten (Flos lonicerae).

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