Greenpeace Switzerland Magazin 2/2013 DE

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1 Magazin Greenpeace Nr. 2 — 2013 GREENPEACE MEMBER 2013, NR. 2 Honig vom Dach: Bienen werden Stadtschwärmer S. 49 40 Jahre sind genug: Jetzt die Petition unterzeichnen! S. 10 Friedliche Öko-Krieger S. 11 Monster-Boats: Die Meeresmoloche S. 25 LED-Licht ist die Zukunft S. 30 Risiko Geo-Engineering S. 39

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Honig vom Dach: Bienen werden Stadtschwärmer Öko-krieger: Wie spektakuläre Aktionen für Weltmiseren sensibilisieren Schwindendes Meereis: Kleinstlebewesen sind die Überlebenskünstler der Arktis Monster-Boats: Schwimmende Fischfabriken leeren die Meere LED: Helle setzen auf die zukunftsträchtige Lichtquelle

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1Magazin GreenpeaceNr. 2 — 2013

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— Honig vom Dach: Bienen werden Stadtschwärmer S. 49

40 Jahre sind genug: Jetzt die Petition unterzeichnen! S. 10Friedliche Öko-Krieger S. 11Monster-Boats: Die Meeresmoloche S. 25LED-Licht ist die Zukunft S. 30Risiko Geo-Engineering S. 39

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Editorial — Kann es sein, dass wir die Zeit der leeren öko-logischen Lippenbekenntnisse endlich abhaken dürfen? Dass sich gerade eine Epoche des Handelns gegen Lethargie und Zaudern durchsetzt? Vielleicht ist solcher Optimismus etwas verfrüht. Aber durch das aktuelle Heft zieht sich wie ein roter Faden das Aktivwerden – auf den verschiedensten Ebenen, im Kleinen wie im Grossen.

Nicht gezaudert haben die «Eco Warriors» in unserer Porträtserie ab Seite 11. Ihre Geschichten zeigen, wie lustvoll und zuweilen schrill Anliegen in die Öffentlichkeit getragen werden können. Allana Beltran hat als Schutzengel verkleidet ein Zeichen gegen die Abholzung der tasmanischen Wälder gesetzt. Die Gruppe 350° schafft mit Tausenden von Menschen aufrüttelnde Bilder gegen den Klimawandel.

Urban Beekeeping stärkt die Natur im urbanen Lebens-raum. Was es heisst, sechs Bienenvölker in der Stadt zu pfle-gen, und was die «Stadtschwärmer» von jenen auf dem Land unterscheidet, erklärt die Imkerin Helena Greter ab Seite 49. Dank Stadtimkern summen die Bienen auch auf Dächern, Balkonen und in Hinterhöfen: Umweltschutz im Mikrokosmos.

Ganz und gar «makro» ist der Ansatz, Umweltprobleme mit Geo-Engineering anzugehen. Für die einen ist das Eingreifen in die Prozesse der Natur im grossen Stil die Lösung für die Zukunft. Andere sehen darin eine gefährliche Mani-pulation an unserem Planeten. Wir hinterfragen diese Expe ri-mente mit dem System Erde kritisch. Vom Wissenschafts-historiker James Flemming wollten wir wissen, warum er glaubt, Geo-Engineering berge das Potenzial für künftige Konflikte (ab Seite 39).

Vergessen wir nicht die weniger spektakulären Hand-lungen, die täglich mehr werden: den Bau von ökologischen Energieanlagen, die biologische Produktion von Nahrung usw., usw. Ob Eco Warrior, Urban Beekeeper oder einfach bewusst handelnde Menschen – wir teilen das eine Ziel einer Erde, die das Leben in seiner ganzen Vielfalt erhalten kann.

P.S. Mehr Handeln: Das «Greenpeace-Handbuch ist neu erschienen. Einblicke und Ratschläge für ein grüneres Leben. Der Artikel dazu steht auf Seite 64.

Die Redaktion

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Magazin GreenpeaceNr. 2 — 2013

Portraits Öko-krieger: 11

Wie spektakuläre Aktionen für Weltmiseren sensibilisieren

hintergrund ScHwinDenDeS MeereiS: 20 Kleinstlebewesen sind die Überlebenskünstler der Arktis

Info-Grafik MonSter-BoatS: 25 Schwimmende Fischfabriken leeren die Meere

Effizienz leD:

30 Helle setzen auf die zukunftsträchtige Lichtquelle

Wissen geo-engineering: 39 Technische Zauberlehrlinge greifen ins Weltklima ein

Foto-Reportage StaDt-ScHwärMer: 49 Den Honiginsekten gehts besser als auf dem Land

Interviews JAMES FLEMING: WISSENScHAFTS HISTO R IKER ÜBER DIE GEFAHR EN DES GEO- ENGINEER ING 46

PR äSIDENT DES BIENENZÜcHTERVER BANDS BEIDER BASEL: STADTKLIMA HAT EINFLUSS AUF DIE BIENENENT WIcKLUNG 59

ENERGIEPR EISTR äGER DES WATT D’OR BER IcHTET ÜBER DEN KUR S AN DER ENERGy AcADEMy 63

NEUE ZUSAMMENAR BEIT: GR EENPEAcE UND DER HAUSVER EIN GEBEN AUSKUNFT BEI LETZTEN W ÜNScHEN 66

EnergiewendeKOSTEN FÜR ERNEUERBARE ENERGIEN WERDEN SINKEN 37

Greenpeace-handbuchR ATScHLäGE UND EINBLIcKE FÜR EIN GRÜNER ES LEBEN 64

In aktion 2Chefsache 10Die Karte 40Kampagnen-news 60In Kürze 64Öko-Rätsel 72

iMpreSSuM – greenpeace MeMBer 2/2013Herausgeberin/Redaktionsadresse Greenpeace Schweiz, Heinrichstrasse 147, Postfach, 8031 Zürich,Telefon 044 447 41 41, Fax 044 447 41 99, [email protected], www.greenpeace.chAdressänderungen unter: [email protected]

Redaktionsteam: Tanja Keller (Leitung), Matthias Wyssmann, Hina Struever, Roland FalkAutoren: Peter Balwin, Markus Brupbacher, Thomas Diener, Roland Falk, Urs Fitze, Bruno Heinzer, Heini Lüthi, Samuel Schlaef li, David Torcasso, Rita Torcasso Fotografen: Francesco Alesi, Sandro Bäbler, Eric conway, c. Dieckmann, Anne Gabriel-Jürgens, Heike Grasser, Noriko Hayashi, Imke Lass, Linus Meyer, Matthew Newton, Marcel Nicolaus, Sonja Ruckstuhl, Hannah Thonet, Spencer Tunick, Marc WetliGestaltung: Hubertus DesignDruck: Stämpf li Publikationen AG, BernPapier Umschlag und Inhalt: 100% Recycling Druckauf lage: d 113  500, f 21  500Erscheinungsweise: viermal jährlich

Das Magazin Greenpeace geht an alle Mitglieder (Jahresbeitrag ab Fr. 72.—). Es kann Meinungen ent halten, die nicht mit offiziellen Greenpeace- Positionen übereinstimmen.

Der Lesbarkeit zuliebe sehen wir davon ab, konsequent die männliche und die weibliche Form zu verwenden. Die männliche Form bezieht daher die weibliche Form mit ein – und umgekehrt.

Spenden: Postkonto 80-6222-8Online-Spenden: www.greenpeace.ch/spendenSMS-Spenden: Keyword GP und Betrag in Franken an 488 (Beispiel für Fr. 10.—: «GP 10» an 488)

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tokio, 10. März 2013 Zwei Jahre nach Fukushima Ein Demonstrationszug von tausenden von aKW- Gegnern und Greenpeace-aktivisten zieht kurz vor dem zweiten Fukushima-Jahrestag Richtung japanisches Parlament und fordert die Regierung auf, ganz aus der Kernenergie auszusteigen. Bei der atomfreundlichen Regierung stösst diese Botschaft jedoch auf taube Ohren. Sie plant, das atomprogramm wieder hochzufahren.

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Rom, 6. Dezember 2012 totenmarsch am Jubeltag120 Greenpeace-aktivisten marschieren am 50. Geburtstag von Enel am hauptsitz des Energieriesen auf. Sie tragen hunderte von stilisierten Opfer- Umrissen — Symbol der todesfälle, die Kohlekraftwerke jährlich verursachen.

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Schweden, 6. Februar 2013 Stimme für die Stummenaktivisten in Fisch- und Eisbärenkostümen demons-trieren vor dem Eishotel Jukkasjärvi, wo der arktische Rat tagt. Greenpeace will die Umweltminister dazu bewegen, Ölbohrungen in der arktis zu verhindern.

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Zürich, 13. Februar 2013 Mahnung für die Migros Greenpeace-aktivisten fordern die Migros an deren hauptsitz auf, ihre Kleiderproduktion zu entgiften. In tests fand die Organisation hohe Schadstoffkon-zentrationen in diversen Kleidungsstücken, unter anderem auch in Kinderjacken.

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10Magazin GreenpeaceNr. 2 — 2013

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gloBalerDer orange Riese mit dem «M besser» tut sich schwer, eine Vereinbarung mit Greenpeace abzuschliessen. Er will seinen eigenen Eco-Standard weiterentwickeln, statt die verbind lichen Ziele des Green-peace-Detox-commitments mitzutragen, wie es schon 17 andere bekannte globale Marken getan haben. Dieser Alleingang stellt nicht ausreichend sicher, dass die hier verkauften Kleider Mensch und Umwelt in den Pro duk tions ländern nicht schädigen. Das ärgert uns! Immerhin haben auch wir ein M an der Spitze unserer Namen: Markus und Mühlberger – das wären dann zusammen schon drei.

Dabei sollten wir eindeutig zu den Leuten gehören, die ein M glücklicher sind. Glücksstudien relativieren die herköm-mliche Überzeugung, dass Status und Besitz glücklich machen. Erleben erzeugt mehr Zufriedenheit als Haben. Enge soziale Kon-takte und eine Balance im Leben sind wichtiger als ein etwas besser bezahlter Job, der keine Freude macht, haben wir in der «Zeit» gelesen.

Bei Greenpeace erleben wir jeden Tag viel, was diese Studienresultate bestätigt. Das Erleben steht im Zentrum unseres All-tags. Überall wird recherchiert, redigiert, argumentiert, komponiert, konfrontiert. Mit der Grippe im Bett und dem Laptop unter der Decke wird telefoniert, damit zumindest die Kampagne weiterlaufen kann. Dafür riskieren wir Kopf und Kragen – und wenn es sein muss, lassen wir uns auch verkla-gen. Denn ohne Status und Besitz sind wir nicht nur ein M glücklicher, sondern auch ein M mutiger.

Es kann gut sein, dass der orange Riese bis zur Drucklegung dieses Magazins ein-

gelenkt und unser Detox-commitment unterschrieben hat. Wir hoffen es. Und wir wünschen es uns für die Menschen in den Pro duktionsländern. Wir freuen uns, wenn es so weit ist. Vorläufig wissen wir aber nur: Greenpeace wird wei tere Kampagnen konzentriert und global so führen, dass aus Schmutzschöpfungsketten tatsächlich Wert schöpfungsketten werden. Weil sie tatsächlich Wert schöpfen. Wir sind dabei, unsere Kampagnenprozesse auf die globa-lisierte Wirtschaft so aus zurichten, dass sie noch mehr Wirkung entfalten. Der Slogan dazu lautet: Greenpeace – ein G globaler. Als Reaktion dürfte nicht nur das orange M rot anlaufen.

Markus Allemann und Verena Mühlberger, co-Geschäftsleitung

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PS: Wir fordern den Bundesrat und das Parlament auf, den Atomausstieg in der Schweiz mit verbindlichen AKW-Laufzeiten von maximal 40 Jahren festzulegen. Jetzt auf www.greenpeace.ch/40 die Petition unterzeichnen!

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11Magazin GreenpeaceNr. 2 — 2013

Kreative Aktivisten wissen, wie sich die Öffentlichkeit sensibilisieren lässt. Die Amerikanerin Whitney Black verblüfft mit skurrilen Überlebenskugeln; die Austr alierin

Allana Beltran protestiert in Tasmanien gegen Abholzungen, indem sie sich als Mahnengel auf ein 45 Meter hohes Gerüst schnallen lässt; die Französin Cécile Lecomte

steigt in Frankfurt auf Hochhäuser und tanzt so «dem Kapitalismus auf der Nase herum». Die Gruppe 350.org schliesslich macht mit spekta kulären Events auf die zunehmende

Klimaerwärmung aufmerksam. Die Geschichten dieser Bewegten sind spannendste Adventure-Literatur.

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Bild: Skurriler Überlebensball the Yes Men vor der new Yorker Brooklyn Bridge. SurivaBall-Kommandeurin Whitney Black: «Millionen von Menschen sahen unsere Versinnbildlichung von Dummheit».

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12Magazin GreenpeaceNr. 2 — 2013

«Mit satirischem aktivismus die Welt terrorisieren», ist das Ziel von Whitney Black (rechts im Bild).

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13Magazin GreenpeaceNr. 2 — 2013

Von Rita torcasso — «Ich weiss nicht, was verrückter war: dass ich den Traum hegte, die Welt humorvoll über den Klimawandel aufzu-klären, oder dass ich eine Möglichkeit gefunden habe, just das zu tun.» So beschreibt Whitney Black ihren Anfang als Aktivistin bei den yes Men. Von ihnen hatte sie über ein E-Mail erfah-ren: Im Namen des Energiekonzerns Hallibur-ton preisen sie als Lösung für jede Art von Kata-strophe den SurvivaBall an, eine «geschützte Wohn anlage für Einzelpersonen».

The yes Men – das sind Jacques Servin und Igor Vamos, die als Andy Bichlbaum und Mike Bonanno Konzerne und Politiker parodieren. «Die Tatsache, dass es noch andere gab, die das Klimaproblem mit Humor anpacken wollten, tröstete mich ungemein», so Whitney, die Umweltwissenschaften studiert. «Wer sagt denn, dass es keinen Spass machen soll, die Welt zu retten?» Kampagnen, die mit düsteren Visionen vom Untergang Schuldgefühle wecken, seien doch ineffektiv und abgenutzt.

Nach Abschluss ihres Studiums beginnt Whitney Black bei den yes Men als «Surviva-Ball-Kommandeurin» zu arbeiten. «Mit satiri-schem Aktivismus die Welt terrorisieren», so umschreibt sie – satirisch – ihr ehrgeiziges Ziel. Protest aktionen im 1,8 Meter breiten Ball e ntschärfen jede Situation, denn was oder wer Bällen in den Weg kommt, wird umgeworfen. «Ich war nie relaxter, denn ich habe ja meinen SurvivaBall», sagt sie im Werbespot. Die Wir-kung probiert sie in einer ersten grossen Aktion an den Politikern aus, die sich vor dem Klima-gipfel in New york treffen. Zur Schlachthymne «I Will Survive» tanzen 25 Bälle am Rande des East River unter dem UN-Gebäude. Polizei-boote und Helikopter stoppen den friedlichen Protest und Andy Bichlbaum wird verhaftet. «Für die yes Men ist eine Verhaftung aber kein saurer Apfel, sondern ein im Eichenfass ge-

reifter calvados», kommentiert die Aktivistin. Denn alle grossen TV-Sender berichteten darüber. «Millionen Menschen sahen unsere Versinnbildlichung von Dummheit: So werdet ihr herumlaufen, wenn wir nicht sofort etwas gegen den Klimawandel tun.»

Die climate comedian nutzt ihr «Satire-Gen» auch für Parodien und legt sich mit der US-Handelskammer an. An einer Pressekonfe-renz kündigt die mächtigste Lobby-Organisa-tion der Welt an, den raschen Abschluss eines Klimagesetzes sowie eine Umweltsteuer zu unterstützen. Die Agentur Reuters nimmt die Nachricht auf. Als die Fälschung auffliegt, ist sie bereits in allen Medien. Die Handelskammer reicht Strafanzeige wegen Imageschaden ein. Die yes Men kontern die gerichtliche Forderung, sämtliches Filmmaterial zu zerstören, indem sie ihre Dokumentation zum freien Download ins Netz stellen mit dem Titel: «Die yes Men regeln die Welt.»

Mit den Parodien entlarvt die Gruppe Macht- und Geldgier. Heute führt sie mit yes Lab eine offene Plattform mit Tools für welt-weite Aktionen. «Wen wir ins Visier nehmen, ist völlig unabhängig von Spenden», betont Whitney Black. Mit den Überlebensbällen pro-testierte sie am Klimagipfel in Kopenhagen und auf dem Kapitol in Washington. «Eigent-lich hasse ich SurvivaBälle und möchte nie in einem leben müssen», sagt sie. 2010 gingen die Bälle auf Welttournee. Die Umweltwissen-schaftlerin blieb in New york und forscht seither nach neuen Strategien, wie sie am wirk-samsten gegen den Klimawandel vorgehen kann.

Clima Comedian Whitney Black, 27

Mit schwarzem Humor gegen den Klimawandel

Mit Satire und Comedy die Probleme dieser Welt lösen: Diese grandiose Idee begann Whitney Black bei der Gruppe Yes Men umzusetzen –

mit Überlebensbällen gegen Klimakatastrophen.

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Von Rita torcasso — Der Engel im langen weissen Gewand, dessen Flügel sich im Wind bewegen, ist ein märchenhaftes Bild. Doch zu seinen Füssen verkündet ein Plakat: «Stopp der Abhol-zung im Weld-Tal!» Allana Beltran war nach Tasmanien gereist, um sich Inspiration für ihr Werk zu holen: Wenige Monate später sollte ihre erste Einzelausstellung in Sydney eröffnet wer-den. «Ich wollte diese Wildnis einfangen – doch sie nahm mich gefangen», sagt sie. Nirgendwo sonst auf der Welt habe sie erlebt, «wie jeder Organismus Teil eines mit allem verbundenen und von allem abhängigen Ganzen ist». Sie bleibt als Aktivistin im Blockade-camp am Ein-gang zum Weld-Tal. Sechs Monate lang steigt sie mit den andern im Morgengrauen auf Platt-formen von 45 Meter Höhe, um mit ihrem Körper Bäume zu schützen. «Allein Menschen können den Kahlschlag stoppen.»

Im Frühjahr 2007 zerstört die Polizei das camp – eines von vielen im tasmanischen Urwald. Allana Beltran filmt Zerstörung und Widerstand, stellt die Bilder ins Netz und informiert die Medien. Am 29. April steigt sie um fünf Uhr morgens als Weld-Engel auf den zehn Meter hohen Dreifuss mitten auf der Zufahrtsstrasse zum Tal. Durch ein Megafon droht ihr die Polizei mit zwei Jahren Gefängnis. Aber der Engel bleibt ungerührt sitzen. Schliess-lich wird er mit einem Kran auf den Boden geholt. «Doch die Geschichte des Engels hatte erst gerade begonnen», so die Künstlerin. «Er ist mein Plädoyer für eine bessere Welt.» Sie handelt sich eine Klage auf Schadenersatz von 10 000 australischen Dollar ein.

Der Weld-Engel wird zur Symbolfigur gegen Abholzungen der Urwälder. Für die Künstlerin ist er auch Ausdruck einer glücklichen Zeit. Im Wald hatte sie sich in den Aktivisten Ben Morrow verliebt. Doch nur wenige Monate nach ihrer Aktion erkrankte er an Krebs und starb mit 33.

Seine letzten Worte: «Im Wald werden wir im-mer verbunden sein.» Allana Beltran kämpft weiter mit Kunst gegen die Zerstörung der alten Wälder – und gewinnt den Gerichtsprozess.

Die zahlreichen Kampagnen und Proteste gegen die Abholzungen beginnen zu wirken. 2009 wird die Klage des Holzkonzerns Gunn Ltd. abgeschmettert, mit der er 2004 AktivistInnen zum Schweigen bringen wollte und 6,8 Mil-lionen Dollar forderte. 2010 stellt er den Holz-schlag im Urwald Tasmaniens ein, beutet das gerodete Land dafür aber mit Monokulturen aus. Vom alten Waldbestand ausserhalb der Natio-nalparks stehen nur noch 20 Prozent. Auch die Bäume, die Allana Beltran mit ihren Sitz-wachen und als Weld-Engel zu schützen versucht hatte, fielen. Sie sagt: «Geblieben ist ein ma-gischer Kern uralten Waldes, ungeschützt und doch unerreichbar.»

allana Beltran, Künstlerin, 27, australien

Ein Engel stoppt die AbholzungDer Engel sitzt still vor mächtigen Baumkronen.

Mit ihm hat die australische Künstlerin Allana Beltran ein Symbol gegen die Vernichtung der Urwälder geschaffen.

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allana Beltran als Schutzengel tasmanischer Wälder: «Geblieben ist ein magischer Kern».

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«Global Power Shift» ist der Erfolg von 350.org. Die Zahl 350 ist der zulässige höchstwert für Kohlendioxid.

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17Magazin GreenpeaceNr. 2 — 2013

Von Rita torcasso — Am 24. Oktober 2009 fand der erste weltweite Aktionstag gegen den Klima wandel statt – mit 5200 Veranstaltungen in 180 Ländern. «An diesem Tag erfüllte sich der Traum, für den ich mich fast zwei Jahre ein-gesetzt hatte», sagt Jamie Henn. Als logische Entwicklung bezeichnet er seinen Weg zum «globalen Klimaaktivisten». Während der High-school arbeitete er als Freiwilliger in Suppen-küchen; am Middlebury college in Vermont organisierte er mit fünf Freunden Events gegen den Klimawandel. Sein erster grosser coup, noch als Geschichtsstudent, war der Umwelttag «Step it up» in 50 US-Staaten. Er wollte mehr.

2008 gründet er zusammen mit seinen fünf college-Freunden und dem Umweltjournal-isten Bill McKlibben 350.org. Die Zahl weist auf die Kohlendioxid-Konzentration von 350 ppm hin. Nur wenn die Konzentration nicht über diesen Wert hinausgehe, könne unser Planet auf der heutigen Entwicklungsstufe weiter beste-hen, so das Fazit einer Studie des Klimaexperten James Hansen. Das habe wie eine geistige Bom-be gezündet, erzählt Henn. 350 wird zum Signet der Gruppe, die «die Welt aufrütteln will». Er übernimmt Ostasien. «Jeden Tag war ich nun im fensterlosen Büro in San Francisco damit be-schäftigt, E-Mails zu versenden und Kampagnen-pläne zu machen», so der Online-Aktivist, der auch die Öffentlichkeitsarbeit für 350.org über-nimmt. Ein Netz von AktivistInnen beginnt sich um die Welt zu spannen.

Nach eineinhalb Jahren sind sie am Ziel: Tausende von Bildern mit Protestaktionen gegen den Klimawandel treffen in San Francisco ein. «Mit einem einzigen Tag hatten wir die Behaup-tung, die Klimabewegung sei nur etwas für die reichen weissen Menschen in Europa und Nordamerika, ausser Kraft gesetzt», sagt Jamie Henn. 350.org habe den Medien-Jackpot geknackt: Das Ereignis beherrschte weltweit

die Schlagzeilen. «Für mich war es, als ob jeder einzelne Mensch, der sich beteiligt hatte, die Hand aus den Bildern strecken würde.» Eine halbe Million Dollar Spenden sammelt die Grup-pe, um mit den Bildern und 50 Organisatoren von der Südhalbkugel an den Klimagipfel in Kopenhagen zu reisen. Doch einzig 117 der armen und am stärksten betroffenen Länder über-nahmen das 350-ppm-Ziel. Es waren «die fal-schen», so Henn. «Doch wir konnten wenigstens jenen Rückendeckung geben, die sich gegen die grossen Mächte auflehnten.»

Jamie Henn nennt als eines seiner Interes-sen das Extremklettern. Ausdauer braucht er, denn 2010 startet 350.org eine globale Arbeits-party, 2011 folgt der dritte internationale Aktionstag, 2012 ein Tag der Folgen des Klima-wandels. 20 000 Demonstrationen führte die Bewegung in drei Jahren durch. Er sei kein Utopist, sagt der Kommunikationschef, der heu-te von zwölf AktivistInnen auf allen Konti-nenten bei der Öffentlichkeitsarbeit unterstützt wird. Sein Slogan zum Werbefilm lautet: «350: Denn die Welt muss es wissen!» Ende 2012 wird erstmals in den USA eine Kohlendioxid-Kon-zentration von 400 ppm gemessen. Die Aktivist-Innen starten eine neue Protestphase. «Mit ‹Global Power Shift› wollen wir erreichen, dass die internationale Klimabewegung gemeinsam aktiv wird. Denn um unter 350 ppm zu kommen, muss sich die Welt grundlegend verändern.»

Co-Gründer von 350org: Jamie henn, 27

Eine Zahl knackt den Medien-Jackpot Seit fünf Jahren organisiert Jamie Henn Proteste gegen den Klimawandel.

Die Gruppe 350.org ist zu einer weltweiten Bewegung geworden, die von einer Million Menschen unterstützt wird.

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18Magazin GreenpeaceNr. 2 — 2013

Von David torcasso — Dutzende von Polizisten sind ratlos. Sie hatten die Strecke nach Rotterdam mit einem Helikopter abgesucht. Der Wärme-monitor ortete nur eine Person – keine Gefahr! Jetzt steht der Zug mit dem radioaktiven Material trotzdem still. In zehn Metern Höhe hängt eine Frau an Seilen vor der Lokomotive: cécile Lecomte. Die Beamten haben keine Kletteraus-rüstung. Erst nach sechs Stunden schaffen sie es, Lecomte herunterzuholen. Die spektakuläre Aktion ging 2008 durch die Medien und machte die Umweltaktivistin bekannt.

«Ich verbinde mit Klettern Spass, Freiheit und Politik», sagt cécile Lecomte, die von ihren Freunden «Eichhörnchen» genannt wird. Das Thema Atomkraft interessiert die gebürtige Französin, seit sie in Deutschland ein Eras mus-Jahr absolvierte. Damals studierte sie Betriebs-wirtschaftslehre. «Ich begriff, dass es in der Welt nur noch um Wachstum geht. Dabei muss die Wirtschaft dringend schrumpfen, sonst fahren wir uns gegen die Wand.»

Anstatt Worte lässt Lecomte Taten sprechen: «Mit dem, was ich am besten kann – klettern.» Monatelang wohnt sie in Baumkronen, um gegen Fluglärm zu demonstrieren, legt sich in eine Baggerschaufel beim Protest gegen Stuttgart 21, verhindert mit Abseilaktionen Naziaufmärsche und castor-Transporte oder ist beim Besteigen eines Wolkenkratzers in Frankfurt «dem Kapitalismus auf der Nase herumgetanzt», wie sie sagt. Diese Arbeit sei nicht einfach – doch sie macht weiter. «Die Menschen kritisieren andauernd die Gesellschaft, tun aber nichts für ihre Verbesserung.» Dabei könne sich jeder mit seinen ganz speziellen Fähigkeiten für die Umwelt einsetzen.

Ihr Kampf für die Umwelt ist oft belastend: cécile Lecomte verbrachte «bestimmt schon über hundert Stunden» im Gefängnis. Wegen ihrer «Störaktionen» wird sie von der Polizei

überwacht und steht praktisch jede Woche vor Gericht. Auf eine Karriere als Lehrerin hat sie verzichtet. Ihr Engagement wurde vom Schulvor-stand nicht geduldet: Eines Tages stand die P olizei im Lehrerzimmer.

Den politischen Widerstand lebt die «Aktionskletterkünstlerin» mit medienwirksa-men Inszenierungen. «Ich möchte die Men-schen wachrütteln. Die Medien sind ein Mittel zum Zweck.» Viele schätzen ihren unermüd-lichen Einsatz und helfen ehrenamtlich. «Frei-willige verteidigen mich vor Gericht oder bringen mir Tee, wenn ich in einer Baumkrone sitze», erzählt sie. Der Widerstand lebe davon, wie vielfältig sich Leute engagierten. «Krea-tivität ist eine gute Waffe!»

cécile Lecomte geht mit gutem Beispiel voran. Wenn sie nicht klettert, recherchiert sie AKW-Baupläne und Hochspannungsleitungen, macht Radiosendungen und Übersetzungen und hält Vorträge sowie Referate über Atompo-litik. Damit verdient sie einen Teil ihres Lebens-unterhalts. Daneben erhält sie Zuwendungen von der Bewegungsstiftung in Verden, die sozia-le Projekte für Ökologie und Menschenrechte fördert. Viel zum Leben braucht die Umweltak-tivistin nicht. Sie wohnt in Lüneburg in einem ausrangierten Bauwaggon. Oft geht sie «contai-nern»: Aus Protest gegen die Konsumgesell-schaft sammelt sie abends vor den Supermärkten weggeworfene Lebensmittel. Den Strom für ihren Laptop, auf dem sie gerade ein Buch über ihre Aktivitäten schreibt, speisen Solarpanels ein.

aktionskünstlerin Cécile lecomte, 32, lüneburg, DE

Ein «Eichhörnchen» tanzt den Mächtigen auf der Nase herum

Die Umweltaktivistin Cécile Lecomte steigt Wolkenkratzer hoch und bringt Atommülltransporte zum Stillstand. Die französische Ex-Meisterin im Sportklettern setzt sich

mit Leib und Seele für politischen Widerstand ein.

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Cécile lecomte kopfüber in ihrem Bauwaggon: «Ich möchte die Menschen wachrütteln.»

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Kleine Algen mit grosser Bedeutung: Man findet sie in Süss- und Meerwasser wie auch im Meereis. Diese winzigen Organismen bauen aus Nährstoffen Biomasse auf,

binden dabei Kohlenstoff und setzen Sauerstoff frei. © c

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Es beginnt schleichend ab Oktober – jedes Jahr, seit Urzeiten. Die Oberfläche des Meeres um den Nordpol gefriert. Zuerst in windstillen Buch-ten und Fjorden, dann verwandelt sich das Salzwasser des Arktischen Ozeans in Eis. Rasch wächst der eisige Deckel, gewinnt täglich im-mens an Fläche und an Dicke, bis das Packeis im März seine grösste Ausdehnung erreicht hat und zu Beginn des kurzen arktischen Frühlings wieder zu schmelzen beginnt. Nur im Zentrum dieses von Kontinentküsten eingefassten, eisig kalten Mittelmeeres trotzt ein grossflächiger Packeis deckel dem Sommer.

Dieses rhythmische Tauen und Gefrieren, das das Nordpolarmeer seit über 45 Millionen Jahren prägt, verlangt denen enorme Anpas-sungsfähigkeit ab, die ganzjährig in der Arktis leben: Land- und Meerestieren wie Eisbären, Robben, Algen oder Walen genauso wie den Inuit, Dol ganen, Ewenken, Nenzen, Tschukt-schen und anderen indigenen Völkern.

Bis zu neun Monate im Jahr ist das eis be-deckte Meer ein wichtiger Bestandteil ihres Alltags. Deshalb hielten sie diesen ständigen Wechsel in Mythen und Aufzeichnungen fest. In Island lässt sich das Verhalten des Eises über tausend Jahre zurückverfolgen. Die russischen Volksstämme an der Barentssee und am Weissen Meer zeichnen seit 500 Jahren auf, was sich vor ihren Küsten abspielt, die Inuit in Westgrönland und im kanadischen Labrador seit 250 Jahren.

Mit der Suche nach dem Nordpol, nach Pas-sagen, Walfanggründen und Ländereien ab dem 16. Jahrhundert nahm nicht nur das kartografi-sche Bild des arktischen Mittelmeers Gestalt an, auch das Meereis rückte erstmals ins Bewusst-sein der Mitteleuropäer.

«Wenn sich aber die Winde erheben, so toben die Wellen an den Eisfeldern wie an den Steinklippen und zermalmet das Eis die Schiffe», hielt der Hamburger Schiffsbarbier

Friderich Martens im Jahre 1671 die Tücken eines vereisten Meeres fest. Fast zahllos sind aus jener Zeit Schilderungen von Schiffen, die vom Treibeis eingeschlossen, von der Eisdrift tage-, ja monatelang mitgetragen und dann zerdrückt wurden; aber auch von Schiffsmannschaften, die nichts retten konnten ausser dem nackten Leben und vielleicht noch einem Beiboot mit einer Flinte, um sich als Spielball des Treibeises über Presseisrücken und breite Eiskanäle in Richtung Süden durchzuschlagen. Das Schicksal jener Unglücklichen formte das Bild, das sich die euro päische Gesellschaft damals vom Packeis im Nordpolarmeer machte: eine unberechenbare Gegend, deren Eismassen Verderben bringen.

Im 19. Jahrhundert verdichtete sich das wissenschaftliche Interesse am Packeis der Ark-tis. Schon lange hatten Walfänger, Entdecker und andere Nordlandfahrer von den weiten Eis-feldern, den Strömungsverhältnissen und den Eigen heiten aus jener weissen Wüste berichtet. Unerklärliches Strandgut aus Grönland war der Aus löser für eine der gewagtesten Unterneh-mungen im Packeis.

Suche nach der EisdriftAls der amerikanische Matrose Louis P.

Noros vor dem Start einer Schiffsexpedition ins Packeis seine Polarkleidung beschriftete, kon n te er nicht ahnen, dass seine Ölhosen ein paar Jahre später als Beweisstück für die Eisdrift dienen würden. Drei Jahre waren vergangen seit dem Untergang der «Jeannette» im Juni 1881 bei den Neusibi rischen Inseln. Die Weltöffent-lichkeit hatte den Ausgang von George W. DeLongs Entdeckungsreise ins Eismeer längst vergessen – das vom Packeis zermalmte Schiff, den Hungertod der meisten Schiffbrüchigen.

Der kurze arktische Herbst von 1884 hatte in Julianehåb (heute: Qaqortoq) im Südwesten Grönlands gerade begonnen, als ein paar Inuit

Das Meereis in der Arktis schmilzt. Jedes Jahr mehr, immer schneller! Altes Eis, das mehrere sommerliche Auftau­prozesse unbeschadet «überlebt» hat, wird zur grossen Mangelware. Kleinstorganismen wie Eisalgen darin sind die wahren Überlebenskünstler dieser Welt.

Von Peter Balwin

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am Meeresufer auf Gegenstände stiessen, die sie dem dänischen Gouverneur übergaben: eine Lebensmittelliste mit der Unterschrift DeLongs in einer Proviantkiste und … die Ölhosen des Matrosen Noros mit dem eingenähten Namen.

Wie war es möglich gewesen, dass Dinge, die eindeutig von der «Jeannette» stammten, rund 4600 Kilometer Luftlinie vom Unglücksort entfernt gefunden wurden? Schwindel, Betrug, meinten die einen. Für andere war es ein Beweis für die Eisdrift im Packeis des Nordpolarmee-res. Zufällig fiel der Blick des norwegischen Polar-forschers Fridtjof Nansen im Herbst 1884 auf eine Notiz im «Morgenbladet», die von diesen Funden berichtete. Bevor Nansen die Zeitung zugeklappt hatte, war sein Plan gefasst: «Konnte eine Eisscholle quer durch das Unbekannte treiben, so musste sich diese ‹Drift› auch im Dien-ste der Forschung anwenden lassen können», schrieb er Jahre später in seinem dreibändigen Expe ditionsbericht. Nansen liess sich die «Fram» bauen, fuhr zu den Neusibirischen Inseln, wo die «Jeannette» 1881 vom Eis zerquetscht worden war, liess sich im September 1893 bewusst im Packeis einschliessen und hoffte auf eine Eisdrift, die ihn und sein Schiff via Nord-pol nach Grönland tragen würde. Die «Fram» blieb über tausend Tage im Meereis festgefroren, bevor sie im August 1896 bei Spitzbergen wieder offenes Wasser erreichte. Die Strömung hatte das Schiff jedoch nicht in die Nähe des Nordpols getrieben, sondern im Uhrzeigersinn um den Pol herum – auch dies war damals eine neue Erkenntnis, die mit anderen Forschungsergebnis-sen der «Fram»-Reise das Wissen über das Packeis revolutionierte.

Heute, gut 120 Jahre nach den gewagten Unternehmen von Nansen und vielen anderen Polarforschern, sind die grundlegenden Pro-

zesse rund ums arktische Meereis bis ins Detail erforscht – und faszinierender denn je.

Die weisse Wüste lebt!Nur schon das Zufrieren des Nordpolar-

meeres ist höchst spannend. Fällt die Tempera-tur des Oberflächenwassers auf unter minus 1,8 Grad, gefrieren die Süsswasserpartikel im salz haltigen Meer. Sie bilden winzige Süsswas-ser-Eiskristalle, die sich in bewegtem Wasser zu Körncheneis, in ruhigerem Wasser zu Säu-leneis verdichten. Bald überzieht ein dezimeter-dicker Eisbrei das Meer. Der nicht gefrierende salzhaltige Anteil des Meerwassers wird zu-sammengedrängt zu einer stark konzentrierten Salzlauge, die in der Eisschicht kleine Kanäl-chen bildet. Solche Solekanäle durchziehen das Meereis in einem endlos scheinenden Laby-rinth, dessen Volumen über 30 Prozent einer Eis scholle ausmachen kann. Im Winter sinkt die Temperatur in diesem Hohlraumsystem in nerhalb der Eisschollen bis auf unter minus 20 Grad und die Salzkonzentration erreicht mehr als sechsmal so hohe Werte wie im Meer-wasser. Trotzdem sind die Solekanäle voller Leben! Winzigen Organismen gefällt das Dasein in einer derart hoch konzentrierten, stock-dunklen Salzbrühe. In diesem Extremlebensraum stösst man auf Eisalgen, aber auch auf Viren, Bakterien und Pilze.

Sogar ein- und mehrzellige Tiere (Proto- und Metazoen) bringen Leben in die Solekanäle. Während das Gros dieser Meereisfauna zwi-schen 100 und 500 Mikrometer klein ist, brin-gen es die grössten auf drei Millimeter. Ihre Namen klingen extraterrestrisch: Kammer linge, Ruderfusskrebschen, Plathelminthen, Räder-, Wimpern- und Nesseltierchen, Borstenwürmer etc.

Segelschiff «Jeannette», gesunken 1881: Fragmente wurden über 4600 Kilometer weit mit dem Packeis abgetrieben.

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Ein Eddy­System unter dem Meereis: Diese Sensoren werden von den Biogeochemikern auf jeder Eisstation installiert.

Unterseite von stark deformiertem Meereis: Die angebrachte Orientie­rungsmarkierung ist 1 Meter lang.

Lebensraum für solche Winzlinge gibt es genug – allein die Wände der Salzlaugenkanäl-chen bieten Algen oder Bakterien geradezu an, sich festzusetzen. Forscher haben ausge-rechnet, dass jedes Kilogramm Meereis zwi-schen 0,6 und 4 Quadratmeter solcher eisiger Miniwändchen enthält, an denen sympagische (in Eis lebende) Mikroorganismen wachsen. Und dann erst die Unterseite des Packeises: Wahre Algenteppiche überziehen weite Teile. Während auf dem durchschnittlich 1,8 Meter dicken Packeis gelegentlich ein Eisbär vorbei-tapst oder Ringelrobben ihre Geburtshöhlen im Schnee anfer tigen, geht es nicht nur im Eis, sondern auch auf dessen Unterseite lebhaft zu und her. Algen teppiche unter dem Packeis sind wahre Paradiese für Flohkrebse (Amphi-poden), für junge Polardorsche sowie weitere Mitglieder der Untereis-Lebensgemeinschaft. Sie sind eine wichtige Nahrungsquelle für Robben, Seevögel und Wale.

Die Lebewesen im und unter dem Meereis spielen eine fundamentale Rolle im Nahrungs-netz der Arktis. Ein weiteres Abschmelzen der polaren Eiskappe wird dieses Gefüge durchein-anderbringen und sich in der Nahrungskette

bis zu Eisbär, Robbe, Narwal, Beluga und Grön-landwal auswirken.

Wie gross das Algenwachstum in den Sole-kanälen und an den Schollenunterseiten sein muss, deutet eine Messung in der Framstrasse an. Durch diese Meeresstrasse zwischen Sval-bard und Grönland wird strömungsbedingt der grösste Teil des Meereises aus dem Nordpolar-meer abtransportiert – so erklärt sich auch die ständige breite Eiszunge vor der Küste Nordost-grönlands. Meeresforscher berechneten, dass allein durch die Framstrasse jedes Jahr rund 700 000 Tonnen Biomasse in Form von Eisalgen aus dem Polarmeer abdriften.

Neues Leben dank ErwärmungWas hier vor Ostgrönland als «Verlust»

daherkommt, wird andernorts um ein Mehrfa-ches wieder wettgemacht: chinesische Wissenschaftler haben kürzlich erstmals die Schmelzwas sertümpel im mehrjährigen Packeis des zentralen Nordpolarmeeres untersucht und dabei einen einzigartigen Lebensraum für Eisalgen entdeckt. Solche Tümpel auf dem Eis bilden sich im arktischen Sommer. Sie können bis zu 80 Prozent des Meereises bedecken

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und bestehen aus Süss wasser, weil die Salzlauge nach unten ins Meerwasser ausgeflossen ist. Das wussten schon die Walfangkapitäne des 16. und 17. Jahrhunderts, die hier die Trinkwas-servorräte für ihre Fangflotten nachfüllten.

Die starke Erwärmung des arktischen Klimas führt dazu, dass das mehrjährige Packeis immer dünner wird und Schmelzwassertümpel häufig zu Eislöchern durchschmelzen. Der Kontakt mit dem Meerwasser darunter bewirkt, dass diese Schmelzlöcher einen viel höheren Nährstoff-gehalt, also mehr Algenwachstum haben als die Tümpel. Die Produktivität wird damit just in einem Ökosystem mächtig angekurbelt, in dem eine solche zusätzliche Nahrungsquelle will-kommen ist: unter den horizontweiten Packeis-flächen des mehrjährigen Eises.

Globale Erwärmung als SpielverderberDoch gerade altes Eis, das mehrere sommer-

liche Auftauprozesse unbeschadet «überlebt» hat, wird im Nordpolarmeer zur grossen Mangel-ware. Zu warm ist das Meer geworden – in Teilen der Beaufort-, der Laptew- und der Kara-see waren zum Beispiel die Oberflächentem-pera turen im August 2012 über zwei Grad höher als im Durchschnitt der Jahre 1982 bis 2006. Liest man in Lexika noch von einer Ausdehnung des Packeises von über 15 Millionen Quadrat-kilometern im Winter und sieben Millionen Quadratkilometern im Sommer, ist der Kontrast zur Wirklichkeit im Jahr 2012 frappant. Einer relativ guten maxi malen Eisausdehnung im März mit 15,24 Millionen Quadratkilometern stand eine extrem verklei nerte Sommer-Meereisfläche im September gegenüber – bloss noch 3,41 Mil lio-nen Quadrat kilometer! Nie zuvor in der jahr-zehntelangen Satellitenüberwachung des Nord-polarmeers ging in einem Sommer derart viel Meereis verloren. Anstatt wie schneebedecktes

Packeis gegen 95 Prozent der Wärmestrahlung der Sonne zu reflektieren, nimmt offenes Wasser solche Strahlung auf – was die Eisschmel-ze ankurbelt. 2012 wurde die zweitkürzeste Schneebedeckung in der Arktis fest gestellt. Zunehmend fehlt dem arktischen Meereis somit jene Schneeschicht, die das Eis bisher dank e inem hohen Rückstrahlungs faktor (Albedo) vor zu viel Sonnenlicht geschützt hat. Weil die Schneedecke abnimmt, ist immer mehr Packeis der direkten Sonneneinstrahlung aus gesetzt. Das Eis schmilzt schneller.

Während Sie diesen Beitrag lesen, setzt die grosse Eisschmelze wieder ein. Das Packeis des Nordpolarmeers bricht auf. Wind und Strö-mung schieben Treibeisschollen vor sich her, die immer schneller schmelzen, je näher der Sommer kommt. In wenigen Monaten werden weite Teile des Nordpolarmeers wieder eisfrei sein und es ist zu befürchten, dass auch dieses Jahr das Packeis grossflächiger und schneller auftaut als in den Jahren davor.

120 Jahre nach Nansens Expedition sind die Prozesse rund ums arktische Meereis bis ins Detail erforscht.

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Von Bruno Heinzer — als Ende der 1970er-Jahre die heringsbestände Von Bruno Heinzer — als Ende der 1970er-Jahre die heringsbestände Von Bruno Heinzer in der nordsee schwanden, be gannen niederländische Unternehmen, die heute in der Pelagic Freezer-trawler association (PFa) organisiert sind, nach neuen Fanggebieten zu suchen. Mit modernen tiefkühl-schiffen eröffneten sich neue geografische Möglichkeiten. Die Fang-schiffe konnten in früher unzugängliche Gebiete vordringen. Zuerst zog die Fabrikschiffflotte in den nördlichen atlantik hinaus, dann, als ab 1995 auch dort nichts mehr zu holen war, vor die westafrikanische Küste, in die Gewässer Senegals, Guineas, Mauretaniens und Marokkos. Seit 2005 stösst die immer weiter aufgerüstete, 34 gigantische tiefkühlschiffe zählende euro päische armada vor die chilenische Küstevor, um ihre riesigen Schleppnetze vollzukriegen.

2012 ist eines der grössten PFa-Schiffe, die ehemalige «FV Margiris»,wegen ihres vor Westafrika erworbenen schlechten Rufs kurzerhand in «abel tasman» um getauft, sogar bis nach australien in die tasmani-sche See vorgedrungen, um ihr zerstö re risches Werk fortzusetzen. Da ist der geplante grosse Raubzug auf Makrelen auf den entschlossenen Widerstand von Greenpeace, anderen Umweltschützern und lokalen Kleinfischern gestossen und die Behörden haben die «Margiris» wäh-rend 6 Monaten in australien festgehalten.

Diese fast 150 Meter langen Riesentrawler fegen sich mit ihren Schleppnetzen ganze Makre len- oder heringsschwärme in den Schiffs-bauch und sind damit nicht nur eine Bedrohung für diese Fische, sondern auch für alle tiere weiter oben in der nahrungskette, die sich von ihnen ernähren. Wenn sie nicht als Beifang im mehrere hundert Meter langen netz landen, verlieren sie ihre nahrungsgrundlage. Und für die Küstenfischer mit ihren kleinen Booten bleibt auch nichts mehr übrig.

Das Problem ist, dass es schlicht nicht mehr genug Fische in den Ozeanen gibt, damit diese «Staubsauger der Meere» ihre Bäuche füllen könnten. Seit 1996 stagnieren die weltweiten Fischfänge, ja sie gehen sogar leicht zurück, obwohl die Fangkapazität der globalen Fischerei in dieser Zeit zugenommen hat. Gemäss der Ernährungs- und landwirtschaftsorganisation (FaO) der UnO sind 80 Prozent der Bestände bis an ihre Grenzen befischt, überfischt oder bereits erschöpft. Riesentrawler sind im Grunde gar nicht mehr rentabel. Es gibt zu viele Schiffe und zu wenig Fisch, um ihre Kapazitäten dauerhaft auszu-schöpfen. trotzdem werden sie gegen jeden Gedanken an nachhaltig-keit mit Steuergeld-Millionen künstlich am leben erhalten.

Riesen-trawler: Verheerende «Staubsauger der Meere»

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Zahlen Mit bis 600 Meter langen Schlepp-netzen können 250 tonnen Fisch pro tag gefangen werden, die im Schiff sbauch sortiert und tiefgefro-ren werden. Bis zu 6000 tonnen Fisch haben im lagerraum Platz, was den schwimmenden Fabriken wochenlange Fischzüge in abgele-genst e Gebiete der Meere erlaubt. Ein Schiff wie die «FV Margiris» tötet an einem tag bis zu 750 000 Makrelen — in einem Monat können es über 20 Millionen sein. Ein Free-zer-trawler der PFa-Flott e kann in einem Fischzug soviel Fisch soviel Fisch erbeuten wie 56 traditionelle west afrikanische Fischerpirogen pro Jahr.

Soziale ProblemeDie vor der West küst e afrikas operierende PFa-Flott e st ürzt die lokalen Kleinfi scher in Senegal, Mauretanien, Marokko und Guinea in den Ruin. Sie zerst ört mit ihrem Fisch zu Dumpingpreisen die loka-len Märkte. In Senegal, wo mehr als die hälft e der Bevölkerung im Fischereisektor beschäft igt ist und der Fischexport die wichtigst e Devisenquelle darst ellt, trifft sie den lebensnerv.

Beifang und andere ökolo-gische Folgen

allein vor Mauretanien wurden in den letzten 15 Jahren neben Mee-ressäugern, thun und anderen grossen Raubfi schen von den EU-Schleppnetzschiff en rund 1500 vom ausst erben bedrohte Meeres-schildkröten, über 18 000 Rochen und über 60 000 haie als Beifang getötet, darunter bedrohte Manta-rochen und hammerhaie. Den Meerest ieren droht zusätzliche Gefahr: Die riesigen netze und Ver-arbeitungsgeräte der tiefk ühl-fangschiff e können Zielfi sche wie Makrelen, heringe oder Sardinen lokal derart dezimieren, dass grosse Raubfi sche wie thunfi sche, haie und Rochen, aber auch Delfi ne, Orcas, Robben, Meeres-schildkröten und Meeresvögel ihre nahrungsgrundlage verlieren.

Schiff sbetreiber — rechtliche, wirtschaft liche und

politische asp ekte Die Pelagic Freezer-trawler asso-ciation repräsentiert drei hol län di-sche Unternehmen (Parlevliet & Van der Plas, Cornelis Vrolijk/ Jaczon und Willem van der Zwan & Zonen). Ihre 34 schwimmenden Fischfabriken operieren mitt lerwei-le unter den Flaggen der nieder-lande, Grossbritanniens, Frank-reichs, Deutschlands, litauens und Perus. So können sie die Fang-quoten der entsp rechenden Staa-ten ausschöpfen, erhalten deren Fischereisubventionen und profi tie-ren auch von laxeren Umwelt-gesetzen. Vordergründig weist die PFa einen Jahresgewinn von 55 Millionen Euro aus. Zieht man aller-dings die direkten und die indirek-ten EU-Subventionen von über 100 Millionen Euro ab, resultiert unter dem Strich ein jährlicher Verlust von bis zu 50 Millionen Euro. Die PFa ist also weder öko logisch noch wirt-schaft lich nachhaltig. Die Plün-derungszüge vor afrikas West küst e und im Südpazifi k werden mit Steuergeldern der sich so gern mit ihrer ökologischen haltung brüs-tenden EU aufrecht erhalten.

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1. Das lange Schleppnetz wird bis auf das prall mit Fischen gefüllte Ende eingeholt. Der grosse Endsack wird mit einem Kran etwas ange-hoben und an der dafür vorgesehe-nen Öffnung ein Saugrohr ange-bracht.2. Die Fische werden von einer Druckpumpe in den Schiffsbauch gesaugt und durch Sortierma-schinen gepumpt.3. Unerwünschte Fische gehen tot als «Beifang» über Bord. Darunter bedrohte haie, Meeresschildkröten, Rochen und Delfine.4. Ein Förderband bringt die aus-gewählten Fische in eine Schock-gefrieranlage, wo sie zu 20kg- Blöcken tiefgefroren werden.

5. nach wenigen Minuten werden die Blöcke der anlage entnom- men und zugeschnitten.6. Die Blöcke werden maschi-nell in Kartonschachteln verpackt7. Die vesandbereiten Fisch pakete werden in einem riesigen Kühlraum, der 6000 tonnen Fisch fasst, bis zur Rückkehr in den hafen gestapelt.8. Mit hilfe von Sonaranlage und Satellitentechnik wird der nächste grosse Fischschwarm angepeilt.

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Licht emittierende Dioden brauchen sieben Mal weniger Energie als konventionelle Glühlampen. Und die Verbesserungen

erfolgen so rasant wie jene von Computern.

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Von Roland Falk — Anfänglich, sagt Markus Bührer, 37, in Matzingen TG, seien seine Kunden skeptische Zauderer gewesen. «LED ist für mich das Lichtkon-zept, das in weiter Zukunft sinnvoll und bestimmend ist, aber diese Überzeugung war nicht leicht unter die Leute zu bringen.» Bis zu 300 konventionelle, seit Ende 2012 in ganz Europa verbotene Glühlampen hätten Besucher des «grössten Lampenshops der Schweiz» gebunkert. Und einige, weiss Bührer, «kommen sich fast wie Klein kriminelle vor, wenn sie die Dinger jetzt aufbrauchen». Was vor allem dann widersinnig sei, «wenn im Keller noch eine Uralt-Gefriertruhe steht, die das Zigfache der Energie frisst».

Rund 2500 Lampen hat Bührer regelmässig ausgestellt, «zwei Drittel sind bereits LED-Modelle». Es gibt Hunderte von Formen, die Bauformen werden zusehends minimiert, die Lichtfarben optimiert, die Vorbehalte schwinden. «Mit unter kommen sogar Senioren vorbei, die sich im Internet umfassend infor-miert haben und genau wissen, was sie wollen.» Gefragt ist etwa cosmo, eine Bodenlampe: Der schmale stehende Ring, auf der Innenseite mit Minileuchten besetzt, mutet an wie der Feuerreifen im Zirkus, durch den früher die Löwen sprangen. «Mehr als die Hälfte der Kundschaft schwört mittlerweile auf LED.»

«In zehn Jahren wird es nicht mehr viel anderes geben»Der Spezialist in Matzingen glaubt nicht, dass die Polkappen mit herköm m-

lichen Lampen schneller geschmolzen wären – schliesslich werden fürs Licht zuhause in der Schweiz jährlich nur etwa 18 Prozent der verbrauchten Energie aufgewendet. Das bedeutet zwar eine Verdoppelung in den vergangenen zehn Jahren, aber «Edison kann nicht für die ganze Umweltmisere verantwortlich gemacht werden». Zumal, was meist unterschlagen wird, gar nicht er der eigent-liche Erfinder des elektrischen Lichts war: Die erste Birne hatte 25 Jahre vor ihm der Hannoveraner Optiker und Uhrmacher Heinrich Goebel entwickelt, der 1854 durch einen verkohlten Bambusfaden Strom fliessen liess. Die Lampe, die er nur in seinem Laden einsetzte, funktionierte immerhin bereits 200 Stunden.

Bührer setzt auf LED, weil es «in zehn Jahren vermutlich nicht mehr viel anderes geben wird». Vom Kühlschrank bis zum Auto ist alles damit bestückbar und in vielen Gemeinden wird daran gearbeitet, auch die Strassenbeleuchtung auf das Licht mit Zukunft umzustellen. «In chur», weiss Bührer, «gibt es bereits Strassenzüge mit Lampen, in denen Bewegungsmelder nur dann Helligkeit aus lösen, wenn jemand vorbeikommt.»

Die LED (Licht emittierende Diode) gehört auch zum Arbeitsmaterial von Jürg Nigg, 80, einem Tüftler und «interdisziplinären Denker», dessen Werkstatt hinter der Zürcher Langstrasse anmutet wie das Labor von Daniel Düsentrieb. Überall in seiner Firma Arcotronic stehen Messgeräte, winden sich Drähte, sum-men Monitore. «Wir stellen alles her, was mit Lichttechnik zu tun hat», sagt Nigg, der «zwischen 70 und 100 Patente» hält für Erfindungen, die in seinem Wirkungsbereich sinnvoll sind. Unter anderem überraschte er 1984 mit der ersten flimmerfreien Energiesparlampe, aber «Grosskonzerne klauten mir die Idee». Und für einen langwierigen Prozess mit denen «fehlten mir die Millionen».

LED enthalten weder Füllgase noch QuecksilberNigg ist wie der Matzinger Lampenspezialist Bührer überzeugt, dass die

gesetzgebenden Behörden «mit allem ausser LED künftig abfahren möchten». Bis zum Jahr 2015 etwa soll die Sparlampe verboten werden, weil jede unter anderem drei Milligramm giftiges Quecksilber enthält. «Ein Irrsinn, denn selbst wenn man alle Lampen im Umlauf aufs Mal kaputthauen würde, kämen nicht viel mehr als zwei, drei Kilo Giftstoff zusammen.» Viel grösser sei da vermutlich

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nZ Siemens-Parkhaus in Zug: 25 900 LED betonen die Modernität und die architektonisch

harmonische Struktur des Gebäudes.

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«die Konzentration aus Amalgam-Zahnfüllungen, die sich um jedes Krema -torium messen lässt.»

LED-Lampen enthalten weder Füllgase noch Quecksilber. Nigg, der unter anderem Tunnels mit Sicherheitsleuchten versieht, schätzt ihr punktgerichtetes Licht, «mit dem sich nachts alles besser erkennen lässt». Sämtliche Vorteile sind auch für den Tüftler immens: «LED sind fast bruchsicher, funktionieren bis –40 Grad, passen ohne Adapter in jede herkömmliche Fassung, machen beim Anknipsen ohne Verzögerung Licht und brauchen rund sieben Mal weniger Ener-gie als eine Glühlampe.» Für LED, bei denen unter Laborbedingungen eine Funktionsdauer von über 30 Jahren eruiert wurde und die eine Lichtausbeute von bis 80 Lumen pro Watt schaffen (Eine 40-Watt-Glühbirne brachte es auf etwa 10 Lumen pro Watt), gilt eine einfache Faustregel: Je kleiner die auf der Packung angegebene Kelvin-Zahl, desto wärmer das Licht. LED gibts in Purweiss (4500 bis 6000 Kelvin), Neutralweiss (3500 bis 4500 Kelvin) und Warmweiss (2650 bis 3500 Kelvin). «Fast jede Birne ist heute dimmbar. Und weil die Wärme-abgabe minim ist, rückt die Feuerwehr auch nicht mehr wegen Bränden von Lampenschirmen aus.» Die Anschaffung einer Birne kostet bis 40 Franken, zahlt sich aber aus: «Selbst nach dem errechneten Alter gibt sie noch 50 Prozent ihres Lichts ab und ist somit nicht kaputt.»

Ikea wird bis 2016 das ganze Lampensystem auf LED umstellen, aber Nigg hat einen Vorbehalt für den Einsatz im Privatbereich. «Wieso lässt es sich bei Kerzenlicht und vor einem cheminée schlecht streiten? Beides strahlt Infrarot ab, das den Serotoningehalt im Gehirn und somit unsere Stimmungen steuert. Im LED fehlt das.» Markus Bührer wertet das als weniger gravierend. Einer seiner Nachbarn, sagt er, habe seinen Hühnerstall bisher mit Neonlicht erhellt, was für ständiges Gegacker des Federviehs sorgte. «Kürzlich wurde für die Tiere LED installiert und seither halten sie den Schnabel.» Was für die Hennen gut sei, schliesst er daraus, «ist sicher auch für den Menschen nicht ohne.»

Nigg, der autodidaktische Feldforscher, hat nebst der Lichtqualität noch einen andern Einwand gegen LED, das er weitgehend als «Modeerscheinung» wertet: «Die meisten chips für die Lampen kommen aus china und Taiwan. Wir bewegen uns also in eine Abhängigkeit. Zudem gibt es in LED viele seltene

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Jürg Nigg, 80: Der Zürcher Erfinder, eine Art Daniel Düsentrieb, hält «zwischen 70 und 100 Patente» im Lichtbereich.

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Erden, die oft von Kindern abgebaut und zunehmend verknappt werden, wenn sich im Westen jeder Lichterketten à discrétion in die Hütte hängt.» Das Stromspar-Argument lässt er zwar gelten, aber andernorts, meint er, liesse sich viel mehr Energieeffizienz bewirken: «Die Trams etwa, die heute vom Zür-cher Zoo runter in die Stadt fahren, verbrauchen 500 kW/h, weil sie keinen Strom zurückgewinnen. Das Sparen von Energie für Licht ist dagegen ein ziem-licher Verhältnisblödsinn.»

Trotzdem – die Technologie setzt sich durch: «Etwas Besseres als sie zeichnet sich noch nicht ab», sagt der Thurgauer Markus Bührer. In der Industrie, an öffentlichen Bauten, ja selbst in klerikalen Bereichen wie der Stiftskirche des Klosters Einsiedeln wird sie verwendet. Überzeugend ist sie auch in den schweizweit bekannten Höllgrotten von Baar, einem Tropfsteinsystem, in dem die Kalk formationen seit kurzem von 270 LED-Spots angestrahlt werden. Und dieses Jahr waren auch die riesigen Kopflaternen an der Basler Fasnacht mit den fast tag hellen Lichtern versehen.

In der Kunst tut man sich noch schwer mit LED. Der deutsche Lichtkünstler Rainer Kehres etwa braucht jährlich 1000 alte Glühlampen für seine Installa-tionen und holt sie «aus alten Beständen der DDR». Und der «Luminator», das letzte, mit mehreren hundert konventionellen Birnen gestaltete Werk von Jean Tinguely, das im EuroAirport Basel-Muhlouse-Freiburg steht, ist für Puristen undenkbar mit neuzeit lichem Licht. Glühlampen gelten vielen Künstlern als sinnstiftendes Material, wie der richtige Stein für einen Skulpteur.

Für Lichtkünstler wie Gerry Hofstetter ist LED zu schwachGerry Hofstetter, ein namhafter Schweizer Lichtkünstler, setzt LED vor

allem ein, «wenn es um etwas Bewegtes, einen schillernden Gag» geht. Sonst ist er mit riesigen, 240 Kilo schweren Tageslichtprojektoren unterwegs, mit denen er 2006 im UNO-Jahr der Wüste die Sphinx und die Pyramiden von Gizeh illumi-nierte. Und in der Arktis «versöhnte ich die Titanic mit den Eisbergen, indem ich ein Bild in Originalgrösse an einen mächtigen, über 650 Meter langen Block projizierte». Sein Eisbär-Porträt schliesslich, das er fürs UNO-Jahr des Wassers an einen Eisberg in der Antarktis warf – «ungewöhnlich, weil es das Tier dort nicht gibt» –, ging um die Welt. Für all diese Aktionen, so Hofstetter, «wäre LED zu schwach gewesen».

Das dürfte sich schnell ändern. «In Sachen LED ist die Entwicklung so rasant wie in der computerwelt», sagt Markus Bührer. Selbst Legionen von Skeptikern könnten sie nicht aufhalten, fügt er an. «Dieses Licht müsste jedem aufgehen.»

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Wie funktioniert lED?licht emittierende Dioden

(lED) sind halbleiterelemente, deren Funktionsweise man aus der Elektro- und Computertechnik kennt. lED nutzen denselben phy-sikalischen Effekt wie die Solar-zelle, allerdings in umgekehrter Richtung: Die lED verwandelt Gleichstrom in licht. Bereits um 1960 wurden die roten lED erfun-den und als leuchtanzeigen in Uhren und anderen Geräten einge-setzt. Zehn Jahre später folgten grüne und gelbe lED und erst in den 1990er-Jahren kamen blaue lED auf den Markt. Um das Jahr 2000 gelang es, durch leuchtstoff-beschichtung aus den blauen lED weisses licht in guter Qualität zu erzeugen. Damit war der Grund-stein für lED in der Raumbeleuch-tung gelegt. Die Energieeffizienz von lED erzielt heute in der prakti-schen anwendung mit über 50 lumenpro Watt effizienzmäs-sigmindestens das niveau der Sparlampe. Die besten lED-lam-pen erreichen bis zu 100 lm/W. Und die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen: Bis in zehn Jahren wird man mit weissen lED noch-mals eine Verdop pelung oder Ver-dreifachung der licht ausbeute erreichen. Die lED-technik wird die Beleuchtung in den nächsten zehn Jahren revo lutio nie ren, vergleich-bar mit dem Ersatz der Schallplatte durch die CD.

Vorteile von lED• lED-lampen werden in wenigen Jahren die weniger effizi-enten Sparlampen vollständig ersetzen.• Die Preise der lED-lampen werden dann nicht höher sein als diejenigen von Sparlampen.• Die lichtqualität von lED ist besser als diejenige von Spar-lampen und vergleichbar mit halo gen lampen.• lED eignet sich sowohl als Ersatz für Glühlampen wie auch als Ersatz für halogenspotlampen.• lED-lampen enthalten im Gegensatz zu Sparlampen kein giftiges Quecksilber.• Die Entwicklung von lED ist noch nicht abgeschlossen. In einigen Jahren wird die Effizienz mindestens doppelt so hoch sein wie bei heutigen Sparlampen.• Der Einsatz von nicht dimm-baren lED-lampen ist unpro-blematisch.

nachteile von lEDDerzeit stammen leider

97 Prozent der für lED notwendigen Metalle, der seltenen Erden, aus China. Diese Metalle sind nicht endlos verfügbar und kommen in vielen elektronischen Geräten wie Energiesparlampen, tV, lCD und Plasmabildschirmen, akkus, Brenn-stoffzellen, autokatalysatoren, Russpartikelfiltern, Röntgenappara-ten, lasern, Glasfaserkabeln, Magneten, Elektromotoren, Flug-zeugmotoren, atomreaktoren und handys vor. Der abbau von seltenen Erden ist enorm kosten-intensiv. Mittels Säuren werden die Metalle aus den Bohrlöchern gewaschen. Der dabei vergiftete Schlamm bleibt oft zurück und belastet die Umwelt erheblich. am Ende einer (hoffentlich) langen lebensdauer sind lED-lampen Elektroschrott und müssen fachge-recht entsorgt werden.• aufpassen muss man beim Kauf von dimmbaren lED-lampen, denn einige der heute üblichen Dimmer funktionieren nicht mit lED-lampen.• Vorsichtig muss man auch beim Kauf von lED-lampen für 12-Volt-transformatoren sein, denn einige der heute üblichen trafos funktionieren nicht mit lED-lampen.

lED-WissenGut beleuchtete Räume haben für den Wohn- und arbeits-komfort eine enorme Bedeutung. Denn Menschen in unserer Klimaregion verbringen ihre Zeit überwiegend in häusern. tageslicht respektive gutes Kunstlicht steigert Wohlbefinden und Konzentrationsfähigkeit. Dass optimale Beleuchtung auch effizient sein kann, beweist die lED-technologie.

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Biologische Wirkung des lichtsneben assoziationen spielen

bei der Wahrnehmung auch bio -logische Wirkungen des lichts eine wichtige Rolle. Die Wirkungs-kette des lichts folgt separaten nerven verbindungen, welche von der netzhaut zum zentralen Steuer-organ der Körperfunktionen (hypophyse) führen. Darüber wer-den Stoffwechsel und hormon-haushalt beeinflusst. Der Rhythmus wird vorwiegend durch das tages-licht bestimmt. Gutes licht fördert das Konzentrationsver mögen, verbessert die Motivation und ver-hindert vorzeitige Ermüdung. Dadurch steigt die leistungsfähig-keit sogar bei tätigkeiten, die wenig oder nicht sehabhängig sind, wie z. B. Denkvorgängen. Diese Wirkung wird vor allem durch das seitlich ins auge einfallende licht ausgelöst. Deshalb ist es in arbeitsräumen wichtig, nicht nur arbeitsplätze, sondern auch deren Umfeld gut zu beleuchten. Be-leuchtungsstärken unter 500 lux sind ungenügend.

tageslicht lässt sich nicht v ollständig durch künstliche Be-leuchtung ersetzen.

2009 bis 2012: Umsetzung des Glühlampenverbotsnur noch der Verkauf von

lampen der Effizienzklassen a bis D waren erlaubt, die Klassen F und G wurden verboten. Ende 2011 wurde dieser erste Schritt prak-tisch vollzogen. Von Gesetzes we-gen war das Outphasing der Glühlampen bis September 2012 vorge sehen. Dieser erste Schritt des Glühlampenverbots brachte eine Stromeinsparung gegenüber 2006 von rund 300 GWh/a, wenn man den kleinen Rest an Glühlam-pen von 2012 dazunimmt. Die Stromeinsparung bezogen auf den Schweizer Gesamtverbrauch be-trägt rund 0,5 Prozent gegenüber jenem von 2006.

Bis 2016: Umsetzung des Glühlampenverbotsnur noch der Verkauf von

lampen der Klassen a und B ist erlaubt, das sind die Spar- und lED-lampen sowie einige wenige halogenlampen. Die Klassen C bis G sind verboten. Die Einsparung beträgt 950 GWh/a gegenüber dem Verbrauch von 2012. Diese Ein-sparung ist aber nur möglich, wenn auch die Spotlampen einbezogen werden, was mit Stand 2011 zwar geplant, aber erst teilweise vollzo-gen ist.

nach 2016: Steigerung der Effizienz der leuchtmittel der Klasse a um 30 ProzentDiese Steigerung ist mit lED-

technik möglich. Sinnvoll wäre die Definierung einer Klasse a+ und evtl. auch a++. Es könnten weitere 300 GWh/a eingespart werden. Damit scheint aber das Potenzial der Verbrauchsreduktion mit technologischen Mitteln in den haushalten erreicht.

Alle Informationen zum Thema Licht und LED stammen aus dem Fachbuch «Licht im Haus» von Stefan Gasser und Daniel Tschudy. Downloaden unter: www.elight.ch/weiterbildung.html

Vom Glühlampenverbot und der Umsetzung effizienter Beleuchtung wie lED

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Von heini lüthi — Ende Januar schlug der Wirtschaftsverband Economiesuisse Alarm: Mit der Umsetzung der bundesrätlichen Energiestrategie 2050 drohten der Schweiz Ein bussen von bis zu 25 Prozent des Bruttoinlandprodukts und ein Anstieg der Arbeitslosig-keit um bis zu 3,5 Prozent.

Die Reaktionen kamen umge-hend: Bastien Girod, Vizeprä si-dent der Grünen und ETH-Umwelt-wissenschafter, konterte in einem Interview mit dem Tages-An-zeiger: «Diese Prognose wird mit Sicherheit nicht eintreffen.» Georg Klingler, Energieexperte bei Greenpeace Schweiz, erklärte, weshalb: «In der Studie wird berechnet, wie die Welt im Jahr 2000 auf eine massive cO2-Abga-be reagiert hätte. Technologische und ökonomische Ent wicklungen werden dafür eingefroren, die tatsächlichen Lernkurven der Jahre 2000 bis 2012 und der kom menden Jahrzehnte ausgeblendet.»

So zeigt für ihn bereits ein Blick auf die Entwicklung der Solarenergie, dass Strom aus dieser Quelle heute nur noch ein Viertel so teuer ist wie im Jahr 2000, und die Preise sinken ständig weiter.

Für Georg Klingler sind diese Aussagen von Economiesuisse deshalb «unsinnig» und er ver-mutet, dass Economiesuisse offen-bar die Energiewende schlecht-rechnet, um sie «mit allen Mitteln zu torpedieren». Auch der Tages-Anzeiger schrieb, dass die «Fragestellung (der Studie) so

gewählt war, dass möglichst dramatische Schlüsse gezogen werden konnten».

Kosten für erneuerbare Energien werden sinkenAnders die Stimmung in der

Öffentlichkeit: Als im vergange-nen September Bundesrätin Doris Leuthard, Vorsteherin des Ener-giedepartements (UVEK), öffent-lich erklärte, dass die Schweizer Stromkundinnen und -kunden in Zukunft mehr für den Strom bezahlen müssten, blieb die Auf-regung aus. Auch nach der Economie suisse-«Enthüllung» war von öffent licher Empörung über zu hohe Preise oder Angst vor einem wirtschaftlichen Absturz der Schweiz nichts zu spüren.

Vielleicht ist es einfach so, dass die Menschen in der Schweiz ähnlich denken wie in Deutsch-land: Dort hat im Dezember 2012 eine repräsentative Umfrage ergeben, dass über zwei Drittel der Deutschen die Energiewende als Investitionsprogramm für eine bessere Energieversorgung betrachten und dafür auch höhere Anfangskosten in Kauf nehmen.

Klar ist, die Energie wende ist nicht gratis zu haben. Genauer gesagt: Energie wird aller Wahr-scheinlichkeit nach in Zukunft teurer werden, ganz unabhängig davon, wie sie produziert wird. Doris Leuthard sprach im Septem-ber von «Mehrkosten von 20 bis 30 Prozent» für die Haushalte.

Was bedeutet dies? Laut Bundes-amt für Energie (BfE) gibt ein Haushalt in der Schweiz heute durchschnittlich knapp 900 Fran-ken pro Jahr für Strom aus. Eine Erhöhung um 20 bis 30 Prozent bedeutet somit 180 bis 270 Franken pro Jahr oder 15 beziehungsweise 22,5 Franken pro Monat. Green-peace hingegen hält die Schätzun-gen des UVEK für zu hoch und ist überzeugt, dass die Förderung der erneuerbaren Energien ab 2030 nur etwa 2,5 Rappen pro Kilowatt-stunde zusätzlich kostet.

Bundesrätin Leuthard hat bei der Präsentation vom September ebenfalls darauf hingewiesen, dass auch mit der Beibehaltung der bisherigen Strategie beziehungs-weise dem Bau von neuen AKW die Stromkosten deutlich steigen würden: Einerseits ist voraus-zusehen, dass die Kosten für den Brennstoff Uran wegen der ab-nehmenden Reserven und dem aufwändigeren Abbau tenden-ziell eher steigen werden. Zudem sind die Kosten für den Rückbau der AKW und die Entsorgung der atomaren Abfälle nicht voll ge-deckt und werden somit künftigen Generationen aufgebürdet. Die Kosten für einen schweren AKW-Unfall sind sogar nur zu einem sehr kleinen Teil gedeckt und kön-nen auch gar nicht korrekt versi-chert werden: Schätzungen gehen für einen Super-Gau in der Schweiz von einem Schaden von 500 bis 5000 Milliarden Franken aus. Ganz zu schweigen von den sozialen

Die energiewenDe iSt günStig

Nach dem Reaktorunglück von Fukushima hat der Bundesrat den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Die Frage stellt sich, was das kostet. Die Umwelt organisationen sagen:

Die Energiewende mit Verzicht auf Atomstrom ist die günstigste Variante.

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Weshalb die Behauptungen gegen die Energiewende nicht stichhaltig sind

Behauptung Gegenargumente

Versorgungssicherheit Die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien schwankt stark je nach Tages- und Jahreszeit und nach Wetter. Deshalb braucht es weiterhin konventionelle Kraftwerke.

Die Produktion von Wind- und Solarstrom schwankt tatsächlich – so stark, dass in Zukunft zu bestimmten Zeiten andere Pro-duktionsarten ein springen müssen. Doch das ist für die Schweiz kein Problem: Die bestehenden Wasserkraftwerke können den gesamten Schweizer Strombedarf über mehrere Tage und Wochen komplett abdecken. Auch Biomasse und Geothermie können einen Beitrag dazu leisten. Länger fristig können dank der bestehenden Wasserkraftwerke sowie neuer Netz- und Speicher-technologien auch saisonale Schwankungen zu jeder Zeit aus-geglichen werden. Damit wird die Stromversorgung sogar sicherer.

KostenHöhere Strom kosten treffen die ärmeren Haushalte stärker als die reicheren.

Das ist richtig. Das Bundesamt für Energie schreibt über die volkswirtschaftlichen Auswirkungen bis 2050: «Die ärmeren Haushalte und Rentner werden tendenziell stärker belastet.» Es beziffert die Mehrkosten allerdings auf maximal 0,5 Prozent. Zudem: Sozialpolitik kann nicht über den Strompreis gemacht werden, Kompensationsmassnahmen müssten ausserhalb dieses Systems entwickelt werden. Im Übrigen belastet eine Strom-produktion, die ihre externen Kosten nicht voll trägt, arme Haus-halte ebenfalls überproportional.

Stromkompensation Wenn die AKW abgeschaltet werden, brauchen wir Gaskraftwerke, um die ent-stehende Ausfälle zu kom-pensieren.

Diese Argumentation etwa des Bundes (UVEK) rechnet für die erneuerbaren Energien mit zu hohen Stromkosten und blendet die Folgekosten der klimaschädlichen Gaskraftwerke aus. Die Umweltorgani sa tionen schätzen, dass der deutlich raschere Aus-bau vor allem der Fotovoltaik zu einem Preis von 1 oder 2 Kino-eintritten pro Jahr und Haushalt realisiert werden kann. Und min-destens 70 Prozent der Investitionen in die Fotovol taik bleiben in den Regionen – eine sinnvolle Investition.

Zukunftsenergie Die Schweiz ist weder ein Sonnen- noch ein Wind-land.

Die Sonneneinstrahlung ist besonders in höheren Lagen wie den Alpen oder dem Jura ähnlich hoch wie in südeuropäischen Ländern. Und auch ausserhalb nationaler Schutzgebiete gibt es Gegenden, in denen für Windenergieanlagen attraktive Ve-hältnisse herrschen.

und ökologisch katastrophalen Folgen des Uranabbaus oder der Entsorgung in anderen Ländern.

Die Kosten für erneuerbare Energien hingegen werden zweifel-los mit der technischen Entwick-lung sinken. Zudem senken bes-sere Isolationen der Gebäude die Heizkosten – und ein Schwerpunkt

der Energiewende ist die Förde-rung von Gebäudesanierungen zur besseren Isolation.

Nicht zu vergessen ist ein Aspekt, der bei der ganzen Diskus-sion meist nur am Rand erwähnt wird: Der Ausbau der erneuerba-ren Energien schafft neue Ar-beitsplätze und Wertschöpfung in

der Schweiz, wovon viele Betriebe sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitieren.

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Wett erbeeinfl ussung Mehr niederschläge:

Wolkenimpfen mit Silberiodid-Partikeln oder anderen Che-mikalien zum herbeiführen von Regen oder Schneefall.

Weniger niederschläge: Wasser- und wolkenbasierende Methoden zur Verminderung von Regen, zum Entschärfen von hagelst ürmen und Wirbelst ür-men, sowie zur nebelaufl ösung.

landbasierende techniken

Kohlendioxidrückhaltung zur Entf ernung von atmosp häri-schem CO2

Biokohle: landwirtschaft -liche abfälle, Pfl anzen und/oder Bäume werden sauerst off arm verbrannt. Die so hergest ellte Biokohle wird der Erde be ig e-mischt, um CO2 zu binden.

CO2-abscheidung und Speicherung (CCS): Prozesse zum abscheiden von CO2 an der Quelle und zur sp äteren Spei-cherung in der Erde (fällt nicht unter die provisorische CBD-Defi nition des Geo-Engineering).

Bio-Energie mit CO2- abscheidung und Speicherung (BECCS): CCS angewandt auf Kraft werke, die Biomasse ver-brennen; theoretisch ergibt dies eine nett overminderung von CO2 in der atmosp häre.

Sonneneinst rahlungs- Management (SRM)

Stratosp härische aerosole (Wolkenweissung) erhöhen die Refl ektivität der Wolken und wirken wie «Raumsp iegel», welche die Sonnenst rahlen zu-rückwerfen.

Wasserbasierende techniken

Meeresdüngung+: Das Wachst um der CO2 absorbieren-den algen wird durch gezielte Düngung des Oberfl ächenwas-sers mit Eisen oder Stickst off st imuliert; es gibt auch andere techniken, mit denen die Meer-chemie zum Zweck zusätzlicher CO2-abscheidung verändert werden kann.

algenprojekte: Indust rielle Züchtung von algen, die CO2

binden und um — wenigst ens theoretisch — neue Biobrenn-st off e herzust ellen.

anderes Wichtige Forschungs- und

Strategieinst itute im Bereich Geo-Engineering (ohne test s):

Bemerkenswerte Initiativen, die in keine der obgenannten Kategorien passen (z.B. Enhanced Weathering, die nutzung von Verwitt erungsp rozessen zur Ent-fernung von CO2 aus der atmo-sp häre).

Geo-EngineeringEin halbes Jahrhundert

Experimen tieren mit dem System Erde

Geo-Engineering ist die grossmassstäbliche Manipulation von Erd- oder Klimasystemen. Die Karte auf der folgenden Doppelseite soll die Bandbreite von Forschung und Expe-rimenten auf diesem Gebiet darstellen. Die Informationen sind nicht vollständig: Es haben bedeutende Experimente stattgefunden, über die keine Berichte vorliegen, und es sind Versuche aufgegeben worden, über die bereits berichtet wurde. Im Übrigen sind gewisse Projekte zur Wetterkontrolle und Boden-Initiativen mit Biokohle nur für den lokalen Gebrauch gedacht.

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Richtungsweisende Ereignisse im Geo-Engineering

1. Indien: Projekt GROMEt (1967), Wetterbeeinflussung (Regenmachen) durch die USa, zur Beendigung der hungersnot in Bihar2. Vietnam: US-Operation Popeye, Wetter-Kriegsführung in der absicht, den Gütertransport lahmzulegen und die Ernte zu ertränken (1967—1972)

3. new York, USa: UnO-En-MOD- Konvention verbietet Wet-ter-Kriegsführung (1978)4. Südmeer: Ein Jahr nach dem Erdgipfel in Rio führen die USa einen ersten grossangelegten Meerdüngungstest durch (1993)5. Kalifornien, USa: naSa und Carnegie-Institut laden zu einem Experten-Workshop für Solarstrahlungs-Management (SRM) ein6. london, GB: ankündigung der Virgin Earth Challenge für treibhausgasabbau

7. Pazifik, unweit der Galapa-gos- Inseln: Eisendüngungspro-jekt der US-Firma Planktos auf tausenden von Quadratkilometern Ozean wird von Ecuador gestoppt (2007)8. Sulu-Meer: Die Philippinen stoppen das Urea-Düngungspro-jekt einer australischen Firma zur Beschleunigung des algen-wachstums (2008)9. Bonn, Deutschland: CBD (Biodiversitäts-abkommen) verab-schiedet Moratorium für Meer-düngung (2008)

Geo-Engineering Hotspots Länder mit einem gewissen

Mass an Geo-Engineering Länder, aus denen keine

Meldungen über Geo-Engineering vorliegen

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10. Seattle, Washington, USa: Bill Gates finanziert Forschung auf dem Gebiet des Geo-Engineering (2008—2012)11. Scotia Sea: lOhaFEx-Experi-ment missachtet CBD-Moratorium für Meerdüngung (2009)12. london, GB: Royal Society veröffentlicht einen grossen Be-richt über Geo-Engineering und fordert mehr Forschung (2009)13. Washington, DC, london, GB: Gemeinsame anhörungen im US-Kongress und GB-Parlament zur Regulierung des Geo-Enginee-ring (2010)

14. london, GB: londoner Kon-vention/Zusatzprotokoll verbietet Forschung zur kommerziellen Meeresdüngung (2010)15. asilomar, USa: 175 Wissen-schafter erarbeiten «freiwillige Richtlinien» zur Geo-Enginee-ring-Forschung (2010)16. nagoya, Japan: CBD verab-schiedet ein Moratorium für Geo-Engineering (2010)17. lima, Peru: IPCC beruft Expertentreffen zum Geo-Engi-neering ein (2011)18. Brüssel, Belgien: Europa-parlament verabschiedet Resolu-

tion zu Rio+20 und spricht sich dabei gegen Geo-Engineering aus (2011)19. Ecuador: Pujili-Gemeinden verklagen den grössten Exporteur von Gefriergemüse wegen Wolkenimpfung zur niederschlags-verminderung (2011)20. Sculthorpe, GB: SRM-Ex-periment («Spice») auf Eis gelegt (2011)21. Berlin, Deutschland: Regie-rung und Bundestag veröffentli-chen Studien zum Geo-Enginee-ring (2011—2012)

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Mit Schwefelraketen und Weltraumspiegeln gegen den

Klimakollaps

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1Künst liche Bäume als CO2-Staubsauger Pfl anzen absorbieren über die Fotosyn -

these kontinuierlich Kohlendioxid aus der Atmo-sp häre. Leider brauchen sie dafür enorm viel Zeit. Klaus Lackner von der Columbia University will diesen Prozess nicht nur imitieren, sondern auch beschleunigen. Seine künst lichen Bäume saugen Luft an, fi ltern diese und wandeln das CO2 in Natriumbicarbonat um. Dieses wird verdich-tet und soll danach als Gas in porösem Gest ein im Erdboden oder in der Tiefsee gelagert werden. Eine Tonne CO2 sollen solche «Bäume» einst täg-lich absorbieren. Das ist tausendmal mehr, als ihre natürlichen Vorbilder schaff en. 100 000 «Bäume» auf einer Fläche von 600 Hektaren könnten laut einer englischen Studie die CO2-Emissionen des gesamten Vereinigten Königreichs (ohne Strom-produktion) aufnehmen. Obwohl Demonst rations-projekte noch fehlen, best ehen kaum Zweifel, dass die Technologie funktioniert. Doch weil die CO2-Konzentration in der Atmosp häre lediglich 0,04 Prozent beträgt, ist die Effi zienz begrenzt und die CO2-Absorption im Vergleich mit anderen Verfahren teuer. Schätzungen gehen von mehre-ren hundert Euro pro Tonne CO2 aus. Zugleich benötigen das chemische Verfahren und die Ver-dichtung des Gases grosse Mengen an Energie – laut Studien so viel, dass bei einem Energiemix, wie er heute zum Beisp iel in Deutschland ver-wendet wird, bis zur Hälft e des absorbierten CO2 wieder emitt iert würde.

Wirtschaft licher wäre die direkte Absorption von CO2 bei grossen Emitt enten. Wie zum Beisp iel bei Kohlekraft werken, wo die Konzentrationen im Vergleich zur Umgebungsluft 300 Mal höher sind. Damit wäre das Problem der Lagerung je-doch nicht gelöst . Zu den viel diskutierten Risiken gehören die Sicherheit im Fall von Erdbeben, die Versauerung von Grundwasser und mögliche Lecks bei Lagerst ätt en. Einsp rachen von An-wohnerinnen und Anwohnern potenzieller Lager-st andorte sind deshalb wahrscheinlich. In Deutschland haben heft ige Protest e in erst en Test -gebieten de fact o zum Stopp der weiteren Forschung geführt.

2Planktonfütt erung mit unabsehbaren Folgen für Ozeane«Gebt mir einen halben Tanker gefüllt mit

Eisen, und ich gebe euch eine neue Eiszeit», prahlte der US-Ozeanograf John Martin in den 80er-Jahren und propagierte erst mals die Eisendüngung der Ozeane. Sein Vorschlag beruhte auf der Fotosyn-these von Phytoplankton, das an der Meeres-oberfl äche schwebt. Dieses wandelt Kohlendioxid und Sonnenlicht in Biomasse um und gibt an-schliessend Sauerst off ab. Damit ist Plankton für rund die Hälft e des weltweit jährlich von Pfl anzen absorbierten Kohlendioxids verantwortlich und das Meer die grösst e Kohlenst off senke unseres

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Die internationalen Klimaverhandlungen kommen nicht vom Fleck und immer lauter wird der Ruf nach tech nischen Eingriffen, um die Erderwärmung aufzuhalten. heute beschäftigen sich deshalb nicht nur Universi täten und think-tanks, sondern auch Regierungen und Un-Gremien mit dem Geo-Engineering. Ideen gibt es viele, aber bezüglich Wirkung und Risiken tappt man noch weitgehend im Dunkeln.

Von Samuel Schlaefli

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Planeten. Das wollen sich Martin und andere Geoingenieure zunutze machen: Durch Düngung mit Nährstoffen wie Eisen, Stickstoff und Phos-phor kann das Planktonwachstum künstlich ange-regt und zusätzliches CO2 aus der Atmosphäre absorbiert werden. Plankton stirbt nämlich bereits nach wenigen Tagen ab. Ein Teil des absinkenden Kohlenstoffs wird von Bakterien umgesetzt und dient als Nahrung für Kleinlebewesen. Der Rest fällt in Form von Biomasse auf den Meeresgrund, wo der Kohlenstoff dem natürlichen Kreislauf für bis zu tausend Jahren entzogen ist.

Die Ozeandüngung gehört heute zu den besterprobten Ideen des Geo-Engineering. Seit 1993 wurde sie in 13 Freilandexperimenten im Südozean und im Nordwestpazifik getestet. Das grösste Experiment (LOHAFEX) umfasste die Düngung einer Fläche von 300 Quadratkilometern mit 10 000 Kilogramm Eisensulfat. Doch die anfängliche Euphorie über das Potenzial der Methode ist in den vergangenen Jahren verflogen. Die theoretischen Annahmen zur Effektivität konnten in den Experimenten nicht reproduziert werden. Zwar bildeten sich meist grossflächige Algenblüten, doch sank das Plankton nicht wie gewünscht ab. Ein nennenswerter Nettoexport von CO2 in die Tiefe wurde laut einer Übersichtsstudie des Umweltbundesamtes für Mensch und Umwelt Dessau-Roßlau/D in keinem der bisherigen Ex-perimente nachgewiesen. Der anfänglich gebun-dene Kohlenstoff wurde bis zu 80 Prozent wieder in die Atmosphäre freigesetzt. Weiter beobach-teten Forscher eine verstärkte Blüte von Kieselal-gen, die ein starkes Nervengift produzieren, sowie einen Sauerstoffmangel in tieferen Meeres-schichten. Kritiker befürchten deshalb weitrei-chende Konsequenzen für die maritimen Ökosys-teme und unkalkulier bare Folgen für die gesamte Nahrungskette bis zum Menschen.

De facto besteht seit Mai 2008 ein Mora-torium für die Ozeandüngung, das von 192 Staaten im Rahmen der Convention on Biological Diversity (CBD) beschlossen wurde. Trotzdem unternahm der amerikanische Unternehmer Russ George im Juli 2012 auf eigene Faust ein Experiment vor der Küste Kanadas und kippte 100 Tonnen Eisen-sulfat in den Pazifik. Satellitenbilder zeigten anschliessend ein stark erhöhtes Algenwachstum in einem Gebiet von über 10 000 Quadratkilo-metern. Nach eigenen Aussagen wollte George die indigene Bevölkerung des Inselarchipels Haida Gwaii bei der Regeneration der Lachsbestände

unterstützen. Er hatte jedoch bereits früher mit dem Unternehmen Planktos Inc. auf sich aufmerk-sam gemacht, das die Ozeandüngung über international handelbare CO2-Kompensationszer-tifikate kommerzialisieren wollte. Umweltverbände und Anwälte nannten den Versuch vor Kanada eine «krasse Verletzung» zweier internationaler Moratorien.

3Star Wars gegen den Klimawandel Die wissenschaftlichen Publikationen des

US-Astronomen Roger Angel bieten Stoff für Kon-troversen — und Science-Fiction-Romane: Angel will zehn Billionen transparente Siliziumscheiben 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt im All platzieren. Die so produzierte 100 000 Kilometer lange Wolke aus Reflektoren würde zwei Prozent des Sonnenlichts reflektieren, das normalerweise auf die Erde trifft. Dafür soll über 30 Jahre jede Minute ein Bündel mit einer Million Reflektoren ins All geschossen werden. Technisch wäre das laut Angel in 25 Jahren möglich. Geschätzte Kosten: 100 Milliarden Dollar jährlich. Ähnlich denkt das US-Forscherteam um Lowell Wood, das mit dem Vorschlag kam, eine Art riesiges Sonnensegel zwischen Sonne und Erde zu spannen. Berech-nungen zeigen jedoch, dass für eine Reduktion der Sonnenstrahlung um zwei Prozent ein Sonnen-schild von zirka drei Millionen Quadratkilometern nötig wäre. Weltallbasierte Methoden sind noch rein theoretischer Natur und die Unsicherheiten bezüglich Kosten, Effektivität, zeitlicher Um-setzung und Risiken immens, wie auch die Royal Society in ihrem Bericht vermerkt.

4Die WolkenmacherWolken spannen sich wie Sonnenschirme

über unsere Erdkugel. Sie bestehen aus Millionen kleinster Wassertropfen, und je mehr Tropfen eine Wolke enthält, desto grösser ist ihre Albedo, das heisst das Rückstrahlvermögen von Son-nenlicht ins Weltall. Damit Wasserdampf zu Wol-

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ken kondensieren kann, braucht es sogenannte Kondensationskerne. Das können Sandkörner, Staub oder Meersalzkristalle sein. Durch Versprü-hen von Meerwasser über den Ozeanen in tiefe Wolkenschichten könnte deshalb das Wolken-wachstum angeregt und die Erdoberfläche zusätz-lich gekühlt werden. Laut Schätzungen des britischen Physikers John Latham könnte die Erd-temperatur so selbst bei einer Verdopplung der heutigen CO2-Konzentration stabil gehalten wer-den. Dafür sollen laut Latham 1500 unbemannte Schiffe mit entsprechender Sprühvorrichtung in den Ozeanen kreisen. Eine Forschergruppe in San Francisco präsentierte unter dem Namen «Silver Lining Project» Pläne für ein solches Schiff. Es soll Meerwasser in eine Höhe von einem Kilometer sprühen und dafür zehn Tonnen Wasser pro Sekun-de ansaugen. Laborbasierte Machbarkeitsstudien wurden unter anderem von der Bill & Melinda Gates Foundation unterstützt. Noch ist aber weit-gehend ungewiss, welche Auswirkungen die grossflächige Wolkenproduktion auf Windsysteme, Meeresströmungen, Niederschläge und Meeres-organismen hätte.

5Der Schuss ins Blaue: Mit Schwefelraketen gegen die ErderwärmungEs war ein klimatologisches Jahrhundertereig-

nis: Auf den Philippinen spie der Vulkan Pinatubo 1991 innert kürzester Zeit rund 17 Millionen Tonnen Schwefeldioxid in die Atmosphäre und umgab die Erdkugel mit einem grauen Schleier. In der Stratosphäre, der Atmosphärenschicht zwischen 18 und 50 Kilometern über der Erde, bildeten sich in der Folge sogenannte Aerosole. Das sind Gasgemische mit fein verteilten Partikeln, die wie Milliarden von kleinsten Sonnenreflektoren wirken. Die Abschirmung der Sonnenstrahlung führte zu einem weltweiten Temperaturrückgang von einem halben Grad über einen Zeitraum von zwei Jahren. Wären die Aerosole nicht wieder aus der Stratosphäre ausgefallen, hätte sich die Erde wahrscheinlich längerfristig um mehrere Grad abgekühlt. Deshalb schlug der Chemiker und No-belpreisträger Paul Crutzen 2006 in einem viel beachteten wissenschaftlichen Essay vor, den beim Pinatubo-Ausbruch beobachteten Effekt für

die künstliche Klimakühlung zu nutzen. Mit Tau-senden von Ballonen oder Raketen könnte tonnen-weise Schwefel in die Stratosphäre gebracht werden, so seine Idee, die gleichzeitig Ausdruck seiner Frustration über die Stagnation der Klima-schutzverhandlungen war. Die britische Royal Society kam in einem der meistzitierten Berichte zu Technologien des Geo-Engineering 2009 zum Schluss, dass die Aerosolbildung in der Strato-sphäre, ähnlich wie von Crutzen vorgeschlagen, punkto Wirkung, Kosten, Risiken und einer raschen Umsetzung am meisten Erfolg verspricht.

Doch neben grundsätzlichen ethischen Bedenken gegenüber dem Schwefelbeschuss der Stratosphäre ist die Wirkung umstritten: Chemie-Klima-Modellierungen haben gezeigt, dass der Pinatubo-Ausbruch nur bedingt als Modell taugt. Führt man der Stratosphäre nämlich über Monate oder Jahre Schwefel zu — mit Raketen, Ballonen oder Flugzeugen — koagulieren die einzelnen Partikel zu grösseren Aerosolen, bis diese in tiefe-re Atmosphäreschichten fallen, wo ihre Wirkung verpufft. Anstelle der von Crutzen geschätzten zwei Megatonnen Schwefeldioxid pro Jahr wäre für eine wirkungsvolle Kühlung rund die zehnfache Menge nötig. Das würde mit grosser Wahrschein-lichkeit zu schwerwiegenden Verschiebungen im Klimasystem führen. In Studien wurden aus-bleibende lokale Niederschläge und verminderte Wassermengen in Flüssen als Folgen des Pina-tubo-Ausbruchs nachgewiesen — meist mit starken regionalen Unterschieden.

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Geo-Engineering ist kein neues Phäno-men. Seit über hundert Jahren versuchen Meteorologen und Ingenieure, Wetter und Klima zu kontrollieren.Meist war die Wet-termanipulation an militärische Interessen gekoppelt, belegt der Wissenschafts-historiker James Fleming im Greenpeace- Interview.

Greenpeace: herr Fleming, im einflussreichen Bericht der Royal Society* bezeichneten Wissen-schaftler Geo-Engineering als Plan B für den Klimawandel. Was halten Sie davon?

James Fleming: Ich habe schon damals vor einem Ausschuss des US-Kongresses gesagt: Es gibt keinen Plan B. Das Einzige, was es derzeit gibt, ist ein Haufen Hoffnungen, technische Spie-lereien und Technologien, darunter Sulfatka-nonen und Weltallspiegel. Ich und Klimawissen-schaftler wie Alan Robock sind aber überzeugt: Solche Vorschläge sind nicht realisierbar. trotzdem wurden sie im Bericht thematisiert und in den Geo-Engineering-Katalog aufgenommen.

Der «Royal Society»-Report ist fehlerhaft; ich habe diesem Fakt in meinem Buch über die Geschichte der Klimamanipulation einen ganzen Abschnitt eingeräumt. Die Autoren waren viel zu optimistisch, was die Möglichkeiten einzelner Technologien zur Klimamanipulation anbelangt. Viele der Annahmen beruhen auf nicht viel mehr als ein paar Überschlagsrechnungen.Woher nehmen Sie diese Gewissheit?

Ich sass mit Geoingenieuren in unzähligen Meetings. Da werden dann Vorschläge gemacht wie derjenige eines Forschers, mithilfe der Chaos-theorie, eines riesigen Satelliten und von Super-computern Hurrikane fernzusteuern. Das kommt der Science-Fiction von Arthur C. Clarke und der Vorstellung einer globalen Wetterbehörde schon sehr nahe. Waren die falschen Wissenschaftler am Bericht der Royal Society beteiligt?

Es ist eigentlich egal, wer den Report verfasst hat. Es ist schlicht eine dumme Idee, den Plane-ten mithilfe von gewaltigen Technologieprojekten reparieren zu wollen. Solchen Überlegungen sowie den sozialen und politischen Aspekten des Geo-Engineering wurde im Bericht viel zu wenig Platz eingeräumt.

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Sie fordern, dass Sozialwissenschaftler stärker an der Geo-Engineering-Debatte beteiligt werden. Weshalb?

Weil die Debatte bislang von Technokraten geführt wurde, die meist mit grossen nationalen Laboratorien oder mit der NASA verbandelt sind. Die Diskussion sollte aber viel breiter angelegt und für jedermann offen sein. Sie muss interdis-ziplinär, international und auch zwischen den Ge-nerationen geführt werden. neben der direkten Klima- und Wetter ma ni-pulation fällt auch die CO2-abscheidung an der Erdoberfläche unter den Begriff des Geo-Engineering. Was halten Sie davon?

Wenn man CO2 aus der Luft abscheidet, muss man es lagern können – und zwar für immer. Da stossen wir auf ähnliche Probleme wie bei der Lagerung von atomaren Abfällen. Ausserdem lese ich praktisch täglich irgendwelche Geschichten über Möglichkeiten, Kohlenstoff aus der Atmosphä-re zu rezyklieren, zum Beispiel als Treibstoff. Doch Kohlendioxid ist bereits ein stabiles Verbren-nungsprodukt und vollständig oxidiert. Deshalb ist die weitere Nutzung sehr aufwendig. Was ist mit Versuchen, das Planktonwachstum im Ozean zugunsten der CO2-absorption zu stimulieren?

Dabei wurden Erkenntnisse verallgemeinert, die in ihrer Gültigkeit sehr limitiert waren. Der Ozeanograf John Martin nahm eine Flasche, füllte sie mit Meerwasser und gab eine Eisenlösung hinzu. Die Flasche wurde grün, die Algen waren glücklich. Danach folgten Experimente auf einem kleinen Flecken Ozean und auf den ersten positiven Ergebnissen basierte die These, man könne die atmosphärische CO2-Konzentration durch Planktonwachstum drastisch verringern. Mittlerweile weiss man, dass die Algen bei künst-licher Eisendüngung teils sogar mehr CO2 abgeben, als sie zuvor aufgenommen haben. aber heute verfügen Klimawissenschaftler doch über ausgeklügelte Modelle und Supercomputer für komplexe Simulationen. lassen sich die auswirkungen von Eingriffen ins Klima damit nicht zumindest ansatzweise simulieren?

Viele Klimaingenieure sind sehr naive Modellierer. Klimawissenschaftler, die sich seit Jahrzehnten mit Modellierungen beschäftigen, betonen, dass wir weder die Technologie für eine Klimakühlung besitzen noch ein umfassendes Verständnis dafür, welche unerwünschten Neben-wirkungen solche Eingriffe auslösen könnten. Die

*Der «Royal Society»-Bericht zu Geo-Engineering

Die britische Royal Society zählt zu den ältesten nationalen akademien der naturwissenschaften und fördert exzellente wissenschaftliche leis-tungen im Dienst der Menschheit. 2009 publizier-te sie den Bericht «Geoengineering the Climate», in dem sich 23 Physiker, Biologen, Ingenieure, Klimawissenschaftler und Politologen (einige der Wissenschaftler waren selbst an der Forschung im Geo-Engineering beteiligt) mit den Chancen und Risiken von unterschiedlichen Methoden auseinandersetzten. Geprüft wurden techno-logien zur Kohlendioxidentnahme aus der atmos-phäre (u.a. Ozeandüngung, aufforstung, CO2-abscheidung aus der luft) und solche zur abschirmung der Erde vor Sonnenstrahlung (u.a. Beschuss der Stratosphäre mit Schwefeldi-oxid, Reflektoren im Weltall, Vergrösserung der albedo in Wüsten und Städten). Die Wissen-schaftler stellten fest, dass die meisten unter-suchten Geo-Engineering-Methoden technisch machbar sind. Gleichzeitig wiesen sie auf grosse Unsicherheiten bezüglich der auswirkungen auf die Umwelt, der Effektivität und der Kosten hin. Der leiter der Studie, John Shepherd, kam zum Schluss: «Geo-Engineering und seine Kon-sequenzen sind vielleicht der Preis, den wir zu zahlen haben für unser bisheriges Versagen, gegen den Klimawandel vorzugehen.» Geo- Engineering könnte in Zukunft als Plan B gegen den Klimawandel unumgänglich werden, so Shepherd. Deshalb müssten die unterschiedlichen Methoden weiter erforscht und entwickelt sowie die auswirkungen auf die Umwelt und politische aspekte analysiert werden.

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heute verfügbaren Modelle deuten aber bereits die Gefahr von regionalen Dürren und weitreichenden Veränderungen im globalen Wasserhaushalt an.Der Chemienobelpreisträger Paul Crutzen löste 2006 mit einem wissenschaftlichen Essay einen Sturm der Entrüstung aus. Darin schlug er vor, die Stratosphäre zur Klimakühlung mit Schwefelraketen zu beschiessen. Markiert Crut-zens Publikation den Beginn der aktuellen Geo-Engineering-Debatte?

Crutzen gehörte sicherlich zu den Ersten, die die Möglichkeiten der technischen Klimamani-pulation als Mittel gegen die globale Erderwär-mung vorschlugen. Doch für mich als Historiker waren solche Ideen nichts Neues. Ähnliche Vorschläge kursierten schon viel früher, das letzte Mal zum Beispiel 1992 in einem Bericht der National Academy of Sciences.Zu welchen Zwecken war die Wetter- und Klimamanipulation schon vor dem von Menschen verursachten Klimawandel ein thema?

Bereits im 19. Jahrhundert versuchten Amerikaner Regenfälle zu provozieren, indem sie Sprengkörper, Bomben und Wasserstoffballone in unterschiedlichen Höhen zum Explodieren brachten. Später versuchten Wissenschaftler Nebel aufzulösen, um Starts und Landungen von Flugzeugen zu erleichtern. Es folgten Projekte zur Steuerung von Hurrikanen und zum Abwenden von Dürren, aber auch Versuche, solche bei krie-gerischen Gegnern absichtlich zu erzeugen. Meist wurde diese Forschung vom Militär finanziert. Dann war die Wettermanipulation meist an militä-rische Interessen gebunden?

Ja, zu Beginn des Kalten Kriegs beauftragte das Pentagon ein Komitee damit, eine Wetterwaffe zu entwickeln, um die Atmosphäre zu Ungunsten des Feindes beeinflussen zu können. Das gipfelte später in der Forderung, ein gewaltiges Programm zur Wetterkontrolle zu lancieren, vergleichbar mit dem Manhattan-Projekt, das zur Entwicklung der ersten Atombombe führte. Im Vietnamkrieg schoss die US-Armee zudem zwischen 1967 und 1972 Tausende von Silberiodid-Salven in die Wolken. Damit wollte sie den Monsunregen verlän-gern und die gegnerischen Truppen aufhalten. Wird Geo-Engineering auch heute noch vom Militär vorangetrieben?

Einige wichtige Geoingenieure wie Lowell Wood und sein einstiger Förderer Edward Teller sind eng mit dem amerikanischen Militär und dem Raumfahrtprogramm verbunden. Ideen wie die

Verwendung von Raumschiffen für die Reflexion von Sonnenlicht ins Weltall oder der Einsatz von Kanonen auf Militärschiffen sind sicherlich auf diese Verbindung zurückzuführen. Deshalb werden einige dieser Vorhaben auch heute noch vom Militär oder von der NASA unterstützt. Ich glaube zwar nicht, dass die USA derzeit ein strategisches militärisches Interesse an Geo-Engineering verfolgen. Trotzdem ist es erstaunlich, wie zahl-reich die Ideen sind, die Atmosphäre zu «beschies-sen» und unter Einsatz aller uns zur Verfügung stehenden Technologien «Krieg gegen den Klima-wandel» zu führen. Wie steht es um die kommerziellen Interessen von heutigen Geoingenieuren?

Noch verdient niemand Geld damit. Aber Milliardäre wie Bill Gates spenden derzeit Millio-nen für Geo-Engineering-Experimente und melden bereits erste Patente für Technologien zur CO2-Reduktion in der Atmosphäre und für die Manipulation von Hurrikanen an. Ähnliches geschieht derzeit auch in England. Welches ist Ihre grösste Sorge für den Fall, dass sich einzelne Staaten oder die internationale Gemeinschaft zu einem umfassenden Einsatz von Geo-Engineering entschliessen sollten?

Das würde unsere Beziehung zur Natur kom-plett verändern und den Argwohn zwischen den Nationen verstärken. Die Skandinavier würden plötzlich die Engländer für ihr schlechtes Wetter verantworltlich machen und umgekehrt. Das Potenzial für zukünftige Konflikte ist enorm.

Das Interview wurde am 4.2.2012 von Samuel Schlaefli geführt.

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James Fleming ist Professor für Wissenschaft, Technologie und Gesellschaft am Colby College in Maine und Autor zahlreicher Bücher, darunter «Fixing the Sky: The Checkered History of Weather and Climate Control» (Columbia Univer-sity Press, 2010) über die Geschichte der Wetter- und Klimamanipulation.

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Urban Beekeeping ist weltweit angesagt und oft Ausdruck einer romantisch verklärten Sehnsucht der Grossstädter nach der Natur.

Pionierin Helena Greter in Zürich weiss, wie sich das Imkern in der Stadt von jenem auf dem Land unterscheidet.

Nahe dem Zürcher Rieterpark steht ein rotes Häuschen, in dem sechs Bienen-völker den Winter 2010/11 überstanden haben. Im Frühling zogen neun weitere Schwärme ein – nicht von allein. Vier fing die Feuerwehr ein, fünf die Bio login Helena Greter. «In der Stadt gibt es etliche verwilderte Bie-nenschwärme, die den Winter in freier Wildbahn überleben», sagt sie.

Seit 2004 ist sie die Königin der Königinnen im roten Häuschen. Helena Greter ist eine Stadtimkerin, und als solche hat sie nichts gemein mit dem Image liebenswerter älteren Herren, die auf dem Land diesem Hobby frönen. In Rand quartieren sei Urban Beekeeping seit Jahren aktuell, so Rosmarie Füchslin, co-Präsidentin vom Verein Zürcher Bienenfreunde. «Die Nachfrage nach Kursen ist gestiegen. Besonders Frauen interessieren sich für die Imkerei.» Dabei sei es sehr schwierig, in der Stadt Zürich einen Standplatz für Bienen zu finden. Zudem sei die Imkerei wegen der Varroa-Milbe oder der Sauer- und der Faulbrut anspruchsvoller geworden, so dass die Mitgliederzah-len in den vergangenen Jahren kaum angestiegen seien. Für Peter Albertin, den Prä sidenten des Bienenzüchtervereins Winterthur, ist die Völkerdichte in und um Winterthur zu hoch: «Es stehen zu viele Völker in zu kleinem Um-kreis. Ideal wären Abstände von tausend Metern und höchstens 15 Völker pro Standplatz. Wir treffen aber Standabstände von kaum 200 Metern und bis zu 45 Völker pro Platz an – das sind Krankheitsherde.» Helena Greter bekommt häufig Anfragen von Städterinnen und Städtern, die Bienenvölker halten möchten. Dabei ist das alles andere als einfach. Greter rät zum zweijährigen Imkerkurs, der etwa vom Verein Zürcher Bienenfreunde organisiert wird. «Dazu muss sich der Lifestyle-Imker erstmal mutig einem Verein annähern.» meint sie schmunzelnd.

Schaut man Richtung Himmel, bemerkt man, dass die Bienen das Häus-chen nicht ziellos verlassen, sondern eine Hauptrichtung einschlagen, je nach Standort der Tracht. Die Tracht – damit ist kein folkloristisches Kleidungs-stück gemeint, sondern das Blütenangebot im Umkreis von etwa drei Kilome-tern. Zurzeit liegt der süssliche Duft von Lindenblüten in der Luft. Das Blüten-angebot in der Stadt Zürich ist dank zahlreichen Parks, Gärten, Magerwiesen und Brachflächen in der ganzen Bienensaison gross. «Die Bienen leiden in der Stadt Zürich nicht an Hunger, weshalb wir keine spezielle Trachtförderung betreiben», erklärt Marianne Fritzsche, Projektleiterin Naturschutz von Grün Stadt Zürich. Während Stadtbienen von Frühjahr bis Spätherbst paradie-sische Zustände vorfinden, haben ihre Verwandten auf dem Land oft zu wenig Nahrung. Gründe dafür sind intensive Landwirtschaft, Monokulturen und blumenarme Fettwiesen. «Ist der Raps verblüht, müssen Imker auf dem Land ihren Bienen oft schon im Juni mit Zuckerwasser füttern», sagt Helena Greter.

Abgase scheinen die Bienen kaum zu störenIn ihrem Häuschen riecht es nach Bienenwachs. Holztäfelung und Holz-

boden sorgen für chalet-Atmosphäre. Auf den einzelnen Türchen der Bienenkästen ist mit Kreide notiert, wann Helena Greter was erledigt hat. Nicht ohne Stolz zeigt sie eine ihrer Tüfteleien. Im unteren Teil eines Bienenkas-tens, wo die Bienen ihre Brut aufziehen, lässt sie sie wilde Waben bauen: Die

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Waben hängen tropfenförmig herab wie in der Natur. Für Honigwaben aber eignet sich dieser Naturwabbenbau nicht, zu fragil sind diese Meisterwerke für das Schleudern.

Greters «Honig us Züri» bleibt im Glas für Monate flüssig. «Die grosse Blütenvielfalt in der Stadt macht ihn heterogener, die Nektarmoleküle pappen nicht so rasch zusammen», sagt die Biologin. Welchen Einfluss haben Schädlingsbekämpfungsmittel und Abgase auf Bienen und die Qualität des Stadt honigs? Die in der Landwirtschaft verwendeten Pestizide schädigen das Nervensystem und den Orientierungssinn der Bienen – Glück haben jene in der Stadt, wo es solche Gifte nicht gibt. Abgase scheinen Bienen kaum zu stören. Was die Frage möglicher Verunreinigungen betrifft, schneiden Land- und Stadthonig gleich gut ab: «Die Biene wirkt als Filter für Umweltrück-stände. Unsere Untersuchungen haben kaum Rückstände aus Landwirt-schaft und Verkehrs emissionen gezeigt», sagt Peter Gallmann, Leiter des Zentrums für Bienen forschung der Forschungsanstalt Agroscope.

Die Varroa-Milbe ist die Hauptursache fürs Bienensterben«Der Imker kommt immer zu spät», lautet ein gerahmter Spruch an der

Holztäfelung, den Helena Greters Vorgänger hinterlassen hat. Was heisst das? «Mich faszinieren verwilderte Bienenschwärme in der Stadt – sie beweisen, dass Bienen auch ohne Imker zurechtkommen. Doch wer Honig möchte, muss Eingriffe in die Völker vornehmen. Dabei stellt sich die Frage nach dem rich-tigen Zeitpunkt. Wenn ein Volk schwärmt, ist es weg und der Imker eben zu spät», sagt Helena Greter. Die von der Feuerwehr eingefangenen Bienen-schwärme können für zehn Franken pro Kilogramm Bienen gekauft werden – ein Schnäppchen, wenn man weiss, dass ein vollentwickeltes Bienenvolk, regulär rund 300 Franken kostet. Der Grund für diesen hohen Preis liegt im massenhaften weltweiten Bienensterben. So hat die Zahl der Bienenvölker in den Industriestaaten der Nordhalbkugel seit 2006 im Durchschnitt um 30 Prozent abgenommen. Selbst die Vereinten Nationen sind beunruhigt: Rund 30 Prozent der globalen Nahrungsmittel sind vom Bestäuben durch Insek-ten, mehrheitlich Honigbienen, abhängig. Deshalb gilt die Honigbiene als drittwichtigstes Nutztier in Europa, nach Schwein und Rind. Die Gründe für den Kollaps ganzer Bienenvölker (colony collapse Disorder, ccD) sind vielfältig. Die Spekulationen reichen von Pestiziden und transgenen Pflanzen über schlechte oder einseitige Ernährung in Monokulturen bis zur Mobil-funkstrahlung. Die in den 1980er-Jahren aus Fernost eingeschleppte Varroa-Milbe gilt als Hauptursache. Weil aber zwischen dem Auftauchen der Milbe und dem ccD rund zwanzig Jahre liegen, kann sie kaum die einzige Ursache sein. Zwei Seuchen, die Sauer- und die Faulbrut, schwächen die Bienen-völker zusätzlich. Und wie sieht die Sterblichkeit bei der Stadtbiene aus?

Erstens ist sie keine eigene Rasse. Zweitens sind Stadtbienen von Seuchen und der Varroa-Milbe ebenso betroffen wie Landbienen. «Mir sind keine Daten bekannt, die belegen oder Hinweise geben, dass Bienen in der Stadt weniger Sauerbrut, Faulbrut oder Varroa haben», stellt Peter Gallmann von Agroscope klar. Dieser Auffassung ist auch Helena Greter, Inhaberin eines Master-Abschlusses in Bienenpathologie. «Seit 2010 müssen die Standorte der Bienenvölker dem kantonalen Veterinäramt gemeldet werden. Bricht etwa Sauerbrut aus, gilt die Meldepflicht, betroffene Bienenvölker werden getötet, und es wird ein Sperrkreis gezogen: Im Umkreis von fünf Kilometern dürfen keine Völker verstellt oder gehandelt werden, alle vorhandenen werden kontrolliert und überwacht», erklärt Helena Greter. In und um Winterthur

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herum liegen zurzeit viele Standorte in solchen Sperrkreisen, weiss Peter Albertin vom Bienenzüchterverein Winterthur. Das Gerücht, Stadtbienen seien weniger anfällig auf Krankheiten und Varroa, ja sogar resistent, kann fatal sein: Leichtgläubige Stadtimker bekämpfen oder melden die Krank-heiten nicht, was deren Ausbreitung fördert. Bei der Sauerbrut-Epidemie 2011 seien die ersten betrof fenen Bienenstände ausgerechnet in den Städten Zürich und Winterthur registriert worden, so Albertin. Dennoch liest man immer wieder, Stadtbienen seien robuster als Landbienen. Wenn für den Kollaps ganzer Bienenvölker mehr Faktoren als Sauer- und Faulbrut sowie Var-roa-Milben verantwortlich sind, rücken unterschiedliche Umweltbedingun-gen von Stadt und Land ins Blickfeld.

Deutlich sind diese in Frankreich, dem grössten Agrarland der EU, wo Monokulturen dominieren – riesige, monochrom grüne Wüsten. Dort fehlen den Bienen Blumen, Hecken und Bäume. Die Vermutung: Das Immunsystem der Immen ist wegen des zu geringen und einseitigen Futterangebots und wegen der Pestizide geschwächt. In Städten wie Paris dauert das Trachtangebot länger, es ist vielfältiger. Diese Vielfältigkeit, vermutet yves Loublier vom centre national de la recherche scientifique in Paris, stärke das Immunsystem der Bienen. Dass die Bienen in Grossstädten bis fünfmal so viel Honig pro-duzieren wie ihre kränkelnden Schwestern auf dem Land, liegt auch an den urbanen Temperaturen: Dank einem milden Mikroklima finden die Bienen früher und länger Blüten, sie «arbeiten» früher und länger im Jahr (ab/bis 8 °c).

Unternehmen bessern mit Beekeeping ihr Image aufOb in Berlin, Bochum, Genf, Hamburg, London, München, New york,

Paris, San Francisco, Wien, yverdon oder Zürich: Die Liste der Urban-Bee-keeping-Gemeinden wächst und ihre Fürsprecher werden immer prominen-ter. Michelle Obama setzte 2010 im Garten des Weissen Hauses auf Urban Gardening und liess auch Bienenkästen installieren. In New york hob Bürger-meister Michael Bloomberg im März 2010 das Verbot der Bienenhaltung auf und verpasste dem Big Apple so ein grüneres Image. Zuvor hatte der Honig aus der Bronx oder aus Brooklyn den Hauch der Illegalität, Guerilla-Beekee-ping war das Pendant zum Guerilla-Gardening. In Berlin haben Stadtimker Tradition: Rund 500 Imker und etwa 3000 Bienenvölker leben dort, der erste Quartier-Imkerverein wurde 1864 gegründet. Die Motive hinter Urban Garde-ning treiben auch den Urban-Beekeeping-Boom an: lokal produzierte, ge-sunde Lebensmittel, Sehnsucht nach Natur, Selbstversorgerfantasien, Sorgen um Nachhaltigkeit und Biodiversität, Ausgleich zum hektischen Berufsalltag.

Urban Gardening und Beekeeping galten einst als Wahrzeichen der Spiessbürger, sind jetzt aber en vogue. Oder wie die Süddeutsche Zeitung es in ihrem legendären «Streiflicht» formulierte: «Wer beim Bionade- Schlürfen im Szenecafé nicht mindestens acht gut sichtbare Stichverletzun-gen vorweisen kann, muss sich ernsthaft Gedanken um sein urbanes Prestige machen.» Nicolas Gallon, Fotograf aus Paris, schreibt über das boomende Urban Beekeeping in seiner Stadt: «Nouvelle mode, engagement écolo ou pas-sion temporaire de bobos en manque de nature.» Bobos (bourgeois-bohèmes) sind gebildete, gut ver dienende junge Grossstädter. Sie sind bürgerlich, pflegen aber einen (Künstler-)Lebensstil, der aufgesetzt wirkt. Sie imitieren städtische Szenen und Subkul turen und ziehen in Trendquartiere wie Kreuz-berg, Quartier Latin oder den Zürcher Kreis 5, wo sie mit ihrer Kaufkraft dafür sorgen, dass die Mieten rasch steigen und ursprüngliche Bewohner sowie Szenen verdrängt werden.

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Auch Unternehmen wollen mit Urban Beekeeping ihr Image aufpolie-ren. So lebt Nicolas Geant, Stadtimker in Paris, nicht vom Honigverkauf, sondern von der Installation und Pflege von Bienenkästen für Firmenkunden. «60 Bienenkästen sind es zurzeit», sagt Geant. Zu finden sind sie auf dem mondänen Grand Palais an der Seine, bei Louis Vuitton beim Pont Neuf oder bei Électricité de France (EDF) in La Défense. Der französische Stromgigant EDF mit rund 60 Atomkraftwerken betreibt mit Bienenkästen auf dem Dach Greenwashing, derweil der Luxusgüterkonzern Louis Vuitton seine Stadtbie-nen als «ernsthaftes Engagement» verstanden wissen will. Da es aber leichter ist, eine Louis-Vuitton-Tasche zu tragen, als ein Bienenvolk zu halten, über-lässt das Luxushaus die Bienenarbeit Nicolas Geant. Die Unternehmen möch-ten sich ein nachhaltiges Image verpassen, aber keine Zeit aufwenden – ein bestechendes Geschäftsmodell von Nicolas Geant.

Nach einem hektischen Arbeitstag setzt sich Helena Greter eine Weile neben ihr Häuschen, bevor sie mit den Bienen in Kontakt tritt. «Um runter-zukommen», sagt die Stadtimkerin. Wie verwendet sie ihren Honig? Ihre Antwort überrascht: «Ich mag Süsses wie Honig eigentlich gar nicht, höchs-tens in einem Joghurt mit Nüssen. Im Dorf, wo ich aufwuchs, musste ich unseren Honig bei der Imkerin holen. Die Frau meinte es gut mit mir, als sie den Löffel tief in den Honigtopf tauchte und ihn mir in den Mund steckte, aber ich bekam schier keine Luft mehr», sagt Greter und lacht. «Vielleicht ist das der Grund.»

Die Imkerin und Biologin ermutigt jeden, der Bienen halten möchte. Trotzdem lächelt sie wieder verschmitzt und sagt: «Erst dann sehen sie, wie viel Arbeit die Imkerei bedeutet und welches Frustpotenzial sie beinhaltet: Jahre mit wenig oder fast keinem Honig, entwischende Schwärme, Bienensti-che, Krankheiten und im Frühjahr Schimmel in den Kästen.» Für Helena Greter ist klar: Sie will dranbleiben, ihre Doktorarbeit in Epidemiologie schrei-ben und weiterhin in Ruhe ihren «Honig us Züri» herstellen. Bienenhaltung ist eine persönliche Einstellung, ein Lifestyle, aber keiner für abgehobene Bobos. Wer imkern möchte, muss sich Zeit nehmen, denn eine Ertragsgaran-tie gibt es genauso wenig wie die kleine, schlaue Biene Maja.

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Greter nimmt eine Probe ihres «Honig us Züri».

Petiton für den Schutz der Bienen eingereichtZusammen mit Imkern hat Greenpeace Schweiz den Behörden in Bern die Petition zum Schutz der Bienen überreicht. Darin fordern 80 103 Menschen einen sofortigen Einsatzstopp von bienenschädlichen Pestiziden in der landwirtschaft. Die Unterschriften kamen in nur einem Jahr zustande. Mehr zum thema unter: bienenschutz.ch

Schulbesuch-Gutschein zum thema Bienen

Biene sein ist kein honigschlecken. Darum bringen wir die Bienen in ihre Schule! Sind Sie selber lehrerIn oder kennen Sie lehrpersonen? Wenn ja, dann melden Sie sich unter tel. 044 447 41 29 für einen Schulbesuch an. Sie erhalten gratis eine DVD von «More than honey» und dazu einen Gutschein für einen Schulbesuch von Greenpeace.

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Interview mit hans Stöckli, Präsident des Bienen-züchterverbands beider Basel

Greenpeace: In der Stadt gibt es fast keine Insektizide und viele Blumen, zudem sind die Temperaturen höher als im Umland. Gibt es etwas, das «Stadtbienen» mehr be-lastet als Bienen auf dem Land?

Hans Stöckli: Die Flora in Stadtgebieten ist vielfältiger, die Blütezeit übers Jahr verteilt. Die Pollen sind daher besser als jene aus Mono-kulturen auf dem Land. Das in der Stadt etwa drei Grad wärmere Klima bewirkt, dass sich Flo-ra und Bienenvölker einen Monat früher en t-wickeln können. Man könnte vermuten, dass Abgase belastend für Bienen seien. Im Jahr 1985 untersuchte das baselstädtische Lebensmittel-labor die Bienenhonige auf Schwermetalle hin. Die Belastung war unbedeutend, da der Bienen-körper als Filter wirkt. Bei hoher Bienendichte ist die Reinvasion durch die Varroa-Milbe mehrfach höher als auf dem weniger dicht mit Bienenvölkern besiedelten Land. Ich denke, dass in der Stadt Basel eine vernünftige Bienen-völkerkonzentration erreicht ist. Bei mehr würden die Bienen beim Futterangebot in Kon-

kurrenz treten, was zur Räuberei verleitet. Bienen stechen: In von Menschen dicht besiedel-ten Gebieten ist ihre Haltung deshalb einge-schränkt. Begutachtet werden die Bienenstand-orte vom Bieneninspektor (Veterinärwesen).Wer nimmt an Ihren Imkerkursen teil?

Pro Jahr werden etwa 30 Neuimker in einem Grundkurs ausgebildet. Steigend ist das Inter-esse der Frauen. Der Kurs umfasst in zwei Jahren je acht Halbtage. Etwa zwei Drittel der Teil-nehmenden halten danach Bienen. Die Anfragen haben sich 2012 verdoppelt. Die Teilnehmer stammen aus vielen Berufs- und Altersgruppen, vorwiegend sind sie 30- bis 40-jährig.Was erwarten Sie vom «Bienen-Professor» Peter Neumann? Es sei geplant, an asiati-schen und afrikanischen Bienen zu forschen, die besser mit der Varroa-Milbe zurecht-kommen. Soll eine solche Bienenrasse im-portiert werden?

Die zentrale Frage lautet: Was hat sich global so sehr verändert, dass das Bienensterben aufkam? Die Forschung mit Bienen im Ausland befürworte ich, um Erkenntnisse in der Mole-kularbiologie zu bekommen. Den Import von Bienen lehne ich aber ab. Eine Biene kann sich nicht selbst entmilben, weil sich die Varroa auf ihren Rücken flüchtet. Varroa ist bei den Bienen noch nicht als Feind erkannt, sonst würden sie sich gegenseitig entmilben. In

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Regenwald-Rodung gestoppt

nach einer dreijährigen Kampagne von Green-peace und anderen Umweltgruppen stellt asiens grösster Papierhersteller aPP (asia Pulp and Pa-per) ab sofort die abholzung in den letzten Regen-wäldern Indonesiens ein. Der Konzern exportiert aus Indonesien und China Papier für Zeitschrif-ten, Verpackungen, Kopierer und toilettenartikel. Dem Erfolg gingen intensive Gespräche zwischen Greenpeace und aPP voraus. Zahlreiche deut-sche Unternehmen konnten über die Jahre über-zeugt werden, den Einkauf von aPP-Papier aus-zusetzen, darunter adidas, Montblanc, Metro und tchibo. «Der abholzstopp ist eine atempause für Orang-Utans, Sumatra-Elefanten und die letzten Sumatra-tiger», sagt Oliver Salge, Waldexperte von Greenpeace Deutschland. Eine wesentliche Rolle spielten auch die Unternehmen in Deutsch-land, die durch den Verzicht von Geschäften mit Urwaldzerstörern Druck ausübten. «Das ist ein Erfolg für alle, die unsere Kampagne unterstützt haben», sagt Salge.

landwirtschaft:EU will gewisse Pestizide

verbietenUm das Bienensterben aufzuhalten, will die EU drei Pestizide für zwei Jahre verbieten, darunter auch Produkte des Schweizer agrokonzerns Syn-genta. Die Schweiz überlegt, sich dem Verbot an-zuschliessen. Gemäss Matthias Wüthrich, Fach-mann von Greenpeace, geht der Vorschlag aus Brüssel noch nicht weit genug: «In vielen teilen Europas geht die Bienenpopulation rapide zurück. Das Verbot einiger weniger gefährlicher Pestizide währe nur ein sehr begrenzter Schutz.»

Gentech: neue Freisetzungsversuche

angekündigtDie Universität Zürich hat ein Bewilligungsgesuch für eine neue Serie von Freisetzungsversuchen mit Weizen beim Bundesamt für Umwelt (BaFU) eingereicht. Der Standort soll 2014 auf einem ge-schützten Versuchsfeld, welcher von agroscope eingerichtet wird, durchgeführt werden. Orga-nisationen wie etwa der Verein Schweizerische arbeitsgruppe Gentechnologie (SaG) stellen den nutzen der bevorstehenden Versuche für die Schweizer landwirtschaft in Frage. Erneute Ver-suche mit genmanipuliertem Weizen sind wenig sinvoll, da sie teuer sind und keine Erkenntnisse für die Schweizer landwirtschaft bringen.

Public EyeIn Sichtweite des WEF brandmarkten Green-peace Schweiz und die Erklärung von Bern (EvB) im Januar mit der Vergabe der Public Eye awards besonders krasse Fälle von Profitgier und Um-weltsünden von Unternehmen. Den diesjährigen Jurypreis erhält die US-Bank Goldman Sachs. Der Publikumspreis ging nach dem Willen von 41 800 Online-Votern an den Ölkonzern Shell.Mit der nomination von Goldman Sachs verdient auch der folgende Filmhinweis besondere Unter-stützung:

Wer rettet wen«Wer rettet wen?» entsteht als «Film von unten», finanziert von denen, die ihn sehen wollen, die ihn zeigen wollen, die dieses hilfsmittel als aufklä-rung brauchen. Die Produktion wird also durch die Mithilfe und die breite Unterstützung zahllo-ser engagierter Privatpersonen, Organisationen (darunter attac, WEED, helvetas, Urgewald, Mehr Demokratie etc.), Initiativen und alternativer Me-dien getragen. Förderer erhalten eine DVD-Kopie inklusive Vorführlizenz und haben so die Möglich-keit, den Film im Rahmen von tagungen, Vorträgen, Kulturveranstaltungen etc. bei ihrer politischen arbeit einzusetzen. www.wer-rettet-wen.org/index.php/de

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Solar telefonieren und surfen

Für acht Franken hat man ein ganzes Jahr lang die Sonne dabei. Die Solarvignette 2013 fürs handy liefert Solarstrom ab jeder Steckdose und fördert ein Jugendsolar-Projekt. Die Solaranlagen werden mit Jugendlichen vom Projekt Jugendsolar by Greenpeace gebaut. Für jede verkaufte Solarvignette wird beim Produzen-ten Solarstrom eingekauft. aktuell wird der Strom für die Solarvignetten auf dem Stalldach eines Biobauers im Kanton Schwyz produziert. Die erste «Solartankstelle» entstand 2002 für Elektro velos. Seither ist das Projekt gewachsen: 2009 kam die Solarvignette fürs handy dazu, 2012 die Solarvig-nette Plus mit einem Spendenbeitrag für innova-tive Solarprojekte in afrika oder der Schweiz.Gerne werden Solarvignetten weiterverschenkt, da sie sich als nachhaltiges Geburtstags- oder Wer-begeschenk eignen. Bestellen kann man die So-larvignette online unter www.solarvignette.ch oder mit einem E-Mail an [email protected].

Über 10 000 Menschen ziehen den Bundesrat zur

VerantwortungÜber 10 000 Menschen haben den Bundesrat innert einer Woche aufgefordert, endlich konkre-te Schritte zu unternehmen, um die Schweizer Konzerne weltweit zur Einhaltung der Menschen-rechte und Umweltstandards zu verpflichten. Die Koalition «Recht ohne Grenzen» rief anlässlich des WEF auf zur aktion «Ziehen Sie den Bundesrat zur Verantwortung».In nur sieben tagen haben die Engagierten Wirt-schaftsminister Schneider-ammann und aussen-minister Burkhalter per Mail dazu aufgerufen, sich für ein Gesetz starkzumachen, das Konzerne mit Sitz in der Schweiz verpflichtet, Menschenrechte und Umweltschutz weltweit zu respektieren. Im vergangenen Sommer hatte «Recht ohne Gren-zen» eine Petition mit den gleichen Forderungen

einge reicht, die von über 135 000 Personen unter-zeichnet worden war. Doch während in anderen ländern darüber diskutiert wird, wie freiwillige Massnahmen mit gesetzlichen Vorschriften kom-biniert werden können, setzt der Schweizer Bun-desrat noch immer allein auf die Selbstverantwor-tung der Firmen.Dabei zeigte der Bundesrat am 23. Januar 2013 in der Botschaft zum Bundesgesetz über Söldnerfir-men, dass er durchhaus bereit ist, gesetzliche Vor-schriften zu erlassen, wenn er die Reputation der Schweiz gefährdet sieht. Darin verbietet er Sicher-heitsfirmen mit Sitz in der Schweiz, tätigkeiten auszuüben, die schwere Menschenrechtsverlet-zungen begünstigen. Es ist höchste Zeit, dass er auch für andere Schweizer Unternehmen, die oft in menschenrechtlich und ökologisch sensiblen Bereichen tätig sind, verbindliche Regeln erlässt.

2. Jahrestag Fukushima: Der Widerstand gegen

die atomenergie geht weiterDie Katastrophe in Fukushima ist noch nicht zu Ende und ein ähnlicher atomunfall könnte über-all passieren: Mit dieser Botschaft haben anläss-lich des 2. Jahrestages am 11. März auch in der Schweiz verschiedene Greenpeace-aktivitäten stattgefunden, darunter eine Veranstaltung mit dem japanischen nuklearingenieur Masashi Goto und eine spektakuläre GaU-Projektion auf das aKW Mühleberg. Ein weiterer höhepunkt war die Errichtung eines fünf Meter hohen anti-aKW-turms auf dem Münsterplatz in Bern: 300 atom-gegner und atomgegnerinnen versammelten sich und bauten mit ihren farbigen Schildern ein holz-Mahnmal auf, auf dem zum Beispiel «Kernkraft ist auf dem holzweg» und «Die Sonne scheint gratis» zu lesen war.

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Strafanzeige gegen aKW Gösgen und leibstadt

Die Betreiber der atomkraftwerke Gösgen und leibstadt haben angeblich Bilanzen geschönt, um Kosten zu drücken und das Märchen vom billigen atomstrom weiter erzählen zu können. Green-peace und der trinationale atomschutzverband haben deshalb gemeinsam eine Strafanzeige eingereicht. Die Strafverfolgungsbehörden der Kantone Solothurn und aargau klären jetzt, ob Rechnungslegungsvorschriften missachtet wur-den und ob in den aktiven Beträge ausgewiesen werden, die nicht werthaltig sind. Die Klage verfasst hat anwältin und Finanzmarkt-rechtsprofessorin Monika Roth. Durch die Bilanz-manipulationen seien die Betreiber in der lage gewesen, ihr Eigenkapital aufzublasen und die Kosten für atomstrom künstlich niedrig zu halten. Greenpeace-atomexperte Florian Kasser mein-te vor den Medien: «falls die Justiz nicht eingreift, zahlt am Schluss die Bevölkerung die Zeche.»

DetoxEine neue Greenpeace-Studie, «Schadstoffe in textilien», hat gezeigt, dass von insgesamt siebengetesteten Kleidungsstücken der Eigenmarken von Migros und Coop keines schadstofffrei ist. Mit dem Erscheinen der Studie verpflichtete sich Coop als erste Schweizer Firma dazu, bis 2020 alle gefährlichen Chemikalien aus der Produk-tionskette zu verbannen. Zum öffentlichen Ver-sprechen gehören die vollständige Eliminierung von per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) aus der Produktionskette bis September 2013 und die Eliminierung von alkylphenolethoxylaten bis Ende 2013. Coop wird bis Ende Jahr der Öffent-lichkeit sämtliche Daten über die verwendeten Chemikalien von 15 Produktionsstätten zugäng-lich machen. auch die Migros zeigt sich gerne als Firma, die sich für die Umwelt und künftige Generationen engagiert. Und mit «Generation M» gibt sie verbindliche Versprechen ab. Doch ein glaubwürdiges Detox-Versprechen hat sie bisher leider abgelehnt.Mit dem Slogan, «Migros — ein M giftiger» sind Greenpeace-aktivistinnen und -aktivisten der Migros deshalb unters Dach geklettert. Sie forder-ten den Grossverteiler auf, bis spätestens 2020 alle gefährlichen Chemikalien aus der gesamtenProduktionskette ihrer Kleider zu eliminieren.

Daraufhin publizierte die Migros auf ihrer «Gene-ration M»-Website ein neues Versprechen, wo-nach das Unternehmen bis Ende 2017 alle textili-en der Eigen marken nach seinen Eco-Richtlinien herstellen werde. Das ist ein erster Schritt, doch es fehlt ein Massnahmenkatalog mit Zeitplan, bis wann die Migros die drei gefähr lichsten Chemi-kaliengruppen, alkylphenolethoxylate, PFC und Weichmacher verbannen wird. Diese internationalen Unternehmen haben bis jetzt ein Versprechen für eine saubere Prouktions-kette abgegeben: nike, adidas, Puma, h&M, M&S, C&a, li-ning, Zara, Mango, Esprit, levi’s, Uniqlo, Benetton, Victoria’s Secret, G-Star Raw, Valentino und Coop. Ein Update dieser Kampagne finden Sie auf unse-rer Website unter greenpeace.ch/migros.

Effizienz-Initiative: Ein grosses Dankeschön!

Begeistern, argumentieren, überzeugen. Draus-sen auf den Strassen in der Kälte, aber auch da-heim in warmen Stuben: Es hat sich gelohnt! In Rekordzeit von sieben Monaten haben wir die kritische Grenze von 100 000 benötigten Unter-schriften für die Effizienz-Initiative überschritten. Wir, das sind alle Menschen, die unermüdlich ge-sammelt haben. Dafür ein grosses Dankeschön! Und wir, das ist die breite allianz aus Umweltor-ganisationen, Politik und Wirtschaft, die sich für dieses wichtige anliegen zusammengefunden hat. nun wird sich der Bundesrat in seiner Ener-giestrategie mit verbindlichen und ambitiösen Stromverbrauchszielen auseinandersetzen müs-sen. Und das ist gut so. Mit Effizienz lassen sich eindrückliche 80 Prozent des Stroms einsparen, der heute in aKW produziert wird.

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Zu den Gewinnern des diesjährigen Energieprei-ses Watt d’Or gehört der Designer Reto Schmid, ein Ex-Zivildienstleistender von Greenpeace. Der Jungunternehmer hat mit dem Innovationshaus Creaholic aus Biel die energieeffiziente Dusch-wanne Joulia (www.joulia.com) entwickelt, welche gebrauchtes warmes Wasser zum Vorwärmen des Frischwassers benutzt. nebenbei hat Reto die Energie academy von Greenpeace besucht; Im folgenden Interview schildert er, was ihn daran besonders beeindruckt hat.

Greenpeace: Reto, was hat Dich dazu bewo-gen, an der Energy Academy teilzunehmen? Reto Schmid: Statt anderen nachzuplappern, wollte ich in der lage sein, mit guten argumen-ten zu überzeugen, dass erneuerbare Energi-en unsere Zukunft sind. auch wollte ich lernen, Gegenspielern besser zu widersprechen. Durch den Kurs habe ich einen guten Überblick über die Energiepolitik in der Schweiz gewonnen und ge-sehen, dass eine Energiewende mit 100% Erneu-erbaren möglich und eine grosse Chance ist.

Hat es Dir auch etwas für Deine tägliche Ar-beit gebracht?Es hat mich in meiner Grundhaltung bestätigt: Die Zeit für unser Produkt ist reif. Ich bin jetzt nicht un-bedingt ein besserer Verkäufer, aber ich bin sicher glaubhafter.

Dann bist Du jetzt parat, um in die Politik einzusteigen?als Unternehmer auch Politik zu betreiben, fin-de ich gut. Es braucht aber sehr viel Energie, um

beides zu machen. Momentan bereiten mir das Entwickeln von cleveren Produkten, welche eine echte alternative darstellen und zum gleichen Ziel führen, mehr Freude als langwierige politi-sche Prozesse.

Dein Alltag ist aber sicher auch nicht immer einfach. Was motiviert Dich jeden Morgen,

die Schwierigkeiten eines Jungunterneh-mers zu bewältigen? Die leidenschaft für alternative lösungen, wel-che die Welt ein bisschen verbessern. all die überwundenen hürden geben einem Mut, die Schwierigkeiten, die noch anstehen, ebenfalls zu meistern. Dies funktioniert aber nur dank einem tollen team und viel Freude an der Sache.

Daten für das 2-tägie Intensivseminar «Energy academy» mit Dr. Rudolf Rechsteiner:16. und 23. august in Bern (2 Freitage)16. und 23. november in Zürich (2 Samstage)19. Oktober und 2. november in lausanne (auf franz., 2 samedis)Kursgebühr ChF 300.— (inkl. Unterlagen und Mittagessen)anmelden unter: [email protected]: Greenpeace Schweiz, heinrichstrasse 147, 8031 Zürich oder Informationen unter: greenpeace.ch/energyacademy

«Seit der Energy academy bin ich glaubhafter»

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Ich öffne ein PDF mit dem Green-peace-Handbuch, das im März erscheinen wird. Bei einem ersten Scrollen durch die Seiten be-schleicht mich ein nostalgisches Gefühl. Das Buch ist natürlich topaktuell, und trotzdem lädt es mich zu einer sehr persön lichen Rückschau ein. Genau das soll es auch, denn als ehemaliger Pro-jektleiter des «Alternativen Bran-chenbuches der Schweiz» wurde ich von Greenpeace angefragt, darüber zu schreiben.

Das Alternative Branchenbuch der Schweiz war 1988 nicht das erste Handbuch für Ökologie. Ein Vorbild war zum Beispiel der von 1968 bis 1972 erschienene «Whole Earth catalog». Es war jedoch der umfangreichste Versuch, in allen möglichen Branchen nach umwelt-freundlicheren Alternativen zu suchen. Das Resultat: ein Einkaufs-

führer mit über 5000 Adressen aus allen Landesteilen.

Eine wichtige Frage für um-weltbewusste Menschen war damals: Wo in aller Welt gibt es ein Geschäft, das Naturfarben oder Bio-Kosmetika verkauft. Nur ein kleiner Kreis von Insidern wusste es. Unser Anspruch war, dieses Wissen für alle verfügbar zu machen. Eine Arbeit, die Such-maschinen heute in Sekunden erledigen, bedingte damals noch monatelange Recherchen.

Die Verfügbarkeit von Diens-ten und Produkten ist mittlerweile weniger das Problem. Die öko-logischere Alternative steht oft im Supermarkt gleich neben den konventionellen Produkten. Wis-sen, Ratschläge und Einsichten sind daher wichtiger als Adressen. Dieser Entwicklung trägt das Greenpeace-Handbuch Rechnung.

Trotzdem erstaunt es, dass ge wisse Themen sich inhaltlich überhaupt nicht verändert haben. Der Text über Kosmetik hätte schon vor 25 Jahren im Alternativen Branchenbuch stehen können. Und wahrscheinlich sind es noch immer die gleichen Firmen, die die empfehlenswertesten Produkte herstellen.

Trotzdem hat sich im letzten Vierteljahrhundert viel verändert. Wie sich aus den Anfängen der Idee «Nutzen statt besitzen» eine Genossenschaft mit über 100 000 Mitgliedern entwickelt hat, ist ein positives Beispiel. Wie der pro Kopf erzeugte Elektroschrott in der gleichen Zeit exponentiell gewachsen ist, ein negatives.

Was mir am Greenpeace-Handbuch gut gefällt, ist die Kon-zentration. Die beschriebenen sieben «grossen Herausforderun-

voM alternativen BrancHenBucH zuM greenpeace-HanDBucH

Unser Autor Thomas Diener* erzählt, wie sich Öko-Ratgeber in 25 Jahren gewandelt haben.

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gen» bündeln unsere Aufmerk-samkeit. Mit wenigen Tipps kön-nen wir, wenn wir sie beherzigen, unsere private Ökobilanz stark verbessern, ohne uns zeitraubend in 1001 Details zu verlieren.

Was mir im Handbuch per-sönlich fehlt, ist die Verbindung von Ökologie mit einem Lebens-stil, der gemeinschaftliches Leben und Vertragslandwirtschaft verbindet. Dies ermöglicht einen kleineren ökologischen Fussab-druck ohne Verlust an Lebens-qualität. So verbrauchen Haushal-te in einer coHousing-Siedlung bis zu 40 Prozent weniger Energie und 20 Prozent weniger Wohn-fläche als konventionelle Haushal-te. Kombiniert mit einem Ver-tragslandwirtschaftsprojekt vor der Haustür schrumpft der Fuss-abdruck noch einmal beträcht-lich. Ich wohne in einer Siedlung mit diesen Vorzügen und sehe die Attraktivität dieses Lebensstils. Vielleicht werden diese alterna-tiven Lebensstile in 25 Jahren genauso zum Mainstream gehören, wie heute die vor 25 Jahren als Spinnerei gewerteten Bioprodukte in jedem Supermarkt erhältlich sind.* Thomas Diener arbeitet als Moderator von Zukunftswerkstätten, Future-Search-Konferenzen und Strategie-Workshops und ist Initiator von verschiedenen Projekten, u.a. zum Thema (Co-)Kreative Gestaltung von Zukunft. Er hat lang jährige Erfahrung als Laufbahnberater und Life-Coach für Menschen in Ver-änderungsprozessen und ist Berater und Supervisor von Start-Ups, Vereinen und Genossenschaften. www.fairwork.chMitglieder können das Buch mit angabe der Mitgliedernummer zu einem Spezialpreis von ChF 17.— anstatt ChF 34.— unter [email protected] bestellen

Buchtipp

ÖlspurSchrottreife Tanker, Ölverschmut-zung, Komplizenfirmen, Bal-kankrieg – Lukas Erler verwebt die wirtschaftlichen und ökologi-schen Katastrophen unserer Tage zu einem rasanten Polit-Ökokrimi.lukas Erler. Erster Band einer Kriminal -trilogie. 336 Seiten, ChF 22.90, ISBn 978-3-0369-5611-4

Forstarbeit

Ab ins Bergwald projekt

Das Programm 2013 ist da. Matt, Sänger und Gitarrist der Schweizer Band 77 Bombay Street, hat An-fang Jahr seinen Zivildienst beim Bergwaldprojekt in Trin GR geleistet. «Ich wollte unbedingt draussen arbeiten. Die regelmässigen Geräusche der Zweimannsäge wa-ren Musik in meinen Ohren und inspirieren mich für zukünftige Songs. Und ich war immer wieder tief beeindruckt, was für coole Leute beim Bergwaldprojekt mit-machen.» Wo sich Naturschönheit und Naturkräfte begegnen, entsteht ein faszinierender Lebensraum. Son-nenwarmes Holz und Steinschlag, Vogelgezwitscher und Lawinen: Im Bergwald sind Idylle und Kata-strophe auf engstem Raum ver-flochten. Heute erfahren die meis-ten Menschen den Wald nur als

Erholungsraum. Der Bergwald leis-tet für die Gesellschaft aber noch weit mehr: Er produziert Holz, schützt vor Naturgefahren, ist Lebensraum für Tiere und Pflan-zen und verbessert die Qualität von Luft und Wasser. In einer Berg-waldprojektwoche erleben Frei-willige dieses sensible Nebenein-ander hautnah. Als gemeinnützige Organisation ermöglicht das Bergwaldprojekt seit 1987 Frauen und Männern von 18–88 Jahren einen einwöchigen Arbeitseinsatz zwischen April und Oktober. Zahnärzte und Haus-frauen, Musiker, Schreiner und Studentinnen arbeiten eine Woche gemeinsam für dasselbe Ziel: hier wird ein Begehungsweg gebaut, dort der Jungwald gepflegt und da-mit ein Beitrag zur Er haltung des Schutzwaldes geleistet. Neben kör-perlicher Arbeit im Freien wird auch viel Wissenswertes über den Wald vermittelt. In 26 Jahren haben durch das Berg-waldprojekt über 34 000 Freiwillige im Alpenraum 175 000 Arbeits-tage zum Erhalt des Schutzwaldes erbracht. Eine Bergwaldprojekt-Woche ist für die Freiwilligen kostenlos. Das Jahresprogramm 2013 findet sich auf www.bergwaldprojekt.org oder tel. 081 650 40 40. anmeldungen sind ab sofort möglich.

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Eine steigende Zahl von Menschen, die in Greenpeace ihre eigenen Werte wiedererkennen, denkt darüber nach, ihre Liegenschaft (Wohnung, Haus, Ferienwohnung) unserer Organisation testamenta-risch zu vermachen. Oft verbinden sie mit einer solchen Schenkung aber ökologische oder soziale Wünsche, die künftige Käuferinnen und Käufer zu respektieren haben. Zur Umsetzung dieser langfristigen Anliegen arbeitet Greenpeace deshalb mit dem Hausverein Schweiz zusammen. Ein Gespräch zu den Hintergründen. Greenpeace: Frau Bonnardin, als Zustän dige für Erbschaften bei Greenpeace sehen Sie sich zunehmend mit Anfragen von Spen derinnen und Spendern konfrontiert, die Greenpeace eine Liegenschaft vermachen möchten. Viele wollen dabei schon zu Lebzeiten sicherstellen, dass bei einem Verkauf bestimmte Auf-lagen erfüllt werden, etwa der Erhalt eines Baumbestandes. Wie reagieren Sie auf solche Anliegen?

Muriel Bonnardin: Es stimmt, jährlich erhalten wir rund ein Dutzend solcher und ähnlicher Anfragen. Das ist deutlich mehr als noch vor einigen Jahren. Sie kommen oft von Greenpeace-Spenderinnen und -Unterstützern der ersten Stunde, die uns seit langem die Treue halten. Ich kann diese Menschen sehr gut verstehen. Sie haben ihr Haus über lange Jahre gepflegt und gehegt, haben ökologisch saniert, einen verwunschenen Garten mit alten Bäumen gepflegt, oder da ist eine Katze, die auch nach dem Ableben dem Haus erhalten bleiben soll. Natürlich möchten wir diesen Wünschen entsprechen, aber uns fehlt zurzeit die Kompetenz, zu beurteilen, was von diesen Anliegen

von letzten wünScHen

«Auch der Erhalt eines Baum bestandes lässt

sich regeln.»Greenpeace arbeitet neu mit dem hausverein zusammen, um auflagen bei hausschenkungen zu erfüllen.

Die Zusammenarbeit zwischen Greenpeace Schweiz und dem hausverein Schweiz beinhaltet ein Beratungsmandat u.a. in allge-meinen Immobilienfragen oder kon-kret rund um das thema Vererben an Greenpeace.in Immobilienfragen rund ums thema Vererben an Greenpeace. Greenpeace-Spen-derInnen können unter angabe ihrer Mitgliedsnummer zum halben Preis eine Mitgliedschaft beim hausverein lösen (gilt für das erste Jahr) und profitieren von 15 Minu-ten Gratisberatung sowie anschlies-send von den Spezialkonditionen des hausvereins.Der 1988 gegründete hausverein betrachtet haus- und Grundbesitz als Geldanlage, die sozialen und umweltverträglichen Kriterien genü-gen muss. Spekulation mit Im mo-bilien lehnt er ab. hausverein und Greenpeace haben gemeinsam eine «Checkliste soziale und öko-logische Vor gaben beim haus-verkauf» ausgearbeitet. Der Erb-schafts-Ratgeber von Greenpeace und die Checkliste können be-stellt werden bei Muriel Bonnardin unter 044 447 41 64 oder E-Mail muriel.bonnardin@ greenpeace.org. Weitere Informationen: www.greenpeace.ch/hausverein.

Greenpeace- Mitglieder, die Mitglied beim haus verein werden möchten, benützen am besten die eingeklebte antwortworte auf Seite 68.

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sich erfüllen lässt und was nicht. Wir haben deshalb aktiv nach einer Partnerorganisation gesucht, die sich einerseits in solchen Dingen auskennt und anderseits auch unsere Werte und Anliegen teilt. Ich bin ziemlich rasch auf den Hausverein Schweiz gestossen, und wir haben uns gefunden. Herr Füllemann, sind Ihnen als Immo bilientreuhänder und Vorstandsmitglied des Hausvereins Sektion Zürich ähnliche Fälle bekannt?

Hansueli Füllemann: Sicher. Wer möchte nicht, dass sein Haus in Hände übergeht, die es so zu pflegen gedenken wie man selbst? Die Umsetzung ist allerdings nicht ganz einfach.Was sind die Probleme?

Füllemann: Im Kern geht es um den Wert einer solchen Ver-pflichtung. Eintragungen im Grundbuch sind nur sehr bedingt möglich, hier lässt sich allenfalls der langfristige Erhalt von bestehenden Mietverträgen regeln. Aber wenn man etwa den Garten erhalten will, der sich mitten in der Bauzone befindet gibt es im Grundbuch dazu keine rechtliche Handhabe. Was kann Greenpeace denn konkret tun, um solche Wünsche zu erfüllen?

Bonnardin: Man kann mit Käuferinnen und Käufern durchaus verbindliche Vereinbarungen treffen, etwa über die erwähnte Pflege der Katze oder den Erhalt der Bausubstanz. Solche Verpflichtungen können im Verkaufsvertrag festgehalten werden und gelten dann durchaus auch für spätere Käufer. Für den Fall einer Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen kann eine Konventionalstrafe vereinbart werden. Aber es gibt Grenzen. Je mehr solche Auflagen gefordert wer-den, desto schwieriger dürfte es werden, Käufer zu finden, die gewillt sind, sich daran zu halten. Und es ist natürlich auch eine Frage des Preises. Was raten Sie Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern mit solchen Verkaufs-Absichten?

Füllemann: Sie sollten sich beraten lassen. Greenpeace und die Experten des Hausvereins stehen jederzeit gerne für ein Beratungs-gespräch zur Verfügung. Bei einem solchen Gespräch geht es zuerst darum, die Wünsche aufzulisten, die wichtigen von den weniger wichtigen zu trennen und natürlich die realis tischen von den unrealis-tischen, um dann eine solide Grundlage für eine testamentarische Verfügung zu haben. Was kann Greenpeace versprechen? Und was nicht?

Bonnardin: Ein rechtlich verbindliches Versprechen können wir nur abgeben, wenn der Wunsch durch eine handschriftliche Aufnahme ins Testament, als Auflage, erwähnt wurde und sofern der Wunsch auch realistisch umsetzbar ist. Gerade darum erachte ich das vorgängige Gespräch als so wichtig. Wir können nicht Dinge zusichern, die wir gar nicht einhalten können. Aber wenn jemand etwa wünscht, dass sein Haus an eine Familie verkauft wird, werden wir diesen Wunsch mit Sicherheit erfüllen. Auch der Erhalt eines Baumbestandes oder einer ökologisch sanierten Bausubstanz lässt sich sicher mit einem Käufer regeln. Aber man muss schon auch sehen: Eine Garantie auf Ewigkeit können wir nicht abgeben. Das wäre unseriös. Wie sollen die potenziellen Erblasser vorgehen?

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Bonnardin: Ich empfehle ein Beratungs gespräch mit mir und einem Vertreter des Hausvereins. Dabei lässt sich eruieren, in welcher Form sich Wünsche zum Erhalt der Liegenschaft erfüllen lassen. Die Regel ist ein handschrift licher Zusatz zum Testament. Man kann aber auch die von uns vorbereitete checkliste ausfüllen, die ebenfalls dem Testament beigefügt wird. Im Gegensatz zum Eintrag im Testament ist die checkliste nicht rechtsverbindlich, aber wir sichern zu, dass wir uns für die letzten Wünsche einsetzen. Bei der Erarbeitung stehen wir gerne mit Rat und Tat zur Seite. Früher hätte man sein Haus wohl kaum einer Umweltorgani-sation vermacht. Woher rührt dieser Wunsch heute?

Bonnardin: Das spiegelt sicher den gesellschaftlichen Wandel der vergangenen Jahrzehnte. Oft haben die Spenderinnen und Spender keine Pflichterben – wie Kinder, Ehepartner oder Eltern – oder sie haben den Nachlass mit ihren Kindern schon geregelt. Manchmal verfügen sie auch einfach über eine grössere Erbmasse, die den Pflichtteil nicht angreift, wenn sie eine Immobilie einem Hilfswerk vermachen. Da spielt dann sicher das Motiv eine Rolle, per sönliche Werte weiterzuge-ben, die man selbst gelebt hat, etwa in Form eines ökologisch vor-bildlich sanierten Hauses.Greenpeace hat bislang stets ausgeschlossen, geerbte Liegen-schaften zu behalten. Andere Nichtregierungsorganisationen sind inzwischen selbst zu Liegenschaftsbe sitzern geworden. Ändern Sie diese Politik?

Bonnardin: Wir denken sicher darüber nach und eine Öffnung in dieser Frage ist wahrscheinlich. Wie müsste man sich das vorstellen?

Bonnardin: Greenpeace wird solche Lie genschaften sicher nicht selber verwalten und wir würden uns den Sachverhalt auch genau anschauen, bevor wir zusagen. Verluste könnten wir gegenüber unseren Spenderinnen und Spendern nicht verantworten. Aber da haben wir dank unserer Zusammenarbeit mit dem Hausverein den richtigen Part-ner gefunden. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Expertinnen und Experten des Hausvereins solche Fälle in unserem Auftrag prüfen. Und was hat der Hausverein von der Kooperation mit Greenpeace?

Füllemann: Wir teilen Ideale und Visionen. Das ist das eine. Und als kleiner Verband mit 11 000 Mitgliedern erhoffen wir uns sicher auch, das eine oder andere der 160 000 Greenpeace-Mitglieder mit in unser Boot zu holen. Das stärkt uns und unsere Sache.

Das Interview führte Urs Fitze, Pressebüro Seegrund

Zu den Personen: hansueli Füllemann hat als Bauingenieur Eth abgeschlossen und ist heute Immobilientreuhän-der und Bauherrenberater. Er ist langjähriges Vor standsmitglied beim hausverein Sektion Zürich und war zeitweise auch im Vor-stand des Dachverbands hausver-ein Schweiz. Muriel Bonnardin ist zuständig für Projektspenden, Stiftungen und Erbschaften und arbeitet über 20 Jahre bei Greenpeace Schweiz.

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Die Verantwortung ist Teil jeder menschlichen Handlungsweise und das Fluidum, das eine zivile, auf Konventionen basierende Gesellschaftsform überhaupt erst ermög licht. Das Vögele Kultur Zen-trum stellt in seiner kommenden, interdisziplinären Ausstellung die Frage: «Verantwortung. Jeder trägt sie. Wer nimmt sie wahr?» Ausgangslage ist die These, dass jedes Tun Verantwortung impli-ziert und nicht ohne Folgen bleibt. Es wird, ohne zu moralisieren, dafür mit Feingefühl und Humor thematisiert, was der Einzelne leisten kann, wenn sein Verhalten am Massstab globaler Auswirkung und Verantwortung gemessen wird. Ziel der Ausstellung ist es, sowohl die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen sowie das verant-wortungsvolle Handeln der Ge-meinschaft zu reflektieren. Unter-stützt durch eine überraschende szenografische Umsetzung verlässt der Besucher die Ausstellung mit einem positiven Gefühl, das aus einer Übernahme von Verantwor-tung resultieren kann. ausstellungsdaten: 26.5.2013 bis 22.9.2013, Vögele Kultur Zentrum, Gwattstrasse 14, 8808 Pfäffikon SZWeiterführende Informationen:voegelekultur.ch oder tel. 055 416 11 11Öffnungszeiten:Mittwoch bis Sonntag 11—17 UhrDonnerstag 11—20 UhrÖffentliche Führungen jeweils sonntags um 11.15 Uhr

Für die Ausstellung «Verant-wortung» im Vögele Kultur Zent-rum stellt Greenpeace Schweiz eine Originalfotografie von Spencer Tunick als Leihgabe zur Verfügung. Es handelt sich dabei um eine sig-nierte Fotografie, welche Spencer Tunick im Anschluss an die ge-meinsame Kunstauktion im Winter 2007 Greenpeace Schweiz ge-schenkt hat. Der Künstler wünsch-te sich, dass Greenpeace die Fotografie verkauft und den Erlös für die Arktis-Kampagne ein-setzt. Die Ausstellung im Vögele Kultur Zentrum ermöglicht es uns nun, die Fotografie in einem pas-senden Rahmen öffentlich aus-zustellen und Kaufinteressierten vorzu stellen.Das Mindestgebot für die signierte Fotografie beträgt cHF 7800 (USD 8500). Der Zuschlag für das Werk erhält diejenige Person, die das höchste Angebot macht.Interessierte KäuferInnen können

das Werk zwischen den Sonntagen 26. Mai und 22. September 2013 an der Ausstellung «Verantwortung» betrachten. Kaufangebote können bis Ende September 2013 per E-Mail direkt an Frau Muriel Bonnardin ([email protected]) geschickt werden. anfang Oktober 2013 werden die Interessenten benachrichtigt.

Für Fragen erreichen Sie Muriel Bonnardin von Montag bis Donners-tag unter telefon 044 447 41 64. Künstler: Spencer tunicktitel: Switzerland aletsch Glacier 3.1 (Greenpeace) 2007Signiert auf der Rück seite mit «Spencer tunick 2007»Medium: C-Print Ramen: zwischen PlexiglasscheibenEdition: 6er-SetGrösse: 95,25 x 76,20 cmVerpackung: holzkiste

Der Verkauf dieser signierten Originalfotografie von Spencer tunick kommt der arktis-Kampagne von Greenpeace zugute.

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Ausstellung zum Thema Verantwortung

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Energie

Fliegende Windkraftwerke

Ingenieure und Techniker wit-tern grosses Energiepotenzial mit fliegenden Windkraftanlagen. Die Vorteile: Sie produzieren gleichmässig und fast das ganze Jahr über Strom.Es gibt verschiedene Prototypen wie helikopterähnliche Konstruk-tionen, Flugdrachen oder ring-förmige Heliumballone, in deren Mitte sich ein Windrad dreht. Alle Modelle sind noch in der Test-phase und sollten in einer Höhe von 100 bis 600 Metern arbeiten.Die Technik befindet sich noch in der Entwicklung, sie ist aber her-kömmlichen Windkraftanlagen bereits in vielerlei Hinsicht überle-gen. Fliegende Kraftwerke be-deuten bis zu 90 Prozent weniger Materialaufwand und die Wind-geschwindigkeit in 600 Metern Höhe ist zwei- bis dreimal grösser als am Boden.

Die Azteken waren die Ersten, die Landwirtschaft im Wasser (Aqua-kultur) mit Fischzucht in Becken (Hydroponik) verbanden. In «chinampas», schwebenden Gär-ten, kultivierten sie Getreide in seichten Seegebieten. Ziel dieser Kopplung war ein geschlossener Wasser- und Nährstoffkreislauf. Die stickstoffreichen Fischfäkalien werden nämlich von natürlich vorkommenden Bakterien zu wertvollen Nitraten umgewandelt, die den Pflanzen als Dünger die-nen. Dabei wird das Wasser gerei-nigt und von überschüssigem Kohlendioxid befreit. Im Zuge der Urban-Farming-Welle der ver-gangenen Jahre erlebte die Aqua-ponik in Gewächshäusern auf Stadtdächern eine Renaissance. In den Beeten spriessen Tomaten, Paprika und Salate, während im Wassertank gleichzeitig Speise-fische wie Tilapias oder Barsche heranwachsen. Dank dem geschlossenen Wasserkreislauf braucht die Gemüseproduktion gemäss Produzenten 80 bis 90 Prozent weniger Wasser gegen-über konventioneller Landwirt-schaft im Feld.

Bislang vor allem in den Metropo-len Europas und Nordamerikas populär, entdecken immer mehr Stadtbewohner in wasserarmen Ländern des Südens die Techno-logie. So zum Beispiel in Amman, Jordaniens Hauptstadt, wo die NGO «Meezan» Aquaponik- Gewächshäuser aus Recyclingma-terialien baut. Damit werden die Flachdächer Ammans zu Grünflä-chen umgerüstet und die ärmere, von Nahrungsmittelimporten abhängige Stadtbevölkerung erhält eine willkommene Möglichkeit zur Selbstversorgung. «Um unsere Freiheit wiederzuerlangen, müssen wir im Nahen Osten nicht nur die Politik demokratisieren, sondern auch die Art, wie wir Nah-rungsmittel produzieren», ist Projektleiter Bashar Humeid über-zeugt. Bemerkung der Redaktion: Das tierwohl, sprich die angemessene und verantwortungsvolle haltung der Zuchtfische, muss laut dem Verein Fair-Fish auch bei aquapo-nikprojekten gewährleistet sein.

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Mit Aquaponik zu mehr Selbstbe stimmung

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Öffentlicher Verkehr

Erster Null-Energie- Bahnhof

in DeutschlandIn Kerpen-Horrem, westlich von Köln, baut die DB den Bahnhof der Zukunft. Im Rahmen eines öf-fentlich geförderten Pilotprojekts wird bis Ende 2013 der erste Null-Energie-Bahnhof in Deutschland gebaut. In dem neuen Gebäude will DB Station & Service alle mo-dernen Standards für ökologisches und nachhaltiges Bauen einsetzen und sie im Hinblick auf ihre Eignung für künftige Bahnhofneu-bauten prüfen.So erhält der cO2-freie Bahnhof Kerpen-Horrem beispielsweise eine 340 Quadratmeter grosse

Fotovoltaikanlage auf dem Dach, das auf weiteren 150 Quadrat-metern bepflanzt wird. Das Regen-wasser wird in einer Zisterne gesammelt und für die Toiletten-spülung genutzt. Eine Oberlicht-konstruktion lenkt Tageslicht in alle Gebäudebereiche, bei Dun-kelheit sorgt LED-Technik für eineenergiesparende Beleuch-tung.Beim Bau kommen nachwachsen-de und rezyklierbare Baustoffe aus der Region zum Einsatz. Auch in der Lutherstadt Wittenberg und in Offenburg entstehen zwei grüne Bahnhöfe nach diesem Konzept, mit dem die DB ihre Kli-maschutzziele nun auch auf Bahnhofneubauten ausdehnt.

Buchtipp

Die geheime Sprache der Bäume und wie

die Wissenschaft sie entschlüsselt

Der Autor Erwin Thoma möchte beim Leser von «Die geheime Sprache der Bäume» vor allem Begeisterung und neugieriges Interesse für die Bäume und den Wald wecken. Dafür findet er eine eingängige Sprache, die hoch-komplexe Vorgänge anschaulich macht. Thoma begibt sich zum Beispiel zusammen mit dem Leser auf eine imaginäre Reise durch das Innere eines Stammes – ein spannendes Abenteuer! «Die ge-heime Sprache der Bäume» ist nicht als Ratgeber oder Lehrbuch gedacht, gibt aber viele wertvolle Hinweise für Waldbesitzer und Holzökonomen. Denn eines zeich-net sich immer deutlicher ab: In Zeiten globaler wirtschaftlicher Krisen und des voranschreitenden Klimawandels hat Holz als hei-mische und nachwachsende Res-source Konjunktur. Dem Wald gehört die Zukunft.208 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, ChF 31.50, ISBn 978-3-7110-0033-0

«We like»

petition DeklarationSpFlicHt

Bei FiScH Würden Sie einen Fisch kaufen, wenn Sie wüssten, dass er beim Fang stundenlang zerquetscht im Schleppnetz durchs Meer gezogen wurde? Der Verein Fair-Fish lanciert eine Unterschriftenpetition für die Deklaration von Herkunft und Fangmethoden bei Fischen. Die Petition fordert, dass Handel und Gastronomie nur noch Fische verkaufen und anbieten dürfen, die mit einer genauen Angabe der verwen-deten Fangmethode und des Landes versehen ist, in dessen Gewässern die Tiere gefangen bzw. gezüchtet wurden. Rund 18 Organisationen, darunter auch Greenpeace, unterstützen diese Petition, denn nur eine entsprechende Deklaration ermöglicht es den Kon-sumentinnen und Konsumenten, bewusst auf mit tier-quälerischen Methoden gefangenen Fisch aus über-fischten Gebieten zu verzichten.Bestellen Sie den Unterschriftenbogen jetzt auf www.fair-fish.ch/aktuell oder unterschreiben Sie online und posten Sie die Peti-tion auf Facebook oder twitter.

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Zu gewinnen: 3 Greenpeace Banner-Taschen Die Aktions-Banner waren im früheren Leben für Greenpeace im Einsatz und jedes Stück ist ein Unikat. Senden Sie das Lösungswort bis am 31. Mai 2013 per E-Mail an [email protected] oder per Post an Greenpeace Schweiz, Redaktion Magazin, Stichwort Ökorätsel, Postfach, 8031 Zürich. Das Datum des Poststempels resp. des E-Mails ist massgebend. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Über die Verlosung wird keine Korrespondenz geführt.

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Skurriles landschaftsbild aus der inneren Mongolei: Weil neben Kohlekraftwerken und chemischer Industrie das Weideland für das Vieh schwindet, hat die Regierung die tiere kurzerhand durch Skulpturen ersetzen lassen.

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AZB8031 Zürich